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Full text of "Die säugetiere. Einführung in die anatomie und systematik der recenten und fossilen Mammalia"

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Die Säugetiere; Einführung in 
die Anatomie und ... 



ax Wilhelm Carl Weber 



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DIE SÄUGETIERE. 



EINFÜHRUNO 

• . - • 

DIE ANATOMIE UND SYSTEMATIK DER 
RECENTEH UND FOSSILEN MAMMÄLIA' :; ' " - 

v< >.N 

D R . MAX WEBER, 

PROFESSOR DER ZOOLOGIE IN AMSTERDAM. 

MIT 567 ABBILDUNGEN. 




VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 

1904. 



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Alle Rechte vorbehalten. 



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Vorwort. 



Das vorliegende Lehrbuch beabsichtigt eine Einführung in die Ana- 
tomie und Systematik der rceenten und fossilen Säugetiere. 

Es legt daher den Schwerpunkt auf den Kau und die zeitliche und 
örtliche Verbreitung dieser Tiorgruppe. Demgegenüber tritt die syste- 
matische Betrachtung einigermaßen in den Hintergrund, insoweit dieselbe 
sich damit beschäftigt, die Arten zu nennen und nach ihrem Addieren 
und ihren Lebensgewohnheiten zu beschreiben. Dies ist in ausgezeichneter 
Weise geschehen in ..An Introduetion to the study of Mammals living and 
extinet by W. H. Flowcr and R. Lydekker 1*91" und für einzelne Ab- 
teilungen noch ausführlicher in Allens ,,NaturaIist's Library". Ferner in 
der umfangreichen systematischen Literatur, in welche der „Catalogus Mam- 
nialium tarn viventium quam fossilium a P. L. Trouessart, Berolini lsjis 
1899" einen Einblick gewährt. Andererseits gibt die bekannte, im Er- 
scheinen begriffene Bearbeitung der Säugetiere in Bronns Klassen und 
Ordnungen des Tierreichs durch W. Leche die nötigen Data an die Hand, 
tiefer in den Bau der Säugetiere einzudringen. 

Die Disposition dieses Buches, das im September 190.'} abgeschlossen 
wurde, ist folgende: Auf einen Allgemeinen Teil, der sich mit den Grund- 
zügen des Baues und der Entwicklung der Säugetiere beschäftigt, folgt 
der umfangreichere Spezielle Teil. Dieser behandelt die einzelnen Ord- 
nungen in folgender Weise. Einer jedesmaligen l'ebersicht über ihre 
anatomischen Merkmale, mit eingeflochtenen Monomischen Bemerkungen, 
folgt die Diagnose der Ordnung und ihre geographische Verbreitung. 
Hieran schließt sich der taxonomische Teil, der zunächst die systematische 
Verteilung, meist in Form dichotomischcr Tabellen, darlegt. Hierdurch wird 
die Charakterisierung der wichtigsten Genera und Species eingeleitet, mit 
besonderer Berücksichtigung der nordeuropäischen Fauna. Den jedes- 
maligen Schluß einer Ordnung bildet ihre Vorgeschichte, die eine kurze 
ITebersieht gibt über ihre fossilen Vorgänger und Verwandten. Was im 
taxonomischen Teil auseinandergerissen wurde durch Hervorhebung unter- 
scheidender Merkmale, konnte in diesem Abschnitt an der Hand phylo- 
genetischer Erwägungen und paläontologischcr Tatsachen häufig wieder 
zusammengefaßt und von anderem Gesichtspunkte aus beleuchtet werden. 

Untunlich war es. den reichen Schatz der Säugetier-Literatur in einer 
Ausdehnung zu nennen, die auch nur in weitester Ferne auf Vollständig- 
keit abzielte und den Verdiensten der Verfasser gerecht wurde. Eine 

730277 

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IV 



Vorwort. 



Auswahl mußte daher getroffen werden. Diese diktierte das vorliegende 
Werk selbst. Es galt in erster Linie, die Schriften zu nennen, auf denen 
dieses Much ruht, sowie solche, die vieles, was hier nur angedeutet werden 
konnte, weiter ausführen. Die wichtigsten dieser Werke, sowie solche, in 
denen gegenteilige Ansichten von den in diesem Buche entwickelten zum 
Ausdruck kommen, sind am Schlüsse desselben zusammengestellt. Eine 
Wertschätzung zahlreicher Schriften, durch Fehlen in dieser Liste schein- 
bar sich äußernd, liegt derselben fern. Das didaktische Moment gab den 
Ausschlag. 

Manches, was diesem Werke einverleibt werden konnte, ist eine Frucht 
der glücklichen Verbindung des Zoologischen Institutes der Amsterdamer 
Universität mit dem Zoologischen Garten und seinen Museen: Eigentum 
der Königl. Zoologischen Gesellschaft. Daß ich auch für die vorliegende 
Arbeit in vollem Maße diese Früchte pflücken konnte, danke ich nicht 
zum geringen Teil dem verständnisvollen Entgegenkommen des kundigen 
Direktors genannter Gesellschaft meinem Freunde Dr. C. Kerbert. Gern 
erinnere ich mich auch, daß manche Darlegung ein Widerhall ist von 
Gesprächen mit meinem Freunde und früheren Kollegen Prof. G. Rüge, 
jetzt in Zürich. 

Es drängt mich, wie manchen Autor vor mir, meinem Ver- 
leger, Herrn Dr. G. Fischer, ein Dankeswort zu sagen. Auch ich erfuhr 
früher und jetzt wieder das liberalste Entgegenkommen auf jedem Schritte. 
Im vorliegenden Falle auch darin, daß die Mehrzahl der Figuren, die ich 
der gewandten Feder des Herrn J. W. Huysmans verdanke, unter meiner 
Aufsicht durch die Firma Roeloffzen, Hübner und van Santcn in Amsterdam 
mit großer Sorgfalt ausgeführt wurden. 

Besonderer Dank gebührt auch der Druckerei des Herrn Anton 
Kämpfe; nicht nur für den technischen Teil der Drucklegung, sondern 
auch bezüglich der heiklen Angelegenheit der modernen Rechtschreibung, 
die mir in ihren Konsequenzen vollständig dunkel war. 

Eerbeek. März 1904. 

Max Weber. 



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Inhalt. 

S-ite 



Vorwort. 

Uebersicht der in diesem Werke gebrauchten Klassifikation IX 

Anatomischer Teil. 

Einleitung: 1 

I. Hant und Hantgebilde 3 

II. Skelet . . 37 

1. Allgemeines .... 37 

2. Schädel 41 

3. Wirbelsäule 81 

4. Rippen . . . 90 

5. Sternum 02 

(i. Srbultergürtcl und vordere Extremität .... 95 

7. BeckeiigOrtel und hintere Extremität 100 

III. Nervensystem 115 

1. Gehirn und Rückenmark 115 

2. Gehirnnerven 128 

3. Rückenmarkenerven 132 

IV. Sinnesorgane 134 

1. Hautsinnesorgane . 134 

2. Geschmacksorgan 135 

3. Sehorgan 136 

4. Gehörorgan . 142 

5. Geruchsorgan 148 

V. Muskelsystem . . 156 

VI. GebiU 163 

VII. Darmkanal . - 189 
VIII. Respirationsorganc 216 

IX. Zirkulationsorgane 229 

X. Geschlechtsorgane 238 

XI. Harnorgane 274 

XII. Geschlechtszellen 280 

XIII. Entwicklung des befrachteten Eies 283 

XIV. Zirkulation in den Eihäuten 294 

XV. Sekundäre Geschlechtscharaktere 297 



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VI 



Inhalt. 



Systematischer Teil. 

Einleitung 301 

Geographische Verbreitung der Sängetiere 304 

I. Ordnung: Monotremata 317 

Taxonoraie 330. Vorgeschichte 331. 

II. Ordnnug: Manrapialia 331 

Geographische Verbreitung 347. Taxonomie 349. Vorgeschichte 
354. Mesozoische Säugetiere 3f>6. Multituberculata 356. Proto- 
donta, lusectivora et Marsupialia priiuitiva 358. 

Monodelphia . 362 

III. Ordnung: Insectivora 362 

Geographische Verbreitung 37. r >. Taxonomie 376. Vorgeschichte 380. 

IV. Ordnung: Chiroptera 382 

Geographische Verbreitung 396- Taxonomie 397. Vorgeschichte 405. 

V. Ordnung: Galeopithecidae HM'» 

Geographische Verbreitung 4 10. Taxonomie 411. Vorgeschichte 411. 
Edentata 412 

VI. Ordnung: Tuhulidentata (Orycteropodidae) 414 

Geographische Verbreitung 4 19. Taxonomie 4 19. Vorgeschichte 419. 

VII. Ordnung: Pholidota (Man'« , a<') •»-'»> 

(Geographische Verbreitung 429. Taxonomie 421». Vorgeschichte 430. 

VIII. Ordnung: Xenarthra 430 

Geographische Verbreitung 451. Taxonomie 452. Vorgeschichte 
457. Gravigrada 459. Peltephilidae 465. Glvptodontidae 466. 
Ganodonta 468. 

IX. Ordnung: Kodentia 470 

Geographische Verbreitung 487. Tabellarische l'ebersichlen 489. 
Taxonomie 4!>2. Duplicidcnlata 493. Simplicidentala 495. Vor- 
geschichte 507. Proglire» 509. Mixodertidae MÖ. 

X. Ordnung: Tillodontia 513 

XI. Ordnung: Carnivora 515 

Carnivora fissipedia 515. Geographische Verbreitung 527. Taxo- 
nomie 529. Herpestoidca 529. Arctoidea 533. Vorgeschichte 53S. 
Creodonta 53S. — Carnivora piimipedia 543. Geographische Ver- 
breitung 548. Taxonomie 548. Vorgeschichte 551. 

XII. Ordnung: Cetacea 552 

Geographische Verbreitung 573. Mystaeoceti 574. Odontoceti 578. 

Vorgeschichte 580. Archaeoceti 5S3. 
Ungulata 585 

Synopsis der Ordnungen der I'ngulata 5SS. 
Diplarthra 591 

Talwllarische l'ebersicht der Nomenklat ur der T'nguhüen- Molaren 594. 

XIII. Ordnung: Periaaodactyla 5 ), 

(Geographische Verbreitung 610 Taxonomie 610. Tabellarische 
L'ebersicht der Perissudaelvla 611 Vorgeschichte 617. Titano- 
therioidea 617. Uippoidea 619. Tapiroidea 624. Rhiuoeerotoidea 
625. 



Tabellarische Cebersicht der Artiodactvla 643. Xonruminantia 645. 
Hippopotamidae 645. Suidae 647. Vorgeschichte 652. Elotheriidac 



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Inhalt. VII 

Sdt«? 

653. RuminaiHia 655. Tylopoda (155. Toxonomie 058. Vorge- 
schichte 059. Camelidae 601 . Oreodontidae 602 Homaeodontidae 
004. Pecora 005. C'ervidae 000. Taxonomie 007. Geographische 
Verbreitung G7 1 . Vorgeschichte (»72. Hovidaic 672. Taxonomie 674. 
Girat fidae 082. Traguloidea 085. Dkhobunoidca 688. Anthra- 
colherioidea 090. 

XV. Ordnung: Condylarthra . . . 691 

XVI. Ordnung: Ancylopoda .694 

XVII. Ordnung: Litopterna . 697 

XVIII. Ordnung: Amblypoda . 699 

XIX. Ordnung: Toxodontia 702 

Protypotberiidae 703. Typotheriidae 705. Toxodontidac 705. 

XX. Onlnnng: Hyracoidea 706 

Geographische Verbreitung 7 J 4. Taxonomie 714. Vorgeschichte 714. 

XXI. Ordnung: Proboscidea 715 

Taxonomie 723. Vorgeschichte 723. Dinothcriidae 724. 

XXII. Ordnung: Sirenia 727 

Geographische Verbreitung 738. Taxonomie 738. Vorgeschichte 739. 
Primates 740 

XXIII. Ordnung: Prostmia© 742 

Geographische Verbreitung 754. Taxonomie 755. Tarsiidae 755. 
I>eiiHiridae 757. Vorgeschichte 761. Hyop.Hodontidac 763. Nothare- 
tidae 763. Aiiaptomnrphidae 703. Adapidae761. .Microchoeridae 705. 

XXIV. Ordnung: Simiae 766 

Synoptische Tabelle der Simiae 783. Platyrrhina 784. rlapalidae 
784. Geographische Verbreitung 780. Taxonomie 780. Cebidac 
787. Geographische Verbreitung 790. Taxonomie 790. Catarrhina 
7i»4. Geographische Verbreitung 797. Taxonomie 797. Hylo- 
batidae 800. Geographische Verbreitung 803. Taxonomie 8(M. 
Anthropomorphae 804. (Jeographische Verbreitung 812. Taxonomie 
812. Vorgeschichte 813. 

Schlulhvort 818 

IJttw-ntiirverzeichnia 821 

Register 851 



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Uebersieht 

* 

der in diesem Werke gebrauchten systematischen 
Anordnung der Säugetiere. 



I. Unterklasse Monotremata: 



I. Monotremataj 



(Echidnidao 330 
lUrnithorhynchidae331 



II. Unterklasse Marsupialia. 



II. Marsupialia 



I. Polyprotodontia 



Didelphvidnp 340 

Doxyiiridae 349 

Notoryctidae 350 

Peramelidae 35 1 

Kpanortliidar 3f)l 

in ni. M ».rf«.«i. M'^ascolarctidae 352 

III. Mprotodontia lPhalangcridae 350 



III. Unterklasse Monodelphia. 



III. Insectivora 



IV. Chiroptera 



V. Galeopithecidae 



L 

Menotyphla 

Ii. 

Lipotyphla 



l. 



II. Microchiroptera 



Tupajidae 
Macroscelididac 

Talpidac 

Sonoidac 

Krinaccidae 

Potamogalidae / 

Oentetidae 

ChryHochloridac 

l'teropodidac 

Khinolnphidae 

Phyllostomnlidae 

Kinballomiridae 

Vespertilionidae 



376 
376 
378 
379 
379 
1179 
380 
380 

398 
399 
402 
103 
403 



Galeopithecidae 106 



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X 



Inhalt. 



S 



2 



VI. Tubulidentata 

VII. Pholidota 

VIII. Xenarthra 



Oryclrrnpodidao 410 



IX. Rodentia 



Duplicidentata 



Ii 



Simplicidentata 



X. Tillodontia 



XI. Carnivora 



Carnivora fissi- 
pedia 



I. Herpestoidea 



II. Arctoidea 



II. 



Carnivora pinni- 
pedia 



XII. Cetacea 



XIII. Perissodactyla 



i. 



Mystacoceti 

Ii 

Odontoceti 



XIV. Artiodactyla 



Nonruminantia* i 

«Snoidcnj 1 
II. 

Tylopoda 

in j 
Pecora j 

IV. 

Traguloidea 

v. 

Dlchobunoidea" 

vi. 

Anthracotherioidea- 



Manidae 



429 



| Bradypodidae 452 
'Myrmecophagidae 454 
ll)a*ypodidac' 

{Ochotonidac 
I^eporidac 



Haplodontoidea 

Sciuroidea 

Oastoroidea 

(ieomyoidea 

Anomahiroidoa 

Myoxoidea 

Di|MMloidea 

Myoidea 

Bathyergoidea 

Hystricoideu 

+Tillodontidae^ 

11. Felidae 
j2. Viverridae 
|3. Hyaenidac 

4. Canidae 

5. Ursidac 

6. Prooyonidae 

7. Muatclidae 



454 

494 
494 

496 
496 
498 
498 
499 
.710 
500 
501 
505 
505 

513 

529 
530 
532 

533 
534 
536 
536 



1. Otariidae 548 
2 Trichtn-hidae * 550 
3. Phondae 550 



)1. ßalaenidae 574 
.2. Hhachianrctidae575 
|3. Balaenopteridae575 

1. Phvsetendae 578 

2. Plätanistida* 579 

3. Pt;lphitiapteri<lac579 

4. Delphinidae 579 

[1. Tapiridae 611 
:2. Uhinoerrotidae 611 
|.?. F/piidae 612 



|Hij)|M)po(anndae 
jSiiidae 

Camelidac 

(Ccrvidac 

Umidnc 

((Jiraffida* 

Traigulidao 



645 
647 



658 

666 
672 
ÜS2 



68,5 
6S8 
690 



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Inhalt 



XI 



XV. Condylarthra' 

XVI. +Ancylopoda 

XVII. Litopterna 

XVIII. Amblypoda / 
ä XIX. Toxodontia 

XX. Hyracoidea 

XXI. Proboscidea 

XXII. Sirenia 



Hyraeidae 

F.lcphahtiiliif 

| Manatidac 

jHnlicoridae 

llthytinidnc 



(»04 



702 
711 

72:5 

7:;s 

7 HS 
739 



XXIII. Prosimiae ' 



XXIV. Simiae ✓ 



i 

Tarsiidae 

Ii. 

Lemuridae 



Platyrrhina 



Ii. 

Catarrhina 



Hapalidae 



Cebidae 



Cercopithecidae 

iHylobaditae 
lAntropomorphae 



Taieiinae 

I.ciiimiimo 
I mlri^innf 
( Inroinviiiat 
(Jalaginao 
Lominae 



iXyctipithoriiinc 

ll'itlimnae 

jMyeetmnp 

(Orenpithocinae 
jSemnopithcciiiae 



7:>r» 

7:.7 

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::•!> 
7«;o 
7<;<) 

781 

7üi 

701 

702 
702 

707 
700 

8<iO 
804 



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Berichtigungen. 



p. 179, 180 Taeker statt Tnekcr. 

j». 413 Xonnrthra statt Xenartha. 

p. 120 hinter Manis fehlt L 

j>. i72 , Piieiiüiatieierunn des Maetoid ist eine Kigentiimlichkeit des Menschen" 
muß heißen „PiKMimatisiening des Pi-ocessiw ma*t«Mdeus etc." 



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Anatomischer Teil 



Einleitung. 

An die Spitze der Wirbeltiere und damit an die Spitze der Tiere 
überhaupt werden die Säugetiere gestellt. Nicht allein, weil sie auch den 
Menschen umfassen, mehr noch wegen der hohen Stufe, auf welche sie die 
Komplikation ihres Körperbaues erhebt. 

Diese läßt sich bemessen nach der Größe des Unterschiedes, der 
zwischen der einfachen Eizelle liegt und dem kompliziert gebauten Organis- 
mus, der sich aus ihr entwickelt. Nirgends ist dieser Unterschied größer 
als bei den Säugetieren. 

Die long erkannte Tatsache, daß sein Körperbau den Menschen 
unter die Säugetiere versetzt und daß auch seine seelischen Funktionen 
dort schon im Keime schlummern, führte bereits früh forschende Geister 
zum Studium der Säugetiere. Man suchte bei ihnen Licht für das Ver- 
ständnis des eigenen Körpers. Der Art der Sache nach bildeten in erster 
Linie Haustiere die gewöhnlichsten Objekt, die daneben auch, schon an 
und für sich wegen ihrer Bedeutung für den Menschen, einer näheren 
Kenntnis wert waren. 

Früh wurden auch Säugetiere fern abgelegener Länder in den Kreis 
d* / Betrachtung gezogen. Seinen mehr zufälligen Charakter verlor dieses 
Studium aber erst gegen das Ende des IM. Jahrhunderts unu namentlich 
unter der Acgide von (i. C'uvicr. Wissenschaftliche Reisen lieferten das 
Material für anatomische Untersuchung, das während der letzten fünfzig 
Dezennien reichlicher zufloß, namentlich auch durch die gut eingerichteten 
zoologischen Gärten der Neuzeit. 

So wurde die Anatomie und die Kenntnis der Arten gleichmäßig ge- 
pflegt. Unter dem Einfluß der Darwinschen Lehre traten aber phylogenetische 
Fragen in den Vordergrund. Die Paläontologie, die bereits G. Cuvier in 
ausgedehntem Masse berücksichtigt hatte, griff hierbei tief ein. begünstigt 
uurgh irdem ungeahnt reiche Funde, namentlich in Nordamerika und 
neu*»:-u.iigs auch im Süden dieses Kontinentes. 

füglich erfahren wir mehr, wie sehr die Kenntnis der fossilen Säuge- 
tier unsere Ansichten über die lebenden beeinflußt: zweifelsohne wird sie 
dies :i Zukunft in stets ausgedehnterem Maße tun. Dä» abr*\djc Palä- 
ontologie fast ausschließlich nur über die harten Teile dos Säügetierkörpers 
verfügt, wird die vergleichende Anatomie und Embryologie. .*r<*ts live' v rci i- 
tige StLime behalten in den zahllosen Fragen, auf welche die Paläontologie 
keine .-' \twort geben kann. 

V« \,< SJlugKierr. 1 



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Einleitung. 



Bereits aus der Trias kennen wir, allerdings sehr sparsame Reste 
von Säugetieren. Weit zahlreicher werden sie bereits im Jura. Trotz 
ihres ehrwürdigen Alters gehören diese aber schon so sehr spezialisierten 
Tieren an. daß der Stammbaum der Säugetiere viel weiter zurückreichen 
muß. Seine Wurzel ist uns noch immer unbekannt. 

Daß die Säugetiere nicht Reptilien oder Amphibien, wie sie unsere 
heutige Fauna aufweist, entstammen, bezweifelt wohl niemand. Wird da- 
her, wie vielfach geschieht, eine engere Verwandtschaft mit Reptilien an- 
genommen, so kann es sich eben nur um ausgestorbene, primitive Formen 
handeln, deren Körper noch sichtbare Merkmale besaß, durch die er sich 
primitiven Amphibien anschloß. 

Andere suchen die Vorfahren der Säugetiere unter Amphibien. Ge- 
meinhin beschränken sich auch diese genealogischen Andeutungen darauf, 
einzelne Punkte des Baues ins Licht zu stellen, die auf Amphibien weisen. 
Wie es mit anderen gestellt sei, die sich — auch wenn sie auf ihre ein- 
fachen Anfänge zurückgebracht sind - nicht mehr in den Begriff „Amphibien" 
fügen, wird verschwiegen. 

Diese Frage wird uns später im systematischen Teil noch beschäf- 
tigen. Jedenfalls sind lange Zeiträume über den Stamm der Säugetiere 
hingegangen, so daß er sich über die ganze Erde verbreiten konnte, so- 
weit tierisches Leben überhaupt reicht und einen seltenen Wechsel der 
Formen annahm. Gewöhnlich ruht ihr ebenmäßig gebauter Rumpf auf 
verschiedenen Zwecken angepaßten, meist so hohen Gliedmaßen, «laß sie 
den Rumpf über den Boden erbeben. Er trägt auf einem in der Regel 
deutlich abgesetzten Halse den Kopf mit hochentwickelten Sinnesorganen, 
während er nach hinten in den bald längeren, bald kürzeren Schwanz aus- 
läuft. Daneben kann aber der Körper bei aquatilen Arten die Gestalt 
eines Fisches nachahmen, oder dem Vogel gleichen wie der der Fleder- 
mäuse. Andere wieder richten ihren Körper ein, um sich in weitem 
Sprunge fortzuschnellen, während andere sich anpassen an ein Leben unter 
der Erde in engen, selbstgegrabenen Gängen. 

Vielseitig wie die Existenzbedingungen sind, unter denen sie leben, 
ist ihr Charakter und ihre Begabung verschiedenartig. Vielen kommen 
Kunsttriebe zu. die sie kunstvolle Bauten anfertigen läßt, zum Großziehen 
ihrer Jungen, zum Schutz und als Aufenthaltsort in der Winterszeit. 

Zunächst soll der Bau ihres Körpers besprochen werden in ver- 
schiedenen Kapiteln, die den verschiedenen Organsystemen gewidmet sind. 
Darauf soll eine kurze Darlegung über ihre geographische Verbreitung 
folgen. Hiermit ist die Basis gegeben, auf der sich der systematische Teil 
aufbauen wird. In diesem soll jede Ordnung in der Weise behandelt 
werden, «laß an eine Uebersicht über ihren Bau, eine daraus hervor- 
gehende Definition und eine zoogeographische Uebersicht sich anschließen 
wird. Alsdann folgt ein taxonomischer Abschnitt, der in systematischer 
Verteilung die höheren und niederen Abteilungen vorführen wird. Hierbei 
soll die Mehrzahl der Genera genannt werden, sowie die wichtigsten Arten, 
namentlich aus .der europäischen Fauna. Den jedesmaligen Schluß soll die 
*\.Vorfte^o*hic6fc'. bilden. In dieser sollen die wichtigsten paläontologischen 
'"Datön" zür Sprache kommen und kurze phylogenetische Betrachtungen, wie 
• 5lö;Vt7e*: FaföQ*nj6l<j)zie, Anatomie und geographische Verbreitung an die 
•'Hantf gibt.-*'*'*"-' 



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Lederhaut. 



I. Haut und Hautgebilde. 

Die äußere Bedeckung des Körpers der Säugetiere besitzt eine große 
Zahl für diese Tiere charakteristischer Eigenschaften. Am auffälligsten 
unter diesen sind die Ilaare, die bereits J. Kay Anlaß gaben, die Säuge- 
tiere ..Haartiere" zu nennen. Man braucht aber nur die Milchdrüse, — die 
ihnen den Namen Säugetiere eintrug — die Nagclbekleidungen. die Haut- 
muskulatur zu erwähnen, um an andere nicht minder wichtige Hautgebilde 
erinnert zu haben. 

Die Haut schließt sich zunächst dadurch an die der tiefer stehenden 
Yertebraten an. daß sie aus zwei, nach Hau und Herkunft fundamental 
verschiedenen Lagen besteht: der 
Epidermis und der Lederhaut, 
die unter dem Namen Cutis zu- 
sammengefaßt werden. 

Die Loderhaut Corium, ent- 
wickelt sich aus dem Mesoderm und 
setzt sich in erster Linie aus Bindege- 
webe zusammen. Dessen Fasern sind 
in der Regel mehr oder weniger mat- 
tenartig verflochten und werden von 
den Fortsätzen verzweigter Binde- 
gewebszellen umsponnen. Solcher- 
gestalt kommt eine durch hier und 
da eingemengte elastische Fasern 
elastische Lage zustande, deren 
Dicke ganz im allgemeinen mit der 
Größe des Tieres zunimmt, daneben 
aber in verschiedenen Körper- 
regionen verschiedenen Umfang hat. 
Nach innen wird ihr Gefüge lockerer 
und so geht sie häutig ohne scharfe 
(irenze in das losere subkutane 
Gewebe oder Unterhautgewebe über, 
das den unter der Haut gelegenen 
Organen wie Muskeln, Knochen, 
Drüsen u. s. w. aufliegt. An ihrer 
Außenfläche, die überhaupt fester 
gewebt ist, ist die Lederhaut fast 
nie ganz glatt. Sie besitzt viel- 
mehr wellenförmige Erhebungen, 
die meist in Form von dicht neben- 
einander stehenden Papillen auf- 
treten. Ihre Länge nimmt zu mit 
der Dicke der. Epidermis. Ist 
diese sehr bedeutend wie hei sog. 
pachvdermen Tieren, so ziehen sich 
die Papillen lang aus und werden 
bei Cetaceen und noch stärker im 





Fig. 1. Senkrechter Schnitt durch 
die Haut der Olx'rlippe von Hippopotamu*. 
t'Stratuin corneuni; r Stratum germinativum 
und granulottum der Epidermis; / Leder haut 
mit Gefäßen, welche in den Papillen /, die 
nicht eingezeichnet find, Gcfättknäucl k bilden. 



4 



I. Hnut und Hnutgebilde. 



Horn der Nashörner zu langen, haarförmigen, mit bloßem Auge leicht wahr- 
nehmbaren Gebilden. Dies wird nötig nicht nur zur Befestigung der Epi- 
dermis, in welche die Papillen eindringen, mehr noch weil die Epidermis, 
als epitheliales Gebilde, selbst keine Blutgefäße besitzt, ihre Ernährung von 
den Papillen und der Bindegewcbslage, von der diese ausgehen, vom Cor- 
pus papilläre also, herleitet. In den Papillen finden sich demgemäss die 
Endschlingen des Kapillarnetzes der Hautgefäße, die im Papillarkörper liegen. 
Mit Zunahme der Länge der Papillen wächst somit einerseits die Nahrung 
spendende Oberfläche derselben, andererseits die resorbierende Oberfläche 
der damit in Kontakt stehenden Epidermis. Die Papillen, die aus loserem 
Bindegewebe aufgebaut sind . können außerdem Hautnerven und deren 
Endorgane: die Tastorgane enthalten, während in der subpapillären Lage 
der Lederhaut größere Blutgefäße und dickere Hautnerven sich netzartig 
verbreiten. Hier und da treten auch Pigmentzcllen in der Lederhaut auf. 
Bei gutem Ernährungszustande speichert sich in dem Unterhautgewebe 
Fett in Klümpchen auf, das sich zu einer zusammenhängenden Lage: dem 
Panniculus adiposus ausbilden kann. Diese vom Schwein z. B. allbe- 
kannte Specklage, die weiterhin als Reservematerial für Säuger mit Winter- 
schlaf oder mit jahreszeitlich verminderter Ernährung, ferner als Wärme- 
schutz oder für andere Zwecke Dienst tut, erreicht bei Cetaceen ihr Maxi- 
mum. Sie bietet hier aber noch das besondere, daß fast die ganze Leder- 
haut, hauptsächlich nur mit Freilassung des Papillarkörpcrs, in Fcttpannikel 
umgewandelt ist. Auch lokale Anhäufung von Fett kommt vor: so zur 
Brunstzeit in der Schwanzwurzel bei verschiedenen Insektivoren. wie 
Pachyura, Condylura. Bekannter ist solche dauernde Anhäufung im Steiß 
der Fettsteißschafe, im Buckel der Kamele; auch die Rückenflosse der 
Cetaceen und der Buckel mancher Rinderrasse, letzterer allerdings daneben 
difreh die Dornfortsätze der Wirbel gestützt, gehören in diese Kategorie. 

Hautverknöcherungcn, die im Corium niedriger stehender Verte- 
braten eine so große Rolle spielen und sich mit epidermoidaler Schup|>en- 
bildung kombinieren können, kommen bei Säugern nur ganz vereinzelt 
vor. Es sind auch hier Verknöcherungen der mittleren Lage der Leder- 
haut, die nur bei den heutigen Dasypodidae in ausgebreiteterem Maße auf- 
treten, indem sie Kopf und Rumpf mit einem Rückenpanzer, den Schwanz 
mit einer Scheide von Knochenplatten umgeben. Wir werden diesen Ge- 
bilden ausführlicher in der Systematik der Xenarthra begegnen, wobei 
sich zeigen wird, daß Hautverknöcherung früher auch bei anderen Ab- 
teilungen der Xenarthra vorkam. Desgleichen wird bei der Besprechung 
der Cetaceen erhellen, daß vermutlich auch deren Vorfahren eine der- 
artige Bepanzerung besaßen, von der sich nach Kükenthal hier und da 
bei recenten Formen Reste erhalten haben. Weiter unten, bei Behandlung 
der Hörner und Geweihe, wird sich zeigen, daß auch Teile dieser in 
weiterem Sinne unter den Begriff der Hautverknöchernngen fallen. Das ist 
aber nicht der Fall mit der von Gray beschriebenen Verknöcherung, die 
sieh bei Tragulidcn subkutan zwischen Beckenrand und Lendenwirbeln 
ausstreckt; ebensowenig mit der als Hautverknöcherung gedeuteten Knochen- 
platte, die sich bei Lophiomys zwischen Parietale und Oberrand des .lugale 
ausdehnt. Es handelt sich hierbei einfach um Verknöchcrung der Temporal- 
fascie. im ersteren Falle um die der Fascie der sakrolumbalen Muskeln. 

Die Epidermis ist eine ausschließlich aus Epithelzellen zusammen- 
gesetzte Lage, die vom äußeren Keimblatt herstammt. Ihre tiefste, direkt 



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Epidermis. 




/ £K 



hz 



dem Papillarkörper aufliegende Schicht besteht aus Cvlinderzellen. die 
durch fortgesetzte Teilung die Matrix bilden der darauf folgenden Lagen 
kubischer Zellen. Sie stellen in der Hauptsache das Stratum granulosum 
dar. so genannt wegen der Keratohvalinkörner ihrer Zellen, die allmählich 
in die abgeplatteten Zellen der Hornlage übergehen. In ihrer tiefsten 
Schicht enthalten letztere flüssiges Eleidin, was dieses Stratum lucidum noch 
fürbbur macht, im (Gegensatz zu der oberflächlichsten Schicht, dem Stra- 
tum corneum, aus kernlosen, an festem Eleidin reichen Zellplättchen. Die 
Verhornung der ober- 
flächlicheren Epidermis- 
zellen ist keine einfache 
Austrocknung, es ist ein 
chemischer Prozeß, »1er 
auch :-tatt hat bei Säu- 
gern, die beständig im 
Wasser leben, wie die 
Cetaoeen und an Stellen, 
die beständig feucht sind, 
wie deren Barten, wie 

verhornte Zungen- 
papillen u. dergl. Fort- 
während wird das Stra- 
tum corneum abgestoßen 
und abgerieben und 
durch Nachschub aus der 
Tiefe wieder ersetzt. 
Eine Häutung wie bei 
Reptilien und Amphi- 
bien, indem die obersten 
Lagen der Epidermis in 
toto oder wenigstens in 
größeren oder kleineren 
Eetzen abgestoßen wird, 
kommt also nicht vor, 
findet sich aber noch 
hier und da während 
desembryonalenLebens. 

Bei ihrem ersten 
Auftreten besteht näm- 
lich die Epidermis aus 
einer Lage von Zellen, 
welche durch Teilungals- 





Fig. 2. Felis domestica, Epidermis der Fußsohle. 
//, JA //Horn-, Mittel-, Basalschicht; /'Papille; fiz Horn- 
zelle; hz desgl. im Stratum lucidum; kk keratohyalin- 
haltige Zellen des Stratum granulwum; ü Intercellular- 
lücken; nach K. C. Schneider. 



bald zwei Lagen bilden: 
eine tiefe aus saftreichen 
kubischen Zellen, eine 

oberflächliche aus platten Zellen bestehend. Beide werden alsbald umfang- 
reicher, gleichzeitig aber erleidet die oberflächliche Lage Umformung destruk- 
tiver Art. Meist werden nämlich ihre Zellen während des uterinen Lebens ein- 
fach abgestoßen und bilden alsdann mit dem Sekret von Hautdrüsen eine 
weiße, fettige Masse: die Vernix caseosa. Sie können aber auch eine zusam- 
menhängende Lage darstellen, welche durch die sich darunter entwickelnden 



I. Haut und Hautgebilde. 



Haare allmählich als dünnes Häutchen, welches den ganzen Embryo um- 
hüllt von der tieferen Lage der Epidermis abgehoben wird. In dieser Form 
wurde es früher zweites Amnion, auch wohl falsches Amnion genannt, von 
Welcker wegen seiner Lage zu den Haaren als Epitrichium bezeichnet. Es 
bleibt bei den Faultieren und Myrmecophaga bis zur Geburt bestehen und 
muß somit, nachdem es von der eigentlichen Epidermis abgehoben ist, einer 
Dehnung unterliegen. Hei Schwein, Dicotyles, Lemuriden und Pferd wird es 
schon vor der Geburt in Fetzen abgestoßen. Dieses Epitrichium und sein 
Aequivalent: die Epitrichialschicht, das heißt die abschilfernden Zellen der 
oberflächlichen Lage der embryonalen zweilagigen Epidermis, ahmen eine 
Häutung nach. Auffällig ist sie an den Nägeln, Klauen und Hufen, die 
während des intrauterinen Lebens bei vielen Säugern mit einem dicken 
Epitrichium, hier auch wohl Eponychium, bedeckt sind; es wird erst 
kurz vor, wo nicht direkt nach der Geburt abgeworfen, zur Zeit, wenn 
die Yerhomung der Nagel- etc.-Zellen eintritt (vergl. S. 17). 

Pigmente treten in der tiefsten Lage der Epidermis auf; meist als 
dunkles Pigment, das als feinste Körnchen in den Matrixzelleu sitzt. 
Daneben kommen nach Art von Chromatophoren verzweigte, von der 
Lederhaut aus eingewanderte Pigmentzellen vor. Nur der haarlose Körper 
der Cetaceen, der haararmc der Sirenia, Elefanten, Rhinoceros etc. ver- 
danken ilire Farbe diesen Pigmenten, desgleichen haarfreie oder haararme 
Stellen, wie Gesichts- und Gesäßschwielen mancher Altweltaffen, Blaue 
und rote Farbentöne beruhen dann wohl darauf, daß das dunkle Pigment 
verschiedentlich durchscheint. 

Aus der Epidermis entwickeln sich verschiedene epidermoidale Gebilde, 
wie Drüsen, Haare, die uns unten beschäftigen werden. Hier sei zunächst 
der auffalligsten Eigenschaft der Epidermis: ihrer oberflächlichen Verhör- 
nunjc gedacht. Lokal kann diese stärker werden, so am hornigen Ueberzug 
des Schnabels von Ornithorhynchus und Echidna, am Saugmund der Marsu- 
pialia (s. bei diesen), als Schwielcnbildung an der Brust der Kamele, an 
den Kastanien des Pferdes, als Hornbildung bei Potamochoerus, als Horn- 
exerescenzen bei Lemuriden < 's. u. S. 21)), als Schwanzstachel des Löwen. Als 
fernere Beispiele sind zu nennen der Schenkelsporn bei Echidna, Horn- 
stacheln Auf der Glans penis namentlich vieler Rodentia; auch die Barten 
der Bartenwale und Verhornung von Zungenpapillen bei verschiedenen 
Säugern gehören hierher. Das Auftreten eines unregelmäßigen Hornes 
bei einer senegambisohen Zeburasse, die das Nasale überlagert [Rochebrune], 
führt uns zum Horn der Nashörner, das mit den echten Hörnern und Ge- 
weihen weiter unten besprochen wird. — An den bereits genannten Ge- 
sichts- und Gesäßschwiclcn der Affen beteiligt sich eben sehr das Corium 
durch Verdickung. 

Von diesen nackten Ilautstellen sind andere wohl zu unterscheiden, 
wo die Nacktheit ohne weiteren Einfluß ist auf Epidermis und Lederhaut 
und in Verbindung steht mit Drüsenentwickelung. wie in der Kinngegeud 
der Tragulidcn. Ohne Drüsenbildung tritt auf dem Rücken von Hyrax 
ein nackter medianer Rückeufleck auf. 

Von hoher, namentlich auch phylogenetischer Bedeutung sind die 
Schuiipenhilriuiigen. Es handelt sich hierbei um bilateral-symmetrische, 
dorso-ventral abgeflachte, schwanzwärts umgelegte Schuppenpapillen der 
Lederhaut, die von Epidermis überzogen sind, deren Yerhornung Anlaß 
gibt zur Bildung der llornschuppen. In schönster Ausbildung rinden diese 



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Verhornung uml bchuppcnbiLdungen . 



7 



sich in dachziegelförmiger, alternierender Anordnung bei den Manidae. 
Sie untersrheiden sich von denen der Reptilien nur in ihrem hornigen 
Ueberbau: einmal seinem histologischen Wesen nach, dann auch darin, 
dali er bei Reptilien durch die Häutung periodisch erneut wird. Bei den 




Fig. 3. A. Man« tricuspis. a eine der Schuppen; b Haut mit 2 Stümpfen von 
Schuppen im Iimgsschnitt : / Epidermis; 2 Oodutn; 3 Hornschuppe; 4 verhornte 
Epithel an deren Basis; vergrößert. R / Längsschnitt durch die Sehwanzhaut von 
Taiuandiin tetradaetyla. / Stratum corneuin; 2 Stratum germinativum der Epidermis; 
j pigmentierte Hornschuppe; 4 Ausmündung der Schweißdrüse; 5 Haar. // Schwanz- 
haut von Myrmecnphaga jubata mit ovalen pigmentierten Schuppen, zwischen diesen 
die kurz abgeschnittenen Haare. 




Seh uppentieren wird der Verlust, den die Hornschuppe durch Abreiben 
fortwährend erfährt, auch fortwährend gedeckt. Dies sind aber Unter- 
schiede, die der Reptilien- und Säugerhaut als solcher eigen sind. Auffällig 



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8 



I. Haut und Hautgebilde. 



große Schuppen erscheinen ferner in zweireihiger Anordnung auf der 
Untcrseire des Schwanzes von AnomaJurus. Bei ihnen ist aber bereits die 
Epidermis an der dem Lichte zugekehrten Fläche der Schuppen sehr viel 
dicker und durch Pigment ausgezeichnet. Das ist auch der Fall bei zahl- 
reichen anderen Säugern, bei denen sich dieses Erbteil schuppentragender 
Vorfahren erhielt, wenn auch in verschiedenem Grade der Reduktion und 
Transformation. Hornschuppen bedecken den Knochenpanzer der Dasypodidae. 

Sie kommen ferner mit Vorliebe vor auf den Extremitäten, namentlich 
aber dem Schwänze. Auf letzterem gibt ihre Form häutig Anlaß zu ring- 
förmiger Anordnung i Marsupialia, Rodcntia, Insectivora). Wo sie auftreten, 
ist die Behaarung eine sparsame, Ausnahmen hiervon sind selten. Nur 
bei Myrmecophaga jubata kombinieren sich auf dem Schwänze große, 
schwarzpigmentierte Schuppen mit buschiger Behaarung. Kleine Schuppen 
traf de Meyere an gleichem Orte zwischen den Haaren bei Macropus, 
Petrogale und Anomalurus. 




p b 
Fig. 6. 



Fig. 5. Senkrechter Durchschnitt durch eine erste Haaranlage von Mus mus- 
eulus, Embryo von 18 mm Länge x 400. 

Fig. ö. Desgleichen vom selben Embryo, weiter vorgeschrittene Haaranlage. 
b Haarbalganlage; »* Epidermiszcllen der Haaranlage (Epithclkmwpe); P Haarpapille; 
nach Maurer (aus O. Hertwigs Handb. d. vergl. Entwicklungsgesch.). 

Wie gesagt, halte ich diese Schuppen für ererbt von beschuppten, 
wechselwarmen Vorfahren. Hinter deren Schuppen traten anfanglich kleine 
und sparsame Haare auf. Mit der Ausbildung der konstanten Körper- 
temperatur und des energischen Stoffwechsels, wobei Temperatureinflüsse 
maligebend gewesen sein müssen, erlangte das Haarkleid eine bessere Ent- 
wicklung, da es den Körper beschützt gegen Verlust von Wärme durch 
Strahlung und Leitung. Hiermit hatte die Haut den Charakter der Säuge- 
tierhaut angenommen, was sich auch im Bau ihrer Schuppen aussprach. Mit 
der Zunahme der Haare in Zahl und Größe, die aber immer noch in ihrer 
Anordnung bedingt waren durch die Schuppen, gingen die Schuppen selbst 
zurück. Nur hier und da erhielten sie sich in spezialisierter Form über den 
größeren Teil des Körpers (Manis, Dasypodidae), sonst meist nur auf dem 
Schwänze und den Extremitäten. Gewöhnlich sind sie aber am letzteren 
Orte bereits stark reduziert, und bei der Mehrzahl der Säuger ist jede 
Spur von Schuppen verschwunden. Sehr allgemein ist aber die Anordnung 
der Haare noch so geblieben, als ob sie noch hinter Schuppen ständen 



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Himr- und Schuppenhildungcn. 



[M. Weber 1891, 1893]. Dali die Haare hierdurch noch auf die frühere 
Anwesenheit von Schuppen weisen, soll uns unten näher beschäftigen. 

Zunächst gilt es, das wichtigste epidermoidale (iebilde, das Haar, 
kurz nach Entwickelung und Hau zu besprechen. 

Es entstehet nach Maurer durch Einwachsen einer Anzahl Cylinder- 
zellen der Matrix in das Corium, die sich derart gruppiert haben, daß sie 
radiär gegen die Obertläche der Epidermis konvergieren. Diese Epithel- 
knospe wird beim weiteren Wachstum in die Tiefe von einer Lederhaut- 
papille, der Haarpapille. eingcstütpt; während «las umgebende Bindegewebe 





— b 



Fig. 7. Senkrechter Haardurchschnitt von 
einer neugeborenen Mau», t Kpidermiszellcn der 
Haaranlage (Epithelknoape); b Haarbalganlagc; 
P Haarpapille; nach Maurer (au» Ü. Hertwigs 
Hundt», d. vergl. Entwicklungpgesch.). 




Fig. S. Nervenendigung in» 
Bnlg eine« Sinnshanrs vom Schwein; 
nach Honnet. / Haar; Follikel- 
epithel; .? nein ose Drüce; 4 Blnt- 
Am\*, 5 XcrvcriMümmchrn ; ''Ner- 
venende. 



die erste Anlage des zukünftigen Haarbalges liefert. Weiterhin lassen die 
Cylinderzellcn, welche die Papille bekleiden, durch Teilung spindelförmige 
Zellen in der Verlängerung der Haarpapille hervorgehen, aus denen schließ- 
lich das Haar und dessen innere Wurzelscheide entsteht. 

So liegt das Haar schließlich in dem Follikel, einer röhrenförmigen 
Einsenkung der Epidermis in das Corium. I/etztere bildet den binde- 
gewebigen Haarbalg mit einer inneren und äußeren Halglage. Bei den 
Spür- oder Sinneshaaren, wie sie ganz vorwiegend an der Schnauze sich 



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10 



L Haut und Hautgcbildc. 



A Af Ii 




i 

I 



Fig. J>. Mus nuixcuh», basaler 
Teil eines Tnslhaares. .1, .1/, />' AuUen- 
Mittcl-, BmttUage des Foliikelepithels; 
//, ////. Cr HenlrfX'he, HuxlcVKche 
ii. (irenz-Zone der WurzeW-heide; 
l\i Papille; /)'«/ liasalsehicht der Haar- 
wurzel; R Binde; o Oberhäutchen des 
Haare»; /- (Jlashaut; .V I um der 
Verhornung in der Heide »ehen Zone; 
A^Teilungsfigur. Nach K. C. Schneider. 



finden, aber auch z. B. an den Vorder- 
extremitäten auftreten können, nanient- 
licli bei arborikolen Tieren, werden mit 
Ausnahme von Hals und Boden des 
Follikels die langfaserige äußere und 
die querfaserige innere Balglage durch 
spongiöse Blutsinus voneinander getrennt. 
Der Haarbalg solcher Sinushaare ist 
somit sehwellkörperhaltig. 

Die Innenwand des Follikels wird aus- 
tapeziert durch das Follikelepithel, einer 
Fortsetzung der Epidermis, und in ihrem 
tieferen Teil von der Wurzelscheide, die 
sich wieder in verschiedene Lagen diffe- 
renziert und zusammenhängt mit dem 
Keimlager des Haares, das, die Papille 
überziehend. Rinde und Mark des Haar- 
schaftes liefert, dessen Wurzel als Haar- 
knopf angeschwollen auf der Papille sitzt. 
Sic enthält das ernährende Gefäß und 
vasomotorische Nerven. Die sensiblen 
Nervenfasern bilden Plexus um den Haar- 
balg und treten bei Sinushaaren in diesen 
ein (s. bei Hautsinnesorganen). 

Zusammensetzung und Form des Haares 
ist eine verschiedene, wofür z. B. auf die 
Fledermäuse und Faultiere im systemati- 
schen Teil hingewiesen sei. Für Verschie- 
denheit in Länge, sei nur an die Mähne des 
Löwen und Pferdes und an die Schweif- 
haare des letzteren erinnert, gegenüber den 
kurzen Haaren des Schweines z. B. Weyen 
ihrer Dicke und Steifheit werden sie hier 
Borsten genannt. Solche Borsten können 
bei Hippopotamus an ihrem Ende zer- 
schlissen sein x und den Eindruck eines 
Hnarbündels machen. Bei den Stachel- 
ratten unter den Nagern erscheinen sie 
abgeplattet mit scharfer Spitze. So bildet 
sich formal ein l'ebergang zu echten 
Stacheln heraus, wie sie bei Echidna. Cen- 
tetes, Erinaceus. Hystrix und Verwandten 
auftreten. Diese Stacheln sind aber unter 
sich nicht gleich im Bau. deuten also 
auf unabhängige Entstehung: andererseits 
alter trotz aller Verschiedenheit vom 
Haare, auf eine ursprüngliche Ent Wicke- 
lung aus diesem. 

Eine wichtige, früher vollständig un- 
beachtete Erscheinung ist die Anord- 
nung der Haare zum Haarkleid, deren 



Haar- und Schtipjienbildungen. 



11 



Kenntnis namentlich durch de Meyere gefördert wurde. Wir wissen jetzt, 
daß die Anordnung der Haare geregelt wird durch die Schuppen, hinter 
denen sie stehen. Sind die Schuppen verloren gegangen, so bleibt die 
Anordnung der Haare doch so. als ob sie noch hinter Schuppen ständen: 
sie alternieren also. Abweichung von dieser Regel findet sich nur. wenn 
das Haarkleid Reduktion erlitt. Tritt sie anderwärts auf, so wirft wohl 
stets Untersuchung des jungen Tieres und Vergleichung Licht auf <\sl> 
sekundär veränderte Haarkleid des Erwachsenen, und fast ohne Ausnahme 
finden sich auch bei diesem noch Hautbezirke, welche die primitivere 
Form des Haarkleides bewahrten. 

Im übrigen stehen die Haare 1. vereinzelt hinter einer Schuppe 
oder Schuppenstelle, was nur selten der Fall ist. '2. Gewöhnlich bilden 
sie Gruppen, vielfach von drei 
Haaren in einer zur Längsachse 
des Körpers oder Gliedes trans- 
versalen Reihe. In solcher Drei- 
haargruppe unterscheiden wir . , . ^ 
das Mittelbaar, das sehr oft 2 j ® * 
stärker ist als die Seiten- 

haare. Ausnahmsweise kann die 3 fä) 



u 



Zahl kleiner werden. Häufiger ... 
erleidet die Dreihaargruppe Korn- t, 
plikation dadurch, daü :J. unab- 
hängig von den drei Haaren $ 
zwischen und neben ihnen neue ^ ^ 

auftreten. In allen genannten 

Fällen tritt jedes Einzelhaar 6 " n @hs© 0®° 

durch eigene Oeffnung aus der iS 
Haut. Sie können aber auch • ••*••#'.•♦•. <5? © @ 

durch gemeinschaftliche Oeffnung ■, ' @ @ 

heraustreten. Wir si)rechen dann 13 Q ® & <q <® 

von 4. Haarböndeln. Mit 

de Mevere unterscheiden wir Fig. 10. Haargnippcn von /. Myopotamus 
unechte und echte, je nach der (cineDraei^run^ 

r- . , 1 •« i- 1 ^ 2. Midas ro*aha (Dreiergruppe des Kucken«»; 

hntstenung. 4" die unechten 3 _ rorcopitheciw cephu* «;ruppc Kückcnn, 

Oder falschen entstehen durch aus einem Mittelbaar und jederseits desselben 
Verschmelzung des obersten - lateralen Haaren gebildet); 4. Krieuhis nigre- 

Teiles mehrerer benachbarter SCCUH - . IJru * ,: \ pnea; 0. Traeuiiw 

I,., . , javanicu*; 7. Dasvprocta aguti; .V. I^onencre* 

rolllKel. woraus em kurzer ge- crili , aUl . 9m Aucheüia paeo «die Gruppe besteht 

meinsamer Follikelhals hervor- aas einem Mittelhaar und jederzeit* demselben 

geht. 4 b . Alle drei Haare, meist einem echten Bündel); 10. Canis familiaris; 

aber nur die Seitenhaare einer '/• Ornithorhynchu«: 12 Ca»tor eanadcnsi*. ,3. 
i-v ., , ., Lutra vulgaris: nach de Mevere. 

Dreihaargruppe, lassen von nircm 

Follikel (Hauptfollikel) durch Knospung Xebenfollikel entstehen, in denen 
sich Rei oder Nebenhaare entwickeln, die häufig durch geringere Stärke 
sich unterscheiden von dem erst gebildeten Haar: dem Stammhaar. Sie 
bilden zusammen ein echtes Ründel. Der Follikel des Stammhaares nimmt 
die Xebenfollikel auf. meist in der Gegend der Einmündung seiner tubu- 
lösen Drüse und bildet danach einen gemeinschaftlichen Follikelhals. der 
länger ist (meist mindestens 0.2 mm) als der der unechten Ründel. 



12 



I. Hnut und Hnutgebililc. 



Trotz aller Komplikation, die das erwachsene Haarkleid erreichen 
kann, zeigt das vorabgehende Auftreten der Dreihaargruppe beim jungen 
Tief, daß dieso den ursprünglichen Zustand repräsentiert. Bis jetzt liegt 
kein einziger Beweis vor, daß sie aus einer Anlage hervorging. Auch das 
Verhalten der tubulösen Drüsen spricht dagegen, da nicht nur der Follikel 
des Mittelliaares, sondern häutig genug auch der der Seitenhaare tubulöse 
Drüsen besitzt 

Für diese Nomenklatur ist also jedes Haar ein Stamm haar, gleich- 
gültig, ob es ein Mittelhaar «1er ein Seitenhaar ist. Nur die Haare, die in 
Follikeln (Nebenfollikcln) wurzeln, welche aus dem Follikel eines Stamin- 
haares durch Knospung hervorgingen, heilien Neben- oder Beihaare. 
Der Begrifl' Stammhaar deckt sich dalier nur teilweise mit dem Begriff 
Stichelhaar oder Grannenhaar, «las sich durch Länge und Stärke auszeichnet 
gegenüber den weicheren Wollhaarcn. Nur in einer Anzahl Fällen sind 
ja die Wollhaare den Nebenhaaren identisch, in anderen sind sie aber 
ebensogut Stammhaare wie die Stichelhaare. Diese Termini lassen sich 
aber immerhin bei Beschreibung des Balges gebrauchen. 

Es zeigt siel), daß namentlich durch Ausbildung des Wollhaares der dichte 
Pelz, namentlich niedrigeren Temperaturen ausgesetzter Tiere zustande 
kommt. Auch die Jahreszeit spielt eine Rolle: der dünnere Sommerpelz folgt 
auf den dichteren, jedenfalls längeren Winterpelz durch Abwerfen von Haaren 
und Neubildung anderer. Somit besteht eine Periodicität in der Haarbildung, 
neben anderen Fällen mit beständigem und dann nicht auffälligem Wechsel. 
Ueberhaupt ist jedem Haare nur eine^ bestimmte Lebensdauer gegeben. 
Darauf beruht es, daü nach Schwalbe beim Hermelin im Oktober am Rücken 
und Bauch die weißen Haare des Winterkleides entstehen. Sic werden 
allmählich zu Kolben- oder Knopfhaaren, d. h. im Keimlager der Haar- 
wurzel tritt Verhornung ein; dadurch erhält der Kolben ein zerfasertes 
Aeußere, wächst nicht mehr, bleibt anfänglich jedoch noch sitzen, allmäh- 
lich aber füllt sich seine Papillenhöhlc und das Haar löst sich im März los. 
Auf den alten Papillen erhebt sich eine neue Generation junger Haare, 
sog. Papillenhaare; sie erlangen die Oberhand, indem sie bis zum April — in 
nördlichen Klimaten später — die alte Generation entfernen. Dieses Sommer- 
haar ist braun u. s. w. gefärbt. Somit hat doppelter Haarwechsel statt, der 
auch bei anderen Säugern wahrgenommen ist und eine Verfärbung, die auf 
Neubildung von Haaren beruht Bei Lepus variabilis soll aber nach v. Loe- 
wis die weiße Winterfärbung auf Weißwerden der sitzenbleibenden Sommer- 
haare beruhen, die also nur im Frühling gewechselt werden. Eine feste 
Regel scheint also diesbezüglich nicht zu gelten ; das dürfte vielleicht auch der 
Fall sein hinsichtlich der Neubildung von Haaren. Meist scheint diese von 
der alten Papille auszugehen [Schwalbe], während namentlich Maurer dafür 
eine ganz neue Papille vindiziert. Nach de Meyere kann derselbe Haar- 
follikel auch verschiedenartige Haare bilden je nach der I^ebcnsphase des 
Tieres. Das erwachsene Alter scheint im allgemeinen Neubildung von 
Follikeln auszuschließen. Die Sinushaare nehmen auch darin eine Sonder- 
stellung ein, daß ihr Wechsel nicht synchron zu sein braucht mit der je- 
weiligen Verhaarung. 

Das Zurücktreten der Hautpigmente bei der Färbung der Säuge- 
tiere wurde bereits hervorgehoben. Diese beruht ganz wesentlich auf der 
Farbe der Haare. Letztere wird verursacht zum Teil durch Pigmente ; daneben 
spielt der Luftgehalt der Zellen und das Relief der Oberfläche eine Rolle. 



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Haar und Färbung. 



Dem Luftgehalt venlankt das Haar seine weiße Farbe. Interferenzfarben 
treten nur ganz vereinzelt auf. z. B. bei Chrysochloris. 

Die Färbung der Säuger ist entweder eine einfarbige oder es treten 
Zeichnungen auf als Längsstreifung. Flecken oder Querstreifung. Die 
Längsstreifung hält Eimer für die ursprüngliche. Dafür spreche unter 
anderem, daß bei vielen jungen Tieren, z. B. Schwein. Tapir. Löwe, 
Hirschen u. s. w. die später einfarbig oder anders gezeichnet sind, aus- 
gesprochene Längsstreifung auftritt. Weite Verbreitung hat auch die 
Längsstreifung an und für sich oder in reduzierter Form als Wangen- 
streif (Sus vittatus z. Ii.). Schulterstrcif ( Myrmeeophaga jubata, Wildpferde), 
Rückenstreif u. s. w. In vielen Fällen läßt sich der Vorteil der Zeichnung 
als Schutzeinrichtung, um das Tier schwerer kenntlich zu machen, begreifen. 
Auch daß die Fleckung durch Auflösung von Längslinien hervorging. Aus 
dem Zusammenlaufen von Flecken mag die Schabrakenzeichnung entstanden 
sein, wie sie der Schabrakentapir (Tapirus indicus). Canis mesonielas. 
Cephalophus sylvicultor. und in Anfangsbildung Mellivora und der Dachs 
sie zeigt. Letzterer fällt außerdem dadurch auf, daß er eins der wenigen 
Tiere ist, bei denen die dem Lichte zugekehrte Seite heller ist als die 
«lern Lichte abgekehrte. 

Mag in vielen Fällen die Zeichnung oder Färbung, wenigstens ursprüng- 
lich eine Anpassung gewesen sein an die Umgehung, in anderen ist wohl 
das Klima von Einfluß. So soll nach Hose (iymnura rafflesi in Bomeo 
auf sumpfigem Boden, ihre albinotische Varietät (i. alba auf trockenem 
Boden leben. 

Auch das Alter des Tieres und sein Geschlecht ist von Einfluß. 
Häufig haben die Weibchen ein bescheideneres Kleid, wie bei den sekun- 
dären Geschlechtsmerkmalen näher zur Sprache kommt. Selten ist der 
Unterschied so auffallig, wie bei Phalanger mactilatus. wo gegenüber dem 
einfarbigen Weibchen, das Männchen auf weißem Grunde unregelmäßig 
rot. braun oder schwarz gefleckt ist. Noch auffälliger ist, daß nach .lentink 
dieser Unterschied einzig auf »1er Insel Waigeu für die dortigen Weibchen 
nicht besteht. 

Im übrigen ist die Färbung einer Säugetierart eine im großen und 
ganzen konstante. Variahele Färbung, wie wir sie von unseren Haustieren 
kennen, kommt bei wilden Säugern nur ausnahmsweise vor. z. B. bei Equus 
Przewalski, Arvieola amphibitis, Canis dingo, Phalanger maculatus. wobei 
wir natürlich absehen von konstanter Färbung der Rassen oder Varietäten 
einer Art. Scheckenfärbung unserer Haustiere kommt bei wilden Säugern 
fast nicht vor: da wäre zu nennen Lycaon pictus. Häutiger schon Albinisntus, 
wie beim in dem arktischen Gebiete leitenden Eisbären und solchen Formen, 
die hier oder in kälteren Gegenden überhaupt, im Winter einen weißen 
Winterpclz annehmen, wie Hermelin. Eisfuchs. Alpenhase. Hierbei sehen 
wir natürlich ab vom mehr pathologischen Pigmentmangel amniotischer 
Tiere, wie er bei uns nicht gerade selten beim Maulwurf und Dachs auftritt. 

Vollständiger Haar man gel ist nur von Beluga und Monodon be- 
kannt: sdle übrigen dentiecten Cctacecn haben wenigstens bis zur Zeit 
der Geburt vereinzelte Haare längs dem Oberkiefer, die nach dem Typus 
von Sinushaaren gebaut sind. Zahlreicher sind sie schon bei den Barten- 
walcn zeitlebens längs der Mundspalle und auf dein Oberkopf bis zu den 
Nasenlöchern. Hier liegen Reste eines durch das Wasserleben reduzierten 
Haarkleides vor. Gleicher Einfluß wirkte auch auf die Sirenia und Ilippo- 



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14 



I. Haut und Hautgebildc. 



potamus, deren Junge noch ein weit reicheres Haarkleid besitzen. Auch beim 
Menschen hat ja der Embryo im Lanugo ein vollständiges Haarkleid, dessen 
Abstoßung erst in den letzten Fötalmonaten beginnt. Aehnliches gilt für 
die Elefanten. Andere Beispiele von Nacktheit wie die von Heteroeephalus, 
Chiromeles, dem nackten Hunde Canis familiaris caraibeus, sind immer so 
zu verstehen, daß hier und da noch vereinzelte Haare vorkommen. Und 
da es sich um Tiere handelt, de'ren nächste Verwandte behaart sind, so 
läßt sich nur von Reduktion eines früher besseren Haarkleides sprechen 
und hat somit die Thesis, daß alle heutigen Säuger von behaarten Vor- 
fahren abstammen, allgemeine Gültigkeit. 

Ein neues Studienfeld hat \V. Kidd betreten, indem er nachwies, 
daß die Richtung der Haare bei den Säugern eng sich anschließt an 




Fip. II. Pferd zur Demonstration der naarströme, der Haarfiedemng und der 
Haarwirbel ; nach W. Kidd. 



ihre passiven und aktiven Gewohnheiten. Somit an die Lage, die ihre 
Körperteile in der Ruhelage gewohnt sind einzunehmen. Ferner an stets 
wiederholte Bewegungen, die ihrerseits ein AusHuß sind von Muskulatur 
und Skelettbau und dem Gebrauch, den das Tier von diesen macht. Ge- 
wohnte Bewegungen, nicht nur der Hautmuskeln, sondern auch der Glieder etc. 
beeinflussen die Haut. Dies macht sich kenntlich auch durch das Zu- 
sammenfließen benachbarter Haarströme zu Haarfiedemng, die schließlich 
an dem kritischen Punkte in Haarleisten und Haarwirbeln endet. Solche 
treten an der Hals-, Brust-, Achsel- und Leistengegend auf und beruhen 
schließlich auf Muskelaktion. Nicht direkt verbunden mit Bewegungen 
sind die, z. B. von unseren kurzhaarigen Haustieren bekannten nasalen, 
frontalen und spinalen Haarwirbel. 

Vom Menschen hat bereits Eschricht die Richtung der Haarströme 
genau studiert und die Richtung der Haare am Arm führte bereits 



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Haare und Niigelbildungen. 



15 



Darwin zurück auf «lie Richtung der Haare am Ann der Anthropomorphen. 
Er brachte sie in Verbindung mit der Haltung, welche die Arme dieser Tiere 
einnehmen, z. B. bei tropischen Regengüssen. Aehnlich wird auch ander- 
wärts die Haarrichtung häufig ein Erbstück sein, hervorgegangen aus 
häutig wiederholten Bewegungen oder Haltungen der Vorfahren. 

Von hervorragender Bedeutung unter den Hornbildungen sind die 
Hornbeklcidungen der Endglieder der Extremitäten, die sich der 
Hauptsache nach der Form und dem Gebrauche derselben anpassen, daher 
einen Rückschluß erlauben auf den Gebrauch des ganzen Gliedes und 
damit, innerhalb gewisser Grenzen, auf den Bau des ganzen Tieres. „Ex 
ungue leonem" ist daher eine Erkenntnis, die von jeher große Bedeutung 
hatte auch bei systematischen Versuchen. Bereits Aristoteles zerlegte seine 
TetrajK>da, die zweite Hauptsektion seiner Säugetiere, in zwei Abteilungen, 
je nachdem der Digitus nur an einer Seite Nagel und Kralle trägt oder in 
einen Huf eingeschlossen ist J. Ray unterschied in gleichem Sinne 
Unguiculata und Ungulata: Ausdrücke, die von da an als Bezeichnung 
primärer Hauptabteilungen im Schwange blieben. 

Sehen wir von den Cetaceen ab, deren Endphalangen eine Hornbeklei- 
dung fehlt und achten wir auf die Form der Hornbekleidung bei den übrigen 
Säugern, so kann man diese danach in die zwei großen Gruppen der Unguicu- 
lata und Ungulata: der Krallentiere und Huftiere unterscheiden, allerdings 
mit erheblichen Formverschiedcnhcitcn im Speziellen. Alle lassen sich aber 
von einer Grundform herleiten, zu deren besserem Verständnis man, nach 
dem Vorgang von Boas, ausgeht von einer einfachen Krallenform, wie die 
Schildkröten. Krokodile und Vögel "sie darbieten. Man hat es hier mit 
einer dorsalen Nagelplatte {Krallenplatte Boas) zu tun, welche die 
Nagelphalanx dorsal und seitlich umscheidet und aus echter Nagclsubstanz 
besteht d. h. aus außerordentlich fest ineinandergefügten verhornten Epidcrmis- 
zellen, die ihren Kern noch bewahrt haben. Von 
dieser Nagelplatte oder der eigentlichen Kralle 
unterscheidet sich eine weichere Masse: das 
Sohlenhorn, Hornsohle oder Krallensohle 
[Boas|, die ausschließlich ventral gelagert ist 
und aus einer Ansammlung gewöhnlicher ver- 
hornter, in den obersten Lagern kernloser 
Epidermiszellen besteht. Beide sind ursprüng- 
lich Teile eines Ganzen, unterscheiden sich 
aber funktionell erheblich, da das Sohlenhorn Fig. 12. Längsschnitt durch 
leichter sich abnutzt als die Platte und letztere die II. Zehe von Fchidiia; nach 

an den Rändern sich scharf erhält. In dieser 0< $ C H! M T \KraJlenplatte, 
..... ^ i » x- i i i s N)hlcnhoro, b /cheiiballen, 

ursprünglichen Form hat Neubildung im f> , § 3 phaJange 
ganzen Umfange der Krallenmatrix statt, bei 

Säugern ist dagegen in der Hauptsache der distale Teil der Matrix (des 
Nagelblattes) steril; über diesen schiebt sich somit die proximal (basal) ge- 
formte Krallenplatte hinweg. Im übrigen hat sich die wesentlich gleiche 
Form der Kralle erhalten bei den Monotremata, Marsupialia, Insectivora, 
Chiroptera, Galeopithecidae, Xenarthra, Orycteropodidae, Manidae, Rodcntia, 
Carnivora. Ihr entspricht die seitlich zusammengedrückte, zugespitzt 
endende Nagelphalanx, die noch beim Skelett zur Sprache kommt. 

Ohne auf weiteres Detail einzugehen, kann im allgemeinen ge- 
sagt werden, daß die dorsale Krallenplatte überwiegt und mit ihren 




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IG 



J. Haut und Hautgcltildc. 



seitlichen Rändern die weichere Krallensohle scheidenartig einfaßt. Ge- 
winnt sie gegenüber der Nagelphalanx, die stets — mit einziger Aus- 
nahme des I. Fingers beim Elephantcn (s. im systematischen Teil) — ihre 
Unterlage abgibt, an Ausdehnung nach hinten, so daß die Krallematrix 
(das Krallenbett) nicht mehr in gleicher Flucht liegt mit der Haut, sondern 
in diese sich einsenkt, so entsteht der ..Falz", welcher verschieden hoch 
die Krallenba.sis bedeckt und als Krallen wall bekannt ist. Namentlich 
bei kletternden, grabenden Tieren und solchen, die ihre Krallen zum (ireifen 
gebrauchen (Carnivora, manche Nager), ist er stark entwickelt; seine, der 
krallenplatte zugekehrte Unterseite, kann mit ihr verwachsen, so daß ein 
eigentlicher Falz als Spalte fehlt. Bei den genannten Tieren prominiert auch 
das Krallenende stark und ist die Krallensohle auf einen schmalen Streifen 
begrenzt (Carnivora). Die Ausdehnung der Krallensohle proximalwärts wird 
nur selten beschränkt durch Uebergreifen der Krallenplatte auf die Vcntral- 
tläche (Hasei. Häutiger wird sie verkürzt, durch die Zehenballen. Hierunter 
versteht man elastische Hautkissen auf der Ventralseite der Finger, die 
zusammen mit den Sohlenballen bei plantigrader Bewegung hohe Bedeu- 
tung hahen. Bei digitigraden Tieren treten erstere in den Vordergrund, da 
sie jetzt das Körpergewicht zu tragen haben (Carnivora z. B.i; mehr noch 
wenn die Tendenz vorwaltet, das Ende der Gliedmaßen zu Tastorganen zu 



A B C D 




Fi«. 13. Lnng«*chnitt durch da» Fingerende von A Menwh, B Affe, C ungui- 
culater Säuger, I) Pferd, «chematwiert "ach Boas. * Sohlenbnllen, n Krnllcn platte. 
/>-, p l die Ufidcn letzten Phalangen, s Sohlenhorn, r Krallen wall. 

machen. Hierbei erlangen die Zehenballen derartig terminale Lage, daß sie 
als ..Fingerbeeren" an den Fingerenden auffallen (Mensch, Primates). Die 
Krallensohle (Sohlenhorn) wird hierbei reduziert zu einem schmalen Streifen 
unter dem Nagelendc (Nagelsaum). Wir sprechen jetzt vom Nagel, da 
die Krallenform einem „Plattnagel" Platz machte: einer Nagelplatte also, 
die von rechts nach links nur wenig, von vorn nach hinten kaum gewölbt ist. 
Ist erstere Wölbung noch stark, so spricht man von einem ..Kuppennagel". 

Unrichtig wäre es. aus dieser Darstellung den Schluß zu ziehen, 
daß der Plattnagel des Menschen und tler Affen einfach diesen Weg aus 
der Krallenform genommen habe. Dieser Punkt soll uns bei letztgenannten 
Tieren und bei den Prosimiae noch beschäftigen. Nicht unwahrscheinlich hat 
sich bei letzteren Tieren einfach durch Nichtgebrauch und dadurch bedingte 
Verlängerung am II. Finger eine Kralle erhalten im Gegensatz zu den 
übrigen Plattnägein. Diese Nagclform kann auch hier und da an übrigens 
echt-unguiculater Extremität auftreten und ist dann eben eine funktionelle 
Aenderung ohne systematischen Hintergrund. 

Stärkere Befestigung der Grab-iScharr-)Krallen kann erzielt werden 
durch mediane Spaltung der Nagelphalanx Maitis. Perameles, Chryso- 
chloris. Talpa). In tliese Spalte ist das Nagelbett eingesenkt, ruft eine 
entsprechende Läng>lei>te an der Krallenplatte hervor, welche in die Spalte 
eingefalzt ist und die Kralle innig mit der Nagelplialanx verbindet. Auf 



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Haar- und Schuppcnbildungen. 



17 



Aehnliches zielt vielleicht auch die mediane Furchung der Nagelphalanx 
hei Ilradypodidae und Myrmecophagidae ah. indem Zunahme der Nagel" 
Substanz erreicht wird, aber keine ventral vorspringende Leiste, (ianz 
anderer Art ist die Spaltung der Nagelphalanx in einen dorsalen und 
ventralen Abschnitt an der II. Zehe von Proravia (Hyrax): ihr entspricht ein 



Fig 14. I. Nagelbildung 
<» an den gefurchten, verbreiter- 
ton End«n des II - IV. Finger« 
eine? Embryo von 7,(5 ein Lange 
von fthuiM trienspis. II. Finger- 
ende eines Kmbryo von 17 ein, 
A von der Seite, B von oben, 
C im Horizontalsehnitt von 
einem F.inbryo von 'M cm; / 
Nngelphalanx ; « Nagolsub- 
stanz; «' durchscheinende, ven- 
tral vorspringende Leiste von 
Nii£el*ul>stariz: h Sohlenhorn 
mit Epitrichiulzellen. III. Ab- 
gezogene Kralle von Manis 
longicaudata mit der ventral 
vorsprinpenden leiste. IV. 
(Juerschnilt durch das Finger- 
ende von I'erameles gunnii, />/> 
die Kndspitzen der gespaltenen 
Nagelphalanx: n dorsale Kral- 
lenplatte; s Sohlonhorn. 






ganz einzig dastehender Nagel. Solche besondere Nagelfonncn erwähnt 
der systematische Teil. — Embryonal kommt die Entwicklung der Nagel- 
platte unter einem weichen (lewebe zu stände, dem Eponychium. das in 
das zukünftige Sohlenhorn sich fortsetzt und dorsal bis zum Nagelwall 
reicht, bei der Geburt oder bereits vorher aber schwindet. 

(Jejjenüber den l'nguiculata. die planti- oder digitigrad sind, stehen 
die l'ngulata: ausgezeichnet durch dorso-ventral abgeflachte Nagelphalangen, 
die in den meisten Füllen die Körperlast zu tragen haben. Dieser Unguli- 




Fig. 1">. Fingerspitze von unten gesehen von: A Mensch. B Affe, C unguieulatcr 
Sauger. I") Nashorn. K Pferd. F Kientier; nach Boas, schematisiert, b Sohlenballen; 
n Knud der Krallenplatte; s Sohlonhorn. 

gradic entsprechend, hat die Hombekleidung die (iestalt einer Klaue 
oder eines Hufes angenommen. Das Prototyp des letzteren, gleichzeitig 
dessen höchste Ausbildung, ist der Pferdehuf. Hier hat sich die Horn- 

Wobcr, SauKt<lierc. - 



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18 



I. Haut und Hautgcbilüo. 



platte (sogen. Wand) um die Nagclphalanx herumgebogen mit einer nach 
vorn schauenden Wölbung; sie umfaßt das dem Boden zugekehrte Sohlen- 
horn, biegt sich aber hinten jederseits mit scharfem Winkel, den Eckstreben, 
ein und faßt hier den Strahl zwischen sich. Dieser dringt mit seiner 
Spitze in das Sohlenhorn vor und erscheint als dreieckige Fortsetzung 
des Zehenballons, der oberhalb des Hufes als Hnfhallen sofort seine Natur 
als Zehenballen des III. Fingers erkennen läßt. Später bei den Perisso- 
dactyla soll dargelegt werden, wie der Pferdehuf sich aus »lein Huf von 
Tapirus herleiten läßt, indem bei diesem das zapfenförmige Vordringen 
des Zehenballens in das Sohlenhorn bereits anhebt. Im Huf des Rhino- 
ceros ist dies noch nicht der Fall. Hier grenzt an das Sohlenhorn der 
verschiedenen kleinen Hufe eine Vereinigung der Zehenballen, welche die 
eigentliche SohlcnHäche darstellt. Sic bedeckt ein elastisches, binde- 
gewebiges Kissen, das bis zur Ventraltiäche der steil aufgerichteten Finger 
und Mctapodien reicht. Dies sind Einrichtungen, die dem ungeheuren 
Gewicht des Tieres entsprechen. 

Oberflächlich betrachtet, liegen ähnliche Verhältnisse bei dem Ele- 
fanten vor. Hei näherem Zusehen ist dies aber nicht der Fall, wofür 
ebenso wie für das nicht minder eigentümliche Verhalten bei den Hyra- 
coidea auf den systematischen Teil verwiesen wird. 

Unter Ungulata spielt Bildung von Hörnern auf der dorsalen 
Fläche des Kopfes eine bedeutende Rolle, Ganz überwiegend ist ihre 
Bedeutung die einer Watte im allgemeinen. Diesem Gesichtspunkt ent- 
spricht ihr Vorkommen in beiden Geschlechtern. Daneben sind es Watten 
sexueller Art zum Gebrauch der um die Weibchen streitenden Männchen. 
Dem entspricht ihre stärkere Ausbildung bei diesen, die sich häutig 
beobachten läßt und bei der Familie der Hirsche dazu führt, »laß nur 
das Männchen diese Watte besitzt, mit Ausnahme des weiblichen Rentiers. 

Unter den Hornbildungen ist das Horn der Nashörner eine rein 
integumentale liildung. Es ist eine gewaltige Wucherung der Epidermis, 
deren Hornschicht lange, haarformige Hornfasern bildet, die sich zu koni- 
schem Horn vereinigen und durch dementsprechend hohe Lederhautpapillen 
ernährt werden. Die zu einem oder zu zweien vorhandenen Hörner sitzen 
den Nasal ia resp. Frontalia auf. welche hier Gcfäßfurchcn zeigen und bei 
Elasmotherium (s. dieses) zu einem Buckel sich erheben als Unterlage des 
gewaltigen Hornes. 

Die übrigen Hornbildungen dürfen gleichfalls hier unter dem Inte- 
gument einen Platz finden, da dieses sich an ihrer Bildung in verschie- 
denem Grade beteiligt. 

Zunächst das Geweih der Hirsche. Allgemeine Betrachtung des- 
selben läßt als wichtigsten Teil den Stirnzapfen, Rosenstock, er- 
kennen, der von der äußeren Tafel des Frontale als solider Knochenfort- 
satz ausgeht, somit als Apophyse dem" Frontale angehört und von der be- 
haarten Kopfhaut überzogen wird. Im Erstlingsgeweih, das im ersten 
Lebensjahr des jungen Hirsches auftritt, desgleichen bei den ersten echten 
mittelmiocänen Hirschen, geht die Knochensubstanz des Zapfens in ein 
endständiges Knochengebilde über wir wollen es vorgreifend gleich 
Stange nennen — das anfänglich gleichfalls von Haut bedeckt war. diese 
aber allmählich durch Obliteration der Gefäße, Eintrocknung und mecha- 
nische Abstreifung sog. Fegen an Baumstämmen) verliert. Die Stange 
ist damit ein bloßgelegtes Knochenstück geworden, das sich vom skelet- 



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Horner, Geweihe. 



19 



tierten Rosenstock nur durch braune Farbe, anfänglich auch durch Gefäß- 
furchen unterscheidet Dieses denkbar einfachste Geweih, das die Form 
eines Dolches hat. daher Spieß (Spießhirsch) heißt und unter recenten 
Hirschen bei Coassus (Cariacus) und Elaphodus die bleibende Geweihform 
darstellt, ist gleichfalls das phylogenetisch älteste, das als Erstlingsgeweih 
immer wieder auftritt. Sein von der Haut entblößtes Endstück, die Stange, 
wird im nächsten Jahre gewechselt: d. h. Osteoklasten erweichen dasselbe 
nekrotisch an seiner Basis, so daß weite Räume entstehen, seine Verbindung 



Fig. IG. 

(ieweihbildiing 
eines Cerviden 

noch Nitsche. 

1. Krstlingsge- 
weih als Apo- 

pbjte b des 

Krontale, mit 
Haut bekleidet. 
•_\ Die Stange 
ist nackt mit 

Resorptions- 
sinus r. '.ia u. 
:ib Abwarf der- 
selben. 4 — 7. 
Entstehung des 

zweiten Ge- 
weihes l> 1 unter 

der behaarten 
Haut, e Epi- 
dermis mit 
Haaren; c Co- 
riutn; k Kno- 
chen; J Kranz- 
naht. 




lockernd, bis es schließlich abfällt. Die entstandene WundHäche überwuchert 
die Haut. Unter ihrem Schutz hat nun Regeneration statt, indem sich 
auf der Spitze des Stirnzapfens (Rosenstock) osteoblastisches Gewebe bildet, 
das in den meisten Fällen zur endlichen Bildung einer verknöcherten 
komplizierteren Stange führt, indem an ihr zackige Verästelungen, sog. 
Enden oder Sprossen auftreten. Wenn auch diese Neubildung vom Periost 
des Rosenstockes ausgeht und damit als Epiphyse des Skeletes sich doku- 

2« 



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20 



I. Haut und Hautgebildc. 



nienticrt, so ist die Beteiligung der Haut nicht zu leugnen, und hat da- 
mit die Behauptung, daß die Stange eine Hautverknöcherung, ein Cutis- 
knochen sei, eine gewisse Berechtigung. Nur so läßt sich die Periodicität 
des Abwerfens und der Regeneration erklären, die mit der Periodicität 
der Geschlechtsfunktion zusammenfällt, mit der sich ja auch anderwärts 
periodische stärkere Betätigung der Haut (Drüsen, Haarwechsel) verbindet. 

An der Basis der Stange, von wo aus die Regeneration statt hatte, 
bildet sich bei der Mehrzahl der Hirsche, jedoch in verschiedenem (iraile, 
eine wulstige Verdickung heraus: die Rose, die bei späteren Jahrgängen 
desselben Hirsches mehr hervortritt und auf ihrer Zirkumferenz knopf- 
artige Verdickungen, sog. „Perlen" aufweist und zwischen diesen die 
Furchen der Gefäße, die der Arteria temporalis angehörig, die sich bildende 
Stange ernähren. Während ihrer Bildung ist die Stange biegsam, mit 
behaarter Haut überdeckt und wird vom Tier geschont. Von der Rose 
aus tritt die Ossifikation ein. Alsdann folgt Obliteration der Gefäße, Ver- 
trocknung der Haut und darauf das sog. ..Fegen". Nach der Brunst hat 
abermaliges Abwerfen statt u. s. w. Nur von Elaphurus davidianus wird 
jährlich zweimaliges Abwerfen des Geweihes behauptet (LydekkerJ. Dunkel 
ist die Ursache der eintretenden Nekrose; denn Annahme eines Sistierens 
des Stoffwechsels verschiebt nur die Frage. Deutlich ist dagegen der 
Mechanismus des Abwerfens. Auch ist die Annahme wohl berechtigt, «laß 
als phylogenetisch ältester Zustand ein langer Stirnzapfen gelten mag. 
dem als anfänglich perennierendes kleines Endstück die spätere Stange 
aufsaß. Ursprünglich war sie wohl mit Haut bedeckt; sie war aber im 
Gebrauch mechanischen Insulten ausgesetzt. Dies führte zu Nekrose des 
bloßgelegten Knoehenstückes und zu Regeneration. So könnte im Laufe 
der Zeiten, im Zusammenhang mit den Brunstperioden. auf deren Höhe- 
punkt ja gerade die Stange Insulte beim Kampfe erfuhr, die periodische 
Regeneration sich herausgebildet haben. Sie ermöglichte auch ausgiebigere 
Komplikation und Größenzunahme der Geweihe in nachfolgenden Jahr- 
gängen des Hirsches, der mit weiterem Wachstum ein schwereres Geweih 
tragen konnte. Sie führte aber über lange Zeiträume hin — vom Mittel- 
mioeän bis Pliocän — nur zu Gabelgeweihen, also von einfachem Bau. 
Darauf erst trat bei vielen Formen eine Hyperplasie ein. die aus dieser 
ursprünglich zweckmäßigen Waffe, in der Neuzeit Geweihstangen von 
extremer Komplikation und grossem Gewicht schuf, die wir mit A. Rörig 
als eine Geweihentwickelung vom Zweckmäßigen zum Unzweckmäßigen 
bezeichnen dürfen. Andere Formen behielten in verschiedenem Grade die 
ursprüngliche Form bei; so Coassus. ferner Cervulus Muntjac mit seinen 
langen Rosenstöcken ''s. u. Fig. bei Ccrvidae). die im Gegensatz hierzu 
beim modernisierten Geweih der Rentiere, das sich ja auch auf die Weibchen 
übertrug, verschwindend klein sind. 

Innigeren Verband mit dem Integunient zeigt die dritte Hornform. 
die uns bei den Ruminantia entgegentritt, die wir eben ihrer Horner 
wegen Cavicornia nennen, da sie im erwachsenen Zustande einen 
Knochenzapfen tragen, der vom Frontale ausgeht und überkleidet wird 
von einer Homscheide. Letztere ist ein Produkt tler Epidermis, inso- 
weit diese, zusammen mit einer gefäßreichen Cutis, den Hornzapfen über- 
zieht und mit dessen Periost zusammenhängt. Die Hornproduktion kann 
periodischen Schwankungen unterliegen, was zu einer Bildung von Ringen 
an der Ba>is führt, die dein Alter des Tieres entsprechen können (Kuh). 



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Horner. Geweihe. 



21 



Dieses Gehörn geht nur vereinzelten Cavieornia ah (hornlose Rinder- und 
Schafrassen), zuweilen fehlt es dem Weibchen (Tragclaphus, Neotragus, 
Tetraceros) oder ist hei ihm geringer entwickelt iBoselaphus tragocamelus). 
Von mehr Interesse ist es nachzuforschen, oh dieses Gebilde Vergleichs- 
punkte bietet mit dem Geweih der Hirsche und wo diese liegen. Bereits 
wahrend des fötalen Lebens hat dort, wo der Hornzapfen auftreten wird, 



Fig. 17. Drei Stadion 
der Kntwickclung des Ol 
cornu o; f Hnrnzapfen 
auf «lein Krontale, der in 
III den Hornstiel bildet 
and bereit» mit dem Os 
cornu verschmolzen ist. 
h Anlage der Hornwlieide. 
Auf Durchschnitten von 
jungen Lämmern , nach 
A Brandt. 



>tärkere Vaskularisierung von Haut und Periost . die innig zusammen- 
hängen, statt. Die erhöhte Ernährung der Haut führt nach A. Brandt zu 
einer schwieligen, hornigen Verdickung, die erst später ihren bröckeligen 
Charakter verliert, um >ich zur Anlage der Hornscheide auszubilden. Im 





Fig. IS. Gehörnbildung bei Antilocapra. nach Nitsehe. 1. Kurz nach dem Ab- 
werfen der alten Hornscheide. 2. Späteres Stadium mit vorderem Hornzacken v. 
3. Unter der alten, von ihrer Matrix gelösten Hornscheide ist bereit* das nein- Haar- 
kleid des Stirnznpfenintegumentes und die neue primäre Hornspitze angelegt. 
v primäre; x sekundäre Hornspitze; z Basis der Hornscheide; // Stirnzapfen; r Epi- 
dermis; < Ledertwot; -fr Frontale. 

Periost dagegen führt die hypertrophische Vaskularisierung einesteils an 
dessen Innenseite zu einer buekel form igen Hervorragung des Frontale 
und zwar der äußeren Tafel desselben, die den niedrigen Hornstiel 



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22 



I. Haut und Hautgc bilde. 



liefert: anderenteils an der Außenseite zu einem Knochenkern (Os cornu): 
dem eigentlichen Hornzapfen. Dieses Os cornu entdeckte Santlifort bereits 
182!> und wurde jüngst wieder durch A. Brandt und Dflrst bestätigt. Ks 
erscheint als Epiphyse des vom Frontale als Apophyse ausgehenden „Horn- 
sticlcs". der dem Rosenstock (Stirnzapfen) der Hirsche entspricht; der epi- 
phytische Hornzapfen (Os cornu) ist dann der Stange vergleichbar. Er 
ist gleichfalls nur in entfernterem Sinne als Cutisknochen aufzufassen, in- 
sofern sein Periost innige Beziehung hat zur Hautdecke. Hornstiel und 
Hornzapfen verschmelzen meist so innig. dalJ jede Naht zwischen ihnen 
wegfällt Auch kann bei Pneumatisierung der Diploe des Frontale, dessen 
Sinus sich durch den Hornstiel in den Hornzapfen ausdehnen, anderwärts 
(manche Antilopen) bleibt er solide. 

Zwischen den extremen Hornbildungen der Hirsche und Hohlhornigen 
liegen in gewisser Beziehung Uebergänge. Zunächst Antilocapra (s.Fig. 18j. 
Deren Hornzapfen wird gleichfalls von verhorntem Integument umscheidet. 
Hierin sind aber bei der Verhornung die Haare aufgenommen und wichtiger 
noch: diese Hornscheide wird jährlich nach der Brunst abgeworfen, infolge 
von Neubildung einer jungen Scheide, welche die alte abwirft und darauf 
weiter voll sich ausbildet durch Hornproduktion zwischen den Haaren. 
Sie liefert ferner eine Seitenzacke, die keinerlei Beziehung hat zum 
Knochenzapfen. Essentiell ist also das Gehörn von Antilocapra ein Cavi- 




Fig. 19. Entstehung des Gehörns der 
Giraffe, nach Nitrene. 1. Jugeiulstadium, 
als Cutisverknöchernng * entstanden, 
liegt es noch vor «1er Sutnra coronalis </. 
2. Fertiger Zustand, in welchem b mit 
dem Schädeldach verwachsen ist Ober 
der Kranznaht, mit I^akunen J, als letzte 
Andeutung der früheren Trennung und 
mit Pneumatisierung p des Frontale. 
r Epidermis; < Corium; t Knochen. 



corniergehörn ; denn es ist bekannt, dal* beim basalen Wachstum des 
Rinderhornes gleichfalls Haiire in die Hornscheide aufgenommen werden. 
.Jährliches Abwerfen der letzteren fehlt allerdings, wohl aber hat periodisch 
stärkerer Wuchs der Hornscheitle statt: auch wird die erste Hornscheide 
des Kalbes abgeworfen, ferner kann bei Antilopen Wechsel derselben statt 
haben (Bartlettj. 

Als rebergang nach anderer Richtung hin erscheint die Hornbildung 
tler Giraffen. Namentlich im männlichen Geschlecht treten hier auf der 
fronto-parietalen Naht zwei Haupthorner auf, bestehend aus einem Os cornu. 
tlas von behaarter Haut überzogen ist, mit breiter Basis, namentlich auf 
dem buckelig aufgetriebenen Frontale ruht und schließlich mit ihm ver- 
schmilzt Abseits steht ein medianes fronto-nasales Horn von geringerem 
Ausmaß, tlas sich übrigens ganz gleich verhält. Den zwei oeeipito-parie- 
alten Hinterhörnern, die bei der sog. fünfhörnigen Giraffe an tler Grenze 
tler Occipitalgegentl auftreten, scheint ein Os cornu zu fehlen [O. Thomas |. 



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Horner, Geweihe. 



23 



Unter Zugrundelegung '1er neueren Untersuchungen von A. Brandt, 
Xitsche. Durst, Ray Lankester. (). Thomas u. A. kann man die verschiedenen 
Hornbildungen tabellarisch, wie folgt, vergleichen: 

A,K,physe de* Frontale: ^f> h >^ , : l lntegument 

Mirnzapfen ((_ utisknochcn} " 

i.nitiiu- Kosenstock Stange hinfällig Hast \ 



hinfälli 



Ant/i'-i i-npra Hornstiel Horiizapfcru Horuschcidc \ p 

V.hri^ Cavicornia Hortistiel Hornzapfen '■ P „ Honischcide I . • _ . . 
r,V,,#V./,^ Hornstiel Hornzapfen! n,om,d behaarte Haut! I'^nu.erend 

Bezüglich des phylogenetischen Entwicklungsganges der 
Hornbildungen bei Pecora könnte folgender Gedankengang vorläufig ent- 
wickelt werden. 

Dem Schädeldach der Ungulaten wurde etwa im Miocän die Fähigkeit 
eigen, in der nasalen, frontalen und occipitalen (legend Apophysen aus- 
wachsen zu lassen, die mit behaarter Haut be<leckt waren. Unter den Pecora 
besab namentlich das Frontale diese Fähigkeit. Mechanische Insulte, denen 
diese Waffe ausgesetzt war. führte zu Verhornung der Haut, die an- 
fänglich endständig geschah. Blieb diese distale Hornkappe permanent, 
so schloß sie weiteres Wachtum des Stimzapfens aus, behinderte dieses 
wenigstens. Dies führte zu ihrem zeitweiligen Abwurf, der dann periodisch 
geschah unter dem Einfluß der Geschlcchtsperiodcn. Er erhielt sich in 
dieser Form bei Antilocapra und geschah vermutlich bereits bei Samo- 
theriuni und auf dem geweihartigen Gehörn von Sivatherium. Einen 
anderen Weg schlugen die Kinder und meisten Antilopen ein. wo die 
Hornproduktion von der Hornbasis aus geschieht und damit Grötien- 
zunahme des Hornzapfens gestattet, trotz Permanenz der Hornscheide. 
Basale periodische Ringbildung letzterer erinnert noch an die periodische 
Hornproduktion. Mitleidenschaft des Integumentes tritt durch diese Horn- 
bildung mehr nach vorn, sie äuliert sich durch periodische stärkere 
Vaskularisicrung auch der tieferen Teile der Haut, woran sich das eng 
mit ihr verbundene Periost des Hornzapfen* beteiligt. Damit erlangte »las 
Endstück der frontalen Apophyse mehr Selbständigkeit, gleichzeitig aber 
Abhängigkeit vom lntegument. erhielt einen eigenen Knochenkern, somit 
den Charakter einer Epiphyse. dessen Periost stets mehr unter den Ein- 
Hut» des Integuments geriet. Dies erfuhr das Os cornu der Caviocornia, 
das den Charakter eines Cutisknochens annimmt: deutlicher noch die ihm 
inkomplet homologe ..Stange" der Hirsche, die gleichfalls aus kleinen 
Anfängen der Periodizität sexueller Prozesse unterworfen wurde und durch 
Verlust der schützenden Haut den Weg bahnte zu periodischer Nekrose, 
die ihr Abwerten verursacht. 

Von besonderer Wichtigkeit sind die Hautdrüsen der Säuger, die 
im (iegensatz zur drüsenarmen Haut der Sauropsida sehr reichlich auf- 
treten und damit an die drüsenreiche Haut der Amphibien erinnern. 
Trotz aller Verschiedenheit im Sekret lassen sie sich auf zwei Grundtypen 
zurückführen. Zunächst sind die tubulösen Hautdrüsen zu nennen, die 

1) Nachträglich fehe ich, dal! Gadow energisch gegen etwaige Ausdrucke wie 
Cutisknochen auftritt. 1 in Vorstehenden meine ich diesbezüglich eine Mittelstellung 
eingenommen zu haben, indem ich den ursprünglichen periostalen, epiphytmehen Bildung*- 
modus von Stange und Hornzapfen annehme, gleichzeitig aber dessen Freimachung 
aus diesem Verbände und neuerworbene Beziehung zur Hautdecke is. o. S. Ii)). 



24 L Haut und Hautgebilde. 

als selbständige Einstülpungen der Matrix der Epidermis entstehen und 
in die Lederhaut einwachsen. Sie schließen sich in ihrer einfachsten Form 
an die schlauchförmigen Drüsen der Amphibien an. wofür namentlich auch 

die Schicht kontraktiler Faserzellen 
spricht, welche das sekretorische Epi- 
thel von außen überlagert und ihrer- 
seits von auüen von einer Tunica 
propria umgeben wird. Das Drüsenepi- 
thel ist einschichtig, im nicht oder nur 
wenig erweiterten sekretorischen Teil, 
der sich in solchen einfachen Drüsen 
kaum abhebt vom kubischen Epithel 
des engeren Ausführungsganges, der 
häutig in Spiraltjängen die Epidermis 
durchzieht und hier seine eigene 
Wand verliert. Auch der sekretorische 
Schlauch kann solche Krümmungen 
zeigen und endlich bei bedeutender 
Längenzunahme in seinem blinden 
Ende sich aufknäueln I Knäueldrüsen, 
Glandulae glomiformesi. Verästelung 
des Schlauches über größere Aus- 
dehnung des Körpers tritt nur aus- 
nahmsweise auf (Hippopotamus. Trsus); 
häutiger in lokalisierten (iebieten 
Analdrüscn, Sohlenballcndrüscn etc.). 
Die Sekretion geschieht durch che- 
mische Vorgänge innerhalb der Drüsen- 
zellen, ohne unmittelbaren l T ntergang 
derselben. Sie sind daher vital 
secernierend und stationär kanalisiert 
|Eggeling|. Das Sekret ist meist tropf- 
bar flüssig, sehr wasserreich, farblos 
mit alkalischer oder saurer Reaktion 
(Schwei Iii. Es kann aber auch 
schleimig (Hippopotamus). eiweißhaltig 
(C'ephalophus , dick und zäh (Ohrenschmalz des Menschen >, endlich fettig sein 
und verbietet alsdann, von Schweiß und Schweißdrüsen (Glandulae sudori- 
parae) zu sprechen, weshalb überhaupt die Bezeichnung ,.tubulöse Drüsen" 
vorzuziehen ist. Auch wies ich nach, daß das Sekret blau gefärbt sein 
kann beim Weibchen von Cephalophus pygmaeus (s. u.). oder rot bei Hippo- 
potamus und beim Männchen von Macropus rufus, wo es Frsache wird der 
roten Farbe der Haare, indem es eingetrocknet und zu Pulver zerrieben, 
dem Haar von außen sich anhängt. 

Die Verbreitung der tubulösen Drüsen über den Körper ist bald 
eine allgemeine, bald eine lokalisierte, zuweilen auf sehr beschränktes 
Gebiet. So sind sie bei Kodentia vielfach auf die Sohlentlächen beschränkt. 
Anderwärts fehlen sie ganz: so bei Choloepus, Chrvsochloris. Sirenia, 
Cetacea, Manis. Im Gegensatz zu früheren Ansichten wies namentlich 
de Meyere nach, daß Ausmündung von Schweißdrüsen an behaarten Stellen, 
unabhängig vom Haarfollikel, zur Ausnahme gehört. Sie kann statthaben 



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Fig. 20. Schema eines Schnittes durch 
die Haut. / Stratum eorneuiu ; .» Kcim- 
lager der Epidermis; j Acinüse; 4 Tubu- 
lö>e Drüse; 5 Haarpapille; t> Haar; 
7 Wurzelseheide; # Follikelepithel; p Haar- 
balg; 10 Musculus arrec-tor pili ; ;/ Fctt- 
kliinipihen; 12 Papille des CoritU». 



Hautdrüsen. 



25 



bei Talpa. auch bei einzelnen Affen: ferner beim eneachsmcn Schwein 
und Hippopotamus: in der Jugend fand sie aber zusammen mit dem 
Haarfollikel statt. Diesem gesellt sich somit im allgemeinen eine tubulösc 
Drüse zu: zwei oder mehr ist jedenfalls eine seltene Ausnahme. Daneben 
können aber die tubulösen Drüsen, unabhängig von Haaren, auf haarlosen 
Körpcrstcllen auftreten und durch sogenannte Schweißporen ausmünden, 
z. B. auf den Sohlentlächen. ferner dort, wo die Haut übergeht in solche 
von Schleimhautcharakter. Besondere Ausdehnung erlangen sie an Haut- 
falten, wo viel Reibung statthat, und ihr fettiges Sekret die Kontakttiächen 
glättet. Weitere lokale Anhäufungen sollen unten zur Sprache kommen, 
auch die Bedeutung des Sekretes als Träger spezitisch riechender Stoffe. 
Hier sei nur hervorgehoben, daß das Sekret nebenher Endprodukte des 
Stoffwechsels aus dem Kreislauf eliminiert und als „Schweiß" durch Ver- 
dampfung als Teiuperaturregulator wirkt, auch in solchen Fällen, wo der- 
selbe nicht in tropfbar flüssiger Form, sondern als Dunstschweiß auftritt. 

Die zweite Art von Hautdrüsen, die acinösen. entstehen als Aus- 
buchtung des Haarfollikels und bleiben an ihn gebunden. Volumzunahme 
wird erzielt durch sekundäre Ausbuchtungen, die zu großen alveolaren 
Drüsen werden können. Eine Lage glatter Muskeln geht ihnen stets ab. 
auch ist ihr Epithel mehrlagig. Bei der Sekretbildung geht dies zu (i runde 
und wird dementsprechend nach außen befördert. Diese Drüsen sind also 
nur temporär kanalisiert und nekrobiotisch secernierend |Eggeling|. 

Acinöse Drüsen treten aber auch unabhängig von Haaren auf, 
namentlich dort, wo die Haut in eine Schleimhaut übergeht oder Schleim- 
hautcharakter annimmt. Daher am After als perianalc Drüsen, am Lidrand 
als Meiboomsche Drüsen oder als Konjunktivaldrüsen der Cetaceen, an den 
Lippen, an der (Hans penis als Tysonsche. am Praeputium als Präputial- 
drüsen <s. u.). Vielfach läßt sich nachweisen, daß Haar und Haarfollikel 
zurückging, gegenüber der voluminösen Drüse, bis endlich die Entwicklung 
der letzteren als eine abgekürzte erscheint und direkt aus der Matrix der 
Epidermis statthat. Im gewöhnlichen Zustand sitzen die Drüsen zu zweien 
oder mehreren dem Haarfollikel an. so daß ihr fettiges Sekret das Haar 
schützend überzieht. Auch anderwärts liefern sie ein ähnliches Sekret, 
häutig stark riechend, das ihnen den Namen ..Talgdrüsen" «Uandulae 
sebaceaej eintrug. Ihr Vorkommen ist ein allgemeines: örtliche Anhäufung 
häutig (s. u.i. Wegfall des Haarkleides bei Cetacea bedingt ihr Fehlen, 
bei Sirenia ihren Schwund bei Alterszunahme, bei Manis ihre Einschränkung 
auf Schnauze und Anus etc. Andererseits können sie auch fehlen bei 
gut ausgebildetem Haarkleid, z. B. bei Choloepus und Chrysochloris. 

Als modifizierte tubulöse Drüsen, oder wenn man will als L eber- 
gangsform zum acinösen Typus, sind die großen Drüsen zu betrachten, 
die in der Rüsselscheibc des Schweines, im Flotzmaul (Muffel) der Rinder 
auftreten und ein seröses Sekret liefern. 

Von besonderem Interesse sind örtliche Anhäufungen von Haut- 
drüsen zu größeren, mit bloßem Auge leicht sichtbaren Drüsenkörpern. 
Seltener kommen sie so zustande, dass die vergrößerten Einzeldrüsen 
nebeneinander, aber dichtgedrängt auf einer gegebenen Hautstelle, die dann 
als Drüsenfeld erscheint, ausmünden. Meist tun sie dies auf einer nackten 
oder behaarten Einsenkung der Haut, wodurch nach außen mehr oder 
weniger offene Drüsensäcke entstehen, die in einzelnen Fällen nach 
außen ausstülpbar sind. Namentlich im ersteren Falle hat Vorwölbung 



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2<; 



I. Haut und Hautgcbildo. 



der betreffenden Hautstclle häufig statt, auch Modifikation dadurch, daß 
sie haarlos oder dünnbehaart wird und vielfach Muskelfasern enthält : 
seltener glatte, meist quergestreifte, die sich von der Hautmuskulatur 
herleiten. 

Diese gehäuften Hautdrüsen setzen sich aus einer oder aus 
beiden Drüsenarten zusammen und erhalten ihren Namen nach ihrer Lage. 
Das Auffallendste an ihnen ist aber die Verschiedenartigkeit ihrer Sekrete 
nach Konsistenz, Zusammensetzung. Farbe und Geruch. Meist fettiger 
Art. kann es auch eiweißhaltig, serös sein: der Farbe nach farblos, blau, 
schwarz u. s. w. Wohl stets ist es der Träger spezifischer, oft sehr aus- 
gesprochener Gerüche: man denke nur an Moschus, Zibeth. den Bocks- 
geruch, an das Sekret der Stinktiere, wie Mephitis. Conepatus etc., an den 
Bisamgeruch der Spitzmäuse, den Geruch der Präputialdrüscn etc. Im 
Hinblick auf alles dies ist es am auffallendsten, daß dieser Verschieden- 
artigkeit morphologisch höchstens zwei Drüsenarten zugrunde liegen. Der 
Verschiedenheit ihrer Verteilung, in allererster Linie aber dem Chemismus 
ihrer Drüsenzellen ist diese auffällige Verschiedenartigkeit zu verdanken. 
Sie spielt offenbar eine große Kolle im Haushalt der Säugetiere, wie die 
Hautdrüsen überhaupt. Ihrer Rolle für die Temperaturregulierung, für die 
Entfernung von Endprodukten des Stoffwechsels, für die Funktion der 
Hautdecke und des Haarkleides wurde bereits gedacht. Hier sei hervor- 
gehoben, daß ihre Sekrete mit in erster Linie den spezifischen Geruch 
der Säuger hervorrufen und das tun ganz hervorragend eben die gehäuften 
Drüsen. Es besteht offenbar ein inniger Konnex zwischen dem hoch- 
ausgebildeten Geruchsorgan dieser Tiergruppe und ihren spezitischen Ge- 
rüchen, welche die Hautdrüsen liefern. Die Bedeutung dieser Gerüche 
ist eine verschiedenartige. Bekannt ist, daß sie zur Verteidigung dienen 
können, wie bei den amerikanischen und asiatischen Stinktieren (Mephitis. 
Conepatus. Helictis etc.). die das Übelriechende Sekret ihrer Analdrüsen 
ihren Verfolgern zuspritzen; ähnlich bei unseren heimischen Wieseln. 
Mardern u. s. w., desgleichen bei Spitzmäusen. Wichtiger, weil von allge- 
meinerer Bedeutung, sind die Hautsekrete als Träger spezifischer Gerüche 
zur Erkennung untereinander. Ein Hund unterscheidet einen Rassengenossen 
von Wolfsgröße vom Wolf, einen fuchsgroßen Hund vom Fuchs eben durch 
den Geruch und erkennt ihn als Seinesgleichen. Achnlich mag bei Herden- 
tieren, wie Antilopen und Hirschen, oder solchen, die in Paaren leben, 
das Ilautsekret. das von exponierter Stelle (Gesicht. Kinn. Extremitäten) 
leicht abgestreift wird, beim Wicderauf rinden Dienste leisten. Vielfach 
ruft es einen angenehmen Reiz hervor, daher denn auch der Mensch seine 
übelriechende Ausdünstung durch erborgte angenehme Gerüche, die seinem 
Körper abgehen, übertönt. Bei Säugern hat das Sekret vieler gehäufter 
Drüsen als Mittel der Erkennung, zugleich aber des Reizes große Bedeu- 
tung, um die Geschlechter zusammenzuführen und zu geschlechtlichem 
Verkehr zu reizen. Das erhellt aus den häutig nur im männlichen Ge- 
schlecht oder wenigstens hier stärker ausgebildeten Drüsenkörpern, ferner 
aus ihrer gesteigerten Funktion, während der Brunst, ihrem Zurückbleiben 
bei kastrierten und geschlechtlich mißbildeten Individuen u. dgl. m. 

Ein flüchtiger Ueberblick soll einige wichtigere Formen gehäufter 
Hautdrüsen vorführen, die sich vorläufig, solange ihr feinerer Bau und ihr 
Sekret nur von wenigen untersucht ist. am besten nach Art ihrer Lage 
gruppieren lassen. 



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Hautrirürtcn. 



27 




Weitester Verbreitung erfreuen sich die Analsäcke. Anaitasehen. 
Glandulae oder Hursae anales: wohl zu unterscheiden von den perianalen 
Drüsen, die nieist als tuhulose, ausnahmsweise auch 
als acinöse Ein/eldrüsen auftreten und solchen Umfang 
erreichen können, daß sie. wie bei Manis. die Haut 
zu einem den Anus umfassenden Wulst empor- 
wölben. 

Die Analdrüsen erscheinen als verschieden ge- 
staltete Säcke, die meist paarig, seltener zu dreien 
oder fünfen. den Mastdarm umgreifen und kurz 
innerhalb der Afteröffnung ausmünden. Meist sind 
sie in den Sphineter ani externus. zuweilen auch 
in den Musculus levator ani eingestülpt, wodurch 
sie einen Miuskelüberzug erhalten, der für das Aus- 
treiben des Sekretes sorgt, das zuweilen, wie bei einer 
Anzahl Camivoren (Stinktiere u. s. w.), mit solcher 
Kraft geschieht, daß es weit herausgespritzt wird. In ^j*^ \XT- 
der Wand des Sackes liegen die Drüsen, entweder nur J, i^nmHii 'kombiniert, 
tuhulose oder nur acinöse oder beide nebeneinander. , 7 Ansmöivduiig ; * A Ha- 
deren Sekret, vermengt mit reichlich abgestoßenem führungsgang; h zentrale 
Epithel eine meist breiartige, charakteristisch riechende Hflhlc mit ö promimoren- 
Masse liefert. Die Beförderung nach außen hat d^ e „ (QiiS 
statt meist durch eine verborgene feine Oeffnung. 

zuweilen auch wie bei Arctomvs durch drei aus der Analöffnung hervor- 
ragende Papillen (Fig. 2'2). 

Hieran schließen sich die perinealen oder präskrotalcn Drüsen, 
die auf einem nackten Hautstreifen oder auf einer rinnen- oder sackför- 
migen Einstülpung der Haut zwischen Anus 
und Urogenitalöffnung ausmünden und bei 
Yiverriden in beiden Geschlechtern, nament- 
lich aber beim Männchen, jedoch artlich 
verschieden stark ausgebildet, auftreten. 
Am umfangreichsten bei Yiverra. wo paarig 
gelagerte acinöse Zibethdrüsen ihr aroma- 
tisches Sekret in einen median gelegenen 
Zibethbeutel ergießen, der behaart ist und 
mit einem Schlitz derart ausmündet, daß 
man ihm am gefangen gehaltenen Tier leicht 
mit einem Löffclchen das Sekret entnehmen 
kann 'siehe bei Carnivora). 

Postanale, subkaudale Drüsen treten 
bei Meies auf. An der dorsalen Schwanz- 
wurzel liegt bei Canis vulpes und lagopus, 
rückgebildet auch beim Wolf die als Yiol- 
drüse bekannte acinöse Drflsenmasse. Cer- 
vus elaphus hat eine Anhäufung tubulöser 

Drüsen am Schwanzende [Levdigl. Ventrale, P Peni*. r röhrenförmige Verlän- 
acinöse (V) Schwanzdrüsen hat Mvogale (s. ^^ÄffÄ 
bei Insectivora) und Macroscelides. y ai .) x () chatin. 

Gehäufte Präputialdrüsen münden 
bei weiblichen Rodentia an der Scheitle oder Clitoris «Clitorisdrüsen). 




Fig. 22. Arctomys mannotta. 



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28 



I. Haut und Hautgcbildc. 



beim Männchen am Praeputium aus und sind vom Biber als die volu- 
minösen Bibcrgeilsäcke bekannt, mit stark gefältelter Wand, «leren ober- 
flächliches Epithel durch nekrobiotischen Prozeß das Castoreum liefert. Es 
vermengt sich beim Austreten mit dem flüssigen Sekret der als „Oelsäcke" 
bezeichneten Analsäcke, Der Moschusbcutel des männlichen Moschus 
besteht aus einem beiderseitigen Drüsensack, der vor der Präputialötfnung 
ausmündet. A cimlich der Nabel beutel des Ebers: eine dorsale, eigroße 
Ausstülpung des Praeputium. der das übelriechende, flüssige Sekret von 
acinösen und tubulösen Drüsen enthält. 

Am Rumpf findet sich ferner, median auf dem Hinterrücken eine 
..Kückendrüse" bei Dieotyles; bei Soriciden die aus groben, tubulösen 
Drüsen bestehende ..Seitendrüse" längs den Flanken, mit moschusartigem 
Geruch. In der Brustgegend treten nach Beddard sehr kompliziert ge- 
baute Drüsenpakete bei Myrmecohius auf. Auch bei anderen Marsupialia 
(Didelphys. Trichosurus. Petaurus) mündet solche „Brustdrüse" auf un- 
behaarter Hautstelle aus. Unter Fledermäusen finden sich in dieser (legend 
umstülpbare Drüsentaschen bei Ametrida und Cheiromeles. bei anderen 
(Dysopes) an der Halswurzel. Als Drüsenfelder erscheinen die „Schulter- 
drüsen" von Epomophorus mit büschelförmig vorragenden Haaren, oder 
die ..Nackendrüsen" von Pteropus mit vom benachbarten Haarkleid ab- 
weichend gefärbten Haaren. Auch das Kamel hat im Nacken zwei Paar 
Drüsen mit starker Funktion zur Brunstzeit, l'eberhaupt spielen die ge- 
nannten Präputial-, Brust- und Nackendrüsen eine Rolle im Geschlechtsleben 
und sind meist auf das männliche Geschlecht beschränkt oder hier wenigstens 
stärker entwickelt. 

Am Kopf erscheinen gehäufte Drüsen hinter den Ohren (postau ri- 
eular) als sog. „Brunstfeigen" bei der Gemse, und bei Petaurus [Leche]. 
Häufiger in der Gegend des Kinnes zwischen den Unterkieferästen bei 
Tragulus, als Kehlsack bei Taphozous. 

Weit wichtiger sind die ..Gesichtsdrüsen' 4 , die namentlich bei 
Artiodactyla auftreten. Nach der Lage unterscheiden wir a) oberhalb der 

Orbita gelegene supra or- 
bitale bei Antilope heisa, 
Rusa equina, Styloceros u. a. 

Hierher gehört auch die 
..Schläfendrüse" der Ele- 
fanten. Häutiger liegen sie 
vor der Orbita und zwar 
l>i unmittelbar vor dem in- 
neren Augenwinkel subor- 
bital, in Gestalt einer ver- 
schieden tiefen Hautfalte 
oder Hauttasche, die zu- 
weilen umstülpbar ist. Diese 
sog. Tränengruben. ..Hirsch- 
tränen". Cruminae. Folliculi 
lacrymales. liegen bei zahl- 
reichen Hirschen. Antilopen, 
Ziegen und Schafen in einer Einsenkung des Lacrymale.deren Tiefe der 
Grölie des Apparates entspricht. Letztere hängt wieder ab von dem MafJ 
der Ausbildung acinöser und tubulöser Drüsen, wozu sich event. quer- 



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Flg. 23. Antilope mnxwolli. £ juv. Bei </ der 
DriWntrcifen <ler nmxillaren Oriiec 



Hautdrüsen. 



29 



gestreifte Muskeln gesellen. Hei anderen Antilopen tritt weiter entfernt 
vom Auge eine inaxillare Drüse auf. die bei starker Entwickelung La- 
ervmale und Maxillare mit einem tiefen Eindruck versieht. Es ist ein 
aus acinösen und tubulösen Drüsen zusammengesetzter Drüsenkomplex, 
der durch Löcher auf einem haarlosen Hautstreifen sein Sekret entleert. 
Das Sekret fand ich bei Cephalophus und (irimmia eiweitfhaltig, beim 
Männchen stark riechend, beim Weibchen geruchlos, aber bei Cephalophus 
blaugefärbt, bei (irimmia mergens schwarz durch Pigmentkörner. Sonst 
werden alle gefärbten Hautsekrete, die ihre Farbe nicht schwarzen Pig- 
mentkörnern verdanken, durch tubulöse Drüsen gebildet (Hippopotamus. 
Macropus rufus. Cephalophus). 

Maxillare (iesichtsdrüsen treten vielfach bei Chiropteren auf. bei 
zahlreichen Phyllostoma-Arten als ausstülpbare Drüsentaschen hinter dem 
Xasenaufsatz. Erwähnenswert ist. dali den fossilen Pferden Protohippus 
and Hipparion. nach der Grabe am Schädel zu urteilen, offenbar suborbitale 
Drüsen zukamen, von denen das heutige Pferd nichts mehr zeigt. Owen 
erwähnt auch eine (iesichtsdrüse von Phacochoerus. 

Drüsen eigener Art treten ferner an den Extremitäten auf. So die 
verzweigten tubulösen „K arpaldrüsen" des Schweines, die zum Einfetten 
der Körperhaut in der Beuge der Handwurzel dienen. Aehnliche liegen 
bei indischen Rhinoceros-Arten an der Beugeseite zwischen Carpus und 
Metacarpus. Tarsus und Metatarsus [Owen]. Dem allgemeinen Vorkommen 
von Drüsenanhäufungen zwischen zwei sich berührenden Hautmichen, um 
<lie>e durch Sekret schlüpfrig zu halten, entspricht gleichfalls die An- 
häufung beider Drüsenarten in der Zwi- 
schenklauenhaut der Artiodactyla. Diese 
führt bei einzelnen: Schaf, Gemse an 
allen (iliedmaüen: bei Reh. Cervus axis, 
tarandus, alces. dama, bei Ccrvulus und 
Tetrarerus nur an den hinteren, zu einer 
Einstülpung der Zwischenklauenhaut, in 
deren Bereich die Drüsen besonders stark 
entwickelt sind und ein retortenförmiges 

..Klauen säckchen-, „Klauendr Ose" 
entwickeln [Tempel |. Ihr Sekret bedeckt 
die Extremitätenden mit fettigem Ueber- 
zug und schützt sie dadurch. Dunkel bleibt 
aber, warum diese Einrichtung anderen 
wie Edelhirsch. Rind ganz abgeht. Neu- 
weltliche Hirsche haben eine sog. ..Bürste", 
(1. Ii. ein Drüser.feld mit aufgerichteten 
Haaren und tubulösen Drüsen, an der 
Innenseite des Tarsus. Eine Bürste an 
der Außenseite des Metatarsus. oberhalb 
dessen Mitte, kann bei plesiometaearpalen 
Hir>chen auftreten, ferner bei Cervus alces. 
capreolus und Ilydropotes unter den tele- 
metacarpalen. Die neuweltlichen telemetacarpalen Hirsche haben die meta- 
tarsale Bürste unterhalb der Mitte des Metatarsus. Sonst haben die Ex- 
tremitäten nur selten eigene Drüsen: so Saccopteryx eine weite Drüsen- 
taschc im proximalen Teil der Flughaut; bei Hapalemur und Lemur der 




Fig. 24. Medianschnitt durch 
den linken Vordcrfufi von Schaf. 
A" Klauensückchcu, dessen Mün- 
dung am Yorderrande der Zwi-ehen- 
klauenhaut; nach Tempel. 



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30 



I. Haut und Hautgebilde. 



Unterarm ein ovales Feld dorniger Hornexkreszenzen mit Ausmündung 
hibulöser Drüsen. Den Sohlenhallen gewissermaßen sich anschließend 
treten sie bei (ialago garnetti am Unterschenkel auf [Beddard]. 

Die .X'ruraldrüse" der Monotremen soll bei diesen nähere Er- 
wähnung finden; die für viele Antilopen charakteristischen ..Inguinal- 
taschen" unten heim Mammarapparat. 

Ein Drüsenapparat der Haut ist so spezitisch für Säugetiere, dali 
sie daher ihren Namen entlehnen: der Mamma rappaint. der bei viviparen 
Formen Milch liefert und damit der Milchdrüse, Mamma, ihren Namen 
gab. Zu ihrem Verständnis haben wir von den niedersten Formen aus- 
zugehen und uns zunächst zu vergegenwärtigen, dali die Mammardrüsen 




Fitf. '_'.">. Echidna hiatrix. A Bauchseite eines Weibchen mit BrutWcutel, aus 
dessen iseiteiifalten bei j ein Haarbüschel hervorragt, von dem das Sekret abtropft. 
B Kückenseile der Bauchdecke desselben, t* Kloake; Ii Beutel; .)/ Nührdriiae. Nach 
W. Haacke aus WiederHheiui. 



der Monotremen tubulöse Drüsen sind, die unter den engeren Hegriff modi- 
fizierter Knäueldrüsen fallen |(iegenbaur, Eggeling). Hält man im Auge, 
dali die herrschende Anschauung die Milchdrüsen der übrigen Säuger 
den acinösen Drüsen unterordnet, so erhebt sich eine Schwierigkeit gegen 
einen monophvlctisehen Ursprung der Mammardrüsen der Säuger. Weitere 
Untersuchung ist hier erforderlich. Wir lernten aber bereits Uehergänge 
/.wischen den beiden Drüsenformen kennen. Sie werden angebahnt durch 
sich verzweigende tubulöse Drüsen, und gerade diese haben Neigung, ab- 
weichende Sekrete zu liefern: seröse z. H. im Flotzmaul (Muffel) der Rinder, 
schleimige bei Hippopotamus, endlich gar (Jlohulin- und Albuminhaltige 
bei Uephalophus und (irimmia. Scheiden wir ferner mit Kggeling die 
Hautdrüsen in solche, deren Sekretbildung durch vitalen Prozeti, durch 
Chemismus der Drflsenzelle ohne deren direkten Untergang statt hat 



MnmiuardrtUrn. 



31 



und deren Lumen stationär kanalisiert ist, von anderen, deren Sekret 
durch Untergang der Drüsenzelle nekrobiotisch geschieht und die nur 
temporär kanalisiert sind, so fallen die Knäuel- und echten Milchdrüsen 
unter erstere Kategorie. 

Kann bezüglich der Gleichwertigkeit der Mammardrfise der Mono- 
treinen, deren Sekret uns noch unbekannt ist, und der Milchdrüse der 
viviparen Säuger, die stets „Milch" liefert, Zweifel bestehen, solcher 
Zweifel besteht, seit den Darlegungen von Gegenbaur und Klaatsch. nicht 
bezüglich des genetischen Zusammenhanges der Nebenapparate derselben. 

Bei den Monotremen bilden die Mammardrüsen in ihrer Gesamtheit 
jederseits einen platten, ovalen Körper, der bei Ornithorhynchus mit 
dünnerem, plattem Stiel durch einen Schlitz in der geschlossenen Haut- 
mu>kulatur zu einem ovalen ..Drüsenfelde" tritt, um hier nicht vermittels 
einer Zitze, sondern durch zahlreiche Oermungen auszumünden. Haare 
fehlen demselben nicht, auch unterliegt ihm eine Lage glatter Muskeln, 
die vielleicht eine Rolle spielt bei temporärer Zitzenbildnng. Wichtige 
Abweichung hiervon zeigt Echidna. die wir mit <;. Rüge für primitivere 
Einrichtungen halten, insofern als sie bei Ornithorhynchus infolge des 
Wasserlebens, das eine Brutpflege des Eies und Jungen verbietet, ver- 
loren gingen. Hei Echidna senkt sich «las Drüsenfeld periodisch mit 
erhöhter Tätigkeit unter das Niveau der umgebenden Haut ein zu einer 
Mammartasche. Damit ist dein Sekret Gelegenheit geboten, in einer 
sackförmigen Vertiefung des Integumentes. die von einem Cutiswall 
umgehen wird, sich anzusammeln zur Ernährung des Jungen. Letzteres 
liegt nicht, wie man früher meinte, in einer der Mammartaschen. sondern 
in einem von Haacke entdeckten, zur Zeit der Brutperiode auftretenden, 
geräumigen Brutbeutel, Marsupiuni, und zwar in dessen tiefem Hinter- 
ende, während in seinem seichteren Vorderende die Mammartaschen aus- 
münden. In den Brutbeutel wird das Ei aufgenommen und unter hoher 
Temperatur, die nach Lendenfehl bis auf :-5f>° C steigen kann, ausgebrütet 
und das Junge weiter ausgetragen, wie wir durch Haacke, Caldwell und 
Semon wissen. 

Aulier von glatter Muskulatur, die mit der des Drüsenfeldes zu- 
sammenzuhängen scheint, wird der Beutel von einem Sphincter mar- 
supii umfalit, indem Fasern des Panniculus carnosus. bogig auseinander- 
weichend ein Marsupialfcld |Ruge| freilassen und hinter diesem sich aber- 
mals überkreuzen und darauf als Sphincter cloacae die Kloake umgreifen. 

Vom Beutel wies Semon nach. daU er bereits bei kleinen Beutel- 
jungen auftritt, dann aber verstreicht, um bei der ersten Trächtigkeit 
wieder zu erscheinen. Nach deren Ablauf schwindet er abermals bis zur 
nächsten Trächtigkeit u. s. w. An dieser Periodicität , die er mit den 
Mammardrüsen und der Ovulation teilt, beteiligt sich nach Rüge nicht 
der Sphincter. der auch beim Männchen der Hauptsache nach sich erhält. 

So lange man das Marsupium von Echidna nicht kannte und der 
Vorstellung Owens huldigte, dali das Junge in der Mammartasche verweile, 
konnte man mit Gegenbaur und Klaatsch annehmen, dali bei Beuteltieren 
die Mammartasche diese Funktion von Brutorgan verloren habe und daß 
kompensatorisch dafür der Beutel eingetreten sei. Dies ist nicht mehr 
haltbar, wohl aber die phylogenetische Herleitung der prominenten Zitze 
aller viviparen Säuger, die Gegenbaur inaugurierte und Klaatsch weiter 
ausbildete. Hiernach erhebt sich das Drüsenfeld, wie wir es von Echidna 



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;}2 



f. Haut und Hautgcbilde. 




Fig. 20. Schemata zur phylogenetischen Entwickelung der Zitzen: a Primitiver 
Zustand entsprechend den Verhältnissen bei Echidna; l» Halmaturus vor der Laktation; 
e Didelphys vor, d zur Zeit der Laktation; letztere« Schema gilt auch für den Menschen 
und die Maus, e embryonales, f erwachsene* Kind. / Cutiswall; -* Drüsenfcld, die 
unterbrochene Linie stellt die Mammartasehe dar; j .Milchgänge. 




Fig. 27. Primitivzitzc eines 1*1 cm langen weiblichen Kindcrfötus in senkrechtem 
Durchschnitt X h»>. )>[> Pfropf verhornter Kpidermiszellen in der Achse der Zitzen- 
anlage; cv Cutiswall , der die Mammartn-che umgibt; Areolarzone ; g Blutgefäß ; 
sp Kpifbelsprossc, die sich vom Gründe der Mammartasehe in die Tiefe fortsetzt. Nach 
Profe aus O. Hertwigs Handb. d. vergl. Kntwiekeluiig«ge*ch. 



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Milchdrüsen. 



83 



kennen, vom Boden der Mammartasche zur Kuppe der papillenartig vor- 
ragenden Zitze, auf der demnach die Drüsengänge ausmünden. Diese 
Zitze ist also eine umgestülpte Mammartasche. Sie hat den Cutiswall, der 
letztere umgab, in ihre Oberfläche aufgenommen und baut sich aus dem 
Areolargewebe. das die Drüse umgab, auf. Solche sekundäre oder wahre 
Zitze kann sich bei Beuteltieren ganz allmählich erheben aus der Mammar- 
tasche, um erst unter Zutun des saugenden Jungen ihre volle Ausstülpung 
und ihren vollen Umfang als Saugwarze zu erlangen. Unter Monodelphia 
zeigen Manis. Muriden Aehnliches, meist aber tritt — allerdings unter 
ontogenetischer Rekapitulation des Herganges — die definitive Form selb- 
ständig in die Erscheinung, nur tritt (irößenzunahme während der Lak- 
tation auf (Fig. 2(J). 

Im Gegensatz zu diesen wahren Zitzen, die in verschiedenen 
Varianten auftreten, sollte bei diplarthren Ungulaten ein anderer Zitzen- 
typus sich finden. Iiier sollte der Cutiswall zu einer primären, falschen 
Zitze auswachsen. Die 
Mammartasche blieb somit 

in vollem Umfange be- :" ,r, -s>v. • • " . . / 

>tchen. wandelte sich aber 

zum Zitzenkanal (Strich- V »TSf- 

kanahum, an dessen Boden az — -V!y_V^^fev 
dann eben das Drüsenfeld 
lag. auf dem die Drüsen- 
gänge i Milchgängo in ge- 
wohnter Weise mündeten. >* .* - - ; *. ' 
Neuere Untersuchungen *»V ••<• * * 

I »estät igen diese Auffassung L»-.. * J li i 

nicht. Sie zeigen nur Fig. 28. Milchpunkt eines 15 mm langen 

[Profe], daß die Mammar- Schwei risfönis auf senkrechtem Durchschnitt X 100s 

tasche in «üvergenter Weise <". be«gin«ide Areolarzone Nach Profe au« O. Ilert- 

t» i i /"i . o- u irisa Hniidb. d. vergl. EntwicklungPgeHch. 

Reduktion erfahrt. Sie he- 6 6 

fert beim Schwein noch ein kurzes Mündungsstück für die Milchgängo: 
beim Rinde erhalten sich Reste von ihr auf der Zitzenkuppe, während bei 
Primaten, als anderes Extrem, eine vollständig umgestülpte Mammartasche 
vorliegt, deren Wand damit Zitzenoberrläche wird. 

Ueber die erste Anlage der Milchdrüsen der Monodelphia wissen 
wir durch O. Schultze und Andere, daß sie als Streifen hohen Epithels in 
der seitlichen Rumpfwand auftritt. Dieser Milch streifen entwickelt sich 
zu einer zarten Epidermisleiste von der vorderen Extremitätenanlage über 
die hintere hinaus bis in die Inguinalgegend. In dieser Mi Ich leiste er- 
heben sich als epidermoidale Verdickungen, die Milchhügel, die sich weiter- 
hin abflachen, als sogen. Milchpunkte (Fig. 28) in die Lederhaut ein- 
wachsen und den Mammartaschen entsprechen, die dann weiterhin in oben 
angedeuteter Weise an der Zitzenbildung sich beteiligen, andererseits die 
Drüsen hervorsprossen lassen. Deren Anlage ist damit als eine kon- 
tinuierliche erwiesen. 

Auf dem Boden der Milchleiste entstehen die zahlreichen Mammar- 
organe. wie wir sie von primitiveren Monodelphia kennen, entsprechend der 
großen Zahl der Jungen (Centetes, Sus z. B.). Die Milchleiste erklärt 
auch, wie partielle Reduktion zu verschiedener Lage der Mainmarorganc 
führen kann. Häufig hat sie am Vorderende statt, woraus abdominale und 

Wtfber, BMantioTO. ^ 



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34 



J. Haut uud Hantgebilde. 



inguinale Lage der Milchdrüse resultiert (Carnivora, Insectivora, Rodentia). 
endlich inguinale Lage allein (Perissodactyla, Cetacea T Artiodactyla ). Um- 
gekehrt können sich nur die pektoralen Drüsen erhalten (Simiae, Prosimiae. 
Chiroptera, Sirenia, Elephas, Xenarthra). Auch kann Ausfall in der Mitte 
statthaben; ferner Verschmelzung von zwei Mamniartaschen zu einer defini- 
tiven Zitze beim Pferd [Gegenbaur, Hainburger] oder Verschiebung nach 
der Achselhöhle (Manis, Galeopithecus, manche Chiroptera und Rodentia). 
auf den Schenkel (Capromys), nach dem Rücken zu (Myopotamus), auf den 
Steiß (Solcnodon>. Näheres gibt unser systematischer Teil an; auch bezüglich 
besonderer Einrichtungen z. B. bei Cetaceen und Marsupialia. Hier ge- 
nügt daher der Hinweis, daß die verschiedene Lagerung vielfach in Ver- 
bindung stehen wird mit der Lebensweise (im Wasser. Klettertiere, Flug- 
tiere etc.) und den Bedürfnissen des Jungen. Die Zahl der Zitzen schwankt 
bei Monodclphia zwischen 22 (Centetes) und 2. 

Bezüglich der Marsupialia sei nur der Tatsache gedacht, daß ihre 
Zitzen in einem Beutel, Marsupium, wenigstens zwischen Beutelfalten 
liegen; daß sich dementsprechend ein Sphincter marsupii vorfindet, der 

sich von der Hautmuskulatur her- 
leitet, und weiter ein Muskelapparat, 
der zur Aufgabe hat, die Milch- 
drüse zwischen sich und die Bauch- 
muskeln fassend, auf erstere einen 
Druck auszuüben, um dem Jungen 
die Milch einzuspritzen. Dieser 
Compressor mammae ist das 
Homologon des Musculus cremaster 
beim Männchen (s. bei Geschlechts- 
organen), was daraus hervorgeht, 
daß er sich vom M. transversus 
abdominis abzweigt, durch den In- 
guinalkanal tritt, um sich auf der 
Drüse auszubreiten. 

Der Nachweis G. Ruges. daß 
bei Eehidna der mediane Beutel 
unabhängig entsteht von den Mam- 
niartaschen, ist von hervorragender 
Bedeutung im Hinblick auf die 
Entstehung des Beutels bei Marsu- 
pialia. Derselbe entsteht somit 
nicht aus den Mammartaschen. 
sondern dokumentiert sich als eine 
ältere Einrichtung, die bereits bei 
Echidna auftritt, bei Ornithorhyn- 
chus verloren ging, bei Marsu- 
pialia aber sich erhielt und weiter 
ausbildete, je nach der Lebensweise. Dieser Beutel, der bald kopfwärts, 
bald ventralwärts. seltener nach hinten sich öffnet, erscheint bei Männchen 
höchstens in zweifelhaften Resten, ebenso wie ihnen Zitzen abgehen. Reste 
von ihm bewahrten auch hier und da die Monodclphia noch. Letztere 
beweisen damit aber nicht, daß sie ein Marsupialia-Stadium in ihrer Vor- 




Fijf. 21). Beutel vi»ii Thylacinus nach 
Kiiifernnng clor Haut, t* Cnmprensor mam- 
EDM i Cremasterde* T \ überkreuzt durch 
Blutgefäße und den Nen n« genito-eruialis ; 
/ Lvinphdiüsen: s Sphincter marsupii; 
z Zitzen. Nach Cunningham. 



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Marsupiuni und Inguinaldrüsen. 



35 



fahrenreihe durchliefen, seitdem 
wir wissen, daü bereits bei pri- 
mitiveren Formen als die Marsu- 
pialia sind, ein Marsupi um vor- 
kommt. 

Von solchen, als Beute 1- 
reste zu deutenden Befunden 
seien nur einzelne angedeutet. 

Vielleicht am häufigsten lebt 
der Beutelapparat noch fort im 
Sphincter marsupii. Das frühe 
Auftreten dieses Schließmuskels 
in beiden Geschlechtern von 
Echidna wies Rüge nach anderer- 
seits kann bereits bei Marsu- 
pialia der Beutel schwinden, 
während der Sphincter sich er- 
hält iMvrmecobius nach Leche). 
Er tritt auch noch bei Carnivora 
und Artiodactyla auf und ist 
bekannt als Muse, protractor 
praeputii. Gerade diese neue 
Beziehung zur Vorhaut erhielt 
ihn als selbständige Portion des 
Muse, subeutaneus abdominis. 
Bei Artiodactyla erscheint er 
als plattes, der Rectusscheide 
aufliegendes Muskelband, das 
der Art im Bogen schwanzwärts 
zieht, dali die Nabelgegcnd in 




Fig. 90. Bauchflächc von Gazella doreas«, 
l \ t nat. Gr. Teilweise enthäutet dargestellt, »o 
daß der rechte Muse, obliquus abdominis extemus 
und der Sphincter marsupii (M. protractor prae- 
putii) sph sichtbar wird. Letzterer umgreift da* 
Marsupialfcld m vor dem Pcnia P. Z Zitzen; S 
Scrotum; / Inguinaltasche. 





1. 

Fig. :il. Inguinalgegend von Tragelaphus gratu«. /. Weil>chen, //. .Männchen, 
L'.führ 1 , n. Gr. Z. Zitzen; T Scrotuni ; i Inguiiialta-*che. 



3* 



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36 



I. Haut und Hautgebilde. 



ein muskelfreies Oval zu liegen kommt. Er endet jederseits am Praeputium. 
Das muskelfreie Oval entspricht dem Marsupialfeld von Echidna Ruge's, in 
welchem ja gleichfalls der Nabel liegt. Hier vervollständigt der Muskel 
nach hinten die Achtertour, indem er als Sphincter cloacae die Kloake 
umgreift. Auch diese Partie erscheint noch bei Artiodactyla als Muse, re- 
tractor praeputii. Vom weiblichen Rinde ist der fragliche Sphincter mar- 
supii als Nabelhautmuskel bekannt. In dieso Rubrik gehört auch wohl 
der Hautinuskelstreifen, der bei Nandinia die Vulva umgreift und über 
die Milchdrüsen nach vorn zieht, ein muskelfreies Feld umfassend [Carlsson]. 
Bei anderen weiblichen Carnivora kann vor dem Sphincter cloacae subcu- 
tanea sogar ein deutlicher Sphincter liegen [Eggelingj. Auch als Integu- 
mentalfalten können sich Beutelreste erhalten, so bei Nycticebus [G. Rnge|. 

Keinen Reifall kann man der Anschauung schenken, daß die sog. 
Inguinaltaschen vieler Antilopen und die Hauttasche in der Leisten- 
gegend des Schafes in den Kreis dieser Gebilde fallen. Nach dem 
einen sollte es sich um rudimentäre Beuteltaschen handeln |Malkmus] oder 
wenigstens um in Rückbildung begriffene Marsupialreste [Profe], nach dem 
anderen [Klaatsch] um Mammartaschen. Letztere Ansicht ist jedenfalls 
unhaltbar. Es handelt sich um tabellenförmige Ausstülpungen, die beim 
Männchen stärker entwickelt sind als beim Weibchen, reichlicher ein fettiges 
Sekret durch tubulöse und acinösc Drüsen abscheiden, in der Regel nach 
außen sehen, auswärts liegen vom Muse, cremaster (dem Homologon des 
Muse, compressor mammae der Marsupialia, der bei diesen auswärts liegt 
von den Mammartaschen!) und unabhängig sind von der Zahl der Zitzen. 
Mit Schwalbe halte ich diese Bildung für Faltung der Haut der Leisten- 
beuge in Verbindung mit lokaler Drüsenanhäufung. Ich möchte sie unter 
die „Schmiergruben" rechnen, wie sie an Kontaktflächen der Haut mehr- 
fach auftreten und ihre besondere Entwicklung in Verbindung bringen 
mit dem geselligen und dem Geschlechtsleben der Artiodactyla. das ja der 
Ausbildung so vieler Hautdrüsen bei diesen Tieren zu Grunde liegt, wie 
oben dargelegt wurde. 

Oben kamen bereits der Musculus compressor mammae. der Sphincter 
marsupii et cloacae und verwandte quergestreifte Muskeln zur Sprache. 
Sie werden der Hautmuskulatur zugezählt, die. wenn auch nur in kur- 
sorischer Weise, jetzt Erwähnung heischt. Wir folgen hierbei den klassischen 
Untersuchungen G. Rugc's. 

Diese legen dar. daß die quergestreifte Hautmuskulatur ein Besitztum der 
Säuger ist. Es handelt sich um subkutan gelagerte Muskeln, die in festerer oder 
loserer Verbindung mit dem Integument oder Abkömmlingen desselben treten. 

Nur diese Verbindung gibt uns Recht, von Hautmuskcln zu sprechen; 
denn sie leiten sich von echten Skeletinuskeln her, die Verbindung mit 
dem Integument erlangten und teilweise ihre Beziehungen zum Skelet 
verloren. Sie erscheinen, da von niederen Formen nichts hierher Gehöriges 
bekannt ist. als ein Erwerb der Säuger, der vielleicht korrelativ mit dem 
Haarkleid sich entwickelte. 

In größter Vollständigkeit erscheint nach Rüge der Musculus sub- 
cutanen* bei Monotreinen und zwar in einem dem Kopf, Hals und der 
vorderen Extremität atigehörigen Gebiet, das vom Nervus facialis innerviert 
wird und in einem Aber Rumpf und hintere Extremität verbreiteten Gebiet, 
das unter Herrschaft der Nervi thoracici anteriores steht und von den 
Musculi pcctoralcs sich ableitet. 



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Hautruuskulatur. 



37 



- 



- Sphincter 

colli 



Der Rümpften* trat, wie oben angedeutet, in Dienst der Kloaken- 
OtTnung. Wo Ditferenziation diese aufhob und an ihrer Statt gesonderte 
Anal- und Urogenitalöffnung hervorrief, erfuhr der Sphincter cloacae dement- 
sprechende Differenzierung, die beim (ieschlechtsapparat zur Sprache kommt. 

Weiter trat er, wie wir oben sahen, in Beziehung zum Mammarapparat 
und erlangte hier als Sphincter marsupii und dessen Derivate Selbstfindigkeit, 
Im übrigen erhielt sich der Musculus subcutancus als Muskel des Inte- 
guments zur Bewegung der Haut, zur Aufrichtung der Haare oder Stacheln, 
namentlich bei tiefer st eilen- 
den Säugern, in ausge- 
dehntem Maße jedoch in 
verschiedener Anordnung 
mit lokaler Entfaltung oder 
Reduktion, je nach Bedürf- 
nis. Bei den Primaten ging 
er zurück. Bei ihnen er- 
fuhr aber der vom Nerv, 
facialis innervierte subku- 
tane Muskel hohe Differen- 
ziation. Dieser als Platysma 
myoides bekannte Haut- 
muskel erstreckt sich von 
den Monotremen ab über 
Kopf und Hals und kann 
sich bis auf die Brust und 
die Vorderextremität aus- 
dehnen. Er liefert die Mus- 
keln des Ohres, der Lippen, 
der Nasenflügel, der Kopf- 
haut und wird durch weit- 
gehende Differenzierung 
bei den Primaten und 
namentlich beim Menschen 
zum mimischen Muskel. 

( lemeinhin wird die ge- 
samte quergestreifte Haut- 
muskulatur als Panniculus 

camosus zusammengefaßt. Die verschiedene Genese der subkutanen Kopf- 
und Halsmuskulatur einerseits sowie der Rumpfmuskulatur andererseits ver- 
bietet dies aber. 

Unabhängig von dieser subkutanen Hautmuskulatur erscheinen in 
der Lederhaut gelegene Bündel glatter Muskelzellen, die als Arrec- 
torcs pili von der Lederhaut zum tiefer gelegenen Ende des geneigten 
Haarfollikels ziehen und diesen steiler aufrichten. 




Pectoralii- 
gebiet 



Sphimtcr 

marsupii 

Glandula 

mammaria 

Marsupium 



..Sphincter 
cloacae 



• Kloake 



Fig. '.i'2. Ventralansieht einer männlichen Echidna 
nach Bloillegung der Hautmuskulatur; nach G. Rüge. 



II. Skelet. 

I. Allgemeines. 

1'eber den feineren Bau und die Entstehung der Skeletteile geben 
die Lehrbücher der Histologie Aufschiuli. Hier genügt hervorzuheben, 
welche Punkte diesbezüglich für die Säugetiere unterscheidend sind «ogen- 



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38 



II. Skelet. 



über den übrigen Vertebraten. Dies kann aber nur andeutungsweise 
geschehen, da die Osteogenese der letzteren bisher nur stiefmütterlich be- 
handelt wurde im Gegensatz zu der der Saugetieren. 

Bekanntlich besteht ein Unterschied in der Geneso der Knochen. 
Es gibt solche, die in dein Integument entstehen, sog. Hautknochen, und sich 
in die Tiefe senken auf knorpelige Teile des inneren Skelets: Deck- oder 
Belegknochen, und damit an dessen Aufbau teilnehmen. Die Mehrzahl der 
Skeletteile entsteht aber durch Verknöcherung knorpelig präformierter 
Teile. Solchergestalt entstandene Knochen werden primäre (primordiale), 
erstere sekundäre Knochen genannt; insofern unrichtig, als die integu- 
mentale Knochenbildung die primitivere ist. Von ihr leitet sich die Ver- 
knöcherung der knorpelig vorgebildeten Skeletteile ab. Mit mehr Recht 
kann man diese Skeletteile aber insofern als die primären betrachten, als 
ein knorpeliges Skclet der erste Zustand war und dessen Verknöcherung 
durch Einwanderung integumentaler Formclemente (Sklerob lasten K laatsch) 
statthatte, die das Vermögen der Knochcnbildung, das dein Integumentgewebe 
anfänglich allein angehörte, dem subintegumental gelegenen Knorpelskelet 
mitteilten. Der genetische Unterschied der Knochen ist bei niederen Wir- 
beltieren bleibend deutlich. Bei den Säugetieren tritt er sehr zurück. 
Zunächst verliert sich gegenüber den Ichthyopsida und Reptilien, überhaupt 
die Fähigkeit des Integumentes , Knochengewebe zu bilden (vcrgl. Haut). 
Ferner kommen in der Haut entstehende Verknöcherungen, die in die Tiefe 
rücken, um am Skelet Verwendung zu finden, nicht mehr vor. Durch 
Abkürzung der Ontogenese treten nur noch frühzeitig Formelemente aus 
der Haut (Ektoderm) in die Tiefe, um Material zu liefern für die Knochen- 
bildung. Die hieraus entstandenen Knochenanlagen können aber alsbald 
verschmelzen mit Verknöeherungen knorpelig angelegter Skeletteile, wo- 
durch die Unterscheidung erschwert wird und Knochenkomplexe gemischten 
Ursprungs entstehen können, von denen beim Schädel Näheres mitzuteilen ist. 

In solchen Fällen spricht man von Konnaszenz. Handelt es sich 
um eine leicht nachweisliche Verschmelzung zweier fertiger Knochenstücke, 
so nennt man dies wohl Koaleszenz. 

Aus der Osteogenese verdient weiter angedeutet zu werden, in welcher 
Art das Kanalsystem entsteht, das die Blutgefäße der Knochen beherbergt. 
Bei kleinen Säugern bescheiden entwickelt, wird es bei großen mit Zu- 
nahme der Dicke der Knochen bedeutender. Auch bei anderen Verte- 
braten kann es vorkommen, aber anders strukturiert. Dies zeigen nament- 
lich die langen Extrcmitätenknochen. Besonders für Säugetiere ist an 
diesen der Unterschied wichtig zwischen dem Mittelstück: Diaphysc und 
den beiden Endstücken: Epiphysen. Anfänglich bestehen dieselben aus 
Knorpel und sind somit von einem bindegewebigen Pcrichondrium um- 
hüllt. Die ursprünglich aus dem Integument in dasselbe eingewanderten, 
knochenbildenden Osteoblasten scheiden eine erste Knochenlamelle ab, 
welche den Diaphysenknorpel umseheidet. Das Periehondriuin erhält jetzt 
den Namen Periost und setzt die Abschcidung solcher konzentrisch ge- 
schichteter Knochenlamellen fort. Bei kleinsten Säugetieren kann es bei 
dieser Bildung kompakter Knochensubstanz bleiben, bei größeren folgt auf 
diesen anfänglichen Prozeß alsbald ein anderer, wobei die Knochensubstanz 
in Balken und Blättern, die ein Maschenwerk bilden, sich absetzt. Der 
Raum der Maschen ist mit Bindegewebe gefüllt. Diese „Räume von 
Hävers" werden bei zunehmender Ossifikation verengert, bis nur noch 



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1. Allgemeines. 



39 



Ufr*/? 



Kanäle übrig bleiben mit Blutgefäße führendem Bindegewebe: die Kanäle 
von Hävers. Sie werden dann gleichfalls von geschichteter kompakter 
Knochensubstanz umgeben, deren lamellüre Struktur den Haverssehen 
Kanälen der Sauropsiden und Amphibien, insoweit solche noch vorkommen, 
abgeht. Solchergestalt hat Dickenzunahme der Knochensubstanz der Dia- 
physe statt. Charakteristischer ist. was mit den Epiphysen geschieht. Auf 
sie erstrecken sich nicht die periostalen Knochenlainellen der Diaphyse. 
Sie bleiben anfänglich unverknöchert. und da ihr Knorpelgewebe wächst, 
sorgen sie für das Längenwachstum des Skeletteils. Ihre endliche Os*i- 
tikation geht bei den Säugetieren auch nicht von der Diaphyse aus. sondern 
von einem oder mehreren Ossitikationspunkten in der Epiphyse. Diese 
sogenannte enchondrale Ossifikation setzt allmählich an Stelle des Knorpels 
(durch Neoplasie) Knochengewebe ab: so aber, dafcl zeitlebens eine Knorpel- 
lage als l'eberzug der (JelenkHäche der Epiphyse gespart bleibt ((lelenk- 
knorpel . Auch bleibt, solange der Knochen wächst, eine Scheibe zwischen Epi- 
und Diaphyse unverknöchert. Eben dieser Epiphysenknorpel macht Längen- 
wachstum möglich, das erst nach seiner schließliehen Yerknöeherung endigt. 

Die genannte enchondrale Yer- 
knöeherung hat gleichfalls statt im Knorpel 
der Diaphyse. somit unter deren perio- 
stalen Knochenlamellen. Hierdurch ent- 
steht die spongiöse Knochensubstanz. 
Sie füllt mit ihren einigermaßen schwam- 
mig angeordneten Bälkchen das Innere 
der Knochen und enthält in ihren Räu- 
men rotes oder gelbes Knochenmark, 
t'eberwicgt die Länge eines Extrcmi- 
tätenknochen seine Dicke bedeutend, so 
Hießen bei grollen Säugetieren die 
markhaltigen Räume zu einem zentralen 
Räume zusammen, der mit Mark gefüllt, 
am getrockneten Knochen als Höhle er- 
scheint, und den Knochen zu einem 
Röhrenknochen stempelt. Ihn zeichnet 
die dicke Lage der kompakten Knochen- 
substanz aus, die ihm Strebfestigkeit ver- 
leiht bei der statischen Belastung durch 
das Körpergewicht und Bruchfestigkeit 
bei seiner Funktion als Hebelarm. Daß Fig. 33. Verlauf der Srxwgiosabilkclien 
der Bau des Knochens seiner Funktion !? Pfwi«n«JeD Ende de* Femur vom 

. , i » Hund. Iii Achse d<* I-emur, AM 

entspricht, äußert sich aber weit deut- SchcnkclblÜ! , ts . A M c sehenkel- 

licher in der Architektur der Balken halswinkel. Hei <• gehen von der c<»m- 

der Spongiosa. die man eine mechanische pwta Zugbälkchen aus, die Achs.- unter 

nennen kann, da sie mechanischen Mo- f\ •j'hneidcnd. Sie kreuzen sieh unter 

i t- * . i i i t n > (hei d\ mit den Druekhalkehen. die 

menten ihre Entstehung verdankt. Die- „w «r>ni*,»riiig«Mi und hd / ta»t gerade 
selben bilden kein regelloses Balkenwerk, nach o aufsteigen. E F.piphyse. Nach 
sie zeigen vielmehr eine gesetzmäßige B. Schmidt. 

Anordnung, die den Druck- und Zug- 
kurven | Trajektorien) entspricht, die nach Culmanns (lesetz in belasteten 
Hebelarmen, entsprechend der Richtung des größten Druckes und Zuges 
sich konstruieren lassen. Nach diesem (lesetz entstehen z. B. in einem 




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40 



II. Skelet. 



horizontal befestigten Stabe, der am freien Ende belastet wird, Zuglinien 
an der gedehnten Seite; ziehen ihr anfänglich parallel, kreuzen darauf 
die neutrale Achse, in welcher Zug und Druck gleich Null ist, unter 
einem Winkel von 45° und erreichen die entgegengesetzte Seite unter 
einem Winkel von 90°. Die Drucklinien an der zusammengedrückten Seite 
verlaufen gerade entgegengesetzt Da die Lage des Knochens iin Körper 
eine gegebene ist und seine Funktion derselben entspricht, ist auch die 
mechanische Anforderung, die an ihn gestellt wird, eine gleichbleibende. 
Dieser Anforderung haben sich die Knochenbälkchen funktionell angepaßt, 
indem sie sich anordneten in der Richtung des größten Druckes und Zuges. 
Solche größere Festigkeit der Knochen hätte auch erreicht werden können 
durch ausschließlichen Aufbau aus kompakter Substanz, was aber monströs 
schwere Knochen geliefert hätte. Nur dort, wo die mechanische Beanspru- 
chung an den Knochen am größten ist und die Architektur der Spongiosa 
ihr nicht mehr Genüge leistet, hat Zunahme der kompakten Substanz statt. 

Diese Darlegung hat aber vorläufig nur Gültigkeit für recente 
Säuger. Ohne daß bisher weiter hierauf geachtet wurde, sind jetzt 
schon Andeutungen da, daß die Röhrenknochen, die heute eine Markhöhle 
haben, bei den Vorfahren von gleichem, selbst schwerem Gewicht, ganz 
mit Spongiosa angefüllt waren, und daß diesen wieder massive Knochen 
vorabgingen (vergl. R. Schmidt 1899). Somit wäre phylogenetischer Fort- 
schritt zu verzeichnen, der in der Architektur der Spongiosa gipfelt. Die 
kompakten Knochen der Elefanten sind daher wohl als ein primitiver Zu- 
stand aufzufassen. 

Diese Architektur, die durch Funktion entstand, wird vererbt und 
tritt in die Erscheinung, bevor der Knochen sie fordert, insofern sie in 
Hauptzügen bereits intrauterin auftritt. Auch Skeletteile, die in erster Linie 
nur dem Zuge von Muskeln und Ligamenten ausgesetzt sind, wie die Arm- 
knochen des Menschen, der Unterkiefer zeigen sie. Auffallend ist, daß sie 
auch auftritt in den Knochenzapfen der Hörner der Wiederkäuer [Lönn- 
berg], die weder durch Muskclfunktion beeinflußt werden noch durch Be- 
lastung, abgesehen vom eigenen Gewicht. Da ihre Funktion (Stoß) zum 
Angriff oder zur Verteidigung nur selten und dann nur momentaner Art 
ist, kann die „trophische Wirkung des funktionellen Reizes" |Roux| die 
Architektur der Spongiosa kaum beeinflussen. Wenn diese dennoch, den 
mechanischen Anforderungen gemäß, die im erwachsenen Zustande plötzlich 
an sie gestellt weiden, sich entwickelte, so müssen hier andere Ursachen 
vorliegen, die nicht unmittelbar im Gebrauche zu suchen sind. 

In Röhrenknochen sahen wir eine geräumige markhaltige Höhle ent- 
stehen durch Schwund der Spongiosa; unter ähnlichen Gesichtspunkt fallt 
ein anderer Prozeß bei Schädelknochen. Ihre Spongiosa, die auch Diploe* 
genannt wird, kann namentlich im Frontale, Supramaxillare, Präsphenoid, 
Ethmoid, Petrosum, dann auch im Parietale und Occipitale während des 
Wachstunis des TierevS allmählich schwinden, während die Rindenlage der 
Knochen aus kompakter Knochensubstanz auscinanderweicht. So entsteht 
ein Hohlraum, in den die Schleimhaut eines benachbarten Schleimhauttraktus 
i Nasenhöhle oder Trommelhöhle ) hineinwächst. Sic bekleidet die Wände dieses 
Hohlraums, dessen Pneumatisierung von ihr ausging (nasale resp. tympa- 
nale Pneumatizität). Diese Sinus frontalis, ethmoidalis, maxillaris, Cellulae 
mastoideae etc. kommunizieren demnach mit der Nasen- oder Trommelhöhle, 
somit indirekt mit der Außenwelt und sind dementsprechend mit Luft gefüllt. 



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2. Schädel. 



41 



Sie ändern die Physiognomik des jugendlichen und erwachsenen Schädels. 
Wichtiger ist, daß solche Pneumatizität die Knochen umfangreich macht 
ohne Gewichtszunahme. Dies ist sehr sinnfällig bei den Rindern, deren 
Hörner von den pneumatischen Frontalia aus pneumatisicrt werden, 
ferner im parieto-oceipitalen Schädelteil des Rhinoceros. Ihr Maximum 
erreicht die Pneumatisierung der Diploö bei der Giraffe und namentlich 
lieim Elefanten. Bei diesem gewinnt hierdurch der Schädel Ursprungsfläche 
für die Muskelmasse des Rüssels. Letzterer macht aber zusammen mit 
den Stoßzähnen den Schädel sehr schwer. Durch Pneumatisierung des 
Parietale und Occipitale wird derselbe andererseits so umfangreich, daß das 
Xackenband und von der Wirbelsäule kommende Muskelmassen ausgedehnte 
Ansatzflächen am Schädel linden. (Vergl. übrigens beim Schädel.) 

2. Schädel. 

An das Yorderendc der Wirbelsäule schließt sich der Schädel an, 
der das Gehirn umfaßt, mit seinem Vorderteil die knöcherne Basis des 
Gesichts liefert und tiefgreifend beeinflußt wird durch das Gesichts-, 
Geruchs- und Gehörorgan. 

Die gebräuchliche Verteilung des Schädels in einen Gehirn- und 
Gesichtsschädel entbehrt bei der innigen Verbindung der Knochen des 
Schädels der Säugetiere der leichtersichtlichen Scheidung, die der Schädel 
niederer Vertebraten in seinem kranialen und facialen Teil aufweist und 
die sich auf genetische Verschiedenheiten gründet. 




Fig. 34. Scheinatische Darstellung der Komponenten des Kopfes und Zungenheins 
mit Andeutung der Austrittsstellcn der Kopfnerven J—XI1. Die Deckknochen sind ge- 
strichelt, die knorpelig präformierteii weil! gehalten. Dicke Umrandung zeigt die Skelet- 
teile an, die dem Viscernlskelet angehören. Alisphenoid; B Basisphcnoid ; BO Basi- 
occipitale; E Ethmoid; EO Exoccipitale; F Frontale; / Iutcrmaxillare; L Lacrvmalc ; 
.1/ Maxillare; MJ Mandihula; .V Nasale; NT Nasoturhinale; O Orbitosphenoid; /»Parie- 
tale; P neben T Petrosum; PI Palatinum; PS Präsphenoid; Pt Pterygoid; S Squamo- 
MUn; SO Supraoccipitale; T Tympanieum; V Vomer; Z Jugale. Zungenbein mit BH 
Basihyalc und dem vorderen Horn, bestehend aus CH Hypohyale (Ccratohyale); EH Cera- 
tohyale (Epibyale); SU Stylhyale, TU Tympanohyalc und dem hinteren Horn 77/// 
Tbyrhyale; ocul. Auge. 



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42 



II. Skelct. 



Der kraniale Knochenkomplex, der »He Kapsel für das Gehirn 
liefert, läßt sich in drei Segmente zerlegen. Sie entsprechen den Wirbeln 
der Goethe-Okenschen Schädeltheorie, gelten aber unseren heutigen An- 
schauungen nicht mehr als Zeichen einer Metamerie des Schädels. Wohl 
haben sie aber noch stets deskriptiven Wert und erleichtern die Auffassung 
des knöchernen Schädels. 

An jedem dieser ringförmigen Segmente, dem occipitalcn. 
parietalen und frontalen, läüt sieh ein basales (axiales), zwei laterale 
und ein paariges oder unpaarcs dorsales Stück unterscheiden, bezüglich 
ihrer Genese: ob als primäre Knochen, die knorpelig präformiert waren 
oiler als Deckknochen, die im Bindegewebe entstanden, gibt unsere schema- 
tische Figur genügende Ucbersicht. 

Das hinterste oder oceipitale Segment besteht axial ans «lern Basi- 
occiptale. aus den beiden gebogenen, lateralen Exoccipitalia (Occipitalia 
lateralia) und dem dorsalen Schlußstüek: Supraoccipitale (Oceipitale 
superius). 

Zusammen umgeben sie mit ihrem Hinterrande das große Hinter- 
hauptsloch: Foramen magnum. durch welches das verlängerte Mark 
die Schädelhöhle verläßt. 

Das Basioccipitale zusammen mit den Exoccipitalia bildet jederseits 
einen Condylus occipitalis zur Artikulation mit «lern ersten Halswirbel 
(Atlanto-occipitalgelenk). Man bezeichnet daher die Mammalia auch wohl 
als Dicondylia im Gegensatz zu den Sauropsida mit nur einem Condylus 
(Monoeondylia) und sah hierin einen prinzipiellen Gegensatz. Anderer- 
seits wurde die Dikondylie als Uebereinstimmung mit den Amphibien heran- 
gezogen. Zunächst sind aber die dem Schädel assimilierten Wirbel, welche 
später die zwei Condyli der Amphibien entstehen lassen ungleich denen, 
woraus der Condylus der Sauropsida und die Condyli der Mammalia sich 
bilden. Weiter ist der Unterschied zwischen Reptilia und Mammalia be- 
züglich des Hinterhauptscondylus nur ein gradueller. Bei ersteren ist der 
Condylus in der Regel ein einheitlicher, der entweder nur aus dem Basi- 
occipitale oder dreiteilig auch noch aus den Exoccipitalia sich aufbaut. 
Bekommen letztere Komponenten die Oberhand, während der basioccipitale 
Komponent zurücktritt, so ist, wie bei Cynognathus, die Dikondylie ge- 
schaffen, wie sie vielen Säugern zukommt. Weiterer Fortgang dieses Prozesses 
(ob er historisch so geschah, ist fraglich) führt zu den ausschließlich ex- 
occipitalen Condyli anderer Mammalia. Die Monokondylic ist somit durch 
Uchergänge mit der Dikondylie verbunden, womit sie als absoluter Unter- 
schied verfällt |Seeley, OsbornJ. 

Gehen wir davon aus, daß bei Säugern ursprünglich auch das Basi- 
occipitale an der Bildung der Condyli und der Gelenkung teilnahm, so 
daß eigentlich ein halbkreisförmiger Condylus bestand, wie ihn E. Fischer 
embryonal bei Talpa nachwies und wie ihn Echidna zeigt (Fig. .'$;"), :\). 
Es trat dann Reduktion unter zweierlei Einflüssen ein. die einander viel- 
leicht bedingten. Beide haben als Resultat, daß die basioccipitale Portion 
des Condylus unbedeutender wurde (Fig. IV\ 1 ) endlich schwand und damit 
zu zwei entfernten Condyli führte (Fig. :}*>, 2). Diese Verlagerung auf 
die Exoccipitalia machte aus den Condyli Teile eines größeren Kugel- 
abschnittes und gab damit dem Kopfe größere Exkursionsmöglichkeit als 
dem kleineren, wenn auch dreiteiligen Monocondylus der Sauropsida. 
Hierin lag aber ein Fortschritt. 



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2. Schädel. 



4a 



Als Vergütung für die beschränktere 
Bewegung tritt bei Vögeln größere Beweglich- 
keit der Halswirbelsäule ein. Demgegenüber 
erwarben die Säuger das spezialisierte, in 
seinem Ursprung noch nicht aufgeklärte Dreh- 
gelenk zwischen Atlas und Epistropheus. 
Die hierbei statthabende kaudale Verschiebung 
des Centrum des Atlas, der zum Processus 
odontoideus des Epistropheus wird, trat nun 
als zweiter Einfloß ein. Der basioccipitale 
Teil des Condylus bezw. der Kondylen verlor 
mehr und mehr seine axiale (lelenkung. da 
sich wohl erst allmählich das ventrale Schiuli- 
stück des Atlas ausbildete. Wir werden später 
sehen, dali es noch manchen recenten Säugern 
fehlt oder seine Ausbildung erst beginnt. 

Nur beim Menschen liegt das Hinterhaupts- 
loch ungefähr in der Ebene der Schädelbasis, 
bei den übrigen Säugern bildet es mit der- 
selben einen verschieden grolien, nach hinten 
offenen Winkel 1 ). Hiermit ist einfach die ttasis 
des auf Hinterhaupt und Zähnen ruhenden 
Schädels gemeint, nicht die Schädelbasis- 
achse Huxievs. Diese gibt genauere Maße 
an die Hand: Sie läuft durch Basioccipi- 
tale, liasi- und Präsphenoid (Fig. 'M>h Mit 





l. 




Fig. 35. I linterhau ptscon- 
dyli von der Basalfläche von 
1. Hydrocherus 2. Mtl.* 
taxu« 1 ,. 3. Echidna hvstria 
JiO Itasioct-ipitalc; EÖ Exocci- 
pitale. 



Fig. 30. Längs- 
schnitt durch den 
Schädel von A Biber, 

B Pavian; nach 
Huxley modifiziert, 
fo F"--;i olfactoria; 
fc Pom cerebrali«; 
feb Fo*sa cerebel- 
laris; ad Sicbbein- 
elx'ne ; ab Schädel- 
basisachse ; bc 
Hinterhauptsebenc. 




]| Daß bei Ohrysochloris und Myogale, bereits weniger \m Talpa und Sorcx. 
das Hinterhauptsloch basalwärts sieht, mag mit dein ganz eigentümlichen Hau des 
Hinterkopfe« der e roteren in Verbindung stehen. Auch kann, wie F. Fischer für Talpa 
darlegt, die hierdurch erzielte Stellung des Kopfes in einem Winkel von 9U° nützlich 
sein für das (Jraben. 



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44 



II. Siedet. 




Fig. 37. 

Fig. 37 und 38. Schädel von Hydroehoerus eapybara von unten und von der 
Seite. A Alhphenoid ; />' Bn.»i*phenoid ; HO Baftioceipitalc; C Condylus; ca Canalia ali- 
IpheDOldetM; ec Canali« carotieus; et Canalix infraorbitali»; EO Exoecipitalc; F Frontale; 
Ff Foasa glenoidea; // Foranien incisivum; // Foramen laccrum anteriu»; /// Foranien 



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2. Schädel. 



45 




Fig. :\K 

lacemtn posterius; fm Foramen mngnum; /<> Foramen ovale; /? Foramcn sphenoideum; 
fsm Foramen Ptylo-mastoideum ; / Intermaxillare; J .lugale; I. Lacrymale; Af Supra- 
inaxillare: Af Mastoideum ; X Nasale; 0 Orbitoaphenoid; 00 Ohrüffnung; op Foramen 
opticum; /'Petrojiiim; p Foramen palatimim ; H Palatimim; Pr Parietale; Ps Praenphe- 
noid; Pt Pterygoid; pm Processus mastoideus; po Procosus orbitalis; pp Processus par- 
occipitali»; S Squamosum; SO Supraoccipitale; 7* Tympanieum. */ 4 . 



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4ü 



II. Skeler. 



ihr bildet die Ebene des Hinterhauptloches bald einen fast rechten Winkel, 
wie bei vielen Sängern mit geringer Hirnentfaltung, bald wird dieser 
Hintcrhauptswinkel stumpfer und nähert sich beim Menschen einem flachen. 

Daraus folgt auch beim Menschen, daß die Halswirbelsäule mit der 
Schädelbasis in der Mittellage einen rechten Winkel bildet. Die fast 
gleiche Winkelstellung kann aber ausnahmsweise auch bei anderer Lage 
der Ebene des Hinterhauptlochcs erreicht werden, wie die Chiroptera be- 
weisen, wo starke Krümmung der Halswirbelsäule nach vorn diese, beim 
Fluge wohl nützliche Stellung des Kopfes erzielt. 

Nach außen von dem Condylus trägt das Exoccipitale den Processus 
paroccipitalis (paramastoideus oder jugularis), der häutig fehlt oder rudi- 
mentär ist, bei anderen, wie bei Nagern und vielen Ungulaten, ein sehr 
langer Muskelfortsatz wird. Vor dem Condylns, gleichfalls im Exoccipitale. 
liegt das Foramen condyloideum anterius für den Durchtritt des 
Nervus hypoglossus. An seiner Statt können aber 2, selbst 3 Foramina 
hypoglossi auftreten. Einzig bei Monotrcmen fließt es zusammen mit dem 
Foramen jugulare. Auch im Basioccipitale kann in der Medianlinie ein 
Loch auftreten (Phocidae, Pedetes, zuweilen bei Cetaceen). 

Das zweite oder parietale Segment wird basal durch das Basi- 
sphenoid gebildet. Hiermit verbindet sich jederseits ein Alisphenoid 
(Ala magna ossis sphenoidei) und mit diesen, die ebenso wie das Basisphenoid 
knorpelig präformiertc Knochen sind, die paarigen Parietalia, die das Dach 
bilden und bei den viviparen Säugetieren jederseits ursprünglich aus einem 
medialen und lateralen Deckknochen' entstehen. Das Basisphenoid wird 
bei Monotremen und Marsupialia jederseits durch das Foramen caroti- 
cum durchbohrt, zum Durchtritt der Arteria carotis interna s. cerebralis, 
die sich zur Sclla turcica in die Schädelhöhle begibt. 

Bei den Monodelphia dagegen geschieht der Durchtritt so. daß die 
Arteria carotis interna an der Grenze zwischen Basisphenoid und Petrosum 
an den Schädel tritt, längs der Ventralfläche des Petrosum verläuft und 
hier bei manchen Säugern durch eine Knochenlamelle eingehüllt wird, die 
von dem Teil des Petrosum, der den Boden der Schnecke bildet, aus- 
geht und damit den Ganalis caroticus bildet. Aus diesem tritt die Arteria 
durch das Foramen lacerum anterius (medium mancher Autoren) 
zwischen Petrosum, Ali- und Basisphenoid in den Schädel. Ob dieser 
Gegensatz im Verlauf der Carotis interna aber ein so grundsätzlicher ist, 
wird zweifelhaft durch den Befund bei Acrobates pygmaeus. bei welchem 
Marsupialier nach Wiricza die Carotis in den Schädel tritt zwischen Petro- 
sum und Basisphenoid durch ein Loch, das vom Foramen ovale durch 
eine Knochenbrücke des Basisphenoid getrennt wird, genau so wie bei 
Monodelphia. 

Im Alisphenoid findet sich, wie unser Schema (Fig. :$4> andeutet, das 
Foramen ovale für den Durchtritt des inframaxillaren (dritten) Astes 
des Trigeminus ( / " 3 ) und das Foramen rotundum für den supramaxil- 
laren (zweiten) Ast desselben ((',». Dieser vom Menschen bekannte Zu- 
stand bietet aber mancherlei Abweichung. So verschmilzt das Foramen 
ovale mit dem Foramen lacerum häutig z. B. bei der Mehrzahl der Ro- 
dentia, manchen Ungulaten und Cetaceen. Selbständig bleibt es in der 
Regel bei Primates und Carnivora. Das Foramen rotundum vereinigt 
sich wohl bei der Mehrzahl mehr oder weniger vollständig mit dem Fo- 
ramen sphenorbitale. 



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2. Schädel. 



47 



Von der Basis des Alisphenoid geht ein ventralwärts gerichteter 
Fortsatz aus. der Processus pterygoideus, der sich mit dem Ptery- 
goideum vereinigt (s. dieses). Durch die Basis dieses Fortsatzes verläuft 
bei manchen Säugern der nach vorn gerichtete Canalis alisphenoideus. 
durch den die Arteria maxillaris verläuft F>r wird auch wohl Canalis 
pterygoideus genannt, ist dann aber zu unterscheiden vom Canalis 
vidianus für den Nervus vidianus, der bei manchen gleichfalls an der 
hinteren Oeffnung des Alisphenoidkanals: dem Foramen pterygoideum 
zu Tage tritt auf dem Wege zum Foramen lacerum anterius und 
auch wohl Canalis pterygoideus genannt wird (z. B. in Hcnlc's Ana- 
tomie). 

Das dritte, frontale oder vorderste Segment hat als Boden das 
Praesphenoid. Die lateralen Orbitosphenoidca (Alae parvae ossis 
sphenoidei) und die dorsalen Frontalia vervollständigen den Ring, der 
den vordersten Teil der Schädelhöhle umgibt. Letztere wird nach vorn 
abueschlossen und von der Nasenhöhle geschieden durch die Laraina 
cribrosa des Ethmoid, die uns unten beschäftigen wird. 

Dem Orbit osphenoid werden wir später noch begegnen als wich- 
tigem Komponenten der Augenhöhle (Orbita). Es begrenzt, zusammen mit 
dem Alisphenoid. die Fissura orbitalis superior, die aber an Stelle der 
Spaltform, die sie beim Menschen, in geringerem Grade auch noch bei 
Primaten hat, die Form eines Loches besitzt: Foramen sphenorbitale 
( For. sphenoideum ; For. lacerum anterius Flower). 

Hierdurch treten der Nervus oculomotorius (III), trochlearis (IV), 
abducens (VI) und der supraorbitale (erste) Ast des Trigeminus (V,). Die 
Wurzel des Orbitosphenoid wird von dem Sehnervenloch, Foramen op- 
ticum durchbohrt. Die Richtung der Sehnervenlöcher ist eine schräge, der 
Orbita zu. Gewöhnlich getrennt durch das Praesphenoid, können sie sich 
bei Callithrix und Verwandten, ferner bei Tarsius bis auf eine unbedeutende 
Scheidewand nähern, endlich bei Lepus, Chinchilla, Pedetes, ferner bei 
einzelnen Seehunden, den Traguliden und den Zwergantilopen wie Madoqua, 
verschmelzen. Andererseits kann Vereinigung mit dem Foramen sphen- 
orbitale eintreten bei Marsupialia, Xenarthra, vielen Rodentia, L'ngulata, 
einzelnen Carnivora, vor allem Pinnipedia, einzelnen Insectivora, Cetacea. 
Ornithorhynchus und bei Echidna; bei letzterer gleichzeitig mit Verschmel- 
zung mit dem Foramen rotundum [van BemmelenJ. Eine schmale Knochen- 
brücke deutet zuweilen noch eine Trennung der Löcher an. 

An vorstehendes schließt sich füglich eine allgemeine Betrachtung 
der Nervenlöcher an der Schädelbasis an, die uns auf primitivere Zustände 
zurückführt und die gegenwärtigen verständlicher macht. Es zeigt sich, 
daß die (lehirnnerven in Hauptsache durch die Spalten zwischen den drei 
Schädelsegmenten austreten. Der Spalt zwischen dem occipitalen und 
parietalen Segment wird durch das Perioticum zerlegt in einen hinteren 
opisthotischen: Foramen lacerum posterius (Foramen jugulare), das wir 
mit Huxley und Howes Foramen otoccipitale nennen können und in 
einen vorderen, prootischen: Foramen lacerum anterius (F. lacerum 
medius englischer Autoren) oder wegen seiner Lage F. sphenoticum 
| Huxley, Howes]. Durch den opistothischen Spalt zieht «1er Nervus glosso- 
pharyngeus, vagus und accessorius, durch den proothischen ursprüng- 
lich wohl der dritte Ast des Trigeminus (V 3 ). Daß derselbe vielfach durch 
ein eigenes Loch (Foramen ovale) im Alisphenoid verläuft, ist wohl erst 



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48 



II. Skdct. 



Folge der stärkeren Ausbildung dieses Knochens. Seine bedeutende Be- 
teiligung an der Bildung der Wand der Schädelhöhle ist ein erworbener 
Zustand. Ursprünglich kleiner als das Orbitosphenoid, was embryonal 
und bei niederen Säugern noch der Fall ist, nahm er mit Zunahme der 




Fig. 99. Hund. Ventral- 
ansieht nach Fllenherger und 
Hautn. / Occipitale; // Hu I In 
tynipani; IIb MaMoid ; ///Hani- 
sphenoid; //" Ptcrygoid; /' Pa- 
latinutu: /"/ Vomer; Vit ,lu- 
gale; /'///. J och I ><>gen ; AV Fron- 
tale; .V Maxillure; AY Inter- 
moxillarc; AY/Orbilo-tem|»oral 
(Jrube: / Tuborc. nuchalia des 
Suprnoccipitale; Foramen 
maguum: j Condvlus; 4 In- 
cisura intercondyloidea d. Hnsi- 
occipitalc: 5 Fossa condyloidea ; 

6 Foramen condyloideuui nnt.; 

7 Processus paroccipitalisijugu- 
larist; S Foramen laeeruni und 
Canalis caroticus; 9 Fissurn 
jietroso-occipitalis; 10 Fissura 
lilascri; // TuImtcuIuiii pha- 
ry ugeu m laterale; 12 ~ II; 14 
Foramen earoticum; IJ Tuba 
Kustaebii ossea: 10 Processus 
|K>stglenoideus; 17 Fossa gl«>- 
noidea; ix Foramen ovale; 19 
Foramen pterygoideum post. 
( Fingangd. Alisphcnoidkannlsi; 
2» Foramen jHwtglenoideum ; 
21 Foramen stylo-mnstoidcum ; 

Pom« aeustietts extern us; 
24 Processus zygomaticue s<pm- 
inosi; 25 — III; 26 Prä*phe- 
noid; 27 Foranieu pterygoid. 
mit. (Ausgang des Alisphenoid- 
kanaNi; 2* Foramen sphenoi- 
deuni; 29 Foramen optictim: 
Hamulus ossis pterygoidei; 
(iaumeuteil des Palalinum; 
j2 horizontaler Teil desselben: 
j.l Suttira palalina: J4 Sutura 
palato-maxillaris; .?<•< Foramen 
palalinum ; .j; .Sillens palatiuus ; 
3*1 Processus alveolaris des 
Mnxillare; 4" dessen Processus 
plervgoidcu« ; 41 Foramen in- 
ei>ivuni (Canalis naso-pnlatimis); 42 - AV; 43 Laternler Ast des Proccaau* palatinus 
de» Intermaxillarc; 44 sein Alveolarrand ; 45 Processus postorbitalis des Frontale. 

Ilirnmasse gleichfalls zu, wie die Primaten dies treffend zeigen, wo er das 
Orbitosphenoid an Ausmaß weit übertrifft. Damit kam der V s allmählich 
in das Alisphenoid zu liegen: jedoch, wie oben bemerkt: vielfach hat sich 
«las Foramen ovale noch nicht geschieden vom Foramen lacerum anterius. 

Durch deu Spalt zwischen dein parietalen und frontalen Segment, 
somit zwischen Ali- und Orbitosphenoid. also durch das Foramen orbito- 
sphenoideum oder sphenoidalc: intersphenoidale |Huxley-llowes]. — die 



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2. Schädel. 



40 



Fissura orbitalis superior hominis tritt der Nervus oculomotorius, troch- 
learis. abducens und der erste Ast des Trigeminus (V,) hindurch. Wie 
oben bemerkt, häufig auch der zweite Ast (Y,), falls derselbe sich eben 
noch nicht abgeschieden hat durch Ausbildung eines eigenen Ausganges: 
des Foramen rotundum im Alisphenoid. Auch hier wieder rekurriere ich 
auf Ausdehnung des Alisphenoid, womit längerer intracranieller Yerlauf 
verbunden wäre, wenn er nicht sozusagen vom Foramen sphenorbitale 
abgedrängt würde. 

Nachdem wir damit den Austritt dieser sieben Hirnnerven durch 
Spalten zwischen unseren Schädelsegmenten erkannt haben, bleibt nur noch 
der Nervus facialis (YII) und hypoglossus (XII) übrig. Denn das die drei 
Sinnesnerven : Nervus olfactorius (I), opticus (II) und acusticus (VIII ) 
durch das Ethmoid, Orbitosphenoid und Petrosum ziehen, bedarf hier 
keiner weiteren Darlegung. Da zeigt sich, das der Facialis tatsächlich 
einen prootischen Austritt hat. Embryonen und niedere Säuger z. Ii. 
Sorex [WingeJ zeigen dies noch. Erst später und sekundär erhält er eine 
knöcherne Umhüllung vom Petrosum, wodurch er mit «lein Nervus acusticus 
durch den Porus acusticus internus in das Petrosum einzutreten scheint, 
dann aber weiterhin durch den Canalis facialis (C. Fallopii) tatsächlich 
vor dem Labyrinth weiterziehend nach außen tritt, durch ein Loch, das 
Howes For. paroticum nennt. So bleibt nur noch das Foramen condy- 
loideum antcrius im Exoccipitale. durch welches der Nervus hypoglossus 
(XII) tritt. Es ist ein For. dioccipitale [Huxley-IIowes|. Die eigen- 
artige Stellung dieses Loches für den Hypoglossus, das sich in gleicher 
Art bei den Sauropsidcn findet, verliert an Bedeutung durch die besondere 
Stellung des Nerven selbst, der ein spinaler ist. 

Huxley hat bereits darauf hingewiesen, daß die Knochen, welche das 
Dach und die Seitenwand der beiden hintersten Schädelsegmente formen, 
niemals an der Bildung des Hodens der Schädelhöhle sich beteiligen, daß 
mithin Basiocripitale und Basisphenoid niemals von derselben ausgeschlossen 
sind. Dies kann aber wohl statthaben für das Präsphenoid, entweder 
durch Zunahme der Orbitosphenoidea, die einander in der Mittellinie be- 
gegnen, oder, wie bei verschiedenen Primaten, daneben durch die basale 
Vereinigung der Frontalia. Im (iegensatz zu den Rodentia z. B.. wo das 
Praesphenoid ein bedeutender Knochen ist, ist es zusammen mit dem Basi- 
sphenoid bei Ruminantia fast unterdrückt zu Gunsten der Ali- und Orbito- 
sphenoidea. 

Die als Deckknochen entstehenden dorsalen Schlußstücke des parie- 
talen und frontalen Segmentes: die Parietalia und Frontalia. sind paarig, 
doch verwachsen zuweilen, wie bei Primaten, Inscctivora. Chiroptera, 
einzelnen Ungulaten u. s. w. 

Demgegenüber ist das Supraoecipitale meist ein unpaarer Knochen. 
Zuweilen entsteht es aber aus zwei Knochenkernen, wie bei Tatusia. Eri- 
naceus und den Cetaceen. Bei letzteren kann es dies noch lange verraten 
durch unvollständige Teilung in der Medianlinie. Auch ist das Supra- 
oecipitale im (iegensatz zu den Frontalia und Parietalia ein Knorpel- 
knochen. Die Frontalia sind weiter bei verschiedener. Abteilungen der 
Artiodactyla dadurch charakterisiert, daß sie Apophysen tragen oder Ex- 
ostosen, die als Rosenstock der Geweihe der Hirsche und Knochenzupfen 
der Rinder allgemein bekannt sind und an deren Aufbau auch das Inte- 
gument sich beteiligt, wie wir auf p. 1« sahen. Bereits unter Artiodactyla 

TV eher. S»nir. tierr. "* 



50 



II. Skelel. 



erstreckt sich diese Bildung auch auf die Nasaiia (Giraffe). Die aus- 
schließlich integumentalen Hörner der Rhinoceroten beeinflussen gleich- 
falls Nasaiia und Frontalia. Endlich haben bei der ausgestorbenen Ungu- 
latenfainilie der Dinocerata nicht nur die Frontalia, sondern auch die 
Maxiilaria Protuberanzen, die wohl Hörner trugen. Diese Bildungen 
wurden im Zusammenhang beim Integument behandelt und werden wegen 
ihrer systematischen und bionoinischen Bedeutung bei den einzelnen Gruppen 
abermals besprochen werden. 

Das parietale Segment ist von dem occipitalen Segment im Schädel- 
dach durch die Occipital- oder Lambdanaht: Sutura occipitalis s. lanibdo- 
idea, von den» frontalen Segment durch die Kranznaht, Sutura coro- 
nalis, getrennt. Die Naht endlich zwischen den Parietalia, die sich zwischen 
die Frontalia und Nasaiia fortsetzt, heißt Pfeilnaht, Sutura sagittalis. 
Als Abweichung von dieser Anordnung ist zunächst zu verzeichnen, daß 
bei Cetaceen die Parietalia einander in der Medianlinie nicht berühren; 
sie werden auseinander und auf die Seitenwand des Schädels gedrängt, 
durch das enorm entwickelte Supraoccipitale, namentlich aber durch das 
mit diesem ankylosierende Interparietale. Hierunter versteht man einen 
selbständigen Deckknochen, der aus paarigen Knochenkernen entsteht, und 
sich, im Anschluß an das Supraoccipitale, in der Occipitalnaht ausdehnt, 
auch wohl in der Sagittalnaht zwischen dem Hinterende der Parietalia. 
Er verschmilzt entweder schon während des Fötallebens (Rind z. B.i oder 
später (1. bis 3. .Jahr beim Pferd z. B.) und zwar bald mit dem Parietale 
(Ruminantia, Sirenia, manche Nager), bald mit dem Supraoccipitale (Peris- 
sodactyla, manche Carnivora, Primates), oder er bleibt zeitlebens, bald als 
paariger, meist aber als unpaariger Knochen bestehen. 

Dieses Interparietale, das einzig den Säugern zukommt und außer 
bei Cetaceen (s. oben Marsupialia und Hyracoidea). auch bei manchen 
Nagern, bei Orycteropus, Galeopithecus sehr groß wird und Supraocci- 
pitale und Parietalia vollkommen scheiden kann, ist wohl zu unterscheiden 
von sogenannten Schaltknochen, Zwickelbeinen oder Ossicula Wor- 
miana. Dies sind unregelmäßig vorkommende Nahtknochen von individuell 
verschiedener Ausdehnung und Zahl. Sie entstanden aus peripheren 
Knochcnpartikeln, die sich bei der Verknöcherung des Knochens nicht mit 
dem Wachstumsrande verbanden und demgemäß zeitlebens getrennt bleiben 
vom Knochen, dem sie eigentlich zugehören. Sie liegen in der Naht, die 
dieser mit dem Nachbarknochen bildet, mit Vorliebe in der Hinterhaupts- 
naht, auch wohl in der Pfeilnaht. 

Weit wichtiger ist, daß sich zwischen das occipitale und parietale 
Segment eine Gruppe von Knochen einfügt: das Perioticum, aus dem 
Pctrosum und Mastoidcum bestehend, das auch genetisch dem eigent- 
lichen Gehirnschädel angehört. Diese zwei Knochenstücke, von denen 
das hintere, äußere Mastoid frühzeitig mit dem vorderen, inneren Petrosum 
verwächst, entstehen aus diskreten Knochenkernen in der knorpeligen 
Ohrkapsel des Embryo, die das Labyrinth umschließt. Ihnen fügte sich das 
ursprünglich wahrscheinlich knorpelig präformierte Tympanicum und das als 
Deckknochen entstehende Squamosum an. Die Verbindung dieser Teile 
untereinander ist eine sehr verschiedene. Ihre Vereinigung beim Menschen 
führt zur Bildung des Schläfenbeins. Temporale, dessen Schuppe (Squama) 
das Squamosum dann bildet. 



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2. Schädel. 



51 



Das Perioticum grenzt hinten und innen an das Basi- und Exocci- 
pitale, vorn und innen an das Basi- und Alisphenoid. Die Nahtverbindung 
mit diesen Knochen des hinteren und mittleren Schädelscgmentes ist stets 
eine unvollständige, da zunächst (iehirnnerven und Blutgefäße mit extra- 
resp. intrakranieller Richtung durch Spalten oder Löcher in diesen Nähten 
hindurchtreten. So entsteht vor dem Perioticum, speziell vor dem Pe- 
trosum, das Foramen lacerum anterius (For. lacerum medium der 
englischen Autoren), durch welches in der Regel die Arteria carotis interna 
in die Schädelhöhle tritt; hinter dem Petrosum das Foramen lacerum 
posterius (Foramen jugulare) für die Vena jugularis interna und für den 
Nervus glossopharyngeus. vagus und accessorius, und das Foramen 
caroticum externum. das in den oben beschriebenen Canalis caroti- 
cus führt. 

Das Foramen lacerum anterius kann an und für sich, oder, wie 
bei Nagern etc.. durch Vereinigung mit dem Foramen ovale für den Durch- 
tritt des dritten Trigeminusastes. an Umfang zunehmen. Desgleichen das 
Foramen lacerum posterius, auch durch Vereinigung mit dem Foramen 
caroticum. Hieraus folgt geringere Berührung des Perioticum mit der 
Umgebung wie bei Perissodactyla, Xenarthra, Nagern, manchen Insectivora 
und Chiroptera. wobei meist Verbindung mit dem Basioccipitale und 
Basisphenoid am längsten und innigsten gewahrt bleibt. Sie führt endlich 
zu vollständiger Freimachung des Perioticum bei Cetaceen, wo es nur 
durch Bänder dem Schädel verbunden ist. und durch Maceration derselben 
leicht herausfällt, um zusammen mit dem mit ihm verschmolzenen Tym- 
panicum die bekannten Cetolithen zu bilden. 

Die beschriebene Lage des Perioticum an der Basis des Schädels 
gehört zu den wichtigsten Umformungen, die der Schädel der Säuger 
erfahrt. Bekanntlich liegt ja bei Sauropsida und Amphibien die Labyrinth- 
region seitlich und nimmt erheblichen Anteil an der Bildung der Seiten- 
wand des Schädels. Bei Säugern hat nun eine Verkleinerung des perio- 
tischen Teiles statt, durch geringeren LTmfang der Labyrinthregion, nament- 
lich der halbzirkelförmigen Kanäle, daneben aber eine Verschiebung in 
ventraler Richtung auf die Schädelbasis. Die Lage des Trommelfelles ist 
ein guter .Malistab für diese Verlagerung. Bei Sauropsiden liegt es ober- 
halb des Kiefergelenkes, bei Säugern unterhalb desselben und obendrein 
ist es ventralwärts geneigt, so daß es einen Winkel bildet mit der Horizon- 
talen, der kleiner ist als ein rechter, und sein Minimum erreicht bei 
Echidna, wo es fast eine horizontale Lage einnimmt im Gegensatz zur 
mehr vertikalen bei Sauropsida. 

Diese Verlagerung ist eine direkte Folge der Zunahme des Gehirns, 
das sozusagen die otische Region aus ihrer Seitenlagc basalwärts ver- 
drängt. Die Zunahme der Hirnmasse hat ja bei Säugern in dorso-ventraler 
und lateraler Richtung statt, weniger in longitudinaler. was wohl eine Folge 
davon ist, daß die für Säuger charakteristische grobartige Entfaltung des peri- 
pheren Geruchorganes einer Verlängerung des Gehirns in rostraler Richtung 
entgegenwirkte. In gleicher Richtung wirkte auch die Tatsache, daß die 
Schädelbasis: Basioccipitale, Basi- und Praesphenoid, zuerst gebildet wurde 
und zwar als Knorpelmasse. Ihrer sozusagen geringeren Dehnbarkeit 
gegenüber gestatteten die Seiten- und Dachteile des parietalen und fron- 
talen Segmentes, als spätere Bildungen aus Bindegewebe, umfangreiche 
Expansion des Gehirns in dorsaler und lateraler Richtung. Hieraus er- 

4* 



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i>2 



II. Skelet. 



klärt sich das Auftreten des Interparietale und das Heranziehen des Squa- 
mosum aus seiner extrakranialen Lage bei niederen Yertebraten zur Be- 
grenzung der lateralen Wand des Hirnschädels, dessen zunehmender 
Umfang gewissermaßen neues Deckmaterial benötigt. 

Das Squamosum war ursprünglich ein Deckknochen der Ohrgegend, 
dessen Selbständigkeit die Monotremen noch deutlich anzeigen, da er sich 
in seinem mittleren Teil noch ersichtlich abhebt von der Ohrkapsel (van 
Bemmelen|, und dadurch den horizontalen Temporalkanal bildet, der 
an Reptilien erinnert. Aber auch seine Beteiligung an der Schädelwand- 
bildung ist noch eine sehr ungleiche. Bei Wiederkäuern und Cetaceen ist 
das Squamosum von der Schädelhöhle noch ausgeschlossen, dadurch dass 
Parietale, Ali- und Orbitosphenoid einander treffen, und namentlich da- 
durch, daß das Parietale es, wie bei Cetaceen, ausschließt. Auch bei In- 
seetivora, Chiroptera und einigen Marsupialia ragt es nur mit kleinem 
Stücke in die Schädelhöhle hinein. Ob hierin aber stets ein primitiver 
Zustand vorliegt, ist gewiß fraglich, wenn man bedenkt, daß es bei 
Mvrmecophaga . Orvcteropus und namentlich Manis sehr ausgedehnt an 
der Bildung der seitlichen Schädelwand sich beteiligt. 

Das Squamosum wird ein besonders wichtiger Knochen, da es die 
( ielenktläche, Fossa glenoidea (F. mandibularis) für den Unterkiefer 
abgibt. Dieses Kiefergelenk, daß sich prinzipiell von dem der übrigen 
Yertebraten unterscheidet, soll uns weiter unten noeh beschäftigen. Hier 
sei nur hervorgehoben, daß sich an seiner Bildung auch noch andere 
Knochen beteiligen können. So wird der vordere und laterale Teil der 
Fossa glenoidea unter Mithilfe des Jugale gebildet bei Rodcntia, Procavia. 
Klephas, Sus, Galeopithecus und den Marsupialia. Bei letzteren kann auch 
das Alisphenoid in den hinteren Teil derselben eintreten. Hinter der 
(ielenkgiube findet sich häufig ein niedriger Fortsatz: Processus post- 
glenoideus, der zu unterscheiden ist von einem gleichfalls abwärts ge- 
richteten, aber weiter nach hinten liegenden Fortsatz: Processus post- 
auditorius oder posttympanicus. hinter dem äußeren (iehörgang, 
zwischen Tvmpanicum und Petrosum. Er erreicht zuweilen (Chiroptera, 
einzelne Nager) erhebliches Ausmaß, namentlich auch bei Pcrissodactyla. 
Hier kann er bei einzelnen Arten von Rhinoceros mit dem gleichfalls sehr 
großen Processus postglenoideus sich derart vereinigen, daß sie einen 
Kanal bilden, der als ^falscher" äußerer (iehörgang erscheint fs. Fig. 40). 
Endlich tritt häufig, z. B. bei Chiroptera, manchen Insectivora, Carnivora, 
Marsupialia und Xcnarthra, ein Loch: Foramen postglenoideum (Foramen 
jugulare spurium) hinter der (ielenkgrubc auf, das in einen Kanal führt, 
der das Squamosum durchzieht. Durch diesen Temporalkanal zieht die 
Vena jugularis externa, ein Verhalten, das also bei manchen Säugern ein 
bleibendes ist, bei anderen nur fötal auftritt, da die Vena ihre selbständige 
Ausmündung verliert durch Verbindung mit der Vena jugularis interna. 
In erster Linie erscheint das Foramen postglenoideum als Auslaß des 
lateralen venösen Sinus, der der Innenwand des Schädels anliegt. Weitere 
Kanäle können für die Abfuhr des venösen Blutes sorgen, die bei ver- 
schiedenen Säugern an verschiedener Stelle des Squamosum zu Tage treten 
können. Ihre Deutung bedarf für einzelne Fälle noch näherer Unter- 
suchung, namentlich im Hinblick darauf, daß Aeste der Carotiden durch 
Löcher im Squamosum zur Diploe treten ' Arteriae diploeticae). Mit Cope 
können wir provisorisch unterscheiden, außer dem Foramen postglenoideum 



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2. Schädel. 



53 



ein hinter ihm gelegenes, gleichfalls abwärts schauendes For. subsquamosum : 
ein nach außen sehendes For. postsquamosum und postparietale, letzteres 
in der Nähe der Sutura squamoso-parietalis. Häutiger, namentlich bei Un- 
gulaten. vielen Rodentia und Insectivora, tritt das Foramen mastoideuin 
auf. zwischen Petrosum und Exoccipitale. Artio- und einzelne Peiissodac- 
tyla, sowie vereinzelte Marsupialia haben endlich ein großes Loch an der 
oberen Basis des Processus zyKomaticus. 

Von der Außenfläche des Squamosum erhebt sich der Jochfortsatz, 
Processus jugalis seu zygomaticus, der mit dem Jugale und einem 
gleichnamigen Fortsatz des Maxillare den Jochbogen, Zygoma. bildet. 
Nur bei Monotremen entspringt er mit doppelter Wurzel und bildet da- 
durch den obengenannten Teinporalkanal. 

Das Mastoid ist häutig ein sehr kleiner Knochen, kann sogar fast 
ganz fehlen: ist Oberhaupt variabel bei den verschiedenen Säugern im 
Gegensatz zum Petrosum. dessen wichtige Beziehungen zu der Schnecke 
und den halbzirkelförmigen Kanälen und weiteren Teilen des Labyrinths 
ihm einen konstanten Charakter aufdrücken. Stets hängt das Mastoid mit 

Fig. 40. Tympanale Gegend I vom Pferd, II vom Tapir, III von Rhinoeero* 
sondaicus. Nach Osborn. Zur Demonstration des Verschwinden* des Mastoid {ms \ und 
der endlichen Verschmelzung des Processus postglenoidcus (Pg) und jwsttympanicus 
(/>/». / Tympanicuii); ao äuliere Ohröffnung; Processus paroeeipitahs; c Condylus. 

dem Petrosum zusammen, grenzt in der Regel an das Tympanicum und 
liegt zwischen Squamosum, Exoccipitale, meist auch Parietale. Vielfach hat 
frühzeitige Verschmelzung statt mit dem Petrosum. so daß man nur noch 
von einer Mastoidgegend sprechen kann oder von einer Pars mastoidca 
und Pars petrosa wie in der Anatomie des Menschen. Der bedeutende 
Processus mastoideus desselben erscheint hei Säugern - wenn überhaupt 
— meist nur als unbedeutende Leiste. Umgekehrt kann das Mastoid sich 
aufblähen zu einer Knochenblase, die bei Chinchilla, Dipus und Pedetes 
mit der Trommelhöhle sich verbindend, bis auf die Dorsalfläche des Schädels 
sich ausdehnt. Aehnliches fand bei den tertiären südamerikanischen Typo- 
therien statt (s. bei «Uesen). 

Im Mastoid liegt konstant das Foramen stylo-mastoideum für 
den Austritt des Nervus facialis, der das Petrosum durchzieht (Canalis 
facialis). Vor diesem Loch, zuweilen in demselben, verbindet sich das 
kraniale Ende des Zungenbeinbogens (zweiter Visceral bogen) mit dem 
Petrosum. Dieses Tympano-hyale verschmilzt frühzeitig als Knorpel 
mit dem knorpeligen Petrosum. Nach der Ossifikation beider fallt es nur 



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54 



II. Skelet. 



fSO\ 


Pr 




s: 



ausnahmsweise noch als Fortsatz auf, niemals aber in dem Maße, wie der 
Processus styloides des Menschen. Ueber diese wenig erforschten Gebilde 
vergleiche unten beim Zungenbein nach den Untersuchungen von Howes 
und Flower. Vom Pcrioticum geht bei verschiedenen Säugern (Mono- 
tremen. einzelnen sog. Edentaten und Insektivoren, nach Winge wahrschein- 
lich auch bei Mus, Arvicola; eine Platte ab, das Os ptcroticum oder die 
Ala pterotica, die sich zwischen Parietale und Squamosum ausdehnt, letzteres 
von der Schädelhöhle ausschließen kann und bei anderen Säugern viel- 
leicht ins Parietale aufgeht. 

Das Tympanicum, für welches man verschiedentlich eine knorpelige 
Grundlage meinte nachweisen zu können (Rathke vom Schaf. Parker von 
Tatusia, Flower), ist ursprünglich ein mehr oder weniger halbringformiger 
Knochen: Annulus tympanicus, der vielfach z. lt. bei Monotrcmata. 
Marsupialia, Sirenia, Orycteropus, bei der Mehrzahl der Insektivoren und 
Lemuriden zeitlebens diese Form behält. 

In ihm ist das Trommelfell ausgespannt. Bei größerem Umfang läßt 
er sich hierdurch in eine äußere und eine innere Abteilung zerlegen. Die 

außerhalb des Trommelfells ge- 
legene kann sich zu einer knöcher- 
nen Rinne verlängern von ver- 
schiedener Länge, die ausnahms- 
weise allein, meist aber mit Zu- 
ziehung des Petrosum, auch wohl 
des Squamosum, den knöchernen 
äußeren Gehörgang, Meatus 
auditorius externus bildet. 
Auch kann es geschehen, daß der 
Processus postglenoideus und 
posttymi>anicus sich hieran be- 
teiligen, die bei einzelnen Rhino- 
ceros- Arten z. B. sich derart 
aneinander legen, daß ein „falscher 
äußerer Gehörgang" entsteht 
(Fig. 40). 

Die innere Abteilung des 
Tympanicum legt sich an das 
Petrosum an und beide bilden 
die Trommelhöhle. Cavum 

Fig. 41. Hinteres Stuck de» Schädels von ' ..... 

Coeloger.ys paca. C Condyln» occipitalis; F tympani, welche die 
Frontale; fm Foranien maguura; fsm Foranien 
stylo-mastoideum ; J das »ehr ausgedehnte Jugale; 
M Supramaxillare; OÖ Ohröffnung; P Petrosum; 
pp Processus paroccipitalis; Pr Parietale;// Pte- 
rygoid; 5 Squamosum; SO Supraoccipitale; T Beteiligung des Petrosum ist 
Tympanicum. l f t . häufig so, daß es eine Platte 

bildet: Tegmen tympani. die 
von oben her die Paukenhöhle überdeckt. Das Labyrinth, das im Petro- 
sum eingeschlossen ist, tritt in Verbindung mit der Trommelhöhle durch 
zwei Fenster. Fenestra rotunda und F. ovalis. die zwar in die harte 
Knochenmasse des Petrosum eingelassen, gleichzeitig aber durch Mem- 
branen geschlossen sind. Dort, wo das Tympanicum sich mit seiner 
medialen Lippe an das Petrosum lagert, kann totale Verschmelzung beider 



f/jm 



T ödf 



knöchelchen enthält und durch 
die Tuba Eustachi! mit der 
Rachenhöhle kommuniziert. Die 



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2. Schädel. 



55 



Knochen eintreten zu einem Os tympano-perioticum, oder es fand zwai 
Ankylosierung statt, aber nur unvollständig, so daß eineFissura tympano- 
periotica bestehen bleibt, die in die Trommelhöhle führt und der Fissura 
Glaser i (F. petro-tympanica) des Menschen, zum Durchtritt der Chorda 
tympani des Nervus facialis, entspricht und bei Cetaeea, Pinmpedia. 
Schwein. Schaf u. s. w. sehr weit wird und sich bei Sircnia zu einer großen 
Oeffnung erweitert (Fig. 39, 10). Endlich kann es geschehen, dali das 
Tympanicum durchaus selbständig bleibt, wie bei Echidna, Tapirus, Oryctero- 
pus, manchen Gürteltieren, Chrysothrix und in geringerem Matte bei 
Chiroptera und Insectivora. 



Fig. -13. Ventral fläche de» Schädels von ; 
Halmaturus ruficollis Lesa. A Alisphenoid; B 
Bosisphenoid ; BO Basioccipitalc; C Condylus; EO Exoccipitalo; l'g Fossa glenoidea; 
fm Poromen magnutn; J Jugale; M Supratnaxillare; Ms Mastoid ; Oü Ohröffnung, 
PI Palatinum; pp Processus paroccipitali-«; PS Praesphenoid; Pt Ptervgoid; S Squaino- 
"um; T Tympanicum; V Voraer. ' 

Gewöhnlich ist der Zustand aber so. daß Tympanicum und Petro- 
sum fest verbunden sind und die Trommelhöhle einschließen. Entweder 
weist sie nichts Besonderes auf wie bei Primates, oder die Trommelhöhlen- 
abteilung des Tympanicum schwillt blasig an zur Bildung der Bulla tym- 
pani (B. auditiva). Diese blasige Auftreibung kann auch mit Hilfe des 
Petrosum zustande kommen. Es kann sich aber auch ein noch wenig er- 
forschtes Os bullae (Metatympanicum Wiricza) bilden aus knorpeliger 
Grundlage 1 ) Fraglich ist, ob sie sich von der Anlage des Tympanicum 
oder anderwärts herleitet, jedenfalls aber zu einem von diesem unab- 



1) Wie noch jüngst durch Wiricza von der Katze nachgewiesen, der den diesbezüg- 
lichen Hyalinknorpel mit dem knorpeligen Annulus tympanicus der Anuren in Ver- 
bindung bringt. Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, daß der Ursprung des Tym- 
panicum ein doppelter ist, wobei dann mein äußeres Stück als Deckknochen dem 
Pnratjuadrntum (Gaupp) entsprechen könnte. 



Fig. IL». 



Fig. 43. 





Fig. 42. Hinteres Stück der Schädelbasis 
von Paradoxurus musanga juv. zur Demon- 
stration des Tympanicuru T und des Os bullae 
B, das linkerseits (in der Figur) weggenommen 
ist. In den jederseitigen Figuren ist die tym- 
panale Gegend von der Seite dargestellt. BO 
Basioccipitale; C Condylus; BS Basisphenoid ; 
.*> Squaniosum; Pj Processus jugalis; SO Supra- 
occipitale; Ms Mastoideum; pa Processus post- 
auditivus; pp Processus paroccipitalis; OÖ Uhr- 
Öffnung. ■ , 



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riß 



II. Skclit. 



hängigcn Knoehenstück führt (Fig. 42). Von Camivoren ist dieses längst 
bekannt, es tritt aber auch anderwärts auf. wie hier und da auch bereits 
in der älteren Literatur angedeutet aber späterhin vergessen wurde. Es 
kann seine Selbständigkeit wahren, ineist aber verschmilzt es mit dem 
Tvmpanicum, ausnahmsweise umfaßt und umschließt es, wie bei den Lemu- 
riden Madagaskars, das halbringförmige Tvmpanicum. 

Weitere Komplikation erfährt die Umwandung der Trommelhöhle 
dadurch, daß sich an ihr außerdem, wie bei der Mehrzahl der lipothyphlen 
Insectivora, das Basisphenoid und Alisphenoid beteiligt. Bei Marsupialia 
tut es der letztgenannte Knochen, der auch eine Bulla bildet. Auch das 
S(|uamosum kann in die Umwandung treten (Manis). bei Orycteropus das 
Alisphenoid und Squamosum. Das Maximum der Beteiligung erreicht wohl 
Myrmecophaga. wo außer Petrosum und Tvmpanicum, das Basioccipitale, 
Ptervgoid und Alisphenoid sieh beteiligt, die beiden letzteren mit Luftzellen, 
die ebenso wie solche im Palatinum mit der Trommelhöhle kommunizieren. 




Fig. 44. Orycteropus capcnsis, Ventralfläche der rechten Schädclhälfte. A 
Alisphenoid; Ii Basisphenoid; Basioccipitale; C Condylus; <a Canalis alisphcnoideus; 
EO Kxoccipitale ; fc Foraninn condyloideuni anteriu*; fi Foramen infraorbitalc; fm 
Foramen magnum: fs Foramen spheuoideum; fsm Foramen stylo-mastoideum; / Inter- 
maxillare; / Jugale; /. I^acryniale; .1/ Maxillare; Jfs Masloid; üö Ohröffnung: <>/> 
Foramen opticuin; P Petrosum; PI Palatinum; ps Processus postorhiUdis; PS Prue- 
sphenoid; S Bqnamommj T Tympanicum; V Vomer. 

Diese Beispiele genügen darzulegen, daß die Trommelhöhle bezüglich 
ihrer Umwandung große Ungleichheit zeigt und die Bulla tympani nicht 
überall homolog ist. Solange eingehendere Untersuchungen fehlen, läßt sich 
im allgemeinen nur sagen, daß der primitive Zustand des ()s tvmpanicum der 
ringförmige ist. An «1er Umwandung der Trommelhöhle und ebenso an 
der des äußeren (iehörganges; falls beide nicht häutig bleiben. dicTrommel- 
höhlc somit nur mehr eine (irubc ist, nehmen dann die benachbarten Knochen 
teil. Der höhere Zustand ist der. wobei das Os tympanicum nach außen 
vom Trommelfell röhrenförmig auswächst zum äußeren (iehörgang und 
ferner allein oder zusammen mit benachbarten Knochen eine Bulla tym- 
pani bildet. Unentschieden lassen wir für den Augenblick 1 ) wie das Os 
bullae (Metatympanicum) aufzufassen ist, das offenbar so häutig an der 
Umgrenzung der Trommelhöhle sich beteiligt. 

Geringer ist im allgemeinen der Kintluß der Alicen auf die Um- 
formung des Schädels bei Säugern gegenüber niederen Yertebrata, da die 
Veränderungen dieses Sinnesorganes unbedeutendere sind. Nur bei einzelnen, 
in der Ebene lebenden, springenden Formen, wie Dipus, Scirtetcs u. a., 



1) (Jeber diesen Punkt wird demnächst eine Untersuchung, die P. N. van Kämpen 
unter meiner Leitung ausführt, weiteres Licht verbreiten. 



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2. SehidcL 



57 



ferner hei Phocidae und unter Ruminantia bei den Tragulidae und kleinen 
Antilopen, wie Madoqua, endlich bei Nachttieren, wie Tarsius, ist die Be- 
einflussung des Schädels durch die großen Augen deutlich. Diese liegen 
im allgemeinen so, daß sie das Vorderende des Gehirns und das Hintcr- 
ende des Geruchsorgans zwischen sich fassend, in den Orbitae Platz 
linden. Letztere sind entweder, wie beim Menschen und den Primaten 
nach vorn gerichtet oder seitlich gelagert, wie bei den übrigen Säugern. 
Im ersteren Falle hat bei Größenzunahme der Augen Annäherung der- 
selben in der Mittellinie statt, die zu Kompression der Zwischenwand 
der Orbitae führt, die ausnahmsweise auch bei seitlicher Lage der Augen 
eintreten kann (Phocidae und die oben genannten Kuminantia). Es handelt 
sich hierbei um Kompression des dorsalen Teiles der Höhle des peripheren 
Geruchsorgans und seines Inhaltes. Vergleichen wir damit den orbitalen 
Teil des Schädels der Sauropsiden, so charakterisiert sich dieser dem- 
gegenüber und auch gegenüber den Amphibien durch ein Septum orbitale, 
(I. h. die Schädelhöhle ist hier auf einen engen Kanal für den Bulbus 




Fig. 45. Hippoputamus amphibiu* neonatus. A Alinphenoid; // Basisphenoid, 
BO Basioccipitale; C Condylus; cd Milchcaninus ; EO Exoccipitale; fc Foranien condy- 
loideuiu ; Fg Fossa glcnoidca ; fl , flp Foramen lacerum anterius und posterius* ; fsm 
Foramen stylo-maatoideum ; /</,, *'</ 3 Milchincisivi;/ Jugale; if Maxillare; SM Mnstuid; 
Oö Ohröffnung; P Petroeum; Pd lt if 4 Milchmolaren ; PI Falatinum; PS Praesphe- 
noid; Pt Pterygoid; S Squamosum; 7' Tympanicum. 

olfactorius reduziert. Unterhalb desselben scheidet ein teils knorpeliges, 
teils knöchernes Septum die beiden Orbitae, so daß der Schädel hier eine 
gekielte Basis hat: tropidobasisch [Gaupp] ist im Gegensatz zum 
plattbasischen, homalobasischen [Gaupp]. 

Da vieles bei Säugern dafür spricht, daß die gewaltige Entfaltung 
des Geruchsapparates, um Raum zu gewinnen, auch in der Richtung nach 
der Schädelhöhle zu statt hatte, — die Pneumatisierung des Basisphenoid und 
der Frontalia und das Eindringen der Ethmoturbinalia in diese Räume 
deutet es an — so ist es nicht unwahrscheinlich, daß die ursprüngliche 



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8 



U. Skelet. 



(irenze zwischen Gehirnraum und Geruchskapsel nach hinten überschritten 
wurde. Mit Gaupp können wir daher im Praesphenoid, in der Crista sphe 
noidabs, im Rostrum sphcnoidale, in der Annäherung der Foramina optica 
und in der mehr dorsalen Lage der vorderen Schädelgrube gegenüber der 
mittleren, letzte Andeutungen dafür sehen, daß der Säugerschädel den tropido- 
basischen zuzuzählen ist. 

Im Septum orbitale der Sauropsiden liegt auch das Orbito- und 
Alisphenoid; beide beteiligen sich auch an der Bildung des Hintergrundes 
der Augenhöhle der Säuger; vorwiegend das erstere. Das Alisphenoid 
tritt dagegen, außer bei Primaten sehr zurück, liegt auch bereits auf der 
Grenze von Augenhöhle und Temporal- (Schläfen-)Grube. Unbeständiger 
noch ist die Beteiligung des Ethmoid, das hier das Os planum iLamina 
papyracea cthmoidei) darstellt. Auch das Palatinum hat nur geringen 
Anteil, wird aber nur selten ganz ausgeschlossen. Dach und mediale 
Wand der Orbita liefert das Frontale, Boden und Vorderwand das 
Maxillare. Dem Gaumenteil dieses Deckknochens werden wir später 
noch begegnen. Hier sei nur hervorgehoben, daß er der umfangreichste 
Knochen des Gesichtsschädels ist; dessen knöcherne Wand wird 
in erster Linie durch das Maxillare und den mit ihm verbundenen 
Intcrmaxillare und Nasale gebildet. Außerdem verbindet sich der Gesichts- 




Fig. 46. Hippopotamus amphibins neonatus von der Reite. // Alinphonoid ; 
C Condylus; cd Milchcaninus; EO Exoccipitale; F Frontale; // Foramen infraorbitalo: 
/Intermaxillare;/.Iugale; L Lacryraale; Af Supramaxillare; Ms Mastoidcum; N Nasale; 
O Orbisphcnoid ; Or5 Ohröffnung; /' Parietale ; PI Palatinum ; It Pterygoid ; S Squa- 
nioeum; SO äupraoccipitale; T Tympanicum. 1 .. 

teil des Maxillare mit dem Frontale, welche Verbindung durch Berührung 
von Nasale und Lacrymale (bei einzelnen Marsupialia. Hippopotamus. 
Procavia, Ec|uus, Ovis und Bosi nur selten fehlt. Er zeigt an seiner 
Aulientläche das Foramen infraorbitale, für den Durchtritt des gleich- 
namigen Nerven des Trigeminus. Dieses Loch, das die äußere Oeffnung 
des Canalis infraorbitalis darstellt, durch den auch Blutgefäße hin- 
durchziehen, erfährt bei vielen Kodentia, eine enorme Ausweitung zum 
Durchtritt einer Portion des Masseter. Der orbitale Teil des Maxillare. 
der es nur bei Primaten, einigen Ungulaten und Sircnia zur Bildung eines 
Augenhöhlenbodens bringt, wird häutig ausgeschlossen von dem eigent- 
lichen Orbitalrand durch Vergrößerung des Lacrymale oder des Jugale oder 
beider, die zusammen wie bei Suiden, Kuminantia. Orycteropus, manchen 



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2. Schädel. 



f>9 



Rodentia u. a. mehr oder weniger die Vonlerwand der Orbita bilden. 
Vollständiger Ausschluß des Maxillarc von der Orbita hat nur bei Manis statt. 

Das Lacrymale ist ein Hautknochen, der in dem medialen Orbital- 
rand liegt, und bei voller Ausbildung mit einer Fläche, der orbitalen, nach 
der Orbita, mit einer anderen, der facialen, nach außen, gekehrt ist. Regel 
ist, daß das Tränenbein durchbohrt wird durch das Foramen lacrymale: 
der Eingang zum Tränennasengang. Ductus naso-lacrymalis, auf seinem 
Wege vom Konjunktivalsack zur Nasenhöhle, der nur ausnahmsweise fehlt 
(Dicotyles, Cetacea, Elephas, Sirenia), was sich kenntlich macht durch 
Fehlen des Foramen lacrymale. Hierdurch tritt das Lacrymale in Beziehung 
zum Tränenapparat. Bekannt ist seine taxonomische Bedeutung, nament- 
lich fflr Rassenstudien der Rinder und Schweine, aber auch für andere 
Gruppen, wie Prosimiac, Affen [Nathusius, Rtttimeycr, Forsyth Major]. 
Wiederholt tritt Reduktion des Lacrymale auf, wodurch es meist als kleiner 
Knochen auf die Orbita beschränkt bleibt. In Fällen, wo es fehlt, wie bei 
Monotremata, Manis, Pinnipedia bleibt die Frage offen, ob es nicht zur 
Entwicklung kam oder frühzeitig mit einem Nachbarknochen, wohl in 
erster Linie mit dem Frontale, dann mit dem Maxillare — wie bei Manis 
meist — verschmolz. 

Stets grenzt es an das Maxillare und Frontale, außerdem in ein- 
zelnen Fällen (Primates) an die Orbitalplatte des Ethmoid, zuweilen an 
das Nasale, häutiger an das Jugale. Letzter Knochen, auch Zygomaticum 
und Os malare genannt, ist ein Belegknochen, der sich einerseits mit dem 
Maxillare, häufig vermittelst eines von letzterem ausgehenden Processus 
zygomaticus. andererseits mit dem Processus zygomaticus des Squa- 
mosus verbindet. Ausnahmsweise tritt er auch in Verbindung mit dem 
Alisphenoid (Primates), allgemeiner mit dem Frontale (Affen, Halbaffen. 
Ruminantia. Hippopotamus. Sirenia, einzelnen Insectivora und Carnivora). 
Er bildet hierdurch eine knöcherne laterale Umwandung der Orbita. Solcher 
knöcherne Orbitalring kann auch dadurch zustande kommen, daß ein 
Processus postorbitalis (frontalis) des Jugale mit dem Frontale, 
speziell mit einem Processus postorbitalis desselben, sich vereinigt. Hat 
solche Vereinigung nicht statt, so kann der Defekt zwischen ihnen durch 
ein Ligament ausgeglichen werden. Ein Schritt weiter führt uns zum 
primitiven Zustand, in welchem die Orbita auch oberflächlich nach hinten 
ganz offen ist. und der Schädel an seiner Seitenwand eine große Orbito- 
temporalgrube aufweist, welche die Orbital- und Temporalgegend umfaßt. 
Im Leben sind aber beide stets geschieden, durch die häufig starke 
Membrana (Fascia) orbitalis, welche den Inhalt der Orbita abscheidet 
von der Kaumuskulatur in der Temporalgrube und mehr lebende Elasti- 
zität erhält durch glatte, als Muse, orbitalis oder periostalis bekannte 
Muskelfasern. Nur bei Primates tritt an deren Stelle eine knöcherne 
Scheidewand. Hier bildet nicht nur das Frontale und Jugale mit ihren 
entsprechenden Fortsätzen einen koinpleten Orbitalring — den lernten 
wir ja auch bei anderen Säugern kennen — sondern beide dehnen sich 
auch nach innen aus und begegnen hier dem Alisphenoid. Solcher- 
gestalt kommt eine knöcherne hintere Orbital wand zustande, die nur 
durch einen Spalt: Fissura orbitalis inferior mit der Temporalgrube 
kommuniziert. Bereits bei Prosimiae ist dieser Spalt, der wegen seiner 
Umgrenzung durch das Maxillare und Alisphenoid, auch Fissura spheno- 
maxillaris heißt, so weit, daß Augenhöhle und Schläfengrube in weiter 



GO 



II. Skclct. 



Verbindung sind und die Membrana orbitalis bereits zum Verschluß heran- 
gezogen wird. Damit gelangen wir allmählich zum oben beschriebenen, 
mehr allgemeinen Zustand der beiden verbundenen Gruben, welcher der 
ursprünglichere ist, uml zusammenfüllt mit der seitlichen Lage der Augen 
im Gegensatz zu der nach vorne gerichteten der Primaten und Prosimiac. 

Das Jugale fehlt nur bei Echidna, den Bradypodidae, Sorcx und 
einzelnen anderen Insectivora. Bei Ornithorhvnchus erscheint es als 
Apophysis frontalis des Jochbogens |van Bemmeien). Auch bei Manis ist 
es wohl durch eine Apophyse und zwar des Maxillare vertreten, mit dem 
es frühzeitig verschmilzt. Rudimentär ist es bei Myrmecopliaga. 

Abgesehen von seiner Beziehung zur Orbita spielt es eine wichtige 
Holle bei der Bildung des J ochbogens, Arcus zygomaticus. Hierunter 
versteht man den knöchernen Bogen, der das Squamosum mit dem Maxiiiare 
verbindet und sich über «ler Temporalgrube wölbt. Er wirkt somit als 
Knochenspange, die den Druck, der auf den Oberkiefer ausgeübt wird, 
beim Beißen und Kauen auch auf die Schläfengegend und damit auf den 
starken Hinterteil des Schädels überträgt und gleichzeitig den Kaumuskeln 
zum Ursprung dient. Solche Bogenbildung findet sich bei allen über den 
Fischen stehenden Wirbeltieren, mit Ausnahme der Urodelen, die Gaupp 
daher gymnokrotaph nennt. Als stegokrotaph bezeichnet er die 
Stegoeephalen wegen der Bedeckung der Schläfengegend mit Knochen- 
platten. Bei allen übrigen kommt es aber zur Bildung von .lochbögen, 
die er daher zygokrotaph nennt. Diese Jochbögen können obere und 
untere sein. Mit Saurieren und Schildkröten haben «auch die Säuger einen 
oberen Jochbogen gemein, der bei ihnen charakterisiert ist durch die Be- 
teiligung des Squamosum. Nur selten fehlt dieser Bogen bei Säugern 
(Centetes, Sorex) ganz, unvollständig ist er bei Myrmecophagidae und 
Manis, indem das kleine Jugale das Squamosum nicht erreicht, sondern 
nur dem Maxillare aufsitzt oder bei Manis wahrscheinlich mit diesem ver- 
schmilzt, was wohl auch bei Crocidura sacralis Peters der Fall ist. Auch 
bei Bradypus. Choloepus und der Mehrzahl der fossilen Gravigrada er- 
reicht es das Squamosum nicht, obwohl es ein erhebliches Ausmali hat 
durch einen bedeutenden absteigenden Fortsatz. Dali übrigens auch bei 
fehlendem Jugale ein Jochbogen vorhanden sein kann, zeigt Echidna und 
Ornithorhynchus, wo ausschließlich die Processus zygomatici des Maxillare 
und Squamosum ihn aufbauen. Daß letzterer bei Monotremen mit dop- 
pelter Wurzel entspringt, durch welche der Temporalkanal zieht, wurde 
bereits hervorgehoben. Derselbe findet bei den übrigen Säugern wohl 
einen Repräsentanten im obengenannten Foramen postglenoidcum i Foramen 
jugulare spurium) für die Vena jugularis externa 1 ). Daß das Jugale sich 
auch an der Bildung der Gelenkgrube für den Unterkiefer beteiligen kann, 
wurde auf p. 52 hervorgehoben. 

Wenden wir uns von dem orbitalen (sphenoidalen) Teil des Schädels 
dem ethmoidalen zu, der das Geruchsorgan enthält, so finden wir, mehr 
noch als wie für die Augenhöhle. Gesichtsknochen für die Umwandung der 
Nasenhöhle verwandt. Die Komplikation dieser Höhle, eine Folge der 
hohen und für die Säuger charakteristischen Ausbildung dieses Sinnes- 

I) H. Winge huldigt einer anderen Auffassung, da er die dorsale Wurzel als 
Verknocherung der Fiuhmu teinporalis über dem hintersten Horn der Kaugrul>e be- 
trachtet. Allerdiii}:* wird nach Ilochntetter und van Hemmelen der Kaum durch die 
hintciNten Biindel de» Muse, temporalis eingenommen. 



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2. Schfide). 



<;i 



organes. wird am leichtesten erfaßt, wenn wir vom Ethmoirlenm ausgehen. 
Dieser Skeletteil entsteht aus dem vorderen Teil des Priinordialcranium, 
das sich als knorpelige Nasenkapsel nach vorn fortsetzt. Deren Seiten wände 
umschließen die Nasenhöhle, die durch eine mediane Scheidewand: Septum 
narium cartilagineum, Mesethmoid, in eine linke und rechte Höhle 
zerlegt wird. In dieser Knorpclkapsel ossifiziert als vorderes Schlußstüek 
der Schädelhöhle und als Fortsetzung des Präsphenoid, die Siebbeinplatte, 
Lamina cribrosa. Ihre Lage ist bald eine horizontale, wie bei Echidna, 
Elephas. Suidae, manche Xenarthra. Primates, bald und zwar meist eine 
geneigte, die schließlich eine vertikale werden kann. Mit Huxley kann 
man demnach einen Siebbein winkel konstruieren (Fig. HO), der sich zwischen 
einem Hachen und rech.en bewegt. Die verschiedene systematische Stellung 
der genannten Tiere mit horizontaler Siebplatte, beweist aber, daß diese 
I-agerung nicht Ausfluß einer einzelnen gemeinschaftlichen Ursache sein 
kann. Doch kann man im allgemeinen sagen, daß bei stärkerer Ent- 
wicklung des Gehirns dasselbe das Geruchsorgan überdeckt, und damit 
die Siebplatte aus ihrer ursprünglich mehr vertikalen Lage in eine mehr 
horizontale drängt. Bei Echidna war bei dieser Lageveränderung wohl 
die starke Ausbildung der Lobi olfactorii von Einfluß, obwohl bei anderen 
Säugern die gleiche Ausbildung nicht diese Folge hat. (Vergl. übrigens 
Geruchsorgan.* 

Die Siebplatte verdankt ihren Namen den zahlreichen, sie durch- 
bohrenden Löchern: die durchtretenden (ieruchsnerven gehen zum peri- 
pheren Geruchsorgan. Nur bei Ornithorhynchus tritt der Nervus olfac- 
torius, wie bei Sauropsiden durch ein einziges Loch {Foramen olfactorium i 
in der, nach van Bemmelen winzigen, aber vertikalen Siebplatte. 

Das hintere Stück des Mesethmoid (des knorpeligen Septum). dort 
wo es in der Medianlinie an die rostrale Fläche der Siebplatte grenzt, 
verknöchert zur Lamina perpendicularis. Yentralwärts von derselben 
entsteht das Vom er als Bclegknochen des Septum. womit das Septum 
osseum der erwachsenen Nasenhöhle geformt ist, das vorn in das un ver- 
knöchert bleibende Septum cartilagineum übergeht. 




Fig. 47. Längsschnitt durch den Schädel von Mani* javanica. c Von- 
dylus;/ Frontale; fc Fossa cerebralis; feb Fossa cerbellaris; fo Fossa 
olfactoria; lc Lamina cribrosa; mt Maxilloturbinalc; n Nasale; nt Na*o- 
turbinale; ntn nasales Stück desselben; /> Parietale; sf Eingang in den 
Sinus frontalis; tm Eingang in den Sinus maxillaris; so Supraoccipitale : 
2—7 Ethmoturbinalia. 

Die Irmina perpendicularis teilt sich dorsal in eine rechte und linke 
Platte (Ala laminae perpendicularis!, die ventralwärts umbiegt und als 
Seitenplatte des Ethmoid (Lamina lateralis Dursy, Lamina maxillaris 
Seydcl) die Außenwand desselben bildet. Jede Platte biegt darauf aber« 



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62 



II. Skelet. 



mals um, strebt dem Ventralrande der Lamina perpendicularis zu. ver- 
einigt sich hinten mit ihr und bildet damit als Lamina transversalis 
(Harrison Allen] oder Lamina terminalis lZuckerkandl| den unteren Ab- 
schluß der Regio olfactoria der Nasenhöhle, gegenüber der Regio 
respiratoria derselben. 

In ersterer liegt das Siebbcinlabyrinth. Dies kommt dadurch zu- 
stande, daß Knochenplatten: sogenannte Muscheln (Conchae), die man besser 
Ethmoturbinalia nennt, mit ihrem Hinterrande an die Siebbein platte, 
mit ihrem Außenrande an die Lamina lateralis geheftet sind, mit ihrem 
freien Rande aber der Scheidewand der Nasenhöhle und dem vorderen, 
respiratorischen Räume der letzteren sich zuwenden. Diese Ethmoturbinalia 
sind in der Regel an ihrem freien Rande eingerollt der damit den Riech wul st 
bildet, gegenüber ihrer Basallamelle, mit der sie festgeheftet sind (Fig. 47). 

Unter ihnen nimmt zunächst das erste eine Sonderstellung ein, da 
es nur in seinem hinteren Abschnitt vom Ethmoid, vorn aber vom Nasale 
ausgeht und daher als Nasoturbinale unterschieden wird. Es erstreckt 
sich zuweilen bis zur knöchernen äußeren Nasenöffnung. Von den übrigen 
Ethmoturbinalia dehnt sich ein Teil medialwärts bis an das Septum aus. 
Ein paraseptaler Schnitt durch die Nasenhöhle legt demnach ihre Riech- 
wülste (die medialen Zuckerkandis) bloß. Sie werden Endoturbinalia 
(Hauptmuscheln Seydel) genannt, gegenüber den Ektoturbinalia (Ncben- 
muscheln Seydel). die zwischen den Rasallamellen der Endoturbinalia ent- 
springen und Platz suchen (Fig. 112). Ihre Riech wülste (die lateralen Zucker- 
kandis) liegen daher mehr lateral. Sie fehlen bei Ornithorchynchus, verschwin- 
den auch zuerst bei Reduktion des Geruchsorganes (Primates, Prosimii) und 
sind phylogenetisch wohl spätere Bildungen als die Endoturbinalia | Seydel]. 
Ausnahmsweise kann auch die Schleimhaut des Septum Anlaß geben zur 
Bildung von scptalen Ethmoturbinalia (Echidna, Dasypus, Choloepus). 
Weitere Komplikationen sollen beim Geruchsorgan zur Sprache kommen. 
Hier genüge darauf hinzuweisen, daß die Ethmoturbinalia als Schleimhaut- 
wülste entstanden, in denen Knorpellamellen sich bildeten, die darauf erst 
mit Hinter- und Außenwand der Nasenkapsel sich verbanden. Die Ver- 
knöcherung des Labyrinths und seiner Wände ist eine zarte, und wo 
letztere mit anderen, die Nasenkapsel überlagernden Knochen in Berührung 
kommen, eine ganz unvollständige. Hier treten eben diese Knochen als 
Deckmaterial auf. So wird die Nasenhöhle oben durch die Frontalia und 
Nasalia tiberdeckt. 

Die Nasalia, die Hautknochen sind, schließen, mit Ausnahme von 
Echidna, auch von oben her die äußere Nasenöffnung ab. Liegt diese, was 
Regel ist, am Vorderende des Schädels und ist dessen Gesichtsteil lang, 
so folgt daraus auch langgestreckte Form der Nasenbeine. Sind aber die 
Nasenlöcher stirnwärts gerückt, wie bei Cetaceen. Sirenia, Elephas, Macrau- 
chenia, so erscheinen die Nasalia als kleine Knochenstücke, die mit den Fron- 
talia fest verbunden sind. Verkürzung derselben hat auch bei Pinnipcdia 
und beim Tapir statt. 

Auch das bereits besprochene Lacrymale ist ein Bclegknochen der 
Nasenkapsel. 

An der Umgrenzung der Nasenhöhle im weiteren Sinne beteiligt 
sich ferner das Maxillare. das am Aufbau der Seitenwand derselben mit- 
hilft. Es gibt hier den Boden ab. auf dem sich in einer Schleimhautfalte 
das Maxilloturbinale entwickelt. Diese sogenannte untere Muschel 



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2. Schädel. 



G8 



(Concha inferior, Os turbinatunn soll wegen ihrer taxonomi sehen Be- 
deutung beim Geruchsorgan nochmals erwähnt werden, obwohl sie aus- 
schließlich Beziehungen zur Respiration hat und keine zur Endausbreitung 
des Geruchsnerven. 

Weiter hat das Maxillare mit feinem Gaumenteil: Processus pala- 
tinus. der vom zähnetragenden Alveolarrand des Maxillare horizontal nach 
innen vorspringt, Anteil an der Bildung des knöchernen Gaumens, Pala- 
t u in durum, der als Dach der Mundhohle gleichzeitig Boden der Nasen- 
höhle ist. Gleiche Funktion haben das Gaumenbein: Palatinum, der 
Zwischenkiefer: Intermaxillare oder Prämaxillare, teilweise auch das Ptervgoid. 
Zu dem Zweck haben die beiden ersten einen horizontalen Gaumenteil, 
daneben aber einen vertikalen, der die Nasenhöhle begrenzt. 

Das Intermaxillare ist ein Hautknochen, der beim Menschen und 
den Antropomorphen frühzeitig mit dem Maxillare verwächst, bei Chiroptcra 
oft nur teilweise oder gar nicht verknöchert. In letzterem Falle ist der 
Kieferrand vorn offen. Mit seinem vertikalen Stück schiebt er sich im 
allgemeinen zwischen Maxillare und Nasale zuweilen bis zum Frontale, 
und begrenzt mit dem Nasale die äußere Nasenöffnung. Nur bei Echidna 




Fig. 48. Lepus cu- 
nindus. Linke Nasen- 
höhle von der Seite ge- 
öffnet, aj vordere Oeff- 
nung des Jacobson sehen 
Organs; a knoi()eligc 
Wand den Canalis naso- 
palatinus |Sten*onschen 
Ganges); E Ethmoid; 
F Frontale; je Jacob- 
sonscher Knorpel ; AI 
Maxillare; X Nasale; ns, 
ns' äußeres u. innere* 
Blatt des Alinasalknor- 

pels; PI Palatinum: pp Processus palatinus des Intermaxillare; PS Praesphcnoid; Sp 
Septum uariiun; vo Vomer; vo' Flügel des Vomer, den knöchernen Bo<len des oberen 
Nasengauges bildend; vo" Gaumenteil des Vomer. x 2. Nach G. B. Howes. 

wird diese ausschließlich von den Intermaxillaria umgeben, die sich also 
dorsal berühren. Andere Verhältnisse liegen heim fossilen Grypotherium 
vor, wo der Vorderrand der großen Intermaxillaria sich vertikal erhebt zu 
einem schmalen Bogen, der mit den Nasalia sich verbindet und damit in 
fianz einzig dastehender Weise jedes Nasenloch knöchern umrandet [Reinhardt] 
(s. die betreffende Fig. bei Xenarthra). Diese Knochen weichen bei Mono- 
tremen auch dadurch ab. daß sie einen Processus acecssorius [v. Bemmelen] 
haben, der ihrem ventralen Teil angehört, ursprünglich als selbständiger 
Knochen auftrat und beim Ornithorhvnchus zeitlebens eine gewisse Selb- 
ständigkeit bewahrt. Er darf nicht mit dem Gaumenteil, Processus 
palatinus, des Intermaxillare verwechselt werden. Im gewöhnlichen Ver- 
halten bildet dieser den vorderen Abschluß des Gaumens. Was als solcher 
beschrieben wird, sind aber, zunächst nach Howes, nicht lauter homologe 
Gebilde, die in einer Anzahl von Fällen überhaupt nicht dem Inter- 
maxillare. sondern dem Vomer angehören. Bei der Verlängerung der 
Nasenhöhle das Säuger muß das Vomer dieser folgen, es will aber gleich- 
zeitig seine ursprünglichen Beziehungen zum Intermaxillare wahren. Dies 
gibt Anlaß zur Abspaltung durch Absorption von vorderen Teilen und zur 



64 



II. Skelett. 



Vermehrung der Vomerknochen (s. Fig. 48), von denen Parker verschiedene 
beschrieben hat. Was er vordere paarige Vomer nennt, tritt namentlich 
bei langnasigen Tieren auf und zwar bei primitiven, wie Centetes, Erinaceus, 
Rhynchocyon, Talpa, Sorex. Cyelothurus, Tatusia. Manis, Oryeteropus [Howes] 




Fig. 49. Kopf von Kaninchenembryonen; I und II von 11 Tagen 2 Stunden von 
der Seite und von vorn, III und IV etwas älter, von vorn, x 15. Nach Rahl. a 
Augenblase; / Mündung des Jacobsonschcn Organs; In, mn lateraler, medialer Nasen- 
fortsatz; jV Nasengrubc; ok Oberkieferfortsatz; om Ohrinuschelanlape aus Hyoidbogen 
II; Jtb Retrobranchial leiste; S Schnittfläche des Herzens; .SV Sinus cervicalis; uk 
l'nterkicferfortsatz; / Mandibularlxigen; // Hyoidbogen; ///, //', / u. 2 Branchialbogen. 

Die Ausbildung des Gaumentcils des Intermaxillare ist eine ver- 
schiedenartige, wie die des Intermaxillare Oberhaupt. So erscheint er bei 
Cctaceen nur an der äußersten Spitze des Gaumens; die Chiroptera wurden 
schon genannt. Nach der gebrauchlichen Auffassung trägt er die oberen 



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2. Schädel, primitiver Gaumen. 



65 



Schneidezähne. Deren Ab- und Anwesenheit. Zahl und Größe beeinflußten 
diese Verschiedenheit. Bezüglich des Gaumenteils spielen aber auch andere 
Faktoren eine Rolle, die noch lange nicht aufgeklärt sind, wie folgende 
Andeutungen zeigen werden. 

Zum Verständnis des primitiven Gaumens und damit auch des 
primitiven Bodens der Nasenhöhle haben wir uns zu erinnern, daß mit 
dem embryonalen Schädel 
sich das Visceralskelet 
verbindet: ein Erbstück 
der durch Kiemen atmen- 
den Vorfahren. Zwar 
kommt es bei Säugern 
nicht mehr zur Anlage 
von Kiemen . selbst die 

hinteren Kiemenspalten 
fehlen, wohl aber werden 
noch fünf paarige Kiemen- 
bogen. von denen vier auch 

äußerlich sichtbar sind, 
angelegt. Was aus ihnen 
wird, soll uns unten be- 
schäftigen. Hier berührt 
uns nur. daß, wie auch 
sonst bei Wirbeltieren, 
der erste Visceralbogen 
sich spaltet in ein rostrales 
und kaudalcs Stück, welche 
die Mundöffhung umfassen. 
Aus dem rostralen oder 

cranialen Stück . dem 
( Iberkieferfortsatz, 
entwickelt sich das Ptery- 
fjoid. Palatinum und Maxil- 
lare. In welcher Weise 
sich im kaudalen Stück. 

dem L'nterkieferfort- 
satz. der als Meckelscher 
Knorpel bekannte Knorpel- 
stab entwickelt und in Ver- 
bindung mit ihm der 
Unterkiefer, werden wir 
später sehen. 

Inzwischen sendet das 
Vorderende des embryo- 
nalen Schädels einen un- 
paaren. median gelegenen 
Fortsatz, den Zwischen- 
kieferfortsatz oder 
Stirn nasenfortsatz 
nach abwärts, der damit 




Lernt 
lerm. 



Fig. 50. Knorpelige Xaxenknp*«'! eine* Beutel- 
jungen von Halmaturua von 1,5 ein Länge: nach einem 
Modell; Ventralfläche. A< vorderer geschlossener Teil 
der Knp*el (Annulm» cartilagincu* Spurgut r. die L'nr- 
tilago parara«eptalix nmiH-hlielJt vorn röhrenlörmig da* 
,Taeol).*on.«ehe Organ, ist durch einen s»palt von Sep- 
tum nariutn i.SV/m getrennt und hängt hinten mit 
der Sehluliplatte. Lamina terminale zusammen ; A />. 
n. ext, Sutten Nasenöffnang; D. «. /. Eintritt de« 
Tränenkanal.« in die Na*enkap»el ; CA Choane. Nach 
Sevdel. 



den oberen Mundrand bildet. Hier entstehen 
jederseits durch Verdickung des Epithels und Einstülpung die Xasengruben. 

Weber. SSuirftiorv. ■"> 



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66 



II. Skelet. 



wodurch der Zwischenkieferfortsatz distal in den medianen und die beider- 
seitigen lateralen Nasenfortsätze zerlegt wird, die den Eingang in das 
primitive Geruchsorgan umgeben (Fig. 49 »;«, ///). Bald aber tritt die 
Beteiligung des Oberkieferfortsatzes in den Vordergrund. Er verdrängt 
den lateralen (äußeren) Nasenfortsatz und verbindet sich mit der Anlage des 
Zwischenkiefers im Zwischen kieferfortsatz, welcher den medianen (inneren) 
Nasenfortsatz in sich aufnimmt. Damit kommt ein geschlossener Mund- 
rand, der primäre Gaumen, zu stände. Oberhalb desselben liegt jetzt der 



Fig. 51. Schematisierter 
Sagittalsehnitt durch die Nasen- 
höhle eines Saugetier*, p—a 
Apertur» nasalis interna; Sehl 
Schlußplatte; Ci Canalis na»o- 
palatinus ; Gf sekundärer Gau- 
men; L'Xsg unterer Nasengang; 
Max turb Maxillo-turbinale; d 
dessen vordere Verlängerung; 
Dnph Ductus naso-pharyngeus. 
Nach Seydel. 




ursprüngliche Geruchssack als Blindsack, welcher der Mundrachenhöhle 
gegenüber geschlossen ist durch die zarte Membrana bucco-nasalis [Hoch- 
stetter]. Diese bricht durch und damit der Verschluß, so daß jetzt das 
Geruchsorgan oder der Nasenraum, der durch das äußere Nasenloch, die 
Apertura nasalis externa, nach außen sich öffnet, durch die Apcrtura interna 
oder die primitive Choane in den Mundraum mündet. Mit dem Wachs- 




Fig. ö2. Längsschnitt durch den Schädel von Hydrochoerus capybara. E Eth- 
nioid ; Et Ethmoidmusehcln; fc Foramen condvloideum; fla Foramen laccrum antenus 
und /// posterius; Mt Maxillo-turbinale; Xt Naso-turbinale; CVCanalis incisivu». Uebnge 
Buchstaben wie in Fig. M, p. 44. 1 ',. 

tum des Schädels erfolgt die Längenzunahmc des Nasenraumes, wodurch 
jederseits die Apertura nasalis interna zu einem Spalt sich auszieht. Der- 
selbe liegt am Boden der inzwischen formierten knorpeligen Nasenkapsel 
und entspricht dem Choanenausschnitt der Reptilien [Seydel]. In den 
Boden dieser Kapsel sendet das sich bildende Maxillare und Palatinum 
nach einwärts horizontale Gaunienfortsätze, die, in medialer Richtung weiter 
wachsend, sich schließlich in einer medianen Naht vereinigen und dem 



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Schädel. Bildung der Na*ciihühlen. 



hinteren Teil der Apertura nasalis interna unterlagern. Damit ist der 
sekundäre Uaumen zu stände gekommen, der eine Verschlußplatte der 
Apertura gegenüber der Mundhöhle bildet, deren Dach eben dieser Gaumen 
bildet. Dieser Verschluß geschieht aber so, daß die Apertura interna 
zunächst geräumig mit der hinteren Mundhöhle, der Rachenhöhle, in Ver- 
bindung bleibt durch einen längeren oder kürzeren Ductus naso-pha- 
ryngeus, der durch die Choanen sich öffnet Ventralwärts und seitlich 
wird er beim erwachsenen Tier begrenzt durch das Maxillare und Pala- 
tinum. teilweise auch durch das Pterygoideum. Die dorsale Begrenzung 
liefert der ventrale Teil der Nasenkapsel, namentlich die obengenannte Lamina 
terminalis, sowie die hinter ihr liegende Basis cranii (Praesphenoid etc.). 
Außerdem bleibt aber der vorderste Teil der beiden Aperturae nasales in- 
ternae erhalten und auch beim erwachsenen Tier wegsam. Er liegt dann 
zwischen dem Hinterrand des Intermaxillare und dem Vorderrand des Maxillare 
und zwar zwischen deren (Jaumenfortsätzen. Es sind am knöchernen Kopf 
die Foramina incisiva (F. palatina anteriore), an dem mit Weichteilen be- 
kleideten die Canales naso-palatini (C. incisivi) oder Stensonschen 
(r finge, die den vordersten Teil der Nasen- und der Mundhöhle verbinden. 
Verschluß dieser (länge hat statt bei Cetacea, Chiroptera, Pinnipedia und 
Homo: Wegfall der Foramina incisiva aber nur bei Cetacea. 

Alles spricht dafür, daß die Canales naso-palatini entstanden in Ver- 
bindung mit, wahrfscheinlich selbst bedingt durch das Jacobsonsche Organ 
|Seydel|. Dies ist ein accessorisches Oeruchsorgan, das eine teilweise mit 
Riechepithel bekleidete epitheliale Röhre 
bildet, die jederseits von der Scheide- 
wand der Nasenhöhle an deren Roden 
liegt. Ursprünglich mündete es am 
Vorderrande der Apertura interna in 
die Mundhöhle aus; dort, wo später 
bei Verschluß der Apertura der Cana- 
lis naso- palatinus ausgespart bleibt. 
Später, bei Bildung des sekundären 
Gaumens, wahrt er seine altererbten 
Beziehungen zur Mundhöhle dadurch, 
«laß er sich öffnet in den Stensonschen 
Oang. Nur bei Rodentia mündet es 
jederseits vor der nasalen Oeffnung dieser 
(iänge aus, vielleicht infolge des Ein- 
Husses, den die Xagezahn- Alveolen auf 
diese Teile des Schädels ausüben [Seydcl]. 

Ueber diese Fragen vergleiche 
man aber den Abschnitt über das Gc- 
ruchsorgan. Hier sei nur noch darauf 
gewioen. daß das Jacobsonsche Organ, 
von einem verschieden geformten Knorpel 

umscheidet wird. Dieser Jacobsonsche Knorpel gliedert sich vom Boden 
der knorpeligen Nasenkapsel ab, neben dem Septuni. daher seine Name para- 
septaler Knorpel (Spurgat] (Fig. oO u. 54). Seine Verbindung mit dem hin- 
teren Teil der Kapsel verliert er, wofern er sie überhaupt gehabt hat. z. B. bei 
Marsupialia jSeydel]. Mit dein vorderen Teil bleibt er aber in Verbindung, 
bei vielen Säugern zeitlebens. Damit erweckt er den Anschein, vom Vordcr- 




Fig. ">3. Modell des Munddacheg, ohne 
Schleimhaut , eines Fc-hidna- Embryo*; 
nach Seydcl x 33. CA primitive Choane; 
£ Eiznhn; £7 Gaumenplatte; /« Jacobson- 
aches Organ; Pp Papilla palatinu. 



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68 



II. Skelct. 



stück des Septum auszugehen Tecurrent cartilage Parker) und sich nach 
hinten frei zu erstrecken. Er macht selbst den Eindruck genetisch zu- 
sammenzuhängen mit einer von «lern Mesethmoid nach vorne sich erstreckenden, 
demnach präseptalen Knorpelmasse. Solche findet sich heim Kall), bei 
Chiroptera; als Rüsselknorpel beim Schwein. Tapir: sie kann von Ver- 
knöcherungen überdeckt werden und damit Anlaß werden zu dem Os 
praenasale. wie z. 11. Talpa. Bradypus, Choloepus. Dasypus. teilweise 
als paarige Knochen es haben. 

Solche Rüsselknochcn und ihre knorpelige Grundlage begrenzen die 
äußeren Nasenlöcher, liegen dorsal vom Intermaxillare. haben keine Re- 
ziehung zum Gaumen, ebensowenig zu den Canales naso-palatini. Sie sind 

daher zu unterscheiden von Knorpel- 
massen, die z. R. bei Marsupialia 
zwischen der Ausmündung dieser 
Kanäle liegen, bei Ornithorhynchus 
die (irundlage des Schnabels bilden 
und differenzierte Teile der Nasen- 
kapsel sind. Eher sind sie als Fort- 
bildungen aufzufassen der knorpe- 
ligen Rasis der Nasenflügel. Carti- 
lagines alares. die häutig kompli- 
zierte Differenzierungen sind der 
knorpeligen Nasenkapsel. 

Fig. 54. Knorj>clige Nasenknpsel von 
einem Echidna - Embryo in ventraler An- 
ficht. /V/w». Bcd. g'cw-h lossener lioden 
des Yorderendes «1er Nasenkapsel, ant dem 
median das Septum nariiim ruht. Ua-selbe 
umfaßt mit der fxhluliplatte Sthl. und 
mit der Außenwand die primitive t 'hoane. 
In diese ragt die Anlage de» Ma.vilio-turbi- 
nnlr hinein. In sie öffnet sieh die äußere 
Naseiiöffnting \Af. uns. ext.) und hinten 
die FosMi ollaetoria {F. olfX C. parturpt. 
Cartilago paraseptalis oder Jaeobsonscher 
Knorpel. Nach Seydel. 

Ein viel besprochenes Knochenstück von Ornithorhynchus liegt vor 
dem Yomer am (iaumen. Es entstand paarig, begrenzt die Foramina 
incisiva von innen her. hat Reziehungen zum .lacobsonschen Organ, und 
kann daher wohl mit den Processus palatini der Intermaxillaria verglichen 
werden, bietet aber Resonderheiten genug, um es mit Rroom als Prä- 
vomer zu unterscheiden. 

Dieser Exkurs in ein Gebiet, das der Genese des Schädels und dem 
Gcruchsorgan angehört, konnte nicht umgangen werden, sollte der eth- 
moidale Teil des Schädels einigermaßen verständlich werden. Zum 
knöchernen Schädel zurückkehrend, begegnen wir dem Palatinum: dessen 
Gaumenfortsatz die hintere Partie des harten Gaumens darstellt, meist auch 
dessen Hinterrand. Zuweilen wird letzterer durch die Pterygoidea gebildet. 
Dies ist der Fall bei Cetacea, wo sich diese Knochen in manchen Arten 
bis zur Retührung in der Medianlinie nähern. Auch bei Myrmecophatfa 
und Tamandua halten sie horizontale Gaumenfortsätzc, die sich in der 




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2. Schädel, Schadelhühlc. 



69 



Metlianlinie vereinigen unter gleichzeitiger Verlängerung nach hinten, so 
daß die Choanen am Hinterhaupte liegen. Charakteristisch für Marsu- 
pialia und einzelne Insectivora ist, da Ii die Proccesus palatini vielfältig 
durchbohrt sind. Die Rodcntia bieten das Gegenteil, da ihr Gaumen in 
longitudinaler Richtung schmal ist, so daß sein Hinterrand sich beim Hasen 
in der Hohe der Prämolaren findet. Nur ausnahmsweise tritt das Vomer 
an der Gaumenfläche zu Tage ; bei Cetaceen kann dies zwischen den Pala- 
fina statthaben; im jungen Schädel von Orycteropus und Manis zwischen 
den Maxillaria und Intermaxillaria, desgleichen bei Echidna. Dagegen wird 
das Vomer gewöhnlich in seinem dorsalen Stück zwischen den horizontalen 
Platten gefaßt, welche die Palatina an der Basis cranii, als Dach der 
Choanen aussenden. Sie gehen aus vom vertikalen Teil des Palatinum, 
der vielfach auch als Os planum in der Augenhöhle zu Tage tritt. Auch 
.»teilt er die Seitenwand des Ductus naso-phary ngeus an seiner Aus- 
miindung durch die Choanen dar. 

Hieran nimmt auch teil das Pterygoid: der Processus pterygoideus 
internus sphenoidei des Menschen, der bei Säugern ein selbständiger 
Knochen bleibt, vorn mit dem vertikalen Teil des Palatinum sich ver- 
einigt, oben mit der Ventralrläche von Basi- und Präsphenoid, außen mit 
dem Processus» pterygoideus alisphenoidei. Die Vereinigung mit letzteren 
kann so sein, daß zwischen beiden, von der Schädelbasis nach abwärts 
strebenden Knochenplatten, von denen der eine dem Gcsichtsschädel an- 
gehört, der andere vom Chondrocranium ausgeht und vielleicht dem Pro- 
cessus basipterygoideus der Saurier zu vergleichen ist, eine Grube ent- 
steht. Diese Grube ist als Fossa pterygoidea bekannt, sie heißt .auch 
wohl Fossa ectopterygoidea im Gegensatz zum Raum, der zwischen 
«lern rechten und dem linken Pterygoid liegt und F. mesopterygoidea 
genannt wird. In anderen Fällen liegt der Processus pterygoideus dem 
Ptery goid von außen und hinten innig an. Noch sei hervorgehoben, daß 
nach Wirkza die Pterygoidea durchaus nicht als Deckknochen, sondern aus 
selbständigen Knorpeln entstehen, die mit den übrigen Kopfknorpeln 
beinahe gleichen Alters zu sein scheinen. 

Die Schädelhöhle (Cavum cranii) ist uns, was ihre Umwandung 
betrifft, bekannt geworden. Die beim Menschen gebräuchliche Verteilung 
ihres Bodens in eine vordere, mittlere und hintere Schädelgrube ist bei 
Säugern im allgemeinen nicht mehr anwendbar, wenigstens nicht, wenn wir 
von Primaten absehen, für die mittlere und vordere Schädelgrube. Letztere 
verdankt ihre Ausbildung der Zunahme der Hemisphären, die im frontalen 
Segment sich ausdehnen und damit die Nasenhöhle und die Augenhöhle 
überdecken. Daraus folgt die bereits hervorgehobene horizontale Uge 
der Sicbplatte und des orbitalen Teils des Frontale, das die Augenhöhle 
überdacht Namentlich bei niederen Säugern tritt die vordere Ausdehnung 
der Hemisphären zurück. Vor ihnen lagern sich die Lobi olfactorii. Dem- 
entsprechend zeigt das Cavum cranii am vorderen Teil eine plötzliche 
Einschnürung, entsprechend dem Vorderrande der Hemisphären und davor 
einen engeren Raum, der eben diese Lobi enthält. 

Auch die Ausdehnung der Hemisphären nach hinten ist geringer als 
beim Menschen. Demgemäß liegt das Cerebellum unbedeckt zu Tage hinter 
dem Großhirn. Dies äußert sich am Schädel durch vertikale Stellung des 
Supraoccipitale im Gegensatz zur horizontalen beim Menschen, und in 
Verbindung damit in der hervorgehobenen ventralen Lage des Foramen 



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70 



II. Skelet. 



magnum bei letzterem, im Gegensatz zu der vertikalen, nach hinten ge- 
richteten bei Säugern. Die cerebellare Höhle, die der hinteren Schädelgrube 
des Menschen entspricht, liegt dadurch nicht ventral und hinter dem Foramen 
magnum, wie beim Menschen, sondern dorsal und vor dem genannten 
Loch. Somit folgt auf die olfaktorische Höhle. Fossa olfactoria. die 
cerebrale. Fossa ccrebralis, und dahinter die cerebellare. Fossa cere- 
bellaris (vergl. Fig. 47 fo, fc, fcb). Letztere beide scheidet der Sulcus 
transversus, in welchem der venöse Sinus liegt; häufig auch die ausge- 
dehnte Verknöcherung der Falte der Dura mater, welche das Tentoriuni 
darstellt und damit zu einem Tentoriuni osscum wird. (Vergl. bei Gehirn.' 

Mit Zunahme des Gehirns hat Zunahme der cerebralen Höhle statt, 
in der Weise, daß sie das Schädeldach gewölbter macht und allmählich 
die olfaktorische und cerebellare Höhle überlagert. Die Längsachse dieser 
Höhlen, ursprünglich eine horizontale, wird damit, sozusagen, eine dorsal- 
wärts konvexe. Das Längenwachstum der Schädclhöhle wird eben — wie 
bereits oben hervorgehoben — beschränkt durch die frühe gewebliche 
Konsolidierung der Basis cranii und durch die Wachstumsenergie der Nasen- 
kapsel und ihrer Derivate. 

Vom Boden der Schädelhöhle verdient noch hervorgehoben zu werden 
die Grube im Basisphenoid, welche die Hypophysis cerebri' aufnimmt und 
als Sattelgrube, Sella turciea oder Fossa sellae, bekannt und topisch 
sehr wichtig ist. Sie ist verschieden tief, wird hinten durch die Sattellehne, 
Dorsum ephippii, begrenzt, neben der jederseits die Carotis interna ver- 
läuft Bei Monotremen und Marsupialia durchbohrt diese Arterie das 
Basisphenoid (p. 4(1). Die vordere Begrenzung des Sattels bildet in erster 
Linie das Tuberculum sellae. an der Grenze des Basi- und Präsphenoid, 
das die Sehnervenlöcher scheidet. 

Die Pneumatizität des Schädels wurde auf p. 40 als Bildung von 
lufterfüllten Räumen in den Schädelknochen beschrieben, die als Aus- 
stülpungen von der Trommelhöhle und Nasenhöhle ausgehen und dem- 
gemäß von innen mit Fortsetzungen der Schleimhaut der genannten Höhlen 
bekleidet sind. Die tympanalen pneumatischen Räume wurden bereits 
bei den Knochen der Ohrgegend besprochen. Bezüglich der nasalen 
Räume ist festzustellen, daß sie den Monotremen fehlen. Erst bei Marsu- 
pialia treten sie auf. Bei Thylacinus z. B. erstrecken sie sich weit in die 
Frontalia und Parietalia. Owen erwähnt sie auch vom Oberkiefer, des- 
gleichen Paulli bei Phascolarctus. Doch soll dieser Raum nicht dem 
Sinus maxillaris homolog sein, der erst bei Monodelphia erscheinen 
soll als Ausstülpung vom mittleren Nasengang aus. oberhalb des Maxillo- 
turbinale. Seine ursprüngliche Lage ist im Maxillare, er kann sich aber von 
hier in die benachbarten Knochen ausdehnen. In analoger Weise kann Aus- 
stülpung der Schleimhaut statthaben zwischen den Basallamellen der Etlnno- 
turbinalia. Sie kann in das Frontale und die benachbarten Knochen ein- 
treten und ist von alters her als Sinus frontalis bekannt. Außerdem 
kann vereinzelt Pneumatisation einzelner Knochen vom Pharynx aus ge- 
schehen [Paulli]. Solche Pneumatisation verursacht in verschiedenem Grade 
Umformung und Vergrößerung der Schädelknochen, ohne deren Gewicht 
zu vermehren. Dies ist eine Anpassung an verschiedene Zwecke: Ver- 
größerung der Ursprungs- und Ansatztläche von Muskeln; Ausdehnung des 
Alveolenteils und der darüber liegenden Teile, um Raum zu gewinnen für 
größere Zähne; Verbreiterung der Ansatzfläche für Horner und Geweihe 



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I 



2. Sehlde), Unterkiefer. 7 1 

u.s.w. Hiermit im Einklang steht denn auch, daß „der relative Umfang der 
Pneumatizität von der Größe der Art in bestimmter Weise abhängig ist: 
je größer die Art, um so größer ist der Umfang, in den kleinsten Arten 
fehlt die Pneumatizität vollständig" |Paulli|. Dies schließt aber nicht aus. 
daß spezielle Verhältnisse des Schädelbaues der nasalen Pneumatizität ent- 
gegenwirken, dieselbe auch bei großen Tieren, wie bei Cetacea, Sirenia, 
Pinnipedia ganz aufheben oder sie beschränken : Hippopotamus z. B. Auch 
können diese Nebenhöhlen der Nasenhöhlen bald sich von diesen ganz 
emanzipieren, bald Ethmoturbinalia in sich aufnehmen und deren Entfaltung 




Fijr. 5"). Unterkiefer von 1 Proechidna Bruyni, 2 Meie» taxus», 3 Hydrochocn>8 
capyhara. 4 Erinaccus curopaeus, 5 Halmaturut*, 5" von hinten, 6 Orycteropus capensis. 
C Condvlus; /. c. Processus coronoideus; a Processus angularis. Mit Ausnahme von 
Fig. 4 * , n. Or. 

befördern. Dies hat namentlich auch nach dem Prä- und Basisphenoid zu 
statt und führt zur Bildung des Sinus sphenoidalis, der mehr den 
Charakter bekommt eines Teiles der Nasenhöhle. 

Der Unterkiefer, Mandibula. besteht aus einer links- und rechts- 
seitigen Hälfte, die einander in der Medianebene mit rauhen Flächen be- 



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72 



II. Skelet. 



gegnen und durch innige Knorpel- und Bandverbindung die Symphysis 
inandibularis darstellen. 

Sie bleibt zeitlebens bestehen oder macht erst im Alter einer An- 
kylosierung Platz. Zuweilen geschieht dies früher, z. B. beim Pferd bereits 
fötal. Im allgemeinen wenig beachtet ist die von Teutleben bei Nagern 
entdeckte Beweglichkeit der beiden Unterkieferhälften gegeneinander, die 
auch bei Macropodidae und Soricidae sich findet und bei den Nagetieren 
näher zur Sprache kommen soll, wegen ihrer Bedeutung bei der Kau- 
lunktion. 

In ihrem oberen Rand, dem Alveolarrand, tragen die Unterkiefer- 
hälften Zähne. Hinten entsenden sie den Processus articularis. der 
den Gelenkkopf: Condylus, trägt und vor diesem den Processus co- 
ronoideus (Pr. temporalis) zur Anheftung des Musculus temporalis. Die 
Höhe des Processus articularis ist bei einzelnen Insectivora und Chiro- 
ptera, beiChiromys und Galeopithecus [Leche|, desgleichen bei verschiedenen 
Xenarthra so gering, daß der Condylus im Niveau der Kaufläche der 




Fic 66. Verschiedene Formen des Unt<rkicfergelenkes, in der oberen Reihe 
von der Seite, in der unteren auf die Gelenkflächen gesehen. I. von Hydrochoerus 
capybara, 1 ,. II. Meie« taxus, 1 III. Cervus juv. '/,. C Condylus; c. Processus 
coronoideus "des Unterkiefers;/, r. Foesa glenoidea; f>. j. Processus jugali«. 

Backenzähne liegt, welche Lage nach Marsch für mesozoische Säuger 
charakteristisch ist. Reduktion des Unterkiefers bei Aufhebung der Kau- 
funktion, wie bei Cetacea, Monotremata, Manis und Myrmecophagidae, äußert 
sich in geringer Höhe der Unterkieferhälften, namentlich der genannten 
Fortsätze, die rudimentär werden, so daß der Condylus nur wenig über 
den Alveolarrand sich erhebt. Der Gelenkfortsatz bildet mit der Unter- 
kieferhälfte einen Winkel (Angulus mandibulae) von verschiedener Größe. 
Von hier aus entspringt bei niederen Säugern (Marsupialia, Insectivora, 
Xenarthra, Rodentia) als Fortsatz der Processus angularis nach hinten, 
der auch bei Monotremen, trotz der Reduktion der Kiefer, noch erkennbar 



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Schädel, Kiefcrgolenk. 



Vi 



ist (Fig. f>">. /). Bei der Mehrzahl der Insectivora und einzelnen Rodentia 
ist er durch den Ansatz des Musculus pterygoideus internus zu einem 
horizontal nach innen vorspringenden Blatt umgeformt (Fig. ;V>, j). 

Der Condylus artikuliert mit der Gelenkgrubc, Fossa glenoidea des 
Schädels, welche das Squamosum liefert, an der sich aber auch das .lugale 
und Alisphenoid beteiligen kann (S. ö2). Form und Ausdehnung dieser 
Gelenkgrube und des Condvlus ist abhängig von der Bewegung, die dieses 
Kiefergelenk auszuführen hat, und die ihrerseits wieder abhängt von 
dem Bau der Zähne und der Lage der Zahnreihen, was alles aber schließ- 
lich uuter dem Einfluß der Art der Nahrung steht. Beim Gebiß kommt 
daher dieser Punkt nochmals zur Sprache. 

Die Bewegung des Kiefergelenks ist eine dreiartige, wie namentlich 
Ryder und Cope darlegten. 

Im einfachsten und ursprünglichsten Fall ist es die eines Winkel- 
gelenks (Ginglymusi. mithin eine vertikale (orthale Ryder-Cope). Sie be- 
gleitet die trituberkularcn und bunulonten Gebisse; ist charakteristisch für 
Tiere mit insektivorer und kartiivorer Diät und äußert sich im Kiefer- 
gelenk durch einen Condylus, der walzenförmig, höchstens rundlich ist, 
jedenfalls aber von der Gelenkgrube vorn und hinten derart umgriffen 
wird, daß nur Auf- und Abwärtsbewegung möglich ist. Auch bei buno- 
dontem Gebiß ist dies die übliche Bewegung, wie z. B. Dieotyles zeigt 
(Fig. ö7, 1). Doch erwirbt bereits bei dieser Gebißform, bei Erlangung 



OOO o 




u u u 



Fig. 57. Diagramme zur Venönnlichung der Bewegung des Unterkiefers « gegen- 
uIkt dem Oberkiefer o. 1 vertikale oder orthale, 2 mit neitlicher Exkursion; 3 ektale 
und entale der Sclenodonta; 4 Zerlegung der propolinalen der Kodentia in ihre Komno- 
nenten. Uebcrall bedeutet der abwärt» gerichtete Pfeil die Richtung de* Unterkiefer« 
nach abwärt«. Mit Zugrundelegung von Figuren von Ryder. 

omnivorer und schließlich herbivorer Diät (bunodonte Ungulaten, Prosimiae, 
Simiae . das Kicfergelenk größere Freiheit, so daß Bewegung zur Seite 
und solche von hinten nach vorn dadurch möglich wird, daß der Condylus 
neben der ginglymischen auch Gleitbewegungen ausführen kann. Ist die 
(ielenkgrube in sagittaler Richtung rinnenförmig und wird der Condylus 
nur durch Bänder und Muskeln in seiner Bewegung nach vorn und hinten 
beschränkt so erhalten wir die antero-posteriore (propalinale Ryder-Cope ) 
Bewegung der Rodentia und der Elefanten. Das Umgekehrte hat bei den 
lophodonten und selenodonten Ungulaten statt, wo an Stelle der antero- 
posterioren die laterale oder transversale (ektale und entale Rvder-Cope) 
Bewegung ausgiebig auftritt. Sie schiebt die Zahnkronen in transversaler 
Richtung übereinander und zerreiht damit pflanzliche Nahrung. Ihr ent- 
spricht ein einigermaßen walzenförmiger Condylus, der aber ungehemmt 
auf der flachen Gelenkgrube seine seitlichen Bewegungen ausführt. 



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74 



II. Skelct. 



Somit erkennt man aus der Form des Kiefergelenkes die Kauweise, 
die ihrerseits einen Rückschluß gestattet auf den Bau der Zähne und auf 
die Xahrungsweise (vergl. bei Gebiß). 

Außer diesen mechanischen Fragen knüpfen sich aber auch andere, 
von weittragender Bedeutung an das Kiefergelenk der Säuger. Ks unter- 
scheidet sicii von dem aller übrigen recenten Yerteb raten so prinzipiell, 
daß dieses Gelenk allein genügen würde zur Charakterisierung der Säuger. 
Bei ersteren besteht nämlich der Unterkiefer aus dem zähnetragenden 
Stück, dem Dentale, dem Gelenkstück, Articulare. dem sich ventral das 
Angulare anfügt. Weitere kleine Knochenstücke können wir als weniger 
bedeutend und konstant übergehen. Das Articulare artikuliert nicht direkt 
mit dem Schädel, sondern durch Vermittlung des Quadratum. Dies ist 
seinerseits entweder gelenkig verbunden mit dem Schädel, so daß es einen 
bewegbaren Kieferstiel bildet i streptostyl ). oder es ist fest damit verbunden 
(monimostyl). Zweifelsohne ist Streptostylie der ursprüngliche Zustand, 
aus dem sich der monimostyle wiederholt und unabhängig ausgebildet hat, 
wie die Holocephalen, Anuren und monimostylen Reptilien beweisen. 

Der Unterkiefer der Säuger besteht demgegenüber nur aus dem Dentale. 
Von diesem geht also ein Processus articularis aus. der mit dem Articulare 
der nicht-mammalen Wirbeltiere nichts zu schaffen hat, vielmehr eine Neu- 
bildung ist, die mit dem Squamosum artikuliert. Ebensowenig entspricht 
letzteres dem Quadratum. Dies ist wenigstens die heute verbreitete An- 
sicht. Allerdings haben Albrecht, Copc. Baur und Ameghino auf Grund 
paläontologischeu Materials die alte Auffassung wieder aufgenommen, daß 
das Quadratum dem Processus zygomaticus des Squamosum homolog sei. 
Kaum bekannt ist geworden, daß F. Ameghino sich dabei auf Peltephilus, 
einen coeänen Dasypodiden beruft, dessen langer rechteckiger Processus 
zygomaticus durch eine horizontale Naht geteilt ist in eine dünneres 
oberes und ein umfangreicheres unteres Stück. Letzteres grenzt, durch eine 
Naht getrennt, an das Tyinpanicum und trägt die Gelenkgrube für den 
Unterkiefer (s. d. betreffende Fig. bei Xenarthra). Das letzte Wort in dieser 
Angelegenheit ist also noch nicht gesprochen. Halten wir uns vorläufig 
an die herrschende Meinung, so ist das Squamoso-mandibular- 
(Squamoso-dcntab) Gelenk der Säuger etwas anderes als das Quadrato- 
artikular-Gelenk der übrigen Vertebraten. Es ist gegenüber diesem pri- 
mären Kiefergelenk ein sekundäres. Wie kam es zustande, wo blieb das 
Quadratum und Articulare? Das sind Fragen von weitreichender Be- 
deutung, an die sich die Frage nach der Genese und der Bedeutung der 
Gehörknöchelchen anknüpft. Ihrer Bedeutung entspricht der Umfang der 
darauf bezüglichen Literatur; diese ist vorwiegend eine embryologische. 
welcher gegenüber die vergleichend-osteologische, namentlich insoweit sie 
auch Fossilien berücksichtigt, in den Hintergrund tritt, damit auch die 
Resultate, welche letztere Betrachtung zeitigte. 

Augenblicklich ist die embryologische Betrachtungsweise die herr- 
schende'). Was sie besagt, gibt nebenstehendes Schema II wieder. Dessen 



1) Das Bild, da» sie gibt, ist kein reines». Es ixt häufig tendenziös verzerrt dureh 
die hergehende .Meinung. dali die wichtige Frage, ob die Vorfahren der Säuger Ivei 
Saurier-artigen oder Amphibien-artigen Wersen zu suchen sei. bereits zu Gunsten der 
letzteren entschieden sei. Das Bild ist kein reine*, da bei seinem Entwurf nur zu 
häufig vergessen wird, daß es Uniformungen gilt, die sich an lebendi-n Wesen, nicht 
an Alkoholkonserven vollzogen, welche die Funktion ihres Kiefers und ihres schall- 
Icitenden Apparates nicht zeitweilig sistirrcti konnten. 



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2. Schädel, Gehörknöchelchen. 



75 



Bedeutung erhellt aus einem Vergleich mit Schema I, das den Kiefer- 
apparat eines Reptils wiedergibt. Hiernach ist das Articulare und Angulare 
in die Trommelhöhle gewandert und bildet jetzt den Hammer (Maileus): 
das distale Gehörknöchelchen also, das an der Innenseite des Trommel- 
fells liegt. Dasselbe artikuliert mit dem Amboß (Incus). der sich aus 
dem Quadratum transformierte. Das Gelenk zwischen beiden entspricht 
demnach dem ursprünglichen Kicfergelenk: aus einem qnadrato-artikularen 
wurde es ein incudo-nialleales, während das übrigbleibende Dentale mit 
dem Squamosum zum neuen Kicfergelenk der Säuger, dem squamoso- 
dentalen, sich verband. Mit dem Incus artikuliert der Steigbügel (Stapes), 
der wenigstens teilweise vom Hyoid sich herleitet und damit dem Stapes 
(Columella) der übrigen, über den Fischen stehenden Vertebraten (Tetra- 
poden, Stapcdifcra) wenigstens teilweise homolog ist. 



Cran/um 

I. Quadratum 



Articulare 

Dentale— Angulare 

/Unterkiefer der Vertehratu\ 
\ non-Mamuialia. / 



Primlire* oder <)<iadrato- 
nrtikularea «ielenk dei» 
Unterkiefers. 



11. 



Cran/um 
(Squamosum) 



«lenk. 



TiXr" 



Dentalo 



'Unterkiefer der' 
MainiualiH. 



Quadratum ^Amlios) 
= IVimäre» Kiefenrelenk 

Articulare 

(— n.nimier) 

Angulare 



(Gehörknöchelchen» 



Anlaß zu dieser Hyptheso, die auf Reichert zurückgeht und nach 
Gegenbaurs Vorgang in den kontinentalen Lehrbuchern vertreten wird, gab 
wohl in erster Linie die Tatsache, daß ein Knorpelstab, der Meckclsche 
Knorpel, der dem ventralen Stück des Kieferbogens (1. Visceralbogenl 
entspricht und um dessen vorderes (dentales) Ende das Dentale sich 
entwickelt, embryonal bei Säugern zusammenhängt mit dem Malleus. 
Dieser erscheint dadurch für die Mehrzahl der Forscher als Articulare 
(und Angulare), der Incus aber als Umformung des Quadratum. beide 
somit als Derivate des extramandibularcn oder artikularen Teils des 
Meckelschen Knorpels und des Quadratum. Andere Forscher [Huxley, 
Parker etc.] leiten nur den Malleus vom 1. Visccralbogen her. Er ist für 
sie das Quadratum. Der Incus aber, vielleicht auch der Stapes ein Derivat 
des Hyoidbogens. Bei dieser Ansicht wäre dann das Quadrato-artikular- 
(ielenk verloren gegangen oder besser ein Quadrato-hyomandibular-Gelenk 
geworden, da Incus und Stapes vom Hyomandibulare abgeleitet werden. 
Vom Articulare heißt es, daß es bei Säugern nicht vortreten zu sein scheint. 

Uebcr das Tympanicum, das als solches nur bei Säugern auftritt 
und daher mit diesen Umformungen im genetischen Zusammenhang stehen 



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70 



II. Skelet. 



muß, gehen die Ansichten auseinander. Auch über das Trommelfell, das 
bei Anuren, Sauropsiden und Mammalia keine gleichwertige Bildung sein 
kann für die vorgetragene Auffassung, für die ja die schallleitenden Organe 
zwischen Trommelfell und Fenestra ovalis bei den genannten Vcrtebraten- 
Abteilungen nicht homolog sein können. 

Eine andere, teilweise filtere Anschauung, fflr die namentlich Peters 
zu nennen ist und die in jüngster Zeit neben Albrecht, Dollo und Baur 
namentlich durch Gartow in mannigfach geänderter Form vertreten wird, 
betrachtet die Gehörknöchelchen der Stapedifera überall als homologe Teile. 
Für sie ist das Trommelfell eine gleichwertige Bildung. Sie beruft sich 
dabei auf die gleichartige Beteiligung des distalen Endes des Hyoidbogens 
an der Bildung ext rat vmpanaler Teile bei Geckoniden [Versluys], Monotremen 
|Ruge|. Ein Aequivalent des extramandibularen Meckelschen Knorpels er- 
Irtickt sie im Knorpel- ( Bindegewebs- )strang, welcher die Extracolumella 
der Reptilien mit dem Articulare verbindet. Für sie ist unerfindlich, daß bei 
einem lebenden Organismus, der kauen und hören mußte und ein Quadrato- 
artikular-Gelenk hatte, eben dieses Quadratum und Articulare in die Trommel- 
höhle schlüpfte, sich mit dem Stapcs verband, neue Beziehungen zum 
Trommelfell gewann, während inzwischen ein neues Kiefergelenk entstand 1 ). 
Die Meinungen über dieses und Über den Verbleib des Quadratum sind 
bei dieser Anschauung verschieden; hier sei nur auf diejenige gewiesen, 
die meint, daß das neue squamoso-dcntale Kiefergelenk allmählich neben 
dem alten entstand durch Abnahme und Verschiebung des monimostylen 
Quadratum nach innen, das sich zum Tympanicum umbildete und damit 
alte Lagebeziehungen bewahrte [ Gartow]. 



Weitere Meinungen aus der umfangreichen Literatur vorzulegen, ist 
hier nicht der Ort. Die Bedeutung der Frage und die Billigkeit verlangte 
aber neben die herrschende Meinung auch die zuletzt angedeutete zu 
stellen, um so mehr als erstere neben anderen physiologischen und morpho- 
logischen Fragen auch Antwort schuldet auf die Frage nach der Wertig- 
keit der Membrana tympani in der Verteb ratenreihe, nach der Homologie 
und Genese des Tympanicum der Säuger, nach dem Verbleib bei Säugern 
der extrastapedialen Teile der nicht mainmalen Stapedifera. 

Vorstehendes führte uns wiederholt auf den Kiefer- und Zungen- 
beinbogen. Hier folge daher der Hinweis, daß von dem System vis- 
ceraler Bogen, das den Vcrtebraten eigen ist, auch bei Säugern fünf auf- 
treten. Der erste bildet den Kieferbogen, dessen ventrales oder kaudales 
Stück: der Meckclsche Knorpel, bereits zur Sprache kam. Auf seinem 
dorsalen oder rostralcn Stück entwickeln sich als Deckknochen das Maxil- 
lare, Intermaxillare, Palatinum und Ptcrygoid. Sie umfassen zusammen 
mit der Mandibula die Mundhöhle. Auf »Uesen ersten visceralen Bogen 

1) Diese Phase hat Uadow als Enigma der herrschenden Theorie bildlieh vorgelegt. 




Fig. 58. Drei Stadia der Entwicke- 
lung des Kicfergeleiikes der Säugetiere 
durch Verschicoung de» Quadratum 
Q nach einwärts, Umbildung zum 
Tympanicum Ty und direkte Artiku- 
lierung der Mandibula mit dem Squa- 
tuosuin Sq\ naeh Gadow. 



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2. Schädel, Yi*ceral*kelet. 



folgt ein knorpeliger Apparat von vier Bogen, von denen die drei vor- 
dersten, auch äußerlich sichtbar, als Bogen beim Embryo auftreten (Fig. 59, 
vergl. auch Fig. 41» . Von diesen vier stellen die beiden vordersten den 
Hyoidapparat, das sog. Zungenbein der Säuger dar, während die beiden 
hintersten von den Marsupialia ab den Schildknorpel des Larvnx bilden 
|(iegenbaur. Dubois). Sie sollen beim Larvnx zur Sprache kommen. 

Von den drei Bogen des Zungenbeinapparates entspricht der vorderste 
«lern Hyoidbogen i2. Visceralbogen) der übrigen Vertebraten. An ihm 
unterscheiden wir ein unpaares basales Stück, das Basihyale, den Körper 
des Zungenbeins, von verschiedenem Ausmali, der zuweilen einen medialen 
Fortsatz. Glossohyale, zur Zangenwurzel sendet. Vom Körper gehen 
dorsalwärts die zwei vorderen Horner (Cornua anteriora) aus. Im besten 
Falle bestehen sie aus vier verknöcherten Stücken, die man mit Howes, 
teilweise nach dem Vorgang von Flower. in proximo-distaler Richtung 
l. Hypohyale, 2. Ceratohyale. 3. Stylohyale, 4. Tympanohyale 




Fig. 59. Vorderendc vnn Kaninchenembrvonen I von U Tage und '.i Stunden 
X l. r ». II Desgl. von vorn. III Stadium mit 4 Kiemenbogen, nach Kald. </ Vonvöl bung 
der primitiven Augenbla»e; //:<• Herzwülbung; m Mundhucht; <•>(• Oberkiefer-, ut t'nter- 
kieferfortsatz des Mandibularbogens / (1. Kiemenbogen*»; // Hyoidbogen; /// und //'. 
I. und 2. ßrant'hinl bogen; St Sinun cervicalis umgeben von der Retrobranehial leiste r. 

nennen kann. Die Nomenklatur ist bei den Autoren leider keine gleich- 
mäßige, da Stück 1 niid 2 häutig Cerato- und Epihyale genannt wird. 
Auch die hier gebrauchte soll nicht den Eindruck erwecken, als ob die 
vier Stücke dem Hypo-. Cerato-. Epi- und Pharyngo-branchiale der Fische 
gleichgesetzt würden. Das wäre erst noch zu beweisen. Dazu kommt, 
daß «las dorsale Stück des Hyoidbogens auch bei Säugern sich beteiligt 
an der Bildung des Stapos: ferner ursprünglich auch, wie bei Geckoniden 
|VersluysJ. an der Bildung des äußeren (iehörganges, wie Echidna be- 
weist (il. Rugej. 

Wichtig ist, daß das Tympanohyale mit der Basis tles Perioticum 
ankylosiert und im Tympanicum eingebettet liegen kann vor dem Foramen 
stylo-mastoideum (s. S. ö.'t). Es kann sich mit dem Stylohyale ver- 
einigen zur Bildung des bekannten Processus styloides des Menschen. 



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I 



78 



II. Skelet. 



dessen Vorkommen bei einzelnen Primaten Howes wahrscheinlich macht. 
Dieser Autor wies nach, daß das Tympanohyale auch in, selbst hinter 
(Lcpus) dem Foramen stylo-mastoideum liegen kann und in letzterem 



dritte viscerale oder erste branchiale, wird zu den hinteren Zungenbein- 
Hörnern, Cornua postcriora. Wegen ihrer genetischen und teilweise 
bleibenden Verbindung mit dem hinter ihnen liegenden thyreoidalen Bogen 
(Cartilago thvreoidea der viviparen Säuger) heißen sie auch Thyreohyale. 

rebersichtlich liefert also der I. bis V. Visceralbogen folgende Teile 
(Fig. Ol): 

I. Kaudal den Mcckelschen Knorpel, als Grundlage für die Mandi- 
bula und nach gebräuchlicher Auffassung, für den Malleus und Ineus. 

Rostrai die Grundlage für Maxillare, Intermaxillare, Palatinum und 
Pterygoid. 

II. Zungenbeinkörper mit den vorderen Hörnern und aus seinem 
dorsalen Ende den Stapes und den Knorpel des äußeren Gehörganges. 

III. Hintere Hörner des Zungenbeins. 

IV. I Schildknorpel des Larynx oder seine Aequivalente bei Mono- 
V.f tremen. 

Der Vollständigkeit halber sei hier gleich angedeutet, daß nach 
Gegenbaur von weiteren Visceralbogen der: 

VI. wahrscheinlich den Epiglottisknorpel ; der 

VII. den „lateralen Knorpel" liefert, aus welchem das primäre laryngo- 
tracheale Knorpelskelet entsteht (Arytaenoid, Cricoid, Trachea). 

Wiederholt kamen bereits Bemerkungen über die Genese einzelner 
Schädelteile zur Sprache. Ohne solche wäre namentlich die Nasenhöhle, 
die Mundhöhle, die tympanalc Gegend, das Kiefergelenk unverständlich ge- 
blieben. Die Entwickelung des Schädels als Ganzes, seine Metamorphose, 
wie sie namentlich durch W. K. Parker und in neuester Zeit durch Gaupp, 




Falle sich vereinigt mit dem 
Exoccipitale. Häufiger ist das 

Stylohyale durch Band oder 
Knorpel mit dem Tympanohyale 
vereinigt oder mit der entspre- 
chenden Stelle am Periotico-tym- 
panicum. Auch bei Reduktion 
der vorderen Zungenbeinhörner 
bleibt diese ligamentöse Ver- 
bindung mit dem Schädel ge- 
wahrt. 



Der zweite Bogen des 
Hyoidapparates , demnach der 



Fig. 60. I Zungenbein des Pferde« 
b Basihyale; h Hypohyale; c Ccrato- 
hyale; sh Stylohyale; s Knorpelxtiick 
der Synchondroso mit dem am 
Scbädel festsitzenden Tympanohyale; 
th Thyreohyale, mit dem Itafibyale 
verschmolzen. II von Myopotamu* 
coypuf*. Thyreohyale frei und mit 
dem Thyreoid / verbunden. 



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2. Schädel, «eine Entwickelung. 



71» 



Fischer. Wiricza gefördert wurde, fällt außerhalb des uns gesteckten Zieles. 
Hier kann nur angedeutet werden, daß man die EntWickelung des cere- 
bralen Abschnittes von dem des visceralen Abschnittes des Schädels unter- 
scheiden muß. Bei letzterem kommen nur die Teile des Yisceralskelettes 
in Betracht, die wir oben mit dem eigentlichen Schädel in Verbindung treten 
sahen, um mit ihm zusammen schließlich den knöchernen Schädel zu bilden. 

Der cerebrale Abschnitt, welcher das Gehirn umhüllt < Gehirnkapsel) 
ist eine Fortsetzung des Achsenskelettes des Rumpfes. Diese Zusammen- 
gehörigkeit erhellt auch daraus, daß der Boden dieser Hirnkapsel in ihrem 
kaudalen Teile von der Chorda dorsalis durchzogen wird. Dieser chor- 
dale Teil ging denn auch aus Verschmelzung von verschiedenen Metameren 
hervor. Im (Gegensatz hierzu steht der vordere Abschnitt der Hirnkapsel, 
in welchen die Chorda sich nicht mehr erstreckt, der daher prächordal ist. 




Tr. Oesoph. Poslbr. A'. 

Fig. 61. Eohidna-Embrvo, Kopfdarm mit den Kinmentaschen von der Ventral- 
seite mit «chematischer Kinzcichtuing der Bestandteile der Kiemenbogen. C. or. Lumen 
der Mundhöhle; // /. // // die Buge» des Zungenbeins; TA I, II die Thyreoidbogeu ; 
A" i—4 die Kiementaschen ; j, 4, 6 die Gttälibogen ; -V. lar. sup. N. laryngeus 
-npc-rior: .V. rec. X. recurrens; /' Trijreminus; VII Facialis; IX Glo-sopharyngeua; X 
Vagus; XII Hypoglossus ; Poitbr. K. I'ostbranchialer Körper. Nach Göppert. 

Im indifferenten mesodermalen Gewebe, welches anfänglich das Ge- 
hirn umhüllt, entsteht zunächst basal eine Knorpclmasse um das vordere 
Chordaende. An diese parachordale Knorpelmasse schließen sich bald 
vorn die Trabeculae cranii an. So entsteht das knorpelige Primordial- 
cranium. an welchem man einen chordalen und einen prächordalen Ab- 
schnitt unterscheiden kann. Da die Chorda bis zur Hypophysis cerebri sich er- 
streckt, so ist auch am erwachsenen Schädel der prächordale Abschnitt 
vom chordalen leicht abgegrenzt durch die Fossa hypophyscos. Hieraus er- 
hellt, daß das Primordialcranium nicht als vollkommen homogenes Gebilde 
entsteht: Wiricza bemerkte auch sehr deutliche Grenzen zwischen Basisphc- 
noid und den Alisphenoidea. Ferner ist es ein unvollständiges Gebilde; in 
welchem Maße, schwankt bei den verschiedenen Ordnungen. Da es sich 



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HO 



II. Skclet. 



hierbei um erste Zustände des Schädels handelt, die Anschluß an niedrigere 
Yertehraten . namentlich engeren an Reptilien verraten, kann es nicht 
wunder nehmen, dab der basale Teil des Hirnschädels massiv-knorpelig 
angelegt wird. Das gilt auch für die Seitenteile und das Dach der oeei- 
pitalen Region. In der frontalen und parietalen Region dagegen ist in dem 
Dach- und Seitenteil das Chondrocranium weit eingeschränkter, wenn auch 




Fig. I»2. Orvctt rnpu.« ca|icnsis-Etnl>ryo. x 1 1 ... nach W. K. Parker. Rechts 
knorpelige* Craniam, links mit den Deckknochen, von «1er Ventrnl*eite. A Alisphenoid: 
B BÖftitphenoid ; HO Ilasioccipilale; C Oondjrlus; E Kthtnoid, al* dunkel gehaltene 
punktierte Knorpelmame naeli vorn sich ausdehnend Ins zum nahaleu und alinnsalon 
Knorpel : < hy Tympanohyale; EO Kxoccipitalc; / Frontale; /.v F<>«sa glcnuidca; ft Foramen 
incisiviim; fm Foramen niagnum; fs» Fene>tra ovalis; fsr Fenestra rotunda; / Inter- 
IlMUCÜlare; IK Jacolisonwher Knorpel ; J .lugnlc: M Maxillare; mm Mnnuhriuin mallei: 
mT Membrana tympani; O Orbitosphenoid ; <>h~ ( )hrka]>sel ; PI I'alntinum; PP ProceSftUl 
paroceipitalis; PS i'räsphcnoid ; Pt Ptcrygoid; .s" Spiamosuin; A'f> Supraoccipitale; sthv 
Stvlohvalc; T Tyinpanicuni ; V Vomer; /Zähne: // Nerv. optkna; die 3 AeMe 

de« Nerv, trigeminu«; /'// Nerv, facialis; /.V Nerv. glo<-«opharyngcu*; .V Nerv, vagus; 
AV N. acceasorius; XI/ N. hy|iogtoM11li 



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3. Wirbelsäule. 



in verschiedenem Maße. Volle Ausbildung hat es wieder in der Ethmoid- 
region, wo es die oben und abermals weiter unten beim Geruchsorgan 
behandelte ausgedehnte Nasenkapsel bildet, aus der das Ethmoid mit den 
Ethmoturbinalia, das Mesethmoid. der Nasenknorpel und Ossa pracnasalia, 
der Jacobsonsche Knorpel und seine Umgebung entstehen. Ein Bild eines 
ausgedehnten Primordialcraniums gibt das Schwein [Spöndli. Parker], Talpa 
l Fischer) und nebenstehende Figur von Orvcteropus. Sie zeigt zugleich 
die primäre und sekundäre Ossifikation. 

Es wird genügen, hierbei noch eben anzudeuten, daß die Knorpel- 
masse des chordalen Abschnittes, anfanglich nur basal entwickelt, seitlich 
weiter um sich greift bis zur Konstituierung eines knorpeligen Ringes, 
der die hintere Hirnmasse umgibt. In seiner basalen Partie gut, dorsal nur 
schwach entwickelt, wird er seitlich ausgedehnt durch die knorpelige Ohr- 
kapsel. Aus dem Knorpel dieser Hinterhauptsregion des Primordialcraniums 
entwickelt sicli «las Basioccipitale. die Exoccipitalia und der hintere Teil des 
Supraoccipitale, das Basisphenoid und die Alisphenoidca. Aus der knorpeligen 
Ohrkapsel bilden sich das Petrosum und Mastoid. 

Die (ihrigen Knochen (der vordere Teil des Supraoccipitale. die 
Parietalia, das Squamosum) dieses chordalen Abschnittes sind nicht knorpelig 
präfonuiert. sondern bilden sich direkt aus dem mesodermalen Gewebe, 
welches hier dorsal das imperfekte Primordialkranium schließt. Es sind daher 
sog. Deckknochen oder Hautknochen. Der prächordale Teil bildet zunächst 
<üe vordere Basis der Hirnkapsel. ist außerdem nur noch seitlich entwickelt, 
schließt aber oben nicht, so daß hier die Hirnkapsel nur durch Weich- 
teile gebildet wird. In dieser entwickeln sich demnach als Deckknochen 
die Frontalia, während aus dem Knorpel basal das Präsphenoid und 
lateral die Orbitosphcnoidea sich bilden: Nach vorn setzt sich die Knorpel- 
masse des Primordialcranium als Nasenkapsel fort. Teilweise verknöchert 
sie 'Ethmoid, Naso- und Maxilloturbinalia). teilweise bleibt sie knorpelig 
'Septum narium. Jacobsonscher Knorpel), außerdem bilden sich in ihrer 
Umgebung als Deckknochen die Nasalia, Lacrymalia und das Yomer. 

3. Wirbelsäule. 

Die Wirbelsäule. Columna vertebralis oder Spina dorsalis, der 
Säugetiere weicht in ihrer Entwickelung von anderen Wirbeltieren darin 
ab. daß um die Chorda dorsalis. die nur noch zu geringer Ausbildung 
kommt, das perichordale Gewebe aus der skelettoblastischen Schicht zuerst 
die anfänglich hyalinknorpeligcn Wirbel körper und darauf erst die 
dorsalen Bogen entstehen läßt. Weiter darin, daß das Chordagewebe 
nur zwischen den Wirbelkörpern sich erhält. Dieser intervertebrale Chorda- 
rest wächst während des Wachstums der Wirbelsäule und nimmt einen 
gelatinösen Charakter an. Er wird als gelatinöser Kern (Nucleus pulposus) 
von einem fibro-kartiloginösen Hing umgeben, der aus dem perichordalen 
Gewebe zwischen zwei benachbarten Wirbelkörpern sich entwickelte. Hing 
und Kern bilden zusammen «lie I ntervertebralscheiben. Die Ver- 
bindung der Wirbelkörper wird somit durch diese, nicht durch Gelenke, 
wie bei den Sauropsnia. dargestellt. 

Vorder- und Hinterfläche «ler Wirbelkörper sin«l «lurch eine, bei 
großen Tieren häutig dicke Knochenscheibe: die Epiphysc, bedeckt. Sie 
entsteht aus besonderem Knochenkern und verwä«*hst erst im erwachsenen 
Tier mit dem Wirbelkörper, erhält sich aber bei Cetaceen lange Zeit selb- 

Weher. Säiwüere. G 



82 



i 

II. Skelet. 



ständig. Diese für Süuger charakteristischen Epiphysen sind nur bei den 
Monotremata und Sirenia rudimentär insofern, als es knorpelige Scheiben 
sind mit nur sehr sparsamer Ossifikation (Verkalkung'.-'). 

Die Wirbelkörper kehren einander Flächen zu, die eben oder wenig 
konkav sind. Hei allen recenten Ungulaten. mit Ausnahme von den Pro- 
boseidca, Hyracoidea und Schweinen, namentlich in dem ;).— 7. Halswirbel, 
hauptsächlich der Perissodactyla. wo sie — historisch gesprochen — bereits 
früh auftritt, nimmt an der Hinterfläche die Konkavität derart zu. daß der 
Wirbelkörper opisthoeöl wird und demgemäß eine konvexe Vonlerflache hat. 
Durch diese OpLsthocölie, die bei Perissodactyla. stets schwächer werdend, 
bis in die Lendenwirbel auftritt, in ihrer Genese aber durchaus abweicht 
von der Opisthocölie niederer Vertebrata [Grix], erhält die Halswirbel- 
Säule größere Beweglichkeit, die ihr ja überhaupt zukommt. Wahre Ge- 
lonke flnden sich sonst bei Säugern nur zwischen »lern 2. und 1. Hals- 
wirbel und zwischen diesem und dem Hinterhaupt. 

Im übrigen machen die elastischen Intervertebralscheiben die Wirbel- 
säule zu einer allseitig biegsamen Säule, deren Bewegbarkeit aber geregelt 
und beschränkt wird durch ein dorsales und ventrales Längsband, Liga- 
mentum longitudinale dorsale und ventrale, das längs der ganzen 
Reihe der Wirbelkörper zieht: ferner durch Handapparate zwischen den 
einzelnen Wirbeln und durch die Gelenkfortsatzc derselben. 

Gegenüber «lieser Beweglichkeit kann Verschmelzung von Wirbeln 
eintreten. Sie kann bei Cetaceen, deren Halswirbel stets äußerst kurz 




Fig. fi;j. Die <i ernten Halswirbel von (ilyptodon, nach Burmeister, Atlas; 
i — 5 der j, — 6. verschmolzene Halswirbel, mit Andeutung der intervertebralen Nähte. 

sind, in verschiedenem Grade statthaben, bis daß schließlich bei Balaena 
und Hyperoodon sämtliche Halswirbel zu einem Komplex verschmelzen. 
Ankylose einzelner Halswirbel findet sich z. B. bei den Gürteltieren (Da- 
sypodidae) und als Unikum unter Säugetieren in der gesamten Runipf- 
wirbelsäule bei Glyptodon, jedoch in der Weise, daß die 2 ersten Rücken- 
wirbel mit dem letzten Halswirbel verschmelzen und dieser ..Trivertehral- 
knochen" mit dem .'5. Rückenwirbel ginglymisch sich verbindet: eine 
auffallende funktionelle Anpassung an den Hautpanzer, der dieses Fossil 
umgab. Auch bei Dipus ankylosieren, mit Ausnahme des Atlas, sämtliche 
Halswirbel, bei Siphneus die hintersten, bei Talpa der 2., X und 4. 
Allgemeine Erscheinung ist die Verschmelzung sakraler und pseudosakraler 
Wirbel siehe diese i. Auch Schwanzwirbel können hier und da verwachsen. 

Resultat der Verknöcherung der Wirbelkörper ist eine dünne Rinden- 
lage aus kompakter Knochensubstanz. die eine markhalttgo Spongiosa 



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3. Wirbelsäule. 



83 



umschließt. Um so auffallender ist, daß hei Chiroptera die Schwanzwirbel 
Röhrenknochen darstellen können. 

Die Verknöcherung der Wirbel geschieht nicht aus einem Guß. Es 
treten mehrfache Ossinkationspunkte auf, die diskrete Knochenstücke her- 
vorgehen lassen, die erst allmählich verschmelzen. Der Säugetierwirbel 
setzt sich zusammen zunächst aus dem Centrum, das wohl aus den 
paarigen Pleurocentra primitiver rhachitomer Wirbel sich entwickelte. 
Hierfür spricht vielleicht auch, daß das Centrum ursprünglich aus 2 late- 
ralen Knorpelherden sich anzulegen scheint. Viel Wert ist hierauf aber 
nicht zu legen, da Verknorpelung nur gewebliche Differenzierung einer 
bereits bestehenden Anlage ist, wie wir sie bereits von Stegocephalen kennen. 

Während der individuellen Entwicklung gehen aus dem hyalin- 
knorpeligen Centrum die dorsalen Rogenstücke hervor. Diese Um- 
kehrung der Geschehnisse gegenüber den übrigen Vertebraten ist ohne 
tiefere Itadeutung und nur eine zeitliche Verschiebung der Verknorpelung 
des perichordalen, skelettoblastischen Materials. Die rechts- und links- 
seitigen dorsalen Itagenhälften, Neurapophysen, verschmelzen in der 
Medianlinie zur Bildung des oberen, dorsalen oder neuralen Itagens, der 
auch wohl in toto Neurapophyse genannt wird. Derselbe umschließt zu- 
sammen mit dem Centrum das Vertebralloch . Foramen vertebrale. 
Dieses bildet mit den gleichnamigen Löchern in der Länge der Wirbel- 
säule den Wirbelkanal, Canalis vertebralis seu spinalis, der das 
Rückenmark enthält. 

Da Centrum und Itagenhälften aus diskreten Knochenkernen ver- 
knöchern, trennt sie anfänglich die neuro-centrale Naht, die erst im er- 
wachsenen Tier schwindet. Die verbreiterte Basis (Centroid Albrecht) der 
Neurapophysen verschmilzt hierbei jederseits mit dem Centrum. Dieses 
Verschmelzungsprodukt liefert dann den definitiven Wirbelkörper. Corpus 
vertebrae. Die terminalen Epiphyscn eines Wirbelkörpers überdecken 
demnach das Centrum sowohl als auch die beiderseitigen ncurapophysalen 
Seitenstücke iCentroidsttieke), die in verschiedenem Maße an der Bildung 
der dorso-lateralen Masse des Körpers sich beteiligen. Als Abgrenzung 
zwischen Centrum und Itagenstücken ist die neuro-centrale Naht ein Hilfs- 
mittel auszumachen, wem die verschiedenen Fortsätze, die der komplete 
Wirbel aufweist, angehören. Sind die Fortsätze Auswüchse von Centrum 
oder Neurapophyse. so nennt man sie wohl exogen. Autogen heißen sie. 
wenn sie aus selbständigen Knochenpunkten entstanden und erst sekundär 
mit den Wirbeln sich verbinden. Diese Unterscheidung hat aber höchstens 
deskriptiven Wert, da derselbe Fortsatz sogar im selben Tier in ver- 
schiedenen Wirbeln sich verschieden verhalten kann: so die Qucrfortsätze 
der Lendenwirbel der Cetaceen: so die Processus costarii. die an den 
vorderen Halswirbeln bereits exogen, an den hinteren noch autogen sein 
können. 

Von Fortsätzen unterscheidet man zunächst den Dornfortsatz. 
Processus spinosus. Entsteht meist autogen in der Medianlinie der 
Neurapophyse. Höhe und Stärke dieser Fortsätze hängt im allgemeinen ab 
von der Länge des Halses und dem Gewicht des Kopfes. Sind diese be- 
deutend, so sind auch die Dornfortsätze namentlich der hinteren Hals- und 
vorderen Rückenwirbel stark und geben jederseits einem starken elastischen 
Nacken bände, Ligamentum nuchae. UrsprungsHäche. um am Kopfe 
sich anzuheften, wie namentlich bei Rindern. Hirschen. Elefanten u. s. w. 



84 II. Skelet. 

Ausbildung eines Hautpanzers (Gürteltiere) oder große Muskelmassen 
längs der Wirbelsäule, namentlich im Schwänze, z. B. bei Cctaceen, können 
gleichfalls Anlaß werden zu starker Ausbildung der Dorn fortsät ze. In 
der Regel sind dieselben in den vorderen Rumpfwirbeln mehr oder weniger 
nach hinten, in den hinteren nach vorn gerichtet. Der Uebergang ist meist 
ein abrupter und auf einen einzelnen Wirbel, den antiklinischen, beschränkt, 
dessen Processus spinosus vertikal steht. 

Unter Querfortsatz, Processus transversus, werden sehr ver- 
schiedenartige Fortsätze verstanden. In den Thoracalwirbeln kann man 
einen dorsalen als Diapophyse unterscheiden, der wohl meist exogen vom 
Bogen entspringt. Er trägt eine Gelenkfläche für die Artikulation des 
Rippenhökers. Der ventrale Fortsatz Parapophyse. der vom Körper aus- 
geht, ist meist nur eine (ielenkHäche für den Gelenkkopf der Rippe. In den 
Lendenwirbeln kann der der Diapophyse entsprechende Fortsatz mit einer 
reduzierten Rippe verschmelzen. Der hierdurch entstandene Fortsatz (Seiten- 
fortsatz E. Rosenberg) ist also nicht homodynam den Querfortsätzen der 
Thoracal wirbel, obwohl er deskriptiv den gleichen Namen trägt. 

Aehnliches gilt für den Processus transversus der Halswirbel. Zweier- 
lei scheint bei diesen statthaben zu können. In dem einen Falle ver- 
wächst ein Rippenrudiment: Processus costarius (Pleurapophyse 
Owen) mit der Diapophyse und der Parapophyse derart, daß zwischen 
ihnen ein Loch gespart bleibt. Dieses Foramen costo-transversarium 

ist homolog dem gleichen Loche der Sauro- 
psiden mit normalen Halsrippen, die eben die 
ventrale Spange des Loches bilden. Die Arteria 
vertebralis zieht durch alle oder durch einen 
Teil dieser Löcher. (Fig. <>4.) 

In anderen Fällen scheint aber der Quer- 
* fortsatz einfach eine durchbohrte Diapophyse 

Fig. 04. Schema eine* Hals- z „ se i n> Mit der ventralen Spange dieses 
wirbel» . / Conirum:^ neuraler Foramcn , ra nsversarium kann dann gleichfalls 

Bopon; jVertebralhKh;^ Dorn- ... .. . . . r ,, . 

foiUtz;5neuro-ceniralcNaht; 01,1 Rippenrudiment verschmelzen, wie im heitcn- 
6 Processi!« articularis; 7 Pro- fortsatzder Lendenwirbel. Die Löcher aber können, 
cesBiis costarius; * Diapo- wenn weitere Untersuchung die Richtigkeit dieser 
P hv *° Verschiedenheit lehrt, nicht homolog sein. 

Die Gelenkfortsätze, Processus articulares oder obliqui, 
Zygapophysen [Owen], entspringen als vorderer und hinterer exogener 
Fortsatz jederscits vom dorsalen Bogen. Der vordere (Jclenkfortsatz, 
Präzygapophyse. ist gelenkig verbunden mit dem liinteren, Postzygapo- 
physe, eines vorhergehenden Wirbels. Starke Bänder (Ligamenta capsu- 
laria) umschließen die Gelenkhöhlc der schräg gerichteten GclcnkHäehcn. 

Neben diesen können bei Gürteltieren. Faultieren, Ameisenfressern 
und deren zahlreichen ausgestorbenen Verwandten accessorischc Gelenk- 
rlächen auftreten. Im Gegensatz zur gewöhnlichen, nomarthralen Gelenk- 
verbindung der Wirbel bewerkstelligen sie eine sog. xenarthrale. die 
Anlaß wurde, obengenannte Tiere als Xenarthra zusammenzufassen. (Fig. 
<>ä und !">•;.) Auch können die Querfortsätze untereinander artikulieren, 
z. B. bei Perissoilactyla. 

Vielfach entwickeln sich in Verbindung mit starken Rückenmuskeln oder 
zum Zwecke einer festen Verbindung der Wirbel besondere Fortsätze 
exogener Entstehung. Zunächst die Metapophyse (Processus mamillaris 




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.'{. Wirbelsäule. 



85 




Fig. 65. 1. u. I^ndenwirbel von 
Myrmeeophaga jubatn v. d. Seite, m Metapo- 
physe; / Pnx!essus transversa»; pz Postzygapo- 
physe, pz\ ps 1 zwei überzählige; s\ z 7 Prä- 
rygapophyse und zwei überzählige. 



der Anthropotomen): ein Fortsatz, der von den Rumpf-, aber auch von den 
Schwanz wirbeln nach vorn gerichtet entspringt und zwar von der Wurzel der 
Präzygapophyse, w ie bei den Xenarthra, wo er wohl sein Maximum erreicht 
Fig. r>f>). Doch kann er auch vom Querfortsatz ausgehen (Fig. 70) und in 
den Schwanzwirbeln der Cetaceen von hier sich auf die VorderHäche der 
Domfortsätze verschieben. Diese 
Metapophysen fassen dann den 
Hinterrand des vorhergehenden 
Dornfortsatzes zwischen sich. 
Die Metapophysen sind groß, 
/.. B. bei Hasen, bei Ungulaten. 
rudimentär bei Sirenia, Prima- 
tes etc. 

Die Anapophyse ist ein 
gleichartiger Fortsatz aber der 
Postzygapophyse oder zwischen 
ihr und dem Querfortsatz, dem- 
nach nach hinten gerichtet. 
Starker Ausbildung erfreuen sich 
die Anapophysen bei Xenarthra, 
den Felidae. den Beuteltieren. 
Sie fehlen bei Sirenia, Ungu- 
laten etc. 

Als autogene Knochengebilde 
entstehen an der Unterseite der Schwanzwirbel vieler Säugetiere, namentlich 
solcher mit langem Schwänze, die unteren oder ventralen Bogen auch 
Sparrknochen genannt. Es sind 
Bogenhälften : II ä m a p o p h y s e n. 
deren ventrale Enden fast stets 
median verschmelzen, woraus ein 
V-förmiger Knochen entsteht (Os 
en V. chevron bone). der gelenkig 
verbunden ist mit der Ventral- 
fläche zweier benachbarter 
Schwanzwirbel. Die wahrschein- 
lichste Auffassung ist, daß es 
typische Bestandteile der Wirbel 
sind, die sich auf untere Rippen 
der Fische zurückführen lassen. 
In diesem Falle wären es Homo- 
loga der unteren Bogen der 
Amphibien und Fische, die wirk- 
lich aus unteren Rippen hervor- 
gingen. Doch ist die Möglich- 
keit nicht ausgeschlossen, daß es Neubildungen seien, die sich auf Wirbel- 
fortsätze beziehen (vergl. bei Rippen ). Die Hämapophysen, z. B. bei Hystrix, 
Dasypus, können auch an der proximalen Seite vereinigt sein durch eine 
Knochenbrücke, wodurch ein r-förmiger Knochen entsteht, der der Ventral- 
seite der Intervcrtebralscheibe anliegt. 

Der Gedanke, daß diese „Knochenbrucken" kleinen Knochenstücken 
entsprechen, die bei Talpa. Myogalc, Erinaceus. Hylomys, an der Ventral- 




Fig. 66. Hälfte de« 2. Lendenwirbel« 
vom selben Tier, I von hinten, II 
Bezeichnung wie in Fig. 65. 



«6 



II. Skelet 



i 

I 



seite der Intervertebralscheiben angetroffen werden, läßt sich nicht be- 
weisen. Diese kleinen Zwischen wir belknochen finden sich bei ge- 
nannten Tieren in der Lendengegend, erstrecken sich aber in rudimentärer 
Form bis zum Sacrum und bis in die Thoracalregion. 

Diesen Zwischenwirbelknochen werden wohl auch zugerechnet werden 
müssen die beim Rinde embryonal zwischen den Halswirbeln angelegten 
..hypochordalen Spangen" jFroriepj. die verschwinden bis auf das untere 
Bngenstück des Atlas. Vielfach wird dies einer Hypapophyse verglichen. 
Hierunter versteht man einen Fortsatz, der von der YentralHäche der prä- 
sakralen Wirbel entspringen kann. Er findet sich z. B. an den Halswirbeln 
der l'ngulatcn und mancher Chiroptera, an den Lendenwirbeln der Hasen, 
an diesen und den Halswirbeln von Hylomys und (Jymnura |Lcche], fehlt 
aber meist ganz. Es ist aber in der Tat sehr unwahrscheinlich, daß die 
sog. Zwischenwirbelknochen und die Hypapophysen gleichartige Bildungen 
sind. Man hat die ersteren auch Intercentra genannt, ohne den Beweis 
zu liefern, daß sie den Intercentra der rhachitomen Wirbel niederer Verte- 
braten entsprechen. Auch kann nicht verschwiegen werden, daß man sie 
mit den paarigen Bildungen, die wir HämajMjphysen nannten, hat vereinigen 
wollen, so daß demgemäß alle peripherischen Teile an der YentralHäehe 
der Wirbel auf die Intercentra (Hypocentra pleuralia) der Anamnia zurück- 
geführt würden. So unwahrscheinlich dies auch ist, weitere Untersuchung 
über diese Punkte ist jedenfalls nötig. 




Fig. Ü7. Ekelet eines Hundes in <lon Kör|>er.Umriß eingezeichnet, nach Kllen- 
l>erger und Bau in modifiziert. f'Carpus; A> Digiti; /'Feinur; Fb Fibula; // Humerup; 
/lliuiu; A Ischim»; L i— 7 die 7 Ix-ndenwirbel; .1/ Metacarpus ; .1/7 Metatarsus: /Tubn»; 
Pa Patella; A' Radin*; .f Scapnla; T Tibia; Th j—ij die Thoiakahvirbel, von denen 
die beiden ersten hinter dem Schulterblatt liegen. Davor 1—7 die Halswirbel; 7> 
Tarsus; U Ulna; 1-13 Rippen. 



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3. WirlKNii.ilo. 



X7 



Die Wirbelsäule lätit sich für deskriptive /werke scharf in Kegionen 
einteilen, entsprechend Verschiedenheiten der erwachsenen Wirbel l ). Die 
erste Region umfaßt die Halswirbel. Deren Zahl beträft sowohl im 
langen Halse der Giraffe als in dein äußerlich fehlenden der Cetaceen 7. 
Nur Manatus und Choloepus Hoffmanni hat 0, Bradypus H 10. Diese 
Abweichungen erklären sich aus dem auf p. X4 hervorgehobenen Charakter 
der Querfortsätze der Halswirbel. Nimmt die 7. Halsrippe den Charakter 
einer wahren Rippe an und verbindet sie sich mit dem Brustbein, so 
bleiben b* Halswirbel übrig. Verliert umgekehrt die 1. — i$. thorakale Rippe 
dire Verbindung mit dem Brustbein und wird rudimentär, so nimmt die 
Halswirbelsäule um entsprechend viel Wirbel zu. 

Das Foramen transversarium fehlt meist im 7. Halswirbel. Auch 
kann es geschehen. daÜ die Arteria vertcbralis. die durch diese Löcher 
zieht, dies häutig iHumi- 
nantia z. B.) nicht tut am 
Atlas und Epistropheus. 
sondern vorher in den 
Vertebralkanal sich be- 
gibt. Cingekehrt fehlen 
die Foramina trans\ ersaria, 
mit Ausnahme am Atlas, 
bei Macrauchenia. den Tvlo- 
poda und Myrniecophaga. 
Die Arterie durchbohrt hier 
in den <5 hinteren Wirbeln 
den Stiel des neutralen 
Bogens in seinem vorderen 
Teil, im Bereich des hinteren Teils jeden Wirbel verläuft sie demnach im 
Rücken markskanal. 

(tanz abweichend verhält 
sich bei Säugetieren der 1. Hals- 
wirbel. Atlas, da sein Körper 
mit dem des 2. Halswirbels, 
dem Epistropheus ( Axis). ver- 
schmilzt und dessen Zahnfort- 
satz, Processus odontoideus. 
Dens epistrophei bildet. Dem- 
entsprechend bleibt bei manchen 
Beuteltieren (Macropus, Pha- 
langista. Phaseolarctus. Phascolo- 
mys)der Atlas ventral offen, indem 
nur ein Ligament die Neurapo- 
physen gegenüber dein Zahnfort- 
satz verbindet. An dessen Stelle 
tritt bei Thylacinus eine selbständige Ossifikation (Fig. *>X). Bei anderen 
Beuteltieren aber wie Perameles und Didelphys und ferner bei allen übrigen 
Säugetieren, entsteht von den Neurapophysen aus ein knöchernes Mittel- 

1) Die bei Säugern gebrauch liehe Einteilung der präsakralcn Wirbel in eervikale, 
thorakale und lumbale ist für Aninioten im allgemeinen kaum zulässig. Hierfür ist 
zweckmäßiger die Nomenklatur von Howe« und Swinnerton: Development of Skeleton 
of Sphenodon, Tr. Jiool. Soe. Eond. XVI. 1901, p. 11. in priisternale, stemale und 
poststernale. je naeh der Beziehung der Wirbel zum Bternum. 




Fig. UM. A. Vetitralansieht de« Atlas von Thyla- 
einus eynoeephalus nach Flower. B. der 3 ersten 
Halswirbel von Phascolomys wombat naeh (Jegenbaur. 

ventrale»* SehluIJ*tiick des Atlas; o Processi« odon- 
toideus. 




Fig. 69. Atlas A un.l Epistropheus B eines Rhi- 
noceros sumatranus juv., v ventrales Sehluüstüek 
des Atlas; o Processus odontoideus - Centrum 
des Atlas: e distale Epiphysedes Epistropheus; '•' v 



HH II SkHct. . 

stück: das ventrale Schlußstück. Letzterer Vorgang ist aher wohl nur ein 
abgekürzter sekundärer und man ist berechtigt, das ventrale Mittelstück 
des Atlas (ventrales Rogenstück desselben) als Zwischenwirbelknochen 
(p. *»>) zu betrachten. 

Iiier ist der Ort. einer Verknöcherung zu gedenken, die im Ligament 
zwischen Supraoccipitale und Neurapophysen des Atlas liegt und bei Eri- 
naceus (vielleicht auch Manis) beobachtet wurde. Offenbar stimmt sie mit 
dem Proatlas der Reptilien überein |Albrecht, Raur, Dollo) und darf 
vielleicht als Rest der Neurapophysc eines verloren gegangenen Wirbels 
betrachtet werden. Hieraus würde sich das variable Verhalten des Pro- 
atlas erklären, der häufiger fehlt, seltener völlig frei in einer tiefen Incisur 
des Supraoccipitale liegt, oder mit letzterem Knochen verschmilzt [Leche|. 

Die Rogenstücke des Atlas tragen jederseits auf ihrer Vordertiäche 
eine oblonge, konkase Gelenkpfanne für die Artikulation mit den Kon- 
dylen des Kopfes. In diesem Atlanto-occipital-Gclenk hat die nickende 
Bewegung des Kopfes um eine horizontale Achse und die seitlichen Be- 
wegungen um eine vertikale Achse statt. Dieses Atlanto-occipital-Gclenk 
ist zweifelsohne durchaus homolog dem occipito-vertcbralen Gelenk der 
übrigen Amnioten. 

Der mit dem Schädel artikulierende Wirbel ist also bei allen Am- 
nioten derselbe. Das Verhalten der spino-occipitalen Nerven widersetzt 
sich dem nicht [Raur, M. Fürbringer]. Die Hinterfläche des Atlas trägt 
zwei Gelenktlächen zur gelenkigen Verbindung mit dem vorderen Gelenk- 
Hachen des Kpistropheus. Eine weitere gelenkige Verbindung bewerkstelligt 
der Zahnfortsatz desselben mit dem Mittelstück des Atlas. In diesem 
Gelenk geschieht um eine Längsachse die Drehbewegung des Kopfes, an 
der der Atlas teilnimmt. 

Die Brust- (Thorakal- oder Dorsal-)Region ist durch Wirbel 
charakterisiert, die bewegliche Rippen tragen und dem entsprechend die 
obengenannten Diapophysen und Anapophysen (obere und untere Quer- 
fortsätze i. Die Anzahl der Brust- 
wirbel liegt bei den verschiedenen 
Genera meist zwischen 12—15 und 
ist am häufigsten IB. Sie kann 
auf !> (Hyperoodon. Tatusia) fallen 
und bis auf 24 (Choloepus) steigen. 
Doch sind individuelle Schwan- 
kungen möglich durch Austausch 
mit der Lenden- (Lumbal-) 
Region. Diese umfaßt die prä- 
sakralen Wirbel, die an die Brust- 
wirbel sich anschließen und keine 
beweglichen Rippen tragen. Von 
ihren Querfortsätzen. die wenigstens 
teilweise den Charakter von Seiten- 
fortsätzen [E. Rosenberg | haben, 
wurde auf p. 84 gesprochen. 
Sehen wir von den Detaceen ab, so liegt die Anzahl der Lenden- 
wirbel zwischen 2 und 9 und ist meist in f> oder 7. Vielfach ist die Sach- 
lage aber so. daß bei gleicher Zahl der thorako-lumbalen Wirbel, die im 
systematischen Teil bei den einzelnen Abteilungen näher angegeben wird. 




4 



F»H. TO. Schema eines Thorakolwirbels. 
/ Ontrum; 2 Neuralbogcn ; .? Wirbel loch; 
4 IWi'ssu« artieularis; 5 l'roc. traii»v«»r*ufl 
l Diapophysol; Proc. npiiHwiw; 7 Proc. ma- 
millari*: H (lolenkfaeetti- für da* Capitu- 
lum; 9 für <la- Tubcicultim der Kippe 10. 



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3. Wirbelsäule. 



81» 



in verwandten Tieren Zu- oder Abnahme der thorakalen Wirbel statthaben 
kann, der dann umgekehrt Ab- oder Zunahme der lumbalen Wirbel ent- 
spricht. Dies beruht auf dem Maße, in welchem bewegliche thorakale 
Rippen in Seitenfortsätze sich umwandeln und damit die Zahl der Lenden- 
wirbel vermehren. Die Gesamtzahl der thorako-lumbalen Wirbel hängt ihrer- 
seits aber ab von der Lage des Beckens. Verschiebung der Hinterglied- 
maßen und damit des Beckens längs der Wirbelsäule hat während der 
Entwicklung des Individuums und des Stammes statt [E. RosenbergJ. 

Die Becken region der Wirbelsäule kommt dadurch zu stände, daß 
das Ilium sich mit Wirbeln verbindet, die wir echte Sakralwirbel nennen, 
insonderheit wenn diese Verbindung geschieht durch ein Rippenrudiment 
(Processus costarius, Pleurapophyse). das mit dem Körper und den dorsalen 
Bogen des Wirbels verschmilzt und eine gelenkige Verbindung herstellt mit 
dem Ilium. Von diesen primären Sakralwirbeln war anfänglich nur einer 
vorhanden (verschiedene Marsupialia. einzelne Ungulaten und Primaten, 
Bradypus u. s. w.). Gewöhnlich beträgt ihre Zahl aber wenigstens 2 und 
kann noch weiter zunehmen. Sie verschmelzen zu einer einheitlichen Masse, 
dem Os sacrum, das eine feste Verbindung des Darmbeins mit der Wirbel- 
säule liefert, die nur bei Cetaceen fehlt. Bei Sirenia steht ein Wirbel in 
loser Verbindung mit dem Beckenrudiment. Mit diesem Sacrum können 
sich kaudale Wirbel synostotisch verbinden. Diese pseudo-sakralen Wirbel 
stehen außer Kontakt mit dem Ilium, sie vergrößern aber die Ausdehnung 
des Sacrum bis auf 13 Wirbel (Tolypeutes, Priodontes) und können eine 
Verbindung eingehen mit dem Ischium (Pteropus, Xenarthra). 

Es läßt sich nicht beweisen, daß die Zahl der Sakralwirbel, die sich 
mit dem Ilium verbinden, zunimmt mit der mechanischen Anforderung, die 
an ein festes Becken gestellt wird. Trotz der hohen Leistung, welche 
die hüpfende Bewegung mancher Beuteltiere und Nager z. B. an die Ver- 
bindung des Beckens mit der Wirbelsäule stellt, haben sie nur einen 
echten Sakralwirbel, während andere ohne besondere mechanische Leist- 
ungen, wie der Wombat, bis zu 5 haben. 

Die variabelste Region ist die kaudale. Die Schwanz- (Kau dal-) 
Wirbel liegen posteacral. Da diese Definition bei Cetaceen nicht aus- 
reicht, gilt hier, ziemlich willkürlich, als 1. Kaudalwirbel derjenige, 
welcher an seinem Hinterrande die 1. Hämapophyse trägt, da diese ven- 
tralen Bogen zwischen zwei benachbarten Wirbeln nur an den Schwanz- 
wirbeln zahlreicher Säugetiere vorkommen. Die Zahl der letzteren variiert 
zwischen 3 (Hylobates, Chiroptera) und 47 (Microgale longicaudata) bis 49 
(Manis macrura). Vielfach reduzieren sie sich bis auf den Körper, was 
stets im Ende eines langen Schwanzes statt hat. Umgekehrt steht voll- 
kommenere Ausbildung der Schwanzwirbel in Verbindung mit seiner 
Funktion als Greifschwanz (neuweltliche Affen, Tamandua. Cyclothurus, 
Phalanger); Ruderschwanz (Biber. Cetaceen) u. s. w. 

Die Behauptung, daß die Zahl der präsakralen Wirbel in Verbindung 
stehe mit Geschehnissen, welche der Beckengürtel erfuhr, erheischt nähere 
Betrachtung. Da Neubildung (Interkalation) und Ausfall (Exkalation) von 
Wirbeln in der hochdifferenzierten Wirbelsäule der Säugetiere aus- 
geschlossen ist, da ferner eine spezielle Homologie von Atlas und Epistro- 
pheus bei denselben angenommen werden darf, so müssen die Wirbel von 
numerisch gleicher Stellung in der Reihe, homolog sein [E. Rosenberg], 
gleichgültig, welches ihre Form ist. Homologe Wirbel können somit ver- 



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II. Skelet. 



schiedcne Metamorphosen durchlaufen. Durch Verschiebung des Reckens 
in kranialer Richtung müssen Sakralwirbel zu Kaudalwirbeln werden, 
wahrend Lumbalwirbel Sakralwirbel werden und thorakale Wirbel durch 
Reduktion ihrer Rippen in Lendenwirbel sich verändern. Diese fort- 
schreitende Umformung der ursprünglichen Elemente der verschiedenen 
Wirbelregionen, die das Auftreten von „Uebergangswirbehr erklärt, geht 
gepaart mit Verkürzung des Rumpfes. Daß nicht auch in besonderen 
Fällen die umgekehrte Richtung des Umformungsprozesses infolge von 
Verschiebung des Reckengürtels kaudalwärts statthaben könne, ist hier- 
mit nicht gesagt. Für «las Ilium (Recken) ist die Verschiebung eine 
passive. Sic ist nicht begleitet von Aenderungen der Form desselben, 
wohl aber der ..Kontaktflächen' 4 mit den Wirbeln. 

Genealogisch sind diese von E. Rosenberg aufgedeckten Tatsachen 
von größter Redeutung, da sie nicht die Wirbelsäule allein betreffen, 
sondern auch Vorgänge an anderen Organen (Muskeln, Nerven u. s. w.) 
die eigentliche Ursache waren der Umformung, die an den Wirbeln zum 
Ausdruck kommt. 

Die Wirbelsäule als Ganzes betrachtet, so können folgende Merkmale 
als primitive hervorgehoben werden: Hohe Zahl 1 ) der Wirbel, insonder- 
heit der präsakralen; denn da der Schwanz vielerlei Umformungen unter- 
liegt, worunter auch starkem Schwunde bei den verschiedensten Gruppen 
und häutig in deutlicher Anpassung an die Lebensweise, so beweist die 
Zahl der Schwanzwirbcl nicht viel. — Große Zahl der Rippen. — - Geringe 
Zahl der echten Sakralwirbel. Will man in starker Entwickelung der 
Hämapophyscn eine primitive Rcschaffcnheit sehen, so darf man nicht ver- 
gessen, daß sie unter dem Einfluß der Schwanzmuskulatur stehen. 



4. Rippen. 

Wie überhaupt den Amnioten, so kennen wir auch den Säugern die 
Fähigkeit zu, an jedem Wirbel rippenartige Rildungen als ursprüngliche 
Abgliederungen derselben zu bilden. Dieselben kommen aber nur in der 
Rrustregion als Rippen, Costae. zur Ausbildung. In den übrigen Teilen 
der Wirbelsäule treten sie nur noch in Rudimenten auf und verschmelzen 
mit dein betreffenden Wirbel. Ausnahmsweise können diese Rudimente 
in dem letzten, 7. Halswirbel von Choloepus Hoffmanni bedeutende Größe 
erlangen, beweglich bleiben und mit dem Manubrium sterni sich vereinigen. 
Tatsächlich kann man dann auch nur von H Halswirbeln sprechen. Dies 
tut man auch bei Manatus. da auch hier der 7. Halswirbel eine lange 
Rippe trägt, die aber eigentlich »las Sternum nicht erreicht, sondern nur 
ligamentös sich verbindet mit dem stcrnalen Teil der nächsten Rippe. 
Umgekehrt erreichen bei Rradvpus die Rippen des H. und 1>. Wirbels das 
Sternum nicht, verhalten sich aiso wie lange, bewegliche Halsrippen. Diesem 
Faultier kennt man demgemäß 9 Halswirbel zu. Auch bei Tamandua er- 
reicht die Rippe des X. Wirbels das Manubrium sterni zwar noch eben. 



ll Für die Zahl der Wirbel vergleiche man die Tabellen in (i. Cnvier. Ix^-on« 
d'anat. comp., 2 c>d. ISU.j, I. p. 177. - Flow- er and (Jadow, Introd. lo the Ostwdojry 
of ihe Manimnlin. IS*), p. Ts und Giebel, Säugctbierc in Brunns Klagen und Ord- 
nungen. 



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4. Rippen. 



91 



endet aber spitz und artikuliert nicht damit. Im übrigen vereinigen sich 
die Rippenrudimente, soweit sie noch vorkommen, mit den Querfortsätzen 
der Hals-, Lenden- und zuweilen auch noch einzelner Schwanzwirbel. In 
den Sakralwirbeln bewerkstelligen sie die Verbindung mit dem Ilium. 
Alle diese rippenartigen Bildungen dürfen wir von den ..oberen" Rippen 
«ler Fische herleiten und als Pleurapophysen zusammenfassen im Gegen- 
satz zu den Sparrknochen. Os en V. unteren Rogen auch Hümapophysen 
(Chevrons) genannten ventralen Rogen der Schwanzregion. Diese sind am 
wahrscheinlichsten homolog den unteren Rippen der Fische, womit die 
Homologie der ventralen Rogen im Schwänze aller Ycrtebratcn ausge- 
sprochen wäre (siehe p. *;">/. 

Die eigentlichen Rippen der Säuger kommen nur in der thoracalen 
Region vor als Costae thoracales. Es sind gebogene, subcylindrische 
oder platte Skeletstücke. die nach hinten allmählich an Außmaß abnehmen 
und den Rrustkorb bilden helfen. Ihre Zahl bewegt sich zwischen ( J 
(Hyperoodon) und 24 i Choloepus). ist aber meist 13. Eine Anzahl vor- 
derer Rippen verbindet sich syndesmotisch oder gelenkig mit dem Sternum. 
Diese heißen wahre Rippen. Costae verac, wohl besser, C. vertebro-ster- 
nales im Gegensatz zu den falschen, Costae spuriae. besser C. verte- 



A D 




Fig. 71. Epistropheus eines jungeu Ornithorhynchus nach Hon«, von der linken 
Seite \A) und von hinten {H). i Körper de« 1. Halswirbel»; -' desgleichen des 2.; 
b Neuralbogen; r Rippenrudiment; /' unterer Dornfortsatz. 

brales, die nur indirekt mit dem Sternum sich verbinden oder gar nicht. 
In letzterem Falle heißen sie schwebende Rippen. Costae fluetuantes. 
Bei den Rartenwalen sind alle Rippen, mit Ausnahme der ersten, schwe- 
bende Rippen. Und diese einzige wahre Hippe ist bei ihnen häutig durch 
Verschmelzung mit der letzten Halsrippe zweiköpfig [Turner]. Bei Cho- 
loepus sind umgekehrt von den 24 Rippen 12 vertebro-sternale. An den 
Rippen unterscheidet man eine vertebrale, knöcherne Partie von einer 
sternalen, die meist knorpelig bleibt. Dieser Rippenknorpel kann bei 
manchen Säugern im vorgeschrittenen Alter verknöchern (verkalken) zum 
Os sterno-costale. Normal geschieht diese Verknöcherung z. B. bei 
Monotremata, Delphinidae, Xenarthra ( Fig. 7H). Damit erhalten wir die sog. 
Costa sternalis und vertebralis, wie sie von Reptilien bekannt sind. 
Bei diesen schiebt sich dazwischen die sog. Costa intermedia. Auch 
dieses intermediäre Stück kann bei den genannten Säugetieren auftreten. 

Das vertebrale Ende der Rippe hat ein (ielenkköpfchcn. Capitulum 
costae, das mit der Parapophyse auf dem Wirbelkörper gelenkt. Verlust 
der Intervertebralgelenke und Ausbildung der Intervertebralseheiben. die 
bei Säugern gegenüber den Reptilien statthaben, ist vielleicht Ursache, 
daß das Capitulum der vordersten Rippen auch gelenkige Verbindung mit 



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II. Skelet. 



der Intervertebralscheibe und dem Hinterrande der vorhergehenden Rippe 
erlangt. Ich betrachte dies also, ebenso wie die intervertebrale Lage der 
Hämapophysen (Sparrknochen), als eine sekundäre Verschiebung nicht etwa 
als eine Folge primärer, intervertebraler Entstehung, die manche Autoren 
für die rippenartigen Gebilde annehmen. Auf das Capitulum folgt der 
Hals, Collum der Rippe, der sich bis zum Rippenhöcker, Tuberculum, 
ausdehnt. 

Dieser dorsalwärts gerichtete Fortsatz artikuliert mit der Diapophyse. 
Dies ist die einzige Verbindung der hinteren Rippen der Cetaceen. infolge 
des Schwundes des Capitulum. In den vorderen Rippen ist dasselbe noch 
vorhanden, aber bei den Mystacoceti meist fehlend oder so kurz, daÜ es 
nur durch Vermittelung eines Bandes den Wirbel erreicht. Diese lose 
Verbindung erreicht ihr Maximum in der letzten Rippe der Cetaceen. die 
jegliche Verbindung mit der Wirbelsäule verlieren kann. 

Die sternale Verbindung der Rippen wird beim Sternum behandelt. 

Führt fortgesetzte Ossifikation zur Ausbildung von Costae vertebrales. 
sternales und intermediae, so können zwischen diesen, zur Erhöhung der 
Elastizität des Thorax und seiner Expansionsfälligkeit, synoviale Gelenk- 
spalten auftreten, z. B. bei den Dasypodidae. 



An die Rippen schließt sich logisch die Betrachtung des Brust- 
beins. Sternum, an, da bei den Säugetieren dessen bedeutendster Teil 



Fig. 72. Ventrale Flächenansicht eines aufgehellten Brustbeins von einem 
ca. 3 cm großen menschlichen Embryo. 25: 1, nach G. Roge. C Clavicula; / — X die 
Rippen; s Sternalleisten ; X Processus xiphoides; e Praeclavium (Episternum). 

ein Produkt der Rippen ist. Aus den vcrtcbralen Enden der Rippen bildet 
sich ' nämlich jederseits ein knorpeliger Streifen (Sternalleiste G. Rüge). 
Hieraus entsteht durch Verschmelzung in der Mittellinie zunächst das 
knorpelige Mesosternum, in welchem verschieden zahlreiche, häufig 
paarige Ossifikationspunkte auftreten. Das definitive Mesosternum (Corpus 
sterni) besteht demnach aus einer Reihe Knochenstücken, mit denen die 



5. Sternum. 





5. Sternutn. 



93 



sternalen Enden der sog. wahren Rippen in gelenkige Verbindung treten. 
An das Hinterende schließt sich als rippenloser Fortsatz das Xiplii- 
sternum (Processus xiphoides) an. 

Am Yordcrende des Steinum haben Komplikationen statt. Hier be- 
steht zunächst Anschluß an den Schultergürtcl und zwar an dessen pri- 
mären Teil: das Coracoid. Dies ist deutlich bei den Monotremen. Deren 
Coracoid legt sich noch in der Jugend an eine vordere knorpelige Platte 
(Prosternum) an, die wohl in Verbindung mit der 1. Kippe entsteht, bei 
weiterem Wachstum des Tieres aber sich zurückbildet. Mit der Reduktion 




Fig. 73. Tatusia. Das Sternum mit pr Praesternum (Manubrium Storni >; m Meso- 
sternum; X Xiphistemum ; 1—7 erste Iiis siebente Rippe, <iie mit verknöchertem sternalem 
Teil lOssa sterno-costalia) mit dem Sternum artikulieren; P Praeclavium; cl Clavicula. 
Das Schulterblatt ist nach auswärts gedreht mit A Acromion; Sp Spina scupulac; F% 
Fossa »upraspinata; //' Fossa infraspinata; g Gelenk zw ischen Humerus (//) und Cavitas 
adenoidea scapulae; rd Eminentia deltoidca; cm Condylus medialis; et Condy loa lateralis; 
fc Foramen entepicondylnideum. 

des Coracoid bei den viviparen Säugern schwindet auch dieses Prosternum 
oder besser gesagt, es wird aufgenommen in den vordersten Teil dos 
kostalen Sternum. der aus der 1. Rippe sich bildet. In diesem vordersten 
Teil, dem Manubrium sterni. Praesternum. steckt demnach ein Rest 
des hei Sauropsida ausgebildeten „primären Sternum" | Fürbringer], das 
bleibende Reziehungen hat zum Coracoid. Als weitere Komplikation tritt 
noch das Episternum [(iegenbaur], Interclavicula |\Y. K. Parker] 
hinzu. Ursprünglich war dies wohl wie bei niederen Vertebraten ein der- 
maler Knochen |(legenbaur|. Dieser gewann einei>eits Verbindung mit 
der Clavicula. andererseits mit der Prosternum genannten Knorpelplatte, 
welcher er erst als Deckknochen auflag, um sie darauf in seine Ossifikation 
aufzunehmen. 

Dies ist der Zustand, den wir bei den Monotremata antreffen. 
Hier ist das Episternum ein T" förmiger Knochen, dessen Aesten die 
Clavicula anliegt i'Fig. 7f>). Seine Basis verbindet sich mit dem vorderen 
Teil des kostalen Sternum. der aus der 1. Rippe entstand. An dieser 



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94 



II. Skelot. 



Stelle legt sich das Coracoid an, während mit dem Mittelstttck des Epi- 
sternum ein Praecoracoid genanntes Skeletstück. das besser Epicora- 
coid heißt «'s. unten), sieh verbindet, das gleichfalls beim Schultergürtel 
noch zur Sprache kommen soll. 

Was wurde aus diesem offenbar niederen Zustande bei den vivi- 
paren Saugern? Hei diesen bringt weitgehende Reduktion die Coracoidea 
außer Kontakt mit dem Sternum. Damit schwindet auch das umfang- 
reiche Episternum der Monotremen. Die Verbindung aber, die es mit 
der Clavicula hatte, verlegt sich auf das Praesternum (Manubrium). 
Dieser Skeletteil umfaßt daher den bei Monotremen Manubrium genannten 
Teil und «leren Episternum. In dreierlei Weise könnte dieser Zustand 
erklärt werden: aj das Episternum ist verloren gegangen und die sterno- 
klavikulare Verbindung ist eine neue, b) Das Manubrium umfaßt potentia 
den ursprünglich korakoidalen Teil des Sternum sowie episternale Elemente, 
die durch Abkürzung der Entwickelung aus dem Knorpel der Claviculae 
sich entwickeln und sich verbinden mit dem kostalen Teil des Manubrium. 
c) Episternale Reste erhalten sich noch bei viviparen Säugern mit Clavi- 
cula. Sic entstehen aus der Anlage der Clavicula, gliedern sich von ihr 
ab und liegen zwischen Clavicula und Manubrium. Mit letzterem können 
sie sich vereinigen als zwei Seitenäste (Omosternum Parker), mit denen 
die Schlüsselbeine artikulieren (viele Marstipialia. einzelne Insectivora, 
Nager und Xenarthra). Bei anderen sind es Knochen oder Knorpelstücke, 
die nur durch Ligament mit dem Sternum verbunden sind. Diese können 
sich endlich rückbilden zu der Zwischenscheibe (Cartilago intcrarticularis) 
des sterno-klavikularen (lelenkes der Primaten 1 ). Diese dritte Auffa.ssung 
der Episternalgebilde ist die wahrscheinlichste. Der Unterschied in der Ent- 
stehung derselben gegenüber 
dem Epistemuni der Mono- 
tremen hat Cegenbaur ver- 
anlaßt, sie durch die Bezeich- 
nung Praecla vium zu unter- 
scheiden. Weitere kritische 
Untersuchung ist hier aber 
noch nötig, auch im Hinblick 
auf einen eventuellen Anteil 
des sternalen Endes der 
7. Halsrippe. 

Am fertigen Sternum 
Fig. 74. Prwvlnvium a von Criootu» vulgari* der viviparen Säuger untcr- 
naih (irponbaur, 7.' von Ericulus *>toMM nach Ijxhr.. scheiden wir das Manubrium 
p JWIavium; ,/Cluvicnla; ^Sternum; r Rippen- ,p ra esternuml, das stets mit 
Knorpel der I. Rinne. . . ... . , 

" der 1. Rippe verbunden ist 

und sich bis zur Anheftung der '1. Rippe erstreckt. Mit ihm gelenkt 
oder verbindet sich wenigstens indirekt die Clavicula in oben ange- 
deuteter Weise, (ieht letztere zurück oder schwindet sie gar, so geht 
auch das Praesternum zurück und nimmt mehr den Charakter der 
metameren Knochenstücke des Mesosternuin (Corpus sterni) an. die je 
zwischen zwei benachbarten Rippenemlen liegen. Die Zahl der meso- 





1) Für weitere Detail- verjjl. <"'. Openbnnr, Jen. Zeitsehr. I nnd W. Lecho in 
Bronn* Klassen und Ordnungen des Tierreich*. 



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ü. Schullcrgürtel und vordere Extremität. 



1)5 



stemalen Segmente hängt ab von der Zahl der wahren Rippen, da 
diese allein entweder durch (ielenk oder syndesmotisch mit dem Sternuin 
sich verbinden, während die falschen Rippen gelenkig oder syndesmotisch 
mit dem Hinterrande der letzten wahren Rippe respektive untereinan- 
der sich verbinden. Konkreszenz der mesodermalcn Stücke hat vielfach 
statt: auch kann sich bei Chiroptera ein Kiel auf demselben entwickeln 
für den Ursprung der Brustmuskeln. Reduktion tritt bei Mystacoceti 
ein. wo vom Sternum nur das Manubrium übrig blieb (Balaenai oder 
mit diesem das Xiphisternum verwächst. An Stelle des letzteren können 
bei Odontoceti noch bis drei mcsosternale Stücke auftreten. Auch bei 
Sirenia finden sich zwischen Manubrium und Xiphisternum vom Meso- 
sternum nur Rudimente. Das Xiphisternum bietet einen nach hinten 
gerichteten Fortsatz, der häufig knorpelig bleibt, namentlich in seinem 
kaudalen Ende, das vielfach eine flache Scheibe bildet. Dies ist auch 
der Fall, bei den indischen Manisartcn. bei den afrikanischen aber ist 
es in zwei am Hinterende vereinigte Stäbe ausgezogen, bei Manis tri- 
cuspis von solcher Lange, daß sie längs der Bauchwand und dem Beckcn- 
rande zur Rückenwand der Bauchhöhle ziehen. Diese adaptive Umformung 
steht in Verbindung mit der excessiven Verlängerung der Zunge. Bei Be- 
sprechung der Manidac wird dargelegt werden, daß sie keinerlei Vergleichs- 
punkte bietet mit dem Sternuin der Reptilien und deren abdominalen 
Rippen und daß daran geknüpfte weitgehende Schlüsse hinfällig sind. 

Sternum und Rippen mit Inbegriff der zugehörigen Wirbel bilden 
den Thorax. Brustkorb. Kielförinig, mit herzförmigem Querschnitt, ist 
derselbe bei Säugetieren, deren Körperlast ausschließlich auf allen vier Ex- 
tremitäten ruht. Hierbei erfolgt der Druck auf die seitliche Brustwand 
von unten und außen, nach oben und innen, somit muß er sich in senk- 
rechter Richtung auf die Druckrichtung abplatten [C. Hasse] und damit 
die kielförmige (iestalt des primären Brustkorbes annehmen. Bei hüpfenden, 
im Wasser lebenden und zahlreichen kletternden Tieren, somit solchen, bei 
denen die Körperlast nicht mehr oder nur mehr vorübergehend von der 
vorderen Extremität getragen wird, letztere aber wohl beim Schwimmen, 
Fliegen i Fledermäuse). Klettern. (Waben, durch die Muskulatur vom Brust- 
korb zur Extremität auf ersteren einen Zug ausübt, erlangt der Brustkorb 
>ekundär eine Faßform mit querovalem Querschnitt. Namentlich die auf- 
rechte Haltung (Primates, hüpfende Tiere i kann auch, durch Verlegung 
des Schwerpunktes und der Schwerlinie, den frontalen Durchmesser des 
Brustkorbes begünstigen gegenüber dem sagittalen. 

6. Schultergürtel und vordere Extremität. 

Wie bei Tetrapoden überhaupt, unterscheiden wir am Scliultergürtel 
einen primären und einen sekundären Teil. Der ersten* entwickelt sich 
au> einer einheitlichen Knorpelanlage, welche durch die (ielenkpfanne. 
Cavitas glenoidea, für die Artikulation des Kopfes des Humerus in einen 
dorsalen Abschnitt: das Schulterblatt, Seapula, und in einen ventralen: 
<las Coracoid. zerlegt wird. Das letztere bietet Komplikationen, die sich 
nach dem Vorgange von (i. B. Howes am besten so entwirren lassen. 

Bei Amphibien und recenten Sauropsiden bleibt das Coracoid eine 
einzige Knorpelplatte, bei Säugern zerlegt sie sich aber in einen kranialen 



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II. Skelot. 




Fig. 75. Schultcrgürtol von Orni- 
thorbyiu'bus, nach Wiedersbeini. £7Cavi- 
cnla, S Scapula, G Gelenkpfanne für den 
Hmuerus. Co Coracoid (Metacoracoid), Co 1 
Kpicoraeoid, Ep KpUtcrnum, .SV Sternuni. 



und kaudalen Abschnitt, die verknöchern. Diese zwei Knochenstücke 
bleiben bei Monotrenien in vollster Ausbildung. Das kraniale, das an 
das Episternum grenzt und von der Gelenkpfanne ausgeschlossen ist, 
nannte Cuvier Kpicoracoid, wohl in Uebereinstimmung mit dem Epicoracoid 
der Reptilien. Dies ist eine unverknöchert gebliebene Region der Cora- 

coidplatte, die an Episternum und 
Prosternum grenzt. Neuere Autoren 
nennen diese Knochen der Monotrenien 
meist Procoracoid ( Precoracoid 
W. K. Parker). Dieser Name weist 
aber bereits bei Amphibien auf den 
coracoidalen Teil, der zur Clavicula 
in Beziehung tritt und bei Reptilien 
kranialwärts von der Region des Epi- 
coracoid liegt. Letzterer Name ist 
daher auch bei Monotremen vorzu- 
ziehen. 

Deren zweiten coracoidalen 
Knochen nennt Cuvier und fast alle 
nach ihm: Coracoid. Er beteiligt sich 
an der Gelenkpfanne und erstreckt 
sich bis zum Sternum (vergl. p. 1*4). 
Bei allen übrigen Säugern ist der 
Coracoidalapj>arat heim erwachsenen 
Tier zum Processus eoraeoideus reduziert, der in verschiedenem Grade 
die Gelenkpfanne überragt. 

Was ist seine Homologie? Nennt man ihn Coracoid. so homologi- 
siert man ihn mit dem Coracoid [Cuvier] der Monotremen. Dies wäre 
unrichtig. Er entsteht nämlich aus zwei Knochenkernen, die in der 
.lugend bei Xenarthra, Ungulata. Rodentia, Sirenia, Carnivora, Primates 
wahrgenommen sind [Howes]. Der eine: das Epicoracoid, wird ausge- 
schlossen von der Gelenkpfanne durch den anderen: Metacoracoid 
[Lydekker], der dem Coracoid (Cuvier) der Monotremen entspricht. Letzteres 
ist daher auch besser Metacoracoid zu nennen, da Coracoid ein Sammel- 
begriff ist. Andererseits kann das Metacoracoid sich derart über die 
Gelenktiäche der Scapula ausdehnen, daß es als Epiphysc derselben er- 
scheint und dieselbe von der Gelenkpfanne ausschlieft iTatusia. Tamandua, 
Lutra. Ateles). Während also früher das Epicoracoid als charakteristisch 
für Monotremen galt, wissen wir jetzt, da Ii es bei allen Sängern auftritt, 
und daß das Metacoracoid in verschiedenen Graden der Ausbildung auftritt, 
bis daß es, wie beim Menschen, nur noch als Epiphyse des sog. Coracoid 
erscheint [Howes]. Nicht minder wichtig ist die Entdeckung Brooms. daß 
bei den Marsupialia das Beuteljunge mit einem ..Coracoid" geboren wird, 
«las in Verbindung steht mit dem Sternum. Diese ist eine gelenkige bei 
Pseudoehirus und Dasyurus: bei anderen ist der Zusammenhang beider 
Knorpel ein ununterbrochener. In beiden Eällen wird aber diese sterno- 
coracoidalc Verbindung alsbald durch Reduktion des ..Coracoid" aufgehoben. 
Somit ist nach zweierlei Richtung der Unterschied, der den Schultergürtel 
der Monotrenien von dem der viviparen Säuger trennte, aufgehoben. Bei 
letzteren wird das „Coracoid" im erwachsenen Zustand Processus cora- 



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<i. Schultorgürtel und vordere Extremität. 



97 



coides geheitien und anfänglich durch die Sutura coraco-scapularis von 
der Scapula getrennt, verschmilzt aber schließlich definitiv mit ihr. 

An der langgestreckten, mehr oder weniger dreiseitigen Knochenplatte 
des Schulterblattes. Scapula, unterscheidet man einen coracoidalen 
oder Vorderrand, einen hinteren oder glenoidalen und einen dorsalen oder 
Btipraskapulareii Hand. An letzterem erhält sich ein Knorpelstreifen 
(Supra scapula (iegenbaur)vom ursprünglichen Schulterknorpel. der übrigens 
durch perichondrale Verknöcherung zur Scapula wird. Heber der Auüen- 
i lotend- )tläche derselben erhebt sich die Spina scapulae, die mit dem 
Acromion endet: einem meist über der Cavitas glenoidea vorspringenden. 



Epiphyse der Gelenkpfanne auf. 

hruitig gebogenem Fortsatz, der der Clavicula zum Ansatz dient Fig. 7". . 
Kranial und kaudal von der Spina liegt je eine Muskelgrube: Fossa prae- 
und postscapularis = F. supra- und infraspinata der Anthropotomie 1 ). 
Am präskapularen Rande kann eine Incisur auftreten, die wegen ihrer Lage 
coraco-skapular genannt wird. Von Xenarthra ist bekannt, duli sie knöchern 
überbrückt ist, nach Howes auch bei Cehidae. Er bringt dieses Foramen 
coraco-scapulare in Verbindung mit der starken Entwicklung des oben- 
genannten Epicoracoid (Fig. 7S, u. 79). 



1) Ueber die Form der Scapula und «leren Bedeutung bei den Säugern verirl. 
(iegenbaur. Unter», z. vergl. Anatomie II. u. Wilson and Stewart Mc Kay. Homologics 
of the lwrder», surfaces of the scapula in Ifoaotremca. Proe. Linn. Soe. N. S. Wales, 




Fig. 7u\ Innenansicht des CJe- 
lenkteiles der Scapula von Mega- 
lonyx Jeffersonii , nach Leidy. 
i Scapula; e Epicoracoid, von Leidy 
als Coracoid gedeutet, da» durch 
die Naht a b von der Scapula uud 
von m getrennt sei; m das Mete- 
coracoid fällte Leidy als teilweise 



Fig. 77. Doayurus viver- 
rinus. Schultergürtcl eines 
Beuteljungen v. d. Seile, 
nach K. BfOOm. <i Acro- 
mion; cl Clavicula; Co 
Coracoid; r 1. Kippe; s 
Scapula; s/> Spina scapulae; 
st Sternum. x "i<>. 




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98 



II. Skelct 



Das Schlüsselbein, Clavicula, bildet den sekundären Abschnitt 
des Schultcrgürtels. da es. unabhängig vom primären, ursprünglich als der- 
maler Knochen entstand, was noch bei Monotrcmcn der Fall ist. Hei den 
übrigen Säugern aber entsteht es auf knorpeliger Grundlage, die wohl 
vom Procoracoid sich herleitet (s. p. DO). Bei guter Ent Wickelung erstreckt 
sich die Clavicula als schwach S-förmig gebogener Knochenstab zwischen 
Acromion und Sternum resp. diesem angefügten Episternalelementen. kann 
aber ausnahmsweise auch mit dem Coracoid in Verbindung treten iRra- 
djplts). Gute Ausbildung der Clavicula treffen wir im allgemeinen bei 
Säugetieren an, die ihre Yorderextremitäten nicht ausschließlich als Stützen 
gebrauchen. Ist dies wohl der Fall, so hat meist Rückbildung statt, die 
fast stets an beiden Enden der Clavicula geschieht. Hierbei kann sie end- 
lich nur noch embryonal angelegt werden (Schaf, Wincza), um im erwachsenen 
Zustand ganz zu fehlen (Ungulata, Pinnipedia. Cetacea». Sie wird höchstens 
noch durch den sehnigen „Schlüsselbeinstreifen" [Leisering] im Musculus 




J\ l« H n llllll yr-V, I , t M.II II 

<;. B. Howe*, a Acromion; e Kpiconuoid; m Mctacoracoid ; *y> Epiphyso der 
Ciclenkpfiuinc; / Foriuncn coraco-scapulare. 



humero-mastoideus beim Schwein, Rind und Pferd vertreten [Franck, Lesbre\ 
Unter Marsupialia ist sie nur bei den Peramelidae ganz rudimentär, bei 
Insectivora fehlt sie nur Potamogale. Meist bei Rodentia vorhanden, fehlt 
sie bei anderen ganz oder stellt ein Knochenstück dar in einem sterno- 
akromialen Rande mit Komplikationen am sternalen Ende. Auch bei 
Carnivora ist die Clavicula rudimentär oder fehlt ganz. 

Die den Extremitätengürteln angefügten Glied mallen bieten bei den 
Säugetieren weit größere Verschiedenheiten dar. als bei den übrigen \ erte- 
braten. Dies gilt in erster Linie für die Vorderextremitüt. Die hintere 
dient dem Körper ausschließlich als Stützorgan und schiebt ihn. indem sie 
gebeugt vorgesetzt wird, durch darauf folgende Streckung lExtensio) vor- 
wärts. Sprung ist nur ein schnelleres Tempo dieser einförmigen Loko- 
motion. Anders die vordere Extremität. Im einfachsten Falle wird sie 
gestreckt vorgesetzt, verkürzt sich unter Reugung i Flexkn und zieht da- 
durch den Körper vorwärts [Ilumphrey]. Diese funktionelle Verschieden- 
heit ist primärer Art und Folge der verschiedenen Winkelstellung der 



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i>. Schultergürtel und vordere Extremität. 



99 



Gliedmaßen. Im Schultergelenk ist der Humerus nach hinten, im Hüft- 
gelenk das Femur nach vorn gebeugt. Im Ellbogen bildet der Vorderarm 
mit dem Humerus einen Winkel nach vorn, während im Knie die ent- 
gegengesetzte Winkelstellung zwischen Femur und Unterschenkel sich findet. 
Daneben kann nun die Vorderextremität an besondere Funktionen sich 
an|uissen. die sich dann im Bau, namentlich des distalen Abschnittes, 
äußern. Die Flughaut der Fledermäuse, die Grabhand des Maulwurfs, 
die Flosse des Walfisches, die Greifhand des Menschen sind hierfür 
Beispiele. 

Das erste Segment der Vorderextremität, das Oberarmbein, 
Humerus, ist meist ein langgestreckter Knochen, der aber in auffallender 
Weise gemodelt wird, 
in erster Linie durch 
die Muskeln, die an ihm 
Ursprung und Ansatz 
finden. Die Fig. 80 
und * l, einem fliegenden 
und grabenden Säuge- 
tier entnommen, weisen 
dies aus. 

Die proximale Epi- 
phvse trägt den Hu- 
meruskopf. Caput hu- 
meri, dessen halbkuge- 
lige Gelenkfläche mit 

der Scapula das 
Schultergelenk. Ar- 
ticulatio humeri. bildet 
Die Exkursionsfähigkeit 
desselben ist eine sehr 
große und ausgedehnte, 
namentlich bei arbori- 
kolen Tieren, bei denen 
die Bewegungen des- 
selben einen Kegel- 
mantel beschreiben, des- 
sen Achse mit dem 
frontal oder sagittal ge- 
beugten Gliede einen 
Winkel bis zu <Mj° 
bilden können. Dient 
die Vorderglied maße da- 
gegen vorwiegend oder 
au>sohlielilich als Stütz- 
organ, so wird die Dreh- 
bewegung, ebenso wie die Ab- und Adduktion um die Sagittalachsc durch 
den Bau der Gelenkkapsel und durch Muskeln eingeschränkt: Beugung und 
Streckung um eine Frontalachse ist dann die vorwiegende Bewegung. 

Unterhalb des Caput liegt der laterale und mediale Muskelhöker: 
Tuberculum majus und minus der Anthropotomie. mit denen sich häutig 
ein lateraler und medialer Rollfortsatz verbindet. Seltener tritt dazwischen 




Fig. 80. Pteropus cduli*. Skelet in den Körper- 
umrifl eingezeichnet. C Clnvieula; /•' Fibula; ChP Chiro- 
patagium; /'//• Plngiopatagium; J'rP Propatagium; A' Ra- 
diuu; Sj> Sporn, T Tibia, U Ulna; Uropatagium. 



IOC) 



II. Slcclct. 



noch ein mittlerer Rollfortsatz auf. Das distale, verbreiterte Ende gelenkt 
durch die Rolle. Trochlea, mit Radius und Ulna und hat oberhalb der- 
selben jederseits einen Vorsprung. Entepicondylus und Ectepicon- 
dylus = Condylus radialis s. lateralis und C. ulnaris s. medialis. Ohne 
die Muskelleisten des Mittclstflckcs des Huincrus zu nennen, sei hervor- 
gehoben, daß bei zahlreichen Säugetieren oberhalb des Entepicondylus ein 
Kanal oder ein Loch, Catialis (Foramen) entepicondyloideus s. supra- 
eondyloideus medialis sich findet für den Durchtritt des Nervus medianus 
und der Arteria brachialis(Fig. 7Ü). Es fehlt allen recenten Ungulaten, Ceta- 
ceen. Sirenia, sowie der Mehrzahl der Chiroptera und Rodentia; desgleichen 
den altweltlichen Affen, einzelnen Carnivora und Insectivora. Unter Pro- 
simiae fehlt es nur bei Perodictieus. Den erloschenen Säugern scheint es 
sehr allgemein zuzukommen. Uebrigens ist sein Auftreten selbst innerhalb 
desselben Genus manchem Wechsel unterworfen; so fehlt es im Genus Manis 
nur der Art M. Temminkii. bei Rradypus hat nur Hr. tonjuatus J 11. es. 

Der Vorderarm. Antebrachium. besteht aus Radius und Tina, die mit 
dem Humerus das Ellbogengeleuk, Articulatio eubiti, bilden. Ur- 
sprünglich hat in diesem nur Winkelbewegung um eine frontale Achse statt, 
wie bei Monotremen und allen Säugern mit proniertem Radius. Tritt die 
Möglichkeit der Supination hinzu, so geschieht diese Drehbewegung im Ell- 
bogen zwischen Ulna und Radius und zwischen diesem und dem Humerus. 
Hierdurch wird das Ellbogengelenk aus einem Ginglymus zu einem Trocho- 
ginglymus. Dies steht also in Verbindung mit der Ausbildung der Vordcr- 
armknochen. Ist diese eine gleichmäßige, wie bei den Primates, Carnivora 
fissipedia und pinnipedia. Rodentia. Insectivora. Elephas, Procavia. Suidae, 
Hippopotamus, Tapirus, Rhinoceros, Cetacea. Manis, Orycteropus, Xenarthra, 
Marsupialia, Monotremata, so sind es langgestreckte Knochen, deren distales 
Ende mit der Hand sich verbindet. Ist der Vonlerarm der Supination 
fähig, so bewerkstelligt in erster Linie der Radius diese Verbindung. 
Dessen distales Ende ist dementsprechend verbreitert zur Gelenkfläche für 
mehrere Carpalknochen und trügt an seinem Außen- t präaxialen /rande einen 
Fortsat/, Processus styloides. Sein proximales Ende stellt durch das 
Capitulum die Verbindung mit der Ulna und dem Humerus dar. 

Die Verbindung des Vorderarms mit dem Humerus bewerkstelligt im 
übrigen hauptsächlich die Ulna. Diese ist daher proximal am stärksten 
und hat hier einen halbkreisförmigen Gelenkausschnitt (Fossa sigmoides 
major) oder eine sattelförmige Gelenktlärhe zur Aufnahme der Trochlea 
des Humerus. Dorsalwärts wird dieses Gelenk überragt vom starken Ell- 
bogenhöker, Olecranon s. Processus anconacus. an den die Streck- 
muskeln sich festsetzen. Weit schmächtiger ist das distale Gelenkende 
(Capitulum) mit dem postaxialen Processus styloides. Nur beim Elefanten 
übertrifft es an Ausdehnung das distale Ende des Radius. 

Hei der Mehrzahl der unguligraden Säuger: Equus, Artiodactyla. mit 
Ausnahme der Suidae und von Hyppopotamus, desgleichen bei den Chirop- 
tera und Galeopithecus erleidet die Ulna Reduktion. Sie hat bei Chiroptera 
im Mittelteil der Ulna, die knorpelig vollständig angelegt wird, statt und 
zwar derart, daß ihr distales Ende vollständig mit dem Radiusende ver- 
schmilzt; proximal erhält sich das Olecranon. Dazwischen schwindet die 
Ulna in verschiedenem Grade. Hei den Tylopoda verschmilzt sie in toto 
mit dem Radius, beim Pferd geschieht dies mit ihrem proximalen Ende, 
während das distale verschwindet. Achnliches geschieht bei den übrigen 



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£ t*. Fchiütergürtel und vordere Extremität. 



101 



Ruminantia, so daß sogar nur das Olecranon übrig bleiben kann. In diesen 
Fällen, die sich mit Reduktion der Zahl der Finger verbinden, liegt die Tina 
hinter dem Radius. Da aber diesen Zuständen eine normale ö-tingerige Hand 
vorabging, so ist diese iMgerung der Vorderarmknochen keine ursprüng- 
liche, sondern eine durch Anpassung erworbene. Vermutlich ist aber die 
gleiche Lagerung von Radius und Ulna bei Monotreinen, wo jedoch beide 
Knochen gleich stark sind, die für recente Säuger ursprüngliche. Nicht für 
die niedrigeren Tetrapodon. Ursprünglich doch lagen die beiden Knochen 
nebeneinander, parallel zur Achse des Gliedes: eine Lagerung, wie wir 
sie bei Cetaceen antreffen, obwohl sie hier sicher keine ursprüngliche ist. 
Rei der Transformierung zur Flossenform, wobei das Ellbogengelenk un- 
beweglich wurde, muüte Nebeneinanderlagerung der Knochen mit Ver- 
breiterung des Unterarms vorteilhaft werden. 

Ist die Lagerung bei Monotremen die ursprün gliche, wobei der Radius 
vor der Ulna liegt, beide zusammen auf einer Gelenkrolle des Humertis arti- 
kulieren und beide Knochen distal auseinander weichen, so können wir mit 
Tornier die übrigen Zustände hiervon ableiten. Sie lassen sich als progres- 
sive Stadien folgender Umformung darstellen, wobei die Hand als proniert 
angenommen wird. Die anfänglich hinter dem Radius liegende Ulna bildet 
eine neue mediale Gelenkfacelte, die mit einer entsprechend sich bildenden 
medialen Gelenkfläche des Humertis sich verbindet. Durch Zunahme dieser 
neuen und Abnahme der alten lateralen Gelenkfläche des Humerus hat bei 
Monodelphia eine Verschiebung des proxi- 
malen Endes der Ulna in medialer Richtung 
statt, derzufolge sie neben das Radiusende 
zu liegen kommt Hierdurch gleitet Radius 
sowohl als Ulna nebeneinander auf eigner 
Gelenkfläche des Humerus (Beuteltiere, 
Insectivora. primitive Rodentiai. Beide 
Knochen überkreuzen sich hierbei. Dies er- 
reicht das Maximum bei Anthropomorphen. 
bei denen die laterale Facette ganz schwindet 
und Ucberkreuzung in der Mitte geschieht, 
wenn die Hand in Pronation ist. Letztere 
ist die ursprüngliche I^agerung. Zahlreiche 
Säuger sind in verschiedenem Grade im- 
stande, den Radius durch Drehbewegung 
um seine Längsachse (Supination i neben die 
Ulna. parallel zur Achse des Gliedes zu 
lagern. Dies ist aber niemals die Ruhelage 
des Gliedes ebensowenig wie embryonal 
Supinationsstellung der Hand angenommen 
wird. Bei den obengenannten Tieren, deren 
Ulna Reduktion erfährt, hat gleichzeitig 
sekundär Verlagerung derselben nach hinten 
statt infolge Ausdehnung des Radiusgelenkes 
in transversaler Richtung. Aber auch hier- 
bei bewahrt sich Pronation insofern, als 
die distale Epiphyse der Ulna mit der 
lateralen (postaxialen) Seite der Epiphyse 
des Radius verwächst [Tornier], 




Fig. 81. Vorderextrcmitat von 
Talpa europaea. c Centrale; er 
Hamatuiu; / O» faidforme; // 
Hamerns; /« Capitatum; / Tri- 
quetruni; py Pisi forme; r Radius; 
s Lunatum; sc Scaphoid; tr Tra- 
pezium; tz Trapezoid; u L'lna; 
1—V 1. bis '). Hnger. 



102 



II. Skelet. 



Wie bereits hervorgehoben, äußern sich die vielfältigen funktionellen 
Anpassungen der Extremitäten vor allem in der Hand, Manus. Ihre 
Grundform läßt sich folgenderweise vorstellen, wobei die Linien die ge- 
lenkige Verbindung angeben: 



Radius 

Radiale 

Carpale 1 — Carpale i 



Ulria 



. Pisiforme 



Intermedium — Ulnare 
Centrale -. 
Carpale 3 Carpale 4 Carpale "> Mesocarpus| g 



Procarpusj Q 



Metacarpale 1 Metacarpale 2 Metacarpale 3 Metacarpale 4 Mctaearpalc 5 Metacarpus 



Digiti 



Phalanx 1 Phalanx 1 Phalanx 1 Phalanx 1 Phalanx 1 

I I I I I 

Phalanx 2 Phalanx 2 Phalanx 2 Phalanx 2 Phalanx 2 

' I III 

Phalanx 3 Phalanx 3 Phalanx 3 Phalanx 3 

Digitus 1 Digitus II Digitus III Digiti!« IV Digitu» V 
(Pollex) (Index) (Medius) (Annularis) (Minimus) 

Die im vorstehenden gebrauchte rationelle Benennung ist die von 
Gegenbaur in seinen grundlegenden Arbeiten eingeführte. Neben ihr sind 
wenigstens die wichtigsten deskriptiven Namen, wie sie in abgekürzter 
Forin im Gebrauch sind, in untenstehender Tabelle genannt. Rechts sind 
daneben gestellt die neuesten morphogenetischen Bezeichnungen von Emery: 



Radiale = Scaphoid, Naviculare. 

Intermedium = Lunatum, Seniilunare. 

Ulnare =-- Triquetrum, Cunei forme. Pyramidale. 

Ontrale = (Intermedium Cuvierj. 

Carpale 1 — Trapeziutn, Multangulum majus. 

Carpale 2 Trapezoid, Multangulum minus. 

Carpale 3 = Capitatum, Magnuin. 

Carpale t\ = Han,Ätum ' Uneinatum. Uneiforme. 



Probasale. 
Mesobasipodii 
Meaobasale. 
Zentrobasale I. 
Meshypactinale 1. 
Meshypactinale 2. 
Mcshypactinale 3. 
Mcwhypactinale 4. 
Meshypactinale 5. 



Das vorgeführte Schema der Skeletstücke der Säugetierhand erfordert 
weitere Erläuterung. 

Die Einheitlichkeit des Hamatum wird von Gegenbaur als ein auf 
dem Wege der Phylogenese erworbener Befund erklärt, entstanden durch 
Verschmelzung von Carpale 4 und 5. die nur bei einzelnen Cetaceen noch 
getrennt vorkommen. 

Das Centrale ist ein von niederen Formen ererbter Besitz, der 
häutig auf dem Wege des Verschwindcns ist, allermeist bei den Formen, 
deren Carpus mit Verlust der Zahl der Finger Vereinfachung erleidet. Da- 
her fehlt es allen Ungulaten, mit Ausnahme des primitiven Procavia (Ilyraxi, 
sowie des Elefanten, bei dem es in tler Jugend noch als selbständiger 
Knochen auftritt, um später mit dem Radiale zu verschmelzen. Letzteres 
ist vielfach sein I,os und zwar so früh, daß ein knorpeliges Centrale nur 
embryonal oder in frühester Jugend auftritt i Monotreniata, Marsupialia, 
Sirenia?. verschiedene Prosimiae. Gorilla. Schimpanse). Bei vielen Säugern, 
denen es scheinbar fehlt, wie Sorex, Potamogale. Chrysochloris und Eri- 
naceus unter den Insectivora. allen sog. Edentata, mit Ausnahme von 
Myrmecophaga, einzelnen Rodentia, dürfte es daher embryonal noch auf- 
treten. Bei Carnivora und Chiroptera verschmilzt es mit dorn Radiale 
und Intermedium zu einer Masse. Frei kommt es demnach vor bei Myr- 
mecophaga. einzelnen Cetaceen (wälirend es bei anderen nur embryonal 
auftritt), der Mehrzahl der Rodentia und Insectivora, der Mehrzahl der 



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6. Schultergürte] nud vordere Extremität. 



103 



Prosimiae. der Alfen, mit Ausnahme von Gorilla und Schimpanse, ferner 
bei Procavia und dem jugendlichen Elefanten, während es sonst allen recenten 
Ungulaten fehlt. Niedere Vertebraten lehren aber, daß in den typischen 
Bestand des Carpus zwei Centralia: Centrale radiale und ulnare ge- 
hören, von denen das radiale das gewöhnlich auftretende ist. Aber auch 
vom ulnaren linden sich noch Andeutungen bei Säugern, jedoch nur 
embryonal, um später wohl meist mit dem Capitatum zu verschmelzen und 
dessen proximales Ende zu bilden. Zwei Centralia sind vom Hunde und 
einzelnen Marsupialia bekannt geworden [Emen]; auch von Cetaceen 
(Beluga. Monodon) [Leboucq. Kükenthal], bei denen aber das ulnare auch 
mit Intermedium oder Trapezoid verschmelzen kann. Ferner scheint bei 
Galeopitheeus das Centrale mit dem Capitatum zu verschmelzen [Leche]. 

Neben «lern Centrale kommt Verschmelzung auch an anderen Caij>al- 
elementen vor. So bilden Radiale und Intermedium ein als Seapho-luna- 
tum bekanntes Kompositum bei Carnivora. Pinnipedia, der Mehrzahl der 
Rodentia, einzelnen Insectivora, Chiroptera, (ialeopitheeus, Sirenia, Manis, 
Monotremata. Noch nicht in allen Punkten ist diesbezüglich das Ver- 
halten der Marsupialia aufgedeckt. Die beiden Knochen können getrennt 
bleiben (Didelphys. Dasyurus, Petaurus, Trichosurus), doch kann auch ein 
rudimentäres Lunatum mit dem Scaphoid sich verbinden (Bettongia) oder 
mit dem Radius verschmelzen (Phascolarctus) [Emen], Hierher gehört 
auch ein nur jugendlich oder auch bleibend auftretendes Knochenstück, 
das der ulnaren Seite des Radiusendes bei einzelnen Nagern, Lcpidolemur 
[Forsyth Major]. Phascolomys [Thilenius] und als Ossiculum Camperi 
[Kohlbrugge] bei Hylobates anliegt. Bald erscheint es bei Nagern, die 
an Stelle des Scaphoid und Lunatum nur ein Knochenstück haben, als ein 
rudimentäres Lunatum, dann wieder wird es als Intermedium antebraehii 
gedeutet. Weitere Untersuchung muß hier Licht schaffen. Wird ein 
Centrale angelegt, so kann es sich — wie hervorgehoben mit diesem 
Scapho-lunatum vereinigen. 

Auch in der Hand mit nicht oder nur wenig reduzierter Fingerzahl 
können weitere Verschmelzungen statthaben: so bei Sirenia die distale 
Reihe der Carpalia. Auch bei Cycloturus tritt Koalescenz von Trapezoid, 
Capitatum und Hamatum ein. Dies steht in Verbindung mit enormer 
Ausbildung des dritten Fingers und Reduktion der übrigen. Aehnliche 
Erscheinungen haben statt bei Artiodactyla. worüber in der Systematik 
der Ungulaten weiteres. Dort kommt auch die Verschiebung der Carpal- 
elemente zur Sprache. Diese erreicht übrigens bei Cetacea ihr Maximum, 
wohl infolge der geringen individuellen Bedeutung der Carpalknochen. die 
Teile eines Ganzen sind, das an sie keine weiteren Anforderungen stellt, 
als mitzuhelfen, ein Ruder darzustellen. 

Zu den bisher genannten Bestandteilen der Hand gesellen sich andere 
sog. überzählige. Sie können von zweierlei Art sein. Zunächst alt er- 
erbte, die Radien, Randstrahlen entsprechen, welche, am proximalen (prä- 
axialen f oder distalen (postaxialen) Rande der Hand gelegen, häufig ganz 
verloren gingen, meist aber sich erhielten oder zu besonderem Endzwecke 
sich weiter entwickelten, zuweilen in so hochgradiger Weise, daß sie an 
Finger erinnern: Praepollex. Postminimus [Bardeleben], jedoch weder 
als Rudimente gewesener Finger noch als Anlage solcher, die es noch 
werden wollen, aufzufassen sind. 



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104 



II. Skclet. 



Sie gaben Anlaß, die pentadaktyle Hand von einer hexadaktylen ab- 
zuleiten. Die Tatsachen reden aber einer Hcxadaktylie nicht das Wort. 
Für uns ist die Hand der Säuger und ihrer Vorfahren pentadaktyl. In 
ihr entwickelt sich marginal, vermutlich aus einem ulnaren Randstrahl, 
ganz allgemein das Pisiforme, das mit der Ulna. auch mit dem Ulnare 
artikuliert. Es kann aus zwei Gliedern bestehen bei Bathyergus maritimus 
|Hardeleben| und nach Forsyth Major bei verschiedenen anderen Nage- 
tieren, wie Arten von Mus, Brachyuromys, Arvicanthis mit verschieden- 
gradiger Verknöcherung des distalen Stückes, das namentlich bei Ctcnoinys 
groß ist und eine hornige Scheide tragen kann. Vielleicht ist das als 
Ossiculum Daubentoni von Hylobates bekannte Knochenstück [Leboucq, 
Kohlbrugge] gleichfalls als proximales Stück des Pisiforme aufzufassen. 
Bei Chiroptera ist es embryonal ein langes Gebilde in der Flughaut, dessen 
intermediärer Teil schwindet, während der proximale zum Pisiforme wird, der 
distale aber als accessorischer Knorpel mit dem Ende des 5. Fingers sich 
verbindet [Leboucq]. 

Ein radialer Randstrahl war wohl der Keim, aus dem namentlich bei 
grabenden, kletternden, schwimmenden und anderen meist breithändigen 
Säugern ein radialer Randknochen, Praepollex [Bardeleben] infolge mecha- 
nischen Druckes sich hcrvorbildete. Derselbe gelenkt mit dem Scaphoid 
oder mit diesem und dem Trapezium oder mit letzterem allein und tritt 
in der Mehrzahl der Abteilungen der Säuger auf: bald knorpelig, bald 
knöchern als kleiner Stummel, als sichelförmiges Gebilde (Os falciforme. 
z. B. bei Talpa), als langer Stab (Elephas); es kann selbst zweigliederig 
werden (Pedetes). Seine progressive Entwickclung durch spezielle An- 
passung spricht sich noch mehr darin aus, daß bis zu o Muskeln ihn be- 
dienen können [Carlsson, Tornier]. Das spricht dagegen, daß er einfach 
als Sesam bein (radiales Sesambein) zu betrachten ist, ebensowenig wie das 
Pisiforme einfach als ulnares Sesambein. Es handelt sich um alte Bestand- 
teile der Hand, die man vielleicht „radiogene" nennen könnte, da sie wohl 
aus radial und ulnar von den T> Fingern gelegenen Strahlen entstanden, unter 
dem Einfluß besonderer Anforderungen, die an die Hand gestellt wurden. 

Von ihnen sind daher die Sesam beine zu scheiden. Diese sind ein 
Erwerb der Säuger [Emery]. Sie treten bei der Mehrzahl der Säuger 
als paarige kleine Knochenstücke in der Kapsel der metacarpo-phalangealen 
Gelenke derart auf. daß sie die Beuge- und Streckbewegung derselben 
regeln, durch Behinderung seitlicher Bewegung. Auch auf der dorsalen 
Seite können solche „syndesmogene oder tenontogene" Gebilde in den 
metacarpo-phalangealen und intcrphalangealen Gelenken in den Streck- 
sehnen auftreten. Fraglich ist es, ob hierher auch ein Knochenstück ge- 
hört, das Forsyth Major auf der dorsalen Seite des interphalangealcn 
Gelenkes des Daumens bei verschiedenen Nagern antraf. 

Die Metacarpalia und Phalangen haben als lange Knochen eine 
Diaphyse und Epiphyse, jedoch mit folgenden Unterschieden. In Meta- 
carpale II — V bleibt häufig die proximale Epiphyse eine Chondroepiphyse, 
d. h. daß sie keinen selbständigen Knochenkern bildet, sondern von der 
Diaphyse aus verknöchert. Metacarpale I kann sich aber verhalten wie die 
Phalangen, bei denen gewöhnlich nur eine proximale Epiphyse sich ent- 
wickelt, während die distale Epiphyse von der Diaphyse aus verknöchert 1 ). 

I) Die Cetaceen haben eehte Epiphy*en an beiden Enden der Phalangen und 
Metacarpalia |.J. Struthers], desgleichen einzelne Pinnipedia im Fuß [A. Thompson. Flowor]. 



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6. Schultergürtel und vordere Extremität. 



105 



Da diese Uebereinstimmung aber durchaus keine allgemeine ist, darf man 
hieraus nicht den Schluß ziehen, daß Metacarpale I als 1. Phalanx des 
Daumen zu deuten sei. Bei diesem fügen sich nämlich nur 2 Phalangen 
an den Metacarpus, bei den übrigen Fingern aber 8. Ebensowenig ist 
die Annahme gerechtfertigt, daß der Daumen dadurch zweigliederig sei. 
daß seine proximale Phalange mit dem Metacarpale I verschmolzen sei. 
Nur ausnahmsweise, wie bei Chrysochloris, vermindert sich die Zahl der 
Phalangen auf 2 in Finger II bezüglich 1 in Finger III und IV. 

Die Form der End- oder Nagelphalanx ist verschieden, je nach- 
dem sie einen Nagel, eine Kralle oder einen Huf trägt, wie auf p. 15 
besprochen wurde. Trägt die Pha- 



lange eine gut entwickelte Kralle, 
so ist sie ausnahmsweise gespalten 
'Marlis, Chrysochloris, Peramelidae, 
Talpa), häutiger, namentlich bei 
grabenden Tieren, wenigstens an der 
Dorsalseite mit einer Furche ver- 




sehen, wodurch die Verbindung der Fig. 82. Nagel phalanx von 1. Katze von 

Kralle eine festere wird, wie bei der Seite, 2 vom Menschen, 3. von. Pferd, 

. ., i i, j «. i beide von oben. 
Myrmecophagidae und Bradypodidae. 

Nur bei Cetaceen wird die Zahl der Phalangen, wenigstens einzelner 
Finger, größer. Die gleiche Erscheinung, aber weniger konstant und in 
geringerem Maße, können auch die Sirenia zeigen, auch soll sie bei fötalen 
Chiroptera angedeutet sein. Diese Hypcrphalangie ist eine Anpassung 
an die Schwimmbewegung und soll bei den genannten Familien näher be- 
sprochen werden. Sie zielt auf Verlängerung der Finger ab. Diese 
kann auch erreicht werden durch Verlängerung des Metacarpus und der 
Phalangen wie bei Chiroptera. oder des Metacarpale allein wie im 3. Finger 
von Chiromys. Umgekehrt tritt Verminderung der normalen Phalangen- 
zahl im 3., 4. und 5. Finger von Chrysochloris bei gleichzeitiger starker 
Ausbildung der Krallen ein. Hier liegt wohl Verschmelzung von 
Phalangen vor. 

Reduktion der Finger kann zu deren totalem Schwunde führen. 
Entsprechend der allgemeinen Regel, daß die Randtinger in Ausmaß zurück- 
treten gegenüber den mittleren 1 ), beginnt dieser Schwund meist mit dem 
ersten: darauf folgt der fünfte. Schwinden noch weitere Finger oder er- 
leiden sie Reduktion, so folgt der zweite. 

Demgemäß werden bei Artiodactyla der 3. und 4. Finger die funktio- 
nierenden. Beim monodaktylen Pferd bleibt nur der 3. gespart. Ab- 
weichungen von dieser Regel zeigen z. B. die Lorisinae unter den Prosimiae 
bei denen nur der 2. Finger verkümmert. Dieser Rückgang erstreckt sich 
in verschiedenem Grade auf die Metacarpalia und auf die Carpalknochen. 
Sie kann selbst das distale Ende der Ulna in Mitleidenschaft ziehen (Pferd. 
Wiederkäuer.) Gewöhnlich nehmen die übrig gebliebenen oder ausschließ- 
lich funktionierenden Finger an Größe zu. Dies gilt auch für die zu- 



Die geringe Anforderung, die bei diesen Tieren an die individuellen Digiti gestellt 
wird, ist wohl die Ursache hierfür, während der beschleunigte ProzelJ der VerknöcluTiiiig 
der Epiphvse von der Diaphvse au«, der sonst statt hat, dem Werte entspricht, den 
für junge Tiere bereit« nach Möglichkeit solide Finger besitzen. 

1 ) Diese Regel hat Ausnahmen , z. R bei den Bären , deren 5. Finger der 
längste ist. 



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101) 



II. Skclet. 



gehörigen Mctacarpalia, die wohl auch unter sich (Artiodaetyla) oder mit 
den funktionslosen verschmelzen können. Aber auch in der pentadaktylen 
oder nur geringfügig reduzierten Hand können ein oder mehrere Finger 
bevorzugt werden, wofür die Xenarthra (s. diese) gute Heispiele liefern. 

Wichtig ist die Bedeutung, die der 1. Finger dadurch erhält, da Ii 
sein Carpo-metacarpal-Gelenk sattelförmig wird. Hierdurch wird er unter 
Wirkung geeigneter Muskeln befähigt, außer der ginglymischen Bewegung 
um eine transversale Achse, die alle Finger haben, auch Bewegungen um 
eine sagittale Achse auszuführen. Er wird hierdurch zum Daumen (Pollex), 
welcher der übrigen Hand entgegengestellt werden kann und dieselbe 
zur Greifhand erhebt Da sich als Regel mit dieser Opponierbarkeit des 
Daumens Pronation und Suppination der Hand verbindet, wird die solcher 
Gestalt befähigte Hand der Primaten, mancher Roden tia und Marsupialia 
zu einem Organ, das den ganzen Organismus beeinflußt. Der opponier- 
bare Daumen kann Ursache werden des Rückganges des Index (Nycticebus. 
Perodicticus). Auch kann es geschehen, daß auch der Index den übrigen 
Fingern entgegengestellt werden kann (Phascolarctus.). 



Der Gürtel der hinteren Extremität: der Bcckeiigurtel, entsteht aus 
den paarigen ßeckenknorpeln, in welchen sich die von niederen Vcrte- 
braten her bekannten drei Knochen Darmbein, Uium, Schambein, 
Pubis und Sitzbein, lschium getrennt anlegen. Während aber bei 
niederen Vertebraten das Ilium den dorsalen Abschnitt der Beckengürtel- 
hälfte darstellt und der ventrale Abschnitt kranialwärts durch das Pubis, 
kaudalwärts durch das lschium gebildet wird, hat bei Säugern phylogene- 
tisch eine Verschiebung derart stattgehabt, daß das Ilium nach vorne, 
das Pubo-Ischium nach hinten sieht. Das Becken ist also nach hinten 
geneigt und hat diese Lage durch eine rückwärtige Rotation erhalten, die 
sich ausdrücken läßt durch den Winkel, den eine Längsachse durch das 



Ssicrum (sacral axe Huxleyi mit einer Achse bildet, welche die ilio-sakrale 
Verbindung mit dem Acetabulum verbindet (iliac axe H.). Diese Ro- 
tation findet sich auch bei den Anoinodontia. Nach Leche läßt sie sich 
bei Galoopithecus ontogenetisch nachweisen und führt hier zu einer der 
Wirbelsäule parallelen Lame des Darmbeins. Auffallend ist diese bei 
Chiroptcra. Hierbei ist gleichzeitig das Acetabulum derart dorsalwärts 
verlagert, daß das Bein um seine Längsachse gedreht ist und das Knie 



7. Beckengürtel und hintere Extremität. 




Fifc. 83. Becken von Pteio|>us 
edulis von der rechten Seite n. Gr. a 
dorsalwärt» {rekehrte* Acetabulum; / 
Ilium; is lachium, mit den Pwudosakral- 
wirhcln verwachsen; / Ix-lzter I>enden- 
wirhel; / l'ubis; pi Verschmolzene 
Sakral- und Psotulosnkralwirbel; /Tuber- 
cnlum ileo-pcctineiini. 



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7. Beckengiirtel und hintere Extremität. 



107 




dorsalwärts schaut: eine Anpassung an die Flughaut (Fig. SO u. 83). 
Umgekehrt wird enormes Körpergewicht Anlaß zur Verbreiterung und zur 
fast vertikalen Stellung des Hüftbeins, das nach außen gerichtet ist. während 
das Acetabulum ventralwärts schaut (Elephas. Megathcrium, Hippopotamus) 
(Fig. 84). Hierdurch kommt das Femur senkrecht in das Acetabulum zu 
stellen. Wichtig ist. daß bei Monotremen genannte Rotation ontogenetisch 
in inverser Richtung statthat. Der junge Ornithorhynehus hat einen 
Neigungswinkel des Reckens, der ungefähr mit dem der höheren Säuger 
übereinstimmt, weiterhin aber um 4f> 0 zunimmt, wodurch der Reckenjjürtel 
reptilienartig aufgerichtet wird | Howes). Wenn auch in geringerem Maße, 
zeigt sich dieser durchaus sekundäre Charakter des Monotremenbeckens 
auch bei Echidna. 

Die drei Reckenknochen 
verbinden sich erst spät zu dem 
Hüftbein, Os coxae (innomi- 
natum. i Hanum). Das Rubis mit 
dem Ischium so, daß zwischen 
ihnen eine durch Membran ge- 
schlossene Oeffnung. Foramen 
obturatum. bleibt. Entsprechend 
der früheren Auffassung, treffen 
die drei Knochen einander in dem Fig . w i k< . kcn von M ega therium von 
Acetabulum, der Gelenkpfanne vorn gesehen, nach Pauder & IT Alton. <7 Sakral- 
für den Kopf des Femur. Dies wirbel, b Acetabulum. Stark verkleinert, 
ist unrichtig, da das eigentliche 

Rubis, abgesehen von einer Anzahl Ausnahmen (Monotremen, Rinnipedia, 
verschiedene Ungulataj. ausgeschlossen ist von der Bildung des Acetabulum 
[Leche|. An dieser beteiligt sich bei der Mehrzahl der Säuger der kleine 
Rfannenknochcn. Os acetabuli (cotyloideum). der nur bei Monotremen, 
Rrosimiae und Chiroptera zu 
fehlen scheint, sonst aber nur 
einige Zeit selbständig bleibt, 
um darauf mit einem der drei 
Reckenknorhen zu verschmel- 
zen. Hat dies mit dem Rubis 
?.tatt. so beteiligt sich scheinbar 
das Rubis an der Rildung des 
Acetabulum. Zweifelsohne 
keine Epiphvse eines der drei 
Reckenknochen, ist es fraglich, 

ob der Rfannenkliochen keine / letzter Lumbal-, s Sakral-, />/ erster IVcudoaakral 
sekundäre Verknöcherung des wirbel; / Ilium; p Pubis: « Ischium; oa o« aceta- 
Reckenknorpels sei (Fig. Hf>). bu,i ' den lkxicn dc * Acetabulum bildend. ' . n. (ir. 

Die ursprüngliche Form des Ilium ist eine lange, schmale. An 
seiner Außenfläche verläuft in der Längsrichtung ein Kamm. Crista 
lateralis |Leche|, der bei Monotremen, Marsupialia. vielen Insectivora. 
Rodentia, Prosimiae und den Creodonta in der Spina ventralis posterior 
endet, die sich demnach als Charakter niederer Säuger dokumentiert. 
Wo Ilium und vorderer Ast des Rubis sich vereinigen, tritt vielfach ein 
Tuberculum ileo-pubicum auf; daneben kann mehr ventralwärts ein 




Kig. sä. Linke HcekenhäUte von Cervus juv. 



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108 



II. Slcclct. 




Tuberculum ileo-pectineum vorkommen. Die beiden Hüftbeine ver- 
einigen sich ventral in der Symphyse. Ursprünglich wird sie durcli die 
Scham- und Sitzbeine dargestellt und hat dementsprechend bedeutende 

Länge (Monotremen, Marsupialia, einige 
Nager. Menotyphla unter den Insecti- 
vora, Ungulata, Mehrzahl der Carnivora), 
meist jedoch so. dafl der Anteil der 
Schambeine der bedeutendere ist [Leche|. 
Diese bilden sie allein bei Prosimiae. und 
Affen, verschiedenen Nagern, (laleo- 
pithecus, einzelnen Carnivora. Bei In« 
sectivora lipotyphla wird die Sympliyse 
höchstens durcli die ventrale Spitze der 
Pubes gebildet; meist aber haben ihre 
Epiphysenknorpel dies zu tun, während 
die Pubes selbst auseinander weichen. 
Aehnliches hat statt bei Xenarthra und 
Chiroptera. Beim weiblichen Pteropus 
vertritt sogar ein Ligament den Sym- 
physen knorpcl. Diese Cartilago inter- 
pubica, bei manchen der genannten Tiere 
sehr umfänglich, geht durch Maceration 
leicht verloren, wodurch die Schambein- 
verbindung zu fehlen scheint. Dies ist 
tatsächlich unter Insectivora der Fall 
bei Soriciden, Urotrichus und Talpincn 
|Leche| und ist Folge der Divergenz 
der Schambeine, was sich ontogenetisch 
verfolgen lälit und zu einem Hecken 
führt, das den Eingeweiden keinen Raum mehr gewährt. 

Die Hüftbeine verbinden sich mit der Wirbelsäule, wodurch das 
Hecken. Pelvis, zustande kommt. Diese Verbindung geschieht in der 
auf p. 8<> beschriebenen Weise mit dem Ilium. das zu dem Zwecke eine 

überknorpelte Fläche hat, welche mit 
einem oder zwei Sakralwirbeln ein 
..straffes" (ielenk (Articulatio sacro- 
iliaca.t bildet, in welchem kaum Bewe- 
gung möglich ist. Entsprechend der 

hohen mechanischen Anforderung, 
welche die hintere Extremität an das 
Hecken stellt, ist dessen weitere Be- 
festigung an der Wirbelsäule erzielt 
durch starke Ligamente, die vom dor- 
salen Hände des Ischium (Lig. tuberoso- 
und spinoso-sacrum) zu den pseudo- 
sakralen Wirbeln ziehen. An deren 
Stelle kann knöcherne Verbindung tre- 
ten /Pteropus. Xenarthra). 

Das Hüftgelenk, Articulatio 
coxae (coxo-femoralis) kommt zustande 
durch den Kopf des Femur und das 



Fig. 8(5. Ualeopithecu» volaii« juv. 
Ventralansicht de« Rakens, nach Leihe. 
/ llium: is Ischium; / Pubis; oa O» 
aeetabuli ; k Knorpel. 




Fig. 87. Hocken von Echidna von 
der rechten Seite. / Ilium; 2 Ischium; 
3 Pubis; 4 Beutelknochen; 5 durch- 
bohrtes Acctabuluni; 6 Foramen obtu- 



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7. ßerkengiirtel und hintere Extremität. 



109 



Acetabulum. Neider Form ist meist die eines Kugelabschnittes und «las 
Hüftgelenk dementsprechend ein Kugelgelenk mit freier Bewegung. Diese 
wird beschränkter und vorherrschend die eines Ginglymus. wenn der Femur- 
kopf walzenförmig wird (z. B. Pferd). 

Das Acetabulum weist eine Einschneidung. Incisura acetabuli. in 
seinem ventralen Rande auf. Sie fehlt bei Monotremen, deren Acetabulum 
auch darin sich primitiv bezeugt, dali sein (»rund bei Echidna durchbohrt ist. 
Die Incisur steht in Verband mit »lern Ligamentum teres. das als Band oder 
Falte den Femurkopf mit der < lelenkpfanne innerhalb der Gelenkkapsel ver- 
bindet. Es entstand aus eben dieser Kapsel, von welcher Fasern in die Gelenk- 
höhle einwanderten. Während dies bei Monotremen nicht geschah, ist ein 
fehlendes Ligamentum teres bei anderen Säugern als Schwund zu deuten, 
der zuweilen ontogenetisch nachweisbar ist. z. B. Igel | Moser). In anderen 
Fällen kam es. historisch gesprochen, vielleicht überhaupt nicht mehr zur 
Entwickelung. durch besondere Stellung von Acetabulum und Femur, oder 
os tritt nur als nach innen vorspringende Verdickung der Gelenkkapsel 
auf (Elephas. Tapir, Rhinoceros, Hippopotamus. welchen auch die Incisura 
fehlt). Sein regelloses Fehlen, z. B. beim Orang Utan unter Primaten, den 
Faultieren, spricht für seine geringe funktionelle Bedeutung |cfr. Moser). 

Das Becken der Monotremen und Marsupialia ist ausgezeichnet durch 
den Besitz zweier nach vorn divergierender, meist großer Heutelkiioehen, 
Ossa marsupialia, die nur bei Thylacinus knorpelig bleiben (Fig. H7). 
Mit dem Vorderrande der Pubes sind sie mit breiter Basis gelenkig ver- 
bunden. Sie entstehen aus der knorpeligen Masse des Pubis und sind 
wohl dem Epipubis der Anamnia zu homologisieren. Jedenfalls sind es 
nicht einfache Sehnen verknöchern ngen des Musculus pyramidalis oder der 
Aponeurose des Muse, abdominis obliquus externus [Leche). 

Das Fehlen der Beutelknochcn bei Monodelphia könnte vielleicht mit 
«lern Fehlen eines Beutels und einer Brutpflege in Verbindung gebracht 
werden. Ob es bei ihnen noch repräsentiert sein kann durch ligamentöse 
Hartgebilde (Canidae, Huxlev) ist ebenso fraglich, wie die Annahme, dali 
es vertreten werde durch paarige Manis. Pteropus) oder unpaare (Brady- 
pus. Choloepus, Dasypus, Chiropterai Verknöcherungen (Os interpubaJe) 
im Symphysenknorpel | Wiedersheim). Als dem Schambeinknorpel ange- 
hörig, steht der Symphysenknorpel ja allerdings ursprünglich mit der An- 
lage der Beutelknochcn in Beziehung. 

Bei Sirenia und Cetacea <s. diese) reduzieren sich die Beckenknochen 
auf kleine Knochenstäbe. Der Beckcnknochen der Sirenia, der aus Ver- 
schmelzung zweier Elemente (Ischium und IliumV) entsteht, ist durch 
Ligament mit dem Sakralwirbel verbunden. Ein Acetabulum fehlt den 
recenten Sirenia. Bei Cetacea tritt ein solches mit Resten von Femur 
und Tibia noch bei Balaena und Megaptera auf | Struthers |. Bereits bei 
Balaenoptera, mehr noch bei Odontoceti. reduziert es sich aber auf einen ein- 
fachen Knochenstab. Stets ist es außer Verbindung mit der Wirbelsäule, 
entsteht nur aus einem Knochenkern und gibt dadurch keine Antwort auf 
die Frage, welche Knochen es repräsentiert. Da der Muse, ischio-eaver- 
nosus direkt oder indirekt von ihm entspringt, scheint es wenigstens ein 
Aequivalent des Ischium zu enthalten. Wichtiger ist. dali eben diese Be- 
ziehung zum äußeren Geschlechtsapparat wohl Ursache ist der Erhaltung 
dieser Reste bei Sirenia um! Cetacea, während Schwund der Extremität 
die Reduktion des Beckens einleitete. 



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110 



JI. Skelet. 



In der hinteren Extremität hat der lange Oberschenkelknochen, 
Femur, der nur bei Monotremata kurz und von vorn nach hinten 
zusammengedrückt ist, an seinem proximalen Ende den Celenkkopf, 
Caput femoris, zur gelenkigen Verbindung mit der Hüfte (s. o.). Seine 
Achse fällt nur ausnahmsweise, z. B. Monotremen. einzelne Xenarthra und 
Ungulaten etc. zusammen oder fast zusammen mit der Längsachse des 
Femur. meist bilden sie einen stumpfen Winkel. An der HintcrHäche 
unterhalb des Kopfes tritt gewöhnlich an der Innenseite eine Hervor- 
ragung, Trochanter minor oder internus auf, an der Außenseite der 
Trochanter major oder extcrnus. Von letzterem verläuft häutig eine 
Leiste, Crista glutaea. längs dem Schaft, Corpus femoris, und endet bei 
Echidna. Perissodactyla . der Mehrzahl der Insectivora, bei Gürteltieren. 
Orycteropus, einigen Nagern und Prosimiae im Trochanter tertius für 
den Ansatz des Musculus glutaeus. Ucbrigens unterliegt dieser Trochanter 
tertius manchem Wechsel in seiner Lage, die gewöhnlich in der Mitte des 
Femurschaftes ist. aber auch oberhalb des Condylus lateralis sein kann 
((ilyptodontidae). 

Distal endet das Femur in zwei Condylen: Condylus lateralis 
und medialis. Hiermit artikulieren die beiden Knochen des Unter- 
schenkels und zwar stets das Schienbein, Tibia, mit den beiden Con- 
dylen. Das Wadenbein, Fibula, artikuliert durch sein Capitulum tibulac 
mit dem lateralen Condylus des Femur, falls es mit der Tibia nicht ver- 
wachsen ist. Tibia und Fibula liegen parallel nebeneinander, haben 
höchstens nur geringe gegenseitige Bewegung. Stets ist die Tibia. an 
der präaxialen oder inneren Seite des Beines gelegen, der stärkere Knochen, 
während die Fibula (Peronc), wie im Arm die Ulna, Neigung hat zur Re- 
duktion. Sic führt aber niemals zu vollständigem Schwund; denn auch 
bei Chiroptera bleibt wenigstens das distale Ende als Malleolus lateralis 
bewahrt |Leche]. Vielfach sind die distalen Enden beider Knochen ver- 
wachsen (viele Insectivora und Nager, Tarsiusi. zuweilen auch die proxi- 
malen, z. B. bei Xenarthra, einzelnen Insectivora und Nager, wie Lepus 
und Dijuis. Reduktion steht namentlich in Verbindung mit Verminderung 
der Zehenzahl, wie der systematische Teil bei den verschiedenen Ordnungen 
darlegen wird. Sie kann dazu führen, daß bei einzelnen Ruminantia (Cervus 
alces) die Fibula sich nur als distales Knochenstück erhält. Es entspricht 
dem Malleolus lateralis, wie man das distale Ende der Fibula nennt, 
das nur bei Monotremen fehlt [RugeJ, während der Malleolus medialis 
das distale Ende der Tibia bildet. Beide Malleoli können sich über die 
Gclcnktlächc ihrer respektiven Knochen hinaus, die mit dem Talus zuweilen 
auch dem Calcaneus das Fußgelenk konstruieren, fortsatzartig verlängern. 
Artikulation der Fibula mit dem Calcaneus hat nur selten statt (s. p. 112). 

Im Kniegelenk, Articulatio genu. ist auch im besten Falle nur 
geringe pronatorische Bewegung möglich. An der Vorderfläche desselben 
findet sich in der Sehne des Musculus trieeps femoris die Kniescheibe 
Patella (Rotula) als Sesamknochen, Zuweilen treten auch Sehnenknochen, 
sog. Fabellae. an der Hinterfläche der Kondvlen auf. 

Von den Resten von Femur und Tibia bei Balaena, Megaptcra und 
einzelnen Balaenoptera- Arten wird bei den Cetaceen ausführlicher gehan- 
delt werden. Bedeutungsvoll ist, daß bei Zahnwalen vorübergehend wäh- 
rend der Embryonalzcit äußerlich sichtbare Hintcrgliedmaßen in Form 
eines ovalen Ruderblattes angelegt werden aber verschwinden, wenn die 
Bcckcnknoclicn auftreten [(juldberg, Kükenthal]. 



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7. Beckengürtel und hintere Extremität. 



111 



Der Fuss, Pes. wird ebenso wie die Hand in Fußwurzel. Tarsus 
oder Propodium, Mittelfuß. Mctatarsus, Mttafodium und Zehen. Digiti 
verteilt. Der Tarsus hat in seiner proximalen Reihe den Talus (Astra- 
galus), den Calcaneus und das Scaphoid (Naviculare). In der distalen 
Reihe tinden sich von der tibialen zur tibularen Seite des Fußes das Ento-, 
Meso- und Ectocuneiforme resp. Cuneiforme 1, '1 und 'A. die dem I.. II. 
und III. Tarsale des (iegenbaurschen Schema entsprechen, sowie das Cuboid. 
das dem IV. und V. Tarsale entspricht. Letztere Annahme beruht nicht 
nur auf theoretischer Erwägung, sondern auch darauf, daß es Metatarsale 
IV und V trägt und auf dem Nachweis Emerys, daß es bei Didelphys, 
Aepyprvmus und Phascolarctus getrennt sich anlegt. 

l"eber die Deutung der 4 Knochen der distalen Reihe besteht kein 
Zweifel. Schwieriger ist diese für die 3 Knochen der proximalen Reihe. 
Meist hält man den Talus für das verschmolzene Tibiale und Intermedium, 
den Calcaneus für das Fibulare. das Scaphoid für das Centrale. Dem- 
gegenüber stehen aber andere Ansichten. Wir wollen nur die wichtigste 
nennen [Baur. Leboucq, Einen], welche im Talus nur das Intermedium 
sieht. Das Tibiale wäre alsdann vertreten durch ein Knochenstückchen, 
das z. B. bei Ornithorhynchus. Rodentia, Edentata, Hyrax und Condylarthra 
vorkommt, häutig Tibiale tarsi genannt, meist aber als Sesamknochen ge- 
deutet wird. Es kann verloren gehen oder mit dem Centrale = Scaphoid 
verschmelzen zu einem Tibiocentrale. ebenso wie im Carpus das Centrale 
verschmelzen kann mit dem Radiale, um das Scaphoid zu bilden, das dem- 
gemäß ein Radioccntrale ist; ..seulement les parties eorrespondantes etant 
inversement devclopees" [Leboucq]. Wir erhalten demnach dieses Schema: 



Intermedium 

(Talus) Fibulare 
Tibiale (Calcaneus) Protarsus 

(rudimentär oder verschmolzen Centrale 
mit) - -> (Scaphoid» 

Tande I Tarsale II Tarsale III Tarsalc IV Tarsalc V Mwotarsus 

<Kntocui)eitorme)(Mes(x*uneiforme)<Ectociitieiforme» 



I Cuboid) 

Metatarsale 1 Metatarsale 2 Metatarsale ;$ Metatarsale 4 Metatarsale f» 
Phalanx 1 Phalanx 1 Phalanx 1 Phalanx 1 Phalanx II 

Phalanx 2 Phalanx 2 Phalanx 2; Digiti 
Phalanx 3 Phalanx !l Phalanx .'t| 

Digitu* I Digitus II Digitus III Digitm» IV Digitus V 
l Hallux; 



Phalanx 



Phalanx 2 
Phalanx 3 



Bezüglich des Scaphoid konnte Emery dessen Entstehung aus 
einem Centrale tibiale und hbulare bei einzelnen Beuteltieren nachweisen, 
l'ebrigens sind die l'ntersuchungen über den Tarsus nicht als abge- 
schlossen zu betrachten, daher möchte ich das „Trigonum tarsi" unbesprochen 
lassen. Verschmelzungen haben im Tarsus verschiedentlich statt, z. B. 
des Cuboid mit dem Naviculare, der Cuneiformia bei Artiodactvla. Am 
auffallendsten bei Bradypus. bei dem die Verschmelzung jedenfalls ein- 
bezieht: Naviculare, Cuboid. Metatarsalia und Basalphalangen. Diese 
Knochenmasse, mit der auch noch der Calcaneus ankylosieren kann, arti- 
kuliert mit dem Talus. Der Calcaneus ist in der Reyel nach hinten 
verlängert zur Tuberositas calcanei zum Ansatz für die Streckmuskeln 
des Fußes. Sic bildet die Ferse. Als einzig dastehende funktionelle An- 



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112 



II. Skclct. 



passung an die hüpfende Bewegung ersclieint die stielförmige Verlängerung 
von Calcaneus und Scaphoid bei Tarsius und den Galaginae, wodurch eine 
bedeutende Verlängerung des Fußes erzielt wird, wie sie sonst durch Ver- 
längerung der Metatarsalia geschieht (Fig. 81* i. 

Die intertarsale (lelenkung. die so charakteristisch ist für Rep- 
tilien und Vögel, wird bei Säugern nur ausnahmsweise noch repräsentiert 
durch beschränkte Rotationsmöglichkeit des Cuboid und Scaphoid gegen- 
über Talus und Calcaneus bei Affen, Prosiiniae, Chiroptera. (lalcopithccus, 
den Faultieren. Das (ielenk zwischen Fufl und Unterschenkel ist das 
llauptgelenk. Sein Name Sprunggelenk, Articulatio talo-cruralis. be- 
ruht darauf, daß an seiner Bildung meist nur der Talus (Sprungbein) teil- 
nimmt, der vorwiegend, zuweilen ausschließlich mit der Tibia gelenkt. 
Teilnahme des Calcaneus. der dann mit der Fibula artikuliert, kommt vor 
bei Monotremcn. einzelnen Marsupialia, Proboscidea, Toxodon, Artiodactyla. 
Perissodactyla. Lepus. Erinaccus. 



Im systematischen Teil sollen Besonderheiten des Metatarsus und 
der Finger zur Sprache kommen. Hier sei nur auf folgendes allgemeine 
hingewiesen. 

Gegenüber der Regel, daß die Randzehen die geringsten sind, weisen 
die Pinnipedia das (legenteil auf (Fig. 88), desgleichen die ">. Zehe von 
Phascolomys. Von mehr Bedeutung ist, daß ebenso wie der radiale Rand- 
tinger, so auch die tibiale Randzehe (HallllX) opponierbar werden kann und 
den Fuß zu einem Creiforgan macht (viele Marsupialia, Chiromeles unter 
den Fledermäusen. Lophiomys, Pithecheir unter den Nagern, die Primaten, 
insoweit ihr Hallux nicht rudimentär geworden ist.). 



Fig. 8!»- 




Fig. 88. Fuß von Maero- 
rhinus leoninus, nach Flo- 
wer. / Talus; » Calca- 
neus; 3 Scaphoid; 4. 5. 



Fig. 89. Fußwurzel von 
Tarsius, nach Burmei*tcr. 
/ Talus; 6' Calcaneus; s 
8oaphoid; cd Cuboid; 
c\ <-■■ Ento-, Meso-, EctO- 
cuneifonne. 



6 Ento-, Meso-, Ectocunei- 
fonnc; 7 Cuboid; /— /' 
1.-5. Zehe. 



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7. Beckengürtel und hintere Extremität. 



113 



Umgekehrt kann Reduktion und Schwund der Zehen eintreten. 
Bei Ungulaten folgt dieser Prozeß bei dorn l T ebergang des ursprünglich 
plantigraden in den digitigraden und schließlich unguligraden Zustand der- 
selben Regel, wie in der Hand. Auch sonst kann der erworbenen Digiti- 
gradie Reduktion sich zugesellen, welche vielfach durch Verkleinerung oder 
Wegfall des Hallux eingeleitet wird, worauf dann die 5. Zehe folgt (Nage- 
tiere. Faultiere». Allgemein ist dieser (lang der Reduktion aber nicht. 

Zunächst darf als ursprünglicher Zustand wohl der angenommen 
werden, daß der 3. Finger und die 3. Zehe die längsten sind, wenigstens 
nicht kürzer als der 4. Auch im Fuß erhält sich dieser Zustand, wenn er 
nur gebraucht wird, um die Körperlast zu tragen. Ausnahmen bilden die 
Marsupialia und Prosimiae, bei denen die 4. Zehe die längste ist oder 
wenigstens ebenso lang wie die 3. Dies scheint weniger ein Erbteil zu sein 
von entfernten Vorfahren, ähnlich wie z. Fi. noch bei Krokodilen und Sauriern 
die 4. Zehe die längste ist und die meisten Phalangen <f>) trägt: es deutet 
vielmehr darauf, daß nicht unwahrscheinlich die heutigen Beuteltiere, auch, 
soweit sie nicht arborikol sind, von kletternden Formen abstammen [Huxley. 
Winge, Dollo]: denn nur unter kletternden Formen ist die 4. Zehe die 
längste. Hieraus folgt aber nicht, daß dies bei allen Kletterern der Fall ist 
(Affen. Nager etc.«. Aehnlich wirkt der mechanische Einfluß der Schwimmbe- 
wegung auf die Verlängerung der 4. Zehe, wie zahlreiche Schwimmer beweisen 
(Hahrothrix hydrobates. Myogale, Ncctogale, Crossopus [Winge]). Diesem 
leberwiegen der 4. Zehe kann Reduktion sich zugesellen: zunächst des 
Hallux darauf der 2. und 3. Zehe endlich auch der f>., wie sie die schein- 
bare Monodaktylie von Chocropus aufweist. Alle diese 1'ebcrgänge zeigen 
die Marsupialia [Dollo]. 

Gegenüber dieser Reduktionsreihe, wobei die 4. Zehe die präva- 
lierende bleibt (Marsupialia, Insectivora. Prosimiae) steht als andere Reihe, 
die wobei die Prävalenz der 3. Zehe zukommt (l'ngulata. Rodentia). 
Die Reduktionen an der Extremität der l'ngulaten. die auf Vereinfachung 
abzielt ohne Beeinträchtigung der Festigkeit und deren Endzwecke lange 
Hebelarme sind, die schnellen Lauf und Sprung befördern, beginnt in 
•ler Hinterextremität, da von ihr größere Arbeit verrichtet wird. Dem- 
entsprechend entsteht das Laufbein < Canon i im Fuße der Wiederkäuer, 
mit Ausnahme der Traguliden, aus Verschmelzung der vollständigen Meta- 
tarsalia III und IV und den obersten Enden der Metatarsalia II und V 
[Boas], während die den letzteren entsprechenden Metacarpalia in der Hand 
noch vorhanden sein können. Weiteres hierüber siehe in der Systematik 
der Fngulaten. 

Solche Verschmelzung im Metatarsus hat auch statt bei springenden 
Nagern. So bilden Metatarsale II. III und IV bei Alactaga einen langen 
Knochen: am distalen Ende, wie bei Vögeln, mit Gelenkhökern für die 
Zehen. 

Abweichend von den bisher genannten Reduktionen ist die Ver- 
minderung der Zahl der Phalangen auf zwei in den Zehen der pentadak- 
tvlen Hand von Chrysochloris. und unter Fledermäusen bei Rhinolophini. 
Myxopoda und Thyroptera. was wohl auf Verschmelzung der 1. und 
'2. Phalanx beruht. Die Chiroptera sind ferner ausgezeichnet durch ein 
..Spornbein", das auch knorpelig sein kann und. von der Tuberositas calcanei 
entspringend, die Flughaut stützt. Endlich ist die Syndaktylie hervor- 
zuheben, d. h. die innige Verbindung zweier Zehen durch das Integument 

Wcljor. SttiKTCtiore. 8 



114 



II. Skolet. 



bis zur Zehenspitze oder wenigstens bis zur Nagelphalanx, so daß beide 
nun gemeinschaftlich funktionieren können und häutig wie eine Zehe mit 
zwei Nägeln aussehen. 

Syndaktylie hat nur für die 2. und 3. Zehe statt und zwar bei allen 
diprotodonten Marsupialia und unter den polyprotodonten bei den Perame- 
lidae; ferner bei Hylobates syndactylus. Auch Callithrix hat syndaktyle 
Zehen. Dies weist auf eine Folge arborikolen Lebens; um so auffallender 
ist daher die Syndaktylie der 2. und 3. Zehe bei dem wasserbewohnenden 
Insektivor: Potamogaie velox. die nichts mit Schwimmhäuten zu tun hat. 
Diese treten vielfach zwischen Fingern und Zehen auf. 

Das Tibiale tarsi kam oben bereits zur Sprache als sog. accessorischer 
Knochen, der auch zuweilen als tibialcs Sesambein aufgefaßt wird. Ge- 
wöhnlich ist seine Lagerung so, daß es mit Naviculare und Talus oder mit 
einem von beiden artikuliert. Daran kann sich distal ein 2. Skeletstück 
anschließen, das zuweilen auch mit dem Naviculare oder Metatarsale I 

artikuliert. Es kann 
^ö-üä*' m *' er Insertion des 

Musculus tibialis po- 
sticus liegen oder in 
deren Nähe. Es stellt 
den sog. Praehallux 
[v. Kardeleben] dar, 
der bei Erhaltung 
des Tibiale tarsi als 

zweigliederig be- 
zeichnet wird. Bei 
Nagern kann er groß 
werden und bei Cer- 
colabes selbst ein 
nagelartiges Gebilde 

tragen [Howes]. 
Dieses letztere dis- 
tale Skeletstück heißt 
auch wohl im Hin- 
blick auf seine Lage 

Praecuneiforme 
[Ptitzner]. 

Im allgemeinen 
ist der Fuß gleich- 

Fijr. 90. /. Miticlzehe von Tapirua tsemiplantigrad); artiger als die Hand, 
2. von CaniH (digitigrad); j. von Fqim* (unguligrou); m Meta- er \\\$\\ jn dem 
rarpal ia; / Phalangen; tJ Trapezoid; <• Capitatum; / Dorsal- 
ligamcnt; 4. von Coryphodon anax nach Osborn (plantiprad). 
A Tibia; a Tains; V Calcaneus; s Scaphoid; e KcUniinei- 
formc; cb Cnboid; //- VI. - .">. Finder; / Facette des Tain«; gen verwendet wird. 
p l das Calcaueue für die Fibula. \\\c in der Hand. 

steht die Form der Nagelphalanx in Verbindung mit deren Nagelbekleidung 
(Nagel, Kralle. Huf ). Dies steht wieder in Verbindung damit, wie die Glied- 
maße gebraucht, namentlich wie Hand und Fuß auf den Boden gesetzt 
wird (Fig. 90). Ruht die ganze SohlHäche auf dem Boden, so ist das 
Tier plantigrad. Aus diesem ursprünglichen Zustande entwickelte sich 
durch Aufrichtung der Metapodien der digitigrade. wobei das Körper- 




Maße, wie diese zum 
Greifen, Graben, Flie- 



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1. Gehirn und Rückenmark. 



115 



gewicht auf dem größeren Teil der Sohltläche der Finger ruht (Hund). 
Hat dies statt auf der ganzen Sohltläche der Finger, wie beim Kamel, so 
spricht man wohl von digitiplantigrader Extremität [Rütimeyer], Dies ist 
aber nur ein (irad der Digitigradie, entsprechend dem verschiedenen Maße 
der Aufrichtung der Metapodia und Digiti. Im semiplantigraden oder 
semidigitigraden Zustand ist eben die Aufrichtung nur erst so weit vor- 
geschritten, daß das distale Ende der Metapodien. somit der Metacarpalia und 
Metatarsalia noch auf dem Roden liegt a 
ihr proximales Ende aber bereits sich 
aufgerichtet hat i Elefant, Dinocerata). 

Haben endlich nicht nur die Meta- 
podien, sondern auch die Digiti diese 
Aufrichtung bis zum vertikalen Stande 
durchgeführt, so ruht das Körperge- 
wicht auf der Spitze der Nagelphalanx 
oder besser auf deren Hornbeklei- 
dung (Huf). 

Dieser unguligrade Zustand wird 
bei Perisso- und Artiodaktylen, aber 
auch bei Choeropus (Marsupialicr), bei 
einzelnen Nagern (sog. Subungulaten), 
teilweise auch bei Tolypeutes unter 
den Edentaten angetroffen. 

Die genannte vertikale Aufrich- 
tung, die mit Verlängerung gepaart 
geht, hat in den distalen Abschnitten 
der Extremitäten statt. Ihr Ziel ist 
Bildung langer Hebelarme zum Zwecke 
schnellen I^aufes. Als sekundärer Pro- 




zeß kann sich hinzu gesellen vertikale 
Aufrichtung des ganzen Gliedes bei 
großen Ungulata. Dies ist eine An- 
passung, um das vermehrte Gewicht 
auf eine vertikale Säule zu fibertragen. 
Hand in Hand hiermit geht eine Lage- 
änderung der Gelenkfacctten in der 



Fip. Ol. Längsschnitt durch 
HumertiH, Radius und Tina von Elephas 
(\) u. Rhinoeoro* (2). Die punktierten 
Linien («teilen die Vorderarmknochen 
in Streckung dar. an Längsachse des 
Humeru«; bb Achse durch Hinter- und 
Vordcrnnd der proximalen und distalen 
Gelenkfacette mit dem Grade der 
Winkelstcllung; nach iL F. Osborn. 



Richtung der Drucklinien, was sich 
ausdrücken läßt durch einen Winkel, den ihre Ebene mit der Längsachse 
des Schaftes des Gliedes bildet. Dieser Winkel wird bei Aufrichtung 
z. 13. im Schultergelenk stets mehr ein gerader (Fig. 91). 



III. Nervensystem. 

I. Gehirn und Rückenmark. 

Kennzeichnend für Säugetiere ist die hohe Entwicklungsstufe des 
Gehirns, namentlich des Vorderhirns und insonderheit der Großhirn- 
hemisphären, dem Sitze der seelischen Funktionen. Entsprechend dem 
Grade der Ausbildung einer Tierart, wächst innerhalb gewisser Grenzen, 
die teüweise durch die ererbten Charaktere der Familie, gegeben werden, 
welcher diese Tierart angehört, Volum und Komplikation des Baues dieser 
Hirnteile. 



Digiti. 



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116 



III. Nervensystem. 



Daß hier ein stufenweise fortschrittlicher Entwicklungsgang vorliegt, 
lehrt Yergleichung recenter und fossiler Säugetiere. 

Natürliche und künstliche Ausgüsse der Schädelhöhle tertiärer Säugei 
zeigen nach Marsh, Bruce, Scott u. A., daß diese im allgemeinen kleinere 
Gehirne hatten, namentlich ein kleineres Yorderhirn, und zwar nicht nur 
die Formen, die ohne Nachkommen ausstarben, zuweilen vielleicht gerade 
deshalb, weil ihnen die adaptive Fähigkeit abging, ihr Hirn zu höherer 
Ausbildung zu bringen. Es gilt im allgemeinen auch für die Formen, 
die? in die Vorfahrenreihe recenter Säuger gehören. Sie hatten die Fällig- 
keit nicht nur das Ausmaß der Großhirnhemisphären zu vergrößern, viel- 
fach läßt sich auch deren zunehmende Komplikation, insoweit diese sich 
äußert durch Windungen ihrer Oberfläche, nachweisen. 

Ueberzeugender lehrt den Fortschritt Yergleichung niederer und höherer 
Formen der Jetztzeit, allerdings mit Ausnahmen, da verschiedene Faktoren 
Windungsreichtum und Yolumen beeinflussen. Nehmen wir für letzteres. 




Fig. 02. (\>nlour des S'hödcl* mit einpe/eiehnetein Ausguß der Scbädelhöble 
in ihrer Lage zur I »emonMratiori der Hirngrülie eine" recenten l'ngulaten A (l'ferdi 
in ' „ und eines etK-ünen Ii <Dinoceras> ' , n. Gr. ; nach Marsh. 

also für die llirnmasse. in einigermaßen grober Weise das Resultat von 
Wägungen als Maßstab, so lehren diese, daß das absolute Hirngcwieht 
zwischen 0,43 Gramm und 7 Kilo i Ualaenopteriden) schwanken kann. Es 
nimmt aber nicht proportional zu mit dorn Körpergewicht. Verglichen mit 
letzterem, nimmt vielmehr das relative Hirngewicht innerhalb einer natür- 
lichen Ordnung ab mit der Zunahme des Kürpergewichtes: es haben also 
innerhalb einer natürlichen Ordnung die kleinen Tiere ein verhältnismäßig 
größeres Gehirn. Zu beachten ist aber, daß beim wachsenden Individuum 
das relative Hirngewicht abnimmt, bis das Maximum des Wachstums er- 



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1. Gehirn und Rückenmark. 



117 



reicht ist. Da das Gehirn dieses früher erreicht als der Körper, so ist 
also die Abnahme keine gleichmäßige. 

Der Körper ist gewissermaßen im Gehirn vertreten. Hieraus folgt, 
daß die nach Inhalt und Überdache umfangreichere Maschine eines größeren 
Säugers eine größere Hirnmasse haben muß für die automatisch-reflek- 
torischen Prozesse, die bei ihm quantitativ umfangreicher sein werden, als 
bei einem kleineren Sauger. Damit werden also z. B. die kleinen Hemi- 
sphären und ihre Umgebung zunehmen müssen. Die höheren psychischen 
Prozesse sind dagegen von der Masse des Körpers nur insoweit abhängig, 
als Sinneswahrnehmungen nach innen reflektiert werden, teilweise auch 
insoweit, als Muskel- und Eingeweidenerven das Tier zu einem fühlenden 
Subjekt machen. Damit müssen also die „höheren Hirnteile": Kinde und 
Mark der großen Hemisphären gleichfalls zunehmen, aber nur bis zu 
einem gewissen Grade, da im übrigen die psychischen Prozesse, die auf 
Vorstellungen und deren Associationen beruhen, unabhängig sind von der 
Masse des Körpers. Ihre Zunahme fordert Zunahme der psychischen und 
Associations-,.Centra". Deren Ausbildung hat aber in der Ontogenese zu- 
letzt statt, auch wohl in der Phylogenese der Säuger. Ihr Zurücktreten 
erklärt das kleinere Vorderhirn der tertiären Vorfahren, ihre Fortentwicke- 
lung das größere vieler recenten Nachkommen; jedoch bei einer natürlichen 
Ordnung mehr als bei der anderen. 

Inwieweit die Größe der pereeptiven Sinnesobertläche des Körpers 
die Quantität des Gehirns bei gleicher Organisation bestimmt, hat E. Dubois 
an der Hand von Relationszahlen von Körper- und Hirngewicht in in- 
geniöser Weise berechnet Aus einer langen Liste gebe ich einige dieser 
3 Zahlen nach meinen und anderen Wägungen. 

1. Tinviops tur«io "278 000 g Hirngew., 1886 g Körpergew.. 1 : 432 Relation 

2. Globiocephalus mehw 1 OuOOOO „ ., 2511 „ „ 1:400 

3. Elepha* indicus 3 048 000 ., 5430 ,. ., 1 : 500 

4. Mklas roidas 335 „ „ 12.8 „ ,. 1 : 2*5 

5. Ateles atcr 1845 „ .. 126 „ 1 : 15 

6. Felis minuta 1235 ., „ 23 6 „ ., 1 : 56 

7. Felis pardus 27 700., ,. 164 .. ., 1:168 

8. Felis leo 1ÜJ500,. .. 21U ,. .. 1:546 

Aus 1., 2, 3. erhellt, daß bereits kleinere Cetacea und die Probos- 
cidea, aber auch nur diese, das absolute Hirngewicht des Menschen ttber- 
tretfen. Aus 4. und 5. folgt, daß die kleinen südamerikanischen Affen, 
einzig unter Säugern, das relative Hirngewicht des Europäers, wenn wir 
dies als Vss annehmen, überragen; eben durch die Kombination eines ge- 
ringen Körpergewichtes mit relativ hohem Hirngewicht. Nr. 0, 7, 8 sind 
Beispiele dafür, daß innerhalb einer Familie das relative Himgewicht ab- 
nimmt mit Zunahme des Körpergewichtes beim erwachsenen Tier. Daß 
dies noch auffallender statthat während des Wachstums, lehrt z. H. Ver- 
gleichung eines 5 Wochen, 4 Monate, 11 Monate alten und eines er- 
wachsenen Löwen mit den relativen Gewichten 1 : 18, 1:80. 1:184, 1:540. 

Die Embryologie lehrt, daß vom Vorderende des Rückenmarks dessen 
Fortsetzung ventralwärts durch die ..Nackenbeuge'* sich abknickt, daß ferner 
am Vorderende der Chorda dorsalis dieser abgeknickte Teil des Neural- 
rohres, der das spätere Gehirn liefert, abermals — durch die „Scheitel- 
beuge" — sich abknickt. Damit zerlegt sich das Gehirn in zwei primäre 
Abschnitte: einen prächordalen, dessen Einheit, trotz weiterer Differen- 



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118 



III. Nervensystem. 



zierung, durch die Zusammenfassung als Archencephalon angedeutet 
werden kann. Zweitens in einen dorsal von der Chorda gelegenen epi- 
chordalen: das Rautenhirn. Rhombencephalon oder primäres Nachhirn. 

Das Archencephalon oder Urhirn steht zu 2 Sinnesorganen in 
Beziehung. 

Zum Geruchsorgan durch den Nervus olfactorius, und zwar die als 
sekundäres Vorderhirn, Endhirn oder Telcncephalon bezeichnete Region 
des Archencephalon aus der der Riechlappen, Lobus olfactorius. hervorgeht. 

Auf sie folgt das Zwischenhirn. Diencephalon, das auch wohl mit 
dem vorigen als Yorderhirn oder Prosencephalon zusammengefaßt wird. 
Seine Sonderung geht vom Sehorgan aus. 

Zu diesem hat auch die 3. Region: das Mittelhirn. Mesencephalon, 
Beziehung. 

Diese 3 Regionen des Urhirns werden auch wohl als Großhirn 
zusammengefaßt 

An dieses schließt sich das Vorderende des Rückenmarks an, das 
sich strukturell und seinem Aeußern nach zu einem Hirnteil, dem Rauten- 
hirn differenzierte, und, wie bemerkt, durch die 
Nackenbeuge vom Rückenmark, Medulla spinalis, 
sich abknickte. Es heißt auch primäres Nachhirn, 
da es sich im Fortgang der Entwicklung in 
einen vorderen Abschnitt: das Hinterhirn, 
Metencephalon, und ein schwänz wärts ge- 
legenes sekundäres Nachhirn, Myelencephalon, 
sondert, dessen dem Rückenmark ähnlicher 
Charakter im Namen verlängertes Mark, 
Medulla oblongata, seinen Ausdruck findet. 

Vom Rhombencephalon. auch wohl 
Kleinhirn genannt, entspringen alle übrigen sog. 
Gehirnnerven, somit vom III. bis zum XII., 
von denen die beiden letzten den spinalen Cha- 
rakter, somit den der Rückenmarksnerven be- 
wahrt haben. 

An den genannten 5 Regionen läßt sich je ein Boden-, Seiten wand- 
und Dachteil unterscheiden, da sie von einer Fortsetzung des Canalis centra- 
lis des Rückenmarks durchzogen werden. Dieses mit Liquor cerebrospinalis 
gefüllte Kanalsystem erleidet aber Umbildung, teilweise erhebliche Erweite- 
rung zu den Ventrikeln, je nach der Entfaltung seiner Umwandung. Man 
hat sich weiter zu erinnern, daß anfänglich diese Hohlräume einen blasigen 
Charakter haben und damit den 5 Hirnblasen der Embryologie entsprechen. 

Anfanglich bestand ihre Wand aus Epithelzellen, die zeitlebens unter 
dem Namen Ependym die Ycntrikelhöhlen bekleiden. Dasselbe kann 
außerdem den dorsalen Dachteil des 3. und 4. Ventrikels bildend, als deren 
einzige Deckung bestehen bleiben, allerdings verstärkt durch bindegewebige, 
den Hirnhüllen angehörende Schichten. Im größten Teil der Wandungen 
der ;") Hirnblasen entsteht aber durch Zellvermehrung die aus Ganglien- 
zellen bestehende graue und die aus Nervenfasern zusammengesetzte weiße 
Substanz, die sich in den verschiedenen Ilirnregionen in sehr ungleicher 
Entfaltung schichtenweise. er>tere auch als graue Kerne sondern. 

Von hinten beginnend, begegnen wir im Rautenhirn einer rauten- 
förmigen Erweiterung des Ventrikels, der als Ventriculus rhomboidalis 




Fig. 93. Medianschnitt 
durch den Kopf eines Em- 
bryo von Manis javanica von 
9 cm Länge, r Riechlappen; 
v Vorderhirn; m Mittclhiru; 
h Hinterhirn; * Zunge; w 
Halswirbel; / Larynx; e Epi- 

rtis. Oberhalb der Mitte 
schraffierten Basis cranii 
liegt die Hypophysis cerebri. 



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]. Gehirn und Rückenmark-. 



III» 



oder als vierter bekannt ist. Boden und Seitenwände liefern kaudal ver- 
schiedene Stränge, die als Fortsetzung der Stränge des Rückenmarks er- 
scheinen. Sie charakterisieren die eigentliche Medulla oblongata gegenühei 
«lern Mctencephalon . dessen Boden der Pons Varoli bildet. Diese 
..Brücke" querverlaufender Nervenfasern gewinnt namentlich aber erst bei 
höheren Säugern kranio-kaudal an Breite, dorso-ventral an Dicke, und 
dringt mit ihren ober- 

2/ 



Sächlicheren Fasern in 
das Cerebellum. Sie 
stellen als Pedunculus 
cerebelli ad pontem 
den mittleren Stiel des 
Cerebellum dar. Dieses 

Cerebellum oder 
Kleinhirn in engerem 
Sinn formt das vordere 
Stück des Daches des 4. 
Ventrikels.dahinter wird 
er durch Ependym ge- 
scblo>>on. Bei besserer 
Ausbildung wird diese 
zarte Membrana tectoria 
durch AdergeHechte in 
den Ventrikel eingestülpt 
und stellt dessen Plexus 
chorioideus dar. 



8 



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U. 1L 



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13 



Fig. 94. Schematischer Vertikalschnitt in der Median 
ebene des Gehirns. / Bulbus olfactorius; 2 Hemisphären 
niantel; 3 Hasilarer Stammteil derselben; 4 Corpus striatum 
5 Hypophysis am Ende des Infundibulum; 0 Pedunculi 
cerebri; 7 Pons Varoli; 8 Cerebellum; 9 Medulla oblongata; 
10 Ventrieulus lateralis-, /; 3. Ventrikel; 12 Aquaeductus 
Sylvii; /.? 4. Ventrikel. Das Ventrikelsystem ist punktiert, 
das Ependym doppelt konturiert. 



Das Cerebellum entsteht durch starke Wucherung des Dachteils und 
sondert sich in einen mittleren longitudinalen Abschnitt, den Wurm: Ver- 
um, und in die zwei seitlichen Hemisphären. Bei der einen Säugergruppe 



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Fig. 95. Medianschnitt durch das Gehirn von Ornithorhynehus; nach Elliot Smith, ca. X-t- 

treten letztere, bei einer anderen ersterer mehr in den Vordergrund. Der 
Verbindung der Klcinhirnhemisphären mit der Brücke wurde bereits ge- 
dacht. Sie bildet den mittleren Teil des Stiels der Großhirnhemisphäre. 
Vorn gesellt sich dazu die Verbindung mit dem Mittelhirn durch die vorderen 



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III. Nervensystem. 



Hirnschenkel, hinten durch die hinteren Schenkel, mit der Medulla oblon- 
gata. Sie führen alle dem Kleinhirn Nervenfasern zu, welche die weiiie 
Substanz des Kerns des Cerebellum bilden, während die Kinde aus 
grauer Substanz besteht. Sie legt sich lamellös in transversale Falten, 
wodurch Lobi und Lobuli entstehen. Hierdurch erhält besondere Selbst- 
ständigkeit der ventral gelegene Flocculus (Lobus flocculi), dessen Aus- 
dehnung häufig eine Fossa flocculi als tiefe (Jrube hinter dem Perioticum 
im Schädelgrunde hervorruft. 

Sonderung in Wurm und Hemisphären hat namentlich im kaudalen 
Teil des Cerebellum statt, vorn kann sie so unbedeutend sein, daß jede 
transversale Differenzierung fehlt. Wichtiger ist es daher, das Cerebellum in 
einen vorderen und hinteren Lobus |Bolk| zu teilen durch einen tief- 
einschneidenden Sulcus primarius [Elliot Smith u. A.J, wie auch die 
embryonale Faltung des Kleinhirns die primäre Bedeutung dieses Sulcus 
darlegt [Kuithan u. A.J. 



Fig. 9f>. Gehirn von Ornithorhynchus von Milien, nach Wegnahme der hinteren 
Partie der linken Großhirnhemisphäre' Ca. X 4, nach Klliot Smith. 

Im Mittelhirn, das die geringste Umformung erfuhr, reduziert sich 
der Ventrikel zu einem feinen Kanal, dem Aquaeductus Sylvii, infolge 
gleichmäßig starker Ausbildung seiner Umwandung. An seinem Hoden 
finden sich die Pedunculi cerebri: Fortsetzungen der Pyramidenstränge 
des Rückenmarks zum Großhirn. Als Dach erscheinen die Vierhügel. 
Corpora quadrigemina: graue Kerne, von denen bald das vordere bald 
das hintere Paar besser entwickelt ist. Dies wird in Verbindung stehen 
mit funktionellen Einrichtungen bei den betreffenden Tieren, da vermut- 
lich «las vordere Hügelpaar zum Sehorgan, das hintere zum Gehörorgan 
in Beziehung steht. Letzteres gilt auch für die Corpora geniculata. 
welche die Seitenwand des Aquaeductus bilden und hinter den Thalami 
optici liegen. 

Im Zwischcnhirn liegt der 3. Ventrikel. Er wird durch seine 
Seiten wände: die Thalami optici zu einem vertikalen Spalt eingeengt, 
der sich ventral in den Trichter fortsetzt. Diesem Infundibulum ist 
ventralwärts die meist große Hypophysis cerebri angelagert. Der 




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1. Gehirn und Rückenmark. 



121 



Trichter bildet den Boden des Ventrikels. Vor ihm liegt das Chiasnia 
der Sehnerven, die aus den Thalami ihren Ursprung nehmen und als 
Tracti optici zutage treten. In der Medianebene verbinden sich die Tha- 
lami optici durch die Commissura media oder mollis, die aus grauer 
Substanz besteht und die Ventrikelhöhle durchquert. Die Decke des Ven- 
trikels ist ependymatös, ihre zarte Epithellage wird durch die Pia mater 
verstärkt, deren Gefäße hier ein Geflecht bilden (Plexus chorioideus). das 
die Decke in den 3. Ventrikel und weiter in die beiden Seitenventrikel 
einstülpt. Am Hinterrande liegt die Zirbel, Epiphysis cerebri, durch 
2 Stiele den Vierhügeln angelagert. 

Fig. 97. Fig. 9S. 




Fig. 97. Vcntralflächc de* Gehirns von Ornithorhynehus x 3, nach Elliot Smith. 

Fig. 98. Ventralfläehe des Gehirns von Orycteropus. nach Elliot Smith in 4 / f ,'n. Gr. 
bo Bulbus olfactorius; Cb Cerebellum ; ee Crus cerebri; lp LOCUS perforatus; Ipp Ijnbus 
pyrilonnis posterior; mo Medulla oblongata; /Tons Varoli; po Peduueulus olfactorius ; 
to Tubereuiuni olfactorium; tro Tractm» olfactorius; tr opt Tractus opticus. /// K. 
ocnlotnotorius; V N. trigeminus. 

Als vordere Wand des 3. Ventrikels erscheint die Schlußplatte oder 
Lamina terminalis. Zu ihrem Verständnis, sowie des sekundären Vorder- 
haus überhaupt, haben wir uns zu erinnern, daß man sich letzteres auf 
früher Entwicklungsstufe als unpaare Ilirnblase vorzustellen hat. Sein 
Ventrikelraum setzte sich in den späteren 3. Ventrikel fort. Vonlerrand 
und Dachstrecke dieser Endblase wurde nun in der Medianebene einee- 
faltet. Diese ..Mantelspalte*', in der später die Sichel der harten Hirn- 
haut (Dura mater i liegt, scheidet die rechte und linke Großhirnhemisphäre, 



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122 



III. Nervensystem. 



die jede einen Scitenventrikel, sozusagen eine Hälfte des unpaaren Yen 
trikels, enthält. Beide behalten die Kommunikation mit dem 3. Ventrikel 
jederseits durch das Foramen Monroi, das jederseits von vorn her durch 
die Schlußplatte begrenzt wird. Die Schlußplatte ist somit die bei der Bil- 
dung der Mantelspalte in die Tiefe gelangte Dachstrecke der Hemisphären. 

Bei weiterem Wachstum fallt an den Hemisphären auf, daß sie nicht 
nur nach vorn von der Lamina terminalis, sondern auch nach hinten be- 
deutend auswachsen und weitere Differenzierungen erfahren, wodurch sich 
sämtliche Säugetiere über die übrigen Vertebraten erheben, da es sich 
um Bildungen handelt von weitreichender morphologischer und physiologi- 
scher Bedeutung. 

Der auch für Säugetiere geltenden Regel entsprechend, daß je basaler 
und medialer ein Hirnteil liegt, um so phyletisch älter, je lateraler und dor- 
saler, um so jünger er ist — sind die Veränderungen im basalen Stamm- 
teil wenig auffällig. Hier liegen die Stammganglien und zwar das Corpus 
striatum, das den Boden des Seitenventrikels bilden hilft und als Nu- 
cleus caudatus zum Thalamus opticus sich erstreckt. Diese Teile er- 
fahren höhere Ausbildung zunächst gegenüber den Sauropsida, dann auch 
unter den Säugerordnungen selbst. 

Weit auffallender ist, was in Hauptsache an der basalen Oberfläche 
statthat. Wie bei allen Vertebraten, treten die Riechnerven in den Bulbus 
olfactorius, der sich der Siebplatte des Ethmoid anlegt und bei starker 
Entfaltung in der auf p. G9 als Fossa olfactoria bezeichneten Schädelgrube 
liegt. Durch einen Stiel ist er mit einem Teil der Heinisphäre verbunden, 
der anfänglich als unbedeutendes Ganglion (Lobus olfactorius) erscheint 
Diese Teile entwickeln sich in der Vertebratenreihe gradatim weiter, ge- 
langen aber erst bei Säugern zur höchsten Blüte. Sie differenzieren sich 
hier von vorn nach hinten in den Bulbus und Pedunculus olfactorius, 
Tuberculum olfactorium, Lobus pyriformis, Locus perforatus und 
Hippocampus mit Umgebung (Fig. 98). All diese oberflächlichen Gebiete, 
die den zentralen Riechapparat darstellen, fassen wir mit Elliot Smith als 
Rhinencephalon |W. Turner] oder Riechhirn zusammen (vergl. Fig. 99). 

Unser Raum gestattet nicht auf die reiche Nomenklatur dieser Teile 
einzugehen. Auch kann nur angedeutet werden, daß z. B. Ziehen eine 
Scheidung des „Riechhirns" gegenüber dem Rest der Oberfläche der 
Hemisphäre nicht aufrecht erhalten will. Diesen Rest nennen wir Pallium 
oder Mantel, dessen ursprüngliches Epithel sich in Nervensubstanz um- 
gewandelt und nur noch am kaudalen Ende der Hemisphären seinen 
epithelialen Charakter gewahrt hat. Hier geht es in die ependymatöse 
Tela chorioidea über, die wir als Dachteil des Zwischenhirns kennen lernten. 
Im übrigen besteht das Pallium aus einer Ganglienzellen enthaltenden 
grauen Rindenschicht und einem weißen Mark markhaltigcr Nervenfasern. 

Infolge der obengenannten Einfaltung der Hemisphären durch die 
Mantelspalte, kehren diese einander eine mediale Fläche zu. Hier erfährt 
ihre Wand vor der Lamina terminalis abermals eine Einfaltung in den 
Seitenventrikel hinein, wodurch der Hippocampus oder das Ammonshorn 
entsteht, dem außen die eingefaltete Fissur a hippocampi entspricht. 
Sie fehlt keinem Säuger, wird aber außerhalb dieser Klasse nicht gefunden 
[Elliot Smith], obwohl der Hippocampus, bereits bei Sauropsiden, in erster 
Audi ntting auch bei Amphibien als eingebogenes Stück der Hirnrinde 
erscheint, das Nervenfasern aus dem Riechapparat aufnimmt. 



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1. Gehirn und Rückenmark. 



11>3 



Mit der Entfaltung des Hippocampus sondert sich von der Hemi- 
sphärenrinde die Fascia dentata und die Fimbria, die oberhalb der 
Fissura hippocampi verläuft. Letztere ist an der inneren und der dem 
Kleinhirn zugekehrten Fläche sichtbar. Weiter sei angedeutet das als 
Lohns hippocampi gewöhnlich bezeichnet wird, was als hintere Partie 
des obengenannten Lobus pyriformis zu gelten hat. Letzterer geht viel- 
mehr an der medialen Seite in das Gebiet des Hippocampus über. 




Fig. 1)9. Gehirn von Echidna nach Ziehen (aus Waldeycr». / von oben; i von 
der Seite; 3 im Medianschnitt; 4 Ventralansicht. Das Rhinencephalon ist punktiert 
dargestellt. Lo Lohu» olfactorius; To Tuberculum oltactorium; Ria Fissura rhinalis 
lateralis anterior; Rlp Fiss. rhinalis lat. posterior; Rm Fi*s. rhinalis mediali«. Auf 
dem Pallium die Fissuren: ASa Antc*>ylvia anterior; ASp Antesylvia posterior; FSa 
Postsylvia anterior; Psp Postsylvia posterior; S Fissura .Sylvii; Ct Coiumissura superior 
*. doroali«, darunter Commissura anterior, hinter dieser die Commisnura media; Fo Fornix. 



124 



III. Nervensystem. 



Auch sei hervorgehoben, daß gegenüber dem Pallium die oben- 
genannten Teile des Rhinencephalon durch die Fissura rhinalis abge- 
grenzt werden. Diese Fissur, die aus einer vorderen und hinteren be- 
stehen kann, ist in ihrer Ausdehnung und Schärfe abhängig von der 
Entfaltung des Riechhirns selbst. Allgemein erreicht dasselbe unter Säugern 
eine hohe Stute der Ausbildung. Die Mehrzahl derselben ist also makros- 
matisch (Broca. Turner |, namentlich die tiefer stehenden, wie Marsu- 
pialia, Insectivora. Rodentia, Xenarthra, Pholidota, Tubulidentata auch die 
Carnivora und Ungulata. Bei anderen ging das Riechvermögen zurück, 
sie wurden mikrosmatisch, wie die Pinnipedia, mystakoceteu Cetacea, 
Primates. Rudimentär oder verloren gegangen ist das Geruchsorgan bei 
den odontoceten Cetacea, die also anosmatisch sind. Diese Rückbil- 
dungen äußern sich nicht nur im peripheren Geruchsorgan, sondern auch 
in dessen zentralen Teilen, die uns hier beschäftigten. 

Es ist jetzt an der Zeit, auch der Ventriculi laterales zu ge- 
denken. Durch das Foramen Monroi sind sie in Kommunikation mit dem 
3. Ventrikel. Es läßt sich an ihnen vor dem Corpus striatum eine vordere 
Fortsetzung als Yorderhom unterscheiden, das bei höherer Organisation des 

Mantels in die als Stirn läppen unterscheidbare frontale 
Mantelregion hineinreicht. Mit der Ausdehnung des 
Pallium nach hinten tritt der Occipitallappen auf. 
in dem sich der Seitenventrikel als Hinterhorn über 
dem Hippocampus erstreckt. Beide Hörner erscheinen 
als Ausbuchtungen gegenüber dem Unterhorn, das dem 
Bogen der Hippocampuseinfaltung folgt und den eigent- 
lichen Ventrikelraum darstellt, da in ihn der obengenannte 
Plexus chorioideus mit der ependymatischen Decke des 
3. Ventrikels durch das Foramen Monroi eingestülpt ist. 

Oben wurde die graue Kommissur zwischen den 
beiden Thalami optici genannt. Hier müssen die 
Kommissurensystcme aus weißer Substanz zwischen 
den Hemisphären kurze Erwähnung finden. Deren 
Nervenfasern bringen die sonst getrennten Hemisphären 
in funktionelle Verbindung. Sie liegen an der medialen 
Fläche derselben. Bei Monotremen und Marsupialia 
treten eine ventrale (Commissura anterior! und 
eine dorsale (Comm. superior) Kommissur auf. Erstere 
ist die ursprünglichere, die im dorsalen Teil der Lu- 
mina terminalis entstand und die sich kreuzenden Mantel- 
fasern enthält. Diese erlangen bei den Monodelphia einen 
neuen Weg durch das Corpus callosum (Balken), 
das den erstgenannten beiden Gruppen fehlt [Owen. 
Elliot Smith], bei Monodelphia aber ein Kommissuren- 
system des Mantels der Hemisphären darstellt, das mit deren Zunahme 
nach hinten gleichfalls an Ausdehnung gewinnt. 

Als Kommissur der beiderseitigen Hippocampi erscheint das dorsal 
gelegene Psalter in in, das sich in den Fornix oder das Gewölbe fort- 
setzt. Dieses Fasersystem entwickelt sich oberhalb der vorderen oder ven- 
tralen Kommissur, somit oberhalb des Foramen Monroi. Diese Kommissur, 
sowie Psaltcrium und Fornix stellen somit ein Kommissurensystem der 
Riechcent ra her. Gleichzeitig ist es bei Monotremen und Marsupialia das 




Fig. 100. Schema 
desZusammenhanges 
der Ventrikel und 
Andeutung der Ge- 
biete der embryona- 
len Hirnhlasen. * Bul- 
bus olfactorius; m 
Mittelhirn; mo Me- 
dulla oblongata; r 
Rückenmark ; v Vor- 
derhirn; • Zwi*chcn- 
hirn: / Seitenven- 
trikel ; 2 3. Ventrikel ; 
j Aquaeductus Sylvii ; 
4 4. Ventrikel. Nach 
Gegenbaur geändert. 



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1. Gehirn und Rückenmark. 



125 



einzige, das überhaupt Mantelteile verbindet Diese werden, insoweit sie 
nicht den Riechcentra angehören, bei den Monodelphia durch das Corpus 
callosum in Verbindung gebracht. Es liegt am dorsalsten von allen Kom- 
missuren, ist bei Säugern mit kurzen Hemisphären wie Insectivora. Xen- 
arthra, Rodentia kurz, wächst mit Zunahme des Hintcrlappens der Hemi- 
sphären in die Länge und läßt hinten ein wulstförmiges Spien ium. das 
an das Psalterium grenzt, vorn ein Knie, Genu, unterscheiden. Zwischen 
Balken. Psalterium. Fornix und Commissura anterior liegt die Area prae- 
commissuralis [Elliot Smith). Dieses mehr oder weniger dreieckige Feld 
ist von seinem Gegenüber durch einen schmalen Spalt getrennt, der sich 
zum sog. Ventriculus septi pellucidi schließen kann. 

Oben wurde festgestellt, daß keinem Säuger die Fissura hippocampi 
fehlt. Weiter war es möglich, durch die Fissura rhinalis das Riechhirn 
vom Pallium zu scheiden. Auch diese Fissur tritt stets auf, wenn auch in 
ihrer Ausdehnung und Tiefe abhängig vom Maß der Ausbildung des Riech- 
hirns. Endlich tritt mit dem Corpus callosum und ihm mehr oder weniger 
parallel, die Fissura splenialis auf. die den zwischen ihr und dem 
Corpus callosum gelegenen Lobus (Gyrus) supracallosus dorsalwärts 
begrenzt. Namentlich ihr dem Splenium benachbartes, also hinteres Ende 
ist konstant in seinem Auftreten, erscheint bei manchen Säugern über- 
haupt als erste Furche und ist auch bereits bei Marsupialia vertreten. 
Wichtig ist auch die innige Beziehung dieser Furche zur Fissura rhinalis. 

Kommt es zu keiner weiteren Furchenbildung, so bleibt die Mantel- 
obertläche glatt, lissencephal |Owen|. Demgegenüber stehen die gyren- 
cephalen Gehirne Owens mit gefurchtem Pallium. Während aber die bisher 
genannten Furchen Grenzen abgeben zwischen Regionen des Mantels, und 
die Fissura hippocampi selbst ganz eigenartig dasteht, wird die Hirnobertläche 
der gyrencephalen Tiere zu einer gefurchten gemacht durch Einfügungen 
der Rinde, die man gegenüber den genannten Fissurae als Sulei unterscheiden 
könnte. Sie können longitudinal. transversal oder bogenförmig verlaufen. 

Eine ausgedehnte Literatur bemüht sich, deren etwaige Homologie 
zu ergründen. Nun lassen sich zweifelsohne gewisse Typen der Furchung 
erkennen, z. B. der Ungulaten-, Carnivoren-, Primatentypus. Daneben 
treten aber, namentlich bei niedriger organisiertem Mantel. Verhältnisse 
auf. die sich schwierig mit den komplizierten Typen in Verbindung bringen 
und deuten lassen. Neben Blutsverwandtschaft wirken eben auch andere 
Faktoren auf die Differenzierung der Mantelobertläche ein. 

Bereits auf p. 117 wurde angedeutet, daß die Hemisphären unter dem 
Einfluß stehen der Körpergröße und der Sinnesentwickelung des Tieres. 
Dazu kommt, daß die Höhe der psychischen Entwicklung in kausaler Ver- 
bindung steht zu der Entfaltung der Hirnrinde als Sitz der Vorstellungen 
und deren Association. Mit der Zunahme dieser Faktoren nimmt die Hirn- 
obertläche zu. da sie die graue Substanz der Ganglienzellen enthält. Wachs- 
tum des Schädels, insonderheit der Schädelhöhle, steht aber unter dem 
Einfluß von Faktoren, die nicht äquivalent sind an der Tendenz des wachsenden 
Hirns, das die Schädelhöhle erweitern will. So hat die Vorstellung einige 
Berechtigung, die annimmt, daß die Entstehung der Hirnfurchen und Win- 
dungen im Zusammenhang stehe mit dem Wachstum des Schädels. Wächst 
letzterer nicht in gleichem Masse wie die Hirnrinde, so legt er sie gewisser- 
maßen in Falten: es muß jedoch zugegeben werden, daß auch andere Fak- 
toren dabei eine Rolle spielen. Obige Annahme wirft aber einiges Licht 



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12« 



III. Nervensystem. 




auf die Tatsache, daß in verschiedenen Ordnungen die kleinen Vertreter 
lisseneephal, die großen gyrencephal sind. Es ist aber eine Regel mit vielen 
Ausnahmen. Jedenfalls läßt sich aber Furchung der Hemisphären oder deren 
Fehlen kaum zu systematischen Zwecken verwerten. Trotz alledem lassen 
sich außer der Fissura rhinalis, splenialis. Sylvii und hippocampi einzelne 
andere Furchen die Säugetierreihe hindurch verfolgen. 

In der mittleren Partie der Fissura rhinalis, dieselbe häutig in eine 
vordere und hintere teilend, erscheint frühzeitig ein sich einsenkendes, mehr 

oder weniger drei- 
eckiges Feld: die 
Fossa Sylvii. Bei 
höheren Formen 
kann das Pallium 
dieses Feld von 
vorn und hinten 
überwallen, operku- 
larisieren, und da- 
durch die Fissura 
Sylvii hervorrufen. 
In Verbindung mit 
dem statthabenden 
Wachstum des Pal- 
lium in der Um- 
gebung, faltet dieses 
sich ein zu Sulci, 

die vor (prä- 
sylvisch) oder über 

der Fossa Sylvii 
(suprasylvisch) oder 
hinter ihr (post.svl- 
visch) verlaufen. Diese Sulci begrenzen mehr oder weniger deutlich Win- 
dungen, Gyri, des Pallium. So können bei Karnivoren, Fngulaten, Ceta- 
ceen 3 Windungen um die Fossa Sylvii hufeisenförmig sich beugen: die syl- 

vische, suprasyl- 
vischeund margi- 
nale. Ihnen ent- 
sprechen der supra- 

sylvische und 
laterale Sulcus, die 
Bogenfurehen bil- 
den. Die marginale 
Windung liest dann 
zwischen der late- 
ralen Bogen furche 
und der Mantel- 
, spalte, die am er- 
O Lobus olfaetorius, wachsenen Gehirn 

Scissuralongitu- 

dinalis heißt. Die marginale Windung reicht von der dorsalen Fläche der 
Hemisphäre auf deren mediale hinüber und grenzt hier an die Fissura 
splenialis oder deren Derivate Sulcus calloso-marginalisi. Sie kann 
aber in eine medio-laterale und eine sagittale oder marginale zerlegt werden 



Fig. 101. Oberfläche der linken Hemisphäre von Mo- 
nodon monoceros, nach W. Turner. Die marginale (m) ; medio- 
laterale (ml); suprasvlvische («) und sylvische (s) Windung 
uingclx'n im Bogen die Fissura Svlvii FS. 




Fig. 102. Gehirn von Tapiru«. 
suprasylvisrhe und marginale Windung. 
H sog. I^obus hipiiocampi. 



2, 3 die sylvische, 



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I. Ohirn und Rückenmark. 



127 



durch einen medio-lateralen Sulcus, der ungefähr parallel zur Scissura ver- 
läuft | Turner| (Fig. 10t. 102;. 

Mehr oder weniger als Fortsetzung des lateralen Sulcus erscheint 
der Sulcus coronalis der Karnivoren und l'ngulaten, der längs der 
Seitenfläche der Hemisphären in der Richtung zum Sulcus praesylvii zieht. 
Aus der Medianscissur schneidet der transversale Sulcus cruciatus hei 
den Karnivoren in die Mantelkante ein. Er hat sein Homologon hei den 
Primaten. Namentlich am reichgewundenen Hirn dieser Ordnung treten 
zahlreiche weitere Sulci auf. die bei dieser noch zur Sprache kommen sollen. 

Bei den verschiedenen Ordnungen soll ferner erwähnt werden, in 
welchem Maße die Hemisphären sich nach hinten ausdehnen und dement- 
sprechend die Corpora quadrigemina und das Cerebellum überdecken. 

In dem Maße als letzteres frei liegt, ist die Entfaltung der Hemi- 
sphären eine geringere. Vollständige Ueherdeckung erfährt das Kleinhirn 
nur bei Primaten; und zwar auffallend genug am ausgiebigsten bei den 
kleinsten Affen der Neuen Welt, deren Hemisphären übrigens keine hohe 
Differenziation erreichen. Bei Chrysothrix in dem Maße, daß das Cere- 
bellum vom Hinterlappen überwölbt wird (vergl. bei Primaten). 

Die Medulla oblongata wurde oben bereits als Cebergang zum 
Rückenmark (Medulla spinalis) bezeichnet, indem letzteres wesentlich 
nur durch den Abgang spinaler Nerven charakterisiert ist. 

Die bereits bei niederen Vertebratcn angebahnte Verkürzung des 
Rückenmarks im Verhältnis zur Wirbelsäule vollzieht sich gleichfalls bei 
Säugern, auch in Verbindung mit der Vereinfachung des Schwanzteiles 
der Wirbelsäule. So erreicht nur noch bei Ornithorhynchus das Rücken- 
mark den sakralen Teil des Wirbelkanals; sonst liegt sein Ende stets 
kranialer. Da aber der Schwanz noch spinale Nerven bezieht, die durch 
die entsprechenden Intervertebrallöcher austreten müssen, so schließt sich 
an das Ende des Rückenmarks die Cauda equina an, bestehend aus den 
betreffenden Nervenwurzeln. An der Abgangsstelle der stärkeren Ex- 
tremitätennerven entsteht die Hals- und Lendenanschwellung. Letztere ist 
embryonal auch noch bei den Cetaceen angedeutet als Erinnerung an das 
frühere Bestehen gut ausgebildeter hinterer Extremitäten [Guldberg|. 

Der äußerlichen Scheidung des Rückenmarks in zwei seitliche Hälften 
durch die dorsale und ventrale Längsfurche entspricht der innere Bau. 
Der Zentralkanal, von Epithel umwandet, wird weiter von grauer Substanz 
umgeben, die sich von hier aus in jede Seitenhälftc ausbreitet und ein 
dorsales (Hinter-) Horn und ein ventrales (Vorder-) Horn darstellt. 
Hierdurch wird die weiße Rindensubstanz, welche die markhaltigcn Nerven 
enthält, in jeder Hälfte in einen ventralen, lateralen und dorsalen Strang 
zerlegt (Fig. 105). 

Gehirn und Rückenmark werden von Hullen, Meningen, umgeben ; 
zunächst direkt von einer Schicht verdichteten Bindegewebes, das die 
Gefaßverzweigungen enthält und Pia mater heißt. Umgekehrt liegt der 
Schädelhöhle, das Periost ihrer Knochen dastehend, eine kräftige Binde- 
gewebslage auf. die Dura mater. Sie bildet Fortsätze, wodurch zur 
Sicherung der Lage der Hirnteile, die Schädclhöhlc gewissermaßen in 
Räume verteilt wird. In die Mantclspalte. also zwischen die beiden Groß- 
hirnhemisphären, begibt sich als duraler, sagittaler Fortsatz die Großhirn- 
sichel. Falx, die hier und da teilweise verknöchern kann. In transversaler 
Richtung schiebt sich zwischen Cerebellum und Großhirnhemisphären das 
Zelt, Tentorium, das mit dem Hinterende der Falx zusammenhängt. 



128 



III. Nervensystem. 



Weit häufiger und ausgiebiger verknöchert das Tcntorium. namentlich bei 
Carnivora. In der Basis dieser Fortsätze liegen venöse Gefäße, die das 
Blut aus Gehirn und Schädelknochen abführen; sie können sich zu venösen 
Sinus ausweiten. 

Zwischen Dura und Pia liegt der subdurale Raum, der mit endo- 
thelialer Bekleidung gegen die Dura sich abgrenzt, eine bindegewebige 
Platte enthält, die trabekulär mit Dura und Pia sich verbindet und damit 
die Arachnoidea darstellt, deren Räume als Lymphräune erscheinen. Sie 
erfährt im Wirbelkanal Spaltung ebenso wie die Dura, die sich in ein 
periostales Blatt scheidet und in ein solches, das dem Rückenmark enger 
angehört. 

2. Gehirnnerven. 

Von den obligaten 12 Gehirnnerven (I — XII) gehören, wie bereits 
oben angedeutet, ausschließlich dem Archencephalon an die 2 ersten 
Sinnesnerven, also der Nervus olfactorius (I) und N. opticus (II). 

Die aus dem Bulbus olfactorius kommenden Fila olfactoria 
konstituieren nur bei Ornithorhynchus einen eigentlichen X. olfactorius, 
der — einzig unter Säugern — als Xervenstamm durch ein Foramen 
olfactorium die Schädelhöhle verläßt. Abgesehen von Reduktions - Er- 
scheinungen bei einzelnen Altwelt-Affen, tritt bei allen übrigen, auch bei 
Echidna. an dessen Statt die Siebplatte (Lamina cribrosa). durch deren 
verschieden zahlreiche Löcher die Fila olfactoria zum Riechepithel treten. 
Die Entfaltung der Riechnerven tritt bei mikrosmatischen Tieren (s. p. 124; 
sehr zurück: bei Cetaceen in dem Maße, daß es sich besten Falls bei 
den Balaenopteriden nur um einen zarten Nerven handelt, der bei Del- 
phinidae vollständig schwindet, obwohl er nach Kükenthal embryonal noch 
angelegt wird. Diese Tiere sind daher anosmatisch. Der l'rsprung des 
Olfactorius wurde bereits auf p. 122 behandelt. 

Vom Dach des Mittelhirns und von den Thalami optici, nehmen die 
Tractus optici ihren l'rsprung, die nach teilweiser Kreuzung ihrer Fasern 
im Chiasnia als Nervi optici zutage und durch das Foramen opticum in 
die Orbita treten. Es muß aber hervorgehoben werden, daß dieser Durch- 
tritt durchaus nicht der für Säuger allgemein gültige ist. Auf p. 47 wurde 
eine lange Reihe von Säugern genannt, bei denen Verschmelzung des 
Foramen opticum mit dem Foramen sphenorbitale statthat. Bei anderen 
(s. ebenda) tritt Vereinigung der beiden Foramina optica ein. 

Die Ausbreitung des Opticus in der Retina, seine Hüllen, sein feinerer 
Bau. seine Entwicklung lassen ihn als ausgestülpten Teil des Arch- 
encephalon erscheinen (M. Fürbrinper|. Rückbildung erfährt er zusammen 
mit Rückbildung des Auges, in Sonderheit bei unterirdisch lebenden Säugern, 
wie Talpa, Chrysochloris, Spalax u. a.. bei denen die Lidspalte klein oder 
ganz geschlossen ist. Auffällig ist gleiche Rückbildung bei dem in Flüssen 
lebenden Zahnwal Platanista. 

Alle übrigen Gehirnnerven entspringen aus dem Rhombencephalon. 

Aus denselben kann man mit Gegen baur die 3 Augenmuskelnerven 
herausheben. Sie haben gemein, daß sie die motorischen Nerven des 
Auges sind. Sie verlassen die Schädelhöhle durch das Foramen sphenorbi- 
tale auf ihrem Wege zur Orbita. 

Der N. oculoniotorius III) tritt kurz vor dem Pons aus dem 
Boden des Hinterhirns hervor und innerviert den Musculus rectus medialis. 



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2. Gehirnnerven. 



129 



inferior, superior und obliquus inferior, den Sphincter iridis und Muse 
ciliaris. 

Der N. trochlearis (IV) verlättt «las Gehirn hinter dem Corpus 
quadrigeminum, somit dorsal und bedient ausschließlich den Muse, obliquus 
superior. 

Hinter dem Pons tritt der X. abducens (VI) hervor und zieht 
zum Muse, rectus lateralis und zum Retraetor bulbi. 

Der metamere Charakter der übrigen Nerven, der bei niedrigen 
Vertebraten sofort in die Augen fällt, läßt sieh auch bei Säugern noch er- 
kennen durch ihre Beziehungen zu den Visceralbogen und deren Derivaten. 




Fig. 1 03. Diagramm der wichtigsten Kopfnerven der Katze, nach St. George Mlvart. 
Jochbogen und Auttenwand der Orbita ist entfernt, der rechte Unterkiefer nach unten 
gedreht. C Condylus des Hinterhaupte»; CA Chorda tympani; d Nervus dental in; Gg 
(•anglion Gassen; Gr Ganglion vagi; i Nervus jnfraorbitulis; / Nervus lingualis; // 
Nerv, larvngeus inferior; Lf> Muscul. levator palpebrae; Is Nerv, larvngeus supenor: 
m Nerv, mandibular!-; na Nerv, dentalis; Oi Muse. ohli«pius inferior; Ri Muse, rectus 
inferior; Rl Muse, rectus lateralis: Rs Muse, rectus superior; / Zunge: //Nerv, opti- 
cus; /// Nerv, oculomotorius; /' Nerv, trigeminus; l' a Humus ophtbalmicus; /'* Kamu* 
maxillaris; l'c Ramus maudibulari« : l'I Nerv, abducens; r//N. facialis; IX N. glosso- 
pharyngeus; X N. vagiw; XI N. accessorius; XII N. hypoglossus. 

Als Nerv des 1. Visceralbogens erscheint der N. trigeminus (V). 
Seine motorische, kleinere, ventrale Wurzel entspringt aus dem Hinter- 
hirn: sie vereinigt sich mit der größeren, dorsalen, .sensiblen, aus der 
Medulla oblongata entspringenden Wurzel, die Verbindung eingeht mit 
dem jieripheren Ganglion Gasseri. Der aus dieser Vereinigung hervor- 
gegangene N. trigeminus teilt sich sofort in drei Aeste. 

Der 1. Ast: Ramus Ophthalmien* < Vi. enthält nur sensible Fasern 
und tritt durch die Fissura sphenorbitalis in die Orbita. Sein medialer 
Zweig. N. naso-ciliaris dringt zum Teil in die Nasenhöhle und versieht die 
Schleimhaut der Nase, auch insoweit sie die pneumatischen Nebenhöhlen 

WoIlt. SJU»$rclu<n>. 



130 



III. Nervensystem. 



der Nase bekleidet, mit sensiblen Nerven, zum anderen Teil bedient er 
durch die Nervi ciliares die Häute des Auges. Die anderen Zweige des 
Ophthalmicus ziehen als N. lacrymalis zur Tränendrüse, als N. frontalis 
(supraorbitalis) zur Haut des oberen Augenlides, der Nase, der Stirn. 

Der 2. Ast: Raums maxi IIa ris (V-). ist gleichfalls ausschließlich 
sensibel und bleibt auf den Oberkiefer beschränkt. Hier innerviert er die 
Schleimhaut des Gaumens, das Zahnfleisch und die Zähne und den ven- 
tralen Teil der Nasenhöhle und gelangt zu diesen Teilen indem er. wo es 
zur Sonderung eines Foramen rotundum kommt, durch dieses austritt, meist 
aber durch die vom For. rotundum nicht gesonderte Fissura sphenorbitalis 
in die Orbita. Längs deren Boden zieht die eigentliche Fortsetzung des 
Nerven: der N. infraorbitalis durch den Infraorbitalkanal und durch das 
Foramen infraorbitale auf die Gesichtsfläche und liefert Aeste an das 
untere Augenlid und die Haut der Wange und Oberlippe. Seine Ent- 
faltung richtet sich nach der Ausbildung dieser Teile und ist daher eine 
bedeutende bei rüsseltragenden Tieren, wie Schwein, Tapir, Elefant oder 
dort, wo Sinneshaare reichlich und stark entwickelt sind, wie bei Pinni- 
pedia. vielen Carnivora, manchen Nagern, oder wo die Umgebung der 
Oberlippe zu einem Tastorgan geworden ist, wie bei vielen Chiroptera, 
namentlich aber bei Ornithorhynchus die Haut des „Oberschnabels' . 

Der 3. Ast: Ramus mandibularis (inframaxillaris V s ), rekrutiert 
sich aus den Fasern der ventralen Wurzel; er ist somit motorisch, jedoch nur 
in erster Linie, da er auch sensible Fasern aus der anderen Wurzel erhält. 
Der Zustand des Menschen, wo der inframaxillare Ast durch das Foramen 
ovale nach außen tritt, ist nicht der für Säuger allgemein gültige, da das 
For. ovale häufig mit dem For. lacerum sich vereinigt. 

Von seinen wichtigsten Aesten enthält der obere: R. superior, vor- 
wiegend motorische Fasern für die Mm. temporales, masseter, pterygoidei 
und für die aus letzteren sich herleitenden Mm. tensor veli palatini und 
tensor tympani. Sparsamer ziehen sensible Fasern zur Schleimhaut der 
Wange und der Lippen (N. buccinatorius). Der untere Ast: R. inferior 
sendet durch den N. auriculo-teniporalis ausschließlich sensible Nerven zur 
Haut der Gesiehtsfläche von der Schläfe und Ohrgegend bis zum Unter- 
kiefer. Der N. mandibularis innerviert durch seinen motorischen Teil den 
M. mylo-hyoideus und den vorderen Rauch des Digastricus 's. p. 10O}, 
durch seinen sensiblen Zahnfleisch und Zähne des Unterkiefers. Charak- 
teristisch für Säugetiere ist der N. lingualis. der außer sensible Nerven 
für die Zunge, auch sensorische, also Geschmacksnerven an den vorderen 
Teil der Zunge abgeben kann. Sie entstammen aber durch die Chorda 
tympani dem Facialis oder Glossopharyngcus. Zahlreiche andere Ver- 
bindungen des Trigcminus mit anderen Nerven können in dieser flüchtigen 
Uebersicht keinen Platz finden. 

Als ursprünglich dem Zungenbeinbogen angehöriger Nerv erscheint 
bei Säugern der N. facialis (VII). Er ist ein fast ausschließlich motorischer 
Nerv, der am hinteren Rande des Brückenschenkels, direkt vor dem Pons, 
neben dem Abducens aus dem Gehirn tritt. Innig hängt er hier zusammen 
mit dem N. acusticus (VIII). der ursprünglich aus dem Facialis entstand, 
schließlich aber einzig der Funktion oblag, das Gehörorgan mit sensorischen 
Fasern zu versehen. Von den Fasern des eigentlichen Facialis hat nur 
ein kleiner Bruchteil spezifisch sensible Funktion, indem sie als Chorda 
tympani zu den Glandulae subungualis und submaxillaris ziehen. Die 



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2. Gehirnnerven. 



131 



Chorda tympani dringt aus der Schädelhöhlc in die Trommelhöhle, zieht 
zwischen Hammer und Ambos zur Fissura pctroso-tympanica, um durch 
diese zur Schädelbasis zu gelangen. 

Die Hauptmasse des N. facialis tritt durch das Foramen stylo-mastoi- 
deum nach außen und innerviert die Hautmuskeln des Halses, des Ge- 
sichts, der Lider, der Kopfhaut und des Ohres. Auf p. 37 wurde dar- 
gelegt, wie diese Muskulatur eine Differenzierung ist des vom Facialis 
innervierten M. sphineter colli der Monotremen JG. Rüge], die auf den 
Kopf wanderte und sich hier in der Ohrgegend, namentlich aber im Gesicht 
der höheren und höchsten Säuger stets weiter und feiner differenzierte zur 
mimischen Muskulatur, und damit auch den Facialis zu einem mimischen 
Nerven machte, der seelische Zustände (Gemütsbewegungen) zum Ausdruck 
bringt Er innerviert ferner die Muskulatur, die sich vom Constrictor 
ventralis superficialis der Visceralbogen niederer Vertebraten herleitet, 
insoweit dieser bei ihnen vom Facialis innerviert wird (s. p. 100 und 101); 
somit den M. stylo-hyoideus und den hinteren Bauch des Digastricus. 
Auch der M. stapedius gehört hierher. 

Dem 1. Branehialbogen , dem 3. Visceralbogen also, gehört der 
N. glossopharyngeus (IX) an, der an der Seitenfläche der Medulla ob- 
longata zwischen Acusticus und Vagus zum Vorschein kommt und durch 
das Foramen jugulare die Schädelhöhle verläßt. Er enthält spezitisch 
sensorische Fasern fflr die Gcschmacksorganc im Pharynx und auf dem 
Zungenrücken und hinteren Zungenrand und erscheint somit als Geschmacks- 
nerv. Sensible Fasern sendet er ferner an Zungcnwurzel. Gaumen, Pharynx, 
Tuba und Trommelhöhle. Da er bei niederen Vertebraten auch den Teil 
des M. constrictor ventralis superficialis innerviert, der dem 1. Branchial- 
bogen angehört und sich zwischen diesen und dem Hyoid ausspannt, so 
tut er dies auch mit dessen Derivaten: dem M. kerato-hyoideus (s. p. 101) 
und Stylopharyngeus. 

Neben dem Glossopharyngeus entspringt mit zahlreichen Wurzeln 
»ler mächtige N. vagus (X). der gleichfalls durch das Foramen jugulare 
nach außen tritt. Ursprünglich war er der Nerv der hinter Branchiale I 
gelegenen Kiemen bogen. Deren Zahl erfuhr bereits frühzeitig Reduktion 
von hinten her. Dadurch erklärt sich die Fortsetzung des Vagus auf die 
Wandung des Vorderdarmes und seiner Derivate, sowie auf das Herz, 
als Teilen, die ursprünglich im Bereich der verlorenen Kiemenbogen lagen 
[Gegenbaur]. So scheidet sich bereits bei Selachieren der Ramus inte- 
stinalis von den Rami branchiales. Der Ramus lateralis der letzteren ist 
ein rein sensibler Hautast, der mit dem Schwund der von ihm innervierten 
Hautsinnesorgane bei Landvertebraten zurückging und bei Säugern nur 
noch fraglich durch den N. auricularis vagi vertreten wird. Es ist 
ein zarter Nerv, der nach Verbindung mit dem Glossopharyngeus und 
Facialis am äußeren Gehörgang und am Ohr endet. Die Kiemenäste werden 
zu Rami pharyngei. Sie innervieren die zwischen Derivaten von Branchiale 
I und II. also zwischen Vorder- und Hinterhorn des Schildknorpels ge- 
legenen Muskelfasern (M.interthyreoidcus bei Ornithorhynchus [E. Dubois]), 
die sich vom Constrictor ventralis superficialis herleiten. Ferner die aus 
der tieferen Lage dieses Konstriktors herrührenden Konstriktoren und Leva- 
toren des Pharynx; endlich die Larynxmuskulatur. Diese Nervi laryngei 
liefern auch sensible Nerven an die Schleimhaut des Kehlkopfes und den 
Anfang der Trachea. 

9* 



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132 



III. Nervensystem. 



Der intestinale Ast bedient den Vorderdann, Dünndarm. Leber 
Pankreas, Milz, sowie die Trachea und Lunge, letztere als Derivate des 
Vorderdarras, endlich liefert er den Hemmungsnerven für das Herz. 

Als dem Vagus angehörig ist der N. accessorius Willisii (XII) 
zu betrachten, obwohl er seine Wurzeln bis zur Höhe des 5., selbst des 
7. Spinalnerven ausdehnen kann. Er verläßt in derselben Du raischeide 
mit dem Vagus das Foramen jugulare und innerviert als ausschließlich 
motorischer Nerv den M. sterno-cleido-mastoideus und trapezius, also 
Muskeln des Schultergürtels, von denen aber letzterer vom Constrictor 
superficialis dorsalis herstammt |Fürbringer|. 

Nach M. Fürbringer endet mit dem Vago-accessorius die Reihe der 
Cerebralnerven. Als Grenze zwischen ihnen und den Rückenmarksnerven 
hat die durch das Occipito-spinale (atlanto-occipitale) (ielenk, das die Grenze 
zwischen fertigem Schädel und Wirbelsäule bedingt, gegebene zu gelten. 
Auf den Vagus folgen, aber in wechselnder Zahl, Nerven, welche durch 
die Occipitalregion austreten aber bereits spinalen Charakters sind. Von 
solchen spino-occipitalen Nerven haben Säuger nur den N. hypoglossus 
(XI), der sich meist aus 3, aus der Medulla austretenden Wurzeln zu- 
sammensetzt, deren Durchtritt durch die Dura mater und das Occipitale 
ein äußerst wechselnder ist. Sie hat statt durch 3, 2 oder 1 Foramen 
hypoglossi, das in letzterem Falle For. condyloideum anterius heißt. Einzig 



bei Monotremen fließt es zusammen mit dem Foramen jugulare. Der 
ausschließlich motorische Nerv läuft, weiterhin den Arcus hypoglossi bildend, 
im Bogen zur Zunge und geht Anastomosen ein mit den vorderen Cervical- 
nerven. Er inni viert die Zungenmuskulatur, im übrigen ausschließlich ven- 
trale Längsmuskeln, die sich von hypobranchialen spinalen Muskeln her- 
leiten, insoweit sie vor dem Hyoid liegen [M. Fürbringer|. 



Die Rückenmarksnerven entstehen mit 2 Wurzeln aus dem Rücken- 
mark, einer kleineren, dorsalen, sensiblen und einer größeren ventralen, 
motorischen Wurzel. Erstere schwillt bald nach ihrem Austritt aus dem 
Rückenmark durch Aufnahme von Ganglienzellen zum Ganglion spinale 
an und verbindet sich jenseits desselben mit der ventralen Wurzel, wobei 
Austausch von Fasern statthat (Fig. 105). Der daraus entstandene gemischte 





statt in den Ramus dorsalis rd zur 
Rückemnuskulatur und in den Ramus 
ventralis. Letzterer teilt sieh »Imt- 
nials in einen lateralen Ast, der in 
diu Ramus dorso-lateralis [rd!) und 
R. ventru-laternlis (*%•) zerfällt, und 
in einen ventralen R. vcntro-medialis 
{n-m). Rtvhts ist die Gliedmaße 
schematisch angedeutet. Die Mus- 
kulatur ist gestrichelt. Nach Eisler. 



3. Rückenmarksnerven. 



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3. Rückenmarksnerven. 



133 



Stamm teilt sich alsbald in den schwächeren dorsalen Ast und den weit 
stärkeren ventralen und intestinalen Ast (Fig. 104). Letzterer beschränkt 
sich auf die Innervierung der Eingeweide. Ganz abgesehen vom Vagus, 
geschieht diese aber in Verbindung mit dem Sympathicus, der innige Be- 
ziehungen mit den spinalen Nerven eingeht, indem diese in jedem Segment 
Rami communicantes — eben jene Rami intestinales — zum Grenzstrang 
des Sympathicus senden, der jederseits längs der Wirbelsäule verläuft. 

Die dorsalen Aeste, Rami dorsales, innervieren die Rückenmus- 
kulatur, insofern sie nicht in Beziehung tritt zu den Extremitäten, ferner 
die Haut der Rückengegend: sie verzweigen sich dabei in der Hauptsache 

IV Gr 




Fig. 105. Schema des Rückenmarks und »einer Nerven, nach LenhosseV (ans 
Schneider, Lehrb. d. vergl. Histologie). IV weiße, Gr graue Substanz; dVV dorsale, 
rlV ventrale Wurzel; Gg Spinalganglion; Spi. A" Spinalnerv ; mo. z motorische Zelle; 
Ur Terminalen derselben an Muskelfasern M\ snts z eine der sensiblen Zellen; ter K 
Terminalen derselben in der Epidermis und als Tastkolben Kol.; x zentraler ForU>at« 
der sensiblen Zelle teilt sich in die craniale und caudale Stammfaser und gibt die 
Collaterale x' ab. 

innerhalb der Grenzen des ihnen entsprechenden Körpersegmentes. Die 
ventralen Aeste, Rami ventrales, bilden in der Hals-, Lenden- und 
Sakralgegend schlingenförmige Geflechte, sog. Plexus, namentlich unter 
dem Einfluß der Extremitäten und ihrer Muskeln. Im übrigen erscheinen 
die dazwischen gelegenen ventralen Aeste der thorakalen Nerven als Nn. 
intercostales, da sie zwischen den Rippen verlaufen oder in den ent- 



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134 



IV. Sinnesorgane. 



sprechenden Myomeren, ferner in den homodynamen Myomeren der breiten 
Bauchmuskeln. Sie geben Muskelzweige an diese ab und Hautzweige an 
die entsprechenden Hautteile. 

Oben wurde die Grenze abgesteckt zwischen cerebralen und spinalen 
Nerven. Die Zwitterstellung des N. hypoglossus kam dabei zur Sprache: 
er wurde als spino-occipitaler Nerv [Fürbringer] bezeichnet. Er unterhält 
innige Beziehungen zu den 3 (oder 4) vorderen spinalen Cervicalnerven, 
mit denen er den Plexus hypoglosso-cervicalis bildet» dessen Zweige 
zur Muskulatur der Zunge und des Zungenbeins gehen [M. Fürbringer]. 
An seiner hinteren Grenze entsteht der N. phrenicus, der motorische 
Nerv des Zwerchfells. 

Die 4 hinteren Cervicalnerven und der 1. thorakale, somit Spinal- 
nerv f>— 9, bilden den Plexus brachial is. Aus ihm entsteht, der Haupt- 
sache nach, dorsal der N. axillaris und radialis zur Streckseite der 
Extremität, ventral der N. medianus und ulnaris zu deren Beugeseite. 
Sie liefern Muskel- und Hautzweige an Ober- und Vorderarm und Hand. 

Der hinteren Extremität entspricht der Plexus lumbo-sacralis, 
der sich im allgemeinen aus 5 spinalen Nerven zusammensetzt; deren 
Verhalten zur Lenden Wirbelsäule und zum Sacrum ist aber ein sehr ver- 
schiedenartiges und steht in Verbindung mit Verkürzungserscheinungen am 
Rumpf [E. Rosenberg, G. Rüge] vergl. p. 89. Aus seinem lumbalen Teil entsteht 
der N. femoralis (cruralis) für die Streckseite des Oberschenkels und 
bei Echidna nach Rüge auch für die des Unterschenkels; ferner der N. 
obturatorius. Aus dem sakralen Teil geht der N. ischiadicus hervor, 
der die Beugeseite des Oberschenkels, sowie den Unterschenkel mit 
Muskelästen, in der Hauptsache auch mit Hautästen versieht 

Aus dem wenig umfangreichen Plexus pudendalis aus den hinteren 
Sakralnerven, gehen Nerven hervor für das hintere Rumpfende, für Deri- 
vate der Kloake und ihrer Umgebung. 



IV. Sinnesorgane. 

I. Hautsinnesorgane. 

Durch ihr Leben an der Luft, was Verhornung der Epidermis als 
Begleiterscheinung hat, weiter durch ihr Haarkleid ist bei den Säugern 
die Haut wenig geeignet als Sitz für oberflächliche, epidermoidal gelegene 
Hautsinnesorgane. Wohl rindet sich zwischen den Epidcnniszcllen freie 
Endigung von sensiblen auch wohl von .spezifischen Temperaturnerven, 
die im Corium, namentlich in dessen Papillarkörper, Geflechte formen, um 
von hier aus unter Verlust der Myelinscheide in die Epidermis einzudringen. 

Gleichfalls aus diesen Xcrvengeflechten des Corium wird die Epithel- 
lage der Haarfollikel innerviert. Bei Tasthaaren , namentlich solchen, 
deren Balg einen Blutsinus enthält \ Sinushaare p. 9, Fig.H), treten innere 
und äußere, mehr oder weniger ringförmige Geflechte von Nerven auf. 
die in Nervenendplatten endigen können, während sonst die Nervenendigung 
wie bei epidennoidalen Hautsinncsorganen der Vertebraten überhaupt 
intercellulär ist. Haare im allgemeinen, insonderheit aber die Sinneshaare, 
werden damit Tastorgane. Letztere treten auch subepidermoidal auf als 



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1. Hautainnesorganc und GaBchmacksorgane. 



135 



Meissnersche Körperchen. Es handelt sich hierbei um Zusammenlagerung 
mehrerer Sinneszellen, die zusammengehalten werden durch eine Hülle 
in welche die Schwannsche Scheide der eintretenden Nervenfasern eingeht. 
Letztere verlieren dabei auch die Myelinscheide und laufen spiralig um 
die Tastzellen herum, um an ihnen angeschwollen zu enden. 

Im allgemeinen kann man sagen, daß wie stets, so auch bei Säugern 
der Tastsinn in weiterer Auffassung der allgemeinste ist. Er hat seinen 
Sitz in der ganzen Haut, entsprechend der Verbreitung sensibler Haut- 
nerven, auch durch Zwischenkunft der Haare. Daneben bestehen aber 
besondere Stellen, in denen sich dieser Sinn bcsondeis differenziert hat. 
Der Art der Sache nach sind es prominente Teile des Körpers, in denen 
Tastnerven reichlicher entfaltet sind und in den ebengenannten Tast- 
körperchen endigen. Bei Tieren, die Hand und Kuß zum Greifen, Klettern 
benutzen, sind es vielfach die Finger- und Zehenspitzen und die Sohlen- 
ballen, deren Haut durch Systeme erhabener Linien oder Leisten, in denen 
Tastkörperchen liegen, ausgezeichnet sind. Diesen Tastlinien der Tast- 
b allen entsprechende Liniensysteme finden sich auch auf der nackten 
Hautsteile an der Ventralseite des Greifschwanzes mancher Säuger, worin 
man somit gleichfalls Tastorgane zu erblicken hat. 

Mit feinem Tastsinn ausgerüstet sind ferner die Flughaut der Chiro- 
ptera. die monströs großen Ohren dieser Tiere, bei manchen vielleicht auch 
der Nasenaufsatz; desgleichen die Endspitze des Elefantenrüssels u. dergl. 
Zungenspitze und Lippen mancher Säuger mögen auch hierher gehören, be- 
sonders aber die bereits genannten Tast- oder Sinushaare, namentlich die 
an der Oberlippe, deren starke Entfaltung sich abspiegelt in dem bedeuten- 
den Kaliber des infraorbitalen Astes des Trigeminus, der sie innerviert. 
Seine besonders auffällige Entwickelung bei Ornithorhynchus entspricht den 
zahlreichen Sinnesorganen, die in der Hautbedeckung des Schnabels dieses 
Tieres liegen, die sich zum Teil auf unausgebildete Spürhaare zurück- 
führen lassen [Poulton, Wilson und Martin). 

2. Geschmacksorgane. 

Der Geschmackssinn hat seinen Sitz in der Schleimhaut der 
Zunge und des Rachens. Seine anatomische Grundlage sind Gruppen 
von Zellen, die sich becherförmig gruppieren zu Geschmacksknospen 
oder Geschmacksbechern, die im allgemeinen in Zungenpapillen lagern. 
Konstant in den großen Pappillae vallatae (s. bei Darmkanal ) und zwar an 
der dem umringenden Walle zugekehrten Seite der Papille. Auch in den 
Papillae fungiformes können sie auftreten, jedoch weniger regelmäßig, 
während sie in den Papillae filiformes fehlen. Die Zungenwurzel zahl- 
reicher Säugetiere hat endlich jederseits eine verschieden große Zahl 
vertikal gerichteter, blattförmiger Papillen: die Papillae foliatae. die das 
Mayersche Organ darstellen. Zwischen dessen Blättern finden sich gleich- 
falls Geschmacksknospen. Vereinzelt treten sie auch in der Schleimhaut 
des weichen Gaumens, selbst bis zur Epiglottis auf. Es handelt sich bei 
ihnen um 2 Arten von Zellen. Die eine Art trägt an ihrem peripheren Ende 
Cilien. die andere eine Spitze oder einen Stift. Diese Stiftzellen sollten 
nach ursprünglicher Auffassung zentral in den Knospen gelagert sein und 
umlagert werden von den peripheren . eilientragenden Mantelzellen, die 
als Stützzellen fungierten gegenüber den Stiftzellen. In letzteren allein 
sollten die Geschmacksnervcn, in erster Linie also die Fasern des Nervus 



13« 



IV. Sinnesorgane. 



glossopharyngeus enden. Die Stützzellen treten aber auch zentral auf 
|.facques|. Ueberhaupt ist die funktionelle Scheidung beider Zellenarten 
fraglich, ebenso wie die Endigung des Nerven in den Geschmackszellen 
und nicht zwischen ihnen. Letztere Art der Endigung der Nerven, die 
vorher einen Plexus bilden, ist die wahrscheinlichere und schließt sich an 
die Innervierung der Hautsinnesorgane überhaupt an. Von solchen, wie 
sie auch in Becherform in der Haut niederer aquatiler Vertebraten ver- 
breitet sind, leiten sich offenbar die Geschmacksorgane der Säuger her, 
die sich bei ihnen in der stets mit Flüssigkeit erfüllten Mundhöhle er- 
halten konnten. 

Unsere Kenntnis von der Verrichtung dieses Sinnes bei Säugern ist 
eine beschränkte. Schwierigkeiten der Abgrenzung desselben vom Tastsinn, 
der gleichfalls hohe Ausbildung in ihrer Zunge erreicht, sowie vom Ge- 
ruchssinn erschweren die experimentelle Untersuchung. 

3. Sehorgan. 

Gegenüber der Veränderlichkeit der Ausbildung des Geruchsorgans, 
die im allgemeinen bei intellektuell tiefer stehenden Säugern, daneben 
auch bei solchen, deren Lebensweise zum Auffinden der Beute z. ß. feines 
Riechen erfordert, eine hohe ist, steht das Sehorgan auf einer mehr gleich- 
mäßigen Stufe der Ausbildung. Wirklich rudimentär ist es nur beim fluß- 
bewohnenden Cetaceen Platanista, bei unterirdisch lebenden Nagern und 
Insektivoren, wie Spalax, Heterocephalus. Bathyergidae, Talpa, Chryso- 
chloris etc. 

Das Auge, Oculus, liegt in der Augenhöhle, Orbita, die bei der 
Mehrzahl der Säuger ursprüngliche Verhältnisse bewahrt hat, insofern als 
sie am knöchernen Schädel in weiter Verbindung mit der Temporalgrube 
bleibt. Beginn einer Scheidung wird erzielt durch Ausbildung von Pro- 
cessus postorbitalcs des Frontale und Jugale, die durch ein Ligament ver- 
bunden sind und bei weiterer Entfaltung sich berühren und damit einen 
Orbitalring darstellen. Dessen weitere Ausdehnung nach innen führt durch 
den Zustand der Prosimiae zu dem der Affen, wo er mit dem Ali- 
sphenoid in Berührung tritt und die Kommunikation mit der Temporal- 
grube auf die Fissura spheno-maxillaris (orbitalis inferior) reduziert (s. p. 59). 
So kommt die mehr nach vorn gerichtete, eine mehr oder weniger vier- 
seitige Pyramide darstellende Orbita derselben zu stände. 

Wo der knöcherne Abschluß gegen die Temporalgrube fehlt, wird er 
vervollständigt durch die Membrana orbitalis, die, dem Periost angehörig, 
hohe Elastizität erreicht durcli eingelagerte elastische Fasern, namentlich 
aber durch glatte Muskeln. Sie bilden einen Musculus orbitalis von einiger 
Stärke, wo Orbita und Schläfengrube in weiter Kommunikation sind, und 
bilden damit eine elastische Zwischenwand zwischen den Kaumuskeln und 
«lern Auge und seinen Adnexa (p. 59). 

Die Größe des Auges. Bulbus oculi, ist eine sehr variabele. Seine 
bedeutende Größe bei Ungulaten und Cetaceen macht den Eindruck, als 
ob es im allgemeinen gleichfalls mit der Körpergröße zunehme. Daneben 
sind aber noch ganz andere Faktoren von Einfluß, die sich häufig unserem 
Verständnis entziehen. So stehen neben Dämmerungs- und Nachttieren 
mit großen Augen, wie Tarsius und Chiromys, andere, wie die insektivoren 
Chiroptera mit kleinen Augen, obwohl theoretische Erwägungen uns einen 
großen Bulbus nützlich erscheinen lassen für Tiere, die bei schwacher 



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3. Sehorgan. 



137 



Beleuchtung scharf zu sehen haben. In den genannten Beispielen läßt 
sich auch kaum auf eine verschiedene Ausdehnung des Masseter und 
Temporaiis auf Kosten des Kaunies der Orbita rekurrieren; ist diese näm- 
lich eine bedeutende, so kann sie allerdings wie bei Rodentia auf die 
Größe des Bulbus beschränkend einwirken. 

Wie bei allen Wirbeltieren, setzt sich das Auge seiner Genese nach 
aus fundamental verschiedenen Teilen zusammen. Zunächst aus einem 
cerebralen Teil, der aus der primären Augenblase des primären Vorder- 
hirns entsteht und den Nervus opticus und die Retina liefert. 

Die Art der Entstehung der letzteren aus der eingestülpten sekun- 
dären Augenblase lehrt, daß deren äußeres Blatt zum Pigmentepithe 
der Retina wird, während das innere Blatt zur eigentlichen Netzhaut: der 
Retina in engerem Sinne sich ausbildet. In ihr breiten die Endfasern 
des Nervus opticus, der als Papilla nervi optici in die Retina eintritt, 
schalenförmig sich aus und verbinden sich mit ihren Endapparaten. Hier- 
durch hat Verdickung dieses inneren Blattes statt, die jedoch nur bis 
zum Ciliarkörper reicht (Ora serrata). Auf diesen setzt sich die Retina 
nur als einschichtiges Epithel fort, das die Fortsetzung des Pigmentepithels 
der Retina von innenher überdeckt Beide Blätter reichen bis zum 
Pupillarrande der Iris. 



Entsprechend ihrer selbständigen Genese, wodurch die Retina 'als 
ausgestülpter Teil des Vorderhirns erscheint, hat sie ihre eigene Blutver- 
sorgung durch die Arteria centralis retinae, welche außerhalbl des 
Auges in den Sehnerv eintritt und durch dessen Papilla nervi optici in 
das Auge sich begibt, um auf der Retina sich zu verzweigen. (Weichen, 
aber umgekehrten Verlauf hat die Vena centralis retinae. 

Bedeutsam ist. daß die Innenglieder der Zapfen sehzellen der Retina 
bei Marsupialia gefärbte Kugeln enthalten [C. K. Hoffmann), wie solche 
von anderen Vertebraten, namentlich von Sauropsiden bekannt sind. 

Nach innen von der Retina liegt als Kern des Auges der Glaskörper, 
Corpus vitreum. umgeben von der Membrana hyaloidea. Er stellt mit 
der Linse, Lens crystallina, die dioptrischen Teile des Augesdar. Letztere 



Fig. 106. Schematisierter Vcrti- 
kalschnitt durch das Auge eines 
Säugetiere«. / Nervus opticus; 
2 Retina; 3 Chorioidea; 4 Sclera; 
5 Cornea; 6 Linse; 7 Corpus 
ciliare; * Iris; p vordere Augen - 
karamer; 10 hintere Augenkam- 
iner; // Muse, retrat tor bulbi 
ichoanoides); u Muse, rectus 
"uperior; 13 M. rectus inferior; 
4M. levator palpebrae superioris; 
15 oberes, 16 unteres Augenlid; 
17 Conjunctiva corneae. 





KSK 



IV. Sinnesorgane. 



entstand aus dem Ektodcrm und ist somit epithelialer Herkunft Die 
Epithelzellen transformieren sich in die Linsenfasern, welche eine kutikulare 
Linsenkapsel zu einem sphärischen Gebilde zusammenfaßt, dessen Extreme 
als flache Linse der Primaten, als mehr kugelförmige der Cetaceen er- 
scheinen. 

Die sich entwickelnde Linse stülpte den Augenbecher ein, wobei sie 
mesodermales Gewebe mit sich nahm und in den Augenbecher brachte. 
Dies liefert den Glaskörper, Corpus vitreum. der allmählich seine binde- 
gewebige Textur verliert, aber noch verschieden lange Zeit Blutgefäße 
enthält, die, an die Linsenkapsel ziehend, für die Ernährung der Linse 
sorgen. Das wichtigste Gefäß, die Arteria hyaloidea. zieht am anderen 
Augenpol zur Papilla nervi optici, erhält sich bei manchen Säugern bis 
nach der Geburt, obliteriert dann aber, so daß nur die ursprünglich ihrem 
System angehörige Art. centralis retinae bestehen bleibt. 

Als dritter, abermals fundamental verschiedener Bestandteil des Auges 
erscheinen die Hüllen des ursprünglichen Augenbechers: gewissermaßen 
Aequivalente der Hirnhüllen. Der Pia mater und Arachnoidea entspricht 
die Chorioidea, die in erster Linie Gefaßhaut (Tunica vasculosa) des 
Auges ist und für die Ernährung desselben — abgesehen von der Retina 
— und für dessen Erwärmung sorgt. Nach vorn geht sie in den Ci Mar- 
kör per über, der an seiner Innenfläche verschieden lange Ciliarfortsätze 
trägt, die durch ihre strahlige Anordnung dem Corpus ciliare den 
Namen Strahlenkörper eintrugen. Innen enthält er die Ciliarmuskeln . 
durch deren Kontraktion und Relaxation die Akkommodation des Auges auf 
verschiedene Abstände zustande kommt. 

An den vorderen Rand des Ciliarkörpers schließt sich die Iris an als 
verschiedentlich gefärbte, vertikale Scheibe, deren Centrum bald durch eine 
runde, bald durch eine ovale, bald durch eine spaltförmige Pupille durch- 
bohrt wird. Da der Rand der Pupille bei Säugern stets den Linsenrand 
überdeckt, können keine Lichtstrahlen in das Innere des Auges zur Retina 
dringen, ohne erst die Linse passiert zu haben. Zirkuläre und daneben 
meist auch radiäre glatte Muskelfasern, die genetisch dem System der 
Ciliarmuskeln angehören, wirken als Sphincter und Diktator der Pupille 
und regeln die Quantität der in das Auge fallenden Lichtstrahlen. Die 
spaltförmige Pupille richtet ihre Iüngsachse bei dem einen Tier parallel 
der Lidspalte, bei dem anderen senkrecht zu ihr. Vielleicht könnte dies 
mit Hornhaut- Astigmatismus in Verbindung stehen, da dieser durch ein 
spaltförmiges Diaphragma korrigiert wird. 

Bei Wiederkäuern. Pferd, einzelnen Cetaceen ragen vom oberen, 
seltener vom unteren Pupillarrand zottenförmige Pigmentflocken (Flocculi) 
in die Pupille hinein [Leuckart], 

An das Corpus ciliare schließt sich die Zonula Zinni an, die zur 
Linsenkapsel zieht und damit als zirkuläres Aufhängeband der Linse er- 
scheint. Chorioidea, Zonula und Linse bilden demnach zusammen eine 
Kapsel, welche den Glaskörper enthält und durch den intraokulären Druck, 
sowie durch die feste Augenwand, welche die Sclera liefert, gespannt er- 
halten wird. Durch Entspannung der Zonula infolge der Kontraktion des 
Ciliarmuskels hat vermehrte Wölbung der Linse und Verschiebung der 
ganzen Linse im Aurc statt |Beer|. Auf diese Weise geschieht die 
Akkommodation des Auges. Deren Breite ist eine verschiedene und darf 
eine verschiedene sein, da die Thiere verschiedene Nahepunkte haben. 



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3. Sehorgan. 



130 



Letzterer ist für ein kleines Thier, das seiner Unterlage nahe, kleine Ob- 
jekte — seien es nun kleinste Jachttiere, seien es Getreidekörner — 
sehen muß, ein anderer, als für große Tiere, die etwa nur zu weiden 
haben oder für Karnivoren. die für ihre Jacht eine große Akkommodations- 
breite benötigen. 

Der hinter dem Ciliarkörper gelegene Teil der Chorioidea stellt die 
eigentliche Aderhaut dar. Ihre wichtigsten Lagen sind von innen nach 
außen die Choriocapillaris, welche kapilläre Gefäße, dann die Grund- 
substanz, welche die großen Gefäße enthält die aus den Ciliararterien 
und Venen herstammen. Nach außen schließt sich endlich die Supra- 
chorioidea an die Lumina fusca der Sclera an. Nun schiebt sich aber bei 
einer Anzahl Säugetieren eine Lage ein zwischen Choriocapillaris und Grund- 
substanz. Sie setzt sich aus epithelial angeordneten Zellen zusammen, die 
in verschiedenen Schichten übereinander liegen und stets stark glänzende, 
kristallartige Körper enthalten, die aus organischer Substanz bestehen. In 
diesem Falle spricht man von einem Tapetuin lucidum ccllulosum. wie 
die Karnivoren und Pinnipedia es haben. Tapetuin lucidum fibrosum 
nennt man die Schicht, wenn die Zellen keine Glanzkörper enthalten und 
allmählich zu längeren oder kürzeren Faserzellen auswachsen, wie es bei 
zahlreichen Ungulaten und Cetaceen statt hat Dieses das eingefallene 
Licht reflektierende Tapetum kann diese Erscheinung nur hervorrufen und 
das Auge zu einem ..leuchtenden" machen, wenn gleichzeitig die Pigment- 
zellen der Retina, welche das sog. Tapetum nigrum darstellen, pigment- 
los sind und die eintretenden Lichtstrahlen demnach nicht verschlucken. 

Als äußerste Hülle des Auges, die gewissermaßen der Dura mater 
entspricht erscheint die Sclera (Sclerotica), die aus festen Bindegewebsfasern 
aufgebaut ist. Excessive Dicke erreicht sie im Aequator des Auges und 
namentlich hinter ihm bei Cetaceen. Knochenbildungen fehlen ihr stets, 
dagegen tritt bei Monotremen. namentlich bei Echidna, Knorpel noch in 
bedeutender Ausdehnung auf und erinnert dadurch an allgemeine Zustände 
niederer Yertebraten. Ihren vorderen Abschnitt stellt die Hornhaut 
Cornea, dar, deren Bindegewebsfasern derart umgewandelt sind, daß die 
Cornea ein durchsichtiges Gebilde wurde, das durch seine Krümmung die 
einfallenden Lichtstrahlen brechend, den dioptrischen Teilen des Auges 
sich anreiht. Der Grad ihrer Krümmung und damit ihre Bedeutung als 
lichtbrechendcs Medium ist ein verschiedener. Von wesentlicher Bedeutung 
für die Erzeugung des Netzhautbildes ist er bei Primaten, er tritt mehr 
zurück bei anderen Landsäugetieren, weit mehr noch beim Leben unter 
Wasser, da der Brechungsindex der Hornhaut nur wenig differiert von 
dem des Wassers.. Wollen demnach amphibiotisch lebende Säuger in 
beiden Medien gut sehen, so müssen sie sich einer großen Akkommodations- 
breite erfreuen, um ihre beim Tauchen eintretende Hvpermetropie zu 
korrigieren. Anders liegen die Verhältnisse bei den Cetaceen, die in der 
Hauptsache nur unter Wasser schärferes Sehen erheischen, da sie nur 
dort nach Beute jagen. Daß ihre Cornea abgeflacht ist, wird wohl nicht so 
sehr optischem als vielmehr mechanischem Bedürfnis entsprechen, da das 
Auge beim jeweiligen tiefen Tauchen, großem Drucke ausgesetzt wird. 

Als Hilfs- oder Nebenorgane des Auges erscheint zunächst an der 
Vorderfläche die Conjunctiva bulbi, die vom Integument sich herleitet und 
einen Ueberzug über die Cornea und Sclera darstellt, der. aus Bindegowehe 
und Epithel bestehend, im Bereich der Cornea durchsichtig ist Die Con- 



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140 



IV. Sinnesorgane. 



junctiva sclerae schlägt sich auf die Innenfläche der Lider und wird 
damit Conjunctiva palpebrae, die erst am Rande der Lider, am Canthus. 
ihren Schleimhautcharakter verliert und in das gewöhnliche Integument 
übergeht. Dieses lieferte eben die Lider, Palpebrae. die, wie bekannt, als 
obere und untere Hautduplikatur auftreten. Sie zeichnen sich aus durch 
ihnen eingelagerte zirkuläre Muskelfasern, die dem vom Facialis inner- 
vierten Hautmuskel angehören und als Muse, orbicularis oculi Schluß 
der Lider bewerkstelligen. Häutig entwickelt sich in den Lidern durch 
Verdichtung der fibro-kartilaginöse Lidknorpel, Tarsus. Allgemein ist 
Drüsenbildung, die soweit bekannt, nur bei Manis fehlt; denn selbst bei Ceta- 
ceen, deren Haut übrigens drüsenlos ist, tritt unter der Conjunctiva pal- 
pebrae ein Drüsenstratum auf — ich nannte es Konjunktivaldrüsen - 
die sich in der Form bei anderen Säugern, mit Ausnahme der Sirenia 
[ Pütter j. nicht hnden. 

Die Liddrüsen im engeren Sinn sind modifizierte Schweißdrüsen des 
Lidrandes, die beim Menschen auch Mol Ische Drüsen genannt werden: 
ferner die Meibom sehen oder Tarsaldrüsen. Das sind acinöse Drüsen, 
die an der Lidkante ausmünden und im Inneren des Lides, häutig im 
Tarsalgewebe liegen. Alle übrigen Augendrüsen darf man im weiteren 



Sinne gleichfalls als Liddrüsen auffassen. Phylogenetisch dürften sie 
sich doch herleiten von einer Drüsenmasse am unteren Augenlide, die 
der Conjunctiva angehörte. Hieraus entwickelte sich einmal die Tränen- 
drüse, Glandula lacrymalis, die am äußeren Augenwinkel außerhalb der 
Augenmuskeln liegt; ferner die Härder sehe Drüse, die innerhalb der 
Augenmuskeln am inneren Augenwinkel liegt und an der Nickhaut aus- 
mündet. Sie ist zu unterscheiden von einer Nickhautdrüse, welche 
die Nickhaut, namentlich von unten her, teilweise einhüllt Nament- 
lich die Nickhaufclrüse kann häutiger fehlen, seltener schon die Hardersche; 
fast allgemein ist die Tränendrüse vorhanden. Sie fehlt den erwachsenen 
Cetacecn. wird aber nach Pütter embryonal noch angelegt; an ihrer Statt 
treten am Fornix conjunctivae Drüsen auf, auch am unteren Fornix, wo- 
selbst sich diese Einzeldrüsen der Harderschen anschließen. 

Ueberhaupt sind die verschiedenen, genetisch zusammengehörigen 
Drüsen auch funktionell nicht immer scharf geschieden. Ist letzteres wohl 
der Fall, so ist das Sekret der Tränendrüse wässerig, das der übrigen 
mehr fettig. Letzteres erklärt auch ihre starke Ausbildung bei AVasser- 
säugetieren, deren Conjunctiva bulbi von Wasser umspült wird; hier be- 
schützt das fettige Sekret das Auge gegen das Medium, bei Landsäuge- 
tieren tut es das wässerige Sekret der Tränendrüse gegen Austrocknen. 




Fig. 107. Auge ein« Hunde» 
in der neitlich geöffneten Augen- 
höhle hinter den Lidern, deren 
mediale Hälfte dargestellt ist. /, 
3, 3 Muse, rectus superior, lateralis, 
inferior; 4 Muse, retractor bulbi; 
5 M. obliquus inferior; 6 Augen- 
lider, axn inneren Augenwinkel 
jederaeit« mit einem Trauen punkt, 
die »ich in die Tränenkanälchen 
öffnen, welche sich zum Tränen* 
nasengang (7) vereinigen. 




3. Sehorgan. 



141 



Hat Schluß der Lidspalte, somit der Lider, statt, so ist gleich- 
zeitig der Konjunktivalsack geschlossen. Durch ein Loch, Punctum 
lacrymale. am inneren Winkel jedes Lidrandes, das in ein Tränen- 
kanälchen fülirt. wird der Anfang gegeben zum Tränennasengang. in den 
eben diese Kanälchen einmünden. Er stellt die Verbindung dar des Kon- 
junktivalsackcs mit der Nasenhöhle, indem er als Ductus naso-lacrymalis 
unterhalb des Maxillo-turbinale ausmündet. Abfuhr der in den Konjunkti- 
valsack ergossenen Sekrete der genannten Drüsen hat hierdurch statt. Daß 
dieser ableitende Apparat bei Pinnipedia, Hippopotamus, bei Cetacccn, also 
bei im Wasser lebenden Tieren fehlt, ist nicht verwunderlich, wohl aber, 
daß dies hier und da auch anderwärts der Fall ist, z. B. bei Dieotyles, 
während er beim Schwein normal vorhanden ist. 

Als Falte der Conjunctiva erscheint die Nickhaut. Membrana nic- 
titans, die bei einigermaßen guter Entfaltung einen Knorpel (Blinzknorpel) 
besitzt. Im letzteren Falle funktioniert sie als drittes Augenlid, das aber 
nicht, wie bei Sauropsiden durch eigene Muskeln vor das Auge gezogen 
wird, sondern in diese zeitweilige Lage geräht. durch Rückziehen des 
Bulbus in toto. wobei sie durch ihre Elastizität vorschnellt, um bei Rflck- 
verlagerung des Auges wieder zurückzuschnellen. 

Das geschlossene obere Augenlid wird bei Nachlaß der Kontraktion 
des Orbicularis durch den Muse, levator palpebrae superioris nach oben 
gezogen: das untere senkt sich seltener durch einen Depressor, z. B. beim 
Elefanten, meist nur durch seine eigene Schwere in Verbindung mit der 
Wirkung des M. rectus inferior auf das Auge. Auffallig ist das bei Ceta- 
ceen und aquatilen Carnivora: wie Lutra, ferner bei Pinnipedia, durch die 
4 geraden Augenmuskeln Bündel in die Lider geschickt werden, die einen 
geschlossenen Muskelkegel: Muse, palpebralis, darstellen. 

Das Auge wird in der Orbita in seiner Lage 
erhalten durch die Augenmuskeln. Zunächst 
durch 4 Mm. recti, deren Innervation bereitsauf 
p. 128 zur Sprache kam. Sie bewegen das Auge 
um eine vertikale und horizontale (transversale) 
Achse. Aus der Tiefe der Augenhöhle, wo sie 
in der Umgebung des Foramen opticum ent- 
springen, ziehen sie nach vorn und setzen sich 
hinter der Cornea an die Sclera fest. Der Rectus 
superior gibt allgemein den Levator palpebrae 
superioris ab, zuweilen der Rectus inferior einen 
Depressor paljiebrae inferioris. Nur bei Cetaceen, 
Lutra und Pinnipedia spaltet jeder Rectus, wie be- 
reits gesagt, eine palpcbrale Portion für die Lider 
ab (Muse, palpebralis). Dem System der Recti 
gehört der hauptsächlich nur bei Primaten fehlende 
M. retractor bulbi an. Ist er vollständig, so 
stellt er einen innerhalb des Muskclkegels der 
Recti gelegenen Muskeltrichter dar, daher Muse, 
choanoides, der aber häutig nur aus einzelnen 
Muskelzipfeln besteht. 

Die schiefen Augenmuskeln besorgen in 
bewegungen des Auges. So rotiert der M. obliquus inferior das Auge 
derart um die Augenache. daß die Cornea einigermaßen nach innen 
und oben gedreht wird. Seinen Verlauf deutet Fig. 10S schematisch an. 




Fig. KW. /{ Contour des 
Auge* von hinten g«welicn. 
os Muse, obliquu» nuperior, 
Hein hinterer Hauch h verläuft 
tatsächlich in einer Ebene, 
die einen rechten Winkel mit 
der Flüche de* Papiers bildet; 
of'M.obliqiiu.« inferior; /. /.'«, 
i Ansatz des M. rectu* infe- 
rior, lateralis, mediali*. su- 
perior: R Ansatz eines kegel- 
förmigen Retractor bulbi. 

erster Linie die Koll- 



uigiti, 



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142 



IV. Sinnesorgane. 



Umgekehrt wirkt der M. obliquus superior. Diese Funktion muß bei 
Säugern eine ausgiebigere sein, als bei niederen Vertebraten, deren Augen 
im allgemeinen noch seitlicher stehen als die der Säuger. Ersteren 
genügte demnach ein schwacher Obliquus superior mit kurzem transver- 
salen Verlauf. Den Säugern nicht mehr. Diese verlegten daher den 
Ursprung des Muskels in die Tiefe der Augenhöhle; die Monotremen be- 
sitzen noch Andeutungen dieser Wanderung |(iöppert|. Damit wurde er 
länger und voluminöser, mußte nun aber einen im Winkel gebogenen 
Verlauf annehmen, um seine Zugrichtung gegenüber dem Auge nicht zu 
ändern. Zu dem Zweck zieht er durch eine bindegewebige, häutig teil- 
weise knöcherne Oese (Trochlea). Weitere Besonderheiten . die er und 
andere adnexe Teile des Auges aufweisen, fallen außerhalb unseres Rahmens. 



Von den knöchernen Teilen des Gehörorgans: Perioticum, Cavum 
tympani und Tvmpanicum wurde früher schon gehandelt (s. p. 50, 54, 7f>). 
Das Perioticum umschließt die sogenannte innere Ohrsphäre, worin der 
Nervus acusticus seine Endapparate findet. Seine Endfasern liegen hier 
zwischen den Zellen derselben und bekunden damit eine Uebereinstimmung 
mit den oben besprochenen Hautsinnesorganen. Die phylogenetische Her- 
leitung des Gehörorgans aus Hautsinnesorganen wird auch durch Erwägungen 
ontogenetiseher und vergleichend anatomischer Art wahrscheinlich gemacht. 
Diese Sonderung muß aber eine für Vertebraten sehr alte sein, woraus 
sich auch die verschiedene physiologische Qualität der verschiedenen Teile 
dieses Sinnesorgans erklärt. 



Die von niedrigeren Wirbeltieren her bekannten Teile desselben, die 
sich aus dem ursprünglichen Gehörbläschen herleiten, haben sich bei 
Säugern teilweise einfach erhalten. So der Utriculus und die drei aus 
ihm hervorragenden halbzirkel form igen Kanäle. Anderenteils haben 
sie weitere Aus- und Umbildung erfahren wie die aus dem Sacculus 
hervortretende Lagcna der Sauropsiden. die zum Schneckenkanal, Ductus 
cochlcaris, auswächst, der bei Monotremen nur erst eine gekrümmte 



4. Gehörorgan. 




Fig. 100. Schema de» ganzen 
Gehörorgans eines Säugers auf 
ideellem Querschnitt. I Innere 
Ohrsphäre; die mit Perilymphe 
gefüllten Räume sind schwarz, die 
mit Endolymphe gefüllten weiß 
gehalten. lJas Knochengewebe ist 
gestrichelt oder punktiert. / Utri- 
culus; 2 halbzirkclförmige Kanäle; 
j Ampulle; 4 Sacculus, mit dem 
Utriculus durch den Canalis utri- 
culo-saccularis verbunden, von dem 
der Ductus endolymphaticus in 
den Aquaeductus vestibuli 5 aus- 
geht; 6 Canalis cochlcaris; 7 
Aquaeductus Cochleae; II mittlere 
Ohrsphare, die Trommelhohle mit 
8 Tuba Kustachii; g Stapes, dessen 
Platte das ovale Fenster schließt ; 
10 Amboß; // Hammer, mit seinem 
Griff (Manubriuni) am Trommelfell 
fixiert; III äußere Ohrsphare mit 
dem basalen Stück der Auricula. 



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4. Gehörorgan. 



143 



Röhre darstellt, deren I^ngsachse einen Bogen von 180° beschreibt 
[Denker), somit erheblich weniger als die geringste Schneckenwindung, die 
sonst von Cricetus frumentarius, mit 1,3 Umgängen bekannt ist |Hyrtl). 
Uebrigens ist die Zahl der Windungen meißt 2 bis 3, steigt aber bis auf 
f> schneckenhausartige Spiralumgänge. 

In diesem häutigen Schneckengang lagert das Tonwellen perzipierende 
C ortische Organ, zwischen dessen Sinneszellen, der Nervus cochlearis des 
Acusticus sein Ende findet. Sein zweiter Ast. der N. vestibuli endet im 
Sacculus, Utriculus und den Ampullen der halbzirkelförmigen Kanäle. Alle 
diese häutigen Teile bilden das hautige Labyrinth, das mit Endolymphe, 
einer wasserklaren Flüssigkeit, angefüllt ist, während Perilymphe dieselbe 
umspült. Letzteres ist dadurch möglich, daß das häutige Labyrinth von 
den Wänden des knöchernen Labyrinthes derartig eingeschlossen wird, 
«laß diese Knochenkapsel eine zu weite Umhüllung bildet und zwischen beiden 
ein Abstand entsteht, der eben mit Perilymphe ausgefüllt ist. Im übrigen 
bildet der Hauptsache nach das knöcherne Labyrinth einen Abguß des 
häutigen und entstand aus der Knorpelkapsel, die «las < iehörbläschen um- 
gab. In dieser periotischen Kapsel entstanden ursprünglich Knochenkerne, 
die teilweise den bei Fischen und Reptilien bestehenden Otica entsprechen 
und mit einer von außen hinzutretenden Ossifikation zu einem einzigen 
Stück, dem Petrosum. verschmelzen (Gegenbaur]. Diese knöcherne Um- 
hüllung wird durch den Aquaeductus vestibuli durchbohrt, der auf 
der cerebralen Fläche des Petrosum ausmündet und den Ductus endo- 
lymphaticus enthält. Dieser beginnt mit einem Kanal, welcher Utri- 
culus und Sacculus verbindet und in der Schädelhöhle, unter der Dura 
matcr mit einem abgeplatteten Sack endet. Andererseits hat der peri- 
lymphatische Raum einen Ausweg in die Lymphgefäße durch den Aquae- 
ductus Cochleae, der aus der Cochlea zur Unterfläche des Petrosum 
führt. Am knöchernen Labyrinth unterscheidet man neben der Cochlea, 
die den Schneckengang enthält, das Vestibulum und die drei halbzirkel- 
förmigen Kanäle. In letzteren liegen die häutigen halbzirkelförmigen 
Kanäle, in ersterem der Utriculus und Sacculus. Man spricht daher von' 
einem Vestibularapparat. der allem Anschein nach mit der Hörfunktion 
nichts zu schaffen hat. Welches seine Funktion dann wohl sei, darüber 
gehen die Ansichten auseinander. Er gilt als Sinnesorgan der Empfindung 
des Gleichgewichts, oder der Bewegungs- und Lageemptindung, oder noch 
allgemeiner als Sinnesorgan des Raumsinnes. 

Anders der Schneckenkanal. Sein Cortisches Organ ist der Sitz 
der Höremptindung. Die Neurocpithcl-(Hör-)zellen, werden durch Vibration 
der Endolymphe gereizt. Auf die Endolymphe werden diese Vibrationen 
seitens der Perilymphe übertragen. Dieser werden sie mitgeteilt durch die 
Kette der Gehörknöchelchen, die in der Trommelhöhle. Cavum tympani, liegen. 

Wir kommen damit zur mittleren Ohrsphäre, die aus der 
Trommelhöhle mit den Gehörknöchelchen und aus der Tuba Eustachii, als 
Hilfsapparate des Gehörorgans, sich zusammensetzt. 

Auf p. 54 wurde auseinandergesetzt, auf welche verschiedene Weise 
die Trommelhöhle. Cavum tympani. sich aufbauen kann. Nehmen wir 
den Fall, daß sie knöchern vollständig umwandet sei. gleichgültig ob das 
Tymi>anicum sich zu einer Bulla ossea aufblähte, die der Untertläche des 
Petrosum anliegt, oder ob diese Bulla zu stände kam durch Mitbeteiligung 
eines Os bullae. oder durch Auswachsen des Petrosum, oder endlich des 
Alisphenoid und Basisphenoid. 



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144 



IV. Sinnesorgane. 





Diese knöcherne Trommelhöhle kommuniziert mit dem knöchernen 
Labyrinth durch das ovale Fenster, Fenestra ovalis, die durch eine 
elastische Membran geschlossen wird, mit welcher die Fußplatte des Steig- 
bügels verbunden ist. Dies ist der innerste Knochen 
der Kette der Gehörknöchelchen, Ossicula auditus. 
Sie beginnt mit dem Hammer. Malleus, dessen 
Stiel, Manubrium, in dem Trommelfell liegt welches 
die Trommelhöhle nach außen gegen den äußeren 
Gehörgang abschließt. Sein rundlicher Kopf, Capi- 
tulum. artikuliert mit dem Ambos, Jncus. Diese 
Artikulation weicht bei den Monotremen von der 
der übrigen Säuger dadurch ab. daß der Hammer 
sie bewerkstelligt, durch einen schuppenartigen Aus- 
wuchs seines Kopfes, ferner dadurch, daß früh- 
zeitige Ankylosierung zwischen Malleus und Incus 
eintritt. Letztere hat übrigens auch bei Hystricidae, 
wenigstens im Alter statt. Im übrigen wird im 
systematischen Teil bei den verschiedenen Ordnungen, 
Fig. lio. üohörknö- wenn nötig, das wichtigste über die Form der Ge- 
<helcben I von Tupaia, hörknöchelchen nach Hvrtl und Doran mitgeteilt 

II von Thvlacinus. nach , ... . ■ «. 1 

Doran. m Hammer; s werden. Hier sei nur hervorgehoben, daß neben 
Steigbügel; / Amboß. der Keulenform des Hammers, wie sie mehr oder 

weniger ausgesprochen bei Primaten, Ungulaten, 
Rodentia, Karnivoren auftritt, andererseits, namentlich bei manchen In- 
sektivoren, Marsupialia, Xenarthra. Monotremata eine lamellöse Form be- 
steht, mit kleinem Kopf, der gebogen ist und in Verbindung mit dem 
Manubrium und mit dem Processus gracilis (Folianusi mehr oder weniger 
eine Hufeisenform hat. Der letztgenannte Processus kann sich dabei an 
das Tympanicum legen. 

Der Amboß, dessen Form noch am wenigstens ändert, artikuliert 
meist durch Vermitfelung des kleinen Os lenticulare, das sich von ihm 
abschnürte, mit dem Steigbügel, Stapes. Die Fußplatte des letzteren 
verbindet sich stets mit der Schlußmembran der Fenestra ovalis. Bei 
der Mehrzahl der Säuger sitzen auf der Fußplatte zwei Schenkel, die sich 
vereinigen und damit eine Steigbügelform hervorrufen. Beide Schenkel 
können bei weiterer Zunahme der Knochensubstanz verschmelzen zu einem 
Knochenkegel. Hiervon ist zu unterscheiden, die Form des Steigbügels, 
welche die Columella der Sauropsiden wiederholt, indem wie bei Manis, 
einzelnen Beuteltieren (Fig. 110) und den Monotremen. auf der Fußplatte 
ein cylindrisches Säulchen ruht, das in einen Gelenkkopf endet. Zwischen 
den Steigbügelschenkeln kann eine Arterie (Art stapedia. auch wohl 
A. mundibularis genannt) hindurchtreten, die dem System der Carotis 
interna angehört, welche Arterie bei zahlreichen Säugern durch die 
Trommelhöhle zieht (Fig. 1*X: p. 232). Die Stcigbfigelarterie kann auch 
ein bedeutender Ast für die Orbita und Kaumuskeln bei Chiroptera, 
manchen Insectivonu llodentia sein. Ihre Wandung kann verkalken und 
liefert den Pessalus genannten Knochenkanal, der die Steigbügelöffnung 
ausfüllt. Dies ist von Bedeutung im Hinblick auf die periartcrielle Ent- 
stehung der Steigbügelschenkel überhaupt [Salensky u. A.]. 

An einen kleinen Muskelfortsatz des Hammers heftet sich der Muse, 
tensor tympani. Seiner wird näher auf p. 10O gedacht werden, als eines 



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4. Gehörorgan. 



145 



den Mm. pterygoidei angehörigen. vom dritten Ast des Trigeminus inner- 
virten Muskels, der sich vom M. adductor mandibulae der Selachier herleiten 
laßt. Auch geschah dort des Muse, stapedius Erwähnung, der vom 
Facialis versorgt wird und zum Gelenkköpfchen des Stapes zieht. 

Das bereits genannte Trommelfell, Membrana tympani, ist im Tym- 
panicum ausgespannt, und da dieser Knochen einen mehr oder weniger 
unvollständigen Ring bildet, in dessen Sulcus tympani das Trommelfell sich 
festheftet, so setzt es sich, wo dieser Sulcus dorsalwärts fehlt, an das 
Squamosum an. Stets bildet es einen Winkel mit der Vertikalen. Am 
l>edeutendsten ist dieser im allgemeinen bei Embryonen und jungen Tieren, 
entsprechend der mehr horizontalen Lage des Tympanicum. Später nähern 
beide sich mehr der Vertikalebene, am auffälligsten bewahren aber die 
Monotremen die ursprüngliche Lage oder erlangten sie wieder infolge 
Reduktion des Kiefergelenkes. 

Der Hauptsache nach besteht das Trommelfell aus einer zwischen 
Paukenhöhle und äußerem Gehörgang ausgespannten fibrösen Membran, 
die entsprechend ihrer Lage von außen durch das Integument des Gehör- 
gangs, von innen von der Schleimhaut der Trommelhöhle überzogen wird. 
Letztere liefert auch einen Ueberzug für die übrige Wand der Höhle und für die 
in derselben gelegenen Teile, wie die Gehörknöchelchen, deren Muskeln u. s. w. 
Diese Schleimhaut ist eine Fortsetzung der Schleimhaut des Pharynx. 
Die Trommelhöhle erscheint ja als Derivat der ersten, zwischen Kiefer- 
und Zungenbeinbogen gelegenen Kiementasche. So erklärt sich auch ihre 
bleibende Kommunikation mit dem Pharynx, genauer mit dem Naso- 
pharyngealraum (p. 1ÜH). Nur bei Ornithorhynchus ist diese Kommunikation 
eine einfache, sehr weite, indem das Cavum pharyngo-nasale so weit nach 
hinten reicht, daß die größtenteils häutig geschlossene Trommelhöhle sofort 
in dieses sich öffnet. Sonst geschieht sie stets durch die Tuba Eustachi!. 

Diese stellt eine schräg nach vorn gerichtete Röhre dar. die. mit 
ihrem Gegenüber konvergierend, in die Seitenwand des Nasen-Rachen- 
raumes durch ihr Ostium pharyngeum ausmündet. Reim Darmkanal wird 
auseinandergesetzt werden, wie dieser ursprünglich dem Darmrohr an- 
gehörige Raum durch die für Säuger charakteristische Bildung des weichen 
Gaumens sekundär in nächste Beziehung zum respiratorischen Teil des 
Geruchsorgans trat. Somit öffnet sich bei Säugern die Tuba nicht mehr in 
den eigentlichen Speiseweg, wie bei der Mehrzahl der Anuren und Reptilien. 

Im Gegensatz zu Ornithorhynchus ist bereits bei Echidna die Tuba 
ein deutlicher fibröser Kanal mit eingelagerten Knorpelstückchen [Esch- 
weiler]. Häutig ist sie auch bei Marsupialia. Bei Monodelphia tritt aber, 
abgesehen von Cetaceen. ein Tubenknorpel auf. in Gestalt einer gegen 
den Pharynx hin an Höhe zunehmenden Platte, die lateralwärts in einen 
gekrümmten Haken übergeht [v. Kostanecki]. Seine Ausdehnung ist eine 
verschiedene; was ihm, dem Schädel angelagert, fehlt zur riiiwandung der 
Tuba, wird durch bindegewebige Membran ergänzt. Dieser häutige Teil 
kann sich bei Perissodactyla, Hyracoidea und nach Grosser auch bei Chiro- 
ptera aussacken zu einer Tubenblase, die an ihrer Einmündung im 
Pharynx aufgebläht werden kann. 

Die Muskulatur der Tuba ist ihrer Herkunft nach von zweierlei Art. 
Wie auf p. H50 hervorgehoben, leitet sich der Muse, tensor veli palatini. 
der als Erweiterer der Tuba fungiert (M. sphcno-salpingo-staphylinusj, 
vom Adductor mandibulae der Selachier her. Er tritt zuerst bei Marsu- 

Veb«, Sanktion». 10 



i 

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146 



IV. Sinnesorgane. 



pialia auf und entspring im allgemeinen vom Sphenoid, von der Bulla 
ossea und von der Tuba, namentlich von ihrem tympanalen Ende, und 
zieht zum weichen Gaumen, als dessen Tensor er gleichzeitig fungiert 
Hier und da fehlt er: Manis [Eschweiler|, Choloepus |Kostanecki]. 

Allen Säugern kommt ein als Compressor tuhae wirkender Muskel 
zu, welcher als gesonderte Portion des Muse, palato-pharyngeus <s. hei 
Darmkanal) somit der Pharynxmuskulatur erscheint, die sich im allgemeinen 
zwischen weichem und hartem Gaumen und Choanen einerseits, Tuba und 
hinterer Pharynxwand andererseits ausdehnt. Die Fasern, die weichen 
Gaumen und Tuba verbinden, entwickeln sich bei Monodclphia zum Muse, 
levator veli palatini, der mehr Selbständigkeit erlangt, seinen Ursprung 
auf das Petrosum und auf die Bulla verlegt <M. petroso-salpingo-staphylinus) 
und Compressor tubae, gleichzeitig auch Levator veli palatini wird. 

Aus der 1. Kiemenfurche entsteht nach Kastschenko der äußere 
Gehörgang, Meatus acusticus externus. indem sich vor ihr ein Wulst 
aus dem 1., hinter ihr ein Wulst aus dem 2. Visceralbogen bildet Durch 
weiteres Auswachsen liefert der letztere die Ohrmuschel und gleichzeitig 
den vertieften Gehörgang an dessen innerem Ende das Trommelfell liegt. 

Die innigen genetischen Beziehungen des äußeren Gehörganges zum 
Hyoidbogen verraten die Monotremen zeitlebens, indem bei ihnen »las proxi- 
male Ende des Zungenbeins in der Nähe des Tvmpanicum in die knorpelige 
lange Röhre des äulieren Gehörgangs fibergeht, an den sich die Ohrmuschel 
anschließt [G. Kuge]. Solch knorpeliger Gang von verschiedener Länge, in 
welchem ausnahmsweise auch Verknöcherung auftreten kann (einzelne Nager), 
findet sich allgemein bei Säugern. Daneben kann, direkt an das Trommelfell 

anschließend, ein knöcherner äußerer Ge- 
hörgang auftreten, der sich dann in den 
knorpeligen fortsetzt. Dieser knöcherne 
kommt zustande durch extratympanales 
Auswachsen des Tvmpanicum, wie bei Alt- 
welt-Affen, rarni voren. Rodentia. Ungulaten. 
Hiervon zu unterscheiden ist ein gewisser- 
maßen falscher knöcherner Gehörgang. wie 
ihn die Perissodactyla zum Teil zeigen, 
indem der Processus postglenoidcus und 
posttympanicus sich begegnen und einen 
Kanal umfassen (p. f>3, Fig. 40). 

Das äußere Ohr. die Ohrmuschel. 
Auricula. erlangt bei Säugern als schall- 
auffangendes und zuleitendes Organ hohe 
Ausbildung. Zu dem Zwecke muß es 
prominieren. Rückbildung erfährt es da- 
her, wo solches Prominieren nicht konkor- 
diert mit der Lebensweise. Einer häutig bis 
auf eine I lautfalte oder noch stärker redu- 
zierten Ohrmuschel begegnen wir daher bei 

Fig. III. Linker Ohrknorpel des Hundes, 
nach J. Schmidt, an Antitragus; ah Antihclix; 
KS Knorpel des (Jehürgangs : h Crus helicis; s 
Spina belieb;. 5 tn-apba; / Tragus. 




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4. Gehörorgan. 



147 



unterirdisch oder im Wasser lebenden Tieren (s. bei Chrysochloris) , im 
Maximum bei Cetaceen. deren Ohröffnung auf einen minutiösen Porus 
zurückgegangen ist. Die Rückbildung der äußeren und mittleren Ohr- 
sphäre dieser Tiere überhaupt kommt im systematischen Teil zur Sprache. 

Der umfangreichste Teil des Ohrknorpels der Ohrmuschel, Car- 
tilago auriculae, ist die Scapha, die entweder einigermaßen Hach aus- 
gebreitet oder vielfach zu einer Tüte eingerollt ist, zu der dann 
der fast senkrechte Muschelspalt Zugang gibt. Ihr vorderer (medialer) 
Rand entspricht der Helix des menschlichen Ohres, das man sich, 
zur Vergleichung, mit seiner oberen Zirkumferenz nach vorn geneigt 
zu denken hat. Dieser Rand bietet aber nicht die Einrollung der mensch- 
lichen Helix. Er vereinigt sich oben mit dem hinteren (lateralen) Rande 
zu der häutig abgerundeten Muschelspitzc. Unten greift der mediale 
Rand über den lateralen und bildet den unteren Tütenwinkel [Ellenbergcr 
und Baum]. Hier geht die Scapha in einen röhrenförmigen Hohlraum 
über, den der Tragus als mehr oder weniger viereckige Knorpelplatte 
vervollständigt, indem er sich von hinten nach vorn wölbt. Teilweise 
durch eine Incisur getrennt geht er im übrigen aber über in ein gleich- 
artiges Knorpelstück, das bereits dem Knorpel des äußeren Gehörganges 
angehört (Fig. 1 1 1 gg.). 

Der Raum fehlt hier, den Formverschiedenheiten der Ohrmuschel 
nachzugehen, um so mehr als bei verschiedenen Ordnungen auch des 
Ohres Erwähnung geschehen soll. 

Nur sei darauf hingewiesen, daß bei den Primaten Verkleinerung 
der Ohrmuschel eintritt unter Einrollung ihres vorderen und oberen 
Randes zur Helix. die beim Menschen ihr Maximum erreicht. Auch bei 
ihm erhält sich unter dem Namen Tuberculum Darwini, die eigent- 
liche Ohrspitze der Übrigen Säuger, als kleiner Vorsprung im absteigenden, 
hinteren Teil der Helix, welcher bei Primaten durch seine Größe sofort 
in die Augen fallt. 

Das Primatenohr bildet überhaupt unzweifelhaft eine Vorstufe des 
menschlichen Ohres, der das Ohr der Prosimiae wieder vorabgeht, inso- 
fern dieses sich enger an das Ohr der übrigen Säuger anschließt. Aus- 
schließlich den Tieren eigen ist das Scutellum (Scutulum): eine vom 
Ohrknoq>el vollständig getrennte Knorpclplatte. die dem Muse, temporalis 
aufliegt und nur durch Muskeln, die zur Fixierung des Ohres dienen, 
einerseits mit dem Kopf, andererseits mit dem Ohr in Verbindung steht 
[J. Schmidt]. 

Die Hautdecke der Ohrmuschel zeichnet sich durch ihre dünne Be- 
haarung aus. namentlich an der in den äußeren Gehörgang leitenden 
Fläche, während die mediale Fläche häufig dichte Behaarung zeigt. 

Die Ohrmuschel als Ganzes wird bewegt durch Muskeln, die bei 
ausgiebiger Entfaltung Bewegungen des Ohres möglich machen, die ihren 
Namen entsprechen. Es sind der M. attrahens, attolens, depressor, retra- 
hens und rotator auris. 

Außerdem treten noch Eigenmuskeln der Ohrmuschel auf, wie 
»ler M. helicis, tragicus, antitragicus, welche die Bewegung der Knorpel- 
teile der Ohrmuschel gegeneinander besorgen. Alle diese Muskeln ent- 
stammen nach G. Rüge dem Platysma, gehören somit dem Facialis- 
gebiet an. 

10« 



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148 



IV. Sinnesorgane. 



Als Nebenhöhle des Gehörorgans können angeschen werden die 
pneumatischen Höhleu, die mit der Trommelhöhle kommunizierend in 
ihrer Umgebung liegen. Sie werden von der Fortsetzung ihrer Schleim- 
haut bekleidet und erstrecken sich in das Mastoid. das dadurch bei Toxo- 
dontia und einzelnen Nagetieren zu einer gewaltigen Blase aufschwillt, die 
sich bis auf den Scheitel des Schädels ausdehnen kann. 

Als Beispiel geringerer Ausbildung sind die Cell ulae mastoideae 
des Menschen anzusehen. Pneumatisierung des Squamosum hat gleichfalls 
vielfach statt, sie kann auch, bei Kommunikation mit der Trommelhöhle, in 
das Sphenoid und Pterygoid sich ausdehnen. 

5. Geruchsorgan. 

Das Geruchsorgan erfreut sich bei der Mehrzahl der Säugetiere einer 
hohen Ausbildung. Es hat seinen Sitz in der Nasenhöhle, deren knöcher- 
nes Gerüst auf p. f>0 und iit> ausführlich zur Sprache kam. Dort wurde dar- 
gelegt, wie in jeder Nasenhöhle durch Zutun der Skleletteile eine respira- 
torische Region von einer olfaktorischen sich unterscheiden läßt. Nur 
letztere ist hier für uns von Interesse, da in ihr die Schleimhaut der 
Nasenhöhle die Endausbreitung des Nervus olfactorius enthält. Dessen 
zahlreiche Fila olfactoria dringen durch die Siebplatte ein und enden in 
Neuroepithelzellen , die lang-stiftförmig zwischen epithelialen Stützzellen 
der Schleimhaut liegen. Letztere enthalten gelbes Pigment und verleihen 
der Riechschleimhaut, soweit sie Riechzellen besitzt, eine gelbliche Farbe. 

Diese Regio olfactoria enthält das auf p. 02 näher beschriebene 
Siebbeinlabyrinth, das aus den Ethmoturbinalia besteht. Wir sahen, 
daß diese vom Ethmoid ausgehen und an ihrem freien, der Scheidewand 
der Nasenhöhle zugekehrten Rande eingerollt sind, was Anlaß gab, sie 
Muscheln, Conchae oder Turbinalia zu nennen (Fig. 113. 117). Unter ihnen 
nimmt das erste Turbinale insofern eine Sonderstellung ein, als es in seinem 
vorderen Abschnitt vom Nasale ausgeht und darum Nasoturbinale heißt. 
Seine Entfaltung ist eine sehr verschiedene. Es kann bis zur äußeren 
Nasenöffnung reichen, kann hierbei in seinem vorderen Teil Verbreiterung 
erfahren, sich hier einfalten oder anderweitig auszeichnen, so bei Nagern 
IZuckerkandl). 

Die übrigen Turbinalia unterscheiden sich in Endoturbinalia, deren 
freier Rand bis zum Septum reicht und in die zwischen ihnen liegenden 
kürzeren Ectoturbinalia *Fig. 112). Schleimhaut überzieht diese zarten 
Knochenblätter und erhält an ihrem freien Rande durch dessen Einrollung 
ein wulstiges Aeußere, was Anlaß gab von Riech Wülsten zu sprechen 
und zwar von medialen und lateralen. Erstere entsprechen den Endo-, 
letztere den Ectoturbinalia. Im übrigen kann die Zahl der Riechwülste 
die der Turbinalia übertreffen, da deren freier Teil Teilung erfahren kann. 

Im systematischen Teil wird häutig von diesen Turbinalia die Rede 
sein. Hier sei nur angemerkt, daß ihre Zahl eine verschiedene, aber im 
allgemeinen für kleinere, zuweilen auch für größere Abteilungen konstante 
und daher systematisch verwertbare ist. Das gilt aber nur für die Endo- 
turbinalia. die nach Paulli ursprünglich zu fünf aus der seitlichen und 
oberen Wand der Nasenkapsel entsprangen, wie die Marsupialia dies 
zeigen. Mit geringer Abweichung, die teils auf Verschmelzung bis auf vier 
(Insectivora/ oder auf Spaltung der Endoturbinalia beruht, lassen sich die 



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(ieruchsorgan. 



149 



EndoturbinaJia der Insectivora, Chiroptera, Carnivora fissipedia und pinni- 
pedia, der Mehrzahl der Ungulata, der Prosimiae und Rodentia auf diesen 
Typus zurückführen. Eine etwas andere Ansicht vertritt Seydel. Mit 
Beiseitestellung des abzusondernden Nasoturbinale, erkennt er, daß der 
erste und zweite Riechwulst durch eine gemeinsame Ursprungslamelle mit 
der lateralen Nasenwand in Verbindung stehen, somit einer Muschel an- 
gehören. Ist die Zahl der medialen Riechwülste, wie häutig nur 4. so handelt 
es sich also um drei „Hauptmuscheln" oder drei EndoturbinaJia, die viel- 
leicht als Ausgangspunkt zu gelten haben für kompliziertere Verhältnisse 
vieler Säuger. 



al 




Fig. 112. Schematische Querschnitte durch die linke Nasenhöhle von Säuge- 
tieren, dicht vor der Siebplattc und ihr parallel, nach Paulli. Links einfacher Typus 
ohne Ectoturbinalia; rechts mit Ectoturbinalia und zwar einet medialen und lateralen 
Reihe. /— V Endotnrbinalia mit teil« durch einfache, teil» durch doppelte Einrollung 
entstandenen Riechwulsten. //' und //" durch Teilung der Basallamelle // entstandene 
RiechwüUte. /. 4, 7, 9, n, 12 mediale, 2, 3, 5, 6, s, 10 Intern le Ectoturbinalia; al .Via 
laminae perpendicularis; // Lamina lateralis; // Lamina terminali»; .1 Scptum; v Vonier. 

Ausnahmsweise gehen auch vom Septum Riechwülste aus (Dasypus. 
Echidna). 

Tiefgreifende Reduktionen erfuhren die mikrosmatischen Primaten 
und die anosmatischen Cctacea. Ucberhaupt steht das periphere (ieruchs- 
organ unter «lein Einfluß der Lebensweise. Handelt es sich bei gut 
spürenden und witternden Säugern um ausgedehnte Riechschleimhaut, so 
wächst die Komplikation des Siebbeinlabyrinths. Sie wird erzielt durch 
Vermehrung der Riechwülste, teilweise durch Spaltung der Endoturbinalia, 
ferner durch Entstehen oder Vermehrung der Ectoturbinalia. die eine (Marsu- 
pialia. Insectivora, Chiroptera, Procavia) oder zwei Reihen (Ungulata, Carni- 
vora, Pinnipedia, Rodentia, Xenarthra etc.) in verschiedener Zahl darstellen 
können. Riechwülste und namentlich Ectoturbinalia stehen mehr unter spe- 
ziellem Einfluß und ihre systematische Dignität ist eine untergeordnete. 



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150 



IV. Sinnesorgane. 



Die Ethmoturbinalia werden aber nicht in toto von der Riec li- 
sch lei in haut bekleidet. Ein Teil derselben, namentlich der vordere des 
Nasoturbinale, trägt gewöhnliche Nasenschleimhaut mit Flimmerepithel. wie 
sie auch die Regio respiratoria bekleidet. Sie wird vom Trigeminus 
innerviert. 

Von der Ethmoturbinalia scharf zu scheiden ist das Maxilloturbi- 
nale, auch einfach Nasenmuschel oder untere Muschel (Concha inferior) 
genannt, die am Maxillare festgeheftet ist und in den unteren Nasengang 
hineinragt, der vom äußeren Nasenloch zur Choane zieht und der Re- 
spirationsluft zum Durchgang dient. Im einfachsten und ursprünglichsten 
Falle ist es ein von der Nasenschleimhaut überzogenes Knochenblatt, mit 
einem unteren oder daneben auch einem oberen plattenartigen Fortsatz, 
der mehr oder weniger eingerollt und dadurch an Überdache ausgedehnter 




w Fig. III], lüngsschnitt durch den Schädel von < ilyptodon, nnch Hurmeister, ungef. 
•" n. Gr. aa Stücke des Septum narium; b Nasolurhinalc; c Maxilioturbinale; </ Ir- 
mina cribrosa milden Fthmoturbinalia //—/'///; <• Frontalsinus; / pncumalisicrtes 
Vomer; ,; r Fo*sa cercbralis, davor die Fossa olfaetoria, dahinter die Fossa cerebellaris ; 
h IV'trosuin; / CanaJis iueisivus; k Poromen palatium DOftteriut; / Fortsetzung de?* 
unteren Nasenlanges; m Parietale; o Foramen opticum; /> Foramen rotundum; u künst- 
liche Ocflhung im Nasoturbinale zur Demonstration der Pneumatisierung de>sell>en 
seitens des Sinus frontalis: v Oeffming des Tränen nasenganges. 

ist. Die genannten Fortsätze können auch gefaltet oder verästelt sein 
[Zuckerkand!]. Solchergestalt kann ein umfangreiches, vom Trigeminus 
innerviertes Gebilde entstehen, das den vorderen Nasenraum anfüllt und 
sich eignet zur Erwärmung der Atemluft oder zu deren Reinigung von 
Staubteilen, daneben aber auch wohl andere uns noch unbekannte Funktion 
hat iFig. III). .Jedenfalls steht sie in keiner Beziehung zum Riechvermögen 



Uigitizcci Dy Google 



.">. Gterachsorgso. 



151 



der Tiere. Ihr Typus kann ein wechselnder sein bei Vertretern einer Ord- 
nung, läßt sich daher im allgemeinen klassitikatorisch nicht verwerten, 
obwohl andererseits die Carnivora ein Beispiel sind für das Gegenteil. 

Bei Besprechung des Skeletgerflstes des (ieruchsorgans auf S. 67 
wurde bereits der engen Beziehungen zum Jacobson sehen Organ ge- 
dacht. Dort sahen wir, daß die embryonale Nasenkapsel ein knorpeliges 
Gebilde des Primordialcranium ist. das sich aus dessen Ethmoidrcgion 
entwickelt. Es bildet an seinein Vorderende (Fig. 50 u. 54 1 einen nur 
unvollständig geschlossenen Kapselteil, in welchem sich die beiderseitigen 
Knorpelmassen vereinigen und der seitlich die Apertnra nasalis externa 
und die Endöffnung des Tränennasenkanals umfaßt An dem Boden der 
Kapsel liegt die primitive Choane. die lateral von der Knorpelanlage 
des Maxilloturbinale, medial von einem Knorpelstreifen begrenzt wird, den 
wir auf p. »>7 (Fig. ;"><> u. 51) als Cartilago paraseptalis kennen lernten. 
Dieser hat seine ursprüngliche Verbindung mit dem Septum cartilagineum 
(Mesethmoid) aufgegeben, erscheint als ein Teil des Bodens der Kapsel, 
verliert aber seine Verbindung mit dem hinteren Teil der Kapsel und er- 
fahrt Ausgestaltung durch die engen Beziehungen, in die er zum Jacob- 
sonschen Organ tritt [Scydcl], womit er den Namen des Jacob sonschen 
Knorpels erwirbt. 

Das ,1 a co Iis uns che Organ ist bekanntlich bei Sauriern und 
Schlangen ein von der Nasenhöhle ganz abgeschlossenes, in die Mundhöhle 
sich öffnendes kompaktes Organ, in seinem Lumen mit einer muschelartigen 
Vorwölbung, l'nter Säugern erwirbt es bei Monodelphia die Form eines 
jederseits neben dem Septum narium auf «lein Boden der Nasenhöhle ver- 
laufenden Schlauches, der namentlich bei Ungulaten. Kodentia. Marsupialia 
stark entwickelt ist (Fig. 1H>). Auch bei Monotremen, hier erfährt aber das 
vom Jacobsonschen Knorpel vollständig umgebene Organ, Komplikation, 
indem von der lateralen Seite her ein muschelförmiger Fortsatz in das 
Lumen vorspringt, der aber mit gewöhnlichem Epithel überzogen ist, während 



B. 

R. . 




Figur 114. Frontalschnittc durch die Nasenhöhle von Ornithorhynchua. A. 
zwischen Apertur« nasalis externa und Canali* na-o-palatimis: B. hinter letzterem; 
nach Symington (aus Seydel), 6'.». Nasenhöhle; J.O. Jac*>h*onsches Organ; C.J. Jacoh- 
BOOSCher Knorpel; ">■ muschelförmiger Vorsprung in densdheu; />. hantelförmiger 
Knochen; n. Nerv; praem, Intermaxillare. Knur|N'l der Nasenkapsel schwarz. 



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152 



IV. .Sinnesorgane. 



übrigens Riechepithel, vom Olfactorius innerviert, das Organ bekleidet. Man 
konnte also mit Broom von einem für die Monotremen charakteristischen 
Turbinale als Teil des Jacobsonschen Knorpels sprechen. Nach ihm er- 
scheint als Rest dieses Turbinale ein Knorpelstab längs der Außenwand 
des Vorderendes des Organs bei Marsupialia, bei denen es auch weitere 
Eigentümlichkeiten aufweist. Dieser Knorpelstab tindet sich auch bei 
Dasypus, rudimentär bei Rodentia und bei Macroscelides, welcher Insectivore 
auch in anderen Punkten mit dem für Marsupialia typischen Bau des 
Jacobsonschen Organs übereinstimmt. 

Im übrigen hat es andererseits bei Monodelphia einen gleichartigen Bau. 
Es legt sich als längliche, untiefe Grube an, welche Sinnesepithel der Riech- 
schlcimhaut trägt und von indifferentem Epithel umwallt wird. Bei weiterem 
Wachstum entsteht daraus ein längliches Säckchen, wie die Schemata in 
Fig. 115 verdeutlichen. Nach Seydel kommt seine Oeffnung bereits früh- 
zeitig in die Apertura nasalis' interna zu liegen und zwar in deren 



Fig. 115. Schemata der Entstehung dos Jacobsonschen Organs der Säugetiere. 
Figur A x bis D x »teilen horizontale Längsschnitte, die der unteren Reihe frontale 
Querschnitte dar. Die Lage der letzteren ist in der oberen Reihe durch die Vertikal- 
linien 2 und j angedeutet, h hinteres Ende de« Organe, / laterale, m mediale Wand 
desselben, a—b Rand der seichten Ornbc in A\ in B und C'ist er zentral vorgewachsen, 
verengert und bildet eine laterale Wand des Organ*. C zeigt Rückbildung des von leren 
Endes, C t und C 3 Einbiegung der lateralen Wand (Ornithorhynchus); D l Schwund des 
vorderen Teils des Organ» uud schlauchförmiges Anwachsen des hinteren (Placentalicr- 
typus), Nach Sydel. 

vorderen Teil. Von diesem wurde bereits auf p. 65 mitgeteilt, daß er bei 
Bildung tles sekundären Gaumens durch die horizontalen Gaumcnleistcn 
oder die Gaumenfortsätze, also durch das Intermaxillare, Maxillare und Pala- 
tinum. offen bleibt und zum Canalis naso-palatinus (incisivus; wird. 
Eben durch diese Ausmündung in die Apertura nasalis interna erhält sich 
der vordere Teil derselben als Mund- und Nasenhöhle verbindender Gang: der 
Stensonsche Gang. In diesen öffnet sich also das Jacobsonsche Organ 
und zwar in das nasale Ende des (langes bei Echidna und Marsupialia. 

Gradatim verschiebt sich die Oeffnung gaumenwärts. wobei häutig bei 
Monodelphia der Canalis naso-palatinus gestützt wird durch einen Fortsatz 
des knorpeligen Bodens der Nasenhöhle. Rückbildung des Jacobsonschen 
Organs wie bei Pinnipedia, Cetacea, einigen Chiroptera selbst bis zum 
otalen Schwunde wie bei Altwelt-Affen, katin gepaart gehen mit Verschluß 
der Stensonschcn Gänge; sie können aber auch erhalten bleiben wie bei 




Cx Cy 



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r>. GerudMorgan, 



163 



den letztgenannten. Auch kann trotz guter Entwickelung des (langes und 
des Organs beider Zusammenhang verloren gehen: so bei den Rodentia, 
wo das Jacobsonsche Organ in der Nasenhöhle vor dem Stensonschen 
(lang in den weiten Canalis incisivus ausmündet (s. Fig. 48). Dies ist 
aber wohl eine sekundäre Verlagerung infolge der enormen Entfaltung der 
oberen Nagezähne und nicht eine Reminiszenz an den ursprünglichen Zu- 
stand, in welchem ja das Organ vor der Apertura nasalis interna entsteht, 
um sich erst später rückwärts zu verschieben, wodurch es in den vonleren 
Teil der Apertura ausmündet. „ 



Im allgemeinen hat der Jacobsonsche Knorpel die Gestalt eines 
Rohres, das an der Ober- und Außenseite, wenigstens in seinem Hinter- 
ende, mehr oder weniger durchbrochen ist. Hier treten Olfactorius-, mehr 
nach vorn auch Trigeminusfasern in dasselbe ein; auch Drüsen (Fig. 11(5». 

Die Fasern des Riechnerven und dessen Sinnesepithel stempeln das 
Organ zu einem Hilfsorgan des Geruchsorgans, wohl mit spezifischer Funk- 
tion insofern, als es durch den Stensonschen Gang mit der Mundhöhle in 
Verbindung steht und somit seine Sinneswahrnehmung affiziert wird durch 
den Inhalt dieser. 

Soeben war die Rede von Drüsen, die in das Jacobsonsche Organ 
einmünden. Isoliert mündende Drüsen spielen überhaupt in der Nasen- 
höhle eine bedeutende Rolle mit der Aufgabe, die Nasenschleimhaut feucht 
zu erhalten. Umfangreicher sind häufig Drüsen im Septum. namentlich 
aber bei Marsupialia, Rodentia, Carnivora, manchen Insectivora, Chiroptera 
und Fngulata die gleichfalls acinöse Stenosche Nasendrüse |Kangro, 
Schwinck), die vorn in der Nasenhöhle oberhalb des Träncnnasenganges 
ausmündet und in der Seitenwand der Nasenhöhle liegt, wo sie eventuell 
in den Sinus maxillaris sich lagern kann. Hei Sorex. wo «lieser fehlt, hat 
sie eine derartige Entwickelung, daß sie den Oberkiefer nach außen wölbt. 

Nach Kenntnisnahme der wesentlichen Teile des Geruchsorgans. ver- 
dient noch im Anschluß an die ostcolojiischen Betrachtungen auf p. 57, 
hervorgehoben zu werden, wie die Vergleichung mit unterhalb der Säuger 
stehenden Vertebraten lehrt, daß die Lage des Geruchsorgans bei 
ihnen eine andere ist. Auch dort, wo es. wie bei Saurop>iden. gute Aus- 
bildung hat, liegt es präorbital, von der Schädelhöhle weit entfernt, so daß 



Fig. 116. Querschnitt durch den Kupf 
eine* 1 1 cm angen l'ferdeembryo und zwar durch 
da«» Vorderende der Schnauze. Der primordiale 
Knorpel ist schwarz angedeutet, die Deck- 
knochen: Nasale; m Maxillare; W Mandi- 
bulare sind als Knochenstruktur wiedergegeben; 
mk Meckelscher Knorpel; / Nasoturbinale; i 
Maxilloturbinale; j Septum narium; 4 Jacob- 
»oiiücher Knorpel ; j Mundhöhle, Nach Franck- 
Murtin. 




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154 



IV. Sinnesorgane. 



die Lohi olfactorii als lang ausgezogene Fäden erscheinen, die dorsal über 
den Orbitae, die nur ein dünnes Septum trennt, durch einen oberhalb dieses 
Septums liegenden Kanal zur Nasenhöhle ziehen. Die Fasern des Nervus 
olfactorius treten in diese ein, durch ein einfaches Loch. 

Weit höhere Ausbildung erfahrt das (ieruchsorgan der Säugetiere 
und wird dadurch für viele das wichtigste Sinnesorgan. Der dafür be- 
nötigte Kaum wurde gewonnen durch Ausdehnung des olfaktorischen Teils 
der Nasenhöhlen nach hinten, wodurch die Orbitae auseinandergetrieben 
wurden. Sie fassen demnach einen Teil des < ieruchsorgan s zwischen sich. 
Dabei treten die Nasenhöhlen so nahe an den Hirnschädel heran, daß die 




Fig. 117. Längsschnitt durch die Nasenhöhle von Phoca. m Maxilloturbinalc; 
/. Nasoturbinale; 2 —7, erstes bis sechstes Eihmoturbinale. 

Höhle des letzteren nur noch durch ein septales Knochenstück: Hie Sieb- 
platte, Lamina cribrosa. des Ethmoid von der Nasenhöhle getrennt ist. 
Dieser Siebplatte liegt der Lohns olfactorius mit seinem Bulbus direkt auf 
und sendet die Fila olfactoria durch deren Löcher: einzig Ornithorhynchus 
hat nur ein Foramen olfactorium in ihr, nach Art der Sauropsiden. Auch 
kann bei Altwelt-Affen Reduktion des (ieruchsorgans in Rückbildung der 
Siebplatte sich äußern. Bei niederen Säugern liegt diese Siebplatte mehr 
oder weniger vertikal, somit die Nasenhöhle präcerebral, teilweise auch noch 
präorbital. In der Reihe der Säuger aufsteigend längs einer Stufenleiter, 
die mit höherer Entfaltung des (iroßhirns parallel geht, wird die Lage der 
Siebplatte eine horizontalere: der Winkel, den sie mit der Basis cranii oder 
mit der tribasilaren Achse bildet, wird ein flacherer. Dabei hat Verkürzung 
dieser Basis statt, wenigstens insofern, als das zunehmende (iroßhirn, 
mehr Raum beanspruchend, das Schädeldach emporwölbt. Damit wird 
die Lage der Kondvlen des Hinterhaupts, die anfänglich nach hinten sahen, 
eine mehr nach unten gerichtete. In mehr oder weniger gleichem (irade 
wird somit der Winkel, den die Basis cranii mit der Kondvlenebene und 
mit der Siebplatte bildet, ein flacherer. Dabei wird die Nasenhöhle über- 
wölbt durch die Schädclhöhle, die das Stirnhirn enthält und kommt somit die 
Nasenhöhle in verschiedener Ausdehnung teilweise subcerebral zu liegen. 

An der Umwandung der Nasenhöhle im weiteren Sinne be- 
teiligen sich somit außer dem Ethmoid, die Frontalia, Nasalia. Lacrymalia. 



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5. Gcruchwrgan. 



155 



und Maxiilaria. Letztere zusammen mit den Palatina auch insofern, als sie 
den Boden der Nasenhöhlen, speziell des jederseitigen unteren Nasen- 
ganges bilden. Deren Mündung durch die Choanen in den Nasenrachen- 
raum kann durch Mitbeteiligung der Pterygoidea nach hinten verlegt 
werden, am auffälligsten bei Myrmecophaga. Auch das Intermaxillare ist 
zu nennen, da dessen aufsteigender oder nasaler Fortsatz sich an der Um- 
wandung der äußeren Nasenöffnung beteiligen kann. 

Komplikation erfährt die Nasenhöhle durch Ausbildung von Neben- 
höhlen, die zunächst in die benachbarten Knochen sich erstrecken und 
von hier aus in speziellen Fällen, wie bei vielen Wiederkäuern, Rhinozeros. 
Elefant, sich über das Schädeldach selbst bis zum Hinterhaupt ausdehnen 
können. Sie sind mit der Schleimhaut der Regio respiratoria bekleidet. 
Sie entstanden denn auch unter dem Einfluß dieser Schleimhaut, indem 
diese in den wachsenden Knochen sich einstfilpte und dessen definitive Form 
beeinflußt. Daraus folgt aber nicht, daß diese pneumatischen, mit Luft 
gefüllten Höhlen in genetischem Zusammenhang zum Geruchssinn stehen und 
daß dessen höhere Ausbildung Raum beanspruche für ein umfangreicheres 
Siebbeinlabyrinth, der in den Höhlen gefunden werde. Auf p. 40 u. 70 wurde 
vielmehr dargelegt, daß diese Höhlen, ohne wesentliche Gewichtsvermehrung. 
Flächenausdehnung der betreffenden Knochen bezwecken, die wichtig ist für 
die Konfiguration des Schädels als Ursprungs- und Anhcftungsplatz für Weich- 
teile, als Träger von Zähnen u. dgl. in. Dort wurde auch hervorgehoben, welche 
Knochen Pneumatisation erfahren und in welchem Umfang. Hier genügt 
nochmals hervorzuheben, daß bei starker Entfaltung des Siebbeinlabyrinths 
Teile desselben, in erster Linie die Ectoturbinalia. in diesen Höhlen Platz 
finden können: also im Sinus m axillaris, ein der großen Masse der 
Monodelphia eigner pneumatischer Raum, der oberhalb des Maxilloturbinale 
vom mittleren Nasengang aus in das Maxillare und bei größerer Ausdehnung 
von hier aus in benachbarte Knochen sich ausdehnen kann [Paulli). 

Als Sinus frontalis figurieren ungleichwertige Höhlen. Darunter 
fallen zum Teil Ausstülpungen aus der Regio olfactoria. die dementsprechend 
Etlunoturbinalia enthalten könn«n. 

Noch deutlicher gibt sich der sog. Sinus sphenoidalis als Aus- 
dehnung der Regio olfactoria in das Prä-, selbst in das Basisphenoid zu 
erkennen, der dann hinterste Etlunoturbinalia aufnehmen kann. 

Die äußere Nase der Tiere unterscheidet sich von dem als ..Nase- 
bekannten Gebilde des Menschen dadurch, daß es infolge des gestreckten, 
proguathen Gesichtscilädels nicht zur Bildung einer eigentlichen Nasenwurzel 
kommt. In der Regel bildet somit die äußere Nase eine geradlinige Fort- 
setzung der knöchernen äußeren Nasenöffnung und ihrer Umwandung. durch 
die Nasalia und Intermaxillaria in erster Linie. An diese Knochen schließen 
sich die Alinasalknorpel oder Cartilagines alares an. Sie entstanden aus 
dem Knorpel der Nasenkapsel und erfahren häufig Verstärkung durch 
seitliche Fortsätze des knorpeligen Septum. So kann es in der rüssel- 
förmig verlängerten Nase des Insektivoren Rhynehocvon zur Bildung von 
Knorpelringen kommen. Solche präseptale Rüsselknorpel (s. p. <>S) 
treten auch anderwärts auf, z. B. Kalb, Chiroptera. im Rüssel von Schwein. 
Tapir u. s. w. Sie können auch Anlaß werden zu Yerknöcherungen. die 
als Os praenasale bei Xenarthra. Talpa etc. dorsal vom Intermaxillare 
in der Begrenzung der äußeren Nasenlöcher liegen und keinerlei Be- 
ziehung zum Gaumen haben. Rüsselbildung kann auch ohne solche Diffe- 



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V. Muskclo.VRtcni. 



rcnzierung auftreten, wie beim Elefanten. Ihr Einfluß auf die knöchernen 
Nasenöffnungen und auf die Nasalia ist ein verschiedener. Letztere sind 
bei Tapirus prominent, beim Elefanten, Macrauchenia und den rüsseltragen- 
den Pinnipedia. wie Cystophora und Macrorhynchus rückgcbildct ; das gilt 
auch für Nasalis; denn die prominente Nase dieses Alfen darf auch den 
Rüsselbildungen zugezählt werden. Es handelt sich bei diesen um Verlängerung 
der äußeren Nasenöffnungen, häutig unter Beteiligung der Oberlippe. 

Die Muskulatur, die ganz allgemein den Nasenknorpeln und dem 
Integument der äußeren Nase angehört und von der Hantmuskulatur 
des Gesichtes sich herleitet, sorgt für die Bewegung der Nasenflügel, 
für deren Erweiterung und Verengerung und bewirkt namentlich bei 
amphibiotischen Säugern deren Verschluß beim Tauchen. Diese Muskulatur 
erstreckt sich auch auf die Rüssel und macht durch starke Ausbildung 
denselben z. B. beim Elefanten und Tapir zu einem Greiforgan. 

Mannigfaltige Differenzierungen der äußeren Nase wie bei den ge- 
nannten Pinnipedia, bei Chiroptera, bei Saiga und Pantholops, ihre Rück- 
bildung bei Cetacea u. s. w. sind bei den einzelnen Ordnungen nachzusehen. 



V. Muskelsystem. 

Mehr als bei anderen Wirbeltieren erleidet das Muskelsystem bei 
deu Säugern Spezialisierung infolge der Differenzierung des Skelets, 
namentlich aber infolge der Vielseitigkeit der Bewegungen der Körper- 
teile. Bereits bei der Haut geschah der Hautmuskeln Erwähnung, so- 
wohl der echten Hautmuskeln, die in der Haut selbst entstanden und 
glatt sind als auch der voluminöseren, subkutan gelegenen Muskeln, die 
zwar der Skeletmuskulatur angehören, jedoch mit dem Integument und 
Abkömmlingen desselben in Verbindung treten und damit in der Tat zu 
„Hautmuskchr werden, um so mehr als sie vielfach ihre Beziehungen 
zum Skelet verlieren. 

Die Muskeln des Skelets, insoweit sie dem Kopfe angehören, 
lassen sich, wie unten geschehen soll, zum größten Teile von den Muskeln 
des Visceralskclets herleiten. Nur ein Bruchteil stammt, ebenso wie 
sämtliche Muskeln des Rumpfes, Schwanzes und der Extremitäten von 
den Seitenrumpfmuskeln niedrigster Wirbeltiere her. Dem dorso-lateralen 
Abschnitt desselben entsprechen bei Säugern die Schwanzmuskeln, die 
verhältnismäßig hohe Ausbildung, jedenfalls bedeutende Entwicklung er- 
langen, dort wo der Schwanz ein Greifschwanz ist oder ein Stützorgan des 
auf den Hinterfüßen hüpfenden Tieres, wie bei den Kängeruhs, oder das 
wesentlichste propulsatorische Organ, wie bei Cataceen. Gleichen Ursprung 
haben die Rückenmuskeln längs der dorsalen Fläche der präsakralen 
Wirbelsäule. Beide haben einfache Verhältnisse gemein, da sie Wirbel 
untereinander verbinden und im cervikalen und thorakalen Abschnitt der 
Wirbelsäule. Wirbel mit Rippen. Geringfügige Differenzierung erfährt 
diese longitudinale Rückenmuskulatur, indem sie Ursprung gewinnt vom 
Ilium. Höhere Spezialisierung erfährt sie in den Muskeln, die bei 
Säugern von den Halswirbeln zum Kopfe ziehen und nur geringe Ver- 
änderlichkeit zeigen. Sie, die Mm. recti und obliqui capitis, splenius und 
complexus spielen eine wichtige Rolle bei der vertikalen und lateralen 



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Rumpfmuskulatur. 



157 



Bewegung des Kopfes auf dem Atlas, sowie bei der Drehung desselben 
zusammen mit dem Atlas auf dem Kpistropheus. 

Aus dem ventro-lateralen Abschnitt des Seiten rumpfmuskels gingen 
seitlich hervor die zwischen den Rippen liegenden Interkostalmuskeln, 
welche zusammen mit den Mm. scaleni und den Levatores costarum die 
Bewegung der Rippen bewerkstelligen, wodurch der Thorax von rechts 
nach links und dorso-ventral erweitert wird zum Zweck des Atemholens. 

Wo der Bauchwand Rippen fehlen, wird das System der Intercostales 
durch die sogenannten breiten Bauchmuskeln: M. obliquus abdominis 
externus und internus und transversus abdominis vertreten. Bei diesen 
wird die ursprünglich longitudinale Faserrichtung in noch erheblicherem 
Matte als bei den Intercostales in eine schräge, endlich beim M. trans- 
versus in eine quere verändert. Selbst 
noch von Reptilien ist bekannt, daß 
die breiten Bauchmuskeln eine meta- 
mere Gliederung erkennen lassen, 
durch Zwischensehnen sog. quer ver- 
laufende Inscriptiones tendineae, die 
l'eberbleibsel sind der Myocommata 
oder Ligamenta intermuscularia des 
ursprünglichen Seitenrumpfmuskels. 
Wichtig ist daher, daß der M. obliquus 
externus seine Metamerie nicht nur 
durch den Ursprung von Rippen und 
metamere, spinale Innervation zu er- 
kennen gibt, sondern auch durch das 
allgemeinere Auftreten von Zwischen- 
sehnen [Leche. Seydel. Rüge]. Hier- 
durch tritt dieser Muskel in Zu- 
sammenhang mit dem M. rectus ab- 
dominis, von welchem solche In- 
scriptiones tendineae (Myocommata) 
schon lange bekannt sind. Dabei 
zeigt sich nach Rüge, daß beider In- 
seiptiones ursprünglich zusammen- 
hängen auch zusammengehören, somit 
auch gleiche Myomeren begrenzen. 
Ferner, daß der aus der Anatomie des 
Menschen übernommene Name ..M. rec- 
tus abdominis*' besser durch M. thoraco- 
abdominalis zu ersetzen ist. da der 
Muskel zwar stets am ventralen Becken- 
rand inseriert, aber bei primitiveren 
Formen von der ersten Rippe ab längs der ventralen Thoraxwand entspringt. 
Hierdurch dokumentiert er sich als ein auch dem Thorax zugehöriger 
Rumpfmuskel. der durch Verkürzung des Rumpfes Reduktion erfährt. Kr 
stellt die mediale Portion des ventro-lateralen Seitenrumpfmuskels dar und 
hat dessen longitudinale Faserrichtung bewahrt. 

Gewissermaßen seine Fortsetzung bilden die von Nervi spinales inner- 
vierten Längsmuskeln des Halses. Sie entstammen der bei niederen 
Vertebratcn hypobranchial gelegenen ventralen Längsmuskulatur und liegen 




Fig. IIS. Rauchfläche eine« jungen 
Perodicticus potto, zur DeinoiHtration der 
Zwisdiensehncn im Muse-, obliquus exter- 
nus und rectus abdominis. Man erkennt 
aus den Metamerenznhlcn die weite Ausdeh- 
nung de» Rectum nach vorn. Nach G. 
Rüge. 



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V. Muskekystem. 



teils vor. teils hinter dem Hyoidbogen (M. Fürhringer]; bewahren auch 
noch alte Beziehungen zum Schultergürtel (M. omohyoideus). Topo- 
graphisch bilden sie eine oberflächliche Lage von Muskeln, die das Hyoid 
mit dem Rumpfe (M. sterno-hyoideus, omohyoideus) oder mit der Mandi- 
bula (M. genio-hyoideus) verbinden; und eine tiefere Lage, deren Muskeln 
vom Sternum zur Cartilago thyreoidea <M. sterno-thyreoideus), von dieser 
zum Hyoid (M. thyreo-hyoideus), respektive zur Zunge (M. hyo-glossus) 
ziehen. Letzterer Zungenmuskel liefert bei weiterer Ausbreitung den M. 
stylo-glossus. Endlich gehört dieser Gruppe noch an der M. genio-glossus 
sowie die sogenannten Hinnenmuskeln der Zunge (Longitudinales, Trans- 
versales, wahrscheinlich auch Perpendicularis linguae) [M. Fürbringer|. 

Den breiten Bauchmuskeln werden wir wieder bei den Geschlechts- 
organen begegnen, da sie bei Säugern, deren Testikel zeitweise oder 
dauernd außerhalb der Bauchhöhle liegen, zu diesen in enge Beziehungen 
treten. Auf p. S4 sahen wir. daß ein homologer Muskel beim Weibchen 
der Beuteltiere als Compressor der Milchdrüse auftritt. Letztere wird 
durch diesen vom M. transversus abdominis sich abzweigenden Muskel 
gegen die Bauchwand angedrückt. Hierbei soll der funktionell immer 
noch unklare M. pyramidalis eine Rolle spielen. Den Rectus abdominis 
überlagernd, heftet er sich an die Linea alba, welche den rechts- und 
linksseitigen Rectus trennt. Mit breiter Basis entspringt er von dem 
Beutelknochen (Epipubis) und wo diese fehlen, also bei den Monodelphia, 
vom Schambein doch ist er meist rückgebildet bis zum völligen Schwunde. 
Daneben kann er aber bei Insektivoren und bei Pteropus einer solchen 
Ausbildung sich erfreuen, daß seine Fasern Sternum und Rippen erreichen 
[Leche|. Im Hinblick hierauf erscheint es nicht ungereimt, mit Ellenberger 
und Baum den M. praeputialis des Hundes, der vom Xiphisternum und 
der Linea alba entspringt und das Praeputium schlingenförmig umzieht, 
vom M. pyramidalis herzuleiten, um so mehr als er unter den Hautmuskeln 
liegt, die anderwärts präputialc Muskeln abgeben. 

Wir haben oben (p. 7*) den größten Teil der knöchernen Begrenzung 
der Mundhöhle, also den Ober- und Unterkiefer, ferner den Hyoid- 
apparat sowie den Schildknorpel des Kehlkopfes von den Visceralbogen 
niederer Vertebraten, die durch Kiemen atmeten, hergeleitet. Somit dürfen 
wir auch die Muskeln, welche diese Teile bei Säugern in Bewegungen 
bringen, von der Muskulatur ableiten, welche die ursprünglichen Visceral- 
bogen miteinander und mit dem Schädel in Verbindung brachte oder sub- 
kutan als Constriktor die Gegend der Bogen umfaßte. Namentlich durch 
Gegenbaur. M. Fürbringer und G. Rüge sind wir über die Umbildungen 
dieser Visceralmuskulatur näher unterrichtet. Bedeutend waren die- 
selben bei den Säugern, in Verbindung mit der für Säuger charakte- 
ristischen Umformung des Kieferbogens und Hyoidbogens. Die ursprüng- 
liche Muskulatur wurde dabei in Mitleidenschaft gezogen, ging teils ver- 
loren, erfuhr teils Reduktion, gewann teils neue Beziehungen zu anderen 
Skeletteilen und damit andere Funktion. Wie dabei die Innervation als 
Leitstern dient hat dann namentlich G. Rüge gezeigt. 

In diese Kategorie von Muskeln gehören zunächst die Kaumuskeln, 
die sich von Adduktoren der Visceralbogen. speziell vom Adductor mandi- 
bulae niedriger Vertebraten herleiten und zwar von der Gruppe, die vom 
Trigeminus innerviert wird. 



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Viseeralmuskulatur. 



159 



Sie dienen zur Bewegung des Unteikiefers gegen den Oberkiefer, 
(leringe Ausbildung, teilweise selbst Rückbildung, erfahren sie daher bei 
zahnlosen Säugern oder solchen, deren Gebiß und Kaufunktion sich rück- 
bildete (Monotremen, Manis. Myrmecophagidae, Cetaceen). 

Als einfacher Heber des Unterkiefers 
wirkt der Muse, temporalis. der in ver- 
schiedener Ausdehnung von der Seiten- 
wand des Schädels, aus der Schläfengrube 
entspringt und am Processus coronoideus 
inseriert. Wo seine Funktion zurücktritt 
gegenüber Gleitbewegung des Unterkiefers, 
wie bei simplizidentaten Nagern und seleno- 
donten Ungulaten, hat er nur geringe Aus- 
bildung. Tritt einfache Hebe- und Senk- 
bewegung des Unterkiefers in den Vorder- 
grund, wie bei karnivoren und insektivoren 
Säugern, so wird größere Arbeit vom 
Temporalis gefordert. Eine sonst unbe- 
deutende oberflächliche Schicht von der 
Schläfenfascie, desgleichen eine Portion von 
der MedialHäche des Jochbogens scheidet 
sich alsdann teilweise von der tiefen Portion, 
die auf der Temjioralfläche des Schädels 
ihren Ursprung ausbreitet. Sie ruft bei 
starker Ausbildung Knochenkämme auf 
dem Scheitel (Crista sagittalis) und auf 
dem Hinterhaupt (Crista occipitalis) hervor, 
die beim alten Tiere, vielfach auch beim 
Männchen, durchgehends stärker entwickelt 
sind und gleichzeitig ein, auch paläonto- 
logisch verwertbares Maß geben von der 
Ausbildung des Temporalis. 

Die Wirkung des Temporalis unterstützt der M. masseter. Da- 
neben wird letzterer aber von Bedeutung bei der Gleitbewegung des 
Unterkiefers namentlich von hinten nach vorn. Tritt letztere mehr in den 
Vordergrund, so unterliegt der Muskel, der, allgemein gesagt, vom .loch- 
bogen entspringend zum Unterkiefer zieht, einer Schichtenbildung. Es 
läßt sich ein oberflächlicher Masseter lateralis von einem tiefen Masseter 
medialis [Tullberg| unterscheiden. Ersterer entspringt ungefähr von den 
vorderen Zweidrittel und «lern Unterrande des Jochbogens. zieht schräg 
nach hinten und unten, zur Außenfläche des Körpers und zum aufsteigenden 
Astes des Unterkiefers, kann aber seinen Ursprung z. B. bei Nagern auf 
den Oberkiefer ausdehnen. Der Masseter medialis nimmt seinen Ursprung 
von der Innenseite des Jochbogens und vom hinteren Drittel dessen Unter- 
randes, zieht in der Hauptsache schräg nach vorn und unten zum Unter- 
kiefer, kann aber wieder bei zahlreichen simplizidentaten Nagern den Ur- 
sprung seiner vorderen Fasern in die Orbita, ja durch den ausgeweiteten 
Infraorbitalkanal auf den Ober- und Zwischenkiefer verlegen. Seine engen 
Beziehungen zum Temporalis verrät er bei starker Ausbildung durch eine 
dritte Portion, die vom hinteren Drittel des Jochbogens entspringt und 
zuweilen dem Temporalis zugerechnet wird. 




Fig. llft. Querschnitt durch 
Schädel (recht*). Unterkiefer (in 
der Mitte) und .Tochbogen (link») 
zur Demonstration der Kaumus- 
keln; /' tiefe Portion den Tempo- 
ralis; /, / oberflächliche Portion 
de* Temporalis, oberhalb resp. 
unterhalb des .lochbogen«; ma' 
Masseter; // Pteiygordeus inter- 
nus, oberhalb desselben der Ptery- 
goideus externus. Nach H. Allen. 



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160 



V. MuftkcUystem. 



Die seitliche Gleitbewegung des Unterkiefers, die namentlich bei 
Wiederkäuern ausgiebig ausgeführt wird, besorgen in erster Linie die 
Musculi ptcrygoidei. Meist hat nämlich Scheidung statt in den ge- 
wöhnlich stärkeren Pterygoideus internus, der aus der Fossa pterygoidea 
entspringt und in den lateral wärts von diesem gelegenen Pterygoideus 
externus. Sie inserieren an der Medianfläche des Unterkieferastes bis 
zum Condylus. ja bis zur Gelenkkapsel. Ersterer kann, bei einzelnen 
Nagern in auffälliger Weise den Boden der Fossa pterygoidea durch- 
dringend, in der Orbita entspringen [Tullberg]. Bei ihnen wird auch aulJer 
durch den Masseter, namentlich durch den Pterygoideus internus, die 
einzelne Unterkieferhälfte nach außen rotiert. Aehnliches geschieht auch 
bei den Macropodidae. 

Die Stärke aller dieser Muskeln steht im Verhältnis zur Größe der 
geforderten Arbeit; diese entspricht der Nahrungsweise des Tieres. Diffe- 
renzierung und Lage der Muskeln richtet sich weiter nach der Ausdehnung 
der Bewegbarkeit der Kiefer, die wieder abhängig ist von der Form des 
Kiefergelenkes, von der gegenseitigen Lage der Backenzähne und deren 
Form (s. p. 72 u. 17f>). 

Als Herabzieher des Unterkiefers wirkt der M. digastricus (Biventer 
maxillae infenoris), der von der Mastoidgegend des Schädels, häufig vom 
Processus paroccipitalis entspringt und sich an den Unterrand des Unter- 
kiefers heftet. Er wird vom Facialis innerviert und dokumentiert sich 
auch dadurch als Derivat des Depressor mandibulae niederer Vertebraten 
[Rüge]. Er kann zweibäuchig werden, indem er sich mit einem Muskel 
verbindet, der dem Mylo-hyoideus angehört und dementsprechend durch 
den Trigeminus innerviert wird. Die Zwischensehne zwischen beiden 
Bäuchen verbindet ihn häufig mit dem Hyoid, mit dem er aber ursprüng- 
lich nichts zu tun hat. Jedenfalls verlegt er aber hierdurch seine Insertion 
mehr nach vorn an den Unterkiefer und wirkt dadurch ausgiebiger auf 
diesen. 

Dies ist der einzige Muskel, der die Aufgabe hat, den Unterkiefer 
herabzuziehen und die Zahnreihen zu öffnen. Die obengenannte ventrale 
longitudinale, durch spinale Nerven bediente Muskelmasso, die teilweise 
zum Hyoid und von diesem zum Unterkiefer zieht, wirkt nur zur Fixierung 
des Zungenbein» und seiner Adnexa oder zu dessen Hebung und damit 
zur Hebung des Bodens der Mundhöhle. Letzterer Funktion liegt auch 
der bereits genannte Mylohyoideus ob. Er hat ab origine eine inter- 
mandibuläre Lage, gewinnt aber Befestigung am Hyoid. Rein trans- 
versalen Verlauf erhält ein Teil seiner Fasern bei simplizidentaten Nagern, 
vielleicht auch bei Macropodidae indem er als Muse, transversus mandibulae 
die beweglichen Unterkieferhälften hinter der lose verbundenen Symphyse 
verbindet. Er wirkt antagonistisch bei der obengenannten Rotation der 
Unterkieferhälften nach außen. 

Des genetischen Zusammenhanges wegen sei hier angemerkt, daß 
der Tensor tympani (s. p. 144) der Gruppe der Mm. pterygoidei, somit 
dein System des Adductor mandibulae der Selachier zugerechnet wird. 
Seine Innervation durch den Kieferast des Trigeminus (V 3 ) und sein 
Zusammenhang mit dem Tensor veli palatini soll dies ausweisen. Nach 
Gh. Westling soll er aber bei Ornithorhynchus durch den Facialis inner- 
viert werden; auch fehlt den Monotremcn ein Tensor veli [v. Kostanccki]. 



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Zungenbeinmuskulatur, Diaphragma. 



101 



Von der am Zungenbein festgehefteten ventralen, durch den Facialis 
innervierten Schicht des Constrictor superficialis der Selachier hat sich 
nach G. Rüge der M. stapedius erhalten (s. hei Gehörorizan). 

Oben wurde bereits der vom Trigeminus innervierte Bauch des 
Digastricus genannt, der sich auch dadurch als Derivat des Mylohyoideus 
dokumentiert. Dieser Muskel entstammt dem trigeminalen Teil des 
Muse, constrictor ventralis superficialis, wie ihn z. B. die Selachier noch 
haben. 

In weiterer Fortsetzung kaudalwärt.s gelangen wir zu einem vom 
Facialis innervierten Gebiet, dem der Stylo-hyoideus der Säuger an- 
gehört. Das vom Glossopharyngeus innervierte (Jebiet erscheint bei 
Säugern in Gestalt von Längsfasern zwischen Hyoid und Branchiale I. 
somit zwischen vorderem und hinterem Zungenbeinhorn, weshalb er M. 
interhyoideus ikerato-hyoideus) genannt wird. Endlich fand E. Dubois 
bei Ornithorhynchus den gleichen Längsmuskel, M. interthyreoideus, 
zwischen den Derivaten von Branchiale I und II. also zwischen vorderem 
und hinterem Horn des Schildknorpels und demnach durch deu Vagus 
innerviert. 

Tieferer, vom Glossopharyngeus und Vagus innervierter Lage des 
Constrictor gehören endlich Muskeln an, die als Konstriktoren und 
Levatoren des Pharynx beim Dannkanal; als Muskeln des Larynx, in- 
soweit derselbe seine Teile vom Visceralskelet herleitet (Thyreoid), bei 
diesem zur Sprache kommen werden. 

Eine eigenartige Stellung nimmt der für Säugetiere so wichtige und 
charakteristische Muskel ein. der als Zwerchfell oder Diaphragma eine 
vollständige Scheidung zwischen Brust- und Bauchhöhle bewerkstelligt. 
Als wesentlich bei der Atmung beteiligter Muskel, hat er funktionell 
einen visceralen Charakter. Am wahrscheinlichsten entstammt er aber 
der ventralen, von spinalen Nerven bedienten Längsmuskulatur. deren Deri- 
vate oben bereits genannt wurden. Seine Innervierung ist denn auch 
eine spinale durch den Nervus phrenicus, der nach langem Verlauf sein 
weit entlegenes Endgebiet erreicht. Dies findet seine Erklärung durch 
die Entwicklung des Zwerchfells, die in der Ilalsgegend anhob in Ver- 
bindung mit der Anlage des venösen Teiles des Herzens. Dessen Lage- 
veränderung kaudalwärt.s folgt das Diaphragma und wahrte diese Beziehung 
auch in seiner definitiven Lage. Hat es diese erlangt, so besteht es aus 
Muskelfasern, die vom Steinum, von den Rippen, von der Lendenwirbel- 
säule entspringen und einein häutig kleinen und ventral verschobenen 
sehnigen Centrum (Centruin tendineumi zustreben. Die Muskelpfeiler der 
Pars luinhalis des Diaphragma lassen die Aorta durch den Aortaschlitz 
hindurchtreten. Ventral davon liegt der Schlitz für den Oesophagus. Durch 
den sehnigen Teil zieht die Vena cava posterior. 

In der Ruhelage bildet das Diaphragma eine gegen die Brusthöhle 
konvexe Kuppel. Nach G. Ruges Darlegung ist diese eine gewölbtere 
bei dem primitiveren, schmalbrüstigen, kielförmigen Thorax, wie er nament- 
lich den Säugern eigen ist. «leren Vorderextremität ausschließlich als Stütze 
des Körpers dient. Hier ist der Herzbeutel noch nicht mit dem Diaphragma 
verwachsen, der infrakardiale Lappen der rechten Lunge schiebt sich viel- 
mehr zwischen beide. Damit ist ausgiebigere Exkursion des Diaphragma 
gestattet Minder ausgiebig wird die Zwerehtellsatinung sein bei Tieren 

Wcli er, Säu(jetipiT>. I l 



1Ü2 



V. Muskelsystem. 



mit faßförmigem Thorax (s. p. J»f>), womit sich flachere Kuppel und damit 
geringere Exkursion des Zwerchfells verbindet. Desgleichen wenn seine 
Lage eine mehr horizontale wird, wie bei Cetaceen und Sirenia, wodurch 
die Lungen sich dorsal weit nach hinten erstrecken und dadurch die 
vordere, schwerste Partie des Körpers beim Schwimmen spezitisch leichter 
machen. In all diesen Fallen flacheren Diaphragmas hat ausgedehnte Ver- 
schmelzung mit dem Pericardium statt. 

bezüglich der Muskulatur der tili cd maßen haben neuere Unter- 
suchungen dargetan, daß sie der ventralen Seitcnrumpfmuskulatur. wie wir 
sie von niederen Vertebraten kennen, entstammen. In der sich entwickeln- 
den Extremität sondert sie sich in eine dorsale und ventrale Schicht, 
zwischen denen sich das Skelet der Extremität ausbildet, Gleiche Sonde- 
rung erfahren die zugehörigen ventralen Spinalnerven, die nach Plexus- 
bildung dorsale Nerven für die dorsale, ventrale für die ventrale Muskel- 
schicht liefern. 

Weitere (iruppierung wird gegeben durch die Muskeln, die zum 
Extremitätengürtel ziehen. Höhere Differenzierung bieten sie im Sehulter- 
gfirtel gegenüber dem Heckengürtel, da letzterer mit der Wirbelsäule fest 
verbunden ist; der Schultergürtcl aber, namentlich das Schulterblatt, muß 
durch Muskeln am Rumpfe befestigt werden. Zu letzterem Zwecke er- 
freuen sich dorsale Muskeln des Schulterblattes: Trapezius. Latissimus dorsi, 
die Gruppe des Levator scapulae. Khomboideus einer besonderen Aus- 
bildung: desgleichen die ventralen Pectorales und der ihnen zugehörige Sub- 
clavia. Derivaten der Pectorales sind wir bereits bei der Hautmuskulatur 
begegnet. Andere, gleichfalls innerhalb der Säuger erworbene Umbildungen 
der Pectorales stehen in Verbindung mit Rückbildung des Coracoid und 
mit Verschiebung der Insertion auf den Oberarm. 

Als zweite, aber nicht scharf umgrenzte Grup]>e erscheint dann die 
Muskulatur des Ober-. Unterarms und der Hand. Auch hier erscheint eine 
dorsale und ventrale Sonderung; daneben eine funktionelle, in dem die 
dorsale Muskelmasse Extensoren. die ventrale Masse Flexoren des Gliedes 
gegenüber dem Rumpf, sowie der Segmente des Gliedes gegeneinander liefert 

Sic stehen deutlich unter «lern Einfluß der Funktion des Gliedes. 
Dient die vordere Extremität nur als Stütze des Körpers und hat der 
Thorax dementsprechend eine ausgesprochene Kielform. so hat meist 
Rückbildung der Clavicula und der randständigen Finger bis zum völligen 
Schwunde statt. Sie geht mit Rückbildung der ursprünglich zugehörigen 
Muskeln gepaart. Erheblicher wird sie. wenn die pronatorische Stellung 
von Ulna und Radius aufgehoben wird, der Radius die Möglichkeit der Su- 
pination verliert, schließlich auch Verschmelzung mit der Ulna, meist mit 
deren teilweisem Schwunde eintritt. Damit schwinden die Mm. pronatores 
und supinatores. Endlich bleiben bei fortgesetzter distaler Reduktion wie 
beim einfingerigen Pferde nur reduzierte Flexoren und Extensoren übrig. 

Wird dagegen die Extremität zum Greifen, zum Graben, zum Fliegen 
benutzt, so erfährt die Pectoralis»ruppe in ihren verschiedenen Schichten, 
so erfahren die Flexoren und Extensoren im proximalen und distalen Seg- 
ment, teilweise auch die Fingermuskeln Erstarkung. Differenzierung. Ver- 
schmelzung, je nach dem vorwiegenden Gebrauch dieser oder jener Muskel- 
gruppe. Alle diese Verhältnisse bleiben einfacher in der Hinterextremität, 
die monotoner ist in ihrer Funktion. Denn selbst dort, wo sie in be- 
sonderer Weise zum Springen, zum Schwimmen, zum Klettern, das häutig 



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Muskulatur der Gliedmaßen. 



lf»3 



Greifen erfordert, befähigt ist, handelt es sich meist um einfache propul- 
satorische Bewegung, die zwar Erstarkung von einzelnen Muskelgruppcn. 
aber keine weitgehende Differenzierung derselben verlangt. 

Nun ist aber die Funktion der Gliedmaßen an und für sich keine 
gleichartige, indem bei der Lokomotion die vordere, in ihren Segmenten 
gestreckt nach vorn gebracht wird, jedocli gebeugt nach hinten, somit den 
Körper gewissermaßen nach vorn zieht. Umgekehrt wird die hintere unter 
Beugung nach vorn, unter Streckung nach hinten verschoben: sie schiebt 
somit den Körper nach vorn [Eisler]. Ihre Streck- und BeugeHächen 
liegen also im erwachsenen Tier nicht gleichsinnig im Räume (s. p. 98). 

Verschiedene Hypothesen sind zur Erklärung dieser Unterschiede 
herangezogen. Die meisten Anhänger zählt wohl die Annahme, daß die 
Extremitäten bei Erlangung ihrer definitiven Stellung eine ungleichartige 
Drehung erfuhren. Am wahrscheinlichsten geschah diese so. daß aus der 
ursprünglich horizontalen Stellung der präaxiale, dem Kopf zugewandte 
Rand der Hand medialwärts rotiert wird. Dreht sich der Oberarm gleich- 
zeitig so. daß der Ellenbogen nach hinten sieht, so müssen die ursprüng- 
lich parallelen Yorderarmknochen sich überkreuzen: deren pronatorische 
Stellung ist dadurch erzielt und ist als eine primitive anzusehen. 

Folgt dagegen die ganze Hinterextremität der medialen Rotation des 
Fußes, wie sie oben für die Hand angegeben wurde, so kommt das Knie 
nach vorn zu liegen und Tibia und Fibula behalten ihre parallele Lage 
[Hatsehek u. A.]. 

Es fällt außerhalb des Rahmens dieses Werkes, auf die Extremitäten- 
muskulatur weiter einzugehen; auf spezielle Werke und auf die Zusammen- 
stellung, die W. Leche in Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreiches 
gibt, sei verwiesen. 



VI. Gebiss. 

Während Hautverknöcherungen nur ausnahmsweise bei Säugern sich 
finden, treten die phylogenetisch davon herzuleitenden Zähne ganz all- 
gemein auf. Auch bei zahnlosen Formen rindet wenigstens eine Anlage 
von Zähnen statt. Nachdem nämlich vor kurzem auch bei Echidna An- 
deutungen einer Schmelzlciste, selbst Andeutungen von Zahnanlagen an 
derselben, die allerdings bald schwinden, aufgefunden wurden, bleibt somit 
nur noch für Myrmecophaga dieser Nachweis zu liefern. Häufiger fehlt 
das Gebiß scheinbar, indem es zwar noch angelegt wird, aber nicht 
mehr durchbricht und entweder bald resorbiert wird (Bartenwale) oder 
während des ganzen Lebens verborgen bleibt (Hyperoodon ). Endlich 
kann es zwar durchbrechen, um aber bald wieder verloren zu gehen 
( Ornithorhynchus). 

Die drei hier bezeichneten Stufen des Rückschrittes — denn ein 
vollständiges, während des Lebens funktionierendes Gebiß ist ein natür- 
liches Erbteil der Säuger — können auch Platz greifen bezüglich Teilen 
des Gebisses. Dasselbe kann unvollständig sein, indem einzelne Zähne 
ganz weggefallen sind, wie die oberen Schneidezähne der Wiederkäuer, die 
nur noch ganz vorübergehend angelegt werden. Auch können einzelne 
Zähne nicht zum Durchbruch kommen, wie die 4 oder f> vorderen im Unter- 

11» 



164 



VI. Gebiß. 



kiefer von Tatusia. Endlich kann es geschehen, daß das (iebiß dadurch 
unvollständig wird, daß einzelne Zähne frühzeitig ausfallen (hinterste 
Mahlzähne einzelner Karnivoren, Schneidezähne von Phacochoerus . 1 
Präinolar vom Pferd u. s. w.). 

Abgesehen von den ganz vereinzelten Fällen, daß Ilorngehilde eine 
Zahnfunktion haben (Ornithorhynchus), bestehen alle Zähne der Säuger 
aus Dentin, auch Zahnbein, Elfenbein oder Substantia eburnea genannt, 
das die Hauptmasse, die eigentliche Basis des Zahnes bildet und die zen- 
trale Höhle, in welcher die bindegewebige Zahnpulpa liegt, umgibt. Das 
Dentin ist eine Substanz, von großer Härte, die aus organischer Sub- 
stanz besteht, mit Kalksalzen reichlich imprägniert und von parallelen 
Röhrchen, lotrecht zur Zahnoberfläche. durchzogen ist. In dem Anfang 
dieser Röhrchen, an der Zahnpulpa. liegen Zellen mit Ausläufern, die 
sich in die Röhrchen erstrecken. Diese Odontoblasten sind die Bildner 
des Dentins, eine Substanz die viel Uebereinstimmung hat mit Knochen- 
gewebe. Sie enthält aber nur ausnahmsweise, wie bei Orycteropus und 
vereinzelten Odontoceten. Blutgefäße (Vasodentin). Meist beschränken 
diese sich auf die Zahnpapille, Pulpa dentis, die aus Bindegewebe 

besteht und an Blut- 
gefäßen und Nerven 
reich ist. Die zweite 

Substanz ist der 
Schmelz. Email oder 
Substantia adamantina, 
der im allgemeinen 
einen verschieden 
dicken Ueberzug über 
die der Außenwelt zu- 
gekehrte Fläche des 
Dentins bildet. Es ist 
die härteste Substanz 



Fig. 12U. Längsschnitt 
durch einen Schneide- und 
Backenzahn vom Menschen. 
A'. Krone; /f. Wurzel; s. 
Schmelz; </. Zahnbein; <. 
Zement; //. Zahnhöhle; 
ZK. Zahnkanal; vergr. 



des Körpers, die nur sehr wenig organische Substanz enthält neben einer 
großen Menge von Kalksalzen und geringen Mengen von Magnesium- 
phosphat. Die Oberfläche ist meist porzellanartig glänzend und gestreift, 
als Ausdruck der Zusammensetzung des Schmelzes aus kleinsten Prismen 
oder Fasern, die als Abx-heidung oder direkte Verhärtung von Epithel- 
zellen des Schmelzorganes aufzufassen sind. das. wie wir unten sehen 
werden, dem Ektodcnn entstammt. 

Die übrige Obertläche des Zahnes, soweit sie verborgen ist. wird von 
Zement. Crusta petrosa. bedeckt, das bei komplizierter gebauten Zähnen, 
namentlich bei den sogenannten gefalteten, auch auf der Krone des Zahnes 




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Bau der Zähne. 



1G5 



zu Tage treten kann. Das Zement ist eine Substanz, die dem Knochen- 
gewebe sehr nahe verwandt ist, auch was die Art ihrer Entstehung angeht. 

An der großen Mehrzahl der Zähne unterscheiden wir Wurzel, 
Radix, und Krone, Corona. Letztere ragt aus dem Zahnfleisch hervor 
und ist in der Regel mit Schmelz überzogen. Die Wurzel hingegen steckt 
im Zahnfleische, hauptsächlich aber in einer Höhle: der Alveole, im Ober-, 
Zwischen- und Unterkiefer, den einzigen Knochen, die je bei Säugern 
Zähne tragen. Diese sind also sogenannt thekodont Das Dentin der 
Wurzel ist von einer Lage Zement überdeckt. Gleichgültig ob sie einfach 
oder zusammengesetzt gebaut, der Zahn also ein- oder mehrwurzelig ist, 
stets hat die Wurzel oder die Wurzelabteilung an ihrem Ende ein 
Loch, das in die zentrale Zahn- oder Pulpahöhle führt, durch Vermittlung 
von, je nach der Zahl der Wurzeln, einem oder mehreren Zahnkanälen. 

Zähne, die so beschaffen sind, haben einen abgeschlossenen Wuchs, 
der verschieden schnell erreicht wird. 
Sie heißen auch Wurzelzihne im 
Gegensatz zu anderen Zähnen, die zeit- 
lebens weiterwachsen, an denen man 
daher Krone und Wurzel nicht unter- 
scheiden kann, da, was heute noch in 
der Alveole steckt, später außerhalb des 
Zahnfleisches zu liegen kommt. Solche 
wurzellosen Zähne oder Zähne mit 
fortgesetztem Wuchs, die an ihrer Basis 
stets Zuwachs erfahren, behalten die- 
selbe Größe, wenn sie durch den Ge- 
brauch derart abgenutzt werden, daß 
Wuchs und Abnutzung einander kompen- 
sieren wie in den Schneidezähnen der 
Nagetiere, von Phascolomys. Procavia, 
Chiromys. Hippopotamus, der Tillodontia. 
Hat dagegen keine Abnutzung statt oder 
ist diese geringer als der Zuwachs, so 

erreichen sie eine erhebliche Größe, wie mit permanentem Wuchs im 

die Stoßzähne der Elefanten, die Hauer Längsschnitt, 
des Ebers, der Stoßzahn von Monodon, 

die Eckzähne von Moschus. Cervulus, den Traguliden und von Trichechus. 
die Schneidezähne von HaJicore u. s. w. 

Der Wuchs dieser Zähne ist jedoch kein endloser, er erreicht aber 
seine Grenze verschieden spät. So bringen es die unteren Schneidezähne 
der diprotodonfen Marsupialia nur zu mäßiger Größe. Andererseits war 
bei Mastodon die Größe der Stoßzähne so übermäßig, daß sie vom Roden 
sich aufwärts krümmen mußten. Solche Krümmung erreicht ihr Maximum 
bei Rabirusa. wo zuweilen der obere Eckzahn eine so flache Spirale be- 
schreibt, daß seine Spitze, Haut. Fleisch und Knochen durchbohrend wieder 
in die Alveole eindringt. Rei Machairodus endlich war die Verlängerung 
•ler Eckzähne eine derartig übertriebene, daß z. R. bei M. neogaeus Lund. 
die Mundspalte nicht dementsprechend weit geöffnet werden konnte, was 
das Erfassen der Reute erschweren mußte und wohl Ursache des Aus- 
sterbens dieser großen Katzen wurde (Fig. 122). 

In den wurzellosen Zähnen, die mit weiter Oeffnung auf der Zahn- 
papille sitzen, fehlt Zement und Schmelz entweder ganz oder letzterer 




Fig. 121. Wurzelloser Zahn von 
Glyptodon. /> Schema eines Stoß- 



uigili 



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106 



VI. Gebiß. 



tritt in verschiedener Ausdehnung auf. So haben die Elefanten nur 
die Spitze der bleibenden Stoßzähne mit Schmelz bekleidet, der bald 

abgerieben ist. Bei Mastodonten 



die Krone, der dieselbe nicht nur härter macht, sondern auch beschützt 
Andererseits wird er auf der Kaufläche kompliziert gebauter Backenzähne 
normaliter abgeschliffen durch die Kaufunktion, zusammen mit den 
anderen Bestandteilen der Krone. Da er diese (Dentin und Zement) aber 
an Härte übertrifft, geschieht seine Abnutzung langsamer, so daß er leisten- 
formig über der Kaufläche hervorragt und diese dadurch zu einem be- 
sonders zweckmäßigen Triturationsorgan macht, wie in den Backenzähnen 
vieler Pflanzenfresser. 

Der Entwickelung der Zahne geht eine einfache leistenartige 
Einstülpung des Epithels der Mundhöhle, längs dem Rande der Kiefer 
vorab. Diese epitheliale Zahn- oder Schmelzleiste schickt Knospen 
in das Bindegewebe des Zahnfleisches. Anfänglich haben diese zukünftigen 
Schmelzorgane die Form kleiner Säckchen. Bald aber nehmen sie die 
Gestalt einer Mütze, schließlich einer Glocke an, da das Bindegewebe des 
Zahnfleisches, sich verdichtend und die Zahnpapille bildend, dem Epithel- 
säckchen entgegenwächst und dieses einstülpt. Auch durch Zunahme der 
Blutgefäße unterscheidet sich diese Zahnpapille stets mehr vom um- 
geltenden Bindegewebe, mit dem sie übrigens an ihrer Basis verbunden 
bleibt. Im übrigen bilden an ihrer Oberfläche Odontoblasten das Dentin, 
zunächst das der zukünftigen Krone. Hier hat auch die Ueberdeckung 
statt durch die epitheliale Glocke des Schmelzorganes. das seinerseits die 
Dentinkrone mit einer Schmelzlage überzieht. Waren anfänglich die 
Schmelzorgane noch durch einen Stiel mit der Schmelzleiste verbunden, 
so machen sie sich allmählich von dieser frei, wie dies die Schmelzleiste 




€J gleichen die zwei Vorderflächen des 
prismatischen oberen Schneide- 
zahns der Hyracoidea u. s. w. 



auch den Wurzelzähnen abgehen, 
wie im Gebiß der Xenarthra, von 
Orycteropus , mancher Cetaceen. 
Im allgemeinen gilt als Regel, daß 
dort, wo der Schmelz fehlt, das 
weit weichere Dentin also nackt zu 
Tage tritt, dessen Abnutzung durch 
beständige Erneuerung gedeckt 
werden muß. Dies kann nur ge- 
schehen durch offene Wurzeln, die 
dauernden Wuchsgestatten. Schmelz- 
lose Zähne sind daher sog. wurzellos 
wie bei Xenarthra, die Incisivi von 



trat er noch als Band auf. Der 
Nagezahn der Nagetiere hat nur 
bei Leporiden einen Schmelzmantel, 
bei den übrigen ist allein die Vor- 
derfläche mit Schmelz bedeckt. Des- 



Ausnahmsweise kann Schmelz 



Fig. 122. Machairodus neogaeus Lund. 
Kiefer von vorn V» nat. Gr. nach Burmeister. 
C oberer, C\ unterer Eckzahn. 



Babirusa u. s. w. Sonst bildet der 
Schmelz stets einen Ueberzug über 



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Entwicklung der Zähne. 1 1G7 

gleichfalls von ihrem Mutterboden, von der Mundschleimhaut tut. Wälirend 
man früher meinte, dali das Sehmelzorgan den Zahnkeim nur insoweit über- 
ziehe, als der spätere Zahn mit Schmelz bedeckt ist. hat neuere Unter- 
suchung [v. Brunn, Röse, Ballowitz] gelehrt, dali es eine Epithelscheidc 




Fig. 123. Vier Stadien der Zahncntwickelung auf Querschnitten ; nach I>eche. 
modifiziert, a Einstülpung der Schnielzleiste (Ii); b au« derselben differenziert sich der 
Schmelzkeim. Kuppeiförmige» (<-) und glockenförmigen (d) Stadium des letzteren. 
/ Epidermis; 2 Corium; J Schmel/.leiste; 4 Sehmelzorgan von Pd t ; 5 Zahnpapille. 

auch über die Wurzelanlage sendet. Man erblickt hierin eine formregu- 
lierende Tätigkeit des Schmclzkeims. die sich auch auf die Zahnwurzel 
erstreckt. Dementsprechend erhält sich denn auch diese Epithelscheide 
an der Basis der Papille der fortgesetzt wachsenden Zähne, wenigstens der 




Fig. 121. HorizontaUehnitt durch die Anlage der A Milchvorderzähne UL % id %% 
cd in Verbindung mit der Schmelzleiste SL eines menschlichen Fötus von 18 cm Länge, 
nach Rose. DK Dentinkeim; SO Sehmelzorgan; ME Mundepithel; ZI- Zahn furche. 



ICK 



VI. Gebiß. 



Nagetiere und Dasypodidae. Der beständige Wuchs derselben hat an der 
Basis der Papille statt, und somit ist bei Nagetieren auch für die Schmelz- 
bedeckung des in der Tiefe stets sich bildenden Zahnteiles gesorgt. Dem 
Zahn der Xenarthra geht aber Schmelz ab. Will man im Schmelzorgan, 
das sich trotzdem bei Dasypodidae anlegt, mehr sehen als ein Ueberbleibsel 
früherer anderer Zustände, so kann man ihm eine formregulierende Tätig- 
keit vindizieren. 

Unser obiges Entwickelungsstadinm zeigt jetzt das Schmelzorgan oder 
den Schmelzkeim und die Zahnpapille oder den Dentinkeim, umgeben 
von einer Art Membran, der Follikelhaut, die dem Zahnfleisch entstammt 
und den zukünftigen Zahn umhüllt. So entstehen die Zahnsäckchen oder 
Zahnfollikel. die allmählich in einer Furche der Kiefer zu liegen kommen. 
Durch Bildung von Querwänden zerlegt sich diese Furche in eine Anzahl 
Zahnalveolen, die der Zahl der zukünftigen Zähne entspricht. Die Wand 
des Zahnfollikels ist im Zusammenhang mit der Basis der Zahnpapille und 
liefert das Zement der Wurzel und, falls die Krone auch Zement hat, 
auch dieses. 

Der Schmelz ist demnach ein Erzeugnis des ektoblastischen Epithels; 
das Zahnbein (Dentin) ein Erzeugnis des mittleren Keimblattes, da es aus 
der bindegewebigen Papille entsteht. Der untere Teil derselben liefert 
die Zahnwurzel, was hierbei von ihr übrig bleibt, wird Pulpa, deren Ge- 
fälle den Wurzelzahn sichtbar ernähren, bis daß sein Wuchs vollendet ist. 
Auch dann noch führt sie ihm Nerven zu. Handelt es sich um einen 
immer wachsenden Zahn, so muß die Ernährung eine gleichmäßige bleiben. 
Bei dieser Kategorie von Zähnen muß demnach die Pulpahöhle zeitlebens 
offen bleiben, während sie in den Wurzelzähnen sich verengert, selbst sich 
schließen kann nach beendetem Wuchs. 

Die Milch- und die bleibenden Zähne entstehen in gleicher Art. 
Abgesehen von zeitlichem Unterschied im Auftreten, sind beide ein direktes 
Produkt der Schmelzleiste. Die Schmelzkeime der Ersatzzähne entstehen 
unabhängig von den Schinelzkeimen der Milchzähne aus der Sehmelzleiste, 
die nach Abschnürung der Milchzähne weiter in die Tiefe wächst. Bei 
dieser Abschnürung erhält sich eine Zeitlang eine Verbindungsbrückc mit 
der Schmelzleiste, der früher sogenannte Hals des Schmelzkeims. 

Von den verschiedenen Formen der Zähne ist die einfachste die 
eines einfachen Kegels, eines vierseitigen Prismas oder eines anderweitig 
geformten Stiftes. Die Schneide- und Eckzähne sind meist von dieser 
einfachen Form, wie wir sie als Regel im Gebiß der übrigen Verte- 
braten antreffen. Sie kann als haplodont bezeichnet werden. Es gibt 
aber auch unter Säugern ("iebis.se, die ausschließlich aus solchen einfachen 
haplodontcn Zähnen bestehen. Im Hinblick auf die Gleichartigkeit der 
Konstituenten nennt man solche Gebisse homodont, wie das Gebiß der 
meisten Odontoceti. von Orvcteropus. den Dasypodidae. In allen übrigen 
Fällen sind wenigstens die Backenzähne komplizierter gebaut, sind plexo- 
dont und die Konstituenten des Gebisses untereinander ungleichartig; 
man nennt es dann heterodont. 

Die Konstituenten dieses Zahn Systems ordnet man in Kategorien, 
die mit besonderen Namen angedeutet werden, von denen der Kürze halber 
vielfach nur der Anfangsbuchstabe gebraucht wird. Man nennt Schneide- 
zähne, Incisivi (I.) die Zähne, die im Zwischenkiefer eingepflanzt sind. 



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Form und Arten von Zähnen. 



160 



Der erste Zahn, der im Oberkiefer folgt, meist der maxillo-intermaxillaren 
Naht benachbart, heißt oberer Eckzahn, Caninus <C.) Der untere Eck- 
zahn liegt bei geschlossenem Munde vor dem oberen. 

Die Zähne vor dem unteren Eckzahn sind dann die unteren Schneide- 
zähne. Der Caninus kann fehlen. Die Zähne hinter ihm heißen Backen- 
zähne und zwar falsche oder Praemolares wenn ihnen, wenigstens 
dein letzten. Milchzähne vorabgehen, sie demnach gewechselt werden. Die 
wahren Backenzähne, Molares (M.). liegen hinter den Praemolares; sie 
haben keine Milchvorgänger. Ihnen gegenüber kann man daher auch alle 
übrigen Zähne als Antemolaren [Leche] zusammenfassen, da sie im all- 
gemeinen gemein haben, daß sie gewechselt werden. Im bunodonten 
Zahnsystem sind die Praemolares kleiner, im kreodonten System im all- 
gemeinen großer als die Molares. 

Das (iebiß ist ein geschlossenes, wenn die Abstände zwischen 
den Zähnen gleichmäßig (ursprünglicher Znstand) sind, oder die Zähne 
einander berühren. Hei (irößenzunahme von C. entsteht meist eine Lücke 
oben zwischen I. und C. unten zwischen C. und P. für den unteren bezw. 
den oberen C. Durch Ausfall von Zähnen, z. B. von P., kann solche Lücke: 
„Diastema" umfangreich werden, desgleichen durch Verlängerung des 
facialen Teiles des Schädels, wie bei Pferden. 

Die hier vorgetragene, einigermaßen schablonenhafte ältere Auf- 
fassung ist zwar klar, hat aber nur beschränkten Wert. Neuere Forschung 
hat nämlich gelehrt, daß die Anlage der Zähne und der Skelettcilc unab- 
hängig voneinander geworden sind. Die morphologische Bedeutung eines 
Zahnes braucht daher nicht aus dein Skeletteil, in welchem er sitzt, hervor- 
zugehen. Zähne, welche bei einer Form im Zwischenkiefer wurzeln, also 
Schneidezähne sind, können bei einer nahe verwandten Form im Oberkiefer 
sitzen, also einem Eckzahn oder Praemolaris homolog sein [Leche]. 

Bei der Homologisierung der Zähne verschiedener Säuger eine 
Vergleichung, welche die Systematik fortwährend zu üben hat, die aber 
stets schwieriger wird hat demnach neben der Lage der Zähne in den 
Kiefern, ihre Lage in der Zahnreihe und ihre Form ein Wort mitzureden. 
So sitzt bei Talpa ('. im Zwischenkiefer, wogegen sein Vorgänger cd. Platz 
im Oberkiefer fand. Umgekehrt liegen bei Myogale moschata die Alveolen 
zweier Zähne, die unzweifelhaft I, und I, anderer Insectivora homolog 
sind, im Oberkiefer. 

Im allgemeinen ist unsere obige Darstellung der I. und C. als Zähne 
mit einfacher Krone und Wurzel richtig. Von der einfachen Kegelform 
der Krone weicht aber ab die Schaufel- oder Meißelforin. die häutig auf- 
tritt. Erheblicher die Form der wurzellosen I. der Allotheria, Tillodontia, 
Rodentia, von Chiromys und Phascolomys. die zum Nagen benutzt werden 
und die auf p. 16f> genannten Stoßzähne. Ferner die unteren L. die bei 
Galcopitheeus kammförmig, bei Procavia und im Milchgebiß von Rhyncho- 
cyon dreilappig sind (Fig. 12*>). desgleichen die Milchantemolaren der Chiro- 
ptera, die sich dem homodonten Typus nähern, aber dadurch auszeichnen, 
daß sie trotzdem nicht haplodont sind, sondern lingualwärts gekrümmte, 
mehrspitzige Kronen haben, die das junge Tier befähigen, sich an der 
Zitze der herumflatternden Mutter festzuhalten is. bei Chiroptera). 

Wieder anderer Art sind die gekerbten Ränder der Canini von 
Machairodus (Fig. 126) oder die Schmelzeinfaltung, die beim Pferd die sog. 
Marke bildet (Fig. 127). Auch kann der C. die Form der I. annehmen, wie bei 



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170 



VI. Gebiß. 



den Wiederkäuern und Lemuridae, deren Praemolaris dann die Form eines 
Eckzahns erhält oder der C. kann den Praemolares gleichen, wofür Leche 
in Erinaceus ein gutes Beispiel mit allen Febergängen gibt (Fig. 128). 
In erhöhtem Maße gilt dies für die Centetidae, wo auch die I. im Milch- 
gebiii reichlicher mit Nebenspitzen versehen sind als im Ersatzgebiii. 

Gewöhnlich wird für die Wurzel als Regel angenommen, daß sie 
sich kompliziere bei Komplizierung der Krone. Beider Differenziation 
braucht aber nicht Schritt zu halten. Daß die Kronenbildung nicht in 
direkter Beziehung zu stehen braucht zu der Beschaffenheit der Wurzel, 
hat Leche für Ericulus und für Erinaceus (Fig. 12*) nachgewiesen. Im 
allgemeinen haben I. und C. einfache Wurzeln. Beachtet man aber, daß 
sie bei einzelnen Insektivoren, vereinzelt bei Beuteltieren (Choeropus 
und Perameles). bei Palaeochoerus und bei verschiedenen Säugern der 
Sekundärzeit und nach Leche auch bei Lemuriden. doppelte Wurzeln 



J7l 



iei 



Fig. 125. Milchgebiß des Unterkiefers 
Rhynchocyon chrysopygos; nach Leche. 



Fig. 120. Machairod iih 
Lund. Krone des 
unteren Eckzahne* mit dem 
Anfang der Wurzel von innen. 
'/, nach Bunneister. 





&f 0? ö? 

c r* er* c 




Fig. 128. 



Fig. 127. Schneidezahn eines 
Pferdes, A im Längsschnitt. Von der 
Krone ist bereits der punktierte Teil 
abgescb 1 i f fen . fi Kau fl liehe ei n es j u ngen 
Zahne«, welche die Einfaltung zeigt, 
wodurch die „Marke" .1/ entsteht. C 
V „jähriger /ahn. der tiefer abge- 
schliffen ist. ./ Dentin ; c( 'einen t|weiß|; 
s Schmelz; H Pulpahöhle. 

Fig. 128. Canums und 2. Prae- 
molaris von vier Individuen von Erina- 
ceus curopacus, nach Ixvbc * ,. 



haben, so weist dies darauf, daß hier vielleicht ein primärer Zustand vor- 
liegt. Stehelin meint denn auch die oberen Canini der Suiden auf zwei- 
schneidige, zweiwurzelige, prämolarenartige Zähne zurückführen zu können, 
wie die weiblichen Schweine und Dicotyles noch deutlich erkennen lassen. 

Die Form der Backenzähne soll uns weiter unten noch beschäftigen. 

Es ist häufig unmöglich, die Zähne unserer heutigen Homodonten zu 
klas>itizieren. Ihre Zahl variiert und kann bis auf 100 | Priodontes), selbst 
bis auf 2(H) (Delphin us) steigen. 

Die Heterodonten dagegen erreichen ihr Maximum mit 02 Zähnen, 
welche hohe Zahl nur bei Myrmecobius vorkommt oder mit 48, wie Canis 



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Zahnsy.*tenx\ ] 7 1 

megalotis. Daß aber auch bei Heterodonten unter besonderen Verliält- 
nissen die Zahnzahl eine sehr hohe werden kann, zeigt Manatus, bei dein 
Neubildung von Backenzähnen zeitlebens statt hat und wenigstens 30 in 
jeder Kieferhälfte liefert [Thomas und Lydekkerj. 

In der systematischen Zoologie sind Formeln gebräuchlich, um die 
Zusammensetzung des Gebisses kurz darzustellen. In diesen wird jeder 
Zahn durch den Anfangsbuchstaben der Kategorie, zu der er gehört und 
durch eine Ziffer angedeutet, die seine Stelle in der Kategorie angibt. 
Die Zähne werden allgemein von vorn nach hinten gezählt und nur eine 
Seite der Kiefer angegeben, da die andere Seite ja nur eine Wiederholung 
ist. So lautet die Zahnformel für Canis megalotis, wobei der horizontale 
Strich die Zähne des Unterkiefers von den oberen scheidet: 

I,I 2 l3 CP l P i P s P 4 M 1 M 8 M ,M t 1.2.8 \ 1.2.3.4 1.2.3.4 

I 1 I s I 3 CP 1 P,P 3 P 1 M I M s M ;{ M l 1 1.2.3 1 1.2.3.4 1.2.3.4" 

Für Mvrmecobius, wo neben anderen Zähnen vermutlich auch der zweite 

t> •■ , rui. « . 1.2.3.4 „1 „1.0.3.4 ..1.2.3.4A0 _ . ,. 

Pramolar fehlt, wäre sie I C. P, .... M . - .. , r - Durch diese 

1.2.3.0 1 1.0.3.4 1.2.3.4.5.(5 

Schreibweise kann man mit Genauigkeit die angenommene Homologie der 

Zähne jeder Kategorie angeben. Beachtet man nur die Zahl der Zähne der 

Kategorien, nicht die individuelle Bedeutung ihrer Konstituenten, so kann 

4 13 5 

man die Formel für Mvrmecobius auch schreiben I- C- P- M- oder 

A 1 A b 

^ — ! -r 0( l e >* noch einfacher l'! ".?'^- Mit Absicht wurde soeben 

A 1 A --•-(> A.l.A.h 

von angenommener Homologie gesprochen. In der Praxis stößt die Ho- 

mologisierung vielfach auf Schwierigkeiten. Dies gilt namentlich bei der 

Abgrenzung der Molaren und Prämolaren. H. Winge schlug daher bereits 

18*2 vor, den Zähnen hinter dem Eckzahn eine serialc Zahl zu geben. 

Danach würde unsere Formel für Mvrmecobius lauten 

12 3 4. 1. 1 23 4 » GTS 4. 1 .8 

12 3. 1. 1 234 üb ;7M(!>) 3.1.x ,1))' 

0. Thomas hat das folgende hypothetische Gebiß als Ausgangs- 

e „ .. ~ „ . 1.2. 3.4..) , . 1 _ 1.2.3.4 . ,1.2. 3.4. i) . 

tonn für die Säuger angenommen: I - — -. . C- P. - - M,— das 

1.2.3.4.;) 1 1.2.3.4 1.2.3.4.:) 

aber von keinem Säuger in Ausbildung bekannt, wohl aber ontogenetisch 

nachweisbar ist Ontogenetischc Forschung [Dependorf] nimmt selbst eine 

höhere Anzahl als diese ursprüngliche an. entsprechend der Formel 1^ C- 

4 b f) 1 5 ;") 

P.M. oder l- C, P'. MV. Von dem Urtypus von Thomas ließe 
4 b o 1 ;) o Jl 

sich zunächst das Gebiß der Beuteltiere herleiten. So das von Didelphys 

1 ^34 r ) 1 1 0 3 4 1 0 3 4 
1 .'öVirt- C 1 P iT,Vi M i ö r Die hier bereits eingeleitete Reduktion 

l.J.AAX) 1 I.J.AA I.J.AA 

nahm dann weiteren Fortgang bei zahlreichen Marsupialia mit der Zahn- 
3 1 3 4 

formel I-.^y Cj P - M^. Endlich ließe sich von dem hypothetischen 

1 ** 3 

Gebiß das generalisierte der Monodclphia ableiten mit der Formel Iy ~ ^ 

„ ] _ 1.2.3.4 „1.2.3 J5 u :i , r.. ,• o » • 

C . P <-;r.Vi M -r-~iö 0( ' er I* C , P . M„, wie sie noch für die Schweine 
1 I.J.AA l.'J.A vi 1 4 A 



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172 VI. Gebiß. 

und einzelne Insectivora gilt. Dieses Gebiß mit 44 Zähnen kann man 
zwangslos als Ausgangspunkt des Gebisses der beutigen Monodolphia an- 
nehmen. Die Aenderungen, die es erfuhr, wurden verursacht durch Speziali- 
sierung. Vermehrung, Verminderung, schließlich totalen Schwund einzelner 
Zahngruppen oder Zähne. 

Die Spezialisierung oder Differenzierung, sowie die Aenderung in 
Größe stimmen mit dem Gebrauch überein, den das Tier von seinen Zähnen 
macht, und hängt in erster Linie von seiner Nahrungweise ab. Auch die 
Länge der Kiefer, die einigermaßen die Zahl der Zähne regelt, ist hier- 
bei von Einfluß. Auch diese steht aber wieder unter dem Einfluß des ge- 
samten Kauapparates, der gleicherweise von der Nahrungsweise abhängt. 

Die Zahl der Zähne kann sich in verschiedenem (trade verringern 

1 2 

und kann auf 12 herabsinken wie bei Hydromys mit der Formel I H y 

Von weiteren Reduktionen, die zum einzigen Zahne des männlichen Mo- 
nodon und schließlich zu totalem Schwunde des Gebisses führen, wurde 
bereits einleitend gesprochen und soll unten im Zusammenhang mit anderen 
Reduktionserscheinungen abermals gehandelt werden. 

Die Differenzierung des Gebisses äußert sich namentlich in den 
Backenzähnen. Mit Winge, Cope, Ryder. Osborn. Scott, Schlosser u. A. 
dürfen wir annehmen, daß diese progressive Komplikation, die sich 
historisch von den jurassischen bis zu den recenten Säugern in deren 
Gebiß wahrnehmen läßt, mechanischen Ursachen ihr Entsrehen und ihren 
Fortgang verdankt. Dies hat IL Winge 1HH2 sehr klar dargelegt in 
folgender Betrachtung. 

Der ursprünglich kegelförmige Zahn wird dreispitzig, indem er dort, 
wo er im gegenüberliegenden Kiefer derselben Seite einen vorderen und 
hinteren Zahn berührt, je eine Spitze ausbildet. Diese sind somit jünger 
als die ursprüngliche. Bezeichnet man graphisch die Spitzen mit 1. 2. '-), 
so ist 2 die älteste Spitze. Die Wurzel des ursprünglichen Kegelzahnes 
spaltet sich hierbei in einen vorderen und hinteren Ast. Diese dreispitzige 
Krone ist die Form der Backenzähne bei der Mehrzahl der jurassischen 
Säuger und findet sich oft in den vorderen Backenzähnen der späteren 
Säuger, während die hinteren höhere Entwickelung erfuhren. Es gesellten 
sich zwei weitere Spitzen hinzu, 4 und ">. die in den Unterkieferzähnen 
nach außen, in den Oberkieferzähnen nach innen liegen. Zu beachten ist femer, 
daß die Kiefer niederer Säuger anisognath sind (s. unten), d. h. die Zahnreihe 
des Unterkiefers fällt innerhalb die Zahnreihe des Oberkiefers. Hierin sucht 
Winge den mechanischen Grund für das Auftreten dieser beiden tertiären 
Spitzen, von denen je eine sich ausbildet zwischen der vorderen Spitze 
eines folgenden und der hinteren Spitze eines vorhergehenden dreispitzigen 
Zahnes im gegenüberliegenden Kiefer. 

Hierunter stelle ich den dreispitzigen und fünfspitzigen Zustand 
graphisch dar. wobei die arabischen Zahlen die Zahnspitzen des Unterkiefers, 
die römischen die des Oberkiefers andeuten. In unseren Schemata be- 
zeichnen A, B zwei Zahnindividuen aus dem Oberkiefer, a, b solche aus dein 
Unterkiefer der rechten Körperseite. Die Spitzen eines Zahnindividuunis 
sind in einer Linie orientiert; daß dies unrichtig ist, geht aus obigein 
hervor. Hier soll nur ihre gegenseitige Lage angedeutet werden. Für 
Weiteres vergl. man Fig. KiO. Der dreispitzige Zustand stellt folgendes 
Schema dar: 



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Theorie der Zahnform. ]7H 
A B 

i Fi in i Ii in 
1 2 a l 2 a 

a I) 
Im fünfspitzigen Zustand bekommen wir diese Anordnung: 
A B 

1 II 4 III f> I II 4 III T) 
IV 1 V 2 3 IV 1 V 2 a 

a b 
Solehe fünfspitzigen Unterkieferzähne sind sehr allgemein. Auch im Ober- 
kiefer kommen sie vor bei Didelphvidae. Dasyuridae. manehen Insectivora und 
Chiroptera. Hier tritt aber bald eine ..Ferse", Talon, hinzu, indem sich 
nach innen von den beiden innersten Spitzen 4 und 5 der Boden der 
Krone sich ausweitet gegenüber den äußeren Spitzen (1. 2, 3) des Unter- 
kiefers und eine neue Spitze <(») bildet mit eigener Wurzel. Von dieser 
fünfspitzigen Zahnform mit zwei Wurzeln lassen sich leicht die anderen 
Zahnformen des Unterkiefers ableiten. Veränderungen werden erzielt 
durch verschiedene Ausbildung und Schärfe der Spitzen, durch Verschieden- 
artigkeit ihrer Verbindung vermittelst Kämme, durch Wegfall einer Spitze, 
woraus ein vierspitziger Zahn entsteht. Andererseits kann Zuwachs statt- 
haben und Teilung der Wurzeln. 




Fig. 129. Entwiekclung des irikoriodontcn (2, Hi, trigonodonton (4, 5) und tuber- 
culo «»ktorialcn ((>. 7) Zahnes au* dem haplodonien (1> nach H. F. Osborn. 1. Haplo- 
donter Keptilienznbn ; 2. Drornolherium ; 3. MicrtH-onodon; 4. Spalacotherium ; f>. Am- 
phitberiutn; 0. Miaci* von der Seite und 7. von der Kauflache. f>. Tri tuberku Iure Mo- 
laren im Uber- (< ) und Unterkiefer (.7| und ihre gegenseitige I^age (ß) . 



Erheblichere Umformungen erfahren die Oberkieferzähne, teil- 
weise spielen sie sich am Talon (Ferse/ ab. 

Auf ähnlicher Bahn wie diese klare, dänisch geschriebene und daher 
wenig bekannt gewordene Theorie, bewegt sich die allbekannte Tritubcr- 
k ulartheorie. die Cope 1**4 auf paläontologischer Basis inaugurierte. 



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174 



VI. (iebiß. 



gangspunkt Zähne an mit 

A. O O 
ß 




namentlich aber H. F. Osborn weiter aushaute zu einer festgefügten Theorie. 
An der Hand namentlich von Osborns Darlegungen nehmen wir als Aus- 
konischer Krone, einfacher Wurzel und einem 
Basal wulst. Cingulum, der die Basis der 
Krone umgibt. 

Solche haplodonte Zähne, wie wir sie 
von Reptilien kennen, erfuhren bereits bei 
Dromotherium , einem der ältesten Säuger, 
die erste Differenzierung, indem sich zu ihrem 
Haupt kegel, Protoeonus, accessorische 
Spitzen zugesellen und ihre Wurzel eine Längs- 
furche erhält. Dieses protodonte Stadium 
bildet sich bei Microconodon z. Ii. zum triko- 
nodonten oder dreispitzigen um, dadurch 
daß die accessorische Spitze am vorderen Um- 
fang des Protoeonus zum Paraconus. am 
hinteren zum Mctaconus sich erhebt 1 ). 

Bis zum oberen Jura erhält sich der 
trikonodonte Zustand, wie ihn Amphilestes 
zeigt " Fig. KiOB). Wenn jüngere Säuger ihn 
noch aufweisen (Mesonyx, manche Cetaceen, 
untere M. von Thvlacinus), so ist dies eine 
Regression aus einem höheren Zahntypus. 
die in weiterem Fortgang zum haplodonten 
Stadium zurückführt, wie manche Odontoceti 
es zeigen. Deutlich tut dies auch das Gebiß 
der Pinnipedia . wo die Phocidae , Otaridae. 
endlich die Trichechidae .'5 Stufen sind vom 
sekundär-trikonodonten zum haplodonten Typus 
zurück. 

Von der Kreide an tritt die 3. Stufe 
auf. Para- und Metaconus verschieben sich 
nach außen, Para- und Metaconid nach innen. 
Allgemein bekannt ist diese Zahnform unter 
Copes Name trituberkular. da er entdeckte, 
daß sie mit Ausnahme der Multitubciculata 
und von Dicrocvnodon Marsh — die herrschende 
ist bei den Säugern von der unteren Kreide 
bis zum Obereocän und von fundamentaler 
Bedeutung für die Phylogenie der Molaren 
der reeenten Säuger. Bei manchen von ihnen 
erhielt sie sich. z. B. bei Chrysochloris. in den 
oberen M. anderer Insectivora und von Didel- 
phys und den Lemuriden. Die dreispitzigen 
KauHächen. die ineinandergreifen, sind denn 
auch zweckmäßig zum Zerschneiden kleinerer 
Beute, wie Insekten etc. Dies wird noch 
Innenhöcker durch scharfe Kanten mit den 




Fig. 130. Gegenseitige Lage 
der oberen und unteren Zähne 
verschiedener (iebißformen in 
schematicher Darstellung, nach 
H. F. Oslxjrn. A Haplodonte« 
(iebiß; />' trikonodonte« [Am- 
philestes, Jura]; C trigonodon- 
tes [.Spalarotberium , Jura]; 
D oben trigonodonte*, unten 
tuberkulo-ftektoriales mit Talo- 
nid td und Hypoconid hd 
[Jura]; F. dasselbe mit Zu- 
nahme de« Tulonid [obere 
Kreide); F dasselbe aber oben 
mit Hypoeonu* [F.ocän]; G 
oben und unten sexituberku- 
larei* (iebiß. Die Oberkiefer- 
zähne *ind voll «chwarz ange- 
deutet. 



besser erreicht 
Außenhöckern 



. wenn der 
sich verbindet. Di( 



inn*; 



ache bildet al 



dann ein nach 



l)(>sl»orn nennt alle primären Kegel der Krone „Conus", die kleineren, intermediären 
„Conulua"; da» .Suffix „id" deutet ihr Auftreten in den unteren Backenzähnen an. 



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Trituberkular-Theorie. 



175 



außen resp. nach innen offenes Dreieck: Trigon resp. Trigonid, was 
Rütiraeyers Name „trigonodont" wiedergibt. 

Hier sei erinnert, daß bereits Honsel als Grundtypus für die Zahn- 
stellung das gegenseitige Alternieren oberer und unterer Zähne hervor- 
hob. Bei karnivoren Tieren ist zeitlebens deutlich, daß die Zähne eines 



Fig. 131. / Zwei obere und untere 
Molaren eines Wiederkäuers in gegen- 
seitiger Stellung; in //in der Horizontal- 
rtaehe gedacht, zur Darstellung der Bc- 
wegungsrichtung des Überkiefers ob 
gegeuüber dem Unterkiefer oa, wobei die 
Halbmonde de» Oberkiefern zwischen 
denen des rnterkiefers gleiten, wie die 
Ex k u rsionsl i n ien andeu ten . 



Fig. 131. 





Fig. 132. Tuberknlo-sektorialer Backen- 
zahn von Viverra. 

Kiefers nicht den Zähnen des gegenüberstehenden, sondern den Zwischen- 
räumen zwischen ihnen entsprechen. Im mahlenden (iebiß geht dies mit 
Vervollkommnung desselben mehr verloren, aber niemals ganz (Fig. 131). 

Der trituberculare oder trigonodonte Zahn erfuhr weitere Ausbildung 
— zunächst an den Unterkieferzähnen, die im allgemeinen den oberen bei 
der Diffcrenziation vorauseilen durch Ausbildung eines Anhanges 




Fig. 133. Schetnatische Darstellung der verschiedenen Zahnformen von der Kau- 
fläche aus ivergl. die spätere Behandlung bei den Ungulaten). / oIkmxt, /„ unterer 
Molar von Ruprotogonia; // olw-rer sexituberkularer Molar; //« ipiadritul>erkularer 
unterer Molar; /// quadrituberkularer unterer Molar, der verschobene Metaconulus tritt 
an die Stelle des Hy|xx-onus; //' bunodonter oberer Molar; V, V a oberer und unterer 
lophodonter Molar; /'/ oberer lophodonter Molar, Qucrjoche verschoben mit Ektoloph; 
VII die Verschmelzung von Ektoloph und Querjochen ist vollständig: sclenolophodont; 
/'/// selenodontcr oberer Molar; IX Baraconus und Hypoconus resp. Metaconulus bilden 
Außenwand. / Baraconus; j Brotoconulus ; j Brotoconus; 4 Metaconulus; 5 Meta- 
conus; 6 Hypoconus; a Brotoconid; * Baraconid; c Hypoconid; J Hy|>oconulid; 
t Ektoloph (Äufien wandt; // Hintermarke; /// Hypolophid; m Metaloph; m< Mctalophid; 
/ Brotoloph; :• Vordermarke. 

(Talonid resp. Talon 1 an tlem hinteren ßasalwulst, der anfänglich nur ein 
Tuberkel. Hypoconid darstellt. Damit haben wir den tuberkulo-sek- 
torialen Zahn, wie er noch im Reiüzahn der Karnivoren und bei Inscc- 
tivora auftritt. Unsere Figur 132 von Viverre zeipt ihn rechts, nur wenig 
verschieden von dem von Ainphitherium Blainv. aus dem Jura. 



uigiti 



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176 



VI. (iebiß. 



Der Talonid vergrößert sich und erzeugt ,'5 Nebenspitzen und zwar 
von außen nach innen: Hypoconid. Hypoconulid und Entoconulid, 
die in das Trigon des Oberkieferzahncs eingreifen. So hat sich aus dem 
trituberkularen Zahn ein quadri- und schließlich ein sexitubcrkularer heraus- 
gebildet, mit 3 Höckern auf dem Trigon (-id) und 3 auf dem Talon (-id). 
Damit sind die (irundformen gegeben für die Molaren der Ungulatcn, 
Karnivoren und Primaten. 

In einem Typus: dem sekodontcn (sektorialen oder krcodonten), 
bleibt der schneidende Charakter der Krone und das Alternieren der 
Molaren bestehen. Im anderen Typus paßt sich die Kaufläche dem Maiden 
an. Die Krone wird dafür quadrituberkular {tretragonodontw teilweise 
durch Ausfall von Tuberkeln, die sich im übrigen zu niedrigen stumpfen 
Höckern verflachen, wobei gleichzeitig Herabsinken des Trigon(-id) zum 
Niveau des Talon(-id) statthat Im ursprünglichen Zustand hat diese bu- 
nodonte Zahnform, wie das Schwein sie noch hat, 4 isolierte rundliche 
kegelförmige Höcker. Verlängern sich die Höcker quer zum Zahn, so daß 
sie einander treffen, so entstehen 2 Leisten oder Kämme, die quer auf 
der Kaufläche stehen, sog. Querjoche, wodurch der bunodonte Zahn, die 
<J rundform der omni- und herbivoren Tiere zum lophodonten oder 
zygodonten Zahne (Jochzahn) wird. Meist sind dabei die beiden Außen- 
höcker gleichfalls durch einen Längskamm: die „Außenwand" = Ektoloph ver- 
bunden, während die Querjoche auch Vorjoch: Protoloph und Nachjoch, 
Metaloph, genannt werden (Fig. 133). 

Andererseits nehmen die Höcker \j- förmige Gestalt an durch diver- 
gierende Leisten, woraus sich durch Abrundung zu Halbmonden die 
selenodonten Molaren der Ruminantia entwickeln. Weitere Difteren- 




Fig. 134. VertikaWhnitt durch einen oberen Molaren von Hipparion, nach 
(iaudry. / Schmelz; 2 Zement; .? Dentin. 

Fig. ]rlf>. Diagramme verschiedener Stufen von Hypsclodontie und Zement- 
ablagerung oberer Molaren, von der Kaufläche und im Längsschnitt gesehen. A Acer- 
atherium lemanense; Ii Rhinoceros paehygnathus; C Rhin, antiquitatis; D Klasmotherium 
sibiricum, nach (Jaudry und Boule. Dentin weil!, Zement punkiert, Schmelz durch 
schwarze Linie dargestellt. 

Fig. YM\. <i braehydonter Backenzahn von Anchitherium ; t> hypselodonter von 
Hippotherium; < prismatischer vom l'fcrd. Nach (Iaudry . 



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Vernchiedene Zahnformen. 



177 



zierung hat statt durch Faltung des Schmelzes der Joche oder Halbmonde, 
durch Entstehung sog. Pfeiler, Styli, vom Cingulum oder von der Außen- 
wand der Krone aus. woraus die plicidenten Molaren der Pferde (Fig. 
134) hervorgehen. 

Erfährt die Krone des bunodonten Backenzahnes nur leichte Aende- 
rung, so bleibt sie im allgemeinen niedrig und wird von einer dicken 
Schmelzlage bedeckt, während die Wurzel sich verlängert, um alsbald ihren 
Wuchs zu sistieren, sich sogar zu schließen. Sie allein wird von Zement 
umgeben. Diese brachydont genannten Zähne führen ungemerkt zu den 
hypselodonten Zähnen vieler Ungulaten. Namentlich bei den Ruminantia und 
Perissodoctyla(Fig. 134, 136) sind sie vertreten. Sie entwickeln erst spät eine 
kurze Wurzel, während die Krone durch fortgesetzten Wuchs sehr hoch wird 
und den fortwährenden Verlust, den sie durch Abschleifen erfährt, beständig 
kompensiert Dementsprechend transformieren sich die Höcker, Leisten oder 
Joche zu Säulen oder Pfeilern oder vertikal verlängerten Blättern, die nur 
durch eine dünne Schmelzlage bedeckt sind. In den Zwischenräumen oder 
Marken (Fossettes. Cement-lakes, Zementinseln) zwischen den Pfeilern 
oder Blättern, die auch Prismen genannt werden (daher prismatische Zähne), 
setzt sich Zement ab. 



d Cervus; e Eqnns. nach Ryder, a und c isognathco; b d e anisognathea Gebiß. 

Gegen die allgemeine Gültigkeit der Annahme, daß die Hypselodontie 
aus der Brachydontie sich herleite, ist aber neuerdings F. Ameghino auf- 
getreten. Für weitere Details sei übrigens auf die Ungulaten im systema- 
tischen Teil verwiesen. Die Diagramme in Fig. 135 geben aber eine 
Vorstellung von der Umbildung der Zahnkrone durch Hypselodontie, ge- 
paart mit Zementablagerung und Faltung des Schmelzes. 

Die Art der Bewegung der Kiefer hat einen bedeutenden Einfluß 
auf die Form, welche der Gebrauch der Zahnkrone aufdrückt. Es besteht 
eine innige Wechselbeziehung zwischen der Konfiguration der Zähne, ihrer 
gegenseitigen Lage in den Kiefern und der Form des Kiefergelenkes. 
Dessen Form regelt aber die Bewegung der Kiefer, die ihrerseits wieder, 
als von der Art der Nahrung abhängig, das Gelenk beeinflußte. 

Früher <p. 73) sahen wir bereits, daß die Bewegung des Unterkiefers 
eine vertikale, transversale oder antero-posteriore ist und zusammengeht 
mit verschiedener Form des Gelenkes. Nach Ryder und Cope geht sie 
auch gepaart mit Unterschieden in der gegenseitigen Lage der Kiefer. 
Sind diese gleichweit, so nennt man das Gebiß isognath. Anisognath 

Weber, Stugotiero. 12 




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178 



VI. Qebifi. 



dagegen, wenn die untere Zahnreihe enger ist als die obere und inner- 
halb der letzteren fällt. 

Im ersteren Falle liegen die Zahnreihen einander gegenüber, wie 
dies im sekodonten und meist auch im bunodonten tiebiß der Fall ist, 
somit bei Tieren mit karnivorer, insektivorer und omnivorer Diät. Die 
Kieferbewegung ist hier vertikal, zuweilen auch vor-rückwärts (Elephas, 
simplieidentate Rodentia). Den anisognathen Typus rinden wir bei Tieren 
mit lophodonten Zähnen oder solchen, die sich aus dem quadrituberkularen 
Typus durch weitere Komplikation entwickelt haben, wie die selenodonten, 
prismatischen oder schmelzfaltigen. Hier ist die Bewegung des Unter- 
kiefers eine transversale und geeignet, das ausschließlich vegetabilische 
Futter zu zermahlen i Perissodactyla , selcnodonte Artiodaetyla). Ganz 
eigener Art ist die Anisognathie vieler simplicidentaten Rodentia und von 
Phascolomys, indem der Al>stand der beiden oberen Backenzahnreihen 
weit geringer ist als der der unteren, erstere somit zwischen die unteren 
Backenzahnreihen fallen. 

Die Verteilung von Dentin, Zement und Schmelz, ebenso wie 
der verschiedene Härtegrad dieser Stoffe spielt eine wichtige Rolle bei 
der definitiven Form, welche die Krone, speziell die Kaurläche bei der 




Fig. im. Hinterster 
Backenzahn von Hydro- 
choerus eapybara x 
Da» punktierte Dentin wird 
von den dopj»elkonturierten 

Sehmelzfalten umleiten, 
welche das gestrichelte Ze- 
ment zusammenhält. 



Funktion annimmt. Die hervorragenden Höcker bezw. ihre Derivate werden 
zuerst abgeschliffen, so jedoch, dali ihre peripheren Ränder beständig her- 
vorragend bleiben. Sie sind ja mit Schmelz bedeckt, das am längsten 
Widerstand leistet. Haben wir es mit komplizierteren Zähnen, namentlich 
mit prismatischen oder plicidenten oder zusammengesetzten Zähnen zu 
tun. bei denen am Aufbau der Krone auch Zement sich beteiligt, so er- 
zeugt die Usur eigenartige Kroneiunuster. Hier wird das Zement, als 
weichste Substanz zuerst und am ausgiebigsten abgeschliffen, während 
das Dentin, mehr noch der Schmelz länger Widerstand leistet. Hierdurch 
entstehen die eigentümlichen gefältelten Muster der Kaurläche der Bf. vieler 
Herbivoren (Rodentia, Pferd, Selenodontia etc.) und die ..gefalteten" 
Zähne der Klefanten, des Hydrochoerus etc. 

Inwieweit sich die „polylophodontcn" Molaren der Elefanten von 
lophodonten Zähnen herleiten lassen durch Vennehrung der (^uerjoche, 
so dali ihre Zahl von 2 bis auf 2f> steigen kann, soll bei den Pro- 



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Phylogenese der Zahnform. 



179 



o 
o 

IS 



boseidiern behandelt werden. (Meiches soll hei den Multituberculata < Allo- 
theria) für deren multitnberkulate Zähne geschehen. 

Nebenstehende Tabelle möge eine Uebersicht geben über die Osborn- 
schen Namen und die gebräuchlichen Aequivalente für die Tuberkel seko- 
donter und bunodonter Zähne. Für die lopho- und selenodonten wird auf 
die „Ungulaten" im systematischen Teil verwiesen. 

u. [Protoconus pr. Vordere Innenspitze resp. Höcker 

•Ü Paraconus pa. Vordere AuUenspitze .. „ 

•~ iMetaconus nie. Hintere Aufienspitze 

Protoconulus pl. Vordere Zwischenspitze ., 

Metaconulus ml. Hintere Zwischenspitze „ 

Hypoconus hy. Hintere Innenspitze 

Protoconid pret. Vordere Außenspitze resp. Höcker 

Paraeonid päd. Vordere Innens|)itze .. „ 

Metaconid med. Vordere Zwischenspitze 

Hypoconid hyd. Hintere Außenspitze „ 

Entoconid end. Hintere Zwischcnspitzc .. 

Ij Hypoconulid hld. Hintere Innenspitze „ „ 

Die im Vorstehenden entwickelte Phylogenese der Zahnform faßt die 
Molaren als einwertig auf, wie kompliziert sie auch sein mögen. Ihre Kompli- 
kation ist schließlich nur die Umformung, welche ursprünglich kegelförmige 
Zähne im Lauf der Zeiten erfuhren. Diese Theorie stützt sich zunächst auf 
paläontologisches Material, und hierin liegt ihre Stärke. Auch entwickelungs- 
geschiehtliche Tatsachen sprechen zu ihren dunsten. Sie hat eine Ten- 
denz, die in der hier vorgetragenen Trituberkulartheorie einen guten Aus- 
druck findet, auch wenn diese nicht in allen Punkten stichhaltig sich 
erweisen sollte. Bedeutsam ist, daß diese Theorie eine wichtige Stütze erfuhr 
durch .1. Tacker, dessen einbryologisehe Befunde bei den Backenzähnen 
der Artiodactvla einen Parallelismus der Ontogenese mit der Phylogenese, 
in Uebereinstimmung mit den Anschauungen von Cope, Schlosser und 
Osborn nachwiesen. Allerdings fügte sich der Protoconus z. B. nicht mehr 
ganz der phylogenetischen Auffassung. Mit ähnlichem Resultate führte M. 
T. Wood ward ontogenetischc Untersuchungen über das (iebiß der In- 
sectivora aus. Er wies nach, daß bei den trituberkularen Unterkiefer- 
zähnen derselben die zeitliche Folge des Entstehens ihrer Spitzen genau 
sich deckt mit der angenommenen phylogenetischen Folge der Entstehung 
derselben. Dies ist um so bedeutsamer, als die Annahme allgemein ist, 
daß von lebenden Mammalia die Insectivora sich am meisten im Charakter 
der Molares den jurassischen Säugern nähern. 

Dies gilt aber nicht für die oberen Molaren. Bekanntlich eilen diese in 
der Ausbildung von Komplikationen den Unterkieferzähnen voraus und 
übertreffen sie überhaupt hierin. Winge vermutet den Orund hierfür in 
der Unbewepliehkeit des Oberkiefers gegenüber dem beweglichen Unter- 
kiefer. Dadurch wird allerdings die Funktion der Zähne eine andere. 

Nach Woodward deckt sich die beobachtete Ontogenese der Coni 
nicht mit der phylogenetischen Entwickelung wie sie die Trituberkular- 
theorie annimmt. Der Paraconus. nicht der Protoconus i>t die direkte 
Fortsetzung des primitiven Zahnkeimes und entspricht damit dein einzigen 
Conus der protodonten Säuger. Auch im erwachsenen Oberkiefer-Backenzahn 

12* 



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180 



VI. GcbiC. 



tritt der Protoconus zurück gegenüber dem Para- und Metaconus. OsHorn 
sieht hierin einen beschleunigten Wuchs der letzteren gegenüber dem 
Protoconus. Aber auch bei polyprotodonten Marsupialia und beim Menschen 
fand Röse, bei Ungulaten Tacker, daß der Paraconus zuerst, darauf erst 
an 2. oder 3. Stelle der Protoconus sich entwickelte. Tims und Wood- 
wards Schluß, daß der Paraconus oben und der Protoconid unten die pri- 
mitiven Coni sind, wiederholt eine frühere Auffassung Winges (s. p. 172). 
Diese Ansicht und die weitere, daß der Protoconus sekundären Ursprungs 
sei vom Cingulum aus, sowie die Tatsache, daß gegenüber zahlreichen 
Unterkiefern nur ganz vereinzelte Oberkiefer aus jurassischer Zeit bekannt 
geworden sind, was die Erkenntnis erschwerte, zwingt zu einer Revision der 
Trituberkulartheorie bezüglich der Details der Oberkieferzähne. Ihr Prinzip 
wird lüerdurch weiter nicht erschüttert. 

Zu gleichem Resultat kommt neuerdings auch Ghigi an der Zahn- 
entwickelung von Tapirus, die für die Differenzierungstheorie spricht (1900). 
Hier sei schließlich erwähnt, daß Tims dem Cingulum, das soeben bereits 
bei der Bildung des Paraconus zur Sprache kam, eine hervorragende Be- 
deutung bei der Ausbildung der Spitzen zuerkennt und darauf eine Theorie 
aufbaut. Sie erblickt gleichfalls im Paraconus oben, im Protoconid unten 
die primitiven Coni als Fortsetzung des „Reptilienzahns". In Verbindung 
mit dem Paraconus entwickelte sich innen aus dem Cingulum der Proto- 
conus, hinten der Metaconus, der seinerseits den Hypoconus als Trabanten 
hat Schließlich ist auch diese Theorie, die den Schwerpunkt auf Derivate 
des Cingulum legt, eine Differenzierungstheorie des Zahnindividuums. 

Ihnen gegenüber ist die Konkreszenztheorie aufgestellt worden. 
Ihrer Besprechung muß aber eine kurze Darlegung des Zahnwechsels 
vorabgehen. 

Das zeitlich verschiedene Auftreten zweier Zahnsysteme, eines sog. 
Milch- und eines bleibenden Gebisses, ist bezeichnend für die große 
Masse der Säugetiere, die man im Hinblick hierauf diphyodont nennt; 
monophyodont heißen sie, wenn nur ein Gebiß sich entwickelt. Letzteres 
ist der Fall bei den meisten homodonten Säugetieren, mit Ausnahme von 
Tatusia. Dasypus und Orycteropus. Doch auch unter den Heterodonten 
tritt zuweilen nur ein Gebiß auf [Ratte, llydromys], auch geschieht das 
Wechseln überhaupt in sehr verschiedenem Grade. 

Zunächst werden die wahren M. niemals gewechselt. Dies hat zu- 
weilen auch statt für P, (Pferd, Carnivora fissipedia die 4 P. haben, mit 
Ausnahme von Canis) oder für P s , z. B. bei Vespertilio, so daß dessen dies- 

234 

bezügliche Zahnformeln lauten würde P~ 34 - 

234 

Aber auch in den Fällen, wo pd, noch auftritt (Sus, Procavia, Tapirus, 
Rhinoceros, Canis, Talpa) ist er klein, rudimentär und fehlt zuweilen, 
welche Rückbildung sich auch auf P, ausdehnen kann. 

Die Beuteltiere wechseln überhaupt nur einen der letzten P, wobei 
die Meinungen auseinandergehen, ob dies P, oder P 4 sei. Die heutige, 
mehr allgemeine Auffassung ist daher, daß die Marsupialia, zeitlebens ihr 
Milchgebiß behalten und nur P 8 als einziger Zahn des Ersatzgebisses auf- 
tritt, so daß die Formel für das bleibende und das Milchgebiß folgender- 
maßen lautet^ wobei wir die Milchzähne durch d (deciduus) neben den 
bekannten, durch kleine Buchstaben angedeuteten Initialen kenntlich machen: 



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Zahnwochsrl. 



181 



id, id 2 id s id 4 id 5 cd pd, pd 2 pd 4 M, M, M, M 4 

l 



id, id 2 id s id 4 cd pd, pd« pd 4 M, M, M 3 M, 



Milch- 
gebiß 



Ersatz- 



Abweichungen von dieser generalisierten Formel sollen im syste- 
matischen Teil zur Sprache kommen. Hier sei nur der anderen Meinung 
gedacht, daß das Beuteltiergcbiß der zweiten Dentition angehöre, in- 
dem das Milchgebiß bis auf pd 3 verloren ging [Winge] oder es nur erst 
zur Entwickelung von pd, gebracht habe. Wenn auch in veränderter 
Form, hat diese frühere Ansicht auch jetzt wieder Vertreter ]Tims, Wilson 
und Hill]. Auf Ungleichartigkeit des Zahnwechsels innerhalb der Marsu- 
pi alia wiesen aber Woodward und Dependorf. 




Fig. 139. Gebiß eines 6V, Monat« alten Löwen. Daa Milchgebiß £ £ ^ ' ^ ^ p ^ 



P n P C P* P* P* 



hat bereite teil- 



ist iu Funktion. Da« permanente Gebiß 

^ J l P P C - P* P* m> 

weise verkalkte Zähne. Dieselben sind in ihrer genauen Lage in die Kiefer ein- 
gezeichnet und durch dunklen Ton hervorgehoben. 



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182 



VI. Gobi». 



Neben der generalisierten Formel für das typische Gehieß der Mono- 
3 14 3 

delphia: Ijj-.Cy P - Mlj- lautet die typische Formel für das Milchgebiß: 
3 14 

id ~ cd — pd T oder um die Stellvertretung deutlich zu machen 
3 1 4 



I, I, I, C P, P 2 P 3 P, M, M, M 3 
id, id^ id 3 cd pd, pd, pd s pd 4 \ Milchgebiß 
id t id, id, cd pd t pd, pd s pd 4 1 «1- Dentition 4 

I, I, I, C P, P, P 3 P 4 M, M 2 M 3 

— > 

oder nach der zweckmäßigen Schreibweise Winge.- 



Hleiliendcs Gebiß. 
Ersatzgebiß oder 
..2. Dentition" 



1 2 3-1 -1 2 3 4 5 6 7 

1* 31 1 2 3 4 

12 3 112 3 4 

1 2 8-1*1 2 3 4 5 (> 7 

Beiderlei Formulierung be- 
sagt, daß die Molaren dem Ersatz- 
gebiß angehören, obwohl sie keine 
Vorgänger haben. Es ist aber viel 
wahrscheinlicher, daß sie dem Milch- 
gebiß angehören, keine Nachfolger 
liaben und zusammen mit den 
Zähnen der 2. Dentition im blei- 
benden Gebiß funktionieren. Die 
Ontogenese spricht hierfür: auch 
die Tatsache, daß der letzte sog. 
Prämolar des Milchgebisses, zu- 
weilen auch der pd vor ihm, über- 
einstimmt mit den bleibenden Mo- 
laren. 

Diese Prämolaren des Milch- 
gebisses sind eben Milchmolaren, die 
wegen Kürze der Kiefer früher auf- 
treten als die bleibenden Molaren. 
Sie werden daher eher abgenutzt 
sein und werden daher ersetzt, „ge- 
wechselt". Damit fiele denn die 
scharfe Trennung der zwei ( iebisse. 
insoweit sie auf ungefähre Gleichzeitigkeit des Auftretens und Funktionierens 
der Komponenten beruht. Niedere Monodelphia beleuchten dies weiter: nach 
Loches Untersuchungen z. 15. das Gebiß von Erinaceus. dessen Zahnforineln. 
unter Berücksichtigung von Beobachtungen von M. F. Wood ward, diese sind: 




Fig. 140. llcbifl eine« jungen Krinn- 
ccus europaeu*, dessen sämtliche Zähne ver- 
knlkt .-ind. Ober- und Unterkiefer Bind 
offen gemeißelt und zeigen die Zahnwurzeln 
und Krsnlzzähne; nach Ix*ehe 



1, I., I, C P, P 3 P, M, M, M, 
4 4 4 4 4 i i 
id t id., id 3 cd pd* pd a pd 4 

sog. Milch- 
gebiß 



— id., — cd - pd., pd, 

? 

1 2 I, C P 3 P, M, M, M a 



Bleibendes 
(lebiß 



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Zah ti wechacl. 



183 



Diese Zahnformeln berücksichtigen sämtliche, Oberhaupt auftretende 
Zähne. So treten id 3 und pd, oben, cd und pd 3 unten, wenn überhaupt, 
nur in winzigen, verkalkten Spuren auf. In der Regel ist. nacli Lcche. 
der Zustand so, daß in einer gewissen Periode des Lehens das Gebiß sich 
gestaltet wie in Fig. 140. Es besteht also, abgesehen von den Molaren, 
aus echten Milchzähnen und nicht wechselnden Antemolaren. Graphisch 
ist der Zustand dieser: 

I, I, id 3 C pd, P H F, M, M„ M 3 
i i i i i 
nl, id. , — c d — pd, p d,) SO n,. Milch- 

id, pdj gehiß 

L id s cd - pd 3 P, M, M 2 M 3 

Es wurde somit abgeworfen: j'Js _£lLl"' 3 ' M j' . im bleibenden Ge- 
ld, pd, 

id tl in 

biß werden aber erhalten: l \ A — m ' 3 , von denen der 3. I. in 

id 3 cd pd H m, 3 

Fia. 140 als L bezeichnet wurde, wegen seiner zweifelhaften Natur. Denn 



Bleibendes 
Gebiß 



id 3 pd 3 



andererseits heißt es, daß .. — , Anlagen zu Ersatzzähnen bilden. 

id 3 cd pil 3 

die aber niemals zu weiterer Ausbildung kommen, wohl aber den Beweis 
liefern ihres früheren Bestehens und zu dem Ergebnis führen, daß Eri- 
naccus auf dem Wege zur Monophyodontie ist. 

Aus derartigen Fällen ergibt sich demnach, daß im sog. bleibenden 
Gebiß Komponenten auftreten können, die verschiedenen Zahngenerationen 
angehören. Daraus folgt, daß aus dem Durchbrechen und gleichzeitigen 
Funktionieren noch nicht Zugehörigkeit zu einer Zahngeneration, zu 
einer Dentition, hervorgeht, ebensowenig wie aus der Gleichzeitigkeit 
des Entstehens der Zahn keime. Den Durchschlag wird in zweifelhaften 
Fällen die örtliche Entstehung des Zahnkeimes an der Zahnleistc, ferner 
vergleichend-anatomische Untersuchung geben [Leche, Dependorf]. 

Ersatz- und bleibendes Gebiß sind demnach Begriffe, die sich 
nicht immer decken. So ist das bleibende Gebiß der Marsupialia dem Milch- 
gebiß der Placentalia gleichzustellen und von dem Ersatzgebiß der letzteren 
kommt bei den polyprotodonten Marsupialia nur P, <P 3 ) zur Entwickelung. 

Das Wechseln der Zähne geschieht allmählich und ist bei Tieren mit 
langsamem Wuchs meist spät beendigt. 

Wenn alter bei Beuteltieren wie Hypsiprymnus der einzige Wechsel- 
zahn erst im erwachsenen Alter zutage tritt, umgekehrt bei Robben nur 
ganz rudimentäre Milchzähne sich entwickeln, die nicht durchbrechen und 
noch intrauterin resorbiert werden, so liegen Rückhildimgsprozessc vor, die 
im ersteren Fall das Ersatzgebiß, im zweiten Fall das Milchgebiß betreffen 
und im systematischen Teile für verschiedene Abteilungen zu vergleichen 
sein werden. 

In normalen Fällen geschieht das Abwerfen der Milchzähne so, 
daß die permanenten Zähne durch Größenzunahme einen Druck ausüben 
auf die Wurzel des Milchzahnes, dessen Ernährung hemmen, endlich auf- 
heben und ihn als toten Körper verdrängen. Dies geschieht in vertikaler 
Richtung. Horizontaler Zahnwechsel mit Wanderung der Zähne nach 
vorn hat statt bei Elephas. den Sircnia, Macropodidae und in geringerein 
Grade auch bei Hyracoidea und Phacochoerus und wird möglich durch 



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184 



VI. Gebiß. 



Absorption der Knochensubstanz, der jeweiligen vorderen Alveolenwand 
und Neubildung derselben hinter der Wurzel des zutage getretenen Zahnes 1 ). 
Dieser sog. horizontale Zahn Wechsel ist aber etwas ganz Besonderes; es 



Fig. 141. 




Fig. 142. 




142 



Fig. 141. Permanentes Gebiß; Fig. 
Milchgebiß von Cania familaris mr Demonstration 
der homologen Spitzen in beiden, ca Vordere 
Cinguhimspitze; cp hintere Cingulumspitze; g reap. 
hy Hypoconid; m<-Metaconus; /»«Paraconua; pa Pa- 
raconid; pr Protoconua; // Protoconid. Nach Tim». 

schränkten! Wuchs verschiedener Nagetiere Wurzelzähne voraus und das- 
selbe gilt für die Stoßzähne (C) verschiedener Arten (Moschus. Tragulus, 



handelt sich 
um Ersatz der 
verbrauchten 
vorderen Zähne 
durch neu ge- 
bildete hintere, 
nicht um ge- 
wöhnlichen Er- 
satz einesMilch- 
gebisses. Sol- 
ches kommt 
bei einigen der 
genannten Tie- 
re selbst nicht 
vor oder nur 
unvollständig. 

Anlangend 
die Form der 
Milchzähne, 
läßt sich die 
These verteidigen , daß je 
später der Zahnwechsel Platz 
greift und je vollständiger 
das Milchgebiß ist, desto ge- 
ringerer Unterschied zwischen 
Milch- und Ersatzzähnen be- 
steht- Die Centetidae sind 
hierfür ein Beispiel. Im all- 
gemeinen stimmt die Form 
der Milchzähne in verkleiner- 
tem Maßstabe mit der ihrer 
bleibenden Nachfolger überein. 
Häufig jedoch hat der Milch- 
zahn die phylogenetisch ältere 
Form bewahrt, während sein 

Ersatzzahn mit anderen 
Zwecken andere Form annahm. 

So sind die oberen 
Milchincisivi von Procavia und 
der zweite Milchincisivus von 
Lepus Wurzelzähne, während 
ihre Ersatzzähne ohne Wurzel 
und von bleibendem Wüchse 
sind. Desgleichen gingen den 
Backenzähnen mit unbe- 



') Vergl. die Figuren im systematischen Teil bei Sirenia. 



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Zahngenerationen. 



185 



Hydropotes, Sus, Trichechus). So haben ferner bei den Centetidae die 
oberen I. und C. des Milchgebisses reichlicher als im Ersatzgebisse die 
Nebenspitzen bewahrt, die ein Erbstück sind von Vorfahren, aber allmählich 
zurückgingen. 

Wir können behaupten, daß die zwei Dentitionen ein Erbstück sind 
der reichen Bezahnung der Vorfahren, wie sie uns bekannt ist von den 
verschiedenen Zahnreihen niederer Wirbeltiere. Hierin werden wir bestärkt 
durch den Nachweis, den wir namentlich Leche und Wood ward verdanken, 
daß sowohl bei Monodelphia (Erinaceus, Phoca z. B.) als auch bei Marsu- 
pialia Zahnanlagen dem Milchgebiß vorabgehen und andere dem Ersatz- 
gebiß folgen. Vier Zahngenerationen können demnach einander folgen. 

Wenn die Annahme richtig ist, daß diese vier Zahngenerationen Erb- 
stücke sind von früheren Zuständen, so ist es logisch, die Sache so auf- 
zufassen, daß von den Vorfahren die Zahnleiste ererbt wurde, der das 
Vermögen innewohnt, Zahnmaterial zu produzieren. Charakteristisch ist 
für Säugetiere, daß diese Produktion numerisch regressiver Art, bezüg- 
lich der Zahnform aber progressiver Art ist, da die Zahnleiste wenig 
zahlreiche, dafür aber komplizierte Zähne liefert. Eben diese Si»cziali- 
sierung der Einzelzähne für besondere Zwecke, die unter Mithilfe von 
Verkürzung der Kiefer und Komplikation des Kauapparates zu stände 
kam, führte zu Verminderung der Zahnzahl und der Dentitionen. 

Es ist doch logisch anzunehmen, daß der ererbten Schmelzleiste das 
Vermögen innewohnen muß, verschiedene Zahngenerationen liefern zu 
können. Denn wenn auch zweifelsohne für niedere Vertebraten diesbezüg- 
lich der Begriff „Generation" ein elastischer ist, so ist andererseits nicht 
zu verkennen, daß auch bei ihnen ältere und jüngere Zähne einander 
folgen. Dies hat in der Weise statt, daß die älteren Zähne nach außen 
(labial), die stufenweise jüngeren, welche erstere vertreten werden, stufenweise 
mehr nach innen (lingual) liegen. Auch diese Eigenschaft hat sich auf 
die Säugetiere vererbt, insofern bei ihnen Generationen von Zahnanlagen auf- 
treten, eben die vier Dentitionen der neueren Forschung, die sich stufenweise 
aus der Schmelzleiste entwickeln und in Reihen parallel zu dieser liegen. 

Hierbei liegt die älteste Dentition (I.), die prälakteale, am meisten 
labial, diejüngste vierte (IV.), die postpermanente, am meisten lingual. Da- 
zwischen liegen die (II.) lakteale und die (III.) permanente. Diese 
zwei mittleren kommen nur noch zu voller Entwicklung 1 )- Aber auch im 
übrigen sind diese vier Erbstücke nicht gleichwertig. In ihrer uns be- 
kannten Form sind Dentition oder Zahngeneration II und III Erbstücke 
von Vorfahren, die bereits Säuger waren oder ihnen direkt vorab- 
gingen. Zahngeneration I, die prälakteale, bringt es aber nicht weiter als 
bis zu verkalkten kleinsten Kegeln und hat es wohl nie zu weiterer 
Komplikation gebracht: sie ist als solche wohl ein Erbstück von Vor- 
läufern von Säugern und funktionierte wohl nie bei Tieren, die bereits 
Säuger waren. Vermutlich war dies auch wohl der Fall mit der postj>ermanenten 
(IV). Hierin sieht eine Autorität wie Leche allerdings einen Erwerb der 
Säugetiere, aus der sich eventuell ein Zukunftsgebiß entwickeln könnte. 

Hand in Hand mit der Komplikation der Gebißkomponenten ent- 
wickelte sich die Diphyodontie in ihrer ausgesprochenen Form, die bereits 



1) F. Amcghino behauptet allerdings, daß beim frühtertiiiren Ungulaien. Nesodon 
den Milchineisiren funktionierende Schneidezähne vorabgingen, die somit einer prälak- 
tealen Dentition angehörten. 



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1*Ü 



VI. Zahngebiß. 



dem jungen Tier mit kleineren Kiefern ein zweckentsprechendes Gebiß 
liefert, um dies spater zu ersetzen und zu kompletieren. Dieser progres- 
sive Prozeß schließt aber Reduktion in der Zahl der Zähne und der Den- 
titionen ein. In einer Anzahl Falle kann nun die Reduktionserscheinung die 
Ueberhand kriegen. Sie führt zum Monophyodontismus. Fraglich ist nur 
— aber wahrscheinlich ob hierbei stets die Milchdentition schwindet, 
wie Lechc will. Eine prinzipielle Minderwertigkeit der Milchdentition ist 
nicht anzunehmen. Sie kann aber minderwertig sein, wenn das permanente 
Gebiß den Lebensbedürfnissen entsprechend, eine abweichende Richtung 
einschlug wie bei Nagetieren. Haldiger Verlust, schließlich Unterdrückung 
des Milchgebisses und dafür beschleunigte Ausbildung des permanenten 
Gebisses kann in solchen Fällen nützlich sein. Dies ist auch wohl die 
Tendenz des Gebisses der Pinnipedia, das dem Monophyodontismus zu- 
strebt, aber überhaupt unter dem Einfluß allgemeiner Reduktion steht. 
Bereits vor der Geburt wird ja hier das Milchgebiß resorbiert und das 
definitive (iebiß ist mit seiner einfachen Zahnform ein geeigneter Greif- 
apparat, während Kauen wegen des Lebens im Wasser wegfällt. 

Aus diesen und ähnlichen Beispielen folgt aber nicht eine allgemeine 
Tendenz zur Monophyodontie bei Säugern. In der Mehrzahl der Fälle 
ist das Milchgebiß zweckmäßig nicht nur für das jugendliche Tier, sondern 
wegen geeigneter Ditfercnziation seiner Komponenten, auch für das wachsende 
Tier. Hier kann protrahierter Zahnwcchscl ohne Schaden eintreten, wobei 
das permanente (iebiß eben den Wert von Reservematcrial hat. das zur 
Erneuerung dient und durch erheblichere Größe seiner Komponenten zur 
Vergrößerung der kauenden Fläche, entsprechend dem größeren Nahrungs- 
bedürfnis des älteren, größeren Tieres. 

Die oben angedeuteten Reduktionscrscheinungen führen andererseits 
dazu, daß die Schmelzleiste nur einfach gebaute, dann aber zahlreiche 
Zähne liefert (Odontoceti, Priodontes», die als haplodonte Zähne an die 
Zahnform niederer Vertebraten erinnern, ohne daß sie wirklich primärer 
Art wären. Gleichzeitige Verlängerung der Kiefer geht gepaart mit dieser 
monophyodonten Homodontie. Die Reduktion kann endlich zu vollständigem 
Verlust des Gebisses führen, aber auch dann vererbt sich noch die Schmelz- 
leiste, die bisher nur bei Myrmecophaga nicht nachgewiesen werden 
konnte. 

Aus dieser Darstellung erhellt die reiche, formative Tätigkeit der 
Schmelzleiste, die sich bei Säugern vor allem auch darin äußert, daß das 
Material der Schmcl/.leiste nicht wie bei niederen Vertebraten zur Bildung 
vieler, wohl aber einzelner, dafür aber komplizierter und längere Zeit 
brauchbarer Zähne verwandt wird. Von diesem Gesichtspunkte aus könnte 
man also von ideeller l'erschmelznng von Zuhninaterial sprechen. 

Die Konkreszenztheorie aber, bereits älteren Datums [Magitot. 
Gaudry. Dvbo\vski| jedoch durch Rösc. namentlich aber Kükenthal neu 
begründet, besagt mehr. Ihr zufolge sind die mehrhöckerigen Säugetier- 
zähne nicht als Differenzierung eines einheitlichen Zahnindividuums auf- 
zufassen, sondern vielmehr aus Verschmelzung von kegelförmigen Reptilien- 
xälmen hervorgegangen. Diese Konkreszenz kann zweierlei Art sein, sie 
kann eine antcro-posteriorc sein und nur zwischen Elementen einer Zahn- 
gencration statthaben. Sie führt also zu Minderung der Zahnzahl einer 
Dentition. Sie könnte aber auch in querer labio-lingualer Richtung ge- 
schehen und Zähne, die verschiedener Dentition angehören, vereinigen. 



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Kon k rc*zcn zthoorie, Kizahn. 



187 



Letzteres ist zu Hilfe gerufen z. Ii. zur Krklärunpr der longitudinalen 
Höckerreihen auf der Kaufläche der fossilen Multituberculata (vergl. diese 
im Kapitel mesozoische Säugetiere). 

An diese multituherkulaten Backenzähne knüpft sich eine Theorie 
über die Genese der Zahnformen der Säugetiere an. die von Foivvth 
Major ausging. Er hält den multituherkulaten Backenzahn, dessen Höcker 
oder Spitzen oben meist in diei, unten in zwei longitudinalen Reihen an- 
geordnet waren mit zwei resp. einer longitudinalen Furche zwischen ihnen, 
für die primitive Form hei den Eutheria. Dieser „polyhunc" Molar änderte 
seine Krone im Lauf der Zeiten durch stufenweise Umänderung der longi- 
tudinalen Anordnungder Spitzen in eine transversile, durch vorherrschende Aus- 
bildung einzelner Spitzen, durch Verschmelzung oder Unterdrückung anderer. 

Von verschiedenen triftigen Gründen, die Tims gegen diese Theorie 
erhoben hat. möchte ich nur nennen, dafi alle fossilen Multituherkulaten ein 
spezialisiertes Gebiß hatten ohne Canini und mit der Zahl nach reduzierten 
Incisivi. Es ist nicht einzusehen, wie sich hiervon die komplete Zahnformel 
der Insectivora, Carnivora u. s. w. ableiten soll. Auch verliert diese Theorie 
aus dem Auge, daß die Spitzen der tri- oder sexituberkularen Zähne nicht 
gleichzeitig entstehen, sondern konstant erst einer, darauf allmählich die anderen. 

Zweifelsohne gelang es den wichtigen Untersuchungen Kükenthals 
und seiner Schüler [Adloff, Dependorfj Fälle von ontogenetischen Ver- 
schmelzungen, direkte Verwachsungen z. B. von Zahnkeimen und Zahn- 
anlagen gleicher oder verschiedener Zahngenerationen bei Marsupialia, 
Sirenia, Rodentia nachzuweisen. Wir meinen aber, daß dies nur ein Mo- 
dus der Bildung von Säugetierzähnen sei und bei weitem nicht das 
wichtigste, und geben unserer obigen Darlegung den Vorzug 1 ;. 

An dieser Stelle verdient ein zahnartiges Gebilde hervorgehoben zu 
werden, das bei Echidna während des Eilebens auftritt, zum Durchschneiden 
der Eischale dient und danach abfällt. Dieser Eizalm ist also funktionell 
dem Eizahn der Reptilien zu vergleichen aber demselben nicht homolog. 
Denn während letzterer in gewohnter Weise aus Schmelzorgan und Dentin- 
keim in der Tiefe des Kieferrandes entsteht, um allmählich an die Über- 
fläche zu treten, bildet sich bei Echidna in ganz primitiver Weise zunächst 
die bindegewebige Zahnpapillc als Vorsprung auf dem zukünftigen Zwischen- 
kiefer. Auf der Oberfläche der Papille, unter dem epithelialen Ueberzug. 
der die anfänglich unveränderte Epithellage des Mundes darstellt, bildet 
sich der Kege^ von Hartsubstanz, der aus dentinartigem Material, vermut- 
lich auch aus einer Schmelzlage besteht. Im Hinblick auf diese primitive 
Zahnbildung, die an die Haut/ähne der Selachier erinnert, faßt daher 
Scydel den Eizahn von Echidna als Rest einer alten, im allgemeinen längst 
unterdrückten Zahngeneration auf, wie sie vielleicht embryonal auch noch 
bei Krokodilen auftritt. Der Eizahn der Saurier entstand dagegen von 
einer jüngeren Zahngeneration aus. 

Wiederholt kamen Reduktionsercheinungen im Gebiii zur Sprache. 
Wenn auch die Ansicht Bauines, daß das Gebiß der Säuger überhaupt in 
Reduktion begriffen sei, sich selbst widerlegt, so hat dieser Prozeß doch 
hervorragende Bedeutung. An der einen Seite bahnt er vielfach den Weg 

\) Vergleiche über diew wichtige Frage z B. t^t-ho, OsUini, Kükenthal, Ui.se u. a. 



188 



VI. Gebiß. 



zur Spezialisierung des Einzelzahns und damit zum Fortschritt. An der 
anderen Seite kann er zu gänzlichem Schwunde des Gebisses führen. 
Lebensweise und Nahrung wirkten in letzterem Falle bestimmend. Andere 
Organe wurden hierbei in Mitleidenschaft gezogen, in erster Linie die Ver- 
dauungsorgane. Vielfach äußert sich dies im Bau des Magens, der zu- 
sammengesetzt wird (Cetaceen) oder bei einseitiger Insektennahrung ein 
Triturationsorgan entwickelt (Manis). Es äußert sich im Darmkanal und 
im Bau der Zunge, wie bei den insektivoren Manidae und Myrmecophagidae, 
die mit der Zunge die Insekten ergreifen, oder bei Tarsipes, der damit 
Honig aus Blumen leckt 

Indem wir für weiteres auf Leches Untersuchungen verweisen, möge 
hier eine, didaktischer Zwecke wegen einigermaßen künstliche Uebersicht 
einige Reduktionen an Beispielen erläutern. 

Reduktionen haben sich in dreierlei Richtung entwickelt. 

I. In j)ezug auf die Ausbildung und Zahl der Dentitionen. 

a) Das bleibende Gebiß setzt sich zusammen aus Komponenten der 
Milch- und permanenten Dentition. Die Ersatzzähne der insi- 
stierenden Milchzähne werden aber zum Teil wenigstens noch an- 
gelegt (Erinaceus). 

b) Bei einzelnen Fledermäusen und Pinnipedia kommt, abgesehen 
von M., die Milchdentition nicht mehr zur vollen Ausbildung, da 
die Milchzähne in toto oder wenigstens teilweise vor dem Durch- 
bruch resorbiert werden. 

c) Die Milchdentition ist bis auf letzte Reste unterdrückt: Bradypus. 

d) Nur eine Dentition kommt noch zur Ausbildung (die erste V), die 
andere wird nur noch angelegt (Odontoceti). Damit sind wir zur 
definitiven Monophyodontie gelangt, worunter man jetzt nur noch 
verstehen kann das Auftreten nur einer Reihe verkalkter Zähne. 
Sie kommt durch Reduktion zustande. 

e) Keine Dentition kommt mehr zur Ausbildung: 

1. Die verkalkten Zähne einer einzigen Dentition (der ersten?) 
werden vor dem Durchbrechen resorbiert: Mystacoceti. 

2. Die Gebißanlage bringt es höchstens zu Schmelz- und Dentin- 
keimen. Echidna, Manis. Myrmecophagidae. 

II. In bezug auf Form und Zahl der Zähne. 

a) Durch Differenzierung und Spezialisierung des Gebisses erhalten 
einzelne Zähne besondere Form und Ausbildung, entsprechend 
besonderen Leistungen. Andere werden infolgedessen überflüssig 
und fallen schließlich aus z. B. Nagezähne mit Reduktion oder Schwund 
der übrigen Incisivi und der Canini; Ausbildung des Reißzahns 
der Carnivora auf Kosten der übrigen Backenzähne. 

b) Die Form wird vereinfacht, die Zahl wächst. Hierdurch entsteht 
die sekundär haplodonte Form bei Odontoceti, die sekundär 
trikonodonte Form bei Pinnipedia und die stiftförmigen Zähne 
der Dasypodidac. Das Gebiß wird homodont oder nähert sich 
diesem Zustand. Die Vermehrung der Zahnzahl ist nur möglich 
durch Verlängerung der Kiefer, was wieder die Kaufunktion 
herabsetzt und das Gebiß zum ausschließlichen Greiforgan de- 
gradiert. 



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Reduktion und Progression des Gebisse*. 



189 



c) Die Form wird vereinfacht, die Zahl vermindert z. B. Tarsipes, 
die Backenzähne von Proteles. 

d) Die Wurzel geht verloren; aus dem beschränkten Wuchs wird ein 
immerwährender. Die Veränderung der braehydonten Zähne 
mancher l'ngulaten in hypsolodonte weisen diesen Weg. Des- 
gleichen die permanent wachsenden Stoßzähne oder die Nage- 
zähne mancher Abteilungen, denen im Milchgebiß oder phylo- 
genetisch Wurzel zahne vorabgingen. 

III. In bezug auf Zusammensetzung der Zähne. 

a) Der Schmelz ging verloren, 

1. teilweise: viele Nagezähne, Gebiß mancher Cetaceen, Stoßzähne 
des Elefanten, 

2. in toto: Gebiß der Xenarthra, Orycteropodidae. 

Daß gegenüber diesen Reduktionen Progression des Gebisses zu 
verzeichnen ist, wurde bereits hervorgehoben. Die Trituberkulartheorie 
drückt dies beredt genug aus. Sie äußert sich in Differenzierung des 
Einzelzahnes und damit des Gebisses, dessen Heterodontie eben ein Er- 
werb der Säugetiere ist. Homodontie der recenten Säuger ist aber ein 
Rückschritt. 

Progression kann sich aber auch in Vermehrung der Zahl der Zähne 
äußern. Wir denken dabei nicht an Pleodontie. einfach Vermehrung des 
Zahnmaterials, wie sie z. B. bei Haustieren auftritt, wohl als Ueber- 
produktion der Zahnleiste; noch weniger an die bereits hervorgehobene 
Vennehrung der Zahnzahl bei Cetaceen und bei Priodontes, die eigentlich 
eine indirekte Folge ist von Vereinfachung des Einzelzahnes und von Re- 
duktionserscheinungen im Gebisse. Wohl aber an Fälle, daß mit Ver- 
längerung der Kiefer verloren gegangene Zähne der Vorfahren wieder 
auftreten (Phoca, Simia). Damit bekundet das Gebiß einen physiologischen 
Fortschritt, der darum kein phylogenetischer zu sein braucht. 

Geschlechtsunterschiede äußern sich gleichfalls im Gebiß, nament- 
lich in den Eckzähnen. Diese können beim Männchen allein auftreten oder 
sich erhalten (Equus) oder bei ihm stärker ausgebildet sein (Primates) oder 
erheblichere Größe dadurch erreichen, daß sie wurzellos werden, während 
das Weibchen nur kleine Wurzelzähne als Aequivalent hat (Moschus, 
Tragulus). Solche Unterschiede können auch in den Incisivi auftreten 
(Halicore, Elephas, Monodon) und andere Beispiele mehr. 



VII. Darmkanal. 

Den Eingang zum Darmkanal bildet die Mundhöhle, Cavum oris. 
die von den Lippen zum Rachen reicht und meist in dieser Richtung an 
Breite zunimmt. Ihr fallen mechanische und sensuelle Aufgaben bezüglich 
der Nahrungsaufnahme zu. Erstere bestehen in Zerkleinerung der er- 
griffenen Nahrung durch das Gebiß und deren Einspeichelung durch das 
in die Mundhöhle ergossene Sekret der Speicheldrüsen, wodurch das 
Schlucken der ..Bissen" erleichtert und deren Verdauung eingeleitet wird. 
Die sensuelle Betätigung geschieht vermittelst Sinnnesorganen , die der 



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190 



VII. Dnrniknnal. 



Nervus trigeminus und glossopharyngeus innerviert und die ein Prüfen 
der Nahrung gestattet. 

Zwischen Lippen und Wangen einerseits. Zahnreihen und Alveolar- 
fortsätzen der Kiefer andererseits liegt das Vestibulum oris. Form und 
Ausdehnung dieses Vorraums der Mundhöhle ist insofern veränderlich, als 
Lippen, Labia, und Wangen, Hacken, Buccae. bewegliche Duplikaturen 
der Haut sind. An der Außenseite wahrten sie den Charakter der allge- 
meinen Hautdecke, nur daß häutig der die Mundspalte begrenzende Teil 
der Lippen haarlos ist und eigene Färbung hat; an der Innenseite sind 
sie mit mehrschichtigem Plattenepithel bekleidet, das übrigens den Cha- 
rakter einer Schleimhaut hat. Die Lippen, und damit die Mundspalte, 
reicht bis zum Mundwinkel. Ihre Ausdehnung, die „Weite des Maules" 
somit, ist sehr verschieden, wie die bedeutende Oeffnungsweite bei den 
Karnivoren und Fledermäusen zeigt, gegenüber der auf eine so kleine 
Oetfnung reduzierten Mundspalte bei Myrmecophaga, Manis etc., daß nur 
die schmale Zunge hindurch gesteckt werden kann. Bei letzteren hat also 
umgekehrt die Wangenhaut große Ausdehnung, wie überhaupt bei be- 
deutender Kieferlänge, falls wir im allgemeinen die Wangen vom Mund- 
winkel bis zum Vorderrand der Kaumuskeln reichen lassen. Somit ist 
die Wange kurz bei Carnivora; auch bei Nagern, hier wegen der Aus- 
dehnung des Muse, masseter nach vorn. 

Durchaus charakteristisch für Säuger ist, daß in die genannten Haut- 
duplikaturen. die als unbewegliche Falten auch bereits bei tiefer stehenden 
Veitebraten auftreten können, quergestreifte Hautmuskeln einwachsen. 
Diese Lippenmuskcln leiten sich vom Sphincter colli niedriger Vertebraten 
her |G. Rüge). Bei Monotremcn tritt derselbe noch in ursprünglicher Form 
auf (p. 37). sendet aber bereits vordere Bündel in die Mund- und Nasen- 
gegend. Aus diesem Znstande differenzieren sich die verschiedenen Leva- 
toren, Retraktoren und Dcpressorcn der Ober- und Unterlippe; der Muse, 
buccinator der Wange und der als Sphincter der Mundspaltc wirkende M. 
orbicularis oris. der innigen Zusammenhang hat mit den übrigen Muskeln. 
Dieser verwickelte Apparat, dessen Kenntnis vom phylogenetischen Stand- 
punkte aus wir <1. Rüge verdanken, wird vom Nervus facialis innerviert. 
Er gibt Lippen und Wangen ihre Beweglichkeit, die besondere Ausbildung 
erlangt, entsprechend besonderer Form und Funktion dieser Teile; daneben 
verleiht er seelischen Zuständen Ausdruck, insofern als die Mimik der 
unter dem Menschen stehenden Säuger ja in erster Linie durch Lagc- 
veranderung von Wangen und Lippen zustande kommt. 

Namentlich die Oberlippe zeigt Verschiedenheiten in der Form. 
Zuweilen ist sie zusammen mit der äußeren Nase rüsselartig verlängert, 
wie beim Schwein, Tapir. Elefanten. Nasua. bei manchen Insectivora; 
namentlich Myogale. Rhynchocyon. Bei Rhinozeros ist allein die Lippe 
verlängert. Eigentümliche Umformungen erleidet sie bei manchen Chiro- 
ptera > Epomophorus. etc.). Aus ihrer paarigen EntWickelung leitet sich die 
mediane tiefe Rinne her (Philthrum >. die z. B. beim Hunde sich erhält 
und bei einzelnen seiner Rassen als tiefer Einschnitt erscheint. Dies ent- 
spricht einem Stehenbleiben in der Entwicklung, als „Hasenscharte" be- 
kannt, da die gespaltene Oberlippe, wodurch die Incisivi frei liegen, der 
gewöhnliche Zustand der Hasen und anderer Nagetiere ist. 

Eigentliche Lippen sollen den Monotremcn und Cetaceen fehlen. 
Für letztere hat alter Kükenthal ihr Bestehen nachgewiesen, und im Ver- 



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Mundhöhle, Kackentaschen. 



1!>1 



halten der Monotremcn darf ebensowenig etwas Primitives gesehen werden. 
Die hornige Bekleidung ihrer Kiefer, die doch wohl ein sekundärer Erwerb 
ist. schließt beim erwachsenen Tier fleischige Lippen aus. In der Jugend 
ist aber die Kieferbekleidung dicker und weicher. 

l'eber den Saugmund der Reuteljungen der Marsupialia, bei denen 
eine extrauterine Verwachsung des Epithels des Lippenrandes von den Mund- 
winkeln aus statthat, so daß nur eine kleine Oeffnung zum Durchlaß der 
Zitze übrig bleibt, wird bei der Besprechung der Marsupialia gehandelt. 

Das Vestibulum oris bildet bei Ornithorhynchus, bei zahlreichen 
Nagern und der Mehrzahl der Affen der alten Welt jederseits eine Aus- 
sackung, die zur Aufnahme von Futter dient und als innere Barkeii- 




Fig. 1-13. Drüsen dos Kopfes von Canis familiaris, nach Elleuberger ti. Baum. 
Der Jochbogen / int abgesägt. / (ilandula parotis; -r Gl&tld. suhmnxillaris; j, j' Gland. 
subungualis; 4 Ductus Whartonianus; 5 Ductus Bartholini; zwischen .?' und s Drüben 
do weichen Gaumens; * Nuck'ache Ginge, oberhalb der»elt>eu die (.Hand, orbitali*; 
9 Gland. lacrymalis; <i Muskeln des Augapfels; * Muse, pterygoideus internus; e Muse, 
»tvloglossus; vor -• und j der abgeschnittene Muse, biventer; «■ M. genio-glossus;/ M. 
genio-hyoideus; g M. baseo-glo^sus ; // M. constrictor pharyngeun niedius; ; M. con- 
strictor pharyng. inferior; * M. thyreo-pharyngeus. 

taschen bekannt sind. Daß sie dem Vestibulum angehören, bekundet 
ihre Bedeckung durch den Muse, buccinatnr. sowie ihre Bekleidung durch 
haarloses, mehrschichtiges Epithel, das die Schleimhaut der Mundhöhle 
fortsetzt. Unter Nagern, wo bei Crieetus Backentaschen vorkommen, die 
bis zur Brust reichen und durch einen vom Dornfortsatz des 2. Lenden- 
wirbels kommenden Muskel zurückgezogen werden, stülpt sich die be- 
haarte Haut des Mundwinkels tief in das Vestibulum oris ein und bildet 
den Eingang in die Backentasche. Kleinere Taschen Italien Spermophilus, 
Tannas, Coelogenys. Aretomys, Cynomys, Saecostomus etc. Bei anderen 
scheinen sie verloren gegangen zu sein. So wenigstens deutet A. Brandt 



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VII. Dariuknnnl 



die Anordnung, daß bei einzelnen Nagern (Leporiden z. B.) eine behaarte 
Fortsetzung des Integumentes zungenförmig in das Vestibulum oris hinein- 
reicht, die meist falschlich als behaarte Insel beschriel>en wird. 

Von den inneren oder wahren sind die äußeren oder falschen 
Backentaschen zu scheiden, die bei Geomyidae von außen zugängliche, 
von der Mundspalte unabhängige Duplikaturen der Wangenhaut, die von 
innen behaart sind, darstellen. Zwischen ihrer Innenwand und der Schleim- 
haut der Wange liegt der Hautmuskel der Wange (Buccinator), während 
die Muskulatur ihrer Außenwand vom Panniculus carnosus (M. sterno- 
facialis) geliefert wird. Diese äußeren Backentaschen können nur mit den 
Pfoten gefüllt werden, die inneren dagegen, nachdem das Futter mit dem 
Munde ergriffen wurde. Beide dienen zum Aufspeichern des Futters, ent- 
weder um es für den Winterschlaf oder bei Futtermangel an sicherem Orte 
zu bewahren, oder nur zeitweise, indem von der augenblicklichen Gelegen- 
heit, größere Futtermassen zu erlangen, Gebrauch gemacht wird (Affen). 

Weit verbreitet sind acinöse, schleimabsondernde Lippen- und 
W r angendrüsen, die dem Zahnfleisch, namentlich des Oberkiefers, gegen- 
über ausmünden. Bei Ungulaten können die Buccaldrüsen zu einem um- 
fangreichen, den Backenzähnen gegenüberliegenden Drüsenkörper (Glan- 
dulae molares) sich vereinigen. Dies tun auch die oberen Buccaldrüsen 
der Caniden, die in die Augenhöhle gerückt sind und hier die kompakte 
Glandula orbitalis bilden, die dementsprechend lange Ausfuhrgänge 
(Ductus Nuckiani) in der Gegend des letzten Backenzahns hat (Fig. 143). 

In den Wangenteil des Vestibulum oris mündet feiner die Ohr- 
speicheldrüse (Parotis) aus. Sie gehört dem System der Speicheldrüsen. 
Glandulae salivales, an, die bei Säugern eine hohe Differenzierung und räum- 
liche Ausdehnung erfahren, entsprechend der Bedeutung der Mundhöhle. 

Diese ist bei Säugern nicht mehr einfach Eingangspforte, durch 
welche die Bissen ungekaut in den Darmkanal befördert werden, wie in 
der Regel bei den übrigen Vertebraten; durch Ausbildung des Gebisses 
und der Zunge erlangt sie weiteren mechanischen Einfluß auf die Nahrung. 
Damit nahm die Bedeutung der Speicheldrüsen zu. Anfänglich acinöse 
Schleimdrüsen, nur mit der mechanischen' Aufgabe der Einspeichelung. die 
das Futter feucht und schlüpfrig macht, differenzierten sie sich weiterhin, 
wenigstens teilweise, zu serösen Drüsen, die chemisch auf das Futter ein- 
wirkende Enzyme enthalten. Diese Genese erklärt, daß derselbe Drüsen- 
körper beiderlei Drüsenarten enthalten kann und daß räumlich gleichartige 
Drüsen bei verschiedenen Säugern bezüglich des Sekretes differieren können. 

Achten wir nur auf die Lage, wobei aber zu beobachten ist, daß es sich 
phylogenetisch vielfach nur um räumliche Loslösung ursprünglich zusammen- 
gehöriger Drüsenmassen infolge von Volumszunahme oder infolge Aus- 
dehnung und Diflerenzicrung der Wand der Mundhöhle selbst handelt, so 
unterscheiden wir jederseits: die Glandula submaxillaris, der sich 
häuhg eine Glandula retrolingualis anschließt. Sie liegt ventral vom 
Muse, mylohyoideus und mündet durch den Ductus submaxillaris (s. Wharto- 
nianus) unter der Zunge, neben deren Frenulum aus. Sie ist bei Manis, 
Myrmecophaga und anderen insektivoren Säugern sehr umfangreich, zu- 
weilen mit Komplikation des Ausführungsganges, die auf Bildung von 
..Cisternen" zum Aufbewahren des Sekretes abzielt. 

Zwischen Zungenboden und Unterkiefer liegt die Glandula sub- 
ingualis, die wohl meist mit verschiedenen Ductus linguales ausmündet, 



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Gaumen. 193 

obwohl auch von einem Ductus subungualis (D. Hartholinianus^ gesprochen 
wird. Als ihr Aequivalent dürfte die Drüseiimasse aufzufassen sein, die 
bei Echidna bis zur Brustregion reicht und durch zahlreiche Ausmündungen 
am Hoden der Mundhöhle ihr Sekret ergießt (Gegenbaur]. Vielleicht darf 
aus den Buccaldrüsen (s. oben) die meistens umfangreichste Speichel- 
drüse: die Glandula parotis, hergeleitet werden. Bei der für Säugetiere 
eigenartigen Ausbildung des Kiefergelenkes fand sie hinter diesem Platz 
und ist damit jeweiligem Druck bei der Kieferbewegung ausgesetzt, was 
ihre Sekretion befördern wird. Ihre Lageheziehung zum äußeren Ohr 
verhalf ihr zu ihrem Namen. Ihr Ausführungsgang: Ductus parotideus 
* Stenonianus) hat somit zwischen Kaumuskel und VVangenhaut seinen Ver- 
lauf zu nehmen, um gegenüber den Hackenzähnen auszumünden. 

Außer mit insektivorer Nahrung, besonders wenn dieselbe nicht gekaut 
wird (Manis, Mynnecophaga), verbindet sich auch mit PHanzennahrung. 
namentlich wenn dieselbe weniger saftreiclh ist, starke Ausbildung der 
Speicheldrüsen. Daß sie bei Cetaceen rückgebildet wurden, zugleich mit 
Aufhebung der Kaufunktion, gestattete die karnivore Nahrung. Diese 
wirkt überhaupt nicht förderlich auf die Mundhöhlendrüsen, wie die Carni- 
vora zeigen, auch die kleine Parotis der karnivoren Marsupialia. 

Die eigentliche Mundhöhle, Cavum oris, wird vom Zwischen- und 
Oberkiefer, dem Palatinum, Pterygoid und Unterkiefer begrenzt Sie bildet 
somit einen gegebenen Kaum, der nur ventralwärts. wo die Zunge seinen 
Boden bildet, der Formveränderung fähig ist. Ihr Dach, das zugleich 
Hoden der Nasenhöhlen, ist stellt den harten Gaumen, Palatum durum, 
dar. Er wird durch die Intermaxillaria und die Gaumenplatten der 
M&xillaria und Palatina. ausnahmsweise auch der Pterygoidea zu einer horizon- 
talen Platte aufgebaut (p. 63, 65). Abgesehen davon, daß ausnahmsweise der 
Gaumenteil der Intermaxillaria rudimentär wird oder schwindet (Chiroptera, 
Xenarthra) ist die Ausdehnung, in der die genannten Knochen sich am 
harten Gaumen beteiligen, eine verschiedene und damit auch seine Ausdehnung 
selbst. So bildet er bei Hasen eine von vorn nach hinten nur schmale Hrücke, 
während er bei Mynnecophaga bis zum Hinterhaupt reicht infolge Be- 
teiligung der Gaumenplatten der Pterygoidea. Regel ist ein Mittelzustand, 
wobei der Hinterrand des harten Gaumens in der Nähe des Endes der 
Zahnreihe liegt. 

Am knöchernen Schädel weist der Gaumen in seinem vorderen Teil 
die Foramina incisiva auf. die durch die Schleimhaut auf kleine Oetfnungen 
reduziert werden, häutig auf einer wulstförmig erhabenen Gaumenpapille ge- 
legen, die jederseits durch den Ductus naso-palatinus (incisivus oder 
Stenonianus) in die Nasenhöhle resp. in das .lacobsonsche Organ ausmün- 
den. Beim Geruchsorgan wurde dargelegt, daß wir hierin den letzen Rest 
der primitiven Choane zu erkennen haben. 

Im übrigen ist der harte Gaumen von einer straffen Schleimhaut 
bekleidet, die ihn aber wohl nie vollkommen glatt überzieht. Sie hat viel- 
mehr in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Gaumen leisten, 
zuweilen in solcher Zahl, daß sie die ganze harte Gaumentläche als „Staffeln" 
durchqueren. Es sind Erhebungen des Epithels, die nach hinten zugesehärft. 
gezackt, selbst verhornt sein können und der Zunge gegenüber gestellt, 
mit dieser am Festhalten, Zerreiben etc. der Nahrung sich beteiligen. Auf 
ihrer Basis entwickelte sich der Reibcapparat der Gaumentläche der 
Sirenia, den äquivalente Hornbildung auf der langen Symphyse des l/ntcr- 



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UM 



VII. Dormkatial. 




kiefers vervollstänilif»t )s. Sirenia). Da die (iaumenleisten allgemein bei 
Säugetieren auftretende Bildungen sind, dürfen auch wohl die Barten der 
Cetaceen als Differenzierung derselben aufgefalit werden. Auch das erste 
embryonale Auftreten der Barten entspricht dieser Ansicht, da die Barten- 
papillen sich wesentlich an den Papillär kör per der (iaumenleisten anschließen 
und nur die weit dickere Epithelbedeckung die Barten sofort auszeichnet 
(vergl. Cetacea). 

Bekanntlich ist die Zunge (Lingua, (ilossa) der Sauropsiden nur in 
untergeordneter Weise ein fleischiges Organ, von verhorntem Epithel be- 
deckt; Muskeln begeben sich in dasselbe und ein vom 
Basihvale sich abgliedernder Fortsatz (Oß entoglos>um). 
(iegenüber dieser höchstens ein- und ausstreckbaren, übrigens 
starren Zunge ist sie bei Säugern durchaus fleischig und 
f ein sehr bewegliches Organ. Hierdurch hat sie vielseitige 
Funktion, so bei der Nahrungsaufnahme, als Träger von 
"' Sinnespithel, als Heimgtingsorgan der Haut, bei der Stimm- 
bildung u. s. w. (iegenbaur sieht in dieser „Muskelzunge" 
einen Frwerb der Säugetiere, der nicht hoinologisierbar 
' sl ist der Sauropsidenzunge. Dieser entpricht vielmehr die 

sog. Unterzunge, Sublingua. ein an der l'nterHäche der 
Fig. I ii. Zunge Zunge liegendes (iebilde. das. bald durch Knorpel ui.d 
;-on' S derl V nKtv Fett K«*tut/.t. zungenartig eine gewisse Selbständigkeit 
/ Zeitlicher Rand bat (Perodicticus, Stenops. Lemur etc.t, bald der Fnter- 
drr L'ntcraunge, fläche der Zunge eng anliegt (Marsupialia , bald nur als 
m Plita mediana; Schleimhautfalte, wie die IMica fimbriata des Menschen 

rtSXl^n ™ m &> ,,alcl « anz fel,lt ' was I1H ' ist ,,er FaU ist - Aus 
dem hinteren Teil dieser „primitiven Zunge", der aber, wohl- 

gemerkt, Muskeln fehlen, soll — unter ihrer Rück- 
bildung die Muskelzunge der Säuger entstanden 
sein. Von Bedeutung war bei dieser Betrachtung, 
dali bei Stenops Knorpelgewebe bis in die Spitze der 
s i l'nterzunge reicht und Anlali gab zum Vergleich mit 
„. ... ... .. dem Os entoglossum der Sauropsiden. Dies reicht 

Flg. 14.». Diesel lie v. . . .. . . '. . 

der mhten Zcite ge- ahor hei m^'"- "ach Oppel, niemals so weit, ja 
sehen. Nach (iegenbaur überhaupt nicht in den freien Teil der Zunge. Oppel 
(aus Oppel) leitet denn auch die Muskelzunge der Säuger aus 

der gesamten Zunge niedriger Vertebraten ab. Dabei 
nahm sie entweder das Os entoglossum oder dessen bindegewebiges Äqui- 
valent in sich auf oder sie belieü es in einem als [Jnterzunge bei Pro- 
siiniern auftretenden (iebilde. Als Aequivalent des Os entoglossum wäre 
dann anzumerken die als Lyssa vom Hunde längst bekannte wurmförmige 
Bildung, aus deren kompliziertem Bau nach Nusbaum und Markowski her- 
vorzuheben ist. dali ihr wesentlichster Bestandteil ein bindegewebiger Strang 
ist, der als Faden unter der Schleimhaut in der Spitze der Zunge anhebt, 
diese durchziehend bis zum Hyoid reicht und Fett. Knorpelgewebe und 
<piergestreifte Muskelfasern enthält. Bei anderen (Katze, Maulwurf II. 8. W.) 
hat die Lyssa Zusammenhang mit dein bindegewebigen Septum linguae, 
das, in der Medianebene gelegen, zahlreichen Muskelbündeln zur Anheftung 
dient. Der unter der Schleimhaut liegende „Rückenknorpel" des Pferdes 
soll aber mit der Lyssa nicht homolog sein. Sie entlehnt übrigens ihren 
Namen Lyssa (Tollwurm) der Hundswut, Rabies, mit der sie früher in 
genetische Verbindung gebracht wurde. 




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Zunge. 195 

Von der l'nterzungc ist zu unterscheiden die ..Sehwirrzunge" [Kolenati] 
mancher Fledermäuse. Sie ist nur eine stark entwickelte, unter der Zunge 
gelegene Schleimhautfalte (Pliea subungualis), die nach Leche auch hei 
Hapalidae und Platyrrhina bedeutende (Irölie erreichen kann. 

Al»gesehen von den Cetaceen. deren 
Zunge sowohl vorn als hinten kürzer 
ist als der Hoden der Mundhöhle, diese 
somit nicht ausfüllt und nicht vorslreck- 
bar ist. ist letztere Fähigkeit, wie aus- 
gedehnte Hewegtingsniöglichkeit über- 
haupt, ein Merkmal der Säugetierzunge. 
Sie wird erzielt durch eine ausgebildete 
Muskulatur. Unter diesen sind Fasern, 
die in der Zunge Ursprung und Ende 
finden (Hinnenmuskeln) und nach ihrem 
Verlauf als Muse, longitudinalis linguae 
superior und inferior und Muse, trans- 
versns linguae unterschieden werden. 
Dieselben entstammen aber ursprüng- 
lich von außen an und in die Zunge 
tretenden Muskeln (Augenmuskeln i die 
dein Kienienskelet angehörten und jetzt 

Fig. I4*>. Unterseite clor Zunge von Melursiis 
tin-inus % n. Gr. Nach Carus und Otto lau* 
Op|»el). oh Vordereiide der Zunge; W seitlicher 
Aii--c hnitt für den J. Backzahn; et Mundhaut; 
dJ Museuli genioglossi, auseinandergelegt; te ge- 
öffneter hinuegewebiger Kanal für: f g A> Zungen* 
lehncod. Lyssa; f deren vorderer fast knorpeliger 
Teil geht hei h bis i in diu« fadenartige, sehnige 
Ende ül»er. 




Fig. 147. (juersehnitt durch die Zunge und t'nler/nnge von Smiuihopsis crassi- 
caudata; nach Oppel. .V Sepiuin linguae; Mt .Musculus t raus versus; .l/A Mu>c longitu- 

dinal issuperior; Papilla fungifonnis; /'.<•. Papillae cor itae; U l'nterzunge; 

/'deren «;itliche Flügel und .Vi- medianer Kiel; h Horn«chichl derselben. 




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19(5 



VII. Darmkanal. 



teils vom Kinn (Muse, genio-glossus), teils vom Hyoid (M. hyo-glossus), 
teils von dessen Stylohyalc (M. stylo-glossus) in die Zunge eintreten. Be- 
sonders auffällige Differenzierungen der Muskulatur, wie z. B. bei Manis 
werden im systematischen Teil erwähnt. Es handelt sich dabei um be- 
sondere Verrichtungen und dementsprechend abweichende Form der Zunge, 
die — um nur eins zu nennen — weit vorstreckbar und band- oder wurm- 
förmig werden kann, zur Aufnahme von Insekten oder Bewältigung von 
Früchten oder Honig (Myrmecophaga, Manis: macroglosse Chiroptera: 
Tarsipesj. 

Die Schleimhaut der Zunge (Mucosa), die an der Ventralfläche 
glatt ist und vermittelst des Zungenhändchens, Freu ul um linguae. auf 
den Boden der Mundhöhle sich begiebt, hat allgemein auf dem Rücken, 
teilweise auch an den Rändern der Zunge einen papillären Bau und ist 
hier dementsprechend mehr oder weniger rauh. Bindegewebspapillen, die 
den Cutispapillen der Lederhaut entsprechen, bilden die Grundlage der 
Zungenpapillen. Von diesen lernten wir bereits früher (p. 13ö) die 
Papillae vallatae. foliatae und fungiformes als Papillae gustatoriae kennen, 
da sie Endorgane des Geschmackssinnes tragen. Die Papillae filiformes, 
teilweise auch die fungiformes, sind dagegen mechanische Papillen, denen sich 
funktionell die Hornplatte (zweigipfliger Hornzahn) auf dem hinteren 
Zungenrücken von Ornithorynchus anschließt [Oppel], an deren Aufbau 
besondere Papillen sich nicht beteiligen. 

Durch Prominenz der Bindegewebspapillen. namentlich aber durch 
Wucherung ihrer Epitheldecke, erheben sich die fadenförmigen Papillen 
über ihre Umgebung. Das Epithel kann verhornen zu starren, rückwärts 
gebogenen Gebilden bei Feliden, bei makroglossen Chiroptera, zu den 
Hornzähnen von Echidna etc. Sekundäre Papillenbüdung führt zu den 
kränz- oder büschelförmigen Papillen der Marsupialia, Dasypodidae etc. 

Bezüglich der Zungendrüsen (Glandulae linguales) ist hervorzuheben, 
daß sie acinös und ihrem Sekrete nach Schleim- oder Eiweißdrüsen (seröse) 
sind. Letztere, auch als Ebncrsche Drüsen bekannt, fehlen nie. wo Ge- 
schmacksknospen auftreten: auch sind sie durchaus an deren nähere oder 
weitere Umgebung gebunden: somit im allgemeinen an die hintere Partie 
der Zunge, wo Papillae foliatae und vallatae liegen. Die Schleimdrüsen 
bevorzugen nach Oppel die Zungenwurzel und die Unterflächc des Zungen- 
randes. Nur vom Menschen, Orang-Utan und Schaf ist die Blandinsche 
(Nuhnsche) Drüse aus der Zungenspitze als gemischte Drüse bekannt. 

Als unmittelbate Fortsetzung des harten Gaumens erscheint der 
weiche Gaumen, Palatum molle. auch Gaumensegel iVelum palatinuin) 
genannt. In der Verlängerung des harten Gaumens liegend, bildet er 
eine mehr oder weniger horizontale Duplikatur der Schleimhaut der Mund- 
und Nasenhöhle. Dementsprechend ist die Schleimhaut verschieden auf 
der dorsalen, den Nasenhöhlen sich anschließenden und auf der ventralen, 
der Mundhöhle zugekehrten Seite. Einzig auf letzterer sollte man Platten- 
epithel erwarten, es dringt aber auch auf die dorsale Fläche vor und ver- 
drängt hier das Flininierepithel, insoweit sich der Druck der Epiglottis 
fühlbar macht. Dem vonleren Abschnitt des weichen Gaumens sind in seine 
übrigens straffe, fibröse Textur acinöse Drüsen eingelagert, die teils Schleim-, 
teils seröse, teils aus beiden Arten gemengte Drüsen sind. Er erscheint 
damit als ein fibrös-drüsiger Abschnitt, dem Muskeln abgehen, gegenüber 
dem muskulösen und dadurch beweglichen hinteren Abschnitt. 



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Weicher Gaumen, Tonsillen. 



107 



Der Hinterrand dieser beweglichen Platte ist konkav und tritt jederscits 
vermittelst des Gaumen rachenbogens Arcus palato-pharyngeus, mit der 
Hinterwand des Rachens in Verbindung. Meist gesellt sich zu diesen „hinteren 
Gaumenbogen" eine seitliche faltige Verbindung mit der Zungenwurzel, 
welcbe den vorderen Gauinenbogen. Arcus glosso-pharyngeus. des 
Menschen und der Anthropomorphen vertritt. Ihr fehlen aber die vom Menschen 
bekannten Musculi glosso-palatini, auch die Uvula d. h. die mediane Ver- 
längerung des Hinterrandes des Velum. Als ..Zäpfchen" tritt sie beim Menschen, 
verschiedenen Primates und ganz vereinzelt bei anderen Säugern in verschie- 
denem (irade der Ausbildung auf. 

Zwischen diesen beiden Bogenpaaren. die beim Menschen und den Anthro- 
pomorphen eine Art Kreuzgewölbe darstellen, ist die Tonsille (Tonsilla pala- 
tina i eingelagert, jedoch so. daß ihre Beziehung zum Arcus palato-pharyngeus 
eine innige ist. In erhöhtem Maße ist dies bei den übrigen Säugern der Fall, wo 
der Tonsille (Mandel) entsprechende ..Balgdrüsen", die gleichfalls vom lym- 
phoiden Gewebe der Schleimhaut ausgehen, in umschriebener Form, im weichen 
Gaumen liegen und durch kleinere oder größere Oeffnungen ausmünden. 
Namentlich nach Asverusicfr. auch Oppel) sind es entweder einfache Tonsillen, 

Fig. 148. Fig. 149. Fig. 150. Fig. IM. 



Tonrille mit zweigeteilter zentraler Höhle, umgeben 
von traubenförmigen Dränen, Hie sich auch zwischen 
den ltalgclrÜM>n finden, n. Gr. Nach Anverus (aus Oppel). 

die aus einer einfachen, kontinuierlichen Platte von Lvmphknötchen bestehen 
und über das Niveau der Schleimhaut vorragen, oder die Tonsillen sind zu- 
sammengesetzt aus mehreren solcher Platten, die dann wieder einfach oder 
mehrfach eingestülpt sinil (Fig. 14* lf>l). 

Hiervon unterscheidet sich die „Pharynxtonsille" schon dadurch, daß 
deren adenoides Gewebe im Nasopharvngealraum der Schleimhaut eingelagert 
ist. dort wo diese der Sphenohasilar-Gegend des Schädels anliegt, l'ebrigens 
entsprechen alle diese Gebilde, ebenso wie die Balgdrüsen der Zunge, der 
Neigung der Mundschleimhaut. Lymphegewebe zu lokaler EntWickelung zu 
bringen, mit der Besonderheit, daß es dem Epithel anliegt und Auswande- 
rung von Lyinphezellen gestattet. 

Wir sind hiermit von der Mundhöhle ausgehend in ein Gebiet gelangt, 
«las weitere Komplikation erfährt, da auch die Nasenhöhlen an ihm sich 
beteiligen. Es erheischt genaue Darstellung, da es sich um Einrichtungen 





198 VII. DaniikuiMl. 

handelt, welche den Säugern durchaus eigen sind, innige Beziehung nahen 
zu der Lage des Kehlkopfes, zu der Art der Respiration, zu der Stimm- 
bildung, zum Schlingakt. 

Der Mensch hat sich gerade in dieser Körperregion nicht unerheb- 
lich entfernt von den übrigen Säugern, wohl in Verbindung mit der Aus- 
bildung der Sprache. Korrelativ damit hatte Größenzunahme der Groß- 
hirnhemisphären statt, was zugleich mit dem aufgerichteten Gange die 
fraglichen Teile beeinflußte. Das Interesse, das Heilkunde und Physiologie 
an diesen Teilen nehmen, zeitigte daher eine Nomenklatur, die nur teilweise 
auf die Säugetiere anwendbar ist. 

Hei Amphibien und Sauropsida erscheint die Speiseröhre als direkte 
Fortsetzung der Mundhöhle. Am Hoden der letzteren öffnet sich der 




pterygoideus alisphenoidei; 6 Basmphenoid ; 7 Praesphonoid ; 8 Irmina cribrwa; 9 
Ethinoturbirialia: 9' Nasoturbinale; <i Choanenebcne; * Pharyngeale Oeffnung der Tuba 
Eustachi; Nach Bönninghaus, n. Gr. 

Luftweg durch den Kehlkopfeingang. Hei Säugern tritt dagegen ein hinter der 
Mundhöhle gelegener Raum: der Pharynx (Rachen. Schlundkopf) auf, in 
welchem Kreuzung des Luft- und Speiseweges statthat und gleichzeitige 
Kommunikation mit den Nasenhöhlen. Letztere enden am knöchernen 
Schädel hinterwärts mit den Choanen oder den hinteren (inneren) Nasenlöchern, 
die wir mit Hönninghaus durch eine Choanenebene vom Hinterland des 
harten Gaumens zur Grenze zwischen Ethmoid und Praesphenoid abgrenzen 
(Fig. lfvia). Entsprechend der Ausdehnung des harten Gaumens, ist die Lage 
dieser Ebene eine verschiedene. Was hinter ihr liegt, gehört dem Pharynx an. 
Beachten wir nun. daß der harte Gaumen gleichzeitig Dach der Mund- 
höhle und Hoden der Nasenhöhlen ist : beachten wir ferner, daß der weiche 



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Pharynx. 



109 



Gaumen ihn horizontal fortsetzt, so folgt, daß eben dieser weiche Gaumen 
als Diaphragma den Pharynx in einen oberen Nasenrachenraum und in einen 
unteren Mundrachenrauni scheidet. Heide kommunizieren durch eine nach 
hinten, teilweise auch in verschiedenem Gradenach unten sehende Oeffnung: 
den Isthmus naso-phary ngeus, der durch den Hinterrand des Gaumen- 
segels, durch dessen Rachengaumenbogen und durch die Hinterwand des 
Pharynx gebildet wird. Letztere erhebt >ich dabei häutig zu einer ver- 
schieden hohen Falte oder zu einem Wulst (als Wulst von Passavant vom 
Pferde bekannt), dem aber nur bei Cetaceen Muskeln eingelagert sind. 
Als Fortsetzung der Arcus palato-pharyngei bildet er mit diesen einen 
Annulus pharyngo-palatinus [Rflckert], der die rundliche Oeffnung des 
Isthmus naso-pharyngeus umgibt. Er hat diese Form auch, wo solche 
Falte oder solcher Wulst fehlt: die ovale Form beim Menschen hebt nämlich 
erst bei den Primates an. 

Die eben beschriebene Anordnung des freien Randes des Velum. seiner 
Rachenbogen und der dorsalen Pharynxwand. deren faltige Erhebung auch als 
dorsale Vereinigung der Rogen aufgefaßt werden kann, macht daß der 
Nasenrachenraum als Tasche: Rursa naso-phary ngea [Gegenbaur] er- 
scheinen kann, die gegen den Kehlkopfeingang sich öffnet. Wir lernten 
diese Oeffnung als rund oder oval kennen. Sie kann aber bei Marsupialia 
auch schlitzförmig sein [Gegenbaur]. 



4 




Fig. 1T>3. Medianwhnitt durch den Kopf einen Schweines mit Zugrundelegung 
Huer Fig. von Lothe*. <i weicher (inuinen: H Hur*a pharyngeal r Kpiglotti»; g Ge- 
hirn; A" knorpelige Na*en*cheidewand ; /. Larynx; « Cavum na«o-pharyngeum ; Oe 
Oesophagus; / Isthmu* na*o-phary ngeus. 

Setzt sich die naso-pharyngeale Tasche hinter dieser Oeffnung noch 
weiter fort, um gegen die Schädelbasis blind zu enden, so erhalten wir 
die Rursa pharyngea, die vom Schweine längst bekannt ist; in An- 
deutung auch beim Reh und Rärcn, außerordentlich entwickelt aber bei 
Rhinolophus | Grosser | auftritt. Diese Rursa pharyngea. die ein Divertikel 
des Cavum naso-pharyngeum ist und nach dem Occipitale zu sich aus- 
dehnt, hat mit der Hypophysis eerebri nichts zu tun und soll auch der 
sog. Rursa pharyngea des Menschen nicht homolog sein [ Killian |. 

Mit diesem pharyngealen Divertikel dürfen wahrscheinlich nicht die 
von Dobson von Epomophorus beschriebenen, jederseits paarigen Säcke ver- 
einigt werden. Sie kommen nur beim Männchen vor, gehen zwar auch 



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200 



VII. Darmkanal. 



vom Pharynx aus und erstrecken sich von hier bis unter die Haut, frag- 
lich erscheint aber, inwieweit sie mit dem naso-pharyngealen Raum kom- 
munizieren. Unter den Begriff der Bursa pharyngea fallen aber vermut- 
lich die von Vrolik bei Bahirussa beschriebenen doppelten Pharynxdivertikel. 

Von weiteren Besonderheiten sei hier nur die bekannte ,.Blase" er- 
wähnt, welche das männliche Kamel zur Brunstzeit unter eigenartigem 
Tone aus dem Maule vortreibt. Nach Savi und Moser ist es eine auf die 
Zunge herabhängende Duplikatur des vorderen Endes des Gaumensegels, 
die äußerst dehnbar, durch Exspiration herausgeblasen werden kann. 

Die Muskulatur des Pharynx besteht in der Regel aus einer 
äußeren Schicht transversal und aus einer inneren, weit weniger geschlossenen 
Schicht longitudinal verlaufender Fasern. Erstere wirken als Konstriktoren 
und entspringen vom Kehlkopf, Zungenbein und Pterygoid und tragen 
dcmentsprechende Namen. Den Pharynx in komplizierter Weise um- 
greifend, heften sie sich teils an eine fibröse Raphe in der Dorsalwand 
<les Pharynx, teils biegen sie nach hinten um. zum Teil um in die Mus- 
kulatur des Oesophagus vorzudringen. 




V*' 1 




Fig. 154. MedianscbniU durch den Kopf eine» Pferde«; mit Benutzung einer 
Fig. von Rüokert. b Schädelbasis; t Epiglottis; g weicher Gaumen; h harter Gaumen; 
np Cavum naso-pharyngeum ; o Oberkiefer; <x Oesophagus; r KinRknorpel de» Larvnx; 
s Septum narium; tb Klappe der Tuba Eustachii; th Schildknorpel; tr Trachea; u 
Unterkiefet ; z Hyoid. Der Pfeil deutet die Kommunikation von Larynx und unterem 
Nawngang an. 

Der longitudinalen Muskulatur gehört der Stylopharyngcus an. der. 
vom Stylohyale entspringend und in der Seitenwand des Pharynx sich ver- 
breitend, als dessen Erweiterer und Heber erscheint. Dem longitudinalen 
System rechnet die Anthropotomie auch den M. palato-pharyngeus zu. Dieser 
ist aber nur eine Differenzierung aus einer anfanglich den Konstriktoren 
angehörigen Muskelschicht, die im harten und weichen Gaumen, in der 
Seitenwand des Cavum pharyngo-nasale und an der Wand der Tuba liegt, 
und zirkulären Faserverlauf von verschiedener Ausdehnung hat. 

Aus diesem Zustand der Monotremen und Marsupialia [v. Kostanecki] 
entwickelt sich der M. pterygo-palatinus, dessen Fasern vom Pterygoid 
zum weichen Gaumen ziehen; ferner der M. levator veli palatini |M. petro- 



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Pharynx, Lage der Epiglottis. 



201 



staphylinus] der höheren Säuger, dessen Fasern zwischen weichem Gaumen 
und Tuba liegen und der gleichzeitig Kompressor der Tuba ist (p. 146;. 

Insoweit sie dem Velum angehört, behält diese Muskulatur Be- 
ziehungen zur Tuba. Noch intimerer Art sind diese Beziehungen beim 
Tensor veli palatini (Muse, spheno-salpingo-staphylinus der Anthropotomiel, 
der nicht nur den weichen Gaumen hebt, sondern auch die Tuba erweitert. Er 
ordnet sich mit dem M. tensor tympani einem anderen System von Muskeln 
unter (s. p. 145). Dem M. palato-pharyngeus gehörte ursprünglich auch wohl 
an der M. medialis veli [v. Kostanecki), der dem M. azygos veli seu uvulae 
der Anthropotomie entspricht, aber bei der Mehrzahl der Säuger — Mono- 
tremen und Marsupialia fehlt er — als paariger Muskel unter der Schleim- 
haut des weichen Gaumens liegt. 

Reichliche Muskulatur ist somit vorhanden, welche Lageveränderung 
des Gaumensegels bewerkstelligt und damit Aenderung der Form des 
Isthmus naso-pharyngeus. 

Regel ist, daß durch dessen Oeffhung die Epiglottis zuweilen auch 
weitere teile des Kehlkopfs (bei Cetaceen und Marsupialia z. B.J in den 
Nasenrachenraum hineinragen. Man kann diese I^agerung der Epiglottis auf 
der Hinterfläche des Velum, diese retrovelare Anordnung also [Bönning- 
hius], insofern intranarial |Howes| nennen, als der Nasenrachenraum eine 
unpaare Fortsetzung ist des respiratorischen Teiles der Nasenhöhlen. 

Extranarial ist die Epiglottis, wenn sie vor (unter) dem Velum 
liegt. Solche prävelare |Bönninghaus| Lage hat die Epiglottis dauernd 
bei den Primaten, mit Ausnahme vom Orang-Utan, da bei ihnen ebenso wie 
beim Menschen das Gaumensegel kurz, der Pharynx aber infolge anderer 
Haltung des Kopfes gegenüber der Wirbelsäule und durch dessen abweichende 
basale Konfiguration, so lang ist, daß ein erheblicherer Abstand Velum 
und Epiglottis trennt. Doch öffnet sich auch hier der Kehlkopfeingang 
der naso-pharyngealen Oeffhung gegenüber. Somit geschieht auch hier 
die ruhige Atmung wie bei allen Säugern durch die Nase; beschleunigte 
Atmung aber durch den Mund, gleichwie bei Carnivora. Bei ihnen 
ebenso wie beim Schwein z. B. kommt die Epiglottis durch Hebung des 
kurzen Velum prävelar zu liegen. 

Dies soll uns bei den Atmungsorganen näher be- 
schäftigen. Es erheischt aber auch hier Erörterung im 
Hinblick auf die Nahrungsaufnahme und auf die Schluck- 
bewegung. Zwei Modi sind da zu unterscheiden. 

Bei intranarialer Lage der Epiglottis wird sicht- 
lich der Speiseweg durch den Luftweg gekreuzt. 
Der sog. Isthmus faucium oder die Rachenenge 
zwischen Gaumensegel und Zungenwurzel, welche 
Zugang gibt zum Oesophagus, der als Anfang des 



Fig. 155. Schematisclu Darstellung der Dorsalansicht von 
Pharynx, Larynx, Trachea und Oesophagus. /,/ Nasenhöhlen 
durch die N'ascnschcidewnnd getrennt; 2 weicher Gaumen; 
3 Arcus palato-pharyngeus: 4 Epiglottis; 5 Sinus pyriformis; 
6 Larynx; 7 Glottis (Kehlkopfemgang); S Oesophagus, zum 
Teil aufgeschnitten und entfernt um die Trachea <y) zu zeigen. 

eigentlichen Darmkanals den Rachen fortsetzt, wird durch die Epiglottis 
in eine rechte und linke Hälfte (Sinus puriformes, Fauces) verteilt. 
Nichts steht der Annahme im Wege, daß Flüssigkeit oder zerkleinerte 




202 



VII. Darmkanal. 



Nahrung durch eine dieser Hälften, also seitlich vom Larynx. in den 
Oesophagus hineinreite. Dies muH selbst geschehen, wenn die intra- 
nariale Lage der Epiglottis eine unveränderliche ist. So bei Cetacecn. 
trotzdem bei Odontoceti selbst sehr große Hissen verschlungen werden. 
Viel leichter wird es geschehen, wenn die Nahrung ihrer Natur nach, oder 
durch vorangegangene Zerkleinerung und Einspeichelung in der Mundhöhle 
breiartig geworden ist; wenn also, wie (iegenbaur es nennt. ..Poltophagie" 
statthat, wie bei herbivoren, frugivoren und insoktivoren Tieren auch 
bei der Mehrzahl der Omnivoren, insoweit sie die Nahrung durch die 
Backenzähne zerkleinern. Werden alter größere Speisebrocken verschlungen, 
hat ..Psomophagie" [(iegenbaur] statt, wie bei den Karnivoren. so 
nimmt die Epiglottis im Augenblick des Schlingaktes prävelare Lage 
ein. Der Hissen gleitet über sie hinweg, wobei sie sich über den 
Kchlkopfeingang (Glottisi legt und denselben schließt. Dies hat auch 
wohl überall da statt, wo - wie bei Mensch und Primates die Epiglottis 




Fig. !.">fi. Fig. 157. 



Flg. 156. FrontaUehnitt durch den Kehlkopf und Cingehung eines ein 
grollen Bcutcljungcn von Halmaturu«. nach (iegenbaur. ar Arytaenoid-Knorpel ; rCavum 
pharvngo- nasale; ef> Epiglottis; er ( 'rieoid ; / Fauees; k Knorpel der Epiglottis; m Muse, 
thyreo-nrytaenoideus; th Thyrroid. 

Fig. I">7. Schematisierter Querschnitt durch die Darmwand. / Serosa; Longi- 
tudinale; j Zirkuläre Muskelfasern; 4 MtMOMJ 5 Brunnersche Driise; 6 Liclx»rkühnsehe 
Drüsen; 7 Darmzotten; X Solitärer Follikel. 

prävelar liegt, ebenso dort, wo sie diese Lage leicht einnimmt, nament- 
lich im Augenblick des Schlingens. Hierbei sistiert also die Atmung, was 
aber bei der Schnelligkeit des Schluckaktes ohne Hedeutung ist. Die häutig 
ventilierte Erage. ob Atmen und Schlucken synchron seien, was Hönning- 
haus übrigens zurückweist, ist daher im allgemeinen keine triftige. Von 
Hedeutung wird sie eigentlich nur beim saugenden Jungen. Da dies bei 
Heuteltieren anfänglich an der Zitze hängt und ihm die Milch eingespritzt 
wird is. Marsupialia). muB hier für beständige freie Passage der Atem- 
luft gesorgt sein. Dem entspricht die tiefe intranariale Lage des Kehl- 
kopfs (Hg. 1 ;">(>). Da allen Säugerembryonen retrovelare Epiglottis zu- 
kommt, liegt hierin vielleicht eine die Atmung während des Säugens 
sichernde Einrichtung. 



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Oesophagus, Magen. 



2m 



An den Pharynx schließt sich der eigentliche Speiseweg an. den man 
seit Hathke und Oegenbaur in Vorder-. Mittel- und Hinterdarm teilt. 
Enteren begrenzt man am besten durch den Pylorus als lebergang des 
Magens in den Mitteidann. der seinerseits im Coecum. in der Yalvula 
ileo-coliea, in anderem Bau. seine Grenze tindet gegenüber dem Enddarm. 

Am Dnrmkanal lassen sich von innen nach außen folgende drei 
Halbschichten unterscheiden : 

1. Mucosa oder Schleimhaut mit verschiedenartiger Epithelbedeckung, 
worunter aber Winiperepithel stets fehlt. Ferner Drüsen, welche 
in die bindegewebige Suhmucosa hineinragen. Zwischen beide 
Lagen kann sich eine glatte Muskelschirht (Muscularis mucosae) 
einschieben. Die Schleimliaut dient im wesentlichen der Ver- 
dauung und Resorption. 
'2. Muscularis im allgemeinen mit inneren zirkulären und äußeren 
longitudinalen Muskelfasern, die durch ihre Kontraktion die peri- 
staltische Bewegung des Darmes veranlassen und die Speiseteile 
resp. Darmkontenta schwänz wärts fortbewegen. 
H. Serosa: eine bindegewebige Umhüllung der Darmrohres, welche 
der Peritonealbekleidung der Körperhöhle angehört und demnach 
gegenüber dieser mit plattem Cölomepithel bekleidet ist. 
Der Vorderdarm beginnt mit der Speiseröhre. Oesophagus, 
welche, den Hals und die Brusthöhle durchziehend, nach Durchtritt durch 
das Diaphragma zum zweiten Abschnitt des Vorderdarms: dem Magen 
sich erweitert. Ihre Lage ist hinter der Trachea, der Wirbelsäule eng an- 
geschlossen. In der Brusthöhle entfernt sie sich aber vielfach von ihr 
und liegt in der Pleura mediastinalis (s. unten . 

Die Muskelwand des Oesophagus bestand ursprünglich aus glatten 
Muskelfasern, wie sie Oppel noch bei Ornithorliynehus nachwies. Schritt- 
weise wird diese vom Pharynx aus durch quergestreifte vertreten, die 
schließlich auch den distalen Abschnitt des Oesophagus einnimmt und sich 
bei Nagern. Karnivoren. Elephas. Ruminantia bis auf den Magen ausdehnen 
kann. Bei letzteren befähigt sie das Tier zu willkürlichen antiperistaltischen 
Bewegungen, wodurch der Inhalt des Pansen wieder in die Mundhöhle 
zum abermaligen Kauen zurückbeordert wird. Sie besteht aus inneren, 
der Hauptsache nach zirkulären, und äußeren hlngsgerichteten Fasern. 
Erstere. sowie die innersten der letzteren, haben Neigung zu spiraliger 



Anordnung, was das schnelle Fort- 
schieben der Speisebrocken befördert. 

Die Mucosa besteht aus geschich- 
tetem Plattenepithel. Kig. i"»s. 
Ihr fehlen nur selten 
acinöse.tubulöseoder 
verzweigt-tubulösc 

Drüsen: häufig 
treten sie im ganzen 

Oesophagus auf. 
meist aber liegen 
sie nur im vorderen 
Teil, woraus Oppel 
mit Recht schlicüt, 
daii sie vom Pharynx 
herstammen. 



Fi». I.V.». 





Kig. I :>8 Schema des Magens von Phoca, die punk- 
tierte Abteilung ist Wer Pepsin tnugon. O Oesophagus; P 
Pylorus; I) Darm. 

Kig. IV). Magen von Spermophilus citillu* nach 
Töpfer (aus Oppel). <> Oesophagus : /Pylorus«; Kundusdrüsen- 
region punktiert ; Pylorusdrüsenregion mit Kreuzen. 



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204 



VII. Darmkanal. 



Die ursprüngliche Form des Magens der Säugetiere wird die einer 
Erweiterung des Oesophagus gewesen sein, deren Längsrichtung in der 
Längsachse des Körpers lag und die sich an ihrem pylorialen Ende in den 
Darm umbog. Damit war eine Aussackung nach links vorgezeichnet, 
somit eine größere Kurvatur, Curvatura major, die nach links, und eine 
kleinere, Curvatura minor, die nach rechts sah. Von der Einmündungs- 
stelle. Cardia, des Oesophagus in den Magen hob dessen linksseitige, kar- 
diale Aussackung an, die am Magen, der Retortenform bewahrt hat. als 
Fundus bekannt ist. Der verengerte Uebergang des Magens in den 
Darm heißt Pförtner, Pylorus, und zeichnet sich meist durch einen dicken 
Muskelring aus. 

Dieser ursprüngliche Magen hatte im Fundus Drüsen, die neben 
den kubischen oder cylindrischen Hauptzellen größere granulierte Itcleg 
( Pepsin )zellen führen und Fundusdrtisen heißen mögen. Ferner in der 
Pylorusgegend Pylorusdrüsen, ausschließlich mit Cylinderzellen. Im 
übrigen hatte die Schleimhaut des Magens ein einschichtiges Cylinderepithel. 

Die Epithelbekleidung, die Drüsenverteilung, endlich die Magenform 
unterliegen mannigfaltiger Komplikation, die zum Teil auf die Art der 
Nahrung sich zurückführen läßt. Eine ausgedehnte Literatur beschäftigt 
sich mit diesem Tatsachenmaterial, das namentlich Oppel vom histologischen 
Standpunkt aus gesichtet hat Hier können nur einige leitende Tatsachen 
erörtert werden, während manche speziellen Verhältnisse im systematischen 
Teil bei den verschiedenen Ordnungen ihren Platz linden. 

Was zunächst die Form anlangt, so bewahrten die Insectivora, 
Carnivora, Perissodactyla, Tubulidcntata, Pholidota. die Mehrzahl der 
Xenarthra, Rodentia, Chiroptera und Primates die ursprüngliche einfache 
Magenform. Unterschiede beruhen nur auf längerem oder kürzerem Ab- 
stand von Cardia und Pylorus; verschiedengradiger Konvexität der großen 
Kurvatur u. dergl. 

Die erste Differenzierung der Form hat links statt, indem der Fun- 
dus zu einem kardialen Blindsack sich ausdehnt, der sich bei der blut- 
saugenden Fledermaus, Desmodus. zu einem darmartigen Gebilde von der 
doppelten Länge des Tieres ausdehnt, beim Schwein durch eine Furche 
vom übrigen Magen getrennt ist. Zwei Blindsäcke hat Hippopotamus und 
Dieotyles. Andersartige Aussackung hat der Fundus bei Bradypodidae, bei Sem- 
nopitliecus, dem verwandten Nasalis und Colobus; drei Divertikel bei Tar- 
sipes u. s. w. Bei Manatus besitzt er einen selbständigen Blindsack: 
außerdem ist hier der Cardiamagen vom Pylorusmagen tief getrennt. 
Auch bei Murinae unter den Nagern ist solche Trennung von außen 
sichtbar. Bei echten Ruminantia treten die drei bekannten kardialen Ab- 
teilungen auf: der Pansen (Ruinen) und Netzmagen (Rcticuluni), die zu- 
sammen den Vordermagen [Boas, s. bei Ruminantia} bilden. Der Blätter- 
magen, Omasus oder Psalterium = Mittclmagcn |Boas| stellt die dritte 
Abteilung dar. an die sich der Labmagen. Abomasus = Hintenuagen. an- 
schließt. Zum Wiederkauen ist dieses System von vier Abteilungen erst 
befähigt durch ein Paar Schleimhautfaltcn. die geöffnet das Futter in den 
Pansen fallen lassen: geschlossen aber die Schlundrinne formen, die das 
abermals gekaute Futter aus dem Oesophagus dem Labmagen zuleitet. 

Solche Einrichtung fehlt sonst allerwärts. auch dem Magen der Ceta- 
ceen, dessen kardialer Teil gleichfalls Komplikation erfuhr durch Zerlegung 
in verschiedene Abteilungen is. bei Cetacea). 



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Mayen- und Darmdriiwn. 



206 



ht.z 



b. l.z - 



Ganz anders wird die Sachlage bei mikroskopischer Untersuchung. 
Es lassen sich dann am Magen, wie seine Form auch sein möge, dem 
Epithel nach zwei Regionen unterscheiden: 

1. Die mit einschichtigem, cylindrischem Magenepithel versehene 
Region. Sie zerlegt sich in drei Zonen, je nach der Drüsenart, 
die man mit Ellenberger und Oppel bezeichnen kann als: 
a) Cardiadrüsenzone, deren Drüsen mit cylindrischem Epithel 
mehr den Eiweißdrüsen angehören, ziemlich allgemein vor- 
kommen, meist aber in beschränkter Ausdehnung, 
b; Fundusdrüsenzone. Sie hat die obengenannten Pepsin- 
drüsen mit Haupt- und Belegzellen und die größte Ausdehnung 
im Fundus oder kardialen Teil des Magens, 
c) Pylorusdr üsenzone. Drüsen ohne Haupt- und Belegzellen, 
die mehr den Schleimdrüsen angehören. 
Diese Drüsen nehmen meist, wie ihr 
Name besagt, die betreffende Magenpartic 
und damit zusammen den ganzen Magen 
in Beschlag. Sie können sich aber auch 
örtlich anhäufen nur auf einen Teil des 
Magens, der dann als Drüsenmagen er- 
scheint, oder gar aus der eigentlichen 
Magenhöhle verdrängt werden in eine 
mit Magenepithel ausgekleidete Seiten- 
tasche zum Schlitze gegen Insulte durch 
die Ingesta. Solche ..große Magendrüse", 
die stets Pepsindrüsen enthält, liegt bei 
Manis javanica an der großen Kurvatur, 
bei ( astor und Phascolarctus an der 
kleinen. 

Es handelt sich hierbei, ebenso wie 
bei der Sonderung eines Drüsenmagens, 
um Ausbildung einer zweiten Region: 

'2. Die mit geschichtetem PHaster- 
epithel bekleidete ösophageale 
oder Schlundregion, die drü- 
senlos ist und verhornen kann. 

Ob die Uebercinstimmung dieses 
Epithels mit «lein Oesophagusepithel auf 
Einwanderung dieses oder auf Umän- 
derung des gewöhnlichen Magenepithels 
beruht, ist eine offene Frage. 

Ohne von außen sichtbare (Irenze kann dieses Pflasterepithel den 
kardialen Teil des Magens bekleiden: so beim Pferd, bei Känguruhs. 
Dagegen unterscheidet sich derselbe auch äußerlich vom Drüsenmagen bei 
Schweinen, Hippopotamus und den anderen oben genannten Tieren mit ein- 
facher oder komplizierter kardialer Aussackung, so daß z. B. bei den 
echten Wiederkäuern die Drüsen auf den Libmagen beschränkt sind. 

Im allgemeinen läßt sich sagen, daß solche mit PHasterepithel be- 
kleidete kardiale Abteilungen Räume sind, in denen «las Futter zunächst ge- 
staut wird; daneben aber wird es durch Flüssigkeiten und hohe Temperatur 
maceriert, eventuell auch unter dem Einfluß des beigemengten Sekretes 




bei* 



Fig. HK> Stück einer mit Silber 
imprägnierton LahdrÜM- nach Zimmer- 
mann (aus K. C. Schneider). ht.t 
Hauptzellen; tVAi Belegzellen. 



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2u<; 



VII. Diirmkftnnl. 



der Speicheldrüsen bereits chemisch verändert. Diese Einrichtung fällt daher 
wohl nieist mit cellulosereicher Nahrung zusammen. Sie kann daneben auch 
die Bedeutung eines Kropfes haben, in der große Futtermassen (Wieder- 
käuer) oder grolic Futterstücke, wie bei Zahnwalen, untergebracht werden. 
In letzterem Falle steht sie in Zusammenhang mit «lern ungenügenden 
Gebiß. Bei Manis endlich, wo dieses fehlt, wird der Magen ein Tritura- 
tionsorgan, in welchem unter Beihilfe von Sand die verschluckten Insekten 
zerrieben werden. Der Magen erhielt zu dem Zwecke in toto eine Hornbeklei- 
dung, die sich zu Zähnchen erheben kann, während die Drüsen sich in Neben- 
räume flüchteten. Aehnlich ist nach Oppel der Magen der Monotrcmen umge- 
formt, indem er nur Ptlasterepithcl enthält ohne jede Drüse, in der .luvend 
aber Cvlinderepithel hatte. Dieses unter Säugern, ja unter Vertcbrata, 
einzige Verhalten ist deutlich sekundärer Art. und das gilt auch für alle 
die verschiedenartigen Komplikationen des Säugetiermagens, die sich kaum 
rubrizieren lassen. Jedenfalls nicht mit Inachtnehmung der blutsverwandt- 
schaftlichen Zusammengehörigkeit der Tiere selbst. Die Modifikationen 
traten vielfach erst innerhalb der verschiedenen Tierstämme auf, zuweilen 
innerhalb einer Familie, z. B. der kardiale Magen der Murinen. Anderer- 
seits konnte Aehnliches erreicht werden bei weit auseinanderliegenden Ab- 
teilungen, so die „große Drüse" an der kleinen Kurvatur von Phaseo- 
larctus und Castor. Wenn man hierbei auf gleiche physiologische An- 
forderungen hinweisen kann, da es sich um nagende Tiere handelt, die 
holzreiches Futter dem Magen einverleiben, so hatte bei anderen Nagern 
die gleiche Gepflogenheit nicht den gleichen Effekt. In zahlreichen 
anderen Fällen läßt uns die physiologische Betrachtung gleicherweise 
im Stich. 

Auf den Magen folgt der Darm im engeren Sinne, von sehr ver- 
schiedener Länge. Das auf seine Länge bezügliche Diktuin. daß er bei 
herbivorer Nahrung, die nicht nur an die mechanische und chemische Ein- 
wirkung, sondern auch an die Resorption höhere Anforderungen stellt, 
länger, bei carnivorer Diät kürzer sei. ist eine Regel mit sehr vielen Aus- 
nahmen. Sic erfährt Abweichungen durch den Bau des Magens, durch 
den Umfang des Coecums, durch die Weite des Darmkanals, so daß nicht 
immer die 'Dann länge ein Bild gibt von der Darnioberffäehe. So verhält 
sich die Länge des Darms zu der des Körpers beim Rind wie 20: 1. beim 
Pferd wie 12:1, letzteres hat aber einen auffallend weiten Dickdarm und 
ein enormes Coecum. Bei der earnivoren Phoea ist das Verhältnis wie 
12: 1, bei einzelnen insektivoren Chiroptera nur wie 2: 1. Letzteres ist das 
für den Darm ungünstigste Verhalten: während Pontoporia mit .52:1. dies- 
bezüglich am günstigsten sich verhält, falls die Angabe Burmeisters für 
diesen Cetaceen richtig ist. Im übrigen variiert bei diesen earnivoren 
Tieren das Verhältnis /wischen 15:1 und 4:1, ohne daß es etwa mit 
Fressen von Fischen oder Cephalopoden, sog. Ichthyo- oder Teuthophagie in 
Verbindung zu bringen wäre. 

Ganz im allgemeinen läßt sich aber sagen, daß die Carnivoren einen 
kürzeren, die Ilerbivoren einen längeren Dann haben. 

Der Dann ist mit einschichtigem, mehr oder weniger cylindr^chem 
Epithel bekleidet. Ein Teil dieser Zellen, bei einer Tierart mehr als bei 
der andern, kann unter geeigneten Umständan eine Schleimsubstanz auf- 
speichern, wodurch die Zelle zu einer „Becherzel le" aufgetrieben wird 



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Millen iiikI Darm. 



1*07 



und den Charakter einer einzelligen Drüse erhält, da sie dieses Sekret- 
gebildc weiterhin in das Darniluincn absondert. 

Meist bildet die Schleimhaut des Mitteidanns feinere oder gröbere, 
seltener verästelte Zotten (Villi), deren Dicke zum Teil davon abhängt, ob 
hauptsächlich nur das Epithel die Zotte bildet, oder ob umfangreichere 
Teile seiner Unterlage darin einbezogen sind. Sie können glatte Muskel- 
fasern enthalten. 

Daneben treten vielfach nicht verstreichbare Kalten auf. Am be- 
kanntesten sind «lie zirkulären Valvulae conniventes Kerkringii. Auch 
Längsfalten kommen vor. besonders bei Cctaceen, im Dickdarm von Chiroptera 
u. s. w. Auch dem Coeeum fehlen sie nicht: bei duplicidentaten Nagern 
kann dies gar eine Spezialfalte enthalten. Alle diese Einrichtungen ver- 
größern die resorbierende Oberfläche. 

Die Liebcrknhnschen Drfiscn galten als Krypta oder zuweilen 
verzweigte Schläuche des Oberflächenepithels, das mit seinen Zylinder- und 
Hecherzellen sich einfach in dieselben einstülpen sollte. Seitdem aber am 
Drüsengrunde gekörnte Zellen nachgewiesen sind, nehmen wir mit Oppel an. 
daß es Drüsen sind, die an der Bildung des Darmsaftes sich beteiligen. Einzig 
unter Säugern münden sie bei Ornithorhynchus nicht vereinzelt, sondern 
nach Oppel je in größerer Zahl in Räumen aus. die sich durch kurze Kanäle 
„Mündungsringe" in das Darmlumen öffnen. Die Lieberkühnschen Drüsen 
treten namentlich im Mitteldarm in großer Zahl auf und dürfen vielleicht 
auch als Bildungsherde für die Regeneration des Dannepithels gelten. 
Auf den Enddarm sind die Brunnerschen Drüsen beschränkt: ver- 
ästelt-tubulöse bis acino-tubulöse Drüsen, die unmittelbar an den Pylorus 
und dessen Pylorusdrüsen anschließen, bei Monotremen und Marsupialia 
einen Wulst hinter dem Sphinctermuskel des Pylorus darstellen und in 
vielen Fällen nur zwischen diesem und der Einmünduugsstelle des (iall- 
ganges auftreten | Oppel |. Allerdings reichen sie anderwärts weiter, so 
beim Pferd 8 M. jenseits des Pylorus |Ellenberger|. Durch ihre Länge 
durchbrechen sie die Muscularis mucosae, gleichen im übrigen aber den 
Pylorusdrüsen und scheiden wie diese Pepsin ab. 

Anhäufungen von Lymphzellen bilden die Lymphefollikel oder 
Xoduli, die sich zu umfangreicheren sog. ..Peycrschen Drüsen" gruppieren 
können. Meist auf den Mitteidarm beschränkt, können sie sich bei einzelnen 
Insektivoren. Nagern und Marsupialia. ferner bei Manis (Dobsonj auf den 
Enddarm ausdehnen und namentlich auch im Coeeum auftreten. 

Der im vorstehenden mikroskopisch charakterisierte Mittcldarm 
zeichnet sich gegenüber dem Enddarm durch geringere Weite, meist auch 
durch bedeutendere Länge aus. Er muß sich dabei in Windungen legen. 
Dies gilt zunächst für den Anfangsteil, der bei verschiedenen Säugern eine 
Schlinge, die Duodenalschlinge, Flexura duodeno-jejunalis. bildet. Sie 
stellt mehr oder weniger deutlich einen vom Pylorus aus absteigenden, 
darauf einen transversalen, endlich einen aufsteigenden Schenkel dar. der in 
den Mitteldarm sich fortsetzt. Diese Duodenalschlinge umfaßt die Wurzel 
des Mesenterium (Fig. 102, UM) und unterscheidet damit das „Duodenum" 
äußerlich vom darauf folgenden Mitteldarm. Letzterer wird in der mensch- 
lichen Anatomie in Duodenum, Jejunum und Ileuni unterschieden. Wegen 
Mangels an Grenzen läßt sich dies aber bei den Säugern im allgemeinen 
nicht tun und möge hier der ganze Mitteldarm Intestinum tenue oder 
Ueum genannt werden. 



r 

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208 



VIT. Darmkanal. 




Fig. 161. Tarsiuu spec- 
tmm. D Duodenum; fd 
Flexura duodeno-jejunaliA; 
J J Dünndarm; fc Flexura 
Coli ; C Coecum ; C R Colou 
deseendcus und Rectum. 
Nach van Logbem. 



Die Art seiner Befestigung soll im Zusammenhang mit dem End- 
<larm besprochen werden. Von diesem letzten Darmabschnitt, Intestinum 
crassum oder Dickdarm läßt sich sagen, dali er anfanglich jedenfalls ein 

nur kurzes Rohr darstellte, das geradlinig zur 
Kloake bezgl. zum Anus zog und den Kot nach 
außen beförderte. Es waltet aber die Tendenz ob, 
den Enddai in zu verlängern. Dies ist weniger aus- 
gesprochen bei primitiven, teilweise kreodonten 
Tieren, wie Monotremen, manchen Insectivora, 
Carnivora, Chiroptera. Xenarthra, einzelnen Reutel- 
tieren und Tarsius unter den Prosimiae. Ander- 
wärts wurde er dagegen lang; damit schied sich ein 
im Kecken gelegenes, mehr oder weniger geradlinig 
verlaufendes Stück: das Rectum, von einem in 
Windungen sich legenden Colon. Hierbei zeigen 
sich Verschiedenheiten in der Tendenz des Längen- 
wachstums. In häutiger wiederkehrender Form 
wird diese so erzielt, daß von dem rechtsseitig, 
der Reckenhöhle benachbart gelegenem Anfang 
aus das Colon kopfwärts emporsteigt als Colon 
ascendens, um sich darauf mit der Flexura coli, 
als Colon descendens schwanzwärts umbiegend 
in das Rectum überzugehen (Fig. 101). Meist 
aber geschieht der Ucbergang gestreckt, so daß das Colon ascendens durch 
die Flexura coli dextra in das Colon transversum und dieses durch die 
Flexura coli sinistra in das Colon descendens übergeht (Fig. lfr>). Diesem 
Schema, seit langem vom Menschen bekannt, begegnen wir bei der Mehrzahl 
der Carnivora, der Nager, den Rartenwalen. fast allen Prosimiae und den Affen. 

Weiteres Längenwachstum kann dann von der Flexura coli dextra 
ausgehen, indem von ihrer Höhe aus das Colon eine schwanzwärts ge- 
richtete Schlinge bildet. Man könnte auch sagen, dali das Colon transversum 
sich in eine Colonschlinge lege, wie bei zahlreichen Prosimiae und Nagern. 
Häufig bildet es bei Nagern selbst mehrere parallele Schlingen neben- 
einander (Fig. D>:i). Auch kann es geschehen, dali die Colonschlinge l>ei 
fortgesetzter Längenzunahme durch spiraligc Aufrollung Platz in der Bauch- 
höhle suchen nmli (Propithecus). Aehnlichem Colon labvrinth begegnen 
wir bei Ruminantia (Fig. 1(>4). Hier handelt es sich aber um Schlingen- 
bildung eigentlich des aufsteigenden Teiles des Colon etwa in der Art, 
wie bei Dipodinae unter den Nagern, wo dieser Darmteil gleich ober- 
halb des Coecum eine uhrfederartig aufgerollte Schlinge bildet, die Tull- 
berg Ansa paracoecalis nennt (Fig. 1(1.'}}. 

Durch diese Einrichtungen kann es geschehen, dab umgekehrt der 
Enddarm den Mitteldarm erheblich an (Iröße übertrifft. Daneben kann 
ersterer bedeutende Weite erlangen und seine Oberfläche außerdem ver- 
gröbern durch Ausbuchtungen (Haustra). deren Form dadurch erhalten 
wird, daß die Längsmuskulatur sich auf mehrere schmale Ränder (Taeniac 
Valsalvae) beschränkt, zwischen denen die Haustra blasig hervortreten. 
Haustra und Tänien fehlen aber z. R. den Carnivora durchaus. Weitere 
Oberflächenvcrgrößerung wird durch den Blinddarm. Coecum, erzielt, der 
am Uebergang des Mitteldarms in den Enddarm aus letzterem sich aus- 
stülpt. Im strukturell einfachsten Falle dokumentiert er sich auch dadurch 



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Colon, Coecum. 



209 



Fig. 162. Lago der 
Darmteile bei einem Fötus 
von Bulaenoptera Sibhaldii von 
2.27 Meter Länge, l>ei Rücken- 
lage des Fötus. Vom Dünn- 
darm ist nur der Anfangsteil 
des Jejunum / und der End* 
teil des Ileum ; bewahrt, da* 
übrige weggeschnitten. Das 
Mesenterium commune jejuni 
et ilei .1/ m ist durchscheinend 
gedacht. Dasselbe bedeckt den 
horizontalen [h\ und den auf- 
steigenden Schenkel («) der 
Flexura diiodeno-jcjunalis, so- 
wie einen Teil des Colon de- 
scendens <('</), der dement- 
sprechend punktierten Kontur 
hat. d Duodenum; / Pancreas; 
ni Wurzel des Mesenterium ; 
Ca Colon ascendens: oi>crhalb 
/ das Coecum. 



Fig. 163. 




r 

Fig. 163. Lemmus, nach 
Tullberg. c Coecum; ca Colon 
u~cendens; «/Colon descendens; 
ti Duodenum;« Ileum:/»- Para- 
cökalschlinge; 1 u. 2 Schlingen 
des Colon transversum. Das 
Mi -enterium ist gestrichelt dar- 
gestellt. 



Fig. 164, Halbschenia- 
ti-che Darstellung der Lage 
de» Darmkanals von Ccrvus 
canadensis neonatal. Die l'fcile 
deuten den Verlauf des Dartn- 
kanals in der Richtung vom 
Magen zum Anus an; </ Duo- 
denum; / Anfang des Dünn- 
darm» . der weiterhin abge- 
schnitten ist, vom Mesenterium 




Fig. 161. 




commune m bis zu seiner Einmündung in das Coecum (c). Im Mesenterium liegt das 
Colon <</), das mit dem Coecum <<•) beginnt. Das rfleklaufendc Stück des Colon, sowie 
da« Colon aseendens ist gestrichelt. letzteres beugt hinter (dorsalwärts von) dem 
Jejunum (J) um, um alsdann hinter (dorsalwärts von) der Wurzel des Mesenterium 
commune herabzulaufen zum Becken. 



\V>»,or, Sanktion». 



14 



210 



VII. Darmkanal. 



als Austülpung, daß er den einfachen Charakter des Dickdarms (Colon) 
sich wahrt. Sein Ende kann eine Verengerung erfahren und als Processus 
vermicularis (Appendix vermiformis) erscheinen; wohl meist als Folge von 
frühem Nachlassen des Wachstums, vergesellschaftet mit Einlagerung von 
Lymphegewehe. Dieser lymphoide Charakter kann aher auch dem ganzen 
Coccum eigen sein, falls dieses klein ist und keine Darmcontenta aufnimmt. 
Er braucht daher nicht Zeugnis einer Reduktion, auch nicht einer funk- 
tionellen zu sein, da die Funktion des Coecum ebensowenig wie die seiner 
einzelnen Teile (bei Lepus z. B.). eine gleichartige, zu sein braucht. 

Das Coecum ist überhaupt ein sehr variables Organ. Zunächst kann 
es fehlen, während andere Repräsentanten derselben Ordnung es haben, 
dann aber häutig in sehr verschiedener Form und Größe. 

So ist es bei Monotrcmen klein; unter Marsupialia fehlt es nur den 
Dasyuridae und Tarsipes, ist bald klein, bald übertrifft es, wie bei Phasco- 
larctus dreimal die Körperlänge. 

Es fehlt den Manidae, Bradypodidae, unter Nagern einzig den 
Myoxidae, einigen Pasypodidae. allen sogen, lipotyphlen Insectivora, meist 
den Chiroptera, unter Ungulata nur bei Hippopotamus. allen odontoceten 
Cetaceen, mit Ausnahme von Platanista. Unter Carnivora den Procyonidae, 
Ursidac. und Mustelidae. 

Diese Uebersicht zeigt. daß keinerlei Verbindung mit der Nahrungs- 
weise anzugeben ist. obwohl andererseits ein großes Coecum mit eellulose- 
reicher Nahrung gepaart geht. In einer Anzahl Fällen schließt ein kompli- 
zierter Magen ein umfangreiches Coecum aus (Ruminantia. Bradypodidae, 
Sirenia, Hippopotamus). Wenn man daneben aber im voluminösen Coecum 
eine Kompensation für den einfachen Magen sehen will und dafür das 
Pferd zitiert, so kann man dieser Regel keine Allgemeinheit zuerkennen. 

Zwei Coeca sind von Cyclothurus und Manatus bekannt (vergl. im 
systematischen Teil i. Einzig unter Säugern hat Proeavia (Hyrax; neben 
einem gewöhnlichen Coecum ein Paar Blimlsäcke weiter distalwärts. 

Nicht weniger verschieden ist Form und Größe des Coecum. 

Bald ein kleiner Blindsack, der sich zuweilen ampullenartig an seinem 
Anfang aufblähen kann (Nagen, erscheint es anderwärts als ein dem Colon 
ähnliches, zuweilen wie dieses mit Haustra versehenes Darmstück < viele 
Nager, Pferd). Spiralige Windung tritt bei einzelnen Carnivora (Hund z. B.) 
auch bei kurzem Coecum auf, meist erscheint sie als Folge seiner Länge, 
so bei vielen Nagern. Unter diesen wird es außerdem bei den Dnplici- 
dentata von einer Spiralfalte durchzogen. 

Das Coecum kann durch eine Falte vom Colon abgegrenzt oder in 
weitester Verbindung mit ihm sein. Diese Falte ist wohl zu scheiden von 
der aus der Anatomie des Menschen bekannten Darmklappe, Valvula 
Bauhini, die auch Valvula coli, ileo-colica oder ileo-coecalis heißt und die 
oben bereits als Grenze zwischen Mittel- und Enddarm genannt wurde. 
Näheres Zusehen lehrt, daß letztere Namen nicht als synonym gelten dürfen. 
Es handelt sich zwar stets um Einstülpung des Dünndarmendes in den 
Anfang des Enddarms, diese kann aber statthaben in das Colon (Valvula 
ileo-colica) oder in das Coecum (Valvula ileo-coecalis ) ; endlich kann die 
Einstülpung in der Grenze selbst zwischen Coecum und Colon liegen. 
Diese Einstülpung des Dünndarmendes ruft eine zirkuläre Falte oder ein 
Paar Lippen hervor, wodurch die runde, ovale oder spaltförmige Oeffnung 
umfaßt wird. 



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Coecum, Rectum, Mesenterium. 



211 



Gegenüber dem Colon zeichnet sich das Rectum durch seine starke 
Muscularis aus. An seinem Ausgang treten ferner Sphincteren auf. Zum 
Teil gehören sie der Kloake an. Diese erhält sich aber nur bei den 
Monotremata in vollem Umfang. Auch die weiblichen Beuteltiere besitzen 
noch eine vollständige Kloake. Außerdem treten, namentlich beim Weibchen, 
nur noch Andeutungen von ihr hier und da auf. z. B. bei Nagern, In- 
sectivora, Bradypodidae, wie bei den Geschlechtsorganen des näheren aus- 
einandergesetzt wird. 

Regel ist bei viviparen Säugern, daß mit Bildung des Perinaeum die 
Ausmündung von Darmkanal und Urogenitalweg sich scheiden, damit auch 
der Sphincter cloacae. Ein Teil desselben erscheint am Ende des Rectum 
als Sphincter ani profundus. Der Sphincter ani externus wäre dann ein 
Derivat des Sphincter cloacae externus. 

Aus der Schwanzmuskulatur bildeten sich Antogonisten beider hervor 
[Eggelingj. 

Was die Befestigung der Darmteile durch das Darmgekröse oder 
Mesenterium, anlangt, so hat man zu dessen Verständnis von embryo- 
nalen Zuständen auszugchen. Dieselben gestatten gleichzeitig einen Blick 
auf die Entwickelung des Darmes. 

Ganz in kurzem kann man sagen, daß der Säugetierembryo anfänglich 
flach ausgebreitet der Keimblase aufliegt. Durch eine Art Faltung hebt ersieh 
weiterhin von derselben ab, wobei, wie unsere Fig. Ii »5. p. 242 erkennen 
läßt, vorn der Kopfdarm, Fornix. hinten der Schwanzdarm, Bursa, als 
vordere resp. hintere Verlängerung des Mitteldarms entsteht. Letzterer 
bildet inzwischen immer noch ein rinnenartiges Gebilde, das nach dem 
Dottersack sich öffnet. Bei der genannten Einfaltung wird das Ektoderm 
am Kopfende als Stomodaeum (primitiver Munddarm) nach dem Kopf- 
darm zu, hinten als Proctodaeum (primitiver Afterdarm) nach dem Schwanz- 
darm zu eingestülpt. So entstehen zwei Stellen, an denen das Entodcnn 
dieser Darmteile direkt in Kontakt kommt mit dem Ektoderm. Vorn ist 
es die Membrana pharyngea, welche das eingestülpte Stomodaeum vom 
Kopfdarm, dem zukünftigen Vorderdarm trennt, hinten die Membrana 
analis oder besser cloacalis [Retterer], welche den zukünftigen Enddarm 
vom eingestülpten Proctodaeum trennt. Diese beiden Membranen brechen 
später durch. In welcher Weise dies für den Enddarm geschieht, wird 
bei den Geschlechtsorganen besprochen. Bezüglich des Durchbruches der 
Membrana pharyngea sei angemerkt, daß nach diesem Geschehnis das 
Stomodaeum oder die primitive Mundhöhle mit dem Vorderdarm kommuni- 
ziert. Die definitive Mundhöhle und der Pharynx entsprechen aber nur zum 
Teil den embryonalen Teilen. Bedeutende Umformungen greifen hier 
allmählich Platz in Verbindung mit der Umbildung des Kieferbogens und 
der Nasenhöhle, die daher bereits auf p. b'fj. 10.'} ff. zur Sprache kamen. 

Der Mitteldarm schnürt sich allmählich vom Dottersack oder der 
Nabelblasc ab, mit der er schließlich durch den Dottergang oder Ductus 
omphalo-mesentericus verbunden ist. Er nähert sich dadurch stets mehr 
der Form eines Rohres, das in der Bauchhöhle, Peritonealhöhle, liegt. 

Einigermaßen künstlich stellt man sich der Deutlichkeit halber vor, 
daß dieses primitive Darmrohr zwischen zwei, in der Medianebene sagittal 
orientierten Blättern aufgehängt sei, die auf ihrer vom Darm abgekehrten, der 
Bauchhöhle zugekehrten Fläche mit Cölom- oder Peritonealepithel bedeckt 
seien. Damit ist ein sagittales Mesenterium gegeben, das durch das Darmrohr 

14« 



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212 



VII. Darmkanal. 



in ein dorsales und ventrales geschieden wird. Beide können als viscerale 
Blätter des Peritoneum aufgefaßt werden, die sich dorsal und ventral in 
dessen parietales Blatt fortsetzen, das die Wand der Bauchhöhle überzieht. 

Die weitere Sachlage kann man abermals der Deutlichkeit halber 
schematisch so vorstellen, dali man die Leber in das ventrale Mesenterium 



Fig. Iß"). Schematisierter Durchschnitt durch 
die Lcibeshühle in der Höhe von Magen m. Leber /, 
Pankreas /; zur Demonstration des Verhaltens des 
Peritoneum pr , das die Wand * der Bauchhöhle 
filterzicht und zwciblüttcrig die genannten Organe 
zwischen sich faßt. Zwischen Magen und Leiter 
erscheint es als Ligamentum hepato-gastricum Ihg, 
zwischen Leber und Bauchwand als Ligamentum 
Suspensorium hepatis ls. Nach Prenant modifiziert. 

sich eingestülpt denkt. Dieselbe ist dadurch ventral an die vordere 
Leibeswand befestigt durch das Ligamentum Suspensorium hepatis. dorsal 
an den Darm durch das Ligamentum hepato-entericum. Bei weiterer 
Differenzierung erhält die Leber Befestigung an dem Magen durch das 




Fig. Hiß. l'rsus aretos. / Dann nach rechts ;// nach links umgelegt. In // ist der 
Magen kopfwärts gekehrt; m Magen: p Pankreas; ; Ileum ; c Colon, zum größten Teil 
abgeschnitten; ms Mesenterium, dessen Wurzel in / durch das Duodenum umgriffen wird. 

Ligamentum hepato-gastricum, an dem Dünndarm durch das Ligamentum 
hepato-duodenale. Diese Nomenklatur wendet somit den Namen Ligament 
auf mehr oder weniger individualisierte Falten des Mesenterium an. 

Das dorsale Mesenterium können wir jetzt in schematisierter Auf- 
fassung als ein doppeltos Blatt betrachten, in welchem der Magen, weiterhin 




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Mesenterium, Leber. 



213 



der Darm liegt. Es erscheint damit als Mesenterium commune, dessen 
Wurzel (Radix) längs der Wirbelsäule ihren Ursprung hat, während seine 
Insertion am Magen- und Darmkanal liegt. Mit Längenzunahme des Darms 
nimmt in gleichem Maße die Länge seiner Insertion zu. Ihre Länge 
übertrifft die der Radix. Damit tritt Schlängelung des Darmes und des Inser- 
tionsteiles des Mesenterium ein und verhalf letzterem zu seinem Namen „Ge- 
kröse". Dieser einfache Zustand erfährt zunächst an zwei Stellen Aenderung. 

In Verbindung mit der Querstellung des Magens nämlich, wobei er 
sich bei seiner Entwickelung aus seiner longitudinalen Stellung derart mit 
dein pylorialen Ende kopfwärts erhebt. daß dieses rechts zu liegen kommt; 
weiter in Verbindung mit der vorwiegenden Rechtslagerung der Leber und 
der Fixierung ihres (iallganges an den Anfang des Mitteldarms. entsteht, 
die oben genannte Duodcnalschlinge. Auch mit ihr kann sich noch der 
einfache Zustand kombinieren, daß der ganze übrige Dann an einer ein- 
fachen Mesenterialplatte (Mesenterium commune), die mit einfacher Radix 
mesenterii an der Wirbelsäule wurzelt, aufgehängt ist 'Fig. 1(>(>i. Weitere 
Aenderung im Verhalten des Mesenterium geht vielfach hervor aus der 
oben beschriebenen Verlängerung des Colon, womit die Bildung eines 
Mesocolon gepaart geht. 

Es werden dann weitere Komplikationen durch die Milz hervorgerufen, 
die nach Klaatsch Anlaß gibt zur Bildung des großen Netzes. Omentum majus: 
einer peritonealen Duplikatur, 
die eine Art Beutel darstellt 
und sich zuweilen weit sehwanz- 
wärts ausdehnen kann, die Dann- 
teile überdeckend. Auch das 
Coecum kann auf das Mesen- 
terium ändernd einwirken. Für 
weitere Details sei namentlich 
auf die Untersuchungen von 
Klaatsch verwiesen. 

Wegen ihrer Selbständig- 
keit gegenüber dem Mittel- 
darm verdienen Leber und 
Pankreas, die sog. großen 
Darmdrüsen, eine gesonderte 
Besprechung, obwohl beide aus 
dein Epithel des Mitteidanns 
ihren Ursprung nehmen. 

Die lieber, Hepar, die 
voluminöseste Drüse des Säuge- 
tierkörpers entsteht als Ausstül- 
pung des Epithels des Mittel- 
darms und hat anfänglich den 
Charakter einer schlauchförmigen 
Drüse. Diese ursprünglichen 
Leberdrüsen gehen Anastomosen 
ein. erhalten sich teils unter 
Wechsel von Funktion und 
Epithel, als (iallengänge. anderenteils werden sie zu den sog. Leberläpp- 
ehen oder Lobuli, in denen sich die Zellen in radiären Reihen anordnen. 




Fifr- 1H7. Lcptis cuniculus. Querschnitt 
eines I^bcrläppohcns. a Interlobuläre Gallen- 
gänge, und Zusammenhang mit dem allen - 
kapillarnetz des» Läppchens. * Zentralvene. Na<h 
v. Eimer (aus K. C. Schneider». 



214 



VII. Darmkanal. 



An der Peripherie jedes Leberläppchens oder Lohulus verlaufen die 
Gallengänge, die Aeste der Arteria hepatica und der Pfortader. Letztere, 
die Vena portae, verhält sich wie eine Arterie und führt venöses Blut zur 
Leber. Diese drei Arten von Kanälen verlaufen im Bindegewebe, das die 
Leberläppchen oder -Inseln mehr oder weniger scheidet, somit interlobulär. 
Die beiden Blutgefäße streben, kapillär sich auflösend, von hieraus dem 
Zentrum jedes Lobulus zu und ergießen schließlich ihr Blut in die zen- 





Fig. 169. 

r , Fig. 1 6&V Brust-Jimd ".•Baucheingeweide 
einer Hauskatze, nach Wegnahme der ventralen 
Brust- und Bauchwand. Nach St. George 
Mivart. bl Blase; </ Diaphragma; gb Gallen- 
blase ; / Lunge; / unterhalb den Diaphragma 
I^Ikt; m Magen; mz Milz; o Omentum; r 
Rectum. 

Fig. 169. Leber von Stenops gracilis von 
der Instestinalfläche aus, nach G. Rüge. Die 
Verzweigungen der Pfortader sind durch ge- 
strichelte, die der Gallengänge durch schwarze 
Kanäle dargestellt. I.e. Lobus centralis; Ixt. 
Lobulus dercendens; l.l.d. und rechter 
bl und linker Seitenlappen; v.c.p. Vena cava 

Fig. 168. posterior. 

tral oder intralobulär gelegene Lebervene. Zwischen den Blutgefäßka- 
pillaren liegen die zu anastomosierenden Strängen oder Balken radiär an- 
geordneten Leberzellen . die an ihrer den Blutkapillaren abgekehrten 
Seite (iallenkapillaren begrenzen, welche schließlich in die interlobulär 
gelagerten feinsten (iallengänge ausmünden. 

Es mag hier genügen , mit diesen Andeutungen auf die Struktur 
der übrigens homogen gebauten Drüse hingewiesen zu haben. 

Ihre Lagerung (Fig. 168) wird angewiesen durch ihre Beziehungen 
zum Duodenum, aus «lern sie entstand, in welches sie bleibend durch den 



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Lober. 



215 



Gallengang, Ductus choledochus, ihr Sekret ergießt, und mit dem sie durch 
eine Mesenterialfalte, Ligamentum hepato-duodenale. fest verbunden ist 
Ferner wird sie angewiesen durch das Diaphragma, an dem sie durch das 
Ligamentum Suspensorium hepatis aufgehängt ist. eine Bauchfellduplikatur, 
die zu größerer Breite der Leber aus der sagittalen Richtung transversal 
sich verbreitern kann und damit das Ligamentum coronarium liefert. 
Endlich spielen eine Hauptrolle bei der Lagerung der Leber ihre Be- 
ziehungen zur Pfortader und zur unteren Hohlvene [G. Rüge]. 

Ihre Form wird beeinflußt dadurch, daß sie zwischen Bauchwand, 
Diaphragma. Magen und Darm gelagert ist, somit zwischen Teilen, deren 
Ausdehnung teils rhythmisch wechselt (Diaphragma), teils mit ihrem FüUungs- 
zustande (Darm und Magen). Bedenkt man ferner, daß bei der Mehrzahl 
der Säuger Beugefähigkeit des Rumpfes besteht, bei vielen in so weit- 
gehendem Maße, daß sie schließlich Krümmung und Aufrollung des Kör- 
pers gestattet, so erhellt daß hohe Anforderungen an die Formverände- 
rungen der Leber gestellt werden. Trotzdem zeigt sie eine für die Tierart 
charakteristische Form, tappenhildung ist ihr vorwaltender Charakter. 
Die Art derselben ist keine willkürliche. Namentlich durch Flower und 
Rüge wissen wir. daß sich hierin ein Regelmaß erkennen läßt. 

Als Schema darf gelten, daß an der kaudalcn. teilweise auch dorsalen 
Fläche die Fossa umbilicalis liegt, hervorgerufen durch die Vena umbilicalis, 
die embryonal durch dieselbe zur hinteren Hohlvene verlief. Ihr ent- 
spricht an der vorderen und ventralen, dem Zwerchfell zugekehrten Fläche 
das Ligamentum Suspensorium. Hierdurch wird der Stammlappen oder 
Lob us centralis in einen rechten und linken Abschnitt zerlegt, ohne daß 
es zu einer völligen Abgliederung kommt Jederseits wird der Stamm- 
lappen durch eine Incisura interlobularis begrenzt. Somit rechts durch 
die sog. Fissura lateralis dextra, die einen Lobus lateralis dexter; links 
durch die Fiss. lat. sinistra. die einen Lobus lateralis sinister vom Lobus 
centralis abgliedert. Der rechte Seitenlapj>en kann an seiner Dorsalfläche 
einen Lobulus aufweisen, der als L. caudatus Spigelii bekannt ist, und bis 
auf den Stammlappen sich ausdehnen kann. Er ist an den Verlauf der 
Vena cava posterior gebunden, heißt daher auch L. venae cavae; da er 
mit ihr herabsteigt, auch wohl Lobus descendens, endlich L. omentalis 
wegen seiner Lagerung im Netzbeutel (Fig. KW). 

Die Art der Lappenbildung ist häutig charakteristisch für die Säuge- 
tierordnungen und wird bei diesen noch Erwähnung linden. Mit G. Rüge 
nehmen wir an. daß „die Leber ein typisch gelapptes Organ ist und nicht 
bewiesen ist daß ein ungelapptes Organ als Urform für die Säugetiere 
angenommen werden müsse". 

Als ursächliches Moment für die Umformung der Leber zu einem 
weniger gelappten oder gar ungelappten nennt Rüge Abflachung der 
Kuppelform des Diaphragma, damit Minderung der Ausgiebigkeit der 
Zwerchfellbewegung, welcher ursprünglich ein gelapptes Organ besser folgen 
konnte. Nimmt diese ab. so kann auch eine kompaktere Leber, mit 
Zurücktreten des dorsovcntralen Durchmessers gegenüber dem cephalo- 
kaudalen, der geringeren Verschiebung der flacheren Diaphragmakuppel 
folgen. 

Wie sich die Lebervene und P fort ade r gegenüber der Lappen- 
bildung verhält, hat namentlich II. Rex dargelegt zugleich auch, daß die 
Verästelung der letzteren konservativer ist als die Lappenbildung. 



LMf.) 



VII. Respiratiousorgane. 



Nach Rex sind gemeinhin drei große Gallengänge vorhanden, die 
schließlich zum Ductus hepaticus sich vereinigen, begründet durch den 
gröberen Bau der Leber. Die Gallenblase kann als Ausstülpung eines 
derselben oder des Ductus hepaticus erscheinen. Letzterer Fall, wobei 
also die Gallenblase iCystis fellea) durch ihren Ausfuhrungsgang (Ductus 
cysticus) in den Ductus hepaticus ausmündet, der dann von da ab Ductus 
choledochus heißt, kommt außer beim Menschen nur selten vor. Endlich 
gibt es eine ganze Reihe von Säugern, denen die Gallenblase fehlt, ohne 
daß dies vorläufig mit anderen Momenten in Verbindung zu bringen wäre. 

Der Ductus hepaticus (choledochus) mündet zuweilen mit einer 
Erweiterung < Diverticuluin Vateri) in das Duodenum aus. meist aber zusammen 
mit dem Ausfuhrgang des Pankreas. Dies steht damit in Zusammenhang, 
daß diese Drüse gleichfalls als Ausstülpung des Mitteldarms entsteht in 
ursprünglicher oder späterer Verbindung mit dem Ductus hepaticus. Nach- 
träglich kann Auseinanderrücken dieses Ganges und des Ductus pancrea- 
ticus (Wirsungianusi geschehen. Daneben kann noch eine weitere Anlage 
von Pankreasdrüsen zur Bildung des akzessorischen Ductus Santorinianus 
führen, der sich erhalten oder schwinden kann, während Verschmelzung 
beider Drüsenmassen statthat. Schließlich resultiert hieraus eine aus Läpp- 
chen zusammengesetzte, mehr oder weniger kompakte acinöse Drüse, die 
am Duodenum liegt: bildet dieses eine Schlinge, so liegt das Pankreas in 
dieser. 



VIII. Respirationsorgane. 

Als Eingangspforte zu den Luftwegen lernten wir auf p. 1*.»* bereits 
die Mund-, namentlich aber die Nasenhöhlen kennen, auch sahen wir. daß 
der untere Teil der letzteren: der untere Nasengang (p. M) u. 148) insofern mit 
Recht der respiratorische heißt, als ihm Sinnesepithel fehlt und er nur 
der Respiration dient. Er setzt sich in den unpaaren naso-pharyngealen 
Raum fort, den der weiche Gaumen oder das Gaumensegel (Velum palati- 
num) vom Mund-Rachenraum trennt. 

Regel ist. daß dem Ilinterrande des Velum die Epiglottis aufliegt. 
Diese intranariale irctrovelare) Lage der Epiglottis und damit des Eingangs 
in den Kehlkopf, vervollständigt den Kanal, den die ein- und ausgeatmete 
Luft zu passieren hat (p. 201). Er hebt mit den äußeren Nasenlöchern : den Nares 
an. Bei tauchenden Tieren verschließbar, führen sie in die unteren Nasen- 
gänge. Diese öffnen sich durch die Choanen in den Nasenrachenraum: 
eine für die Säugetiere durchaus charakteristische Einrichtung. Sie sichert 
die Atmung, da in diesen Raum, wie angedeutet, der Aditus laryngis sich 
öffnet, der seinerseits in den Kehlkopf, darauf in die Luftröhre und endlich 
in die Lungen führt. 

Auch bei extranarialer Lage der Epiglottis. wobei sie also zeitlich 
oder dauernd vor dem Velum, prävelar liegt, öffnet sich der Kehlkopfs- 
eingang so unmittelbar unter dem Isthmus naso-pharyngeus <p. IWi, daß 
das bezeichnete Kanalsystem de facto bestehen bleibt. 

Bei ruhiger Atmung ist intranariale Lage der Epiglottis die Regel 
und damit auch Atmung durch die Nasenhöhlen. Sie ist die einzig mög- 
liche, wenn das Velum. dessen Arcus palato-pharyngei und der Hinterrand 



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Ijige der Kpigloltis, Kehlkopf. 



217 



dos Pharynx zu einem durch Muskeln verstärkten Ringe sich schließen, 
der die Epiglottis, zuweilen auch noch die Arytänoidknorpel des Larynx 
ganz oder zum Teil umschließen. In maximaler Ausbildung treffen wir 
diese Anordnung bei den Cetaceen an. Hier umschließt der naso-pharyn- 
geale Ring, unterstützt durch den ihm eingelagerten Musculus palato- 
pharyngeus, die röhrenförmig verlängerte Kchlkopfsapertur so eng, daß ein 
unten zu besprechender Larynxmuskel (Muse, crico-arytaenoideus posticus) 
nicht nur die Glottis, sondern indirekt auch diesen ringförmigen Isthmus 
beim Atmen zu öffnen hat [Bönninghaus]. Bei anderen kann die Lage 
der Epiglottis zeitlich eine prävclare. extranariale werden, z. B. bei 
Carnivora bei beschleunigter Inspiration. Diese geschieht dann durch 
den Mund wie auch bei den Primaten, wo bei Antropomorphen und dem 
Menschen die Epiglottis dauernd eine prävelare Lage hat. 

Diese Lage wird vielfach auch nur zeitlich angenommen ; in erster 
Linie durch Hebung des weichen Gaumens vermittelst des Muse, levator 
Teil, dann wohl auch durch Senkung des Kehlkopfs, beim Ausstoßen von 
Lauten. Meist geschieht dies bei geöffnetem Munde (Carnivora, Rinder, 
Hirsche). Phonation bei retrovelarer Lage der Epiglottis kann nur durch 
die Nase geschehen, wenn der Verschluß des Isthmus naso-pharyngeus um 
den Kehlkopfeingang ein vollständiger ist. So bei den Cetaceen und bei 
den Trompetenstößen des Elephanten. Das Wiehern des Pferdes und der 
Schrei des Esels geschieht aber bei geöffnetem Munde: der intranariale Ab- 
schluß des Kehlkopfeingangs ist hier eben kein vollständiger. Beim Schwein, 
dessen Larynx bald hinter, bald vor dem Velum liegt, geschieht das 
Grunzen durch die Nase, der gellende Schrei bei geöffnetem Munde. 

Wir sind hiermit bereits ungemerkt in das Gebiet des Kehlkopfes, 
Larynx. gelangt 

Mit Zugrundelegung der neuesten lichtvollen Darstellung dieses 
Organs durch Göppert, nehmen wir im Anfangszustande der embryonalen 
Luftwege wahr, daß sie durch die Cartilagines laterales fGegenbaur] 
gestützt werden. Bezüglich ihrer haben Gegenbaur und Wilder die An- 

Cric. 




Fig. 170. Primäre Knorpelteile des Larynx von Ornithorhynehu» von dir Dor- 
salste: nach E. Duhoi«. > 1. T Trachea; C Cricoid; P.a, P.'p. vorderes und hin- 
teres Procricoid; Ar Arytanoid. 

nähme ausgesprochen, daß sie dem 7. Visceralbogen entsprechen. Jeden- 
falls gehen aus dem hinteren, crico-trachealen Teil dieser Seitenknorpel 
die Knorpelringe der Trachea hervor. Mit diesen im Zusammenhang, ein 
Zusammenhang, der bei Eehidna zeitlebens, andeutungsweise auch bei 
anderen Mammalia sich erhält [Dubois]. ensteht die Cartilago crieoidea. 



218 



VIII. Respirationsorgane. 



Dieser kurzweg Cricoid genannte Knorpel: der Grundknorpel des Larynx, 
hat die Form eines ursprünglich ventral breiteren, dorsal offenen Ringes 
(Echidna), der sich aber bereits bei Ornithorhynchus schließt und allmäh- 
lich bei höheren Säugetieren dorsal zu einer Platte sich verbreitert 

Mit dem Cricoid hängen anfänglich zusammen die paarigen Arytänoide: 
Stellknorpel. Cartilagines arytaenoideae, die aus dem Vorderende 



Cartilago 

Ligamentum crico-thyr. 

Arytaenoid 

Cornu tat. thyrcotdei 
Cornu polt, thyreoidei 




Cornu ant. hyoidfi 

Corpus hyoidfi 
Cornu post. hyoidfi 
Arcus ant. thyreoidei 

Arcus post. thyrcoidti 
Cricoid 



Trachea 



Fig. 171. Larynx von^rnithorhynchu» mit dem Hyoidbogcn von der Ventralfläche. 

Nach E. Dubois. 

des Seitenknorpels hervorgehen. Beide hängen bei Monotremata und 
Marsupialia dorsal zusammen; dabei entsteht bei vielen Monodelphia eine 
ligamentöse Verbindung. Andererseits gibt die ursprüngliche dorsale 
Brücke zwischen beiden Anlaü zur Bildung des Procricoid (Interary- 



Corpus hyoidei — 




Cornu ant. hyoidfi 
Cornu post. hyoidei 
Procricoid 
Arytaenoid 

Cornu post. t/iyreoidei 



Fig. 172. Larynx von Dcndrolagu* von der Seite. Nach E. Duboi«. 

tänoid). Vom rostralen Ende der Arytänoide gliedern sjch die Santo- 
rinischen Knorpel ab. 

Damit ist das primäre Knorpelgerüst des Larynx hergestellt, das als 
ein Erbstück des Laryngo-trachealskelets niederer luftatmender Vertebraten 
erscheint. Ihm gesellt sich als Erwerb der Säugetiere die Epiglottis und 
der Schildknorpel zu. 



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Kehlkopf. 



l>19 



Von dem Schildknorpcl : Cartilago thyreoidea, wegen seiner 
Funktion auch Spannknorpel geheißen, wurde bereits auf p. 78 dargelegt, 
daß er ein Derivat sei des 4. und ö. Visceralbogcns, des 2. und 3. Bran- 
chialbogens somit, wie E. Dubois zuerst bei Monotremen nachwies. Göppert 
bestätigte dies aus der Entwickelung. Er besteht hier aus einem vorderen 
und hinteren Bogen, die eine ventrale Copula zusammenhält. Nur letztere 
und der hintere Thryreoidbogen treten in enge Beziehung zum Cricoid 
und damit zum Larynx; der vordere Bogen schließt sich noch an das 



Fig. 173. Tbyreoid von Felis pardus, von der >*?ite. Nach E. Dubois. 

Hyoid an. Von den Marsupialia an verschmilzt er aber bereits mit dem 
hinteren zur Seitenplatte des Schildknorpels, dessen dorso-lateraler Rand 
in ein vorderes und hinteres Horn (Cornu anterius und posterius) ausläuft, 
welche den beiden Bogenhälften entsprechen. Deren weitere Verschmelzung 
zu einer Platte verrät sich aber noch in einer tiefen Ausbuchtung an ge- 
nanntem Rande oder durch eine kleine Incisur oder durch ein Foramen 
thyreoideum. das besagtem Rande näher oder ferner liegt. Hierdurch tritt 
der sensible Nervus laryngeus superior in das Innere des Kehlkopfs. Die 
genannte Ausbuchtung, Incisur oder Foramen u. s. w. ist der letzte Rest 
der Si>alte zwischen «lern vorderen und hinteren Thyreoidbogen. 

Die ursprüngliche Verbindung des vorderen Thyreoidbogens mit dem 
hinteren Hyoidbogen bleibt aber entweder als solche gewahrt bei den 
Marsupialia und Prosimiae, oder sie erhält sich bei den übrigen Säugern 
zeitlebens als knorpelige oder ligamentöse Verbindung (Ligamentum thyreo- 
hyoideum laterale) zwischen Vorderhorn des Thyreoiri und hinterem Bogen 
(Thyreohyale) des Hyoid. 

Charakteristisch ist ferner für Säuger die Epiglottis: eine knor- 
pelige Einlagerung in eine ventrale Schleimhautfalte am Eingang des 
Kehlkopfs, die sich als Kehldeckel über ihn legen kann beim Vorbeigleiten 
von Speisen und Flüssigkeiten. Sie ist also eine Schutzvorrichtung, an 
Stelle der einfacheren Einrichtung, bei tiefer stehenden Veitebraten, wo 
der Eingang in den Kehlkopf gegen Ingcsta der Mundhöhle durch Kon- 
struktoren geschlossen werden kann. Diese Muskeln kommen damit bei 
Säugern frei für andere Obliegenheiten. 

Ueber die Lage der Epiglottis zum Pharyngealraum und zu den Fauces 
wurde oben und auf p. 201 bereits ausführlich berichtet. Hier sei nur hervor- 
gehoben, daß der Epiglottisknorpel in seiner Basis ursprünglich paarigen 
Bau besitzt und daß hier paarige Stücke als Wrisbergsche Knorpel sich von 
ihm abgliedern können. Durch Rückbildung der Knorpelbasis kann aber der 
paarige Charakter verloren gehen |(iöppertj. Besondere Mächtigkeit er- 
langt die Epiglottis bei den odontoeeten Cetaceen. wo die Arvtaenoideae 
lang ausgezogen sind und die dorsale Wand eines Rohres bilden, das ventral 
durch die Epiglottis gestützt wird und weit in die Nasenkanäle hinein- 
ragt fg. Fig. 175. I und bei Cetacea). 




r— Foramen thyreoideum 



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220 



VIII. Respirationsorgane. 



Den Knorpel der Epiglottis, der früher für subinuköse Verknorpelung 
in der Epiglottisfalte galt, will Gegenbaur vom 6. Visceralbogen herleiten. 

Bezüglich der Larynxmusku latn r, die namentlich durch M. Fürbringer, 
E. Dubois und Göppert vergleichende Untersuchung erfuhr, genügt es hier 
hervorzuheben, daß wir nach Fürbringer unterscheiden können: 1. innere, 
dem Larynx eigentümliche Muskeln, die vom X. recurrens vagi inner- 
viert werden. Als Diktatoren wirken Fasern, die vom Cricoid und hinteren 
Horn des Thvreoid entspringen - letzterer Ursprung geht aber bei Mono- 
delphia meist verloren und sich an einem lateralen starken Processus 
muscularis des Arvtänoid inserieren (Muse, kerato-crico-arytaenoideus). 
Ein Konstriktor wird durch das Arvtänoid in ein dorsales Segment (Muse, 
interarytaenoideus) und ein ventrales geschieden, das sich in ver- 
schiedener Weise zwischen Cricoid. Arvtänoid und Thvreoid ausdehnt und 
bei Monodelphia den Muse, thyreo-arytaenoideus liefert. 

Hierzu gesellen sich 2. Muskeln, die gleichfalls vom Vagus 
innerviert werden, aber gleichzeitig dem Pharynx angehören: Levator und 
Sphincter pharyngo-laryngeus. 



3. Endlich treten in Beziehung zum Kehlkopf Muskeln, die dem 
Innervationsgebiet des Nerv, hypoglossus und der Cervikalncrven ange- 
hören. Es sind die bereits beim Muskclsystem genannten Mm. omo- 
hyoideus. sterno-thyreoideus, thyreo-hyoideus, hyo-glossus, glosso-epiglotti- 
cus, deren Lage ausgedrückt liegt in ihren Namen. 

Die Schleimhaut, die den Larynx von innen bekleidet, bildet 
Duplikaturen, die Bänder genannt werden. Das wichtigste derselben dehnt 
sich zwischen Thvreoid und Arvtänoid aus. zuweilen an einem Fort- 
satz (Processus vocalis) des letzteren sich festsetzend, und ist als Stimm- 
band, Ligamentum vocale, vom Menschen bekannt. Hier springt es als 
strafte Membran nach innen vor, hat hohe Elastizität durch eingelagertes 
elastisches Gewebe und erhält Spannung und für die Tonbildung günstige 
Stellung durch den Muse, thyreo-arytaenoideus. der der Hauptsache nach 
in das Stimmband sich einfügt. Letzteres faßt mit dem der anderen Seite 
die Stimmritze. Glottis, zwischen sich, deren Form außerdem beeinflußt 
wird durch Rotation der Arytänoiden und durch die Bewegbarkeit des Thvreoid. 
Die Stiinmerzeugung beruht in erster Linie auf Schwingung der Stimm- 
bänder durch die aus den Lunken ausgestoßene Luft. Nicht bloß Form 
und Spannungsgrad der Stimmbänder sind hierbei von Einfluß, insoweit sie 




A 



II 



Fig. 174. A Kehlkopf vom Reh 
von der linken Seit«; // vom Fuchs 
im Längsschnitt ; Ca Arvtänoid; Cr 
Cricoid. in (V zur dorsalen Platte 
verbreitert; Ct, Ct x Thvreoid; Ctr 
Traehealringe; Ep Epiglottis; Li Li- 
gamentum crico-thyreoideum ; t Ven- 
triculus Morgagni; mu submukö»ea 
Gewebe; .V Sehleimhaut der Zunge 
und der Trachea Tr. Nach Wieders- 
heim. 



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Schleimhaut des J*rynx, Kehlsäcke. 



221 



Töne variieren; auf Stärke und Modulation derselben wirkt auch die 
Mundhöhle und Umgebung. 

Oberhalb des sogenannten wahren Stimmbandes liegt das falsche 
(Ligamentum voeale spurium), besser als Taschenband zu bezeichnen, da 
zwischen ihm und dem Stimmband der Ventriculus Morgagni als seitliche 
Tasche der Schleimhaut liegt. 

Es wäre unrichtig, an diese Namen aus der menschlichen Anatomie ent- 
lehnte Vorstellungen über die Funktion der gleichen Bänder bei den 
Säugern im allgemeinen anzuknüpfen. Es sind Säuger bekannt, die ohne 
Stimmbänder (Cetaceen) Laute hervorbringen: es geraten dann eben 
andere Teile des Kehlkopfs in Schwingung. 

Andere mit sehr starker Stimme haben nur wenig entwickelte Stimm- 
bänder; so Otaria nach E. Dubois. Auch kann die Beziehung des Muse, 
thyreo-arytaenoideus zum Stimmband aufgehoben sein. So haben nach 

II I 



Th. 





Fig. 17"). Schematischer Mediansehnitt durch den 
l^arynx eines Odontoeet«n il) und Balaenoptera (Iii. nach 
E. Dubois. A Arytänoid; a Durchschnitt de» Liga- 
mente*, da« die beiden Proc. anteriore« der Arytänoide 
verbindet; CCricoid; 2T Epiglottis; / Processus posterior des 
rechten Arytaeuoid; .? Laryngealer Sack; T Trachea; ta 
obere Grenze des Muse, thyreo-arytaenoideus; 7 AThyreoid. 

Kohlbrugge die Affen ein wulstförmiges, kaum schwingungsfähiges morpho- 
logisches Aequivalent der Stimmbänder ohne Stimmbandmuskel, demnach 
kein wahres Stimmband. 

Bei der Mehrzahl der Säuger treten auch die Morgagnischen 
Ventrikel auf. Von ihnen sind scharf zu scheiden umfangreiche Aus- 
sackungen der Schleimhaut. Diese Kehl- oder laryngealen Säcke treten 
an verschiedenen Stellen des Kehlkopfes zwischen dessen Knorpeln hervor, 
sind also nur zum Teil einander homolog, stimmen aber in ihrer (ienese 
aus der Schleimhaut des Kehlkopfes überein. 

Bei Bartenwalen handelt es sich um einen großen medialen Sack, 
der durch Ausstülpung der Schleimhaut ventralwärts zwischen den hinteren 
Fortsätzen der Arytaenoideae entsteht und den Muse, thyreo-arytaenoideus 
als Bekleidung mitgezogen hat (Fig. 175). Odontoceti haben statt dessen an 
gleicher Stelle ein paariges Säckchen von geringem Umfang [E. Dubois|. 



222 



VIII. Kwpirationsorganc. 



Einen medialen Kehlsack zwischen Thyreoid und Epiglottis besitzen 
unter Artiodactyla einzelne Hirsche und Antilopen, in geringem Ausmaß 
auch die Perissodactyla, deren Morgagnische Ventrikel groß sind. Seit- 




liche Kehlsücke hat Erinaceus. Allgemein treten Laryngealsäckc bei Affen 
auf und zwar in dreierlei Form. Bei den Anthropomorphen gehen sie aus 
den Morgagnischen Ventrikeln hervor, sind aber nur bei Hylobates syn- 



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Kehl*äeke, Trachea. 



223 



dactylus rein symmetrisch [Kohlbrugge]. Ungeheure Ausdehnung erreichen 
sie bei alten Exemplaren von Orang-Utan, wo sie, aneinander grenzend, 
nur durch eine dünne, teilweise unterbrochene Scheidewand getrennt sind 
und sich bis in die Achselhöhlen ausdehnen. Individuell kommt nur einer 
der Säcke zur Ausbildung. Diese Gebilde, die nach Fick bei Exspiration 
gefüllt und unter Beteiligung des Platysma durch Inspiration entleert 
werden, wirken vielleicht als Resonatoren.* Ihrer unförmlichen Ausdehnung 
gerade bei alten Exemplaren mit schwerem Kopf entspricht aber vielleicht 
eher die Auffassung von Deniker und Boulart. daß sie als Kissen wirken 
zwischen dem gewaltigen Unterkiefer und der Halsgegend. Bei den 
übrigen Affen stülpt sich der mediane Kehlsack zwischen Epiglottis und 
Thyreoid nach außen. Nur von Hapale wird angegeben, daß er zwischen 
Thyreoid und Cricoid hervortrete. 
Wiederholt finden die Kehlsäcke 
Raum im Hyoid, dessen Körper dem- 
entsprechend ausgehöhlt ist (Affen). 
Am auffallendsten ist dies der Fall 
bei Mycetes. Aus dessen kompli- 
ziertem System von Kehlsäcken sei 
nur hervorgehoben, daß vom ventralen 
Ende des Raumes zwischen Stiinm- 
und Taschenbändern ein Paar Säcke 
hervorgehen, die als Fortsetzung der 
Morgagnischen Ventrikel erscheinen. 
Von dem Vorderende dieser, im Thy- 
reoid gelegenen Säcke stülpt sich ein 
Sack aus, der in dem blasig aufge- 
triebenen Körper des Hyoid Platz 
findet. Außerdem treten noch ein 
Paar extralaryngealer Säcke auf. Als 
Begleiterscheinung hat dieser gewaltige 

Fig. 177. Median»chnitt durch Larynx 
und Hyoid von Mycetes, nach J. Müller. 
aa Thyreoid; b Cricoid; c Arytänoid; d 
Epiglottis; e Wrisbcrgwher Knorpel; / 
Stimmband; z Tasehenband; h rechter la- 
ryngealer Sack, der, wie die Sonde zeigt, 
mit dem Morgagnischen Ventrikel kom- 
muniziert; m" nn paarer laryngealer Sack, 
der das Ilvoid // ausfüllt; m cxtralarvnge- 
aler Sack nach J. Müller. 

Resonanzapparat der Brüllaffen Spaltung des Manubrium stemi hervor- 
gerufen [vergl. Albrecht. Gadow]. 

Ganz anderer Art als die bisher genannten Luftsäcke ist der von 
Ateles beschriebene, der, dorsal zwischen Oesophagus und Trachea gelegen, 
zwischen dieser und dem Cricoid hervortritt [Cuvier]. Ein ganz analoges 
Gebilde kommt bei Indris [A. Milne Edwards] und Lemur macaco [Otto] vor. 

An den Larynx schließt sich die Luftröhre. Trachea, an. Deren 
knorpelige Ringe sind anfänglich ungleichmäßig; sie stellen nur bei ein- 
zelnen Säugern im ganzen Verlauf der Trachea oder an Teilen derselben 
vollständige Ringe dar: so bei verschiedenen Nagern, Phoca, Lemur, einzelnen 




224 



VIII. Rcspirationsorganc. 




Marsupialia: in spiraliger Anord- 
nung bei Cetacea und Sirenia. Im 
übrigen ist Regel, daß sie dorsal 
offen sind, nur bei Mystacoceti ven- 
tral, bei Odontoeeti nur an den 
vorderen Ringen. Die Tracheai- 
ringe werden durcli eine Membran 
verbunden, die aucb die dorsale 
resp. ventrale Lücke zwischen ihnen 



Fig. 178. Bradypus tridactylus. 
Die Lungen von der Dorsalfläehe aus, zur 
Darstellung de» Verlaufs der Trachea. 
A Arteria pulmonal!», die den rechten 
{Ar\ und linken Ast (AI) zur rechten 
{Lr\ und linken \U\ Lunge abgibt. 
Darunter die Vena pulmonalis (/'). D 
Ductus arteriosus Botalli; 5 Aortabogen, 
der bei /. 2 und 3 die Karotiden und 
Armschlagadern abgibt. C Vena cava 
anterior mit der Vena azygos (10); O 
Oesophagus ; 7Trachea, die bei fi l ihre erste 
(rückläuhgci Biegung bei B 1 ihre zweite 
erführt und darauf sich in rechten (Br) 
und linken {Bl) Bronchus teilt. 



ausfüllt, mit Schleimhaut bekleidet ist und glatte Muskeln enthält. Die 
Länge der Trachea nimmt zu mit der iJinge des Halses. Ist diese verkürzt. 




Fig. 179, 



Fig. ISO. 



Fig. 179. Lunge von Ijemur macaco. T Trachea; B Bronchi; m und o rechts 
und links zwei Artcriae pulmonale»; n und / rechts 4, links 3 Venae pulmonales; /, 
2, 3- oberer, mittlerer und unterer Lappen; / Infrakardialluppcti. 

k- ; i#Fig. lso. Trachea und Bronchi von Pedetes caffer. nach Carus und Otto. H 
Hyoid;; t/t Thyreoul; c Cricoid; T Trachea; BB Bronchi. 



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Lungen. 



225 



wie bei Cetaceen. so liegt die Trachea fast im Thorax. Ihr Verlauf inner- 
halb dieser ist bei Säugern ventral zum Oesophagus, zwischen den media- 
stinalen Blättern der Pleura, dorsal von der Hauptverästelung der Aorta. 
Einzig unter Säugern ist ihr Verlauf bei Bradypus, indem sie längs der 
Wirbelsäule zum Diaphragma zieht, hier sich umbiegt, rückläufig zur 
Vena pulmonalis geht, um abermals nach hinten sich umzubeugen und 
erst darauf unter Drehung die beiden Bronchi in die Lungenflügel zu 
senden i Fig. 178). 

In der Brusthöhle teilt sich die Trachea in die beiden Bronchi, 
die von ähnlichen Knorpelringen wie diese umgeben werden. Ausnahms- 
weise können sie vollständig sein. Dies ist z. B. der Fall bei Fedetes 
caffer. wo die Bifnrkation der Trachea in die beiden Bronchi hoch oben 
statthat : beide liegen aneinander, so daß die Trachea wie durch eine Scheide- 
wand geteilt erscheint (Fig. ISO). Bei Hvstrix und Taxidea [Huntingdon] 
endet letztere mit einer weiten pentagonalen Bulla, aus welcher die Bronchi 
entspringen. Wie verschieden auch ihr Ursprung sein mag, schließlich 
treten die Bronchi nach längerem oder kürzerem Verlauf in den Hilus 
pulmonum ein. 

Die Lungen, Pulmones. entstehen als rinnenförmige Ausbuchtung 
der ventralen Wand des Vorderdarms, aus welcher sofort die paarigen 




pulmonalis dextra u. »ini«tra; / Infrakardialbronehus; St Endkno?pc des ^tamiiibronehus: 
/'I III Yeiitralbronchien. 



Fig. 182. Echidnaembryo. Bronchial bau m von der Ventralfeite, naeh Narath. 
/>'■ I>on*albronehien; Oes Oesophagus, l'ebrige Bezeichnung wie vorige Figur. 

primitiven Lungensäckchen hervorgehen. Weiterhin differenziert sich die 
Kinne selbst in Larynx, Trachea und Bronchi; die Säckchen zu den Lungen 
oder Lungenflügeln. Letztere tun das nach neueren Untersuchungen, nament- 
lich von Narath. IVHardh iiier. F. Moser Ii. a. in der Weise, daß innerhalb 
des bindegewebigen Lungensackes das epitheliale Kohr des intrapulmonalen 
Bronchus distal wärts auswächst und durch ventro-laterale Knospenbildung, 
sowie Ausbuchtung und Auswachsen der Knospen zu gestielten Aus- 
sackungen, primäre kollaterale Seitenbronchi entstehen läßt. Hierdurch 
kommt allmählich ein kompliziertes Kanalsystem zustande, an dem bei er- 
wachsenen Säugern der Unterschied zwischen Stamm und Zweigen sich Ver- 
Wel^r. SluKcü«-ro. 1"» 



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220 



VIII. RcspiratioriHorgaiie. 



wischt. Anfanglich machte dasselbe mit seinem einschichtigen Epithel die 
ganze Innenfläche der Lunge zu einer respiratorischen Fäche. Allmählich 
geht daraus aber ein Kanalsystem hervor: der Bronchial bäum, der einfach 
Luft zuführt zum respiratorischen Teil der Lunge. An diesem Rronchialbaum 
unterscheiden wir einen intrapulmonal gelegenen Stammbronchus der Lunfie, 
als Fortsetzung des extrapulmonalen Bronchus, der durch monopodiale, 
hauptsächlich kollaterale Verzweigung in gesetzmäßiger Weise Seitenzweige 
abgibt und zwar stärkere ventrale und schwächere laterale, die aus ersteren 
als Seitenbronchi hervorgingen. 

Der erstere Dorsalbronchus: der apikale [Narath] kann in der er- 
wachsenen Lunge aus dem Bronchus, gleich unterhalb der Bifurkation der 
Trachea hervorgehen; bei Artiodactyla, mit Ausnahme von Camelidae. und 
bei verschiedenen Cetaceen. wie Balaenoptera, Epiodon, Hvperoodon aus 
der Trachea und zwar rechterseits. Stellt man sich vor, daß die Bifur- 
kation der Trachea gleich hinter dem Larynx statthat und daß ebendort 
dieser tracheale Bronchus abgeht, so erhält man den Zustand von Pon- 
toporia blainvillei, wo die Trachea in drei ungleiche Bronchi sich zu teilen 
scheint (Fig. 1 8.-5). In allen genannten Fällen liegt dieser apikale Bronchus 
oberhalb (vor) der Arteria pulmonalis, somit eparteriell im Sinne Acbys. Dies 
ist überhaupt rechterseits meist der Fall beim apikalen Bronchus, als Aus- 
nahmen sind bekannt Hystrix, Taxidea, Balaena; während umgekehrt bei 

Bradypus. Equus, Elephas. Phoca. Del- 
phinidae, Camelidae auch linkerseits «1er 
apikale Bronchus vor der Arteria pul- 
monalis liegt. Im Gegensatz zu diesen 
eparteriellen Bronchi liegen alle übrigen 
hypartcriell. Für die moderne Forschung 
ist aber dieser Unterschied, den 
Aeby hervorhob, von untergeordneter 
Bedeutung, mehr noch die Verteilung 
des Stammbronchus in einen hyparteri- 
ellen und eparteriellen Teil. Die bron- 
chiale Verzweigung wird hierdurch nicht 
geregelt. Für deskriptive Zwecke lassen 
sich aber die Termini hyp- und eparteriell 
gut verwenden, nur muß man beachten, 
daß eparterieller und apikaler Bronchus, 
namentlich links nicht immer identisch sind. 

Die Lungen sind meist in tappen 
verteilt durch tiefe Einschneidungen, «lie 
bei Reduktion auf Einkerbungen zurück- 

Fig. 183 I'ontoporia Blainvillei, nach 
Bunneistcr. Cricoid; d rechter Bronchus mit 
d, dem apikalen Bronchus; e Epigloiti» und 
Arytanoidknorpel; L Lungenlappen; s linker 
Bronchus; M Thyreoid. 

gehen können und endlich die Lungen zu ungeteilten Säcken machen, wie 
bei Sirenia, Cetacca, einzelnen Pinnipedia: da auch bei Enhydris und Lutra 
die Lapj>enbihlung zurückgeht, könnte man daraus den Schluß ziehen, daß 
das Wasserleben oder damit in Verbindung stehende Umbildung des ur- 




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Bronchialhaum, Pleura, Diaphragma. 



227 



sprünglichen kielförmigen Thorax in einen faßfönnigen (s. p. 95) Reduktion 
uml Schwund der Lappung der Lungen bewirke. Dies mag von Einfluß 
sein, aber andere Faktoren bewirken das gleiche. So bei den Bradypodidae, 
Mynnecophagidae. (Jaleopithecidae. verschiedenen Perissodactyla, bei denen 
nur ein undeutlicher Vorderlappen vorkommt. Bei Elephas ist die linke 
Lunge ungeteilt Ungelappt ist die Lunge bei den Muriformes, Sciurus. 
Castor. Auch kann die Lappenbildung bei Chiroptera innerhalb derselben 
Familie bei Abnahme der Körpergröße schwinden. 

Bei vielen Säugern tritt ein unpaarer Lungenlappen, meist nur rechts 
in dem Räume zwischen Pericardium und Diaphragma auf, der daher Lobus 
infracardiacus, impar oder azygos heißt. Der zugehörige Bronchus, als 
accessorischer bezeichnet, entsteht ventral aus dem Stammbronchus. Dieser 
infrakardiale Bronchus kann auftreten, ohne daß es zur Ausbildung eines 
Lobus kommt. 

Die besprochenen intrapulmonalen Bronchi erfahren fortgesetzte 
Teilung in die stets feinere Verästelung der Bronchioli, die in kleine, 
langgestreckte Blindsäckehen, die Alveolengänge, übergehen, deren dünne 
Wand mit halbkugeligen Aussackungen, den Alveolen, bedeckt ist. Hier 
geschieht die Respiration, indem ein dichtes Blutgefäßnetz die Alveolen- 
gänge umspinnt und den Austausch der (iase ermöglicht. Durch Zu- 
sammenfügung der Alveolengänge und der Zweige der Bronchi vermittelst 
Bindegewebe, das namentlich bei Cetaceen sehr reich ist an elastischen 
Fasern, entsteht das Lungengewebe, in welchem die Blutgefäße verlaufen 

Jede Lunge ist frei in der Brusthöhle 
an ihrem Bronchus und an ihrer Arteria 
und Vena pulmonalis aufgehängt, die sämt- 
lich an ihrem Hilus eintreten. 

Von außen wird sie bekleidet durch 
das viscerale Blatt der Pleura (Pleura 
pulmonalis/, das sich vom Hilus der Lunge 
als Pleura mediastinalis auf die Thoraxwand 
schlägt und diese als Pleura parietalis be- 
deckt. Somit liegt jede Lunge in einem 
geschlossenen serösen Sack, dessen mit 
Endothel und seröser Flüssigkeit bedeckten 
glatten Wände einander zugekehrt sind und 
ohne erbebliche Reibung Formveränderung 
der Lunge während der Respiration ge- 
statten. Beide Pleurasäcke liegen in der 
Brusthöhle, die von der Bauchhöhle durch 
das Zwerchfell luftleer geschieden ist. 

Von diesem wichtigen Atmungsmuskel, 
dem Diaphragma, wurde bereits auf p. 161 
berichtet, daß er kuppeiförmig in die Brust- 
höhle vorragt. Diese Kuppel ist eine ge- 
wölbtere bei kielförmigem Thorax: die ur- 
sprünglichere Form, die den niederen Säugern 
eigen ist, namentlich denen, die auch ihre 
Vorderextremitäten ausschließlich zum T ra- 
gen des Körpers verwenden. Flacher wird 
die Kuppel, in dem Maße als der dorso- 



i 




Fig. 184. Schematisierter Fron- 
talschnitt durch die Brusthöhle eines 
Säugers. / Trachea; 2 eich ver- 
zweigender Bronchus; j Pleura parie- 
talis resp. an der Medialseite Pleura 
mediastinalis; 4 Pleura pulmonalis; 
5 Lungenflügel; 6 Diaphragma; 
7 Vena cava posterior; S Aorta; 
9 Magen; io Bauchhöhle. 

15- 



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228 



VIII. R^pirntioiworgune. 



ventrale Durchmesser des Thorax sich verkürzt zugunsten des rcchts-linken, 
besonders wenn schließlich der Thorax die Faßform annimmt wie typisch 
bei den Anthropomorphen und dem Menschen. Eine Lageveränderung er- 
fahrt das Diaphragma bei den Sirenia, namentlich aber den Cetacea, teil- 
weise auch in Verbindung mit der Verkürzung der ventralen Wand des 
Thorax und der ovalen Form desselben, indem es eine auffallend schräge 
Stellung annimmt. Damit verlängert sich bei ihnen die Brusthohle dorsal 
weit nach hinten. 

Zwischen den beiden Pleurasäcken, speziell zwischen deren mediasti- 
nalen Blättern, bleibt der Mittelfell- oder Mediastinalraum, in welchem 
die großen Gefäße, Herz, Trachea, Oesophagus liegen. Ist nun der Thorax 
ein kielförmiger, so berühren die raediastinalen Pleurablätter einander längs 
der ventralen Thorax wand und längs dem Diaphragma; mit anderen Worten: 
das Pericardium berührt weder das Diaphragma noch die ventrale Thoraxwand. 
Dies ist aber wohl der Fall, wenn der Thorax die Faßform annimmt, wie bei 
Cetaceen und Anthropomorphen. Auf diese Verschiebung der Pleuragrenzen 
soll an der Hand der Darlegungen Tanjas, namentlich aber G. Ruges bei 
Besprechung der Anthropomorphen näher eingegangen werden. Es sind 
Veränderungen, die auch von Einfluß sind auf den Modus der Atem- 
bewegnng. 

Von dieser kann hier nur ganz allgemein angedeutet werden, daß 
sie zustande kommt durch Abflachung des Diaphragma nach der Bauch- 
höhle zu, sowie durch Bewegung der Rippen, wodurch diese sich im queren 
Durchmesser des Thorax von einander entfernen und gleichzeitig durch eine 
Vorwärtsbewegung den dorso-ventralen Abstand vergrößern. Hierdurch 
hat Erweiterung der Brusthöhle statt. Ihr müssen passiv die Lungen 
folgen, indem durch die Nasenlöcher und die unteren Nasengänge resp. 
durch den Mund bei prävelarer Lage der Epiglottis Luft, in den Larynx. 
die Trachea, die Bronchi, endlich in die Lungen eindringt. Hierdurch 
ausgedehnt, wird bei darauf folgender Verengerung des Thorax die Luft 
wieder ausgetrieben, wobei die Elastizität der Lungen mithilft. 

Bei kielförmigem Thorax überwiegt die Zwerchfellatmung und geschieht 
Rippenatmung, vorwiegend im hinteren Teil des Thorax, wie die „schlagenden 
Flanken" eines schnellatmenden Hundes und Pferdes zeigen. Erst bei 
Verminderung der Kielform gewinnt im allgemeinen die Rippenatmung 
Terrain auch in dem vorderen Teil des Thorax: sie wird eine ausgiebige 
im faßförmigen Thorax der Anthropomorphen. 

Diese rhythmische Atcmbewegung. dieses Atemholen, ist wohl zu 
unterscheiden von der eigentlichen Lungenatmung: der Aufnahme von 
Sauerstofl" aus der in den Lungen enthaltenen Luft durch das Blut in den 
Lungenkapillarcu und die Abgabe von Kohlensäure, die ausgeatmet wird. 
Gewebeatmung nennt man denselben Prozeß im Gewebe, wobei das zir- 
kulierende Blut Sauerstoff zuführt und im Austausch Kohlensäure abführt. 



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Herz. 



229 

■ 



IX. Zirkulationsorgane. 

Kenntnisnahme tler Respirationsorgane legte den unscheidbaren physio- 
logischen Zusammenhang derselben mit dem Blutgefäßsystem dar. Die 
Gewebeatmung fordert Zirkulation des Blutes als Träger des Sauerstoffs. 

In einem geschlossenen Gefäßsystem strömend, wird das Blut durch 
da* Herz. Cor. getrieben. Als propulsatorisches Organ besteht dessen 
Wand aus quergestreifter Muskulatur ganz eigener Art: dem Myocardium; 
sie ist in den Vorhöfen und Kammern eine getrennte, woraus sirh die un- 
abhängige Kontraktion beider erklärt. Eine Biwlegewehsschicht überzieht 
die Binnenräume des Herzens und wird ihrerseits von einer Lage poly- 
gonaler Epithclzellcn, welche sich in das Epithel der Blutgefäße fort- 
setzen, bedeckt. Beide stellen zusammen das Endocardium dar. 

Wie bei den Vögeln, unterscheiden wir an dem Heiz einen Sinus 
venosus. ein rechtes und linkes Atrium, auch Vorhof oder Busen genannt, 
und die beiden Herzkammern: Ventriculus dexter und sinister, die 
ebenso wie die Busen durch ein Septum geschieden sind. 

Jederseits kommuniziert der Busen mit der Kannner durch das 
Ostium venosum. Ostium arteriös um heißt die Oeffnung, durch 
welche die Lungenarterie aus der rechten ^ 
Herzkammer resp. die Aorta aus der linken 1 
Herzkammer tritt. Diese Oeffhungen können ri< f * 
durch drei halbmondförmige Taschenklappen 
gegen den Ventrikelraum geschlossen werden. 
Hierdurch ist Zurückfließen von Blut in den 
Ventrikel unmöglich gemacht, nachdem dieser 
das Blut durch Systole, d. i. physiologische 
Kontraktion seiner Muskelwand in das Gefäß Fig. ]s:>. Schema einer 

getrieben, das sich der zentrifugalen Richtung Herzhülfte / bei KammerdiaMoie, 

seines Blutstromes nach wie eine Arterie be- " X tJ^ mv Z** XoX *r * ^f*-* 1 

at Atrium; Kammer; ov Atno- 

tragt. ventrikular-Oefrnung mit Klappe; 

Gegenüber diesen uniform gebauten oa Arterielle Oeffniing, oberhalb 
Klappen, den Valvillae semilunares 0<ler derselben die Semilunarklappen. 
arter iosae. verhalten sich die Valvulae Nach <u v™ hnUT - 
venosae oder atrioventriculares an den Ostia vensoa verschieden bei 
Monotremen und den viviparen Säugern. 

Namentlich durch die Untersuchungen von Ray Lankester. Röse und 
Hochstetter wissen wir. daß erstere sich diesbezüglich auffallend an die 
Vögel anschließen, mehr als an die übrigen Säuger. Im rechten Ostium 
atrioventriculare tritt nämlich nur ein Klappensegel auf, das als marginales 
bezeichnet wird, da seine Muskelbalken entstehen aus der Ventrikelwand, 
während das Septum sich nicht beteiligt an der Bildung eines zweiten, 
also septalen Segels. Wohl aber setzt sich, namentlich bei Echidna. die 
marginale Klappe auf das Septum fort, ohne aber eine septale Klappe 
zu bilden. 

Die Oberfläche des Septum geht nach Hochstetter vielmehr voll- 
kommen glatt in die des Vorhofseptum über. Bei Marsupialia ist aber 




230 



IX. Cirkulationsorganc. 



bereits die für alle viviparen Säuger charakteristische 
Differenzierung am rechten Ostium venosum ein- 
getreten, indem sich zwei laterale und eine mediale 
oder septale Klappe herausgebildet hat, die zusammen 
die Valvula tricuspidalis oder venosa dextra dar- 
stellen. Ursprünglich lediglich muskulös — wenig- 
stens die lateralen Klappen — werden sie durch 

Fig. 18H. Herz von Ornithorhynchu* von der I)or*al- 
seite; nach Rose. / Rechte* Atrium; und 4 Linke Vena 
Cftra anterior; j Rechte Vena eava anterior; 5 Aorta von 
recht* nach üiiIcm mit dem Truncin brach iocephalicus dexter, 
der Carotin cummuni* «inister und der SulK'lavia sinistra; 
6 Quer -Anastomose zwischen den beiden vonleren Hohl- 
adein; 7 Vena pulmonal*: Ä und o Linke und rechte 
Arteria pulmonali«; w Vena cava posterior; 12, 13 Linker 
und Rechter Ventrikel. 

Zugrundegehen der Muskulatur bindegewebige Klappen, die durch sehnige 
Fäden: Chordae tendineae an Muskelvorsprüngen der Ventrikelwand, 
den Musculi papilläres, festsitzen und in ihrer Lage erhalten werden. 
An dem Aufbau der medialen Klappe beteiligt sich wesentlich das Endo- 
cardium [Röse|. 

Das linke Ostium venosum der Monotremen wird von drei Papillar- 
muskeln umstanden, die fächerförmig ausstrahlen in drei bindegewebige 
Klappcnse*gel : zwei laterale und ein marginales. Hei den viviparen Säugern 
schwinden der Hauptsache nach die Muskeln, auch hat Verschmelzung der 
beiden marginalen Klappen zu einer statt, die als lateraler Zipfel der 
Valvula mitralis. bicuspidalis oder venosa sinistra erscheint, wahrend 
das mediale Klappensegel zu deren medialem Zipfel wird. 

Weiter unten wird zur Sprache kommen, dati das Septum atriorum 
bd den Monodelphia während des uterinen Lebens durchbohrt ist durch 
das Foramen ovale zum Zwecke eines, der Respiration des Embryo an- 
gepaßten, andersgerichteten Blutstroms. Nach der (iehurt schließt es sich, 
macht sich aber als Fossa ovalis zeitlebens bemerkbar, wenigstens in der 
rechten Vorkammer, wo es vom Limbus Vieussenii saumartig umzogen 
wird. Solch Foramen ovale fehlt den Monotremen und Marsupialia. Die 
embryonale Kommunikation ihrer Vorhöfe wird durch siebartige Durch- 
löcherung des Septum bewerkstelligt. 

In den rechten Vorhof bringen zwei vordere Ilohlvenen: Venne 
cavae anteriores, das Blut aus Kopf. Hals und Vorderextremitäten: eine 
hintere: Vena cava posterior, aus dem übrigen Körper. Sie mündeten 
ursprünglich gemeinsam in den Sinus venosus. Bei Säugern ging aber 
dieser Raum, in den bei niedrigeren Vertebraten alles venöse Blut sich 
sammelte, ehe es in das Atrium trat, zurück und wurde aufgenommen in 
den rechten Vorhof unter Trennung und Verschiebung der Mündungen. 
Damit erfuhren auch die Sinusklappen Veränderung, doch kann sich in 
Verbindung mit der hinteren Hohlvene rechterseits die Valvula Eustachii 
erhalten, seltener auch die linke Sinusklappe bei Monotremen. Marsupialia. 
Dasypus [Rose], Biber, Talpa, Chiroptera. Lemur, Chiromys [Horn. Grosser, 
Zuckerkandl|. Als Klappe der linken vorderen Hohlvene tritt wenigstens 
zeitweilig die Valvula Thehesii auf. Der ursprüngliche Zustand einer linken 




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Herz, BlutgpfäiV 



231 



und rechten vorderen Hohlvene erhält sich bei Monotremata. Marsupialia, 
zahlreichen Rodentia und Inseotivora (Erinaceus z. B.t, Vespertilio, Elephas. 
Eine Querverbindung zwischen Weiden führt dazu, daß die rechte die 
Ueberhand gewinnt, und die Hauptmasse des Blutes dem Herzen zuführt 
(Ungulata, einzelne Rodentia): schließlich ist sie die alleinige (Xenarthra, 
Manis. Cctacea. Carnivora. Primates). (Fig. H>1.) Der proximale Rest der 
linken wird zum Sinus der Kranzvene des Herzens. Die bereits genannte 
Valvula Thcbesii funktioniert als dessen Klappe. 

Zum linken Vorhof ziehen die Lungen venen. Venae pulmonales, 
die arterialisiertes Blut aus den Lungen zuführen. Bei den Monotremen 
vereinigen sich die vier Lungenvenen zu zwei Aesten. die zu einem langen 
Stamm zusammentreten. Er mündet schräg in die Vorhofswand ein, er- 
fahrt somit bei Systole der Atrien Verschluß und kann damit der Klappen 
entbehren. Das ist auch bei viviparen Säugern der Fall. Diese haben 
gleichfalls vier Lungenvenen, die aber höchstens zu zwei getrennt mün- 
denden Stämmen sich vereinigen, in anderen Fällen aber alle getrennt 
ausmünden. 

Aus dem rechten Ventrikel kommt die Arteria pulmonales hervor, 
die sich dichotomisch teilend, zur Lunge eilt. Sie sendet, in Kapillaren 
sich auflösend, ihr venöses Blut längs den Alveolengängen, das darauf 
durch die Venae pulmonales wieder zum Herzen zurückströmt und solcher- 
gestalt den kleinen oder Lungenkreislauf konstituiert. 

Aus dem linken Ventrikel geht die Aorta hervor, das bedeutendste 
Gefäß des Körpers (Fig. 187). Sie bildet im Gegensatz zu den Vögeln einen 
linken Aortabogen. Arcus aortae, der über dem linken Bronchus zur Wirbel- 
säule sich umbiegt und als Aorta dorsalis längs dieser zum Becken hcrab- 
läuft. Hier teilt sie sich in die beiden Arteriae iliacae commune*, 
die, in die Art. hypogastrica und femoralis zerfallend, die Hinterextremitäten 
versorgen. Die Aorta selbst setzt sich als Art. caudalis fort auf den 
Schwanz, dessen Ausmaß ihre Ausbildung bedingt und bei verkümmertem 
Schwanz die Art. sacralis media darstellt. Auf ihrem Wege längs der 
Wirbelsäule gibt die Aorta dorsalis die metameren Arft, intercostales ab, 
zum Darm die Art. coeliaca, mesenterica anterior und posterior, 
zur Niere die Art. renalis. 

Sobald die Aorta aus der linken Kammer herausgetreten ist, bildet 
sie eine Anschwellung, den Bulbus aortae mit den H Semilunarklappen, 
oberhalb welcher die rechte und linke Kranzarterie. Arteriae coronariae 
cordis, zur Ernährung des Herzens zur Herzwand ziehen. Der Aorta- 
bogen, selbst eine Differenzierung des linken 4. Artcrienbogens (Fig. 18D). 
läßt im definitiven Zustand die übrigen Gefäße, die aus den übrigen Artcrien- 
bogen sich differenzierten (s. u), aus sich hervortreten. Die Anordnung ist 
eine verschiedene, indem die Ursprünge der verschiedenen Arterien bald ge- 
trennte sind, bald Vereinigung statthat, ausnahmsweise bis zu rinem 
Truncus anonymus. 

Die fraglichen Arterien sind die Art. subclavia dextra und 
sinistra für die Vorderextreniitäten, deren distale Teile sie mit ihren 
Endästen: Art. ulnaris und radialis, bedient. Aus ihnen geht jederseits 
die längs der ventralen Rumpf wand ziehende Art. mammaria interna 
hervor. Ferner entspringt aus dem Aortenstamm die paarige Art. caro- 
tis communis. Der Ursprung dieser Karotidenstämme kann ein ver- 
schiedenartiger sein, jedenfalls teilen sie sich aber in die Art. carotis 



232 



IX. Cirkulationsorganc. 



externa, die hauptsächlich zum Gesicht und zur Kopfhaut zieht, und die 
Art. carotis interna oder cerehralis. die vorwiegend das Gehirn und 
die Sinnesorgane bedient. Außerdem erhält das Gehirn noch Blut durch 
die Art. vertebralis. welche, die Foramina transversaria der Halswirbel 
oder einen Teil derselben durchziehend, durch das Foramen magtttiin in 
die Schädelhöhle tritt und als Art. basilaris den Gehirnstamin umfalit. 
Mit der Carotis interna bildet sie den Circulus arteriosus Willisii. 




Fig 187. Hauptgefäße de* 
Menschen, nach Thomson. / rechte*. 
Atrium; rechter Ventrikel: j 
Art. pul in 'miil i- : 4 obere Huhl- 
vene; 5 unten Hohlvene: 6 Venae 
intestinale*: 7 Vena hepatica; 8 
linkes Atrium; 9 linker Ventrikel; 
10 Vena pulmonal i« ; // Aortabogen ; 
12 Carotis communis; ij iSub- 
clavia;/^ Arteriae hepato-ga>tricae ; 
15 Art. renalis; 16 Art. mesen- 
terica; 17 Art. iliaca; tü Lunken; 
ig Leber: 20 Nii-re; 21 Vena 
portae. Die Lunge, lieber, Niere 
und einige Darrnschlingen sind 
durch punktierten Cm riß ange- 
deutet. l)ie arteriellen (lefäße sind 
n>t gehalten. 



Diese Art. vertebralis aus der Subclavia kann durch einen Ast der Art. 
occipifalis aus der Carotis externa ersetzt werden. Von den Karotiden 
sei nur noch der bereits bei den Gehörknöchelchen hervorgehobene Punkt 

Fig. Arterien der Trommelhöhle, die 

durch den Kreit« dargestellt ist. Links von Sorex, 
recht* von Talpa; nach Winge. a Carotis, die in die 
Trommelhöhle eintritt; b Carotis interna: c Art. 
maxi Huris interna; J A. meningca media, in der Schädel- 
h»"ihle punktiert dargestellt. / Oeffnung für die Carotis 
externa; 2 für die Carotis interna; 3 Foramen spino- 
siim; 4 Stapes. 

besprochen, daü dieselben in die Trommelhöhle eintreten, wobei die Arteria 
maxillaris in innige Beziehung tritt zum Stapes (p. 144). Nebenstehende 
Schemata nach Winge zeigen diesbezüglich primitivere Verhältnisse bei 
Insektivoren (Fig. 188). 

Diese Andeutungen über die wichtigsten GefäUe des Körper- oder 
großen Kreislaufes mögen für unsere Zwecke genügen. 




Herzknochen, Pericardium, embryonales Arteriensystem. 



L>33 



Es erübrigt noch einige andere Punkte zu besprechen. 

Von untergeordneterer Bedeutung sind die Herzknochen. Die Atrio- 
ventrikulär- und Arterienöffnungen des Herzens werden durch Faserringe 
(Annuli tibrosi) gestützt. Namentlich der Faserring der Aorta ist bei 
großen Tieren ein voluminöses Gebilde, das zusammenhängt mit dem 
Faserring der Mitralklappe. Hier kommen beim Pferd, Tapir Knorpel- 
stücke zur Entfaltung, die verknöchern können. Hei vielen Ruminantia 
sind es zwei unregelmäßige Knochenstücke, die den Yalvulae semilunares 
und der Valvula mitralis zur Stütze dienen. 

Wichtiger ist. daß ebenso wie die Lungen, so auch das Herz in 
einem serösen doppelwandigen Sack, dem Pericardium. Herzbeutel, ein- 
geschlossen ist, der ebenso wie die Pleurasäcke eine Differenzierung des 
gemeinsamen Cöloms ist. Er stellt eine seröse Höhle dar, in welchem 
das Herz seine systolischen und diastolischen Bewegungen glatt ausführen 
kann. Zu dem Zwecke überzieht, nach Art anderer Cölomsäcke, ein vis- 
cerales seröses Blatt, das auch Epicardium genannt wird, das Herz und 
schlägt sich an der Wurzel der großen Gefäße in das parietale Blatt um. 
Beide kehren einander glatte, mit Cölomepithel bekleidete Flächen zu 
und fassen die Perikardialhöhle zwischen sich. Von der Umschlagsstelle 
aus wird das parietale Blatt auswärts verstärkt durch das fibröse Blatt: 
eine lockere Bindegewebsgeschicht, die sich auf die großen Gefäße fort- 
setzt und gegen welche sich ein Stück der Pleura mediastinalis anlegt, die 
danach auch Pleura pericardialis genannt wird. 

Ueber die Lage des Herzens wurde auf p. lfil u. 221 bereits 
einiges angedeutet. 

Hier genügt bezüglich seiner Form hervorzuheben, daß dieselbe 
Abweichung von der einfachen Kegelform erfährt bei den Sirenia, wo die 
Spitzen der Ventrikel, die sonst als ein Kegel erscheinen, höchstens mit 
geringer Einkerbung, zwei getrennte Kegel darstellen und dafJ bei Cetacea 
das umfangreiche Herz auffallend in die Breite entwickelt ist. 



Wie bei anderen Amnioten unterscheidet sich auch bei Säugern die 
Zirkulation beim Embryo wesentlich von der des geborenen Tieres. 
Zum großen Teil ist dies Folge der Eihäute, die für die Atmung und Er- 
nährung des Embryo sorgen. Diese Verhältnisse sollen später im An- 
schluß an die Placenta behandelt werden. Hier soll nur die embryonale 
Zirkulation zur Sprache kommen, insoweit sie den Zustand des geborenen 
Säugeis erklärt. 

Ganz wie bei anderen Amnioten. entsteht das Herz aus paariger An- 
lage. Wenn es die Form eines Schlauches angenommen hat, setzt es sich 
unterhalb der Darmhöhle in den Aortenstamm. Truncus arteriosus. fort. 
Dieser teilt sich, um jederseits den primitiven ersten Aortabogen zu bilden, 
die, dorsalwärt.s aufsteigend, weiterhin schwanzwärts als primitive Aorten 
verlaufen. Während der weiteren Entwicklung entstehen allmählich 
jederseits fünf weitere Arterienbogcn, die sich jederseits zur primitiven 
Aorta ihrer Seite begehen. Sie bestehen jedoch niemals gleichzeitig alle 
sechs; denn die vorderen erfahren Reduktion, namentlich das erste Paar, 
während die hinteren sich bilden. Die Arterienbogen sind gegenüber den 
vier vorübergehend angelegten Kiemenspalten derart orientiert, daß der 



234 



IX. Cirkulationeorgane. 




zweite bis fünfte vor der ersten bis vierten Kiemen- 
spalte liegt, der sechste aber hinter der entsprechenden 
Kiementasche. 

Unsere Figur 1XJ) stellt nach Boas dar. welche 
wichtigen Gefäße aus diesen primitiven Arterienbogen 
sich differenzieren. Es sind in erster Linie der defini- 
tive linke Aortenbogen selbst, aus dem vierten Arterien- 
bogen. der linkerseits die Art. subclavia für die 
linke Vorderextremität abgibt. Rechterseits entsteht 
hier die Subclavia dextra. Ferner jederseits die Art. 
carotis communis, die als Carotis interna sich 
Fig. ISO./— odiesochs fortsetzt und aus der Bahn des dritten Aortenbogens 

tSSSS^'^S^t ,,ie Carotis externa hervorgehen läßt. Der sechste 
schwarz ist angedeutet. Arterienbogen transformiert sich in seinem proximalen 
w«fi Iwi .Säugern daraus Teil zur Art. pulmonalis. die linkerseits ihre Ver- 
wird, a Aorienwurzel. hindung mit dem Aortabogen bewahrt. Durch diesen 

i^lStt n r"^" trinsi,s ", otal , li s,r '" ,, " t ,las 

Aorta dornalin <«'); " rechten Kammer aus der Lungenarterie zur Aorta. 
Carotis interna; e, .' Erst nach der Geburt obliteriert dieser Ductus zum 
CanniH externa; sd. ss Ligamentum Botalli, womit die Scheidung des Lungen- 
SÄiÄ?! '»"' Kö,„crkre is |aufe S «togen ist 
nionalis,*l)iH'tuHarie- Die beiden primitiven Aorten vereinigen sich 

Timm Botalli. Nach alsliald zur einzigen medio-dorsalen definitiven Aorta. 

Aus ihr gehen hervor die zwei Arteriae omphalo- 
mesentericae. die zum Dottersack ziehen und den Dottersackkreislauf 
formieren (Fig. 11)0). Erst viel später gehen aus dem Schwanzteil der Aorta die 
beiden l'mbilikalarterien hervor. Diese Arteriae umbilicales verlaufen 
zur Allantois, daher auch Artt. allantoidcae und organisieren den allan- 
toiden oder umbilikalen Kreislauf. Diese beiden Gefäßsysteme, der Haupt- 
sache nach außerhalb des Embryo gelegen und auch von niedrigeren km- 
nioten bekannt, sollen weiter unten (p. 2i»4) näher behandelt werden. 

Das embryonale Venensystem erscheint zuerst in Gestalt eines 
vorderen und hinteren Venenpaares: die Kardinalvenen (Fig. 15»<>>. Von 
diesen nehmen die vorderen, auch Venae jugulares genannt, das Blut aus Kopf, 
Hals und Vorderextremitäten auf. Die hinteren Kardinalvenen führen das 
Blut ab aus den Urnieren, aus der Körperwand, «lern Rückenmark und den 
Hinterextremitäten. Die Vena cardinalis anterior und posterior einer Seite 
vereinigen sich in einem genieinsamen Stamm-, dem Ductus oder Canalis 
Cu vieri. Beide Cuvierschen Gänge münden durch den Sinus venosus 
in den venösen Teil des Herzens. In den Sinus venosus, der später in 
das rechte Atrium aufgenommen wird, münden ferner die Venae omphalo- 
mesentericae, die das Blut aus dem Dottersack zuführen, während die 
beiden Venae umbilicales das Blut aus der Allantois zu den Cuvierschen 
Kanälen und damit zum Herzen leiten. Diese beiden, den Eihäuten an- 
gehörigen Blutsysteme sollen uns später noch beschäftigen; hier genüge 
hervorzuheben, daß der intra-embryonale Teil der beiden Venae omphalo- 
mesentcricae zu einem Stamme verschmilzt, der nach der (ieburt einen 
Teil des Stammes der Vena portae liefert. Dieser führt venöses Blut aus 
dem Darmkanal zur Leber. 

Weiter ist hervorzuheben, daß von den beiden Venae umbilicales 
die linke als solche bestehen bleibt während des embryonalen Lebens. 



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Embryonales Vi 



23Ö 



während die rechte sich mit dem Ende des gemeinschaftlichen Stammes 
der beiden Venae omphalo-mesentericae vereinigt, um mit diesen die Vena 
hepatica communis zu bilden, die das Blut aus der embryonalen Leber 
zum Sinus venosus bringt fp. 295). Aus dieser Vene entwickelt sich das 
als Vena cava posterior oder hintere Hohlvene bezeichnete Gefäß, das sich 
schwanzwärts erstreckt und jederseite Verbindung erlangt mit den hinteren 
Kardinalvenen. Ein Teil des Blutes letzterer wird zunächst, dank dieser 
Verbindung, in die hintere Hohlvene abgeleitet (Fig. 191 1. Die Kardinalvenen 
verengem sich weiterhin über eine kurze Ausdehnung in der Richtung kopf- 
wärts von der genannten Verbindung mit der hinteren Hohlvene. Schließlich 
obliterieren sie in dieser Ausdehnung. Damit ist jede hintere Kardinal- 
vene in einen kopfwärts und einen schwanzwärts gelegenen unabhängigen 
Teil zerlegt. Das Blut dieses kaudalen Abschnittes, das er dem Becken 
und den Hinterextremitäten entnimmt, wird auf kürzestem Wege zum 
Herzen geleitet durch die hintere Hohlvene, die solchergestalt stets aus- 
gedehnteres Stromgebiet erhält, namentlich rechterseits. wo sie sich den 
Schwanzabschnitt der hinteren Kardinalvene aneignet. 

.9 




Fig. 190. Theoretische Darstellung der embryonalen Blutgefäße. / Herz; 2 
Truncus arteriosus; 3 — 8 die sechs Arterienbogen ; sie sind gestrichelt insoweit sie ver- 
wendet werden Wim definitiven Gefäßsvstem (vergl. Fig. 180); 9 Aorta descendens als 
Fortsetzung des Aortabogens, der aus dem 4. Arterienbogen hervorgeht ihier unrichtig 
aus dem f>. - die Strichelung in 4 und 5 muß auf s und 6 verschoben werden); 10 
Art. pulmonalis; // Aorta dorsalis; 12 Arteriae. 13 Venae omphalo-mesentericae; 
14 Arteriae, 15 Venae umbilicales; 16 Ductus Cuvieri; 17 Venae cardinales anteriore», 
18 posteriores; ig Allantois; 10 Do.ttersack. Die der Richtung des Blutstromes nach 
arteriellen Gefäße sind gestrichelt, die venösen blau, nur die Venae cardinales sind voll 
schwarz gehalten. 

Der kopfwärts gelegene Abschnitt führt jetzt daR Blut der metameren 
Venen des Thorax zur vorderen Kardinal vene derselben Seite: beide fließen 
eben im Cuvierschen Kanal zusammen. Durch die Verlagerung des Herzens 
in kaudaler Richtung während der fötalen Entwickelung hat gleichzeitig 
Verlagerung dieses Zusammenflusses statt und damit Verkürzung des 
vorderen Abschnittes der hinteren Hohlvene. Linkerseits endet sie mit 
totalem Schwunde in der Nähe des Herzens. 

Infolgedessen muß jetzt ein Teil der linken metameren Venen 
des Thorax sich in den vorderen Abschnitt der rechten hinteren Kardinal- 
vene ergießen. Diese bildet sich damit zur Vena azygos aus. welche 
sich in die vordere rechte Kardinalvene: Vena jugularis dextra, ergießt 
und andererseits schwanzwärts sich ausdehnt. 



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2.% 



IX- Cirku}ation#orpine. 



Ein anderer (hinterer) Teil der metaineren Venen der linken Rumpf- 
seite ergieüt sein Blut in die Vena hemiazygos, die wenigstens zum Teil 
ein Rest der hinteren linken Kardinalvene ist. Bei verschiedenen Säugern 
vereinigt sich die Hemiazygos mit der Azygos. bei anderen, z. B. den Ru- 
minantia. mündet sie direkt in das reclite Atrium. 




Fij?. 191. EntwickelunR de* Venensystems in vier Stadion. / Ductus (uvieri; 
2 Vonae cardinales anteriores i Wime jugulares resp. vordere Hohlvenen i; j Vcnae car- 
dinnles posteriore*: 4 Vena azypott; 5 Vena heiniazygos; 6 Vena eava pwtcrior: 7 
Vena umbilicalis; S Vena hepatica; 0 Vena coronaria eordi*. 

Die vorderen Kardinalvenen, auch primitive .lugiilarveiien genannt, 
feilen sich und empfangen in ihrem Verlauf tlie verschiedenen Halsvenen. 
Man gibt ihnen späterhin von der Einmündung der Vena subclavia an bis 
zum Herzen, dem Teil somit, der auch den Rest des Cuvierschen (ianges 
in sich falit, den Namen: Venae cavae anteriores. Die rechtsseitige 
N ene begibt sich direkt zum rechten Atrium, während die linke, das linke 
Atrium umgreifend, zum rechten Atrium zieht. Sie ist die Kranzvene 
des Herzens: Vena coronaria cordis. in welche die Herzvenen ihr 
Blut ergielien. 

Bei zahlreichen, auf p. 231 genannten Säugern geht die linke Vene 
zurück, da ihr Blut durch eine Queranastomose zur rechten Vene abgeleitet 
wird. Damit erleidet der zum Herzen ziehende Ahx-hnitt Reduktion, mit 
Ausnahme des Teiles, der sich in den Sinus ergiel.it, in welchen die Herz- 
venen münden, und der Sinus coronarius genannt wird. 

Die im vorgehenden beschriebenen arteriellen und venösen gröberen 
und feineren (iefälikanäle kommunizieren durch ein beiderseitig dazwischen 
geschobenes terminales Netz von Kapillaren. Regel in diesem System 
sich verästelnder (iefälie ist, dati diese Verästelung eine allmähliche, sue- 
cessive ist. Nur selten findet bei Säugern hiervon Abweichung statt: 
z. B. in der Weise, daß eine Arterie plötzlich in eine Anzahl Aeste zer- 
fällt, die sich ebenso plötzlich wieder zu einem Stamme vereinigen ohne 
dazwischen geschobenes Kapillarnetz. Man spricht dann von einem Wiin- 
dernetz. Rete mirabile. und in diesem FaJle von einem arteriellen bipo- 



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Wundernetze, Blut, Lymphdrüsen. 



237 



laren, wie in den Glomeruli der Nierenarterie. Büschelartige oder diffuse 
Wundernetzbildung ist auch von den Arterien der Vorderextreinität 
(Monotremen, Xenarthra, einzelne Prosimiaei und der Hinterextremität 
(Monotremen i bekannt. Da hier die gebildeten arteriellen A estchen kapillär 
übergehen in das Venensystein, haben wir es mit einem unipolaren 
arteriellen Wundernetz zu tun, das auch diffus genannt wird. Auch die 
Karotiden liefern in der Schädelhöhle der Artiodaetyla Wunder netze, ferner 
die Mesenterialgefäße z. B. am Magen des Schweines. Am auffälligsten 
ist dies aber an den Interkostalarterien der Cetaceen, in deren Bereich, 
unter Beihilfe anderer Arterien, ausgedehnte Plexus entstehen, die sich 
als dichte Masse im hinteren Mediastinum, längs der Wirbelsäule Iiis zum 
Halse ausdehnen. Bei diesen Säugern zerfallen auch die Aeste der kau- 
dalen Aorta in ausgedehnte Wumlernetze, Auffallend deutlich ist bei 
ihnen, daß dort, wo die Arterien Wundernetze bilden, auch die Venen das 
Gleiche tun. Man hat die ausgedehnte Wundernetzbildung der Cetaceen 
mit ihrem Tauch vermögen in Zusammenhang gebracht, das zeitweilige 
Sistierung der Atmung fordert und damit eine proße Blutmenge, die grotie 
Kapazität der Blutgefäße erheischt ; denn diese gestattet Aufspeicherung von 
Sauerstoff, den das Tier verbraucht während der Zeit, daß es seinem 
Blut keinen neuen zuführen kann fP. Bert]. 

Das zirkulierende Blut, Sanguis. führt den Geweben nicht nur zu- 
bereitete Xahrungsstorl'e, sondern auch Sauerstoff zu. Letzteren bringen 
die hämoglobinhaltigen roten Blutkörperchen. Es sind dies meist bikonkave, 
kernlose Scheibchen. 11,4- -2.5 /< fzroß. Nur bei den Camelidae haben sie 
eine ovale, bikonvexe Form. Zusammen mit kernhaltigen, amöboiden 
Lymphezellen, den weißen Blutkörperchen, sind sie suspendiert in dem 
Blutserum: einer wasserklaren, eiweißhaltigen Flüssigkeit. 

Letztere tritt zum Teil durch die Wände des Kapillarnetzes in die 
Gewebe. Diese Gewebeflüssigkeit, vermengt mit den Produkten des Stoff- 
wechsels der bezüglichen Organe wird als Lymphe von den Lymphe- 
gefäßen aufgenommen und dem Herzen wieder zugeführt. Auf diesem 
Wege passiert der Lymphestrom die Lymphodrüsen, Lympheknoten 
oder Follikel, deren cytogenem Gewebe sie die bereits genannten Lymphe- 
zellen entnehmen. In besonderer Entfaltung treten diese Gebilde im 
Darmkanal und seinen Adnexa auf. W ? ir lernten sie bereits früher als 
Tonsille, Peyerschc Follikelhaufen und als solitäre und gehäufte Follikel 
in der Darmwand kennen. Bedeutender noch treten Lympheknoten in den 
Mesenterien auf. Vereinigen sie sich hier bei Hunden. Phoca, den Cetaceen 
zu einer Masse, so spricht man von einem Pankreas Aselli. Alle die letzt- 
genannten Lympheorgane stehen in Verbindung mit den Lymphegefäßen, 
welche der Abfuhr der aus dem Speisebrei, Chymus, aufgenommenen 
Lympheflüssigkeit : des Chylus obliegen. Diese Chylusgefäße vereinigen 
sich mit den Lymphegefäßen, welche die Gewebsflüssigkeit aus den Hinter- 
extremitäten wegführen, zu einem seltener paarigen Ductus thoracicus, der 
längs der Wirbelsäule nach vorn ziehend, vereinigt mit den Lymphekanälen 
des Thorax, der linken Vorderextremität und Kopfhälfte in die linke Vena 
brachioeephalica ausmündet. Die Lymphe der rechten Seite mündet ge- 
wöhnlich in die rechtsseitige gleichnamige Vene. 

Diesem System gehört auch die Thymus an, die zwischen Herz- 
basis und Brustbein liegt und beim jungen Tier von hier aus verschieden 



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I nneren, Ovarium. 



239 



Ernährung erhält, bis er — was nur bei Marsupialia nicht geschieht 
in sehr vollkommenem Zustande geboren wird. 

Ersteres beeinflußt beide Geschlechter, letzteres: die Brutpflege, 
direkt nur den weiblichen Apparat. Da sich diesbezüglich verschiedene 
Stufen der Ausbildung erkennen lassen, kommt dem Geschlechtsapparat 
auch hoher taxonomischer Wert zu. 

Bei seiner Betrachtung sind die Geschlechtsdrüsen: Eierstock und 
Hoden: sind die Abfuhrwege des Sekretes derselben; sind endlich die 
änßeren Geschlechtsorgane, die in erster Linie der Kopulation dienen, zu 
unterscheiden. 

Andere Organe, die gleichfalls zu der Fortpflanzung in Beziehung 
stehen, wie die Milchdrüsen, der Brutbeutel der Monotremen. das Mar- 
supium der Beuteltiere, fanden bei dem Integument Erledigung. 

Andere Differenzierungen aber, die man als sekundäre Gcschlechts- 
merkmale zusammenfaßt, wie Geweihe; Hautdrüsen, deren Sekret sexuell 
reizt oder anderweitig die Geschlechter zusammenbringt; Unterschiede im 
Haarkleid, in der Bezahnung, im Bau des Larynx u. s. w„ wurden bei 
den betreffenden Organen erwähnt und sollen in einem eigenen Kapitel 
im Zusammenhang besprochen werden <p. 21)7). 

Die Geschlechtsorgane werden in ihrer Eigenheit nur begreiflich 
durch die Geschichte ihrer Entwickelung. Wir haben dafür auszugehen von 
der Urniere ( Wolffscher Körper, Mesonephros). Da bei Säugetieren die Vor- 
niere (Pronephros) ein nur ganz vorübergehend auftretendes, rudimentäres 
Organ ist, entwickelt sich die Urniere frühzeitig aus dem Epithel der Leibes- 
höhle als ein System von Querkanälchen. welche mit dem Urnierengang 
(Wölfischem (Jan«) in Verbindung treten. Bau. Ausdehnung und Funktion, 
welche die Urniere erlangt, sollen bei der Niere besprochen werden. Für den 
Augenblick ist wichtig, daß sie bereits sehr früh eine Veränderung in ihrem 
proximalen Teil erfährt, wodurch dieser seine eigentliche Funktion verliert 
und wegen seiner innigen Beziehung zu der Geschlechtsdrüse als Ge- 
schlechtsniere bezeichnet wird. 

Die Bildung der Geschlechtsdrüse an der medi- 
alen Seite der Urniere geschieht aus dem Cölomepithel. 
indem auf einer sich entwickelnden Keimfalte eine Lage 
von Zellen durch bedeutendere Höhe sich auszeichnet. 
Anfänglich geschlechtlich indifferent, wuchert dies hohe 
„Keimepithel", senkt sich in Form von Strängen in 
das unterliegende bindegewebige Stroma und schnürt 
sich von seinem epithelialen Mutterboden ab. An 
der Bildung der bindegewebigen Unterlage beteiligt 
sich die Urniere. die eingeklemmt zwischen der zu- 
nehmenden Keimdrüse und dem Urnierengang stets 
mehr zurückgeht. Ihr sexualer Teil aber liefert 
durch Zunahme seines interstitiellen Gewebes eine 
dicke Bindegewebsplatte für die Keimfalte und heftet 
gleichzeitig den Hilus der Keimdrüse an das übrige 
Mesenterium fest, woraus später das Mesovarium 
(9) und Mesorchium (JVi wird. 

Die obengenannten eingesenkten Zellstränge 
des Keimepithels liefern im Ovarium die sog. 
Schläuche von Valentin-Pflüger. welche die Follikel 




Fig. IJß. Sun scrofa. 
Emhrvn. dreimal vergr. 
.v Niere: T Testikel; 
C rrniere; // Ligamen- 
tum lestta f>i Plica in- 
guinali*; R Rectum; vu 
Blast-; öd Vas deferen» 



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240 



X . ( ieschlccht*organe. 



hervorgehen lassen, in denen das Ei zur Ausbildung kommt. Auch vom 
epithelialen Teil der sexualen Urniere bleiben noch Reste fibrig: die Mark- 
stränge, deren Umfang bei Säugetieren ein sehr verschiedener ist. 

Solchergestalt entsteht im Weibchen das kompakte Ovarium. das 
bei Monotremcn noch den traubigen Charakter niedriger Amniotcn auf- 
weist, der auch noch 1 »ei Marsupialia zutage tritt, indem die Follikel mit 



Fr 

T \ 




Fig. 193. Schnitt durch « in Ovarium von Felis domc«iica, nach K. C. Schneider. 
T Tunien alhugincn; A' Bindegewebe dir Kinde; 6' (Jcfälk- der Mark-ubstanz ; // Hilus 
ovarii; K Epoophoron; pf Primartollikcl ; Fv Sekuudürfollikel mit Liquor gefüllt, mit 
hügelförmig vorspringendem Cuntulus oophorus, der diu Ei enthalt; /'«/degenerierende. 
F »ich entwickelnder Follikel; C Corpus* luteum. 

Fig. 194. Tnstikcl, umgeben durch die 
Tunica albuginea t, die durch bindegewebige 
Septula <, den Hoden in Lappen verteilt. In 
dienen liegen die Tubuli contorti /<-, die in die 
Tubuli recti tr übergehen, den Highmorschcn 
Körper und da» Hetc Hidleri r bilden und dar- 
auf als Coni vasculosi <i- den Kopf des Neben- 
hodens l Epididymis r'| darstellen; r" dessen 
Kör|)er, r' dessen Schwan/.. In letzterem linyrt 
der Sammelkanal, der in das Vas deterens - J 
übergehl. Nach (iegenbaur. 

reifentlen Eiern wegen deren Reichtum an Dotter <je».ticlt erscheinen. 




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Tcstikel, Entstehung «ler Gctmhlechtsgängc. 



241 



Die Größenzunahme der Follikel läßt sie auch bei Monodelphia mehr 
«der weniger über die sonst glatte Oberfläche des Eierstockes vorspringen. 
Abgesehen von Ornithorhynchus. wo. ähnlich wie bei Vögeln, der linke 
Eierstock prävaliert. erfreuen sich sonst beide gleicher Ausbildung. 

Die definitiven Keimdrüsen der Männchen, die Testikel, Testes, 
entstehen aus der anfänglich indifferenten Keimdrüse in den Geschlechts- 
strängen. Sie liefern (las epitheliale Material »ler zukünftigen, samen- 
bereitenden Samenkanäle, Tubuli seniiniferi (Fig. 194). Mehrere derselben, 
etwa 3— «5. vereinigen sich nach geschlängeltem Verlauf (daher auch Tubuli 
contorti genannt) zu je einem Tubulus rectus. Ueber die Herkunft dieser 
Tubuli recti. entweder vom Keimepithel oder von der Gesehlechtsniere, 
gehen die Ansichten auseinander. Jedenfalls vereinigen sich die zahlreichen 
Tubuli recti, deren Zahl der Zahl der Hodenläppchen entspricht, zu einem 
Netzwerk (Rete Halleri). 

Die Hodenläppchen entstehen dadurch, daß die fibröse Umhüllung 
iTunica albuginea) des Hodens bindegewebige Matter (Septula) in dessen 
Inneres sendet und denselben in Läppchen oder Fächer zerlegt, welche 
die obengenannten Tubuli seminiferi contorti enthalten. Am Innenrande 
des Hodens, entweder in der Mitte oder am Vorderende, sendet die Albu- 
ginea einen dichten Strang in den Hoden, in welchem die Tubuli recti 
und das Rete Halleri liegen, die zusammen das Corpus Highmori darstellen. 

Ueber die Funktion der Samenkanälchen soll später bei der Sper- 
matogenese gehandelt werden, desgleichen über die Abfuhrwege des 
Testikels, insoweit sie aus der Geschlechtsniere entstanden (Vasa efferentia, 
Uoni vasculosi). ferner über die übrigen Hodenhüllen und über die meistens 
bedeutende Lageveränderung, die er erfährt. Hier sei nur die Arteria 
spermatica hervorgehoben, die aus der Arteria renalis entspringt und, 
zum Testikel eilend, demselben Mut zuführt. 

Die Abfuhr des venösen Mutes geschieht längs einem GefäßgeHecht, 
dem Plexus pampiniformis, der sich in die Vena renalis ergießt. 

Zum richtigen Verständnis der Geschlechtsgänge und der äußeren Ge- 
schlechtsorgane müssen wir weit ausholen und ausgehen von einem Zustande 
de> Embryo (Fig. 1 1 »r>. I), in welchem derselbe anfänglich fiach aus- 
gebreitet auf der Keimblase — sich weiterhin durch eine Art Einfaltung 
über derselben erhebt. Die vordere Einfaltung liefert das Stomodaeum, 
die hintere das Proctodaeum. Gleichzeitig entsteht hierdurch der Vorder- 
darm (Fornix . hinten der Enddarm ( Bursa). Das ektodermale Stomodaeum 
grenzt an den entodermalcn Vorderdarm. Diese beiden epithelialen Blätter 
bilden die Membrana pharyngea. während durch Anlagerung des gleicher- 
weise entodermalen Epithels des Enddarmes an das ectodermatische Procto- 
daeum die Kloaken mein b ran zustande kommt. 

Letztere Gegend allein interessiert uns augenblicklich (vergl. Fig. 190). 

Hier stülpt sich bei weiterer Entwicklung von der Ventralwand des 
Enddarmes die Allantois aus. Der Raum des Enddarmes, mit dem sie 
in Verbindung steht, nennen wir Kloake, und zwar entodermatische im 
Gegensatz zur ektodermatischen Kloake, der wir später begegnen werden. 
Als vorübergehendes Organ tritt hinter der Kloake der post-anale oder 
Schwanzdarm auf. Wichtiger ist, daß die Allantois. dereu weiteres Los 
mit dem der übrigen Eihäute zusammenfällt (s. bei Placentae bei ihrem 
weiteren Wachstum in ihrem innerhalb des Embryo gelegenen Anfangs- 

Wobor. SAugctiere. 16 



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242 



X. (Jeschlecbtsorgane. 



teiles stielartin sieh verengert zum Allantoisstiel oder Urachus s. lat. 
Derselbe wird in seinem an die Kloake grenzenden Stück zum Sinus 
urogeuitalis. Weiter entfernt weitet er sich aber zur Blase aus. von 
welcher kopfwärts der Urachus s. st. als enger Kanal, der sich allmählich 
schließt, zur extraembryonal gelegenen Allantois zieht. 




Fig. 10.">. Verschiedene schematisierte Stadien der Entwickelung de« Enddarraes, 
der Allantoir*. der Blase und äußeren Geschlechtsteile auf I eingeschnitten. I. durch eine» 
ganzen Embryo, IL— VII. durch das hintere Kör|)crende; VI. vom ^, VII. vom 
A Anus; ai Allantois; />' Blase; cl Kloake; cm Kloakcnmctnhran; es Clitoris; J Dann; 
f Fornix (Vonlerdarm); g (.icschlcchuhöcker; / Leiheshöhle; lv Ligamentum vesico- 
uinbilicalc medium (Urachus); P Perineum; /'s Penis; su Sinus urogeuitalis; u l'rnierc; 
un \vd) Urnierengang re*j> Vas deferens; ur Urachus; ut Utems; Uth Urethra; v 
Vagina; / priioraler, _• jxwtanalcr Darm. Nach Prenant. Tourneux. Horn zusammengestellt. 

Den Namen Sinus urogeuitalis verdient der Allantoisstiel, da in ihn 
die Wolffselien Gfmge eintreten. Anfänglich Abfuhrkanäle der Urniere 
(Mesonephros ), solange diese als Haniorgan funktioniert, geht später aus 
ihrem Endstück der Nierengang hervor: die eiste Anlage also des 
späteren Ureter und der bleibenden Niere (Metanephros). Nierengang und 
Wolff scher tiang erscheinen anfänglich jederseits als ein Anhang des 
Allantoisstieles. Diese sog. Allantoisschenkel [Mihalkovics] (vergl. 



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Wolffsche tiänge, Kloake. 



243 



Fig. 228, p. 27 1>) verteilen den Allantoisstiel in ein kopfwärts von der Ein- 
mündung der Wölfischen Gänge und Nierengänge gelegenes Stück, das 
sich zur Blase ausweitet und als Urachus s. str. bis zum Nabel sich fort- 
setzt und allmählich obliteriert und in ein schwanzwärts gelegenes Stück: 
den Sinus urogenitalis. der somit anfänglich in die entodermale Kloake 
mündet und dadurch sich mit dem Enddarm verbindet. 

Bisher wurden nur höhere Säuger auf diese Punkte untersucht. Es 
erscheint daher gewagt, die bei diesen erzielten Resultate auf Monotremen, 
selbst auf Marsupialia zu übertragen. Vieles spricht aber dafür, daß die 
genannte Verbindung dadurch aufgehoben wird, »laß die Kloake durch 
peritoneales (mesodcrmales) Gewebe, das schwanzwärts einwuchert, in das 
dorsale Rectum und den ventralen Sinus urogenitalis zerlegt wird. 

Inzwischen hat noch ein anderer Prozeß statt, der ausgeht von einein 
vor der Kloake gelegenen Kloakenhöcker [Rettcrer, Born], der jeder- 
seits in die Körperwand übergeht, schwanzwärts aber, in der Medianlinie 
von einer Platte ektodennatischen Epithels (Bouchon cloacal Tourneux. 
Urogenitalplatte Born) durchzogen wird. Den kopfwärts von ihr gelegenen 
bindegewebigen Teil können wir Geschlechtshöcker nennen, da aus ihm 
der Penis resp. die Clitoris hervorgehen ( Fig. 195, V ). Die Urogcnitalplatte ist 
eine solide Einsenkung des Ektoderms. in welcher anfänglich Rectum und 
Sinus urogenitalis getrennt enden. Beide öffnen sich aber später hier- 
durch nach außen und bekommen damit ein ektodermatisches Endstück 
nicht allein, sondern auch — wenigstens zeitweise — eine Ausmündung 
in eine gemeinschaftliche ektodermatische Kloake. Letztere umfaßt 
damit den Anus und die Urogenitalöffnung, durch welche der Sinns uro- 
genitalis ausmündet, der gleichzeitig damit zu einem Canalis urogenitalis 
geworden ist. 

Die obengenannte Trennung der entodermatischen Kloake in Rectum 
und Canalis urogenitalis hat in verschiedenem Grade statt. Bei mächtigem 
Wachstum des trennenden mesodemiatisehen Gewebes bildet es eine um- 
fangreiche Brücke zwischen beiden, damit auch zwischen Anus und Uro- 
genitalöffnung. Man sagt dann, daß im erwachsenen Tier ein breiter 
Damm, Perineum, beide scheide (Mehrzahl der Monodelphia). 

. Der Wuchs kann aber auch ein geringfügigerer bleiben, so daß der 
Anus sich dorsalwärts unmittelbar an die Urogenitalöffnung anschließt. Er 
kann selbst noch geringfügiger sein; alsdann wird zwar der entodermatische 
Anteil von Rectum und Canalis urogenitalis getrennt, beider Oeffnung 
aber in die gemeinschaftliche ektodermatische Kloake kann alsdann auch 
im erwachsenen Tier erhalten bleiben. Anus und Urogenitalöffnung münden 
damit durch eine Kloake aus. wie wir sie von Marsupialia. Xcnarthra. 
einigen Insectivora und Rodentia kennen. Ihre Tiefe ist eine verschiedene. 
Als Regel kommt sie beim Weibchen besser zum Ausdruck, wie deren 
Geschlechtsapparat überhaupt in mehrfacher Hinsicht auf ursprünglicherem 
Zustande verbleibt. 

Die bisherigen Untersuchungen geben kein genügendes Kriterium 
an die Hand, die verschiedenen Zustände fehlerfrei zu beurteilen. Vieles 
weist aber darauf hin, daß die Monotremen sich noch eine entodermale 
Kloake gewahrt haben. 

Von den Wolffschen Gängen stellten wir oben bereits fest, daß die 
Nierengänge, damit also die Ureteren. als Ausstülpungen an der lateralen 
und einigermaßen dorsalen Wand dieser Gänge entstehen. Allmählich tritt 

16* 



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244 



X. Geachlechteorgane. 



Scheidung ein, so daß jederseits der Ureter lateral vom Wolffschen Gang 
in den Canalis urogenitalis ausmündet 



Fig. 196. Monotreniata. 



Fig. 197. Maivupialia. 




Fig. 198. Monodelphia ohne. 



Fig. 199. Monodelphia mit Descenaus. 





Fig. 200. Monodelphia mit, Fig. 201 ohne De«cen«ms. Fig. 202. Manmpialia. 




Fig. 19b-203. Schemata über 
die Lage von Va* deferen* ( schwarz ge- 
halten) und Ureter von der Seite (19G 
bis 199) und von der L)on*al*eite gesehen 
(20n— -JOS). Die neben Figg. 200-203 
gezeichneten Skizzen über die Art der 
Ueberkreuzung von Vas deferen* und 
Ureter 8ind von der Ventralseite gesehen. 
Der Ureter ist doppelt konturiert. die 
Niere und Blase einfach konturiert, 
Hoden und Nebenhoden gestrichelt. 



Fig. 203. Monotremata. 



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ütge der Dieteren. 245 

Weiterhin wächst das Gewehe /.wischen ihnen, so daß die Ureteren 
schließlich in die Blase — die sich inzwischen gebildet hat — ansmünden 
und kopfwärts und nach außen von den Wölfischen Gangen (den späteren 
Vasa defcrentia) resp. den Miillerschen Gängen (Uteri) zu liegen kommen. 
In welcher Weise dies geschieht, soll hei den Harn Organen behandelt 
werden. Hier sei nur das Resultat hervorgehoben, daß hei Monodelphia 
und Marsupialia die Ureteren in die Hlase einmünden, sog. endoeystisch. 




Fig. 204. SchemnU zur Entwicklung de« rrogcnitalapparate« mit Ausschluß 
dor Niere, nach G. v. Mihalkovics zur Erläuterung der Homologie im männlichen Iii 
und weiblichen Geschlecht II; I sog. indifferentes Stadium, a Anus; C Kloake; </ 
Clitoris; cu Canalis urogcnitalis; t Eier; /•. Epidid ymis; l : ,p Epoophoron; gm Glome- 
ndi; glv Glandula vesicu 1 aris ; gst GesehlechtHstrang; Js Sexualst ränge; Ä Keimepithel, 
Ah de« Hoden, Ao des Ovarium; .1/ Müllerscher (laug; .»// Tuba; MU Uterus; P 
Perineum; Ps Penis; R Rectum; Rh Hinhmorscher KörjK'r, bezieht sich auf die netz- 
förmigen Kanäle (Rete Halleri», der Hin weisungsstrich fehlt!: Samenkanälchen; $u 
Sinus urogenitalis; T Trichter lies Miillerschen (langes; in TU als Morgagnische Hyda- 
tidc, in TOt als Tubentrichter; tW Wolffsche Kanälchen; // Urethra; vg Vagina;* -. m 
Vagina masculina; Hg Wolffscher Gang; //';%' beim U als Gartnerscher tiang. beim 
S als Va» deferens Wgv. 



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241) 



X. Geachlechtborgaiie. 



bei den Monotremata aber hypocystisch, d. h. in den Canalis urogeni- 
talis unabhängig von der Blase. 

Fig. 205. Auamündung der 
Ureteren u und der Vasa deferentia 
vd bei Monotrcmcn (a) und den 
übrigen Säugern 

Anders wieder verhält sich die Lage der Ureteren zu den Vasa 
deferentia resp. zu den Müllerschen Gängen. Bei Monodclphia liegen sie 
incdialwärts von den genannten Geschlechtsgängcn. Die gleiche Lage 
haben sie bei den Monotremen, allerdings mit dem großen Unterschiede, 
daß bei Monotremen die Ureteren distal von den Vasa deferentia (Wölfische 
Gänge» resp. der Mündung der Uteri, also der Ausmündung des Canalis 
urogenitalis mehr genähert ausmünden, während bei den viviparen Säugern 
das Entgegengesetzte statthat. Auffallend ist nun, daß bei Marsupialia 
die Lage der Ureteren gegenüber den Geschlechtsgängen das gerade Gegen- 
teil vom bisher Beschriebenen ist. Eine Erklärung hierfür soll später bei 
abermaliger Besprechung dieser Punkte bei den Harnorganen versucht 
werden (vergl. Fig. 1!>6— 203). 

Es ist jetzt an der Zeit , an der Hand der Schemata in Fig. 204 
Umänderungen der Wölfischen Gänge selbst oder solche, die wenigstens in 
engster Verbindung mit ihnen bei beiden Geschlechtern statthaben, wegen 
ihrer größeren Deutlichkeit, zunächst beim Weibchen zu verfolgen. 

Es handelt sich um die Entstehung der bereits genannten Müller- 
schen Gänge. Dies sind ein Paar mit hohem Zylinderepithel bekleideter 
Kanäle, die sich aus der Epithelbekleidung der Urniere, einwärts von den 
Wölfischen Gängen, entwickeln. Zunächst als Trichter, von denen — nach 
allen Untersuchern -- jederseits einer aus dem Cölomepithel entsteht. 
Bezüglich des sich daran anschließenden Ganges selbst, der schließlich an 
der Innenseite des Wölfischen Ganges verläuft, gehen aber die Ansichten 
auseinander. Nach der einen soll er in toto aus dem Cölomepithel ent- 
stehen, nach der anderen sich abspalten vom Wölfischen Gange. Vielleicht 
ist der Modus nicht gleich bei allen Säugetieren, was ja auch kein prin- 
zipieller Unterschied wäre, da der Wolfische Gang doch auch nur Cölom- 
epithel enthält. 

Das Endresultat ist, daß jederseits der Müllersche Gang, zusammen 
mit dem Wölfischen Gang und mit ihm in einer vom Peritoneum gelieferten 
Plica urogenitalis vereinigt, zum Canalis urogenitalis zieht und nach 
innen vom Wölfischen Gang in denselben ausmündet. 

Die genannte Plica erstreckt sich vom kaudalen Ende der Urniere 
zum Canalis urogenitalis; beide Plicae urogenitales bleiben bei Monotremen 
vermutlich zeitlebens getrennt, bei den viviparen Säugern vereinigen sie 
sich allmählich kopfwärts mehr und mehr zum Geschlechtsstrang. Bei 
Marsupialia ist aber diese Vereinigung teilweise nur eine zeitweise, da 
die Ureteren sie alsbald wieder trennen, so jedoch, daß diese Trennung 
keine vollständige ist. Dies lehren die erwachsenen Tiere. 

Die Vaginae, die bei ihnen als distale Stücke der ursprünglichen 
Müllerschen (iänge auftreten, berühren einander bei Didelphyidae wenigstens 




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Uterus. 



247 



in einem Punkte, bei den übrigen hat eben dort teilweise Verschmelzung 
der Vaginae statt (s. p. 2ö0). 

Anders bei den Monodelphia. Hier liegen die Müllerschen Gänge 
im Geschlechtsstrang dicht nebeneinander. Sie verschmelzen in verschie- 
denem Grade zu einem mehr oder weniger einheitlichen Raum, jedoch 
geht diese Verschmelzung kopfwärts nie weiter als bis dorthin, wo später 
das Ligamentum rotundum (teres) uteri abgehen wird, dem wir später als 
Ligamentum inguinale beim Männchen wieder begegnen und dort seine 
Genese erörtern werden. 

Was kopfwärts von dieser Stelle liegt, bleibt stets selbständig und 
wird die spätere rechts- resp. linksseitige Tuba Falloppii = Ovidukt, 
die durch den ursprünglichen Trichter des Müllerschen Ganges in die Bauch- 
höhle sich bleibend öffnet. Es ist dies das Ostium abdominale tubae, 
dessen Weite bei Monotremen, Marsupialia, mehr noch bei Cetacea groß 



C C 




Fig. 206. Weiblicher Geschlechtsapparat A von Erinaceus, frontal geöffnet; nach 
Dobson; B von Rbynchocyon, nach Peter», v Vagina; ou Uterusmuud; cc Utcrus- 
hörncr resp. Tuben; O Ovarium, in A durch das Zelt von der Bauchhöhle abgeschlossen, 
in B mit dieser kommunizierend durch ein eirundes Loch unterhalb O. 

genug ist. das ganze Ovarium zu umfassen. Meist aber ist seine Oeffnung 
nur eng, sein Rand ausnahmsweise glatt (Monotremen, Cetaceen), sonst in 
Falten gelegt oder von Fimbrien versehen, von denen eine zum Ovarium 
zieht (Fimbria ovarica). Die Tuba liegt im Ligamentum latum uteri: 
einer Peritonealfalte, die sich vom Urnierenligament herleitet (s. u.) und 
auch den Uterus enthält Das Ligament faltet sich nach Maßgabe der 
Schlängelung der Tuba, in welche das Ovarium einbezogen werden kann. 

Bei mehr gestrecktem Verlaufe der Tube kommt das Ovarium mit 
dem Ende derselben, mit deren Ampulle, in eine untiefe Peritonealtasche 
zu liegen. Ist der Verlauf stärker geschlängelt, so erhebt sich die Tasche 



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24* 



X. Gochlechtoorgane. 



zeltartig über Ovarium und Tubenöffnung (Ruminantia). Stets unter Be 
teiligung der Ampulle kann solches Eierstockszelt zu einer Eierstocks- 
kapsel werden (z. B. Schwein, manche Insectivora), die meist noch mit 
der Hauchhöhle durch eine Oeffnung kommuniziert, aber auch ganz von 
ihr sich abschließen kann und damit nur Kommunikation mit der Tuba 
unterhält als höchste Sicherung für die Aufnahme des Eies durch die 
Tuba (Fig. 200). Im übrigen wird das Ovarium an den Uterus befestigt 
durch das Ligamentum ovarii, das aus der Falte entstand, die von der 
Keimdrüse zum Geschleehtsgang zog und häufig nur als Verdickung im 
Ligamentum latum erscheint. 

Die innerhalb des Geschlechtsstranges gelegenen Abteilungen der 
Müllerschen Gänge können zwar dicht aneinander liegen, aber übrigens 
durchaus, wie durch ein Septum. getrennt bleiben und selbständig aus- 
mündende (länge darstellen, die wir Uteruskanäle nennen können und 
den sogenannten Uterus duplex von Orycteropus, von verschiedenen 
Genera unter den Chiropteren (s. diese). P'lephas und vielen Nagern bilden. 
Er mündet mit doppelter Oeffnung in die Vagina (Fig. 207. 3, 208 II). 

Einen Schritt weiter hat schwanzwärts Verschmelzung statt, so daß 
ein gemeinschaftlicher kurzer Hohlraum entsteht: ein Corpus uteri mit 
einfacher Oeffnung (Os uteri) in die Vagina, von dem aus die unverschmol- 
zenen Stücke wie zwei Horner, Cornua, die sich in die Tuben fortsetzen, 
ausgehen. Man spricht dann von einem Uterus bicornis, wie ihn die 
Ungulata, Cetacea, Sirenia. Insectivora, die meisten Chiroptera haben. 




Fig. 207. Schemata für die Uterusformen. / Monotremata; i Marsupialia; 
3 Uterus duplex; 4 Uterus bicornis; 5 Uterus fiimplcx. a Blase; m Uteras, der ent- 
weder in den Canalis urogenitalis (1) oder in die Vagina (v) ausmündet. 

Eine Zwischenstufe stellt der Uterus bipartitus (divisus) der Karni- 
voren. des Schweines, mancher Chiroptera etc. dar. insofern als an den 
gemeinschaftlichen Muttermund nur in sehr geringer Ausdehnung ver- 
schmolzene Uteri sich anschließen (Fig. 207, 208). 

Wird umgekehrt der Uteruskörper langer auf Kosten der Homer, 
schreitet mit anderen Worten die Verschmelzung der innerhalb des Genital- 
stranges gelegenen Müllerschen Gänge weiter fort, so erhalten wir den 
Zustand der Prosimiae und mancher Chiroptera. der durch vollständige 
Verschmelzung in den Uterus simplex der Affen übergeht. Hier sind 
die beiden Uteri zu einem birnförmigen oder dorsoventral zusammenge- 
drückten Corpus verschmolzen, das ebenso wie der Uterus bicornis nur 
durch einen, aber prominenten Muttermund in die Vagina mündet (Fig. 207). 

Wichtig ist. daß bereits anfänglich, ehe noch die eben beschriebene 
Verschmelzung der Müllerschen Gänge eintritt, die Bekleidung ihres Hohl- 



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Uterus, Vagina. 



raumes mit Cylinderepithel in eine Masse vielseitiger großer Zellen über- 
geht, die den Hohlraum der Müllerschen (ränge dort ausfüllt, wo diese in 
den Canalis urogenitalis eintreten. Dieses kaudale Stück der Müllerschen 
Gänge ist die erste Anlage der Vagina, die bald in die Länge wächst. 
Ob dieses von Nagel für den Menschen konstatierte hinterste verschmolzene, 
mit Epithel ausgefüllte und daher geschlossene Endstück der Müllerschen 
(länge auch für Monodelphia Gültigkeit hat, oder ob bei diesen richtiger 
die Vagina hergeleitet wird von einem längeren, im Genitalstrang gele- 
genen Stück des Epithelrohres wie Tourneux und Lagay wollen, bedarf 
weiterer Untersuchung. Die. wenn auch ausnahmsweisen Fälle, in denen 
auch das erwachsene Tier eine doppelte Vagina hat: somit zwei dicht 
nebeneinander liegende Vaginalkanäle, wobei dann in jede Vagina ein 
Uteruskanal ausmündet mit deutlichem Os uteri, sprechen für eine direkte 
Entstehung aus zwei getrennten Kanälen, die eben in die Länge wachsen. 




Fig. 208. Schemata für das Verhalten von Uterus (»/), Canalis urogenitalis (cu), 
Vagina (*). Urethra («); in der oberen Reihe von der Dorsalseite in der unteren von 
der Seite hei I Monotreinuta; II Orvcteropu« (Uterus duplex»; III viele Monodelphia 
mit Uterus bicornis; IV Monodelphia mit Uterus simplex; V Bradypus; VI Dasypus. 

Andere Fälle, in denen noch wie heim Pferd eine Längsfalte die 
übrigens einfache Vagina durchzieht, ist eine letzte Andeutung der ursprüng- 
lichen Duplizität der Kanäle, aus deren Verschmelzung eben diese Vagina 
entstand. Regel ist aber, daß diese bei Monodelphia durchaus einfarh ist. 

Ganz anders liegen die Verhältnisse bei den Marsupialia. Auch bei 
ihnen bildet, sich ein (ienitalstrang, während aber bei den Monodelphia 
die Ureteren bei ihrer Verschiebung in kopfwärtser Richtung, lateral von 
den Geschlechtsgängen zu liegen kommen, wachsen sie bei Marsupialia 
durch den Genitalstrang hindurch, so daß sie die Müllerschen Gänge 
trennen und damit deren Vereinigung beschränken. 

Diesbezüglich lassen sich verschiedene Stufen unterscheiden. Die 
ursprünglichste zeigen die Didelphyidae, bei denen die Müllerschen Gänge 



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250 



X. Gcschlcchti»organc. 



durchaus getrennt bleiben (Fig. 209/?)- Sie beschreiben aber beim er- 
wachsenen Tier eine Einwärtskrümmung, wodurch der Anfang der Vaginal- 
kanäle, dort, wo die Uteri in dieselben münden, sich aneinander legen. 
Sie umschließen dann einen dreieckigen Raum, durch welchen die Ure- 
teren zur Blase treten. Einen Schritt weiter hat hier Verschmelzung der 
Vaginalkanäle statt, wobei aber deren mehr schwanzwärts gelegener Teil 
ebenso wie die kopfwärts gelegenen Uteri getrennt bleiben. 

Weitere Komplikationen, die bei den Marsupialia zur Sprache kommen 
sollen, lassen sich dahin zusammenfassen, daß die Verschmelzung zur Bil- 
dung eines Blindsackes führt, der sog. mittleren oder un paaren Vagina, 
im Gegensatz zu den paarigen oder lateralen Vaginae. Dieser Blindsack, 
der zuweilen noch durch ein Septum seine ursprüngliche Duplizität verrät 
(Macropodidae. l'eranielcs). verdankt neben Verschmelzung auch blindsack- 
artiger Ausweitung der lateralen Vaginae seine Entstehung. Er kann 
schwanzwärts auswachsen zu einem kegelförmigen oder zylindrischen Blind- 
sack (Trichosurus. IMiascolomys etc.). der sich durch Bindegewebe an den 
Canalis urogenitalis heftet, welches Bindegewebe die lateralen Vaginae und 
Ureteren zu einem Strang vereinigt, der noch ein Rest des (Jenitaistranges 
ist. Bei MacrojKxlidae legt sich der Blindsack an den Canalis urogeni- 
talis an. Hat hier zur Zeit der Geburt Durchbruch seiner Wand, sowie 




s Oatittm abdominale tubae; u Uteriis; u Mündung in die Vagina; ur Ureter; v Vagina: 
vb Rlindsack. 

der benachbarten Wandstrecke des Canalis urogenitalis statt, so ist ein 
Wef? geöffnet für die Geburt der Jungen. 

Diese Oetfnung, die durch eine Geburt entstand, kann bestehen 
bleiben, so daß sich bei Macropodidae die mediane Vagina weiterhin in 
den Canalis urogenitalis ötfnet und beider Epithel aneinander grenzt. 

Sollte sich herausstellen, daß auch bereits im virginalen Zustande 
solcher Durchbruch statthaben kann, wie für Halmaturus ualabatus [Lister| 
und II. bennetti [Brass| behauptet ist, so scheint mir dies als ein Fall 
von Vererbung einer erworbenen Eigenschaft gelten zu dürfen. 

Noch auffallender ist, daß nach Hill bei Peramelcs. wo die mediale 
Vagina .'5 4 cm vom Canalis urogenitalis entfernt ist, dennoch bei der 
Geburt Durchbruch der Vagina, Bildung einer pseudo-vaginalen Pas- 



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Uteru*. Vagina. 



20 1 



sage durch das Bindegewebe, das Vagina und Canalis urogenitalis trennt, 
und Durchbruch des letzteren statthat. Der Riß in Vagina und Canalis 
urogenitalis heilt wieder, die bindegewebige pseudo-vaginale Passage aber 
wird in der Hauptsache angefüllt mit Allantoisresten. 

Man kann demnach sagen, daß die mittlere Vagina mancher Marsu- 
pialia funktionell der Vagina der Monodelphia beim Geburtsakt entspricht. 
Sie ist ihr aber nicht homolog'). Da der Verlauf der Urcteren bei den 
Marsupialia eine Verschmelzung der Vaginae und damit auch die Schaffung 
eines kurzen Geburtsweges verhindert, so stellt jedenfalls bei zahlreichen 
Diprotodontia die mediale Vagina einen solchen Geburtsweg dar. Bei 
anderen aber, ebenso wie bei allen Polyprotodontia. mit Ausnahme von 
Peramelcs, werden die Jungen durch die lateralen Vaginae geboren. 

Die Tendenz zur Blindsackbildung der Vaginalkanäle in der Richtung 
schwanzwUrts . kann auch kopfwärts gerichtet auftreten, in maximo bei 
Peramelcs (Hill) und zur Bildung von 2 großen vaginalen Blindsäcken 
führen, die als Rcceptacula seminis fungieren und mit dem beim Coitus 
reichlich ergossenen Sekret der accessorischen männlichen Geschlechtsdrüsen 
angefüllt werden. 

Die vollständige Selbständigkeit der Geschlechtsgänge, welche die 
Polyprotodontia noch bewahrt haben, ist bei Monotremen noch ursprüng- 
licher, insofern als diese Gänge nur erst Tuben und Uteri unterscheiden 
lassen. Letztere münden direkt in den Ganalis urogenitalis (Fig. 207, 
20*. 201» ). 

Die Müllerschen Gänge sind epitheliale Gänge, deren hohes Zylinder- 
epithel in den Tuben und im Uterus Flimmerbesatz trägt und sich in 
letzteren zu häutig verzweigten, tubulösen Uterusdrüsen einstülpt. Letztere 
spielen im trächtigen Uterus eine Rolle teils zur Anheftung der Einöllen 
des Embryo, teils zu dessen Ernährung (s. bei Placenta). 

In der Vagina hat das Stratum epitheliale den Charakter von 
drüsenlosem Pflasterepithel. Diese Mucosa der Geschlechtswege liegt der 
Muscularis auf. 

Die ursprüngliche Muskellage der Müllerschen Gänge ist eine zirku- 
läre. Sie bleibt die einzige, wenigstens stark vorherrschende bei Marsu- 
pialia, während bei Monodelphia in verschiedenem Grade eine äußere 
longitudinale hinzukommt, die bei Marsupialia höchstens unbedeutend und 
unvollständig zur Ausbildung gelangt. Von außen umgibt eine Serosa 
den Apparat, an dem sich stets die ineist sehr stark geschlängelten Tuben 
durch Einpflanzung des Ligamentum teres (rotundum) uteri (rundes 
Mutterhand i abgrenzt gegenüber den Uterushörnern resp. Uteruskörper, 
welche Abteilung auch durch größere Wanddicke und weit erheblicheren 
Umfang ausgezeichnet ist. 

Im ursprünglichen Zustand bestand keine Grenze zwischen Uterus 
und Vagina, wie dies noch unter Marsupialia (Peramelesi der Fall sein 
kann. Meist aber grenzt sich der Uterus — außer durch andere Epithel- 
bekleidung — wenigstens dadurch von der Vagina ab, daß er. wie z. B. 
bei Talpidae, durch seine eingeschnürte Mündung, Os uteri, als ring- 
förmige Leiste in die Vagina vorspringt. Dies kann in verschiedenem 
Grade geschehen, bis daß er als prominenter Muttermund (Os tincae) 

U Allerdings leitet neuerdings Kempe <18!W) von dem vaginalen Bliudüack die 
Vagina der Monodelphia ab. Den Ort. wo der Sack deu Sinus urogenitalis durchbrach, 
und den er Otium vaginae nennt, »oll da« Hymen noch andeuten. 



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252 



X. Geschlechtsorgane. 



eines Uterushalses erscheint. Namentlich beim Uterus simplex kann dieser 
Cervix uteri als distal verengerte Portion (Portio cervicalis) desselben 
auftreten. 

üb es Fälle gibt — und die Frage wie diese dann aufzufassen 
sind, — in denen eine Vagina fehlt (Elephas, Hyaena, Xenarthrai. soll 
weiter unten erörtert werden. 

Von Marsupialia und Monodelphia ist bekannt, daß mit Ausbildung 
der Vagina die Wolffschen (länge eine Rückbildung erfuhren, die zu 
totalem Schwunde führen kann. Erhalten sich Reste, so sind diese der 
Art der Sache nach nur allgemein in der Seitenwand der Vagina und 
des Uterus zu suchen. Solche Reste sind als (lartnersche Gänge von 
Ruminantia, Schwein, Pferd. Carnivora beschrieben. Sie können sich als 
muskulöse, in die Vagina ausmündende Schleimhautkanäle, im besten Falle 
kopfwärts bis zum Ovarium erstrecken. 

Hier können sie selbst in Verbindung treten mit dem Nebeneierstock: 
Parovarium, Epoophoron, der sich aus Epithelschläuchen oder aus 
Strängen zusammensetzt, die mit den Marksträngen in Zusammenhang 
stehen und damit als Reste der Geschlechtsniere sich dokumentieren. 

Dem Epoophoron benachbart erhalten sicli auch Reste des distalen 
oder Nierenteiles der Urniere in Gestalt gewundener Kanälchen, die gleich- 
falls im Mesovarium. den Bauchfellplatten des Ovarium eingelagert sind 
und Paroophoron heißen. 

Das Verhalten der Ureteren wurde bereits hervorgehoben (s. auch 
beim Harnapparat), ebenso ihre Verschiebung in Verbindung mit der Bil- 
dung der Blase, in welche sie bei viviparen Säugern ausmünden. Hierbei 
entsteht gleichzeitig die Urethra, die sich in den Canalis urogenitalis 
öffnet. Diesen Kanal verließen wir oben (p. 243), als sein Durchbruch in 
die ektodermale Kloake Platz gegriffen hatte, wobei ein ektodermales Stück 
sich ihm anfügte, «las von der Urogenitalplatte sich herleitet Letztere 
öffnete sich in der Medianlinie zur Urogenitalspalte und lieferte damit den 
Scheidenvorhof. Vestibulum vaginac. während aus dem Genitalwulst, der 
anfänglich die Spalte jederscits begrenzt, die Schamlippen (Labia vulvae) 
hervorgehen. Sie umgeben die Scham spalte, Rima vulvae, und sind 
von haarloser Hautdecke überdeckt. Bei Carnivora, Ungulata, Primates 
z. B. gut entwickelt, können sie anderwärts ganz zurücktreten. Bei der 
Brunst können sie an Umfang zunehmen (Carnivora, Primates). 

Der vor der Urogenitalspalte gelegene, auf S. 243 bereits genannte 
mesodermale Geschlechtshöcker liefert im weiblichen Geschlecht den Kitzler, 
Clitoris. Er liegt im ventralen Winkel des Scheidenvorhofs und besteht 
aus zwei kavernösen Körpern. Corpora cavernosa clitoridis, die bei 
guter Entwickelung bei Monodelphia, mit den Musculi ischio -caver- 
nosi vom Ischium entspringen. 

Dieses dem männlichen Kopulationsorgan entsprechende, wenn auch 
weit geringer entfaltete Organ kann die bedeutende Größe, die es im 
Embryonallcbcn vielfach hatte, behalten durch Vereinigung und Prominenz 
der Corpora cavernosa clitoridis, so daß man dann sehr uneigentlich von 
einer Glans clitoridis spricht und von einem dieselbe umhüllenden 
Praeputiuin: eine Falte der Schleimhaut des Scheidenvorhofs. Bei Marsu- 
pialia ist sie wie der Penis meist in zwei Hälften gespalten. Verhältnis- 
mäßig groß ist die Clitoris bei verschiedenen Carnivora, wo sie selbst ein 
dem Os penis entsprechendes Knorpelstück (Katze» oder Knochenstück 



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Äußere weibliche Genitalorgane. 



(Hären) enthalten kann, ferner bei einzelnen südamerikanischen Affen, wie 
Ateles, wo sie einen Penis pendulus nachahmt. Außerhalb der Vulva 
prominiert sie auch bei einzelnen Insectivora (Talpa. Sorcx etc.), bei Pro- 
simiae und zahlreichen Rodentia, bei denen sie verschiedentlich ein Os eli- 
toridis enthält, das in der bindegewebigen Umhüllung des kavernösen 
Körpers entstand. Wichtiger ist, daß die Clitoris bei den genannten In- 
sectivora. Prosimiae ('s. bei diesen) und zahlreichen Rodentia (Fig. 211) 
von der Urethra sogar durchbohrt wird, so daß vollständige Trennung der 
Urethra vom Canalis urogenitalis erreicht ist und somit dieser Kanal nur 
noch bei «1er Kohabitation und beim Partus funktioniert, während er 
sonst bei Säugern als Regel die höher oder tiefer ausmündende Urethra 
aufnimmt und damit auch den Urin ableitet. 




Fig. 210. Weibliche Urogenitalorgane und deren Ausmöndung von / Pedet<* 
caffer; // Dasyprocta aguti; /// u. IV Hystrix cristata, nach T. Tullberg. ■ Anu>: 
ad Ausmündung der Analdrüsen: <7 Clitori»; cu Urogenitalkanal ; go Gc*whlechti*i»ffnung; 
<v O» clitoridi»; ou Ostium uteri; pc l'raeputiutu clitoridi!» ; r Rectum; u Uterus; u J, 
u r rechtes und linken Uterushorn; uth Urethra; v Vagina; vs Blase. 

Der Zustand der durchbohrten Clitoris wird, wie sich bei Nagern 
deutlich erkennen läßt (Fig. 210 u. 211). eingeleitet durch Verlegung der 
Urethralmündung an die Wurzel der Clitoris. welche vor die Vulva zu 
liegen kommt und von einem Praeputium umhüllt wird, das nach der Vulva 
zu longitudinal gespalten ist und somit auf der Clitoris eine Furche zu 
wege bringt, welche den Harn abführt, wie bei manchen Hystricidae. Ist 
das Präputium dorsal vollständig und mündet die Urethra in diesem aus. 
wie bei Bathyergini, Muriformes, Geomyidae, so erscheint die Clitoris 



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X. ( tcachlcchtsorgane. 



durchbohrt und kommt die Urethralmündung vor den Canalis urogenitalis 
und ganz von diesem getrennt zu liegen. In weiterer Uebereinstimmung 
mit dem Männchen kann auch, als Aequivalent des Corpus eavcrnosum 
urethrae des Männchens, zu seiten des Yestibulum vaginae Schwellgewebe 
auftreten und das Cor|)us cavernosum vestibuli darstellen. 

Von weiter unten näher zu besprechenden accessorischen Drüsen 
des Männchens werden die Cowperschen beim Weibchen vertreten durch 
die Duvernoyschen (Rartholinischern. die in dem Scheidenvorhof aus- 
münden. Außerdem können Glandulae clitoridis (Nagetiere) auftreten, 
die den Glandulae praeputiales des Männchens entsprechen (Fig. 211. cid \. 




Fig. 211. / äußere weibliehe Ge- 
schlechtsteile. // dieselben im Median- 
schnitt von Mus decumanns. nach Tull- 
berg. r Rectum; a Ann»; p Perinaeuui; 
ns, ud rechter und linker Uterus; v Va- 
gina; vo deren Ausmfindung; rs Blase; 
uth l'rethra: uo dercii Ausmündung; et 
Clitoris; cid Clitomdriise; pc Praeputium 
clitoridis. 



Hei einer nicht unbedeutenden Zahl von Säugern lUngulaten, Ro- 
dentia, verschiedene Marsupialia), tritt dort, wo die Vagina in den Canalis 
urogenitalis eintritt, eine deutliche Verengerung auf, gewöhnlich begleitet 
von einer Schleimhautfalte: Valvula vaginalis (Frenulum). die sich bei 
einzelnen Säugern (Pferd t. zu einer ringförmigen Falte vervollständigen 
kann, die dem vom Weibe bekannten Hymen entspricht und wie dieses 
die Grenze zwischen Vagina und Urogenitalkanal angibt bis Coitus oder 
Geburt sie zerstört. 

Aus Vorgehendem erhellt, dafi bei viviparen Säugern die Ausmündung 
der l'rethra verschiedentlich Verlagerung erfahrt, aber nur in distaler 
Richtung. Kopf warte kann sie nie höher ausmünden als zusammen mit 
der Vagina, da ja tatsächlich der Canalis urogenitalis ihre Fortsetzung ist, 
welche letzteren Namen erst von da ab trägt, wo sie sich mit den Ge- 
schlechtsgängen vereinigt. Zweitens sahen wir. daß aus dem kaudalen 
Stück der Müllerschen (länge die Vaginae. direkt oder erst durch sekun- 
däres Wachstum — hierüber sind die Ansichten geteilt — entstehen. 
Kopfwätts von ihnen die Uteri. In beiden treten Verschmelzungen ein. 
die schließlich zur einzigen Vagina und zum Uterus simplex führen. Beider 
Grenze wird sichtbar angegeben durch das Ostium uteri, das zum mindesten 
als eingeschnürte Oeffnung erscheint. 

lieber diese Tatsachen verfügend, erhebt sich die Frage, wie die weib- 
lichen Geschlechtsorgane der Xenarthra aufzufassen sind. Unsere Schemata 
(Fig. 208) zeigen, daß bei Dasypodidae der Uterus, der als Uterus simplex 
beschrieben wird, in einen Kanal mündet, der nur der Urogenitalkanal 
sein kann, da in gleicher Höhe mit dem Uterus die Urethra ausmündet. 

Nach der gebräuchlichen Vorstellung haben auch die übrigen Xenar- 
thra einen Uterus simplex. Derselbe geht aber ohne Grenze in zwei 



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Samenleiter. 



2ö:> 



Vaginalkanäle über, die bei Bradypus durchaus iFig. 20H. J r ), bei Choloepus 
zum mindesten im virginalen Zustand, wenigstens kaudal durch ein Septum 
getrennt sind. Da letzteres auch bei Myrmecophaga der Fall ist, könnte 
man sagen, daß Myrmecophagidae und Bradypodidae eine Vagina duplex von 
verschiedengradiger Duplizität haben. Nur fehlt ihr jede Grenze gegen- 
über dem Uterus. Somit scheint es, dafi die Müllersehen Gänge nur in 
ihrer mittleren Strecke verschmelzen zur Bildung eines einheitlichen Raumes 
(sog. Uterus simplex). jedoch ohne weitere Differenzierung in ihrer kaudalen 
Strecke, wie sie sonst im vaginalen Teil der Müllersehen Gänge statthat. 
Dieser bleibt ferner bei Dasypodidae so im Wachstum zurück, daß es 
nicht zur Bildung einer Vagina kommt. Unter ähnlichen Gesichtspunkt 
fallen die weiblichen Gcschlechtswege von Hyaena. wo nach Watson eine 
Vagina fehlt, vielleicht auch Elephas, der aber nach anderen einen Uterus 
und eine Vagina duplex hat. Weiteres Licht über diese Fälle hat der 
Entwicklungsgang zu verbreiten. 

Während beim Weibchen mit Ausbildung der Müllerschen Gänge 
die Wolffschen Gänge mehr und mehr zurückgehen und höchstens in den 
als Gartnerschen Gängen bekannten Kesten sich erhalten, hat beim 
Männchen das Umgekehrte statt. Hier legen sicli zwar auch die Müller- 
.schen Gänge vollständig an, um aber alsbald zu später zu beschreibenden 
nutzlosen Resten zurückgebildet zu werden. Doppelt auffallend ist daher 
ihre Entstehung überhaupt, die dem Embryo zeitweise einen, was die 
Geschlechtsgänge angeht, hermaphroditischen oder richtiger sexual in- 
differenten Charakter aufdrückt (Fig. 204 1. 

Die Wolffschen Gänge bilden sich bei demselben weiter aus zu den 
Vasa deferentia testis oder den Samenleitern und zwar ihr proxi- 
males Stück zu einem stark gewundenen Kanal, der sich mit den früher 
genannten Coni vasculosi Halleri: einem Produkt der Geschlechtsniere, 
verbindet. Letztere bilden dann den Kopf. Caput: der gewundene Samen- 
leiter den Körper und den Schwanz des Nebenhoden: Corpus et Cauda 
cpididvmidis. 

Der Nebenhoden (Epididymis) ist ein Gebilde, das nach Lage und 
Ausmaß variiert und einerseits die Verbindung mit dem Testikel bewerk- 
stelligt, andererseits schwanzwärts übergeht in den geraden Teil des Vas 
deferens, das aus dem distalen Stück des Wolffschen Ganges hervorging, 
das eigentliche Vas deferens der deskriptiven Anatomie liefert und in den 
Canalis urogcnitalis mündet mittelst eines häutig verengerten Endstückes, 
dem Ductus ejaculatorius. Vorher aber schwillt es meist zu einer 
spindelförmigen Ampulle an. die teilweise auf größerer Wanddicke des- 
selben beruht. Letztere wird hervorgerufen durch acinöse oder tubulöse 
Drüsen oder aber durch Falten der Schleimhaut des Kanales. Im übrigen 
besteht die Wand desselben überhaupt aus glatten Muskelfasern, die teils 
längs, teils zirkulär verlaufen und von einer bindegewebigen Adventitia 
von auöen umhüllt werden. 

Bei allen viviparen Säugetieren liegen die Mündungen der Samen- 
leiter distal wärts von denen der Ureteren. die bekanntlich aus den späteren 
Samenleitern entstanden, weiterhin aber kopfwärts sich verschoben, um in 
die Blase auszumünden. Nur bei Monotremen ist die Lage eine umge- 
kehrte, insofern als die nicht in die Blase tretenden Ureteren distalwärts von 
den Vasa deferentia sich in den Urogenitalkanal öffnen (p. 24h', Fig. 205). 



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2f>ti 



X. Geschlirhtaorgane. 



Die meist schlitzförmigen Oeffnungen iler Samenleiter liegen dicht 
nebeneinander auf einer Erhebung, dem Colliculus seminalis (Veru 
montan u in), die vielleicht dem Hymen oder der Valvula vaginalis entspricht 
und nur selten fehlt (Marsupialia). 

Auch beim Männchen trat ursprünglich ein Geschlechtsstrang auf, 
dessen Umfang allerdings allmählich zurückblieb, da die Müllerschen (iänge 
der Reduktion anheimfallen. Diese öffnen sich ja zwischen den Samen- 
leitern in den Urogenitalkanal und erhalten sich in Resten, die seit Mor- 
gagni als Sinus prostaticus. Vesicula prostatica. Sinus pocularis 
bekannt sind. Sie fehlen nur den Marsupialia, wo allein Phascolarctus 
einen Sinus prostaticus haben soll [Young|. 

Bei geringer Ausbildung (Primaten, viele Carnivora und Insectivora) 
erscheinen sie nämlich als kleine unpaare Höhle, die von der Prostata- 




Fig. 212. Zweihörnigor 
Uteru» ma»culiiuifl [m u\ 
von Oastor, in einer Falte 
de» Bauchfells. ./'./' Vasa 
defcrentia bei D zur Glan- 
dula va*if* deferentis an- 
geschwollen; S Glandula 
vesicularis, recht* abge- 
schnitten; / Prostata; v 
Blase; cu C'analis ur- geni- 
talis, (sog. Urethra}; «r 
Ureter; nach K. H. Weber. 



drüse umhüllt wird. Treten sie wie bei Ungulaten. einzelnen Carnivora, 
namentlich aber bei Nagern als ein in zwei seitliche Hörner endigender 
Kanal auf, der damit den Uterus bicornis eben dieser Tiere nachahmt, 
so wird die Ansicht, die hierin ein Äquivalent des Uterus erblickt und 
dies durch den Namen Uterus masculinus (E. H. Weber) wiedergibt, 
erklärlich <Fig. 212). 

Zweckmäßiger ist vielleicht der Terminus Vagina masculina. da 
es sich |Leuckart. Mihalkovics] zunächst um ein Produkt des distalen Stückes 
der Müllerschen (iänge handelt. Nimmt dieses Gebilde an Länge zu, 



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Uterus masculinus, P«eudohermaphroditismiiv 



2Ö7 



schließen sich Aequivalente des Cervix uteri und der Uterushörner an. 
80 empfiehlt sich der Ausdruck Uterus masculinus. Jedenfalls liegt ein 
Zustand der Geschlechtsgänge vor. der zwitterartig ist und bei besonderer 
Ausbildung der weiblichen Gänge Anlaß gab. von Hermaphroditismus 
zu sprechen, namentlich wenn sich dazu gesellte Ausbildung der äußeren 
Geschlechtsteile in männlicher sowohl als weiblicher Richtung. Von wahrem 
Hermaphroditismus kann aber nur die Rede sein, wenn die Produkte der 
Keimdrüse von beiderlei Art sind. Solche Fälle sind sehr vereinzelt 
bekannt geworden. Von besonderem Interesse sind sie, wenn sekundäre 
Geschlechtsmerkmale dabei in Mitleidenschaft gezogen werden. 

Bei Hirschen ist dies der Fall bei sog. ..gehörnten Ricken"; 
ihrem Habitus nach weibliche Individuen, die aber ein rudimentäres Geweih 
tragen. Der Geschlechtsapparat hat sich auch nach der männlichen Richtung 
hin entwickelt, so daß ausnahmsweise auch eine männliche Keimdrüse 
vorhanden sein kann (wahrer Hermaphroditismusi oder es liegt nur 
Pseudohermaphroditismus vor [Boas], 



Die genannten Reste der Müllerschen (iänge können von Fintfuß 
sein auf die Art der Ausmündung der Samenleiter. Regel ist. wie dies 
auch die Entwicklung nicht anders erwarten läßt, daß der Ganalis uro- 
genitalis im erwachsenen Tier als eine Fortsetzung der Urethra erscheint. 
Die Grenze zwischen beiden liegt dann eben am Collieulis seminalis. 
Genau genommen, liegt die Urethra zwischen diesem und der Stelle, wo 
sie sich zur Blase ausweitet (Orificium vesicaei. Vom folliculi» 
seminalis hebt dann der fanalis urogenitalis an: auch physiologisch der 

Weber, SUtucetiore. 17 



Fig. 213. Uteri» mwcu- 
linus (mw) vom erwach«. Kaninchen 
von der Ventralseitc nach Ent- 
fernung der Blase, nach V. von 
Mihalkovics. vJ Vas deferens: 
es Colliculus seminalis; cu ('anal in 
urogenitalis; gu Glandula ure- 
ihralis; gv Glandula vesiculari» ; 
ou sog. ()» uteri, durch welches 
die Sonde .v in den Uterus masc. 
eingeführt ist; pr Prostata. 




Fig. 214. I. Maoni. Ge- 
schlechtsapparat von Tupaja 
javanica, nach Oudemans, v. 
der Dorsal^eite; />' Bulbus 
urethrae; /' Penis; f 'Cow- 
persehe Drüse; v Blase; 




übrige Bezeichnung wie in 
Fig. 213. II. Medianschnitt 
durch die Vagina masculina. 



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258 



X. Geschlechtsorgane. 



Abfuhrweg von Sperma und Urin, der aber meist gleichfalls Urethra 
geheißen wird. 

Abweichend verhalten sich einzelne Nager, wie die Leporidae. 
Hei deren Entwickelung erweitert sich das distale Ende der Möllerschen 
Gänge zu einer kleinen Tasche, deren Seitenwände an der Rerühruugs- 
stelle mit den Wölfischen Gängen, zwischen denen sie liegt, zu Grunde 
gehen. Daraus entsteht eine epitheliale Tasche, die teils den Woltfschen, 
teils den Mflllerschcn «längen ihre Entstehung verdankt, somit nur in- 
komplet homolog ist der Vagina masculina der übrigen Säuger. Sie dient 
als zeitweiliger Aufbewahrungsort für den Samen und verfügt für dessen 
Ejakulation über eine starke muskulöse Wand, die ebenso wie die binde- 
gewebige, vom Geschlechtsstrang geliefert wird [Mihalkovics| (Fig. 2UI). 
Obwohl ihrer Genese nach unbekannt, liegt ähnliche Anordnung auch beim 
Igel vor [Leuckart. Oudemans], wobei auch hier, vielleicht auch bei Sirenia 
(Vrolik], die Vasa deferentia scheinbar von der Yentralseite in den l'ro- 
genitalkanal ausmünden. 

Fig. 215. Schemata über da* 
Verhalten der männlichen Urogenital- 
organe bei / Monotremata; // Manu- 
pialia; /// Monodelphia. A Anus; * 
Beckensymphyse im I^ängsschnitt ; c 
Cowpersche Drüse; cl Kloake; cp 
Corpus cavemoBiim pcuis; cu Corpus 
cavernosum urcthrae; h Haut der 
Bauehdecke; / Enddarm ; m Munkeln 
der Bauchwand; P Perinaeum; p 
Prostata resp. Urethraldrüsen ; s Glan- 
dula vesicularis; 'ATeatikel; m Ureter; 
* Blase; vd Vas deferens. In I 
deutet der eine Pfeil den Weg des 
Urins in den Enddarm an, der andere 
Pfeil den Weg, den das Sperma nimmt 
bei erigiertem Penis. In II hebt 
Bildung des Perinaeum an, Penis 
und /.nus liegen aber noch in einer 
HautgrulK«, die Testikel liegen prä- 
penial. In III ist ein Monodelphe 
gewählt mit Testikel in postpenialein 
Scrotum, nach vorn gerichtetem Penis 
und ausgedehntem Perinaeum. Das 
Corpus cavernosum urethrae ist ein- 
fach, das Corpus cavernosum gekreuzt 
schraffiert. 

Letztgenannter Kanal erfährt bei allen viviparen Säugern erhebliche 
Modifikation. Einmal in der Lage, indem er sich von der Kloake frei- 
macht durch Ausbildung des Perinaeum und mit seiner Endstrecke außer- 
halb des Keekens zu liegen kommt. Weitere Aenderung erfährt er in- 
folge von Umformung der vom Weibchen her bekannten Teile. 

Als die am meisten bestimmende ist. datt die Eröffnung des ekto- 
dermalen Sinus urogcnitalis, somit der Urogenitalplatte, welche die Uro- 




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Penis. 



2f>t> 



genitalspalte und damit das Vcstibulum vaginae entstehen läßt <p. 242 u. 
252), sich beim Männchen wieder schließt. So entsteht ein Kanal, in 
dessen Wand sich spongiöses Gewebe, das Corpus spongiosum, das 
beim Weibchen den Schwellkörper des Vestibulum lieferte, zum Corpus 
cavernosum urethrae sich herausbildet 

Bei Marsupialia, verschiedenen Rodentia und Insectivora hebt dieser 
Schwellkörper mit einer paarigen Anschwellung an, die bei höheren Formen 
verschmilzt und den Bulbus urethrae liefert (Fig. 214. ß). 

Als über die OberHäche des Körpers hervorragender Teil bildet der 
spongiöse Körper in der Wand des Canalis urogenitalis einen Teil des 
Penis (Phallus!. Zu einem Begattungsorgan wird derselbe aber bei den 
viviparen Säugern erst durch die dem Corpus cavernosum clitoridis ent- 
sprechenden, aber weit umfangreicheren fibrösen Körper: den teilweise 
paarigen Corpora cavernosa penis. Sie entstehen aus dem Gesehlechts- 
höcker, indem sich fibröses (iewebe mit einer bleibenden starken Binde- 
gewebshaut (Albuginea) umgibt, kavernös ausweitet, ausgeweitete Kapillaren 
aufnimmt und sich damit zu einem erektilen (iewebe ausbildet. Auf Reizung 
von Nerven des Plexus hypogastricus, welcher aus Sakralnerven sich zu- 
sammensetzt, hat Erweiterung der Kavernen und Füllung derselben mit 
Blut statt. Gleiches erfährt bei sexueller Reizung der spongiöse Körper 
der Urethra, wodurch der Penis an Länge, Volumen und Rigidität zunimmt 
und geeignet wird, in die Vagina eingeführt zu werden. 

Diese fibrösen Körper haben ihren Vorläufer bei Monotremata, 
wo nur ein einfaches Corpus tibrosum von der Kloakenwand ausgeht, dort, 
wo der Urogenitalkanal mit seiner Oeffnung in die Kloake ausmündet. Ks 
hat keinen kavernösen Bau [Boas]. Dies ist wohl der Fall mit dem Ge- 
webe, das die Röhre (Samenröhre) umgibt, welche den Penis durchzieht 
(Fig. 215 I). Sie erscheint als Homologon der Samenrinne mancher 
Reptilien, die sich gegenüber der Kloake abschloß zu einer Samenröhre 
[Boas] und in erigiertem Zustande des Penis den Samen abführt, wälirend 
sie niemals Urin passieren läßt. Dieser gelangt aus dem Urogenitalkanal 
direkt in die Kloake. Wird diese Verbindung aufgehoben, so daß auch 
der Urin die Samenröhre passiert und diese somit Harnsamenröhre wird, 
so liegt der Zustand der viviparen Säuger vor (vergl. bei Monotremata). 

Für die Homologie der Harnsamenröhre mit der „Samenröhre" 
der Monotremata spricht auch, daß letztere ebensogut wie erstere von 
kavernösem Gewebe, dem Corpus cavernosum urethrae, umgeben 
wird, das bei beiden zum Peniscnde sich fortsetzt und hier die Glans 
bildet Der kavernöse fibröse Körper der übrigen Säugetiere gewinnt als 
paariges Gebilde (Crura penis) bereits bei Marsupialia Anheftung an die 
Ischia, welche bei Monodelphia eine ausgedehnte werden kann. Sie ver- 
laufen bei vielen Monodelphia wie zwei Gewehrläufe nach vorn, können 
aber auch verschmelzen, jedenfalls aber stützen sie den dorsal von ihnen 
gelegenen spongiösen Körper, dessen vorderes Ende die Glans penis 
darstellt, die außerordentlich verschieden sich gestaltet 

Bei verschiedenen Marsupialia ist sie geteilt und zwar entweder so, 
daß jede Hälfte von dem gleichfalls geteilten Urogenitalkanal (Urethra »durch- 
zogen wird (Perameles), oder der geteilte Kanal setzt sich als Rinne auf der 
medialen Fläche jeder Eichelhälfte fort (Didelphys. Thylacinus, Phasco- 
lomys, Phascolarctus). Andere Beuteltiere (Macropodidae) haben eine ein- 
fache Glans, wie dies bei Monodelphia stets der Fall ist Dieselbe endet 

17* 



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260 



X. ( it«chle<'hUorgane. 




dann entweder rundlich (Primates), zuweilen stark ausgedehnt (Ateles 
viele Rodentia). oder abgeschnitten (viele Prosimiae und Ungulaten). oder 
konisch zugespitzt (Carnivora. Inseetivora). Die konische (Hans zahlreicher 
Kuminantia (Moschus. Canielojiardalis. verschiedene Hirsche und Antilopen) 
setzt sich in einen fadenförmigen Anhang fort, der beim Schaf bis zu 
4 cm lang werden kann und von der Urethra durchzogen wird (Fig. 210). 

Häufig trägt bei Rodentia. Inseetivora, Carnivora, seltener bei Marsupialia, 
zur Erhöhung des sensiblen Reizes beim Weibchen die Oberfläche der Ii laus 

verhornte Dornen oder Stacheln, 
die zuweilen im erschlafften Penis 
in Epithelsäckchen liegen, auf der 
erigierten Glans aber hervorragen, 
mit rückwärts gerichteten Spitzen. 
Aehnlichem Zweck und zwar 
Fig. IMG. Distale« Ende des Penis vom durch Erhöhung der Rigidität des 
Widder mit zurückgefallen. Praeputium und männlichen Gliedes, dient tibro- 
bloweecgter (ilaut», acecHson scher Glans und i. „»-i . »-„^ /■-„.. «,k„ .... 
fadenförmigem Anhang; nach Marshall, kar dagllloses Gewebe, das ZU- 

weden in dem Corpus spongiosum 
der Eichel atiftritt (einzelne Inseetivora und Ruminantia) und bei anderen 
(Carnivora, Chiroptera. zahlreiche Rodentia und Inseetivora, sparsamer auch 
bei Primates) durch Knochengewebe vertreten wird. Solcher Penis- 
knochen (Os penis. Os priapii tritt bald als kleiner Knochen (Katze 
z. B.), bald als rinnenförmiger. die Urethra umfassender Knochen (Cani- 
dae). bald als Knochenstab (viele Ursidae), von enormer Größe bei Tri- 
chechus, S-förmig gebogen bei Procyonidae z. B., gegabelt bei Chiroptera 
auf. Dieser Penisknochen liegt entweder tief verborgen oder so oberfläch- 
lich, daß er bei Erektion prominieren kann und nur von dünner Gewebs- 
lage überdeckt wird, wie bei verschiedenen Microchiroptera und Rodentia, 
wo er als Friktionsorgan beim Coitus wirkt. 

Den obengenannten Verschluß der Urogenitalrinne, der zur Bildung 
des Urogenitalkanals des Männchens und zu dessen Penis führt, scheidet 
letzteren gleichzeitig vom Anus, so jedoch, daß er unmittelbar vor dem 
Anus liegen bleibt und bei einigen Marsupialia, Inseetivora und Rodentia. 
sowie bei Bradypodidae zusammen mit dem Anus durch eine ektodermale 
Kloake nach außen sich öffnet. In diesen Fällen wird trotzdem der 
Penis in eine besondere Hauttasche, die Penistasche (Penisscheidet 
zurückgezogen, die mit dem Anus vom Sphincter cloacae umgeben wird: er 
wird erst sichtbar, wenn er durch Volumszunahme bei Erektion hervortritt. 
Verlängerung des D|ammes (Perinaeum) entfernt ihn bei den übrigen 
Säugern stets mehr vom Anus, so daß auch eine äußere untiefe Kloake 
verschwindet (Fig. 21ö III). Der Penis ist dann in der Ruhe nur in der 
ihm eigenen Penistasche zurückgezogen, deren Hautöffnung in ursprüng- 
licher Weise nach hinten gerichtet ist. so daß solche Tiere schwanzwärts 
urinieren, also ..retromeningent" sind und der erigierte Penis nach hinten 
gerichtet heraustritt, dann aber nach vorn umgeknickt wird (einzelne Mar- 
supialia und Inseetivora. Felidae. Elephas. Tvlopoda». 

Gewöhnlieh aber bildet die Periistaschc einen schlauchförmigen Sack, 
entstanden durch Faltung des allgemeinen Integumentes, der in der Median- 
linie der Bauehtläehe aufgehängt nach vorn sich erstreckt und eingestülpt 
ist, wobei sein inneres Blatt zur Glans zieht und diese solchergestalt mit 
einer Epitheliale überdeckt (Fig. 215 III. /». In dieser umfangreichen 



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Praeputium, l'rogcnitalkanal. 



201 



Vorhaut, Praeputium, liegt das Penisende zurückgezogen: bei be- 
deutender Länge desselben häutig so, da Ii sein proximales, hinter dem 
Praeputium gelegenes Stück eine S-förmige Krümmung bildet, wie bei 
l'ngulaten und Cetacea. Bei Erektion hat dann Ausstülpung des inneren 
Plattes des Praeputium statt, das dann verschieden weit den hervorragen- 
den Penis überdeckt. 

Im Gegensatz zum äuberen Platt, das meist den unveränderten oder 
wenig veränderten Charakter der Haut aufweist, ist das innere Blatt haar- 
los mit Ausnahme des grönländischen üvibos moschatus. vielleicht in- 
folge der geringen Temperatur seines Wohnortes — und meist mit tubu- 
lösen und acinösen Drüsen ausgestattet, die zusammen mit abgestoßenem 
Epithel das meist stark riechende Smegma praeputii liefern. 




Fig. 217. Geschlechtsorgane eines Hengstes. 1 4 n. (Jr., nach H. C. Bang 
ßendz. B Becken im Längsschnitt; C I. Schwanzwirbel; CV Cowpenicshe Drüse: </ 
Darmbeinportion de» Obturator internus; F. Knddarm; Eß Epididymis: Op (Jlans peiiiä; 
G v d Glandula vasis deferentis; / llium; h Ischium; m Muskellagc des Knddarms; 
mi AI. Icvator ani; m 2 M. sphineter ani rxternus; mj Niederzieher des Afters; mu 
AIusc. urethralis: ei Muse, obturator internus; /' Penis; / / Plexus pampiniformis; Pr 
Praeputium; pr Prostata; r Muc. retractor jienis; .V Sakral wirhel; sc Scrotum; /' 
Tcstikel; U Beckenteil der Urethra; «<>" Oeffnung der Urethra; ur Ureter, der das Vas 
deferens überkreuzen sollte; vd Vas deferens, bei gid zum Ductus ejaculatorius ange- 
schwollen; x das linke Corpus cavernosum penis ist hier abgeschnitten. 



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2»52 



X. Geschlechtsorgane. 



Solche Präputialdrüsen können sehr umfangreich werden Ro- 
dentiai, auch können eigene Präputialsäcke auftreten (Schwein, Moschus- 
tier), worüber Näheres beim Integument (p. 27). Umfangreiche Präputien 
können von Vor- und Rückziehern des Praeputium, die sich von der Haut- 
muskulatur herleiten, begleitet sein (Canidae, manche rngulaten, s. p, 35) 
(Fig. 218). 

Die Prüputialöffnung sieht entweder nach hinten (s. oben). mei>t 
aber ist sie nach vorn gerichtet. Hei Chiroptera und Primates hängt der 
Penis als Penis pendulus von der Schamfuge herab, von der Haut eng 
überzogen, die über der Eichel das Praeputium als Hautduplikatur liefert. 

Kehren wir zum Canalis urogcnitalis zurück, also zur sogen. 
Urethra der viviparen Säuger, so stellt sich heraus, daß sich dieselbe 
vom Colliculus seminalis an bis zum Penisende zunächst in zwei Abschnitte 
zerlegen läßt, von denen der erste innerhalb, der zweite — wenigstens im 
erigierten Zustande des Penis — außerhalb des Reckens liegt. Der erste, 
ich will ihn Pars pelvica nennen, zerfällt meist in eine proximale Strecke, 
in der Drüsen reichlich zur Entfaltung kommen; daher seit langem Pars 




Fig. 218. Muskulatur der äußeren Geschlechtsorgane den Stieres, nach Chnuveau. 
B äußerer schiefer Rauchmuakcl ; T Testikcl im Scrotum; a After- Rutenmuskel oder 
Muse, retractor penis; r/> Muse, retractor praeputii; // Muse, prntactor proeputii. 

prostatica genannt, da unter den Drüsen die Prostatadrüsen die bedeu- 
tendste Rolle spielen. Das Maß ihrer Entwicklung ist verschieden, bei 
allen Monodelphia und einzelnen Marsupialia (Perameles. Phascolarctus.-') 
aber auf die proximale Strecke der Pars pelvica beschränkt. Von ihr 
wird dann das distale Stück als Pars membranacea unterschieden, auch 
wohl als Pars muscularis im Hinblick auf die bei Monodelphia häufig 
bedeutende, bei Marsupialia nur ausnahmsweise Entwickelung eines sphink- 
terischen quergestreiften Musculus urethralis. der von einein gleich- 
namigen glatten wohl zu unterscheiden ist ('s. unten t. 

Im (iegensatz zur Pars pelvica des Urogenitalkanals, welcher Ab- 
schnitt übrigens auch wohl in toto Pars membranacea heißt, ist der außer- 
halb des Reckens gelegene charakterisiert durch seine Umhüllung durch 
das Corpus spongiosum und tibrosum. Er wird daher als Pars cavernosa 
bezeichnet. 



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AiTfflMjrixchr Cicwhlcchtsdräwn. 



Die Pars cavernosa beschäftigte uns bereits auf p. 2ö ( A Von der 
Pars pelvica sind aber in erster Linie die Drüsen zu untersuchen. Sie 
liefern die Hauptmasse der sog. accessorischen Gesell Iechtsilrüsen. 
Hierunter verstellt man Drüsen, deren Sekret sich dem Sperma beimengt, 
jedenfalls aber die Ejakulation von Sj>enna begleitet und in innigster Be- 
ziehung zu diesem essentiellen Geschlechtsakt steht. 

Fünf Arten hierher gehöriger Drüsen lassen sich unterscheiden. 
Zwei derselben: die Glandulae vasis deferentis und die Glandulae 
vesicularcs kann man dem Yas deferens zuteilen. Die Glandulae vasis 
deferentis, die nur bei Chiroptera, einzelnen Insectivora, Rodentia. den 
Proboscidea. Ruminantia und den bärenartigen Carnivora auftreten, er- 
scheinen meist als Verdickung in der Wand des Samenleiters, kurz vor 
seiner Ausmündung. Er ist dadurch zu einer „Ampulle'' angeschwollen, 
auch als Pars glandulosa bekannt. Seltener fehlt solche Ampulle und 
treten Drüsen in der Kontinuität des Samenleiters, von seiner Ausmündung 
entfernt auf. Sie können denselben sackartig ausweiten oder besondere 
Drüsenkörper formieren (einzelne Rodentia z. Ii.). 

Ihre Aufgabe ist, teils ein Medium zu liefern für die Spermien, teils 
als Receptaculum derselben zu dienen. 

P»ei der Ausmündung der Samenleiter liegen die Glandulae vesicu- 
lares. Es sind sack- oder röhrenförmige Drüsen, die nur den Monotremata, 
Marsupialia, Cetacea. Carnivora fissipedia und pinnipedia, sowie der Mehr- 
zahl der Ruminantia und Insectivora vollständig fehlen und mit Unrecht 



Fig. 211). I. Halmatunis 
Bennetti, juv. l f v ce Corpora 
cavernosa penis; cu Carinii« 
urngenitalis; P Penis; U Ure- 
thra; Vagina; vd Van defe- 
l eiife; /— ///Cowpersche Drusen. 
II. Querschnitt durch die Pars 
iiiembranacea urethrae von Di- 
delphys, Beuteljunges, " ,. B 
Bindegewebe; L Lumen; m 
glatte Mmdcelschicht; £7>Ure- 
ihraldrÜBcn. Nach .1. Th. Oude- 
mana. 

Samenblasen (Vesiculae seminales) heißen. Sie können schon deshalb 
keine Samenbehälter sein, weil sie kaum in der Hälfte der Falle, z. B. bei 
allen Rodentia und zahlreichen Insectivora, mit dem Yas deferens zusammen 
ausmünden, wobei natürlich nicht ausgeschlossen ist, daß in einzelnen Fällen 
bei geschlechtlicher Erregung Spermien in dieselben treten können, wie 
solches bei Chiroptera ja auch in die Blase statthat. J. Th. Oudemans 
leitet sie denn auch nicht vom Samenleiter her, sondern von Glandulae 
urethrales, obwohl das Wenige, was von ihrer Entwicklung bekannt ist, sie 
eher als Ausstülpung des Wolffschen Ganges ausweist. 

Die übrigen Drüsen sind Produkte der Schleimhaut des Urogenital- 
kanals. Mit .1. Th. Oudemans dürfen wir wohl die Glandulae urethrales 




X. ( JwchlwhtjHirgaiie. 



als Ausgangspunkt betrachten. Sic treten als Drüsenschläuehe auf in der 
Wand des Urogenitalkanals, überdeckt von der Schicht glatter Urethral- 
muskeln, die vom (ieschlechtsstrang sich herleiten. Als solche finden sie 
sich bei Monotremata in der Nähe der Yasa deferentia in ringförmiger 
Anordnung. Hei Marsupialia (Fig. 21 S>) umgeben sie den Urogeni talkanal 
fast in der ganzen Länge der Pars pelvica in so dicker I^age. daß sie 
diesem Abschnitt eine Spindelform geben, die als Prostata bekannt ist. 
Ihre Schläuche öffnen sich durch zahlreiche Mündungen und sind insge- 
samt umhüllt von einer dünnen Schicht glatter Muskeln. Nur bei Pera- 
mcles [Oudemans] und Phascolarctus [Young] häufen sie sich dorsalwärts 
an und lassen den distalen Teil der Pars pelvica frei, der umhüllt wird 
vom quergestreiften Musculus urethralis. der sich vom Sphincter cloacac 
und damit von der Skeletnuiskulatur herleitet. Uebrigens kann dieser zu 
einem sog. Compressor prostatac werden, wenn er, wie bei Cetaceen. den 
Mantel von Urethraldrüsen umkreist, die außerdem auch durch die glatten 
Fasern des Urethralmuskcls umgeben werden. Letztere Tatsache weist 
eben aus. daß auch hier nur ein Urogenitalkanal vorliegt mit drüsenreicher 
Wand. Dabei können die Drüsen Schläuche sein oder Acini haben. 

Treten die Drüsen aber außerhalb der glatten Muskelschicht, deren 
Fasern sich dann zwischen den Schläuchen und Acini erhalten, begeben 
sie sich gar außerhalb des quergestreiften Musculus urethralis, bilden sie 
kompakte Drüsenkörper, von denen jederseits einer oder zwei auftreten, 
um mit einzelnen Ocffnungen auf dem Colliculus seminalis oder in dessen 
Nähe auszumünden, so darf man von Glandulae prostaticac reden, 
die nur selten durch einen Isthmus sich verbinden (Pferd), oder einen 
kompakten Körper bilden (Primates), der Anlaß zum Namen Prostata 
gab. Sie fehlt demnach den Monotremata, Marsupialia, Sirenia iV), Cetacea. 
da an ihrer Statt rrethraldrüsen sich finden. Heide Arten gehen aber in- 
einander über, wie namentlich die Artiodactyla nonruminantia zeigen und 
wie es auch kaum anders zu erwarten ist, wenn wir die Prostatadrüsen als 
Differenzierung der rrethraldrüsen ansehen. Dies ist nur morphogenetisch 
gemeint, so daß die urethralen Schleimdrüsen der Primaten und de«. 
Menschen (Littresehe Drüsen) eben nur rudimentäre Urethraldrüsen sind. 

Von gleicher Quelle, ein anderes Differenzierungsprodukt darstellend, 
leiten wir die Cowperschen Drüsen her. die mit Ausnahme der Ceta- 
cea, Sirenia Arctoidea (in unserer Auffassung s. u.) und Pinnipedia. 
bei allen Säugern sich finden und an der Peniswurzel in die Urethra aus- 
münden, ausnahmsweise (Pferd) mit zahlreichen Oeffnungen: als Hegel nur 
mit einer. 

Ihr Muskeltnantel sondert sich vom Musculus urethralis ab. Wichtig 
ist. daß die Drüse bei Hradypodidae und Myrmecophagidae noch unter 
diesem Muskel liegt, was für ihre Entstehung aus rrethraldrüsen spricht, 
die ja gleichfalls innerhalb dieses Muskels liegen. Stets ein Paar bildend, 
haben nur die Marsupialia. mit Ausnahme von Trichosurus. zwei oder drei 
Paar (Fig. 21!>). 

Während somit Samenleitcrdrüscn bei Monotremen und Marsupialia 
durchaus fehlen, ebenso wie manchen Monodelphia. treten bei allen Säugern 
Prostatadrüsen oder äquivalente Urethraldrüsen auf. Merkwürdig genug 
sintl dies bei den aquatilen Cetacea und Pinnipedia die einzigen aeeesso 
rischen Geschlechtsdrüsen, alle übrigen Säuger haben außerdem Cowpersche 
Drüsen, die nur noch bei den Arctoidea fehlen. 



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Am>f<>ri>che (M-sclilivhtstlrü-cii. 



265 



Die Bedeutung iler accessorischen Drüsen läBt sich dahin zusammen- 
fassen, dali ihr Sekret zur Sicherung der Uebertraj;ung des Samens dient. 
Zunächst so. datf ihr Sekret zusammen mit dem des Hodens und Neben- 
hodens für die Spermien ein flüssiges Medium liefert, das auch deren ge- 
M t/te Lebensdauer auüerhalb des Hodens erhält. Für Nagetiere ist weiter 
festgestellt, dali das Sekret, vermutlich das der Glandulae vesiculares. un- 
mittelbar nach Ejakulation des eigentlichen Sperma ergossen wird, 
um alsbald bei Anwesenheit nur geringer Blutmenge, nach Art hbrino- 
^'cner Substanz, zu gerinnen, wodurch ein Propf houchon vaginal Lataste) 
entsteht, der die Vagina schlieft und erst später, vor der Geburt sich löst. 
Damit ist der Verbleib des Sperma in der Vagina und Eintritt der Sper- 
mien in die Ovidukte gesichert Unter 
gleichen Gesichtspunkt fällt die Be- 
obachtung von Kollinat u. Troucssart. 
dali bei den Chiroptera unseres Kli- 
mas die Spermien den ganzen Winter 
über in lebendem Zustande den Uterus 
erfüllen und erst im Frühjahr das Ei 
befruchten. Auch hier tritt ein Va- 
uinalpfropf auf. teilweise aber von der 
Vagina selbst geliefert (s. bei Chiro- 
ptera). Auch verdient hervorgehoben 
zu werden, dali nach Ualmus u. (Wey 
die obengenannte Koagulation des 
Sekretes der Glandulae vesicularis 
unter Einwirkung des prostatischen 
Sekretes statthabe. Auch bei Marsu- 
pialia koaguliert ein Teil des in die 
Vagina ergossenen Sperma, Ander- 
wärts wird temporärer VerschlutJ der 
Vagina erzielt durch maximale An- 
schwellung der Eichel im Momente 
der Ejakulation (Ungulaten, Primaten), 
zu welchem Zwecke beim Hunde ein 
eigener Schwellknoten in der Eichel 
vorhanden ist, der das „Verhängen" 
der Hunde verursacht. 

Die obengenannte fadenförmige 
Verlängerung der Eichel bei vielen 
Kuminantia soll gleichfalls die Uebcr- 
führung des Sperma direkt in den 
Muttermund bewerkstelligen (Fig. 2 HJ i. 
Verlust derselben soll den Widder 
unfruchtbar machen [Marshall]. 

Im weiblichen Geschlecht tritt 
/.iefnlich allgemein jederseits vom Vestibulum vaginac eine Bartholini- 
sche ( Duvernoysehe i Drüse auf. meist vom Musculus constrictor cunni 
überdeckt; sie entspricht, auch genetisch, der Cowperschen Drüse. Ihr 
Sekret macht den Scheideneingang schlüpfrig. 




Fia. 220. KrinacouH europam» ; nach 
Disselhornt. ('/> Crus penix; g (Jlans 
j^enis ; gv /, // (tlamlular v»«8icularcs; n 
S'icron; /' Penis; /V /. // Prostata- 
drüm-ii; T Teatikd ; // l'reter; v Blase; 
vd Vas »loforen». 



Der männliche Urogenitalkanal hat entsprechend seiner Genese in 
Verbindung mit der entodermalen Kloake, von der er sich allmählich 



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'2M 



X. fieschlwhuorgane. 



freimacht , eine Muskulatur, die sich vom ursprünglichen Sphincter 
cloacae internus herleitet und nach Maßnahme der Komplikation des Cro- 
genitalkanals gleichfalls sich differenzierte. Die Musculi ischio-ea ver- 
nosi stehen in Verbindung mit den Corpora eavernosa penis und ent- 
springen mit ihnen vom Ischium, auch wohl vom Pubis. Von ihnen heftet 
sich jederseits ein Muskel an die Peniswurzel. Die vom Pubis kommenden 
Fasern können sich als Muse, pubo - cavernosus differenzieren und 
stellen den Muse, levator penis vor, der vielfach auftritt (Marsupialia. 
Insectivora, Cngulata. Cetacea), namentlich dort, wo die Hute schwer ist. 
Der Bulbus des Corpus eavernosum urethrae wird von nieist zirkulär ge- 
richteten Fasern des Muse, bulbo-cavernosus umgeben, der paarig ist. 
wo der Bulbus paarig ist. auch wohl Fasern abspalten kann, die sich auf 
die Rute ausdehnen: beim Pferde bis zur Eichel. Bei anderen umfassen 
sie die laterale Portion der Rute und umgreifen bei Rodentia mit anderen 
Bündeln das Rectum. Der Muskel verrät dadurch seine Entstehung aus 
dem Sphincter cloacae; desgleichen durch seinen Zusammenhang mit dem 
Musculus urethralis. der als Constrictor urethrae die Pars pclvica des Cro- 
genitalkanals umgibt, auch die Prostatadrüse umhüllen kann iCompressor 
prostatac). namentlich aber die quergestreifte muskulöse Bekleidung der 
Cowperschen Drüsen liefert. Als Retractor penis erseheint namentlich 
bei Säugern, deren großer Penis nach Erschlaffung in gekrümmter Lage 
in die Penistasche zurückgezogen werden muß (Cngulata, Cetacea), aber 
auch bei anderen, wie Carnivora, Insectivora etc.. ein Muskel, der von den 
Sehwanzwirbeln entspringt, den After umkreist i Sphincter ani internus) 
und auf die Ventralfläche des Penis sich begibt (Fig. 217 u. 219). 

Bei allen Vertebrata ist die ursprüngliche Lage der männlichen (ie- 
schlechtsdrüsen eine intraabdominale. Solcher Art war sie auch bei Säugern, 
wie die Monotremata und einzelne andere Säuger noch zeigen. Bei der 
Mehrzahl trat aber eine Verlagerung der Testikel. ein üescenstis 
testiculorum, auf, die zu dem sonderbaren Resultat führt, daß diese für 
die Erhaltung der Art so wichtige Drüse ihre sichere Lage in der Bauch- 
höhle aufgibt. Dieser Prozeß, dessen mechanische Seite «lein Verständnis 
Schwierigkeiten bereitet, dessen morphogenetische, mehr noch seine bio- 
nomisehe Bedeutung dunkel ist, kann seiner komplexen Art wegen hier 
nur angedeutet werden. Dies gilt namentlich für die verwickelten Ver- 
änderungen, welche das Bauchfell durchmacht und die in erster Linie 
O. Frankl klarlegte. 

Zur Zeit, wo der Mesonephros sich vom Zwerchfell bis in die Nähe 
der Inguinalgegend erstreckt, hat er nur an seiner VentralHäehe einen 
Bauehfellüber/.ug. der als Plica diaphragmatiea zum Zwerchfell und als 
Plica inguinalis zur Inguinalgegend zieht i Fig. 101). Durch Schrumpfung 
kommt weiterhin der Mesonephros in eine vollständige Bauchfelhlupli- 
katur: das rrnierenligament zu liegen, während in der Plica inguinalis 
eine strangförmige Verdickung auftritt, wodurch das Ligamentum 
inguinale entsteht. Dasselbe tritt jederseits in Verbindung mit dem 
Müllersehen (lang. dort, wo später aus dem Uterus bezüglich aus den 
rterushörnern die Ovidukte abgehen, und wird dort zum Ligamentum 
uteri rotundum; beim Männchen tritt es mit den Wölfischen (rängen in 
Verbindung, dort, wo später der Schwanz des Nebenhodens in den Samen- 
leiter übergeht. 



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]>t*ccnsu» U*ticuloruin. 



2H7 



Die männliche Geschlechtsdrüse entwickelt sich nun an der medialen 
Seite des Mesonephros. sozusagen am freien Rande des rrnierenligamcnte:*. 
«las heim Einschrumpfen der Cruiere kopfwärts das ohere Hodenband 
liefert. Dies fällt dann praktisch zusammen mit der bereits genannten 
Plica diaphragmatiea. Sehwanzwärts liefert es das Ligamentum testis, 
das dort am Wolffsehen (iang endet, wo das Ligamentum inguinale beginnt. 
Durch Verschmelzung beider scheint damit das Ligamentum inguinale sich 
bis zum Hoden zu erstrecken. Seine ursprüngliche Bedeutung ist dunkel. 
Es muli innerhalb der Säuger entstanden sein, da es den Monotrcmen 
und den wenigen übrigen Säugern fehlt, deren Testikel intraabdominal 
bleiben: nicht aber den Säugern, welche Deseensus testiculorum haben 
oder deren Vorfahren ihn hatten. Es besteht neben Bimlegewebe aus 
glatten, subperitonealen Muskeln, die der f ölommuskulatur angehören. 
Dort, wo es sich mit der Hauchwand verbindet, ist ein Teil der tiefen, 
seitlichen Bauchmuskulntur eingestülpt zu einem in die Hauchhöhle pro- 
minierenden Conus iuguinalis. Auf der Spitze dieses Muskelkegels 
inseriert das Ligamentum inguinale, bei dessen Einschrumpfung der Neben- 
hoden dem Kegel sich nähern muli. Die Fortsetzung des Peritoneum, 
welche Ligamentum inguinale und Conus inguinalis umhüllt, bildet eine 
Ausstülpung (Processus vaginalis) um die Basis des Conus, die schwänz- 



l 'tu ilrirmtl 
/'" i/-"irum 
M. c.'i'ttfiiui in/. 
Af, tt aiiivrriHi 

.1/ i<bll<}UHS r l /. 

//au/ 
Srro/nm 




l.i K amm/um fri/i, ^J. Port lOabdomilialU 

/.igamrn/um tn^utnaU \ glllxThaCllIi 



. Conus, tnguin.t/ii 

Crrmasttriatk p. p. 

Ck<*rti<g gubrrnatu/t 
(/.igam. tito/i). 



II. Portio int ra\ spi- 
nal i.s giibermu-uli 

III. Portio t<crotalis 
gubernaeuli 



< i ulier- 
nacu- 
Imn 



Amt xtro/i 

Fig. 221. Si-hema <Ier Teile, diu U-im Descoiistis mit Conti» inguinale 
tratht kommen. Da» Peritoneum int punktiert angegeben. 



in Bc- 



wärts auswachsend, die Hauchwand sackförmig verlängert zum Cremaster- 
sack, der vom Musculus ohlitpius internus und transversus abdominis 
Fasern erhält, die sich in den Conus fortsetzen, welcher aus dem Hoden 
des Cremastersackes sich erhebt. Tritt dessen weiteres Wachstum zurück 
gegenüber dem Wachstum des Conus, so stülpt dieser sich endlich kopf- 
schwanzwärts um. trägt zur Vergrößerung des Cremastersackes bei. dessen 
hintere Spitze er wenigstens bildet, und hilft den Testikel mit herabziehen 
in den Cremastersack. Tritt dagegen «las Wachstum des Processus vagi- 
nalis des Cremastersackes in «len Vordergrund gegenüber «lein Conus, so 
tritt dessen l'mstülpung und Beteiligung an der Bildung «les Cremaster- 
sackes zurück. 

In beiden Fällen bildet der Conus «las Ende «les ausgestülpten Cre- 
ma>ter>ackes. der dann «len Testikel enthält. Derselbe kann aber z. B. 
außerhalb der Brunstzeit, unter Wiedereinstülpung des Cremastersackes. 
in «lie Bauchhöhle zurücktreten. In beiden Fällen, die ineinander über- 
gehen und bei Rodentia, bei «1er Mehrzahl «1er Insectivora. den Chiroptera 
und einzelnen Affen sich timlen. liegt der offenbar ursprüngliche Zustand 



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20* 



X. GenchlechUorgane. 



eine* Conus un«l Cremastersackes vor. Als Fortsetzung der Bauchwand, 
abermals von «lein Musculus obliquus internus und transversus abdoininis 
oder von letzterem allein gebildet, bleibt er mit der Bauchhöhle in weiter 
Kommunikation durch den Inguinalkanal. durch welchen das Peritoneum 
sich in den Cremastersack begibt und den ausgestülpten Testikel als 
Tunica vaginalis propria testis umhüllt (Fig. 227). 

Hiervon leitet sich bei Cngulaten, Carnivora fissipedia und pinni- 
pedia, Marsupialia und Primates der andere Modus des Descensus ab, 
in welchem sich das Ligamentum inguinale durch interstitielles Wachs- 
tum bedeutend verlängert, so daß es in eine Inguinalgmbe zu liegen 
kommt, die eine Ausstülpung des Peritoneum (Processus vaginalis) 
darstellt. Sie stülpt gewissermaßen die Bauchwand vor sich her. erhält 
damit Bündel vom Musculus obliquus internus und transversus abdominis 
oder von einem von beiden. Dieser Cremastersack hat aber nur eine 
unvollständige Muskelhülle: entweder zerstreute Cremasterfasern oder 
nur einen ausschließlich seitlich entwickelten Musculus cremaster. 
Letzterer hat sein unzweifelbares Homologon im Musculus compressor 
mammae der weiblichen Beuteltiere (p. H4 u. !;">*;. 

Der Testikel folgt in dem einen Falle früh (Marsupialia) der Peritoneal- 
ausstülpung; anfänglich bis zum inneren Leisten) Inguinal-)ring. d. h. der 



Peritoneum 



\ 



M. transversus v s 
.1/. obliquus int. - 
M. obliquus ext. 

Haut 



Senium 




Ligam. testts 

Ligam. inguinale 



rna- 



I Gilbe: 

| cuhun 



Processus vaginalis 
Cremastersack 

Chorda gubernaiult (Ligam. 
scroti). 



Kig. 222. Schema der Teile, die beim Descensu* ohne Conus inguinale in Be- 
tracht kommen. Da* Peritoneum iProcawu* vaginalis) ist durch Punktlinie angegeben. 



Stelle, wo die Bauchwand sich ausstülpt, darauf durch den Leisten* Inguinal )- 
kanal, der die Bauchwand durchsetzt, in den Cremastersack. Dieser Dcs- 
census wird begleitet, richtiger wohl teilweise verursacht durch Verkürzung 
des Ligamentum inguinale infolge von Stillstand im Wachstum, In dem 
anderen Falle behält der Testikel aber länger seine intraabdominale I~ige, 
alsdann muß das am Boden des Cremastersackes angeheftete Ligamentum 
inguinale anfänglich stark in die Länge wachsen (Cngulata, Carnivora). 
Später erst, wenn der Testikel durch Druck der Bauchwand und der Con- 
tents der Leibeshöhle durch den Inguinalkanal in den Cremastersack 
schlüpft, verkürzt es sich durch Stillstand im Wachstum zunächst relativ, 
im Verhältnis zum stark wachsenden Kampf, dann auch tatsächlich durch 
Schrumpfung bis auf einen Rest, der den Nebenhoden und damit den 
Hoden unter Mithilfe anderer mechanischer Momente in den Cremaster- 
sack zieht und ihn hier bei allen Säugern mit Descensus an den Boden 
des ausgestülpten oder ausstülpbaren Cremastersackes heftet. 



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Lage der Tortikel. 



2«1> 



Gegenüber diesen Säugern, bei denen wenigstens zeitlich die Testikel 
außerhalb der Bauchhöhle liegen, die stets einen Inguinalkanal und ein 
Ligamentum inguinale haben, stehen die Testiconda. deren Testikel zeit- 
lebens in der Hauchhöhle verbleiben und denen ein Ligamentum inguinale 
felüt. Wohl aber haben sie, worauf 0. Frankl hinweist, mit allen übrigen 
Säugern ein Urnierenligament gemein, das eine Rolle spielt bei der Ein- 
leitung zum Descensus, und ein Merkmal der Säugetiere ist, da es Reptilien 
und Vögeln fehlt. Der Nebenhoden der letzteren liegt stets fixiert hinter dem 



parietalen Rauchfell, während 
an einer Rauchfellduplikatur 
hängt |0. Frankl]. 

Die Testiconda können 



er bei den Säugern, auch den Testiconda. 



1. Echte Testiconda. 
denen Inguinalkanal und Li- 
gamentum inguinale fehlt. 

a) Testikel behalten pri- 
märe Lage in unmittel- 
barer Nähe der Niere, 
aufgehängt am Urnieren- 
ligament. das auch den 
Samenleiter fixiert: Mo- 
notremata, Ccntetidae, 
Macroscelididae, Chrv- 
soehloridae. Elephas, 
Procavia (Hyrax). 

b) Testikel sind schwanz- 
wärts verschoben und 
liegen zwischen Blase 
und Rectum, gleichfalls 
in einer Duplikatur des 
Peritoneum , die den 
Samenleiter enthält, sich 
bis zu den Nebennieren 
erstreckt und das Ur- 
nierenligament ist : Myr- 
mecophagidae, Brady- 
podidae. 

2. Unechte Testiconda. 
(iegenüber der primären Te- 
sticondic kann die sekundäre 
(unechte; dadurch zustande 
kommen, daß der Descensus 
der Vorfahren rückgängig 
wurde, so daß die Testikel nach 
der vorderen Bauchwand ver- 
lagert sind, der Inguinalkanal 




Fig. 223. Männliche Urogenitalorganc von 
Elephas africanus, von der Ventralfläche. Die Bla-r 
(T'i ist durchscheinend gehalten. Linkerseits sind 
die groben Windungsziipo des Vas deferene (- J) 
angegeben; recht« ist dasselbe noch vom Perito- 
neum überkleidet. T Testikel mit faltig herab- 
hängendem Peritonealüberzug; .V Niere; U Ureter. 



in verschiedenem Maße rück- 
gängig wurde und vom Ligamentum inguinale höchstens noch Reste vor 
banden sind. 



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270 X. Geschlechtsorgane. 

a) Testikel liegen sekundär der vorderen Itauchwand an. Inguinalkanal 
höchstens nur noch angedeutet: Cetaeea. Sirenia (?). 

b) Testikel liegen an der inneren Oeffnung des Lcistenkanals, der alter 
für den Testikel nicht mehr durchgängig ist: Dasypodidae. 

Als die Testikel die extraabdominale I^igc erworben hatten, lagen 
sie ursprünglich vor dem Penis, da ursprünglich der Penis in der ven- 
tralen Kloakenwand lag. nach hinten gerichtet. Sie waren, jedcrseits vom 
Musculus rectus ahdominis in Cremastersäcken eingeschlossen, mit einem 
Zwischenraum zwischen sich. Durch Bildung des Perinaeum (des Dammes * 
somit durch Verschlub der Urogenitalspalte (s. o.) und durch Aufhebung 
auch einer äußeren Kloake, ferner durch Verlagerung des Penis nach vorn, 
der sich dabei geradlinig oder rückläufig gekrümmt der ventralen Bauch- 
wand anlegte, kam er zwischen die Creinastersäcke zu liegen (Mehrzahl 
der Insectivora. Chiroptera, Hodentia, Orycteropus, Manisi. Auch bei Re- 
duktion der Creinastersäcke zu subintegumentalen Peritonealausstülpungen 



Fig. -223. Fig. 224. 




Fig. 224. Centetcs ecaudatua in nat Gr. und Laue. <■ Epididymis; la ein Stück 
des Crnicwnligainent«*, da« den Testikel fixiert; « Nieren; un Nebennieren ; fxi Peri- 
toneal falte, die den Testikel fixiert nnd eine Fortbildung der I'lica diaphragmatica i»t ; 
A' Keitum; t Testikel; u Ureter; v Blase, nach hinten umgelegt; vä \ a» deferens. 

Fig. 225. Tupaja javanica. Hinteres Kürperende in nat. Gr. nach Entfernung 
der Haut. Hechts ist der Hautmuskel (//>. der den Cremaster*ack umhüllt, durch- 
schnitten, so da» «1er Funiculus sjiermaticus ifs\ der von Fasern des M. obliquus ex- 
ternus <-v> umhüllt wird, sichtbar ist. l'enis \P) quer durchschnitten. 

mit Crcmasterfasern, kann diese subintegumentale. postpeniale Lage der 
Hoden auftreten, die dann entweder eine inguinale oder eine perineale ist 
i s, Tabelle auf p. L'T-l). 

Die obengenannte Urogenitalspalte wird anfänglich — bei Weibchen 
bleibend — jedcrseits von den Genitalwülsten begrenzt, welche die Labia 



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CrciiuiHterxack, Scrotum. 



271 



vestibuli liefern. Beim Männchen schließt sich diese Spalte zum kaver- 
nösen Teil der Urethra und die (ienitalwülste werden hei vielen Säugern 
zum Hodensack, Scrotum. dessen ursprüngliche Duplizität erhalten 
bleiben kann; meist aber deutet nur noch eine Nath (Raphe) die Ver- 
wachsung aus zwei Hälften an. 

In solches Scrotum treten die einander genäherten Cremastersäcke 
ein. Dabei kann der Penis noch in ursprünglicher Weise am ventralen 
Rande der Kloake zutage treten. Solches präpeniale Scrotum der Marsu- 
pialia kann gestielt oder sitzend sein. Das Scrotum kann präpeuial bleiben 
auch bei Bildung eines ausgedehnten Perinaeum, wie dies bei Tupaja der 
Fall i>t. wo die langen Cremastersäcke. die nur vom Musculus transversus 
abdominis gebildet werden, ganz ausnahmsweise umhüllt werden von (|iier- 
gestreiften Hautinuskelfasern. die dem Panniculus carnosus angehören 
(Fig. £?f»>. Bei ausgedehntem Perinaeum erstreckt sich sonst in der Rejjel 
der verlängerte Penis geradlinig oder gekrümmt nach vorn. Die Testikel 
liegen dann postpenial in einem Scrotum. das entweder sitzend oder gestielt 
ist ( Artiodactvla, Kquus. Mehrzahl der Carnivora» Fig. 21:")». Ist der Penis ein 
Penis pendulus wie bei Primaten, so wird die postpeniale Lage des Scro- 
tums erzielt durch Verlagerung der Hoden nach hinten. I'ebergänge 
deuten die Wanderung des Penis nach vorn, der Testikel nach hinten an, 
verbunden mit Aufhebung der Kloake und Bildung des Perinaeum. Un- 
al »hängig ist hiervon, ob die Testikel in einem typischen Creniastersack 
oder in einem reduzierten gelagert sind, und zwar einfach unter der Haut 
(siibintegumental). in der Inguinalgegend (inguinal), oder weiter schwanz- 
wärts (perineal) liegen oder aber in einem Scrotum (skrotal). 

Der Creniastersack oder sein peritoneales Aequivalent mit Cremaster- 
fasern wird umhüllt von der zur Fascia Cooperi i Fascia cremasterica) 
transformierten Aponeurose des Musculus obliquus abdominis externus. 
In einer Anzahl Fällen (Primates. Chiroptera. Orvcteropus. Dasvpus, ein- 
zelne Nager und Marstipialia) setzt sie sich als deutlich abgegrenzter 
Strang: Chorda gubernaculi oder Ligamentum scroti, zu einer häutig 
durch Pigmentierung, durch sparsamen Haarwuchs und glatte Muskelfasern 
ausgezeichneten Hautstelle, der Area scroti [Klaatsch], die dort, wo später 

l 2 :i 4 



ein Scrotum entsteht, an dessen Bildung sich beteiligt und die glatte 
Muskelhaut, Tunica dar tos, desselben liefert. 




Fig. 22*». Fünf Schemata üIht «Ii«- cxtraa)>d<iminalc Ijige der Testikel. 1 Ur- 
sprüngliche [.age mit CVeniastcrsäeken und kloakalcm Penis: '_' Nicht kloakalcr Penis 
und präpeniales Scrotum. da» l Yetnastcrsäcke enthält (Tupaja); A Priipenialc Lage 
des Scrotum bei Marsupialia; 4 Postpeniale!' Scrotum Ijei Monodelphia; ."> Desgleichen 
hei Penis pendulu» oder schwanzwärts verlagertem Scrotum. 



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272 



X. Geschlechtsorgane. 



Mit «lieser Chorda gnbernaculi kann sieh ein Körper, ich nannte ihn 
Inguinalkörper. verbinden, der aber auch unabhängig von ihr hier und 
da (Manis. Chiromys, Phascolomys) in der Inguinalgegend, aulierhalb der 
Bauchdeckc, somit auch außerhalb des Conus inguinalis oder seiner Deri- 
vate (Cremastersack, Cremaster) auftreten kann: diesen Körper möchte 
ich als letzten Rest einer Milchdrüse ansprechen. Die epithelialen Teile 
derselben sind allerdings zugrunde gegangen. Diesbezüglich darf aber 
daran erinnert werden, daß z.B. bei Chiroptera außer den stets vorhandenen 
postaxillären Zitzen, hier und da auch ein Paar in der Schamgegend aut- 
tritt. Denselben können funktionierende Milchdrüsen entsprechen, bei 
anderen (Vespcrtilioj gingen diese aber total zurück und Bindegewebe trat 
an ihre Stelle. Neben dieser Tatsache spricht für meine obige Deutung 
ferner die Verbindung des Inguinalkörpers mit Fasern, die sich vom 
Cremaster abspalten und wie Fasern des Compressor mammae der Marsu- 
pialia (p. :-U u. 158) sich verhalten. 

Weiter zurückgreifend, läßt sich der Inguinalkörper und damit auch 
die Area scroti auch verknüpfen mit einem Organ etwa wie das Mammarorgan 
von Kchidna. Früher (p. .'51) sahen wir, daß deren Beutel periodisch auftritt; 
mit ihm die Mainmartasehen [G. Rüge], in welche die Nähr-< Milch- ulrüsen 
münden. Diese Teile liegen nach innen vom Musculus subcutanen* ab- 
dominis, von einer glatten Muskulatur überdeckt. Sie ruhen auf dem 
Musculus ohliquus abdominis externus. Auf diesen Muskel, auf die Bauch- 
decke überhaupt üben die Teile bei ihrer periodischen Anschwellung, 
namentlich aber die Drüsen auf der jeweiligen Höhe ihrer Funktion einen 
Druck aus und stülpen dieselbe ein. Wir dürfen annehmen, daß die Vor- 
fahren der viviparen Säuger gleichfalls an- und abschwellende Mammar- 
apparate in der Inguinalgegend hatten. Die dadurch hervorgerufenen 
Einstülpungen der muskulösen Bauchdeeke trat in Verbindung mit der 
glatten subperitonealen Muskulatur, die in der Umgebung des Uterus reichlich 
auftritt, womit die Grundlage des Ligamentum inguinale gegeben war. 
Gleichzeitig fungierte die durch die Milchdrüse eingestülpte Muskulatur 
der Bauchwand als Compressor mammae. Auf »las Männchen wurde das 
Ligamentum inguinale und der inguinale Mammarapparat übertragen, von 
dem sich noch Reste als Area scroti und hier und da als Inguinalkörper, 
selbst mit Kompressorfasern (Phascolomys), erhalten können. Auch er- 
innert die Chorda gubernaculi an die Verbindung des Integumentes mit 
der eingestülpten muskulösen Bauchwand, die beim Weibchen Compressor 
mammae, beim Männchen Conus inguinalis wurde. Damit waren die Vor- 
bedingungen gegeben für den Desccnsus testiculi. Er entspricht in seinem 
ursprünglichen Zustande auch darin der periodischen Einstülpung der in- 
guinalen Bauchwand durch das dem Volumen nach wechselnde Mammarorgan. 
daß der Conus inguinalis periodisch mit der Brunst sich ausstülpt und damit 
den vergrößerten Tcstikel nach außen in einen Cremastersack bringt. — 
In» weiteren phylogenetischen Verlauf ist der Descensus eine derartig 
fixierte Einrichtung geworden, daü die Periodizität schwindet und es bei 
einmaliger Einstülpung bleibt Endlich (Ungulatcn, Carnivora) kommt es 
nicht einmal mehr zur Ausbildung eines vorübergebenden Conus, sondern 
nur zu einer Peritonealausstülpung mit Cremasterfasern. Ausgangspunkt 
ist aber der Conus, auf dessen Spitze das Ligamentum inguinale sich er- 
hebt, das zum Nebenhoden zieht und damit indirekt zum Tcstikel (p. 2l»7). 
Letzterer hatte grolie Exkursionsfähigkeit, da er an langem Urnierenliga- 
rnente hing, im Hinblick auf seine Volumszunahme zur Brunstzeit. 



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Testikel. 



In Hauptsache auf dem Hoden der Anschauungen von Klaatsch 
stehend, erblicken wir hierin die Endursache des Desccnsu.s. Wir ent- 
wickelten die Vorbedingungen, die leitenden Momente für denselben. Jetzt 
treten andere mechanische Momente auf. um den Descensus zu realisieren; 
als solche wären zu nennen: Verkürzungen des Rumpfes. Wachst uinsditfe- 
renzen in der Hauch- und Heckengegend, wobei das Ligamentum inguinale 
und seine inguinale Anheftung fixe Punkte sind. Verkürzung dieses Liga- 
mente*. Druck der Eingeweide und der Hauch wand auf den wachsenden 
Testikel in der Richtung schwanzwärts nach dem Locus minoris resistentiae 
(Inguinalötthung) zu. 

Infolge der Verlagerung des Hodens zieht das Vas deferens vom 
Hoden durch den Inguinalkanal entweder auswärts von den l'retercn 
(Marsupialia) oder, dieselben überkreuzend, einwärts von ihnen zum Canalis 
urogenitalis (Urethra) (p. 24(>). Es wird dabei begleitet von Blutgefäßen 
(Arteria spermatica und Plexus pampiniformis), die ursprünglich im Urnieren- 
ligament lagen und entsprechend der anfänglichen Lagerung der Testikel 
tief in der Hauchhöhle, weit entfernt vom nach außen gewanderten Testikel 
entspringen und in langem Laufe ihn erreichen. Sie bilden mit dem 
Samenleiter den strangformigen Funiculus spermaticus. Derselbe wird 
vom Peritoneum bekleidet, das als Tunica vaginalis propria testis mit 
einem visceralen Blatt Hoden und Nebenhoden überzieht, sich dann als 
|>arietales Blatt nach außen umschlägt und die peritoneale Auskleidung 
des Cremastersackes oder dessen Aequivalent bildet, indem zerstreute oder 
zu einem Bande vereinigte (Muse, cremaster) Cremasterfasern es bedecken. 

Vergleicht man den ursprünglichen Entstchungsort der Ovarien mit 
ihrer definitiven I^age bei viviparen Säugern, so erhellt, daß auch ein 
Descensus ovariorum statthatte, wenn auch in sehr bescheidener Grenze. 



Einzelne Vorbedingungen für denselben fehlen denn auch nicht. Wir 
nannten bereits das Ligamentum uteri rotundum. das unzweifelhaft das 

Web«r, SHui.'Otiero. 1^ 



Fig. 227. Schematicher Längs- 
schnitt des Testikels in »einen Hüllen im 
Scrotmn. a Area scroti: b Rauchwand: 
c Inguinalkanal in offener Kommunikation 
mit der Bauchhöhle dargestellt; er Cre- 
master: t Epididymis; / Fa.scia transversa; 
fc Fa»eia Cooperi (Fortsetzung von <*•>; h 
Haut; or- .Mus*', nbliquus ahdominis exter- 
nus; p Peritoneum; /' Testikel; toi Muse. 
tran*versus u. Muse, obliquus abdom. inter- 
nus; irr Tunica vaginalis communis; tvp, 
trp x Tunica vaginalis propria. parietale« und 
viscerale* Blatt, von denen ersterea in da» 
Peritoneum (/) »ich fortsetzt; vd Vas defe- 
rens 




yd 



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L J 74 



X. Geschlechtsorgane. 



Hoinologon des Ligamentum inguinale ist und damit Ausgangspunkt wurde 
der dargelegten Hypothese über den De.scensus testiculorum. Wir müssen 
somit von diesem runden Uterusbande auch eine ursprüngliche Verbindung 
mit der Bauchdecke fordern, entsprechend der Lage eines als Ausgangs- 
punkt angenommenen ursprünglichen inguinalen Mainmurapparates. Solche 
Verbindung besteht denn auch und kann selbst begleitet sein von einer 
peritonealen Ausstülpung (Canalis Xucki), die als Homologon des Pro- 
cessus vaginalis vereinzelt bei Heuteltieren, wie Parameles [Klaatsch] und 
bei Monodelphia auftritt. 

Die verschiedene, auch taxonomiseh wichtige Lagerung der Testikcl. 
ob intra- oder extraabdominal und die Art der letztgenannten Lagerung 
läßt sich tabellarisch, wie folgt, zusammenstellen. 

I. Testikel bleiben zeitlebens in der Bauchhöhle (Testiconda» 

(siehe Seit« 209). 

II. Testikcl verlassen die Bauchhöhle: 

jahreszeitlich oder 
willkürlich 



konstant 



Testikel liegen 
in einer perito- 
nealen Aus- 
sack unftTun ica 
vagin. propria), 
mit fleischiger 
Wand (Crema- 
steraack), gebil- 
det durch Muse, 
obliqnua inter- 
nus und trans- 
versa abdomi- 
nis, oder durch 
letzteren allein. 
Crem astersack 
mit Conus in- 
guinalis.derein- 
stülpbar ist. 



Talpidae 

Soricidae 

Solenodontidac 

Krinaceidae 

Orycteropodi- 

dae 
Manche Ro- 

dentia 



Chiroptera 
Manche Ko- 

dentia 
Einzelne junge 

Primaten 



Testikel liegen 

subintegu- 
mental und in- 
guinal oder 
perineal. 



Testikel liegen 
in einem Scro- 
tum, das ent- 
weder prä- od. 
postpenial ist; 
entweder aus 
2 Skrotalsäck. 
1k* t cht od. ver- 
schmolzen ist. 



Notoryctidae 
Phaacolomyidae 
Manidae 
Tapiridae 
Rinnocerotiuae 
Pinnipcdia 
Einzelne Carnivora 
fissipedia 

Uebrig.Marsupialia 
Tupajidae 
Artiodactyla 
Equidae 

t'ebrige Carnivora 

fissipedia 
Mehrzahl der Pro- 

simiae 
Affen 



Cremastersack zu 
peritonealer Au*- 
sackungiTunica va- 
ginalis propria) ver- 
einfacht, zu welcher 
der M. obliquus ab- 
dominis externus 
und der M. trans- 
versus oder l>eide 
Fasern senden <Cre- 
masterfaaern. Muse, 
cremastcr). Tnnica 
vaginalis bleibt in 
Kommunikation i». 
Bauchhöhle durch 
Inguinalkanal.oder 
schnürt sich in ver- 
schieden, (»rade ab. 



In den vorhergehenden Zeilen drängte sich immer wieder die Ver- 
gleichung der verschiedenen Teile des Geschlechtsapparatcs bei beiden 
Geschlechtern auf; gleichzeitig die Frage nach deren Herleitung aus einer 
indifferenten Anlage, die entweder in der weiblichen oder in der männ- 
lichen Richtung sich weiter entwickelt, je nach dem Wege, den die Keim- 
drüse einschlägt. Offenbar wirkt sie bestimmend ohne daß uns das Wie 
bekannt ist, ebensowenig wie die Endursache, die bestimmend auf das Ge- 
schlecht einwirkt. Ueber die Homologie der definitiven Teile und über 
ihre Herkunft aus indifferenter Anlage kann umstehende Tabelle eine l'cber- 
sicht geben, gleichwie die Figuren (auf p. 24f>) sie graphisch darstellen. 



XI. Harnorgane. 

Die Abscheidung des Harns geschieht bei den Säugetieren durch 
dieselben bleibenden Nieren wie bei Reptilien und Vögeln. Sie heiUen 
auch Dauernieren, Metanephros. im Hinblick darauf, daü ihnen in 
der Embryonalzeit vorübergehend die Urnieren (Mesonephros) vorabgingen. 



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Homologe Teile de« (uwhleehtsnpparHtes. 



275 



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27<> 



\I. Harnorganc. 



als während dieser Zeit funktionierende Harnorgane, die ihr Exkret in die 
Urnierengängc (Wolffsche Gänge) ergossen. Diese (länge mündeten, wie 
oben |». 242 des näheren auseinandergesetzt, in den Urachus, der bei dei 
Ausstülpung der Allantois aus der entodermalen Kloake sich allmählich 
in deren Nähe zum Allantoisstiel verengerte. Zweierlei hat nun statt. 
Jeder Wolffsche (iang bildet eine Ausstülpung: den Allantoisschenkel 
|Mihalkovics|. der zum Harnleiter (Ureter) wird, indem er kopfwärts aus- 
wächst in eine Gewcbsmasse, die von der Untiere sieh herleitet. Beide 
konkurrieren zur Bildung der. Dauerniere (Fig. 228). 

Deren Köhrensystem entsteht demnach einesteils durch Auswachsen 
aus dem Ureter und indirekt also aus dem Wolffschen (iang. woraus 
Kanäle hervorgehen, die — wenn nicht ausschließlich, dann doch haupt- 
sächlich Abfuhrkanäle sind: anderenteils entsteht es, und zwar in seinem 
sekretorischen Teil, aus Kanälen, die der Urniere angehören, aber erst in 
der Dauerniere in Ausbildung und Funktion treten und somit als eine 
jüngere Generation der Urnierenkanälchen erscheinen. 



Fig. 228. Ent Wickelung und Umlagerung der Ureteren bei den Monodclphia: 
die Blase sieht nach recht». 1 und 2 Durchschnitt \d\ und seitliche Ansicht (/> des 
Sinus urogenitalis. In 1 : Allantoisschenkel [Mihalkovirs] =• gemeinschaftliches End- 
stück des Wolffschen Ganges und des aus ihm sprossenden, gestrichelten Ureters 
(Horn), h Ureter (gestrichelt) mündet in 2 bereit* seitlich vom Vas deferens aus. 
Kig. 3, 4, f». Seitliche Ansichten: Verschiebung des Ureters und Bildung des Trigo- 
nuni Lieutaudii in der Richtung des Pfeiles; letztere« ist in ."> gestrichelt angedeutet. 

Solchergestalt bilden sich die Nieren zu blutreichen, tubulösen 
Drüsen aus, deren Kanäle nach der Austrittsstclle des Ureter aus der 
Niere, konvergieren, so daü hier der Hilns des meist kompakten, dorso- 
ventral zusammengedrückten Organcs entsteht. Nur ausnahmsweise liegt 
dieser Hilus nicht an der medialen Seite, sondern auf der VentraJfläche 
des Organs, das sehr frühzeitig die Urniere vertritt. Anfänglich schwanz- 
wärts von dieser gelagert, erfährt es bei deren Rückgang und eigenem 
Wachstum eine Verlagerung aus der Beckenhöhle nach der Lumbalregion 
zu, wo es dann im definitiven Zustande jederseits von der Wirbelsäule 
gelagert ist. nur an seiner Ventralfläche vom Peritoneum überdeckt und 
durch dieses in seiner l^ape fixiert. Ausnahmsweise, wie bei Bradvpodidae. 
behält es mehr seine ursprüngliche I»agc in der Becken höhle. 

Im allgemeinen läfcit sich an der Niere eine Sonderung in Mark- 
und Rindensubstanz erkennen. Letztere enthält die sekretorischen 
Harnkanälehen, die mit einem sog. Mal pighi sehen Körper beginnen. 
Dieser Ist als kugelig erweitertes, blindes Ende der Kanälchen aufzufassen, 
in welches ein bipolares arterielles Wundernetz: der Glomerulus, derart 




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Bau der Niere. 



277 



eingestülpt ist, daß seine Kapillaren überzogen werden von der einge- 
stülpten Wand des Malpighischen Körpers, welchem sie somit ihren Feber- 
zug von riattenepithel verdanken. Dieses geht über in die nicht einge- 
stülpte Wand mit kubischem Kpithel. die als Kapsel von Müller (oder 
von Powinan) bekannt ist. Zwischen beiden Wänden erhält sich ein 
Hohlraum, der sich fortsetzt in den Hohlraum des an den Malpighischen 
Körper sich anschließen- 
den gewundenen Teiles 

der Harnkanälchen. 
Letzterer läuft als enges 
Rohr von der Peripherie 
der Rinde zur Marksub- 
stanz . beugt aber bald 
wieder sehleifcnfönnig 
zur Kinde zurück und 
tritt schließlich in einen 
Samnielkanal, der. mit 
anderen gleichartigen 
sich vereinigend, die 
Mark>ub>tanz darstellt. 
iJindegewche gesellt sich 
dazu nebst Plutgefäßen. 
Aus den Arterien gehen 
die N asa afferent ia der 
(ilomeruli hervor, deren 
N asa efferentia sieh zu 
Kapillaren auflösen und 
die sekretorischen Harn- 
kanäle umspinnen, zu 
welchem Zwecke sie sich 
vereinigen können mit 

anderen Kapillaren, 
welche direkt aus den 
Verzweigungen der Nie- 
renarterie entstanden, 
l.estiinmend für die 
Form der Niere ist der 
Freter. Sein Nierenende 
weitet sich plötzlich aus 
zum Nierenbecken, 
von dem aus verschie- 
den weite Kanäle aus- 
strahlen, um schließlich 
die sekretorischen Ilarn- 
kanäle aufzunehmen 
«Mnnotreinata,. Dies 
kann auch so geschehen, 
daß Sammelkanäle. in 
welche «lie Harnkanäl- 
chen ausmünden, sich wieder vereinigen, um auf Yorsprüngcn: Papillen, 
die in das Nierenbecken hineinragen, auszumünden. Sie bilden damit 




Fig. --'.I Schema <lr* Verlauf* <l<r Nieteiikitiiiilt heu, 
nach v. Klmei. K Kinde; .1/ Mark: -/ Miilleivhe 
( KmvinanM'he i Kuppel; h t gewundene* Kam'ilclien ; < >f 
dünner;«/ dicker Hehleschor Kanal:'- /Schalcküiial: 
/ £ \Vrl»indung»knnal; ^ — / Sainmclkanal ; k Ductu« 
papillaris. 



2TK 



XI. Harnorgane. 




Ductus papilläres und gleichzeitig eine Konzentrierung der Ausmiin- 
«lung der Sanimelkanäle auf einzelne Stellen. Eine solche Stelle bildet 
damit die Spitze eines Kegels, welcher zu oberst die Sanimelkanäle und 

Schleifenstücke der Harnkanäle enthält und nach 
seiner Rasis. somit auch nach der Peripherie der 
Niere zu. in Rindensubstanz übergeht. Zwischen 
diesen Kegeln, Pyramiden, streben die Blutge- 
fäße, die mit dem Nierenbecken in die Niere 
traten, der Oberfläche letzterer zu. Hierin liegt 
der sogenannte lappige Hau der Niere begründet, 
der vielfach embryonal auftritt, um später zu ver- 
schwinden, jedoch nicht in der inneren Struktur. 
Kr kann sich aber weiter entwickeln, woraus Ver- 
teilung der erwachsenen Niere in eine verschieden 
grolie Zahl von Reneuli hervorgeht, wie bei 
Lutra. den Ursidae, namentlich aber bei Pinnipedia 
und in höchster Ausbildung bei Cetaeea, wo weit 
über 1<X> Kenculi in das Nierenbecken ausmün- 

NiSÄMÄ5£ <*» <«* 2»'»- A«!»»?* k.pi.enMWlung. aber in 

ständige läppen, mg. Ren- verschiedenem drade der \ erschnielzung. zeigen 

culi r; Ureter « verzweigt z. H. auch die Artiodactyla. Hei Rindern hat dabei 

-ein Nierenbecken in ein- starke Verästelung des Nierenbeckens statt, wobei 

dJ^cat Pa l ,il,e ei » Kn,last entspricht. Umgekehrt 

wie die untere Hälfte im kommt bei anderen, z. R. Leporiden. keine Sonde- 
senkrechten Durchschnitt rung in Pyramiden zustande. Alle Kanäle münden 
zeigt. Nach (iegenhaur. vielmehr auf einer einzigen Papille, die in das 

Nierenbecken vorspringt (Fig. 
(legenüber diesen Fällen konzentrierter Ausmündung der Sanimel- 
kanäle hat anderwärts durchaus diffuse Ausmündung in ein einheitliches 
Nierenbecken statt i Perissodactyla). 

Die Niere wird von einer Nierenkapsel umgeben, aus zwei binde- 
gewebigen Blättern bestehend, von denen das innere der Rindensubstanz 

unmittelbar aufliegt und die Rlutgefätfe 
in das Nierenparenchym begleitet. Das 
leicht trennbare äuüere Platt ist gefälj- 
haltig und enthält z. R. bei Artiodactyla 
glatte Muskelfasern. 

Die U roteren, das Nierenbecken ein- 
gerechnet, sind mit einem mehrschich- 
tigen Epithel ausgekleidet, das hier und 
da drüsenarlige Ausstülpungen bildet. 

Fig. 231. Ix'pn* cunieulu*, Niere längs 
durchschnitten, Nach Vogt und Yung iau» 
K.C Schneider), fit Kinde; Ma Mark: .r Unter- 
brechungen zwischen den Saminelkanülen ; Pa 
Papille; Ar* Nierenbecken ; HU Hihi*. 

Unter dieser Schleimhaut liegt eine iMuscularis aus längsgerichtetcn glatten 
Muskelfa»ern bestehend, die auswärts von zirkulären Fasern überdeckt 
werden. Letztere können an der Rasis der Nierenpapillen Ringniuskeln 
«ler Papillen bilden (z. R. Schwein i. Rindegewebe stellt die äutiere Um- 
hüllung unter der peritonealen Bekleidung dar. 



Mr. 




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Nim-, l'rctcrrn. 



27<> 



Von der Ausmündung der Ureteren wurde bereits auf p. 24«> 
berichtet, daß sie bei Monotremata in den Canalis urogcnitalis geschieht, 
demnach sog. hypoeystisch ist. da sie unabhängig von der Blase bleibt. 
In letztere kann der Urin demnach nur indirekt gelangen s. bei Monotremata). 
Eine weitere Besonderheit ist, daß die Ureteren sich weiter sehwanzwärts 
als die Vasa deferentia in den Urogenitalkanal öffnen (Fig. 1!M» u. 20f>). 
üei allen übrigen Säugern hat das (legenteil statt: auch münden bei 
ihnen die Ureteren stets /"// die Blase, somit endoeystiseh und zwar 
indem sie schräg durch deren dorsale Wand treten, in der Nähe des Ueber- 
ganges der Blase in die Urethra. Bei Hyracoidea, dem Klefanten und 
einzelnen Nagern geschieht dies aber am blinden Ende der Blase. 

Wichtiger ist. daß die Lage der Ureteren gegenüber den Vasa 
deferentia und den Derivaten der Mflllerschen (länge (Vaginae) bei Mono- 
delphia und Marsupialia eine durchaus verschiedene ist. Sie wird erst 
verständlich, wenn wir uns erinnern, daß sehr frühzeitig der Stiel der 
Allantois, durch den diese sich mit dem entodermalen Enddarm verbindet 
(Kloake), — welcher Stiel auch U melius heißt. - von dem Enddarm 
sich unabhängig macht, indem sich mesodermales (peritoneales) (iewebe 
sozusagen zwischen beide schiebt und sie verteilt in das dorsal gelegene 
Rectum, das weiterhin durch die Kloakeninembran nach außen durchbricht, 
und in den ventralen, gleichfalls entodermalen Urach us s. 1. Dessen mittlere 
Strecke dehnt sich zur anfänglich spulförmigen Blase, Vesica urinaria, 
aus. Diese geht kopfwärts in einen engen Kanal über, der zum Nabel 
zieht und sich außerhalb des Embryo als Allantois fortsetzt. Der enge 
Kanal heißt jetzt Urachus s. str.. obliteriert weiterhin und wird zum Liga- 
mentum vesico-umbilicale medium, dem wir bei den Eihäuten noch begegnen 
werden. Das sehwanzwärts gelegene Stück des Urachus wird Canalis uro- 
gcnitalis, der oben (p. 24:5, 2:~>2. 2*»*) bereits ausführlich besprochen 
wurde. In diesen münden jetzt die Wolffschen (länge, aus denen die Nieren- 
gänge die späteren Ureteren als Ausstülpungen aus deren lateraler und 
einigermaßen dorsaler Wand entstehen. Allmählich tritt Scheidung beider 
ein. so daß der Ureter lateral vom Wölfischen (lang in den Urogenital- 
kanal ausmündet. Anfänglich liegen diese Oetfnungen jederseits neben- 
einander. Weiterhin wächst aber das (iewebe zwischen ihnen, so daß die 
Ureteren kopfwärts und nach außen von den Vasa deferentia, die aus den 
Wolffschen (längen hervorgingen, zu liegen kommen. Sie münden dann 
in die Blase aus, und die zwischen den vier Ausmündungen gelegene Wand- 
strecke bildet das Trigonum Lieutaudii. dessen seitliche (Jrenzen den 
Weg bezeichnen, längs welchem sozusagen die Verschiebung der Ureteren- 
mündung geschah. Bei diesem Prozeß hatte auch Bildung der Urethra 
statt, worunter wir jetzt, genau genommen, nur die Strecke des Urogenital- 
kanals verstehen, die sich von der Ausmündung der Blase. Orificium 
vesicac, bis zum Colliculus scminalis, der Mündung der Vasa deferentia 
(p. 2i'>2). erstreckt. Beim Weibchen verstehen wir darunter die Fort- 
setzung der Blase, bis diese sieh zusammen mit der Vagina in den Uro- 
genitalkanal öffnet p. 2f>2). 

Für die Lagerung der weiblichen ( icsehleehtswege gegenüber den 
Ureteren gilt bei Monodelphia genau dasselbe wie für »las Männchen. 
Anders verhalten sieh die Marsupialia. Hier scheinen sich die Ureteren 
aus der dorso-medialen Seite der Wolffschen (länge auszustülpen, jedenfalls 
werden sie weiterhin medialwärts von diesen in der Richtung zum Scheitel 



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280 



XII. (ie-chlcihtHZcllrii. 



der Hla.se nur unbedeutend verschoben, münden daher dicht bei deren 
Oeffnung in den Canalis urogenitalis aus. so da Ii es nicht zur Bildung 
eines Trigonum kommt, und behalten zeitlebens ihre Lage medial von den 
Vasa deferentia. Das Gleiche gilt für die hige der Ureteren gegenüber 
den Vaginae. Sie weicht gleicherweise von der gegenseitigen Lagerung der 
(leschlechtswege und der Uieteren bei den Monodelphia ab. Fragt man. 
was der Anlaß dieser Verschiedenheit ist. so darf wohl hervorgehoben 
werden, daß die Marsupialia mit funktionierender Untiere geboren werden. 
Zu einer Zeit, wo das junge Tier bereits im Beutel liegt und mit Milch 
sich nährt, somit einen erheblicheren Stoffwechsel haben muß als ein in 
utero verweilendes monodelphes Säugetier, muß die Dauerniere sich bilden. 
Das muß also unter ganz anderen Verhältnissen und rascher geschehen 
als bei jenem. Da ferner das Junge sehr früh geboren wird, Didelphys 
z. Ii. bereits am *. Tage nach der Kurchung, so ist das Bestehen der 
Allantois sehr kurz. Auch dies könnte von Einfluß sein auf die Wachs- 
tumsverhältnisse von Teilen, die in Beziehung stehen zum Stiel der Allan- 
tois. worüber aber Untersuchungen weiteres Licht zu verbreiten haben. Die 
gegenseitige Lage von Ureteren und Vasa deferentia bei erwachsenen Mono- 
t reinen ist so wie Ikm erwachsenen Monodelphia. und könnte zu »lein 
Schlüsse verleiten, daß auch die Entstehung eine gleichartige war. Dies 
kann aber kaum der Fall sein, wenn wir im Auge behalten, dali die Mono- 
treinata durch die bleibende hypoeystische Ausmündung der Ureteren und 
noch dazu kaudal von den Vasa deferentia. eine Sonderstellung einnehmen. 
Die weiteren Abfuhrwege des Harns wurden bereits bei den (Geschlechts- 
organen al »gehandelt. 



XII. Geschlechtszellen. 

Das Ei. O vu lu in. der Säugetiere. l*'21 durch von Baer bei der 
Hündin entdeckt, unterscheidet sich in seiner Zusammensetzung und H rolle 
erheblich, je nachdem es gelegt wird, wie bei den oviparen Mouotremata: 
nur kurze Zeit im mütterlichen Uterus verweilt, wie bei den Marsupialia. 
oiler aber seine ganze Entwickelung, innig mit der Mutler verbunden, im 
Uterus durchläuft. Letzterer Zustand, den wir bei den Monodelphia an- 
treffen . weicht am meisten ab vom gewöhnlichen Verhallen der tiefer 
stehenden Amniota. Hingegen schlielien sich letzteren die Mouotremata 
näher an. während nach neueren Untersuchungen die Marsupialia. zwischen 
innestehend. sich doch weitmehr den Monodelphia nähern. 

Stets ist das Ei ein kugeliges Gebilde, dessen Körper aus feinem 
Plasma. Ooplasma. auch wohl Dottel - A'ilellus.i genannt, besteht. Im 
reifen Zustande soll es wenigstens bei einigen Säugetieren von einer feinen 
Dotterhaut. Membrana vitellma. umgeben sein, die vom Ei selbst gebildet 
wurde. Sein Kern. Keimbläschen. Vesicula germiuativa. ist dem Oo- 
plasma exzentrisch eingelagert. Letzteres enthält ferner ernährende oder 
deutoplastnatische Stoffe: den sog. Nahrungsdotter > Vitellus nutritivus), 
der entweder in geringster i Monodelphia oder etwas bedeutenderer Menge 
i Marsupialia) dem formativen Dotter eingelagert ist. Gegenüber diesen 
dottcrarmen. holoblastisehen Eiern, ist bei Mouotremata der nutritive 
Dotter so stark entwickelt, dali er sich wie bei Sauropsida an dem nutri- 



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Ei. 



2*1 



tiven Eipol ablagert. Dementsprechend variiert die (iröüe des reifen. be- 
frachtanggfähigen Kies bei Monodelphia nur zwischen ungefähr 0,1 and 
0.2 nun. (Irötierc Malie kann es bei Marsuptalifl erreichen. Hei Orni- 
thorhynchtis niilit es 2.."» nun |('aldwell|. hei Echidna gar Iiis 4 nun |Semon|. 
wenn es ans dein Follikel in den Ovidukt tritt. 

Das Ei entsteht im Follikel und erhält wahrscheinlich von dessen 
Epithel, insoweit es das Ei umgibt, eine gegenüber dein dunkleren Ooplasma 
heller sich abhebende dicke Membran, die Zona pellncida. die auch 
wegen der feinen Streifung; die häutig auftritt und sich auf zahlreiche 
feinste durchbohrende Kanäle zurückführen läßt, Zona radiata heißt. 
Hierdurch senden Follikelepithelzellen feinste Ausläufer in das Ei. das auf 
diesem Wege Nahrung erhält, wodurch es Dottermaterial bilden und 
wachsen kann. 




Flg. 232. N.'diczii mir* Ki vom Menschen. Zona |>clliiciiln erscheint nl* heller 
Kinp mit einigen suhzonalen Kernen. Auswärts die Corona nuliaUi. Da« < )o|>lasina im 
Zentrum mit Nahrunpsilottcr. Links unten KcimMtischcii. Nach Wuldever. 

Bei Monotrcmata kommen hierzu noch sekundäre Hüllen. Nur teil- 
weise fallt unter «Uesen Betriff eine Lage von ..l'roalhumeir. die durch 



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XII. Geschlechtszellen. 



das Follikelepithel nach außen von «1er Zona i>cllncida abgeschieden wird. 
Sobald das Ei in die Tuba geraten ist, bildet sich diese Lage durch Flüssig- 
keitsaufnahme zur Eiweißschicht um. Weiter entsteht in dem Ovidukt 
die pergamentartige Schale, die bei Echidna nicht, wohl aber bei Orni- 
thorhynchus Kalk enthalt. In utero hat weitere Aufnahme von Flüssig- 
keit - statt, wodurch das Ei an Orößc zunimmt und bei Echidna. gelegt 
einen größeren Durchmesser von 1 l>,f> mm und einen kleineren von lä nun 
hat |Semon|. 

Auch bei Marsupialia umhüllt eine dicke Eiweißschicht die Zona 
pellucida; dies ist bei Monodelphia in geringerem Maße der Fall: wohl aber 
kann sich bei ihnen eine rmkleidung von Follikelepithel als Corona ra- 
diata lange Zeit erhalten. 

Der Eierstocksfollikel. in welchem das Ovarialei sich bildet, wurde von 
de (iraatt* entdeckt und für das Ei gehalten. Er entsteht vom Keimcpithcl 
aus, welches als eine I^age evlindrischer oder kubischer Zellen das embryo- 
nale Ovarium Uberdeckt. Von «Uesen geht eine Einwucherung in das Stroma 
des Ovarium aus, die zur Hildung der Follikel und der Freier Anlaß gibt 
in einer Weise, worüber die entwickelungsgeschichtliche Literatur näher 
berichtet »Fig. li*-t>. In diesem Follikel geht das Ovarialei seiner Reife 
entgegen, während gleichzeitig der Follikel durch starke Orößenzunahme 
zur Oberfläche des Ovarium emporsteigt und dieselbe schließlich hervor 
treibt. Diese teilweise mit Flüssigkeit angefüllte Kvste platzt schließlich am 
prominentesten Punkte, der nur von einer sehr dünnen Lage von Ovarial- 
gewebe überdeckt ist. Damit wird das Ei herausgespült, theoretisch in 
die Bauchhöhle, tatsächlich gelangt es aber sofort in den Ovidukt, dessen 
abdominale Oeffnung es aufnimmt und zuweilen der größeren Sicherheit 
halber den Eierstock mehr oder weniger umkapselt p. 24*). 

Soll das Ei befruchtet werden, so muß das männliche (ieschlechts- 
produkt hinzutreten. Dies entsteht in den Tubuli seminiferi des Hodens 
und zwar aus den rrsamenzellen, von denen bereits früher mitgeteilt 
wurde, daß sie aus den Cölomepithel sich entwickeln. Neben kleineren 
Zellen sitzen sie auf der Wand der Sainenkanälehcn als große Samen- 
mutterzellen oder Spermatogonien [v. La Valette St (_ieorge|. Durch 
wiederholte Teilung entstehen aus ihnen die Sperinatoevten. Diese zer- 
fallen durch mitotische Teilung in Spermatiden, aus denen je eine Spermie 
entsteht. An diesen unterscheidet man. mit Beachtung nur der wichtigsten 
Teile, den Kopf des Spermium, der aus dem Chromatin des Kerns der 
Spennatide hervorging. Der Achsenfaden mit den Hüllen des Schwanzes 
entsteht aus dein Plasma der Spennatide. Deren Ccntrosoni liefert den 
Hals, das Verbindungsstück und einen Teil des Achsenfadens. Namentlich 
der Kopf kann sehr verschiedene Formen haben. 

Wie oben <p. 2(54) angedeutet, werdeti die Spermien, aufgeschwemmt 
in dem Sekret der aecessorischen Oeschlechtsdrüsen, als Sperma in die 
weiblichen (»eschlechtswege gebracht. Ihre Lebensdauer außerhalb des 
Hodens ist sehr verschieden. Filter Säugern wird das Maximum der 
Lebensdauer wohl bei unseren einheimischen Fledermäusen erreicht, wo 
die Kopulation im Herbst, die Ovulation erst im darauffolgenden Frühjahr 
statthat. Während des ganzen Winters bleiben somit die Sermion lebend 
und beweglich in dem durch sie erfüllten I terus. 

Die Abstoßung des Eies. Ovulation, und die Abschcidung der 
Spermien geschieht, wenn das Tier geschlechtsreif geworden ist. Hat es 



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Spermien, Ovulation. Brunst. 



283 



alsdann auch noch nicht seine definitive Größe erreicht, so besitzt es doch 
bereits die Gesehlechtscharaktere, die man sekundäre nennt. 

Die Ovulation ist bei Säugero auf kurze Zeit beschränkt und geschieht 
gewöhnlich, namentlich in der ext rat ropi sehen Zone, zu bestimmten Jahres- 
zeiten. Meist ist hiermit eine Kongestion der Geschlechtsorgane und ein 
Zustand der Erregung derselben verbunden, die man Brunst nennt. Dali 
diese aber mit der Ovulation nicht zusammenzufallen braucht, lehrt obiges 
Heispiel der Fledermäuse. In den gleichzeitigen Brunstperioden des 
Männchens hat Produktion, wenigstens erhöhte Produktion von Sperma im 
Testikel und von Sekret in den Hilfsdrüsen statt. In dieser Zeit wird 
vielfach um den Besitz der Weibchen gefochten, namentlich bei polygamen 
Säugern. Alsdann erfolgt die Kopulation, wobei das Sperma in die weib- 
lichen Geschlechtswege ergossen wird. Zuweilen ist eine Einrichtung ge- 
troffen, um das Ausfließen des Sperma aus diesen zu verhindern. So 
folgt bei einzelnen Nagern der Entleerung des Samens ein Erguli des 
Sekretes der grolien Glandulae vesiculares. das in der Scheide sofort 
koaguliert und durch einen Propfen die Vagina für einige Zeit von aulien 
abschließt, so dali das Sperma in den l'terus und die Tuben gelangen 
und das Ei befruchten kann (p. :>»>">). 



XIII. Entwickelung des befruchteten Eies. 

Bei Monotremata wird das befruchtete Ei von einer pergamentartigen 
Schale umgeben und tritt darauf nach aulien. Es gelangt alsdann bei 
Echidna sofort in den Beutel, bei Ornithorhvnchus aber wird es im Neste 
abgelegt. In beiden Fällen vollzieht es seine Entwickelung außerhalb des 




Fig. 23.'!. Keimhlase des Kaniltriieneiea nach E. Van Heneden (au* 
O. Hertwiji). *• Kiweißhiille; z Zona pcllucida: / Trophoblast ; / Fnrchungs- 
höhle; ek Kmbryonalknoten. 

Körpers der Mutter. Bei Marsupialia und Monodelphia durchläuft es aber 
wenigstens den wichtigsten Teil seiner Entwickelung innerhalb des mütter- 



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2S4 



XIII. Entwickrlun^ de* Ufruchtctwi Ei<*. 



liehen Uterus, um in verschiedenem (.trade der Reiflieit gehören zu werden. 
Diese beiden Abteilungen sind also vivipar. 

Von dem dotterreichen Ei der Monotremen wissen wir namentlich 
durch Semon. daü es meroblastisch ist. Hei den (ihrigen Säugern spielt 
der Nahrungsdotter nur eine untergeordnete Holle: ihre Furchung ist daher 
eine holobla.sti.sche. Die Ansichten gehen auseinander, ob dies ein primi- 
tiver, ererbter Zustand ist oder aber ob die Dotterarmut erworben wurde, 
indem die Vorfahren dotterreiche Eier hatten, ähnlich wie die Monotremata. 
Wäre erstere Ansicht, die z. R. Hubrecht vertritt, die richtige, so müßte 
man die Ovoparität der Monotremata für eine sekundär erworbene Ein- 
richtung halten. 

Solange diese wichtige Frage »1er Entscheidung harrt, müssen wir 
uns damit begnügen, daß das Ei der viviparen Säuger, nach einer der 
Hauptsache nach äqualen Furchung. als Haufen kugeliger Zellen innerhalb 
der Zona pellucida resp. der Eiweißschicht in der Uterushöhle liegt. 
Hierauf folgt ein Stadium, in welchem durch Aufnahme von Flüssigkeit 
ins Innere eine Furchungshöhle entsteht, deren Wand einschichtig ist. mit 
Ausnahme einer Stelle, von welcher ein Haufen von Zellen in die Furchungs- 
höhle vorspringt (Fig. 2.'$.'l>. Man kann ihn füglich Embryonalknoten 
|Hubrecht| nennen, da nur aus ihm der Embryo hervorgeht: er stellt den for- 
mativen Eipol dar. Die einschichtige Zellenlage der Rlastocyste nennen wir 
mit Hubrecht Trophoblast. Wir werden überhaupt der Auffassung dieses 
Autors und seiner Nomenklatur, wie sie neuerdings unter seiner Leitung 
durch Resink emendiert wurde, in «lieser sehr kursorischen Uebersicht folgen. 
Der Trophoblast ist auch als primäres Ektodenn und als Raubersche 
Deckschicht bekannt, letzteres aber nur. insoweit er eben den Embrvonal- 
knoten oder die Keimscheibe bedeckt. Wir werden ihm weiterhin, aller- 
dings in wuchernder Tätigkeit, als Ektoplacenta | Dural | begegnen. 

Sein Los ist ein verschiedenes. Gerade oberhalb des Emhryonal- 
knotens. somit oberhalb des embryonalen oder formatiyen Ektoderms. 
schwindet er frühzeitig bei Tarsius. Tupaja, Chiroptera. Auch anderwärts 
kann Einschaltung dieses Ektoderms in die Trophoblastschicht statthaben. 
Letztere beteiligt sich aber niemals an dem Aufbau des Emhryonalkörpers. 

Ihre Aufgabe ist vielmehr die einer Einbryonalhülle. 
Wir sehen hier davon ab. daß Hubreoht von ihr 
das Amnion herleitet. Uns interessiert au dieser 
Stelle mehr. daß sie nach ihm eine Hülle liefert, 
durch welche die Keitublase in nähere Iterührung 
tritt mit der gefäßreichen Oberfläche der Schleim- 
haut von Eileiter und Uterus. Damit werden 
Ernährungsbedingungen gegeben. Der Tropho- 
blast kann diesen besser genügen durch Wucherung, 
wie sie namentlich bei Säugern mit kleiner Keim- 

r . 0 . . ... .. blase statthat, er liefert damit die Ektopla- 

Fie. ~^4. Kcimblase von ... ,, , , , . ,. . , , 1 

t. , u it • % centa Duval , durch welche die Keimhlase an 

Sm'.x vulgaris na< Ii llulwht .. ' '. . , , , _ , 

au« O. Hort«*. Tr Tropho- J c . 1 enisWä,,( ^ jnhe|tet. letztere kann e.ne 
blant. dem der Embryonal- I*r«pl«een i a |Res,nk bilden, indem s,e lakunar 
knoten anlie t ' w gegenüber der starker vaskulansierten l terus- 

wand. Sie funktioniert damit als embryonales 
nutritives Organ, das als solches zurücktritt, wenn die Allantoisgefäße sich 
in dasselbe begeben und Anlaß werden zur definitiven Placenta: E u pla- 
ce nta | Resink], die uns unten weiter beschäftigen soll. 




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Keimblnpo, rniliikluiij; <le* Knibryonalknoton«. 



Hei den großblasigen, adeciduaten Eiern der Marsupialia, Ungulata, 
Cetacea. Manis, ebenso wie bei den dcridnaten Carnivora, bleibt die Ekto- 
placenta zurück in ihrer Ausbildung, ist jedenfalls ein mehr vorübergehen- 
des (iebilde, das nach Huhreoht, Duval. Bonnet, und neuerdings Resink, 
ein stammesgeschiehtlich ererbtes. embryonales Organ ist. das sich rück- 
bildete zugunsten der definitiven Flaoenta. 

Es gilt jetzt, mit wenigen Worten der Umbildungen des Embryonal- 
knotens zu gedenken. Die Organanlage des Embryo liegt allerdings außer- 
halb des Rahmens dieses Werkes: sie kann aber nicht ganz umgangen 
werden im Hinblick auf die Eihäute, denen immer noch systematische 
Bedeutung zuerkannt wird. 

Der Embryonal knoten liegt unterhalb des Trophohlastes oder in 
dessen Niveau. Seine Zellen ordnen sich zu zwei Lagen: die äußere wird 
das sekundäre, permanente, besser noch embryonale Ektoderm. während die 
innere das Entoderm repräsentiert. Beide sind somit die (Grundlage des 
zukünftigen Tieres. Sie bilden die Keimscheibe, die in diesem Stadium 
als ovales Schild von geringem Umfang, einer somit verhältnismüßig großen 
Blase aufliegen, die mit Flüssigkeit angefüllt ist und gewissermaßen einen 
dotterlosen Dotter darstellt. Alsbald umwächst das Entoderm die Keim- 
blase, die somit jetzt eine mehr oder weniger vollständige zweitägige Wand 
hat. Das Embryonalschild fällt in dieser Wand als ovaler Fleck durch 
seine geringere Durchsichtigkeit auf. In seiner hinteren Region bildet 
das Ektoderm eine Verdickung gegen das Entoderm hin: den Knoten von 
Hensen, der an seiner Oberfläche ein seichte (irube. die Primitivgrube, 
hat. Beim weiteren Wachstum des Schildes wächst die Verdickung des 
Knotens gleichfalls weiter nach hinten und bildet die als Primitivst reifen 
bekannte Leiste, welche von der Primitivrinne durchzogen wird als 
Fortsetzung der Primitivgrube. Es genügt hier anzudeuten, daß in der 
Umgebung des Primitivstreifens das Mesoderm sich bildet. Demnach 
hängen an dieser Stelle die drei embryonalen Blätter zusammen und bilden 
eine axiale Verdickung. 

Das Emhryonalschild hat inzwischen Birnform und bilaterale Symmetrie 
angenommen; denn in der Medianlinie wird es in seinem verjüngten, 
kaudaleu Ende vom Primitivstreifen durchzogen. Vor demselben liegt das 
stumpfe Kopfende des Schildes. In letzteres wuchert vom Primitivknotcn 
aus ektodermales Oewebe: der Kopffortsatz. Von weiteren (ieschehnissen 
berührt uns hier nur die Bildung von Amnion. Dottersack und Allantois. 

Der etwaige Zusammenhang des Amnion mit dein Trophoblast | Hub- 
recht | wurde bereits angedeutet. Seine Bildung ist nicht überall die gleiche. 
Hubrecht und Van Beneden, obwohl in ihrer Auffassung auseinandergehend, 
stimmen darin überein. daß die Bildung ohne Faltung die primitivere sei. 
Oeschieht sie durch Faltung, so hat diese dort statt, wo das Schild über- 
geht in die Keimblase. Sie geht gepaart mit einer beschränkten Ab- 
schnürung des Keimes gegenüber der Blase. Inzwischen wuchert das 
Mesoderm über diesen Rand hinaus zwischen das Ekto- und Entoderm 
der Keimblase. In diesem extraembryonalen Mesoderm treten Lücken 
auf, die sich zu einem Spalt vereinigen: das cxtraembryonale Cftlom, 
welches das Mesoderm spaltet in ein parietales, dem Ektoderm und ein 
viscerales, dem Entoderm angelagertes Blatt. Bald folgt auch das im Embryo 
selbst gelegene Mesoderm dieser Spaltung. Hier heißt das dem Ektoderm 
anliegende Blatt Somatopleura, «las andere Splanchnopleura, da 



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286 



XIII. Entwiekelung de« befruchteten Eies. 



erstercs die Rumpfwand, letzteres die primitive Darmwand bilden hilft. 
Rings um den Rand des Embrvonalscliildes erhellt sich jetzt das parietale 
Mesoderm nebst dem überdeckenden Ektoderm zur Amnion falte, welche 
allmählich, während der Ausbildung des Embrvonalscliildes zum Embryo, 
diesen umwächst. Dorsalwärts von ihm treffen die Ränder dieser ring- 
förmigen Falte zusammen und verschmelzen schließlich. Hierdurch wird 
die ursprüngliche Amnionfalte in ein umfangreicheres äußeres und ein 
kleineres inneres Rlatt zerlegt. Letzteres, das eigentliche Amnion, um- 
hüllt wie bei anderen Amnioten sackartig den Embryo und füllt sich all- 
mählich mit dem Liquor amnii. Das äußere Rlatt aber wächst um die 
Keimblase herum. Wir wollen es seröse Hülle [v. Baer]. subzonaJe 
Membran |Turner| oder amniogenes Chorion | Rönnet] nennen (s. Kg. 236). 



TO 




Drei Schemata für die Keimhlättcrbildung den Säugetieres, .i Tropho- 
blast, durch vttÜHvhwanw Zellen angedeutet: 4 Ektoderm; 4» Entoderm; f> Keiinbla«en- 
resp. Dotterhöhle; <> Mesoderm; t>« «losen parietale.-»; <><> dc-sen viscerales Blatt. 
7 Gölom; 8 Amnionfalte. 



Fig. ■_':{(!. Schema der 
Embryonalhullcn nach Kön- 
net. 1 Embryo; 2 Ekto- 
derm d« Amnion; 8 Am- 
uiouhöhle; 4 Darmhöhle; 

Amuioustiel; ti Dotter- 
Hackgang; 7 Dottersack 
(Nabelblase); S extraein- 
brvonale* Coclom; !* Al- 
lantois. 10 Ektoderm. 11 
Entoderm derselben; 12 
wie !S; 13 Entoderm de* 
Dottersackes. . 14 Viscerales 
.Mesoderm tlessellvcn ; 1"> 
I >ot t ersackst iel ; ltU.'horion; 
17 Zotten den l'borion; 18 
Amnionnabel; 11» Parietales 
Mivodcrm igest richeltl. das 
einerseits . Im- Amnion, ande- 
rerseits das Chorion l>e- 
kleidet; 20 Amnion. 



Kehren wir zu unserem Embryo zurück, so liegt derselbe mit seiner 
primitiven Darmhöhle derart auf der Kcimblase. von welcher er sich 
einigermaßen abgeschnürt hatte, daß er mit derselben gewissermaßen durch 
einen kurzen weiten Stiel verbunden ist. Die Fortsetzung der Darmwand 




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Embryonalhüllen. 



287 



des Embryo (Entoderm -f- Splanchnopleura) setzen sich extraembryonal 
fort in die* Wand der Keimblase. Hierdurch erhält letztere den Charakter 
eines Dottersackes und häutig den Namen Nabelblase, die mit der Darm- 
hohle kommuniziert durch eine ringförmig sich verengende Stelle: den 
Darmnabel. Diese Verbindung verlängert sich bald zu einem hohlen 
Stiel Dottersackstiel i. 

Die Stelle, wo das Amnion aus der Körperwand des Embryo hervor- 
tritt, die Wurzel des Amnion also, heilit Körpernabel. 

In der Mehrzahl der Fälle sind Dottersack und Chorion voneinander 
geschieden, indem das Cölom sich ausdehnt /.wischen dem parietalen Meso- 
derm des letzteren und dem visceralen Mesoderm des Dottersackes. 

Am hinteren Ende des Embryo tritt jetzt eine ventrale Au>stülpung 
des Darmes auf. welche naturgemäß von innen mit entodermatischem 
Epithel, von außen mit Splanchnoplcura bekleidet ist. Diese Ausstülpung: 
die Allantois s. p. 241) begibt sich in das extracmbryonale Cölom 
(Exocölomi zwischen Dottersack und Chorion und legt sich an letzteres 
an. Die Allantois bleibt klein bei der Mehrzahl der Marsupialia. wo sie 
das Chorion nicht erreicht oder nur in geringer Ausdehnung < Fig. 237 u. 238). 

c 




r 

Fig. 2:t7. Ei von Pha*eolaretii* cinerea* . nach Semon. Ektoderm ^t'"^'"'"'*- 
Entorlenu punktiert, gefüßhaltige* McHmlerm «lickc, Kefißlowi McsiMlerm dünne Linie. 
("AH'horion; C Cölom; Amnionhöhle; fh Dottersack; All Allantois P Proamnionreat. 

Hei Monodclphia erlangt sie bedeutendere (IröKe und verwächst mit 
dem Chorion. Dies geschieht entweder nur über einen beschränkten Be- 
zirk bei den sog. Deciduata. mit scheibenförmiger oder gürtelförmiger 
Placenta (s. u.), wo die Allantois meist dieser entsprechend klein bleibt, 
oder es geschieht über die ganze Ausdehnung des Chorion: bei den sog. 
Adeciduata. Die Allantois gibt hierdurch Anlaß zur Bildung der defini- 
tiven Placenta oder Euplacenta | Resink] im (legensatz zur cktoplacentalen 
Präplacenta. Die Allantois bringt nämlich die Arteriac umbilicales zum 



2H8 



XII. Kntwit'kcluiig <!e< befruchteten F.icH. 



Chorion, das zum Zweck der Obertiächenvergrößerung Zotten treibt, in 
welche die Allantoisgefäße eindringen. Wo eine Ektoplaeenta auftritt, be- 
teilig diese sich nach Hubrecht durch fortgesetzte Wucherung an der 
Bildung der Placenta: jedenfalls tut dies in vielen Fällen der Trophoblast. 

Für unsere theoretische Uebersicht genügt aber der Hinweis, daß 
jedenfalls der Konnex zwischen Allantois und Chorion ein Recht gibt, von 
einem Allontochorion zu sprechen. Säuger, die dieses besitzen, werden 
auch wohl Choriata genannt, im Gegensatz zu der Mehrzahl der Marsu- 
pialia, welche die Achoriata darstellen. Hei diesen erreicht, wie bereits 
gesagt, die klein bleibende oder sich gar reduzierende Allantois. das 
Chorion nicht. Dafür erlangt aber der Dottersack große Ausdehnung und 
legt sich an das Chorion. von welchem er überhaupt niemals ganz durch 
das Exocülom abgetrennt gewesen zu sein braucht 

A € C Ch 




CA Am 



Fig. 23S. Acpyprymnu» rufescen», nach Semon. Am Amnion. Uebrige Be- 
zeichnung wie in Flg. 237, welche daa andere Verhalten der Eihäute bei Mnrsupialia 
darstellt. 

Der Dottersack wird durch die Arteriae omphalo-mesentericae — 
wovon auf p. 2!>f> mehr (vergl. auch Fig. IWh ■ reichlich vaskularisiert, 
und dieser Dottel sackskreislauf sorgt reichlich für die Atmung und Ernährung 
des Embryo. Das Chorion entwickelt aber keine Zotten. Villi, wird also 
keine Zottenhaut, als welche man früher das Chorion auffaßte, was Anlaß 
gab von Aehoriat zu sprechen. 

Aber auch hier sind vor den neuen Untersuchungen von Selenka. 
Caldwell. Semon, Hill die scharfen Gegensätze geschwunden. So legt sich 
bei Phascolarctus und Halmaturus die gut vaskularisierte Allantois über 
einen kleinen Bezirk dem Chorion an. Ausgedehnter wird derselbe bei 
Peramelcs und verbindet sich so innig mit der umgewandelten Schleim- 
haut des Uterus, daß Hill mit Recht von einer allantogenen Placenta 



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Allanto- and Ontpbalocliorion. 



289 



sprechen kann. Umgekehrt bringt es Dasyurus zu einer Dottersacks- 
placenta. insofern als e> zu einer intimen Verbindung zwischen Mutter 
und Frucht kommt (vergl. Hill). 

Auch bei Monodelphia tritt der Dottersack auf uml wird meist in 
gleicher \Yei>e vaskularisiert; er kann selbst mit dem Chorion Verbindung 
eingehen (Omphalochorion i und Anlaü zur Hildiui^r von Zotten gehen, die 
mit der Cterttswand in Konnex treten können. So entsteht eine Dotter- 
sacksplacenta Pferd. Munis . die aber nur eine Ranz vorübergehende Rolle 
spielt. Wohl aber kann in einzelnen Fällen der Dottersack als Nabelbläs- 
chen bis zur Geburt bestehen bleiben. 




.1 



Fig. - >'». Srhi'iiintMrrtrr Quer- und Länpwhnitt durch den Embryo und Keine 
Hullen von Mani« javanica. <// Allan toi*; am Amnion: t Embryo; </ Dotteraack; S 
< 'borioil i-orii-i' H Tille). 

An Stelle der omphalnyenen (vitellogeneu) Placenta tritt die allan- 
lOgene. wie sie allen Monodelphia eigen ist. 

Kein deskriptiv unterscheidet man an derselben gemeinhin einen 
vom Embryo gelieferten fötalen und einen von der I'teruswand gelieferten 
maternalen Teil. 




Fig. 244». 
Schema! i'i'Titr 
Schnitt durch den 
tichwangeren l"u>- 
tu- ron Munif 
javanica. l l'te- 
ruiwand; 2 Am« 
nion; :> innen-: 
-1 Süßere* . der 
»eröxeti Hölle 
i( !horion i ongc« 
lagerten Blatt 
der AI Inn toi«; ."> 
I >ott< r-uck;»! Kl 1 1 - 

hryo; unterhalb 
»'. Stiel der Allan- 

toi* und (Ich 
Dotlcrsacko« ; s 

Osüuiu tubac 
Fallopii: !i Ova- 
rinm; » Vagina. 



Stellen wir uns vorläufig auf diesen früher allgemein angenommenen 
Standpunkt, auch um für unsere systematischen Zwecke den Anschluß an 
die frühere Literatur zu wahren. Fs fällt dann alshakl auf. dali die Ver- 

Wel.nr. SHuiri'ln«re. IS 



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200 



XIII. Entwicklung de* bt-fruchtclen Eio*. 



bindung der beiden Teile eine lose oder eine sehr innige sein kann: sie 
kann ferner über eine groüe Ausdehnung oder nur an umschriebener 
Stelle statthaben. Dementsprechend unterscheidet man einfachere oder 
kompliziertere Verhältnisse. Während neuere Untersuchungen das (legen- 
teil wo nicht wahrscheinlich, dann doch möglich erscheinen lassen, leitete 
man bisher letztere gewöhnlich stufenweise aus ersteren ab und zwar in 
folgender Weise: 

1. Das Chorion tritt in ganzer Ausdehnung mit der Allantois in 
Verbindung (Allantochorion!) und wird wenigstens in toto vaskularisiert 
von den Umbilikalgefälien. 

a) Das Chorion erhält auf seiner ganzen Oberfläche Zotten, in welche 
die Blutgefäße eintreten. So entsteht eine große respirierende 
und absorbierende Oberfläche, welche in ganzer Ausdehnung der 
Schleimhaut des Uterus anliegt. Diese wird reicher an Blut- 
gefäßen und vergrößert ihre Oberfläche durch Bildung von Falten 
und Gruben, in welche die chorialen Zotten eindringen und damit 
reichlichere Gelegenheit haben zu atmen und Nährmaterial auf- 
zunehmen. Die Verbindung beider ist aber eine lose und kann 
ohne nennenswerten Substanzverlust gelöst werden. Auch- bleibt 
die epitheliale Bedeckung von Chorion und Uteruswand unver- 
ändert, höchstens kann letztere Umformungen unterliegen. Achtet 
man nur auf die Form der Zotten, so findet man dieselben als 
Falten oder niedrige, kaum verzweigte Zotten bei Suidae und 
Camelidae. Länger sind sie bei Tapir. Ilippopotamus. Tragulus (V) 
und den Lemuriden, bereits stärker verzweigt bei Manis und 
stellenweise bei den Cetaeccn. Beim Pferd und Halicore werden 
es Zottenbiischel. 

Vielfach hat das Chorion eine oder mehrere zottenfreie Stellen, 
z. B. an einem Pol. Bei Halicore schwinden während der Ent- 
wicklung die Zotten bis auf eine gürtelförmige Zone, so daß die 
Placenta oberflächlich übereinstimmt mit der gürtelförmigen Pla- 
centa der Carnivora, die aber eine durchaus andere Bildung ist. 
Bei Lemuriden fehlen die Zotten ausgedehnt an einem Pole der 
Eioberflächc. 

Die Placenta all dieser Tiere wird diffus genannt, nach dem 
ganz oberflächlichen Merkmal der zahlreichen, zerstreuten Zotten. 
Als weitere Uebereinstimmung trotz großer körperlicher Ver- 
schiedenheiten dieser Tiere — könnte genannt werden der Besitz 
eines zweihörnigen Uterus. Meist sind sie unipar und das Chorion 
erstreckt sich auch in das nicht schwangere Horn Fig. 240). 

In dem Maße als die Zotten in Ausmaß und Komplikation zu- 
nehmen, gewinnt auch die Uterusschleimhaut an Dicke und Tiefe 
der Krypten, welche die Zotten aufnehmen, 
h) Einen Schritt weiter kommen wir zur polykotyledonen Pla- 
centa. die bei Kuminantia. mit Ausnahme der Tragulidae (V) und 
Camelidae, auftritt und ihnen zum Namen Cotylophora verhalf. 
Hier treten die Zotten in zerstreuten Gruppen, sog. fötalen Koty- 
ledonen auf. zwischen denen das Chorion glatt und arm an Blut- 
gefäßen ist. Die Beschränkung der Zahl der Zotten wird funktio- 
nell gewissermaßen ausgeglichen durch bedeutende I^inge. Wo 
sie in Kontakt treten mit der Uterusschleimhaut, wuchert die»c 



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PlaoenUi. 



291 



stark und bildet die maternalen Kotyledonen oder Karunkeln, 
welche die Zotten der fötalen Kotyledonen aufnehmen. Heide 
zusammen bilden ein Placentom, von denen zerstreut bis zu 
1(H> beim Schaf auftreten können. Ihr Zusammenhang ist immer- 
hin nicht so innig, dab nicht bei der (ieburt die Eihäute loslassen 
und nur ganz unbedeutende Teile der mütterlichen Schleimhaut 
mitnehmen. Diese bleibt somit in der diffusen Placenta intakt: 




Fig. 24!. Frucht* aclc vom Schaf, nach O. Schnitze <nu« H. Strahl). Der Em- 
hryo liegt eng um*chlos> en im Amnion; diese* in dem weiten Chorion. das auf seiner 
Oberfläche zahlreiche Kotyledonen trägt, zu denen die rmhilikalgefältc ziehen. 

auch in den Spezialisierungen derselben, wie sie bei einer Anzahl 
Prosimiae auftritt und die Chorionzotten befähigt z. H. Drüsen- 
Dekret der Iteruswand aufzunehmen: Spezialisierungen, die ihr 
Maximum erreichen in der polycotylet Ionen Placenta der Rumi- 
nautia. in der gürtelförmigen von llalicore und wahrscheinlich des 
Elefanten. — Weiteres ist bei den einzelnen Ordnungen nach- 
zusehen. 

IS* 



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292 



XIII. F.tihvit-kdting de« befruchteten Eie*. 



L\ (iegenfiber den bisher genannten l'ngulata. Cetacea. Maitis. Sirenia 
und vielen Prosimiae stehen andere Monodelphia: die Insectivora, Chiroptera, 
Galcopithecns. Xenarthia. ( )rvcteropus, Carnivora. Hodentia. Primates, bei 
denen die Verbindung /.wischen Mutter und Embryo eine weit innigere 
ist. Das Chorion hat nämlich auf umschriebener Stelle stark verzweigte 
Zotten, 68 verbindet sich jedenfalls durch eine mehr oder weniger spongiöse 
Masse mit der Uteruswand. Hei der Geburt bleibt ein Teil derselben, die 
sog. Decidua, mit der Filiaut in Zusammenhang, muli daher von der 
Uteruswand abgerissen werden, ist somit hinfällig (cadncus). tfuxley hat 
diese Pkcentsform eine deciduate genannt und die Besitzer derselben 
Deciduata. im (iegensatz zu den I ndeciduata. deren diffuse oder poly- 
kotvledone Placenta keinen hinfälligen mütterlichen Anteil besitzen soll. 
Ks bandelt sich aber nur um graduelle Unterschiede, da auch bei den 
In- oder Adeciduata ein Homologen «ler Decidua gebildet wird, wenn es 
auch weit weniger entwickelt und nicht oder nur unbedeutend hinfällig 
ist. Wir werden daher dieses Prinzip nicht gebrauchen, um danach die 
Monodelphia zu verteilen, um so weniger, als es vorwiegend basiert auf 
dem, was man fast mit blofiem Auge an der ausgetragenen Placenta sieht. 
Wir wissen aber jetzt, namentlich durch die Untersuchungen von llubrecht. 
dafi sich bei einer Anzahl deeiduater Säuger die Placenta aus trophoblasti- 
schem (ektonlacentalem) Gewebe, unter Beihilfe des amniogenen Chonou 
und der Allantois aufbaut, also aus fötalem (Iewebe. und datt in den 
lakunären Käuinen nur das mütterliche Blut zirkuliert. Selbst wenn dieser 
Modus nicht der allgemeine ist, genügen die gesicherten Fälle darzutun, 
dafi es unzulässig ist. generell von Dcctdua zu s|irechen. insofern man 
tiarunter mütterliches (iewebe versteht, das nach der (ieburt abgeworfen wird. 




Fiff. 242. Choiinnrack «1»t Füchsin mit Placenta zonarin, <lic di u Sack jiiirtel- 
[«innig von außen umgibt; nach II. strahl. 

Pei Peuteltieren mit omphaloyener oder allantogener Placetita kann 
gar «las Gegenteil statthaben, insofern bei ihnen nach der Gehurt die 
KmbryonalliÖUen an der Uteruswand haften bleiben und resorbiert werden, 
was Übrigens auch bei Talpa geschieht. 

Wohl aber werden im Gegensatz zu diesem ..contradeciduaten" Typus, 
wie Hill es nennt, und im Gegensatz zum adeciduaten, die beide charak- 
terisiert Bind durch eine sehr umfangreiche Keimblase, bei der deciduaten 
Placenta mütterliche (iefälie in verschiedenem Grade bei der (ieburt ge- 
öffnet, während die Fibrillen als Nachgeburt ausgestoßen werden. Strahl 
nennt eine solche Placenta eine Vollplacenta oder Placenta s. str. im 
(iegensatz zur Halbplaeonta oder Semiplacenta. tlie dann umfassen würde 
ilie omphalogene oder allantogene zottenlose Placenta der Marsu])ialia. die 



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Plnci-nta. 



2m 



diffuse, polykolyledone und indeciduat-gürtelförmige Placenta. kurz alle 
die Formen, die man früher indeciduat nannte. 

Bei deciduater Placenta, der Vollplacenta Strahls, handelt es sich 
durchgehend* um eine kleinere, meist .selbst um eine weit kleinere Keim- 
blase als bei der vorigen Gruppe: ferner hat im allgemeinen die Allantois 
geringere Ausdehnung und vaskularisiert nur eine umschriebene Stelle des 
Chorion. obwohl anfänglich die Zottenbildung eine umfangreichere gewesen 
sein kann. Achten wir nur auf die Form der Stelle, wo die Zotten 
schließlich auftreten, so kann es: 

a> eine scheibenförmige Placenta, PI. discoidalis, sein. Sie tritt 
auf bei Xenarthra. Insectivora, Chiroptera, ( ialeopithccus ?, Ro- 
dentia, Tarsius, Affen, jedoch in sehr verschiedenem Aufbau, so- 
wohl dem Detail nach als vielleicht auch bezüglich der (ienese. 

b) Yaskularisiert die Allantois nur eine gürtelförmige Zone des Chorion. 
so entsteht die Placenta zonaria der Carnivora, die aber Ueber- 
gänge zur diskoidalen darbieten kann. Sie ist scharf zu scheiden 
von der zonalen indeciduaten von Halicore. 

Neuere Untersuchungen, namentlich von Van Beneden, Duval, Hubrecht 
u. A. haben gelehrt, daß. abgesehen von formaler Uebereinstimmung, die 
Struktur der diskoidalen Placenta sehr verschieden sein kann. 

Bei Insectivora, Chiroptera, Tarsius, Rodentia. Affen, entsteht der 
fötale Teil der Placenta anfänglich aus dem Trophoblast. Dessen starke 
Wucherung geht gepaart mit einer Vernichtung des Epithelium der l'terus- 
schleimhaut und zwar sehr frühzeitig dort, wo die Keimblase, welche sich 
in eine (Irube dieser Schleimhaut legt und darauf von dieser als sog. 
Decidua rellexa umwachsen wird, weiterhin die Placenta ausbilden wird. 
Hierdurch tritt (Insectivora) der Keim in direkten Kontakt mit mütter- 
lichem Blut, das schließlich nur durch trophoblastisches (iewebe von den 
fötalen Zotten geschieden ist [Hubrecht]. 

Die Placenta ist hier im wesentlichen ein Organ des Embryo. Jeden- 
falls weist sie bei solchen tiefstehenden Formen wie die Insectivora weit 
kompliziertere Zustünde auf als die indeciduate Placenta der Ungulata z. B. 
Dies spricht schon gegen eine Herleitung der ersteren aus «1er letzteren. 
Es könnte ja auch sein, daß die diffuse Placenta eänogenetisch vereinfacht wäre. 

Auch können die Marsupialia nicht mehr als Aplacentalia gelten, 
seitdem wir wissen, daß sie nicht nur eine Dottersacksplacenta. sondern 
auch eine, wenn auch deciduate. allantogcnc Placenta bilden können. Auch 
hier erhebt sich die Frage: Haben wir es mit einem progressiven oder 
einem regressiven Zustand zu tun. Letzteres würde dann bedeuten, dati 
die Vorfahren der Marsupialia eine Placenta besaßen, die bei den heutigen 
Marsupialia meist verloren ging unter besserer Ausbildung des Dotter- 
sackskreislaufes. Wenn diese Annahme auch wenig wahrscheinlich ist. zur Zeit 
fehlt es noch am nötigen Tatsachenmaterial, um einen Entscheid zu treffen. 

Wie dem auch sei. die Placenta, sowohl die omphalogonc als auch 
die allantogene. ist ein fötales Atmungsorgan. Die oben angedeutete nahe 
Berührung des mütterlichen und fötalen Blutes (bei Insectivora z. B.) 
deutet darauf, daß auch Hüssige nährende Stoffe aus dem Blute direkt 
aufgenommen werden können. Bei Carnivora haben selbst Extravasate 
mütterlichen Blutes statt, so daß dieses als Nahrung für den Embryo ver- 
wendet wird. Endlich spielt die I terinmilch | Bonnet | namentlich in der 
ersten Zeit des uterinen Lebens die Rolle einer wichtigen Nahrungsquelle 



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2<>4 



XIV. Zirkulation in den Eihäuten. 



bei Ruminantia, Carnivora, Manis z. H. Es ist dies eine eiweißhaltige 
Flüssigkeit, entstanden durch Zerfall von Epithelzellen der Uteruswand 
und «1er Uterusdrüsen, welcher Loukocyten beigemengt sein können. 

XIV. Zirkulation in den Eihäuten. 

Bei Behandlung des Blutgefaßsystems wurde der embryonale Zu- 
stand desselben bereits besprochen und nebenbei auch der Arteriae und 
Venae omphalo-mesentericae und umbilicales gedacht (Fig. 190V Ihre 
nähere Behandlung mußte aber in Verbindung mit der Besprechung der 
Eihäute geschehen, zu denen sie gehören. 

Das erste Auftreten der Arteriae und Venae omphalo-mesen- 
tericae ist nach dem Vorhergehenden verständlich, wenn man im Auge 
behält, daß, abgesehen von den Monotremata, bei denen noch ein echter 
Dottersack auftritt, auch bei den didelphcn und monodelphcn Säugern der 
Zustand so ist, daß die Keimblase sich stark ausdehnt und gefüllt ist mit 




Fig. 243. Area VMCttlOMI vom Kanim-hrn nach K. Van B Cft g d cfl (ans Strahl). 

einer eiweißhaltigen Flüssigkeit, die für die Ernährung des Embryo ver- 
wertet werden kann. Zu diesem Behufs entwickelt sich ein Dottersacks- 
kreislauf, der mit dem niederer Amnioten ganz übereinstimmt. 

Die beiden früher bereits beschriebenen primitiven Aorten geben auf 
ihrem Wege zum Schwänze jederseits eine Arteria omphalo-mesenterica ab, 
welche sich auf dem Geftßhof verteilen und entweder das Blut zu einem 
ringförmig. den (iefaßhof umgebenden Handsinus bringen, Sinus terminalis, 
oder aber direkt in Kapillaren sich auflösend, übergehen in die Venae 
omphalo-mesentericae, die «las Blut zum Herzen zurückführen. Dieser 
Dottersackskreislauf erhält sich nur bei Marsupiaüa während des ganzen 



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Dottersacks- u. Umbilikal-Kreislauf. 



2HÖ 



embryonalen Lebens auf voller Höhe, entsprechend der hohen Ausbildung 
des Dottersackes, welchem gegenüber die Allantois zurücktritt 

Bei Monodelphia ist das umgekehrt. Hier wird der Dottersack ge- 
wöhnlich bald reduziert und bleibt nur selten während der ganzen embryo- 
nalen Periode in Funktion. Dementsprechend ist auch das Verhalten des 
Dottersackskreislaufes oder des ersten fötalen Kreislaufes, der sich gewöhn- 
lich ganz zurückbildet. Im umgekehrten Verhältnis nimmt die Allamois 
zu und damit auch der Allantois- oder V mbilikalkreislauf. Dieser 
kommt so zustande: Jede der beiden Endäste der Aorta geben als Zweig 
die Arteria umbilicalis ab. Heide Nabelarterien nehmen mit der sich ent- 
wickelnden Allantois in Ausdehnung zu und senden ihr Blut anfänglich 
durch zwei Venae umbilicales zurück, die später zu einer reduziert werden, 
indem bei allen Amnioten die rechte Vena umbilicalis zu (Irunde geht. 

Die Venae omphalo-mesenterieae erfreuen sich einer guten Aus- 
bildung, solange der Dottersack in Funktion ist, vereinigen sich aber bald 
zu einem einzelnen Stamm. An ihrer Einmündung in den Sinus venosus 
erfahren sie bedeutende Veränderung durch die Einwucherung der Iieber- 
ausstülpungen des Darmes, die wir namentlich durch Hochstetter genauer 
kennen. Sie werden hierdurch in ein (iefäßnetz zerlegt, an welchem man 
späterhin in die Leber eindringende Venae advchentes unterscheiden kann 
von Venae revehentes. welche das Blut wieder aufnehmen und spflter die 
rechte und linke Lebervene bilden (Fig. 244 1. Auch das außerhalb der Leber 
gelegene Stück der Vena omphalo-mesenterica unterliegt Veränderungen. 





Fig. 244. Vier Schemata zur Umbildung der Venae omphalo-mesentericae und 
umbilirales in Verbindung mit der Kntwickelung der Leber bei Monodelphia. nach 
Hochstctter. /,/ rechter und linker Ductuli Cuvieri; 2.2 rechte und linke Vena um- 
bilicalis; 3J rechte und linke Vena omphalo-mesenterica : 4 Ductus venosiiB Arrantii; 
5 linke Pfortader; 6 wird Vena hepatica 

Vom Darm her nimmt sie die Vena mesenterica auf, die mit dem Wachs- 
tum des Embryo an (Jröße zunimmt. Nachdem alsdann mit dem Schwund 
des Dottersackes dessen Kreislauf beendigt ist. wird tlie Vena omphalo- 
mesenterica zur Vena portae. welche (las Blut aus dem Darmsystem 
aufnimmt und durch tlie Venae advehentes. welche inzwischen die Endäste 
der Vena portae geworden sind, in die Leber ergießt. Aus dieser wird 
es weiterhin durch die Lebervene abgeführt zu der Vena cava posterior, 
die sich inzwischen gebildet hat. wie früher mitgeteilt wurde (p. 23(5). 

Hand in Hand hiermit unterliegen die Venae umbilicales bedeu- 
tender Veränderung. Diese sind sehr verwickelter Art und lassen sich 
dahin zusammenfassen, «laß tlie rechte sich rückbildet und die linke dem- 



2<>r> 



XIV. Zirkulation in den Eihäuten 



nach allein das in der Plaeenta arterialisierte Blut zum Herzen leitet 
Zu dem Zwecke ergießt sich die Blutmasse in die Pfortader, zirkuliert 
durch die Leber und gelangt durch die Venae hepaticae in die Vena cava 
posterior (Schwein, Pferd). Oder aber die Umbilikalvene verliert alle Be- 
ziehungen zur Leber, indem sich eine früher unbedeutende Anastomose 
zu einer direkten Fortsetzung der linken Umbilikalvene in die obenge- 
nannte Vena hepatica communis und damit in die Vena cava posterior ent- 
wickelt. Diese neue Abflußbalm heißt Ductus venosus Arrantii und 
findet sich bei Wiederkäuern, Nagern. Raubtieren, Primaten. Hierdurch 
strömt das arterielle Blut, welches die Vena umbilicalis aus der Plaeenta 
fortfflhrt, direkt in die Vena cava posterior. Da letztere venöses Blut 
enthält, tritt somit durch diese vereinigte Bahn gemischtes, aber haupt- 




Fig. 245. Schema der embryonalen Zirkulation, nach Bonnet, geändert. / Vena 
cava anterior; 2 Foramen ovale; 3 Vena cava posterior; 4 Aorta; 5 Arteria anonyma; 
6 Art. subclavia; 7 Art. pulmonal!«; * Ductun artcriosua ßotalli; 9 Vena pulmonale; 
10 Vena hepatica: // Vena portae; 12 Art. umbilicalis; /.? Nabelutrang; 14 Venae 
umbilirales ; 15 Verbindung der Umbilikalvene mit der Pfortader, der lhictua venosus 
Arrantii beginnt bei dem Pfeil oberhalb 14 und endet bei 10; 16 Leber. Das arterielle 
System ist rot gehalten, das venöse weiß resp. punktiert ; Pfortadersystem und Leber- 
venen schwarz. 

sächlich arterielles Blut in den rechten Busen. Aus diesem strömt es 
durch das Foramen ovale, welches im embryonalen Leben den rechten mit 
dem linken Busen verbindet, in diesen letzteren. Diese embryonale Ein- 
richtung wird dadurch möglich, daß der Blutdruck in dem linken Busen 
geringer ist als im rechten. Aus dem linken Busen geht das Blut in die 
linke Kammer und von dort zur Aorta. In den rechten Busen tritt aber 



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Fötaler Krtislauf. 



297 



auch das venöse Blut der Jugularvenen (Venac cardinales anteriores! ein. 
Dali dieses nicht gleichfalls durch das Foramen ovale in den linken Busen 
strömt, wird durch das Tuberculum IiOweri verhindert, so daß das Blut 
direkt zur rechten Atrioventrikularölfnung. somit in die rechte Kammer 
gelangt. Von hier aus wird es durch die Arteria pulmonalis zur Lunge 
getrieben. Diese funktioniert aber noch nicht, kann daher nur erst wenig 
Blut fassen. Der größte Teil des Blutes aus der rechten Kammer wird 
denn auch von den Arteriae pulmonales nicht zu den Lungen geführt, 
sondern durch den linken sechsten primitiven Arterienbogen in die ab- 
steigende Aorta (Fig. 189 und 190). 

Dieses Verbindungsgefäß: Ductus arteriosus Botalli führt somit 
venöses Blut aus der rechten Kammer in die Aorta, nachdem diese die 
Gefäße zum Hals und Kopf (Carotiden) und zu den vorderen Gliedmaßen 
(Arteriae subclavia^ abgegeben hat. Diese Gefäße führen demnach arterielles 
Blut, das aus der Vena umbilicalis stammt Die Aorta enthält aber weiter- 
hin nach dem Zusammenfluß mit dem Ductus arteriosus Botalli stark ge- 
mischtes Blut, womit sich somit der Rumpf und die hinteren Extremitäten 
begnügen müssen und das schließlich zum großen Teil zur Placenta Hießt. 
Sobald nach der Geburt die ersten Atemzüge die Lungen mit Luft gefüllt 
haben und dieselben respirieren können, führen die Lungenarterien ihr 
venöses Blut zu den Lungen; infolgedessen obliteriert der Ductus Botalli. 
Da gleichzeitig die Eihäute abgeworfen sind, strömt kein Blut mehr durch 
die Umbilikalvene zur hinteren Hohlvene, und diese leitet somit nur noch 
venöses Blut zur rechten Kammer. Der intraembryonale Teil der Um- 
bilikalvene, ferner der Ductus venosus Arrantii, endlich rler intraembryonale 
Teil der Arteriae umbilicales obliterieren gleichfalls und werden zu binde- 
gewebigen Strängen. Aus dem Ductus Arrantii wird das Ligamentum 
teres von der Leber zum Nabel; von letzterem erstrecken sich zu den 
Seiten der Blase die obliterierten Arteriae umbilicales, die jetzt Ligamenta 
vesico-umbilicalia lateralia heißen. 



XV. Sekundäre Geschlechtscharaktere. 

Seit Hunter versteht man unter sekundären Geschlechtscharakteren 
solche, die sich nur auf ein Geschlecht vererben und nicht unter den 
Begriff der Reproduktionsorgane fallen, welche als unabweislicher Unter- 
schied zwischen den Geschlechtern der Säugetierarten, die ja sämtlich ge- 
trennten Geschlechts sind, die primären Geschleehtscharaktcre darstellen. 
Es sind also für das Geschlecht charakteristische Merkmale an Organen, 
welche — wie Darwin es ausdrückt - nicht in einem direkten Zusammen- 
hang mit der Reproduktion stehen. 

Genanntem Forscher verdanken wir eine ausführliche philosophische 
Besprechung dieser Merkmale; hier soll ihrer mehr vom anatomischen 
Standpunkt aus kurz gedacht werden. 

Verglichen z. B. mit den Vögeln, treten körperliche Reize, wodurch 
ein Geschlecht das andere überragt, bei den Säugern ganz in den Hinter- 
grund. Wo es vorkommt, ist es als Regel das Männchen, das den Sieg 
davonträgt, sei es durch ornamentale Färbung oder Haarschmnck, sei es 
durch bedeutendere Körpergröße oder Waffen verschiedener Art, die dem 
Weibchen fehlen oder bei ihm unbedeutender sind. 



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2!>H XV. i*ekundiire GwchlcchUcbanikterc. 

Die beiden letztgenannten Unterschiede fallen aber eigentlich unter 
einen anderen ( lesichtepunkt. Vielleicht nur in unseren Augen erhöhen sie 
den Eindruck den das Tier macht durch größeren und stärkeren Körperbau, 
hervorragende Stoßzähne und dergleichen oder erhöhen sie seine Schönheit 
durch verschiedenartig geformte Hörner oder Geweihe. In erster Linie 
machen sie die Männchen geeigneter für den gegenseitigen Kampf um den 
Besitz der Weibchen, und dieser Wettbewerb geht — allerdings in sehr 
verschiedenem Grade der Intensität — durch die ganze Reihe der Säuger 
hindurch. Damit wird Kampflust, wenigstens zur Brunstzeit, eins der psy- 
chischen Merkmale der Männchen. 

Zahlreich sind die Fälle, in denen es das Weibchen an Körpermaß 
übertrifft, namentlich bei Säugern, die in Herden leben. Als auffallende 
Beispiele mögen genannt werden: Physeter. wo das Männchen die doppelte 
Größe erreicht, ferner Trichechus, Macrorrhinus und namentlich Arctocc- 
phalus ursinus. bei denen die Unterschiede noch erheblicher sind. 

Krallen, Hufe namentlich aber das Gebiß sind natürliche Waffen, 
aber nur letzteres zeigt sekundäre Geschlechtsunterschiede. Marsupialia und 
Rodentia fehlen sie wohl ganz, treten bei Inscctivora, Carnivora und Pri- 
mates meist sehr zurück und äußern sich höchstens in etwas stärkerer 
Ausbildung des Caninus. wie bei manchen Altwelt-Affcn. Gerade dieser 
Zahn — durch seine Lage ist er hierzu vorbestimmt — hat aber bei 
zahlreichen Ungulata Neigung, im männlichen Geschlecht zu einer Waffe 
.sich auszubilden ; entweder indem er einfach größer wird als beim Weibchen 
oder letzterem ganz fehlt, z. B. bei den Pferden und vielen Hirschen; oder 
aber indem er ein wurzelloser Zahn mit dauerndem Wuchs wird, so daß 
er aus der Mundspalte weit hervorragt, während das Weibchen den ur- 
sprünglichen Charakter eines kleinen Wurzelzahns mit beschränktem Wüchse 
wahrt. Moschus, die Tragulidae, Cervus muntjac, Elaphodus sind hierfür 
Beispiele, ferner die bekannten Hauer der männlichen Schweine. In die- 
selbe Kategorie fällt der Stoßzahn des Elefanten, der beim Männchen 
länger ist. und der lange Stoßzahn von Monodon, der beim Weibchen 
zeitlebens im Kiefer verborgen bleibt. Weniger deutlich ist, warum unter 
Cetaceen bei Physeter. Ziphius. Micropterus und Platanista beim Männchen 
die Zahndimensionen überhaupt bedeutender sind. Unter diesen JJesichts- 
punkt fällt auch wohl, daß bei Hyperoodon, wo überhaupt nur die zwei 
vorderen Unterkieferzähne aus dem Zahnfleisch hervorragen, beim Männchen 
dies in stärkerem Maße der Fall ist. 

All diese Beispiele von Gcsehlechtsunterschicdcn im Gebiß zeigen 
in der Mehrzahl der Fälle deutlich, daß es sich um den Erwerb einer 
Waffe bei den Männchen handelt, die sie in erster Linie für den Kampf 
untereinander gebrauchen. Daneben kann sie natürlich auch eine Rolle 
bei der Verteidigung überhaupt, namentlich aber des Weibchens und 
der Jungen spielen. 

Das gilt auch für das Geweih der Hirsche. Ausführlich wurde dies 
auf p. 1H besprochen; weitere Angaben enthält der systematische Teil. 
Dort wird sich zeigen, daß es verschiedene Cervidcn gibt, in denen beiden 
Geschlechtern ein Geweih fehlt, daß aber nur beim Rentier auch das 
Weibchen eines hat. Den teilweise zweifelhaften Wert dieser ornamentalen 
Waffe, wenn sie excessive Größe erreicht, erkannte Schreiber dieses, als 
er auf Novaja Semlja zwei Rcntierskeletc fand, deren Geweihe beim 



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iSekundärr Ucachlechtsohaniktere. 



Kampfe dermaßen ineinander getrieben waren, daß die Tiere Hungers 
sterben muteten. 

Weit seltener sind die Fälle, daß bei Cavicornia dem Weibchen das 
( lehörn fehlt. Hier ist es eben eine Verteidigungswaffe beider Geschlechter. 
Daneben dient es aber auch für sexuelle Kämpfe der Männchen und ist 
dementsprechend bei ihnen häufig stärker oder es sind wenigstens die 
Teile, die bei seinem Gebrauch mithelfen müssen, stärker entwickelt. 

Die Hautdecke ist ein bevorzugter Sitz sekundärer (ieschlechts- 
charaktere. Am sinnfälligsten äußert sich dies im Haarkleid. Eine ganze 
Reihe Säugetiere läßt sich nennen mit mehr oder weniger mähnenartiger 
Verlängerung der Haare in der Halsgegend, die nur beim Männchen oder 
bei ihm wenigstens erheblich stärker vorkommt. Aus verschiedenen Ab- 
teilungen mögen hier als Beispiele genannt sein: der Löwe, Cynailurus 
jubatus. Otaria jubata, Midas, Arten von Papio. Macacus silenus und leoni- 
nus, die Equidae. Bison americanus u. s. w. Diese Erscheinung bei Tieren 
mit so verschiedenartiger Lebensweise erschweren den Versuch einer all- 
gemeingültigen Erklärung. In dem einen Falle wäre man geneigt, in 
der Mähne ein Mittel zu sehen, um durch Aufrichtung derselben sich dem 
Weibchen oder Feinden gegenüber eindruckweckender zu machen, oder 
um die Halsgegcnd gegen den Angriff eines Nebenbuhlers zu schützen. 
In anderen Fällen lassen uns solche Erklärungsversuche im Stich. 

Das gilt in erhöhtem Maße für die zahlreichen Fälle, in denen 
andere Haarpartien besonderer Entwickelung sich erfreuen, und zwar beim 
Männchen mehr als beim Weibchen. Da ist zu nennen die Bildung eines 
Rückenkammes längerer Haare: der Bart des Ziegenbockes, des Elenfieres; 
der Mantel langer Haare an Brust und Schultergegend von Ammotragus 
und anderen wilden Schafen: die langen Kehlhaare mancher Hirsche und 
des europäischen Bison. 

Man muß sich verbergen hinter der Scheinerklärung. daß solche 
Merkmale Ausfluß der Konstitution des Tieres sind und beim Männchen zu 
stärkerem Ausdruck kommen: ähnlich wie beim Männchen die bedeutendere 
Ausbildung der Wamme und des Fettbuckels bei manchen Rindern, des 
Fettsteißes mancher Schafrassen. Jeder Beweis fehlt, «laß derartige Bil- 
dungen einen Reiz ausüben auf das Weibchen. Eher wäre dies anzu- 
nehmen für die Bärte der Affen. Denn wenn auch in vielen Fällen Haar- 
sehöpfe. Schnurr- oder Backenbärte auf beide Geschlechter verteilt sind, so 
ist doch «ler gewaltige Bart von Pithecia auf «las erwachsene Männchen 
beschränkt. 

Während geringe sexuelle Farbenunterschicde im Haarkleide häutiger 
vorkommen, sind ausgesprochene Unterschiede weit seltener. Als Beispiele 
wären zu nennen: Phalanger maculatus. bei dem das Männchen ganz er- 
heblich durch gefleckte Färbung abweicht vom einfarbigen Weibchen. 
Autfallender ist. daß gegenüber dem blaugrauen Weibchen von Macropus 
rufus das Männchen einen roten Farbenton hat, den es «lein Sekret tubu- 
löser Drüsen verdankt, indem dieses eingetrocknet, dem Haar durch 
Kratzen eingepudert wird. Allgemeiner treten auffällige sexuelle Farben- 
Unterschiede bei den in Herden lebenden Antilopen auf. Am bekanntesten 
sind hierfür Boselaphus, Strepsiceros und Verwandte. Unter Lemuridcn kann 
der Unterschied aber so weit gehen, daß die verschiedenen (ieschlechter 
als verschiedene Arten beschrieben wurden, was auch bei verschiedenen 
Arten von Pithecia und Mvcetes geschah. 



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300 



XV. Sekundäre Geftchlechtachfiraktere. 



Ornamentale Färbung sexueller Art an nackten Hautstcllen zeigen 
manche Altwelt-Affen. Dahin gehören die schreiend rot und blau ge- 
färbten Gesichter mancher Papio-Arten, ihr Scrotum. ihre Gcsäßsch Wielen, 
desgleichen die zur Brunstzeit angeschwollene und rot gefärbte Umgebung 
der weiblichen (Jenitalien. 

Vielleicht am intensivsten zeigt sich aber der Einfluß des Geschlechts- 
lebens auf die Haut in der Art der Ausbildung der Hautdrüsen. Offenbar 
spielt bei vielen Säugern der Geruchssinn eine bedeutende Rolle, um die 
Geschlechter zusammenzubringen und zu geschlechtlicher Gemeinschaft 
zu reizen. Die dafür benötigten starkriechenden, als Excitantia wirkenden 
Stoffe liefern zusammengesetzte Drüsenkörper, verschieden nach Bau und 
Lage, die aber fast ohne Ausnahme beim Männchen stärker ausgebildet 
sind. Sie kamen auf p. 25 ff. ausführlich zur Sprache, außerdem wird ihrer 
bei den einzelnen Ordnungen wiederholt gedacht werden. Dorthin mag 
somit verwiesen sein. 

Einigermaßen zweifelhafter Art ist die Schenkeldrüse und der Tarsal- 
spom von Echidna und Ornithorhynchus. der aber nach Semon gleichfalls 
ein sexuelles Erregungsorgan ist (vergl. bei Monotremata). 

Vielfach zeichnen sich die Männchen der Säuger durch eine stärkere 
Stimme aus. die gleichfalls erst mit der Geschlechtsreife auftritt. Auf 
welche Schwierigkeiten man bei ihrer Erklärung stößt, hat Darwin in ge- 
wohnter klarer Weise dargelegt. Hier genüge hervorzuheben, daß ihre 
sexuelle Verschiedenheit im Bau des Kehlkopfes und seiner Umgebung be- 
gründet liegt. Dahin gehört auch bedeutendere Größe der Kehlsäcke 
(siehe p. 221). Bei den Primaten wird aber im systematischen Teil 
dargelegt werden, daß letzterer Erscheinung auch ganz andere Momente 
zu Grunde liegen können. So haben die gewaltigen Kehlsäcke alter Orang- 
Utan-Männchen vermutlich nichts mit Lautverstärkung zu tun. sondern 
bilden wahrscheinlicher ein elastisches Kissen, auf dem der Unterkiefer 
ruht, der beim Männchen weit voluminöser ist als beim Weibchen. 

Außerdem treten hier und da noch sekundäre Geschlechtscharaktere 
auf, die bisher weniger die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. 

Kaum hierher gehören Unterschiede im Becken der beiden Ge- 
schlechter der Soriciden. Nach Lecbe werden sie verursacht durch den 
Musculus ischio-eavernosus, der zum Penis zieht. Dieser Unterschied 
schließt sich somit eher den primären Geschlechtscharakteren an. 

Weniger deutlich ist, warum bei Cystophora nur das Männchen seine 
häutige Nase zwischen Nasenspitze und Auge bis zu Kopfgröße aufblähen 
kann, woher der Name Blasenrobbe oder Klappmütze stammt; warum nur 
das Männchen von Macrorhinus leoninus einen Rüssel hat. der durch 
Luft bedeutend verlängert und aufgetrieben werden kann. Die Erklärung, 
dali durch diese Einrichtung die inneren Teile der Nase geschützt seien 
gegen Bisse der Nebenbuhler, ist doch wohl einigermaßen gesucht. 

Noch dunkler ist, daß beim Männchen von Hyperoodon die vertikalen 
und longitudinalen Kämme des Maxillare, welche den pränasalen Buckel 
seitlich begrenzen, höher sind als beim Weibchen. 

Dergleichen Beispiele ließen sich vermehren; sie legen dar, daß die 
Frage der Bedeutung der sekundären Gcschlechtscharaktere bei den Säugern 
noch bei weitem nicht erschöpft ist. 



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Systematiseher Teil. 



Einleitung. 

Im vorhergehenden anatomischen Teil haben wir in <len Hauptzügen 
die Eigentümlichkeiten des Baues der Säugetiere skizziert. Fassen wir 
daraus die wichtigsten Tatsachen zusammen, so können wir folgende Merk- 
male als diagnostisch für die Säugetiere angehen. 

Ks sind durch Lungen atmende, amniote. honioio- 
therme Wirbeltiere mit einer Allantois. Ihre Haut trägt 
wenigstens fötal Haare, hat stets Hautmuskeln, ineist 
treten acinöse und tubulöse Hautdrüsen auf und das 
Junge wird stets mit dem Sekret von Hautdrüsen 
(Milchdrüsen) ernährt. Das Hinterhaupt hat einen 
doppelten Condvlus, der mit dem Atlas artikuliert. Heide 
zusammen drehen auf dem Epistropheus. mit dessen 
Körper der Körper des Atlas verwachsen ist. Die 
Wirbelkörper und langen Extremitätenknochen haben 
endständige Epiphvsen. Der Unterkiefer, d^er jederseits 
nur aus einem zähnetragenden Stück besteht, artikuliert 
durch einen konvexen Condvlus direkt mit dem Schädel 
(Squamosunn. Das Trommelfell ist im Tympanicum aus- 
gespannt: drei Gehörknöchelchen sind vorhanden, des- 
gleichen ein knorpeliges üuUeres Ohr. das sich teil- 
weise vom Hyoidbogen herleitet. Der Jochbogen ist 
ein uamoso-maxillarer. Die Zähne, die auf das 
Maxillare. Intermaxillare und die Mandihula beschränkt 
sind und stets in Alveolen sitzen, funktionieren höch- 
stens in zwei nachfolgenden Dentitionen. Das Blut ent- 
hält kernlose, meist zirkuläre, seltener ovale rote 
Blutzellen: aus dem quadrilokulärcu Herzen, das rechts 
eine sehnige Atrio- Ventrikularklappe hat. entspringt 
ein linker Aortahogen, der sich über den linken 
Bronchus hinwegbeugt. Das Knorpelgerüst des Kehl- 
kopfs, dessen Eingang von der Epiglottis überdeckt 
werden kann, wird durch die C'artilago thyreoidea ver- 
vollständigt. Ein vollständiges Zwerchfell scheidet Brust- 
und Bauchhöhle. Das Gehirn hat umfangreiche Groß- 
hirnhemisphären, die durch eine vordere Kommissur, 
meist auch durch das Corpus callosum verbunden sind: 



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302 



Systematischer Teil. 



stets ist eine Fissura hippocampi vorhanden und ein 
Riechhirn gesondert, dessen vordere Lobi olfactorii. der 
durchlöcherten Siebplattc aufliegend, durch diese zahl- 
reiche Fila olfactoria direkt in die Nasenhöhlen senden. 
Ausschließlich die bleibende Niere funktioniert nach 
der Geburt: eine Harnblase ist stets vorhanden. Stets 
wird das Sperma, meist auch der Urin durch den Penis 
abgeführt Sie sind ovipar oder vivipar; im letzteren 
Falle durchläuft der Embryo wenigstens einen Teil 
seiner EntWickelung im Uterus der Mutter, mit welchem 
er meist durch Fruchthüllen mehr oder weniger innig 
verbunden ist. 

Im Hinblick auf die für alle Säuger gültige Ernährung ihrer Jungen 
durch die Mammard rüsen. werden sie mit dem Linneschen Namen Mammalia 
bezeichnet. 

Es ist gegenwärtig gebräuchlich, sie in drei Unterklassen zu verteilen. 
Eine derselben sondert sich von den übrigen sofort durch den auffälligen 
Besitz einer tiefen Kloake, durch welche der Darm mit den Urogenital- 
organen gemeinsam ausmündet. Dies wurde Anlaß zu dem gebräuchlichsten 
Namen Monotremata. Von de Blainville wurden sie Ornithodelphia 
genannt, da ihre Ovidukte nach Art der Reptilien und Vögel vollständig 
getrennt ausmünden. Außer durch diese Merkmale und außer durch die Be- 
sonderheit, daß sie Eier legen, entfernen sich die Monotremata auch im 
Bau des Larynx, der Zirkulationsorgane, der Geschlechtsorgane, des 
Schultergürtels, der Extremitätenknochen, der Hautmuskulatur, des Ge- 
hirns etc. von den übrigen Säugern. Sie nehmen ihnen gegenüber da- 
durch eine primitivere Stellung ein, weshalb sie auch wohl nach Gill Proto- 
theria heißen; ein Name, der darauf hindeutet, daß sie den hyi>othetischen 
Vorläufern der Säugetiere, die man mit Huxley Hypotheria oder mit 
Haeckel Promammalia nennen könnte, in manchen Organen noch am 
nächsten stehen. In anderen Organen haben sie sich aber außerordentlich 
spezialisiert. Scharf will daher das Erworbene vom Ererbten unterschieden 
sein, will man Belehrung aus ihnen ziehen. 

Bereits eine höhere Stufe haben die Metatheria eingenommen. 
Es sind dies vivipare Säugetiere, von denen man bis vor kurzen annahm, 
daß sie noch keine Placcnta besäßen und die man deshalb mit den 
Monotremata auch als Aplacentalia zusammenfaßte. Die neuere Zeit 
hat aber gelehrt, daß auch unter ihnen eine Placenta zur Ausbildung 
kommen kann, so daß auf sie der Name Aplacentalia nicht mehr anwend- 
bar ist. 

Trotz großer Verschiedenheit untereinander, die ein Ausfluß ist ver- 
schiedener I^ebensweise. stimmen die Metatheria in den wichtigsten Punkten 
des Körperbaues so sehr übercin. daß sie eine kompakte Einheit bilden. 
Gleichzeitig nehmen sie aber durch ihre Organisation in mancherlei Hin- 
sicht eine niedrige Stellung ein. So haben sie stets eine doppelte Vagina 
und getrennte Uteri, was ihnen den Namen Didelphia eintrug. Noch ge- 
bräuchlicher ist die Benennung Marsupialia. die auf den Besitz eines 
Beutels beim Weibchen hinweist, welcher die Zitzen umfaßt. Ausnahms- 
weise kann derselbe ganz fehlen, die charakteristische Art der Brutpflege 
bleibt aber bestehen, indem auch in diesem Falle das Junge sehr unvoll- 



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Einleitung. 



303 



kommen geboren winl und. an der Zitze hängend, weitere Stadia der Ent- 
wickelung durchläuft, die der Embryo der Monodelphia im Uterus durchmacht. 

Die Monodelphia erreichen endlich die höchste Stufe, zu der sich 
der Säugetierkörper erheben kann. Sie heißen daher wohl auch Eutheria. 
Bei ihnen ist das Junge während seiner Ent Wickelung im Uterus mit der 
Mutter durch die Placenta verbunden. Allerdings kann der tirad der 
Innigkeit dieser Verbindung ein sehr verschiedener sein ; nach neuerer 
Forschung ist sie zuweilen so locker, daß kaum noch von einer Placenta 
gesprochen werden kann, jedenfalls nicht mit mehr Recht als bei manchen 
Marsupialia. Und wenn wir auf diese den Terminus Aplacentalia nicht 
mehr als anwendbar erachten, so folgt daraus allein schon, daß für die Eutheria 
der Name Placentalia nicht mehr passend erscheint, trotz seiner histo- 
rischen Rechte. Zweckmäßiger ist es daher, den Namen Monodelphia in 
Anwendung zu bringen, den de Blainville ihnen gab. weil als Regel nur 
eine Scheide vorhanden ist und meist auch die Uteri vereinigt in diese 
ausmünden. 

Ohne Schwierigkeit kann recenten Säugetieren ein Platz in einer 
dieser drei Unterklassen angewiesen werden. Anders wird es mit Resten 
mancher fossiler Säugetiere, namentlich mit den allerältesten. bis jetzt nur 
sparsam durch Zähne und sehr vereinzelte Knochenteile vertreten. Sie 
scheinen aber darauf hinzuweisen, daß unsere drei Unterklassen schon sehr 
früh sich geschieden haben müssen, so jedoch, daß der Zusammenhang 
der Marsupialia und Monodelphia ein innigerer ist. 

Die Monodelphia umfassen die große Masse der Säugetiere, welche 
man in eine Anzahl natürlicher Ordnungen zerlegt. Ueber die Begrenzung 
derselben, insoweit sie recentc Säuger umfassen, ist man im Laufe der 
Jahre in den Hauptzügen einig geworden. Die ausgedehnten Funde der 
Paläontologie der letzten 25 Jahre rütteln aber gewaltig an dieser Ein- 
teilung. Zahlreiche ihrer aufgedeckten Formen lassen sich in viele unserer, 
durch Alter ehrwürdigen Ordnungen nicht mehr einreihen oder verwischen 
deren Grenzen, so daß dieser Teil der Mammologie in beständigem Flusse ist. 
Die moderne Paläontologie hat auch zahlreiche Formen kennen gelehrt, 
die zweifelsohne die Wurzel sind, aus welcher nebeneinander manche 
unserer sanktionierten Ordnungen, baumartig verzweigt sich entwickelten. 

Dieser Zusammenhang läßt sich nur stammbaumartig darstellen, am 
besten in trigonometrischer Projektion. Eine seriale Anordnung muß 
stets fehlerhaft bleiben, da sie die Verwandtschaftsgrade nicht zum Aus- 
druck bringen kann. Ein Stammbaum aber, der durch seine Verzweigung 
dieser Blutsverwandtschaft Rechnung trägt, kann nur die Frucht sein ge- 
nauester Kenntnisnahme der Tiere selbst nach Bau, Verbreitung und Vor- 
geschichte. Diese Kenntnisnahme soll uns daher in den folgenden Blättern 
beschäftigen. Da hierbei die einzelnen größeren und kleineren Ab- 
teilungen nur reihenweise sich behandeln lassen, ist die Ordnung, in 
welcher sie einander folgen, bis zu einem gewissen (Jrade von unter- 
geordneter Bedeutung. Doch darf auch hierbei das Streben uns leiten, 
soweit dies praktisch ausführbar ist, von der ursprünglichen, daher nied- 
rigeren Organisation zu der höheren aufzusteigen. 

Zur Verdeutlichung der zoogeographischen Exkurse, die der Be- 
sprechung jeder Säugetierordnung beigefügt sind, soll eben dieser Be- 
sprechung ein allgemeiner Abschnitt über die geographische Verbreitung 
der Säugetiere vorabgehen. 



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Geographische Verbreitung der Säugetiere. 



Die moderne Systematik, die auf phylogenetischen Anschauungen 
sich aufhaut, hat längst erkannt, daß die geographische Verbreitung der 
Tiere ein Wissenszweig ist, der innig in den Kreis ihrer Betrachtung 
gehört. 

Wir werden denn auch im systematischen Teil der Besprechung jeder 
Ordnung eine kurze Uebersicht über die geographische Verbreitung ihrer 
Mitglieder einverleiben und wiederholt in der „Vorgeschichte" jeder Ord- 
nung auf diese Fragen zurückzukommen. Hier sei daher nur in wenigen 
Grundzügen klargelegt, welche Ueberlegungen uns dabei leiten werden. 

Es wird sich für uns um die Seite der Zoogeographie handeln, die 
nicht an der Gegenwart haften bleibt, sondern auch die frühere Verteilung 
in Betracht zieht und von dem fundamentalen Gedanken ausgeht, daß die 
heutige Verbreitung der Tiere in erster Linie ein Produkt der geologischen 
Vergangenheit ist. 

Damit tritt in den Hintergrund, was man zoologische Geographie 
oder Faunistik nennt, um so mehr, wenn diese sich gar an politische 
G renzen hält. 

Aber auch die Seite der Zoogeographie hat für unsere kurze Be- 
sprechung in den Hintergrund zu treten, die in der Kindheit dieser Wissen- 
schaft die herrschende war und nur die physiologische Seite der Fragen 
zum Ausgangspunkt nahm, insofern sie die Tiere als Produkt ihrer Um- 
gebung betrachtete, somit in Abhängigkeit brachte vom Areal, vom Klima, 
von der BodenbeschafTenheit, vom Pflanzen wuchs, von den Nahrungsmitteln 
ihres Wohngebietes. 

Zweifelsohne spielen diese Existenzbedingungen eine wichtige Rolle, 
namentlich kann der klimatische Faktor einer Tierart oder ganzen Tier- 
gruppen eine Grenze setzen. Und die Geläufigkeit, mit der wir von 
Wüstentieren, von Baumtieren etc. sprechen, beweist zur Genüge, wie 
innig der Zusammenhang von Organismus und Umgebung ist. 

Trotz ihrer hohen Bedeutung kann aber diese physiologische Be- 
trachtungsweise niemals — um nur weniges zu nennen eine Erklärung 
geben für die zahlreichen Fälle diskontinuierlicher Verbreitung, wie das 
Vorkommen vom Tapir im tropischen Südamerika und im malayischen 
Archipel. Ebensowenig für Tatsachen wie das Fehlen der Hirsche und 



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Geographische Verbreitung. 



305 



Bären im äthiopischen Gebiet ; die Zusammengehörigkeit der asiatischen und 
afrikanischen Prosimiae und ihre Verschiedenheit von denen Madagaskars: 
das Vorkommen des Tigers in Sumatra und Java, während er in dem be- 
nachbarten Borneo fehlt sein Auftreten in Westeuropa zur Diluvialzeit; 
die heutige Vereinsamung der Marsupialia in Südamerika und Australien 
und vieles mehr. 

Verbrcitungsinittel, die bei anderen Tieren eine Rolle gespielt haben, 
indem dieselben oder ihre Keime passiv durch Treibholz, Meeresströmungen, 
Wind. Überschwemmung, durch Vögel oder andere fliegende Organismen 
verschleppt wurden, fallen bei Säugern entweder ganz weg oder können 
nur eine ganz untergeordnete Bedeutung gehabt haben. Häufig wird auch 
für Säuger Transport durch Treibholz als Agens der Verbreitung heran- 
gezogen. Gewiß ist es möglich, daß ausnahmsweise auf Baumstämmen, 
auf abgerissenen Stücken Land, Säuger über See verschleppt sind. Wäre 
dies aber ein Faktor von einiger Bedeutung, so in ü Ute er. wenn irgendwo, 
im indo-australischen Archipel sich nachweisen lassen, wegen der großen 
Zahl benachbarter Inseln. In der Tat hat man ihn denn auch gerade 
hier zu Hilfe gerufen: allerdings in sehr einseitiger Weise, Avie ich vor 
kurzem versucht habe anzudeuten. Von verschiedener Seite ist man mit 
generalisierenden Worten hiergegen aufgetreten, man hat aber nicht Ant- 
wort geben können auf einfache, reale Fragen. So hat man behauptet, daß 
Australien seine Mätisearten. von denen bereits etwa 50 beschrieben sind, 
worunter aber keine einzige baumbewohnende, durch zugetriebene Baum- 
stämme erhalten habe, aber im Dunkeln gelassen, warum kein einziges 
anderes placentales Säugetier diese Reise fertig brachte. Und während 
man eine Mäuseart bis auf «las entlegene Neu-Sccland treiben läßt, läßt 
man die Frage unbeantwortet, wie es denn komme, daß kein einziges 
Säugetier eine Fahrgelegenheit fand über die verhältnismäßig schmale 
Makassarstraße, die wahrscheinlich schon seit dem Miocän Celehes und 
Borneo trennt und reich ist an Treibholz: um von vielen anderen ähnlichen 
Fragen ganz zu schweigen. 

Unser Leitstern bei den vielen zoogeographischen Fragen, von denen 
oben einige genannt wurden, wird daher die historisch topographische 
Betrachtttngswtise sein müssen. 

Mit Murray trat denn auch diese Methode für die Verbreitung der 
Säugetiere in den Vordergrund, sie hat aber seitdem verschiedene Phasen 
durchgemacht. Daß deren Geschichte in den Hauptzügen der Geschichte 
der modernen Zoogeographie überhaupt während der verflossenen 50 Jahre 
entspricht folgt daraus, daß die regionale Verteilung der Knie, die auch 
heute noch den Grundgedanken der gebräuchlichen Verteilungen ausmacht 
anfänglich zwar durch V. L. Sclater auf ornithologisehe Tatsachen gegründet 
wurde ilx5K). Kiner baldigen Revision seiner Auffassung, sowie den 
grundlegenden Arbeiten von A. R. Wallace, lagen aber die Säugetiere 
zugrunde. Beide Forscher verteilten die Knie in die folgenden sechs 
Wohngebiete: 

1. Paläark tische Region. Umfaßt Kuropa. Nordafrika bis zur 
Südgrenze der Sahara. Nord- und Zentralasien bis zum Himalaya 
und seine östliche Fortsetzung mit Einschluß von Japan. 

2. Aethiopische Region. Afrika südlich von der genannten 
Grenze und Madagaskar. 



Wthar, S»ni.*otiora. 



20 



C.cographiMche Verbreitung. 



3. Indische oder orientalische Region. Der Rest des asiati- 
schen Kontinentes, somit Vorder- und Hinterindien, die Philippinen 
und vom indo-australischen Archipel, was westlich von einer Linie 
längs Cclebes und Lombok (der Linie von Wallace) liegt. 

4. Australische Region. Australien, die Inseln des indo-australi- 
schen Archipels, östlich von genannter Linie. Neu-Seeland und die 
Inselwelt Polynesiens. 

5. Ncarktische Region. Nordamerika bis Mexiko. 

(5. Neotropische Region. Zentral- und Südamerika und die west- 
indischen Inseln. 

Da ferner die vier Regionen der alten Welt als Palaeogaea. die 
zwei der neuen als Neogaea zusammengefaßt wurden, so lag hier somit 
eine Verteilung vor, die sich auf das engste an die gebräuchliche geogra- 
phische Verteilung der Erdoberfläche anschloß. Nur wurde Nordafrika, 
als dem Mittel meergebiet angehörig, der paläarktischen Region einverleibt, 
und von Eurasien. dem vereinigten Europa und Asien, die orientalische 
Region abgesondert. 

Gegen diese Verteilung erhoben sich allmählich verschiedene Stimmen, 
die ihrer Meinung nach Zusammengehöriges zu größeren Reichen zusammen- 
faßten; andere wieder, die weiterer Zerlegung das Wort redeten. Das 
Studium anderer Tiergruppen, namentlich der Landmollusken, der Süß- 
wasserfische, die für solche Fragen geeignetes Material liefern, führten die 
Einsichtigen zu dem Resultate, daß eine für alle Tiergruppen passende 
Verteilung der Erde sich nicht geben läßt, ja daß überhaupt jede derartige 
Verteilung, die sich nur auf die heutige Fauna stützt, nur beschränkten 
Wert hat. Will sie mehr sein als einfache Faunistik der verschiedenen 
Länder, so hat sie zunächst analytisch zu Werke zu gehen. Dabei stellte 
sich alsbald heraus, daß autochthone und heterochthone, d. h. von auswärts 
eingewanderte Formen, jedes Faunengebiet bewohnen, wie es zur Zeit 
durch topographische Hindernisse der Tierverbreitung (Meeresteile. Flüsse, 
Bergketten. Wüsten etc.) begrenzt wird. Damit werden wir von der 
Gegenwart auf die Vergangenheit verwiesen, und es wird deutlich, daß die 
heutige Verbreitung das Resultat ist der Geschichte der Länder und ihres 
Tierbestandes. 

Der heutige Tierbestand eines Landes ist entweder dort entstanden 
lautochthon) oder dorthin eingewandert (heterochthon). Letzteres konnte die 
Folge sein von Ueherlrevölkerung anderenorts, entsprechend der Tendenz 
lebender Wesen sich zu vermehren über die Grenze der Erhaltungsfiihig- 
keit in einer gewissen I^okalität hinaus: oder es war Folge von Aenderung 
des Klimas in der Heimat, Klima in weitester Fassung genommen, somit 
auch die Facies, den Ptlanzenwuchs des Landes beeinflussend. 

Jedenfalls forderten diese Wanderungen Landverbindung, und wo wir 
unabweislich zu der Annahme gezwungen werden, daß solche Einwanderung 
auch geschah nach Ländern hin. die heute etwa durch Meeresteile von 
anderen getrennt sind, da müssen wir eben eine frühere Landverbindung 
annehmen. Umgekehrt kann es auch geschehen, daß die Zusammensetzung 
der heutigen Fauna einer zusammenhängenden Landmas.se zu der Annahme 
zwingt, daß dieser Zusammenhang kein beständiger, sondern daß er früher 
unterbrochen war. Die Zeitpunkte dieser früheren Zustände haben wir zu 
bestimmen, ähnlich wie dies jüngst noch, um nur ein Beispiel zu nennen. 



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Geographische Verbreitung. 



307 



die Herren Sarasin für die Fauna von Celebes in überzeugender Weise 
versucht haben. 

Damit kommt der Zoogeograph notgedrungen zu der Einsicht, daß 
er ohne die Resultate der Paläontologie kaum zum Ziele gelangt und daß 
er sich ebensowenig des Teiles der Erdgeschichte entäußern kann, der 
ihn unterrichtet über die früheren Meereshöhen, da ja für ihn Landver- 
bindungen früher und heute, der Wechsel ihres Bestehens, ihre Dauer 
von größter Bedeutung sind. Auch hat für ihn das Klima der Vorzeit, 
das Wesen des damaligen Landes: ob bewaldete Ebene, ob Wüste, ob 
Beigland hohen Wert. 

Das zeitliche Auftreten fossiler Formen muß ihn weiter lehren, 
welche Arten autochthone Bewohner eines Landes sind. Er verfolgt sie 
bis in die (legen wart und erfährt dabei gleichzeitig, welche andere Arten 
von auswärts sich beimischten. 

Hierbei stellt sich für Säugetiere stets deutlicher heraus — Dank 
sei den zahlreichen paläontologischen Funden der Neuzeit — daß sich 
..Schöpfungscentra" für die verschiedenen Säugetiergruppen nachweisen 
lassen. Primitive Typen derselben entstanden irgendwo und entwickelten 
sich bei genügender topographischer und klimatischer Verschiedenheit 
eines Lindstriches nach verschiedener Richtung hin. Solche Schöpfungs- 
centra werden damit Centra adaptiver Ausstrahlung im Sinne Osborns 
oder um mitjtoiiprin zu reden: Gebiete spezifischer Ausbreitung. Australien 
mit seiner Beuteltierfauna ist lüerfür ein Beispiel. Die Faunistik spricht 
in solchen Fällen von endemischen Arten. 

Auf solche, hier nur flüchtig angedeutete Ueberlegungcn basierend, 
können wir im Anschluß an die neueren Darlegungen von Blanford. Hart 
Merriam, Lydckker n. A. für die Verbreitung der Säugetiere die nachfolgende 
Verteilung der Erde annehmen. Dabei wurde der Gedanke, den E.V.Martens 
bereits längst aussprach, den Forsyth Major weiter entwickelte und der 
namentlich in A. Heilprin einen Vertreter fand, wieder aufgenommen: daß 
scharfe Grenzen zwischen den verschiedenen Gebieten unnatürlich sind und 
daß die Mischgebicte zwischen größeren faunistischen Abteilungen als Ueber- 
gangsgebiete (transitional tracts) hervorzuheben sind. 

In der nachfolgenden tabellarischen Uebersicht sind durch ver- 
schiedenen Druck und verschiedenwertige Zahlen die höheren und niederen 
Ordnungen der regionalen Verteilung der Erdoberfläche vom mamniologi- 
schen Standpunkt aus hervorgehoben. Es würde uns zu weit führen, 
wenn wir der Geschichte des Entstehens der einzelnen Namen nachgehen 
und damit den Verdiensten der verschiedenen Forscher Recht widerfahren 
lassen wollten. 

Aus dem Vorhergehenden erhellt zur Genüge, daß Schreiber dieses 
jedweder regionalen Verteilung nur beschränkten Wert zuerkennt, da sie 
den historischen Geschehnissen nur in beschränkter Weise Rechnung tragen 
kann. Schon deskriptiver Zwecke wegen kann man sich aber einer solchen 
Verteilung nicht entäußern. Die hier angewandte verleiht durch die An- 
nahme von drei Hauptgebieten der Ansicht Ausdruck, daß Südamerika 
und Australien über lange Zeiträume von den übrigen Ländern getrennt 
waren oder mit ihnen nur in räumlich und zeitlich beschränkter Verbin- 
dung gestanden haben. 

Spekulationen über das frühere Bestehen eines antarktischen Konti- 
nentes, der etwa mit der Neogaea, Notogaea und der äthiopischen Region 

20* 



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308 



tJeographieche Verbreitung. 



in Verbindung stand, vorzuführen, ist hier wohl nicht der Ort. Auch 
möge die Andeutung genügen, «laß vieles für eine frühere landfeste Ver- 
bindung spricht zwischen Afrika und Südamerika, und daß auch Zeichen 
nicht fehlen, daß letzteres einstmals mit Australien in Verbindung ge- 
wesen sei. 



I. Arctogaea 1 )- 

I. Holarktisohe R. 2. Äthiopische R. 3. Madagassische R. 4. Orientalische R. 

Nearktische S. Paliiarktisehe S. 

(Nordamerika). (Eunutien). 




l*cber-| Sonoriwehes Ue. Mediterrane* l>. AoRtro-malayitwhexiUe. 

gang*- Jizwiwhen 48° und {Indo-auHtralisches>. 
gcbiete| 43° N. Br. t 



II. Neogaea 

iNoot ropiKche R.) 
(Südamerika). 



III. Notogaea 

Australien. Ncu-.N-elaiid. 



Folgerichtig muß sich an unsere Tabelle eine flüchtige rebersieht 
über die verschiedenen, dort genannten Gebiete und über die wichtigsten 
Charaktere ihres Säugetierbestandes anschließen. Dabei wird sich Ge- 
legenheit bieten Bemerkungen allgemeiner Art einzuflechten. 

Für unsere obige Dreiteilung der Erde war bereits P. L. Sclater 
(1H74), wenigstens teilweise eingetreten indem er. allerdings unter An- 
wendung von zum Teil anderen Namen, auf folgende Verschiedenheiten 
wies. Die Arctogaea enthält nur Monodelphia: Marsupialia und Mono- 
tremata fehlen: denn das Auftreten des Opossum im heutigen nearktischen 
Gebiet ist eine Einwanderung neuerer Zeit von Süden her. 

In der Neogaea treten neben zahlreichen Monodelphia Marsupialia 
auf. Die Notogaea ist dagegen durch, eine große Verschiedenheit von 
Marsupialia charakterisiert. Ihnen gegenüber treten die Monodelphia ganz 
zurück. Als entblößt von Mammalia trennte Sclater von der Notogaea 
Neu-Secland und die Pacitischen Inseln ab und nannte diesen Komplex 
Ornithogaea. 

Wenden wir uns jetzt zuerst der Notogaea zu. so zeigt sich, daß 
die Säugetierfauna Australiens ganz überragend aus Heuteltieren besteht. 
Außer diesen treten nur noch Fledermäuse auf. die leicht von benach- 
barten Ländern zugeflogen sein können. Ferner der Canis dingo. Daß der- 
selbe bereits aus dem Pliocän bekannt ist. ist kein Einwand dagegen, daß 
er in Gesellschaft des Menschen nach Australien gekommen sei. Denn 



Ii in obeiiftehendcr Tabelle bedeutet K. Kegion, s>. s>ubrcgi.»n, Cc. l'eber- 
gnngsgebiet. 



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Ueographischc Verbreitung. 



309 



wenn er auch in mancher Hinsicht Charaktere eines Wildhundes bewahrt 
hat und nur wenig unter den Einfluß der Domestikation geraten ist, so 
ständen wir andererseits bei der Annahme einer spontanen Einwanderung 
vor dem Rätsel, warum denn nicht andere Tiere von hoher Verbreitungs- 
fähigkeit, wie Raubtiere. Schweine von der Landverbindung mit Australien 
Gebrauch machten, die dem Dingo Gelegenheit gab, von außeraustralischen 
Ländern einzuwandern. 

Endlich bewohnen etwa 50 Mäusearten Australien, die den Genera 
Hydromys. Xeromys, Mus, Mastacomys, Uromys und Conilurus angehören, 
von denen auch Vertreter aus Xeu-Guinea und aus dem Berglande der 
Philippinen, Borneos und von Celebcs bekannt sind. Sie bilden Iiier offen- 
bar einen alten Bestand der Fauna. 

Zu den Charaktertieren dieses Gebietes gehören die Monotremen, 
die wir in Australien und Xeu-Guinea antreffen. Sic erscheinen als stark 
spezialisierte und eben dadurch erhaltungsfähige Relikten aus der meso- 
zoischen Tiorwelt. die sich in diesem, durch Isolierung konservativem 
Winkel der Erde erhielten. Die Monotremen dürfen wir doch den Multi- 
tuberculata näher anschließen. Von diesen wissen wir aber, daß sie durch 
das ganze Mesozoicum, in der Trias, der Kreide bis in das Eocän in 
Europa. Nordamerika und Südafrika vorkamen. 

Kein Zweifel kann darüber bestehen, daß dem australischen Fauna- 
gebiet auch Xeu-Guinea, die Aru- und Kei-Inseln angehören. Sie 
bildeten mit Australien in tertiärer Zeit eine Landmasse, der zeitweilig 
auch die westlicher gelegenen Inseln Waigeu, Misol. Halmahera u. s. w. 
sich anschlössen. Diese lösten sich aber zuerst ab und wurden damit die 
östlichen Vorposten unseres indo-australischen Uebergangsgcbietcs. Xeu- 
Guinea, die Aru- und Kei-Inseln wahrten den Verband mit Australien länger, 
erhielten damit dessen faunistischen Charakter: doch war die Trennung 
lange genug, daß die Bildung von Arten ihre eigenen Wege gehen konnte. 

Der Xotogaea wird ferner Xeu-Seeland zugerechnet, gewöhnlich 
auch die als Polynesien zusammengefaßten pacitischen Inseln. Von 
Landsäugetieren treten hier nur einzelne Arten von Mus auf: Mus nati- 
vitatis Tiiom.. M. Macleari Thom., M. exulans Peale, von denen die letzt- 
genannte — auch als M. maorium Hütt, beschrieben — das einzige Land- 
säugetier Xeu-Seelands ist. abgesehen von einigen Fledermäusen und dem 
rätselhaften Waitoteke, von dem man Fußspuren will gesehen haben, von 
dem aber nichts Xäheres bekannt ist. 

Bei der Frage nach dem Ursprung der australischen Fauna handelt 
es sich in erster Linie um die Herkunft der Marsupialia. Da sie auch 
in der recenten Fauna Südamerikas auftreten, ließ man sie von dorther 
einwandern, wohl weil sie dort als uralte Bewohner, von Australien aber 
erst seit «lern Pliocän bekannt waren. Das wäre ein negativer Beweis, der 
vergißt, daß diese jungen Einwanderer es dann überraschend schnell zu 
hoher Differenzierung und zu Riesenfonnen gebracht hätten, wie sie die 
plioeänen Lagen uns vorführen. Auch ist inzwischen in Wvnyardia bassiana 
ein eoeänes oder wenigstens oligoeänes Beuteltier Australiens durch 
B. Spencer bekannt geworden. 

Gewiß ist vieles zugunsten einer weitentlegenen Verbindung Süd- 
amerikas und Australiens zu sagen. Mir will aber wahrscheinlicher vor- 
kommen, daß primitive Marsupialia. die den heutigen Didelphvidae am 
nächsten standen, ursprünglich die Palaeogaea bewohnten und sich von 



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H10 



Geographische Verbreitung. 



Eurasien aus nach Australien verbreiteten. Dies muß in vortertiärer Zeit 
geschehen sein. Nicht in der Jurazeit: denn damals wogte das Jurameer 
dort, wo heute der indo-australische Archipel liegt. Wohl aber konnte zu 
cretaeeischer Zeit eine Landmasse Asien und Australien verbinden. 

Man sollte ferner nicht vergessen, daU gewichtige geologische und zoo- 
logische Stimmen sich erhoben haben für das frühere Bestehen eines indo- 
paeifischen Kontinentes, der sich von Afrika durch den Indischen O/.ean 
bis zu den Fidschi-Inseln erstreckte. Das Auftreten gleicher oder ver- 
wandter Tiere |G. Baur| bis auf jenen lernen Inseln: die geologische Tat- 
sache, daü es keine vulkanischen Inseln sind |A. Wichmann] zwingen zur 
Annahme, daß sie einer kontinentalen Masse angehörten. Ihr westlicher Teil 
ist bei Zoologen als Lenin rien längst bekannt desgleichen bei den (leo- 
logen als Gondwanaland. Ihren östlichen Teil nannte Süß den sino-austra- 
lischen Kontinent, den er bis Neuseeland ausdehnte. 

Vermutlich sank dieser Kontinent zuerst im Osten weg. womit die 
Westseite des Pacih'schen Ozeans ihre heutige Form erhielt, während in seinem 
weiten Becken auf untergetauchten Gebirgen die zahlreichen Koralleninseln 
Polynesiens sich aufbauten. Im Eocän verlor dann auch Australien seine 
Verbindung mit Asien. Damit war der Zuzug von anderen Tierformen 
von Westen und Norden her aufgehoben und den inzwischen eingewanderten 
Beuteltieren Gelegenheit gegeben, sich adaptiv weiter zu differenzieren. 

Nach dieser flüchtigen Skizze wenden wir uns der Neogaea zu. 
Sie stimmt mit der Notogaea darin ttberein. daß ihr recenter Tierbestand 
gleichfalls Marsupialia besitzt. Sie gehören allerdings einem anderen 
Formenkreise an insofern, als die australischen Diprotodontia fehlen und 
von den Polyprotodontia nur die Familie der Didelphyidae vertreten ist. 
Also gerade die Familie, die früher auch im holarktischcn Gebiet auftrat und 
zwar in Europa bis zum Oberoligocän. in Nordamerika aber bereits im Mittel- 
ohgocän ausstarb. Warum dies geschah, ist dunkel, doppelt so im Lichte der 
Tatsache, daß der aus Südamerika in die Vereinigten Staaten eingewanderte 
Opossum sich heutzutage dort zwischen Monodelphia offenbar sehr wohl 
fühlt. Seitdem aber 0. Thomas den Caenolestes aus Ekuador entdeckte, 
ist die scharfe Grenze zwischen Polyprotodontia und Diprotodontia ver- 
fallen und damit auch die scharfe Scheidung zwischen australischen und 
südamerikanischen Marsupialia. Um so mehr als Caenolestes ein lebender 
Repräsentant der Epanorthidae ist. Diese von Ameghino in den Santa 
Cruz-Lagen Patagoniens entdeckte Familie, die er mit anderen seiner Ab- 
teilung der Paucituberculata unterordnet, zeigt aber unverkennbar eine 
Mischung von polyprotodonten und diprotodonten Merkmalen. 

Wenn somit gegenüber der universalen Verbreitung der Marsupialia 
in der geologischen Vergangenheit, deren heutige Beschränkung auf die 
Noto- und Neogaea auffällt, so ist andererseits zu beachten, daß diese 
beiden Regionen weiterhin Schöpfungscentren wurden oder Centra ada- 
ptiever Anpassung für sehr verschiedenartige Marsupialia. Dabei speziali- 
sierte sich aber Südamerika schließlich in der Richtung der durehgehends 
kleinen Didelphyidae. Die wenigen größeren Formen wie Didclphys 
marsupialis und Opossum konnten sich durch ihre räuberische Natur. 
Chironcctes durch die Anpassung an das Leben im Wasser erhalten. 
Daß hier, im Gegensatz zu Australien, größere Formen, die wie dort die 
Känguruhs, der Beutelwolf, der Beutelmarder, der Wombat in Lebens- 
gewohnheit die Ungulaten, Karnivoren. Nager nachahmen, nicht zur Aus- 
bildung kommen, lag wohl daran, daß Südamerika außerdem Zuzug von 



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SoiMiriwhcM ri-lKTjranjrftfebici. 



anderem Süugetiermaterial erhielt, der teilweise in selbständiger Weise zu 
einem sehr eigentümlichen und reichen Tierbestand sich entwickelte. 

Dadurch ist Südamerika durch eine große Zahl ihm eigener Säuger 
charakterisiert. 

Da ist an erster Stelle die Ordnung der Xenarthra zu nennen, die 
ausschließlich auf dieses Oebiet beschränkt ist: denn die einzelnen Formen, 
die sich bis in die nearktische Region ausdehnen, sind zweifelsohne Ein- 
wanderer neuen Datums. Ihrer geschieht im systematischen Teil ausführ- 
licher Erwähnung. Dort wird sich auch zeigen. dali sie bereits zahlreicher 
sind im smiorischen Uebergniigsgebiet : was auch für andere, der 
Neogaea eigentümliche Säuger gilt. Jenes von Merriam begründete «'ie- 
biet beginnt ungefähr am 4f>.° nördl. Hr.. erstreckt sich vom pacitischen 
zum atlantischen Ozean und reicht im Innern Mexikos südlich bis über 
den Wendekreis des Krebses hinaus. Ks ist ein Mischgebiet, das gleich- 
sam eine Brücke bildet für wechselseitigen Austausch zwischen Nord und 
Süd. Solche Rrücke mag vielleicht bereits im Miocän bestanden Indien: 
Zweifel besteht aber bezüglich ihrer Dauer bis in die Jetztzeit. Vieles 
spricht dafür, dali sie in der Zwischenzeit unterbrochen war und somit 
beitrug zur mehr isolierten Ausbildung der südamerikanischen Fauna. 

An dieser Isolierung hat letztere zu danken die ihr eigentümlichen 
Dicot.ylidae. die Lamas und den Tapir: lauter rngulaten. die ursprünglich 
von Norden herstammten. Südamerika eigen sind die telcmetakarpalen 
Hirsche: ("oassus. Furcifer und Rlastoeerus, während uns gewohnte Formen 
aus den Abteilungen der Rinder und Antilopen ganz fehlen. Im syste- 
matischen Teil wird sich aber (ielegenheit bieten, darzulegen, dali in der 
Vorzeit Südamerika verschiedene, ihm eigentümliche I'ngulatenabteilungen 
besali. die jedoch ausgestorben sind. Auffallend genug erfuhr dieses Los 
auch das Pferd und zwar erst in (piarternärer Zeit. Noch vor so junger 
Zeit durchschwärmten Herden von Equus rectidens die Flächen Süd- 
amerikas. Die herrschende Ansicht ist. dali erst die Spanier die Pferde 
einführten, die heute verwildert ihre ausgestorbenen Verwandten vertreten. 

Auffallender noch ist. dali Insectivora dem kontinentalen Südamerika 
ganz fehlen: denn nur von den nordamerikanischen (ienera Sorex und 
Marina treten einzelne Vertreter auf. die aber die Landenge von Panama 
südwärts nicht überschreiten. Dagegen bildet Solenodon auf Cuba und 
Haiti die Familie der Solenodontidae. die ihre nächsten Verwandten in 
Centetes auf Madagaskar hat. 

Von Carnivora sind die Mustelidae durch Putorius. (ialictis. Oalera 
und Conepatus so sparsam vertreten, dali ihre spätere Einwanderung wahr- 
scheinlich ist. Die Hyaenidae und Viverridae fehlen. Von Crsidae kommt nur 
I'rsiis ornatus und frugilegus vor: zahlreicher siml die Katzen. Die Hunde 
-ind durch den auffälligen Cani> jubatus und Icticyon repräsentiert: charak- 
teristisch sind für unser (leidet die Procvonidae. die. abgesehen vom asiati- 
schen Achims, auf Amerika beschränkt sind und im Süden Charakterformen 
halien wie ( "ercolepte». Proevon, Rassaricyon. liassariscus, Wagneria, Nasiia. 

Wir müssen ferner noch der Rodentia gedenken, da sie durch 0 nippen, 
wie die Caviidae. C'hinchillidae. Capromyidac. Oetodoutidae. Erefhi/.ontidae 
der südamerikanischen Fauna ein eigenes (iepräge geben und sie zu der 
an endemischen Nagern reichsten machen, während in ihr die Murinae. 
Hystricidae, Otenodactylidae, Castoroidea, fehlen und die Sciuridae nur 
sparsam sind. Endlich sei an die Hapalidae und Cehidae erinnert 



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(Ji-ographi^hc Verbreitung iler Säugetiere. 



als für Südamerika durchaus typische Affen: Prosimiae fehlen dagegen 
gänzlich. 

Durch das sonorische Uebergangsgebiet gelangen wir in *lie neai'k- 
tische Subregion. die mit der palaearktischcn zur holHrktisrhen ver- 
einigt wird. Allerdings hat sich auch Opposition hiergegen verlauten lassen. 
Die Uebercinstimmung zwischen beiden (Gebieten ist in der Tat denn auch 
nicht so groß, wie häutig angenommen wird, namentlich wenn man von 
der Specics ausgeht. So ist von Fledermäusen nur Vesperugo serotina 
Schieb, gemeinsam, obwohl man es hier mit einer sehr beweglichen und 
für Verbreitung geeigneten (Gruppe zu tiyi hat. die bereits vom Eocän ab 
notorisch besteht. Man darf hierbei aber nicht vergessen, daß die Land- 
brücke, die jedenfalls Nordamerika und Eurasien (die palaearktische Region 
also) verband, so nördlich gelegen haben kann, daß hier eben nur Tiere 
passieren konnten, die niedrigere Temperaturen vertrugen als die Mehr- 
zahl der Fledermäuse. Dafür sprechen eigentlich auch die übrigen Sauge- 
tiere [vergl. Kobelt]. Ungefähr ein Zehntel derselben sind gemeinschaft- 
lich, von diesen ist die Mehrzahl: Tamias, Spermophilus, Myodcs, Lepus 
variabilis. Hermelin, Rentier. Vielfraß. Eisbär arktisch oder wie Wiesel, 
Evotomys, Wolf, Rieber, Elentier. Luchs die höchstens als Lokalformcn sich 
unterscheiden, hochnordisch. Andererseits weichen zahlreiche gemeinschaft- 
liche (ienera wie Lepus. Sciurus. Mierotus (Arvicola). Tamias. Spermophilus. 
Sorex. Mnstela. Uanis, Ursiis in ihren Arten von einander ab. Dies spricht 
dafür, dati die Verbindung im Anfang des Plcistocän oder während desselben 
bestand. Daraus würde sich auch erklären, daß in Nordamerika das Reh. 
Wildschwein. Dachs. Maulwurf und alle echten Mäuse fehlen: denn die Hespc- 
romysarten gehören nach (>. Thomas den Cricetinae und nicht den Murinae 
an. Trotzdem fehlt der Hamster. Dagegen zeichnet sich Nordamerika 
Europa gegenüber aus durch Hesperomys, die Saccomyidae, Erethizon. 
Cariaeusarten. Stinktiere, zahlreiche Maulwürfe, ferner durch Einwanderer 
aus dem Faunengcbietc der Neogaea. Unter den obengenannten Tieren 
verbergen sich bereits einige der letzteren: überhaupt sind erstere der 
Hauptmasse nach jedenfalls südlichere Formen, die damit außerhalb des 
Rereiches der als nördlicher gelegen anzunehmenden plioeänen oder pleisto- 
cänen Rrttcke nach Eurasien fallen. 

Mit Absicht nenne ich Eurasien, da sehr viel, z. B. die historische 
Verbreitung der Kamele (s. diese), dafür zu sagen ist, dal» diese Brücke 
eine nordpacitische war. Als Stütze hierfür wäre z. R. aus der recenten 
Fauna das Vorkommen von Neurotrichus (auch Megalobatrachus u. a.i 
anzuführen. 

SchartT legt die Brücke über < Großbritannien. Norwegen und Spitz- 
bergen. Auch wird behauptet, das einstmals ein Landkomplex von Island 
nach Nordamerika verlief, da der Atlantische Ocean weit weniger tief ge- 
wesen sei. Dafür wird angeführt, daß man das Bett der großen Flüsse 
Ostamerikas weit in den Atlantischen Ocean hinein verfolgen könne und 
zwar eingeschnitten in jungtertiäres (Gestein. Dieser nonlatlantischen Ver- 
bindung widersetzt sich vorläufig aber wieder das Fehlen, im Plioeän und 
Pleistocän Nordamerikas, von westeuropäischen Tieren, wie Elasinotherium, 
("ervus megaceros. Hippopotamus, während andere, wie Mastodon, Mammut, 
Tapir etc. vorkommen. 

Im vorstehenden haben wir bereits eine Reihe von Säugern genannt, 
die charakteristisch sind für die holarktische Region. Als bezeichnend für 



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Aclhiopiwlie* Gebiet. 



:\\:\ 



sie ist ferner das Fehlen von Monotremata, Marsupialia. Proboscidea, 
Hyraeoidea und .sämtlicher Tiere, die gewöhnlich als Kdentata zusammen- 
gefaßt werden. Achten wir mehr insonderheit auf die palaarktische Sub- 
legion. so finden wir die Primaten nur durch Macacus inuus auf Gibraltar 
und Nordafrika, durch Macacus lasiotis in der Umgebung Pekings, durch 
M. speciosus in Japan und durch Rhinopithecus roxellanae in Tibet ver- 
treten; es sind dies sozusagen nördliche Pioniere dieser Ordnung. Von 
Charaktertieren sind aus den Cngulata Camelus. Moschus und Capreolus 
zu nennen: von Cavieornia: Ovis, Capra. Saiga. Phantolops und Rupi- 
capra. Somit treten im Gegensatz zum äthiopischen Gebiet die Antilopen 
sehr zurück. Charakteristische Uodentia sind die Myoxidac und Dipodidae. 
Von den Carnivora sind hervorzuheben Meies. Aeluropus und Aclurus. 
letzterer als einziger autleramerikanischer Vertreter der Procyonidae: von 
Insectivora Crossopus. Myogale. Nectogale. 

In unserer Tabelle wurde «las mediterrane Upbergangsgebiet in 
Haken vorgeführt, da das ersfere Wort über dieses «iebiet noch nicht ge- 
sprochen ist. wie namentlich aus Kobelfs neuesten Darlegungen hervor- 
geht. Die Differenz der Meinungen über diesen Punkt fallt aber außer- 
halb unseres Rahmens. Eine kurze Skizze über das äthiopische (Iebiet 
möge daher sofort folgen. 

Zunächst ist wichtig, da Ii ihm Marsupialia und Monotrcmata ganz 
fehlen. Namentlich erste» e Tatsache ist hervorzuheben, da man wieder- 
holt für die V erbreitung der Marsupialia über Südamerika und Australien 
einen antarktischen Kontinent zu Hilfe gerufen hat. Derselbe sollte sich 
in vortertiärcr Zeit über das heutige. .-Mmm> und mehr Meter tiefe Meer 
erhoben, längere oder kürzere Zeit mit den Südspit/en der Kontinente in 
Verbindung getreten und Tiermateiial an diese abgegeben haben. Dieser An- 
nahme gegenüber muß es auffallen. daß Südafrika keine Beuteltiere besit/.t. 

Andererseits gibt es verschiedene Anzeichen, daß Afrika und Amerika, 
vielleicht in kretacei scher Zeit in landfester Verbindung standen. Nament- 
lich Kvertebraten. wie besonders Ihering dargelegt hat, ferner die Süß- 
wasserfische liefern für solche Verbindung — ganz abgesehen vom Zeit- 
punkt, in welche sie fiel — Beweismaterial. Diese interessanten Klagen 
berühren uns hier weniger, da bisher die Säugetiere nur fragwürdige Be- 
weisstücke in dieser Materie lieferten. Im systematischen Teil wird sich 
Gelegenheit bieten, diesbezüglich auf einen vermuteten Zusammenhang 
bei den Proboscidea, Hyraeoidea und bei Chi vsochloris zurückzukommen. 

Das äthiopische (iebiet hebt im Norden an mit dem nördlichen 
Wendekreis. Was nordwärts von ihm liegt, gehörte im Pliocän zum palä- 
arktisehen (iebiet. Hierbei bildete die Sahara und die nubische Wüste 
ein (irenz-. «leichzeitig aber ein Cebeigangsgebiet. Diese Wüstenstiiche 
müssen bereits lange bestehen, wie denn Afrika überhaupt ein alter Kon- 
tinent ist, der im .Iura und der Kreide bedeutend kleiner war. auch noch 
im Kocän. namentlich nach Norden und Osten hin. der aber gerade hier 
wuchs und Verbindung erhielt mit Südeuropa und Arabien. Gerade letztere 
Verbindung, somit die mit dem orientalischen Gebiet muß über den heu- 
tigen Golf von Aden und von Oman hinüber bis ins spätere Pliocän an- 
gedauert haben. Das beweist der gemengte Charakter der heutigen Fauna 
von Oman |0. Thomas], das beweist das Vorkommen von Arten von 
Heinitragus in Südarabien, im Himalava, im Süden Vonlerindiens und 
fossil in den Siwaliks |I.ydekker). 



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(;<ii<rrflphi*ch«> Verteilung iler Säugetiere. 



Zu gleichem Schlüsse führen <lie Erinaeeidae. Die 17 Arten von 
Erinaceus sind über die paläarktischc Subregion. ül>er Indien. Arabien 
und Afrika verteilt. Nach Leehes Untersuchung sind die indischen Formen 
die ursprünglichsten: sie schliefen sich am engsten an die indo-malavischen 
Oviunnrini und an den ausgestorbenen Xecrogymnurus an. Im Eocän 
hatte letzterer mit Palaeoerinaceus dasselbe Wohngebiet, Oegenwärtig 
schlielicn die (lynmurini und Erinaceini einander aus. doch sind erster» 
und die primitivsten Erinacei einander benachbart, woraus folgt, datt das 
orientalische (iebiet der Ausgangspunkt war. von wo Erinaceus in Aethio- 
pien einwanderte. Aehnlich mag sich verhalten der orientalische Tra- 
gulus und der westafrikanisehe Hyomoschus. Uebrigens gibt es mehr 
Parallelformen zwischen beiden (iebieten. z. H. Paradoxurus und Naudinia. 
Linsanga und Poinia. von denen jedesmal der letztgenannte in Afrika zu 
Hause ist. Auch haben die äthiopischen Prosiiniae engere Beziehungen 
zu den orientalischen als zu den benachbarten Madagaskars. 

Es würde uns zu weit führen darzulegen, daß Aethiopien auf fau- 
nistische Tatsachen hin sich in weitere rnterabteilungen zerlegen läHt. die 
auch phyiogiiomisclt sich unterscheiden. 

Es möge genügen, auf die grotie Zahl endemischer Familien zu weisen: 
solche sind die Orvcteropodidae. Macroscelididae. Chrvsochloridae. Potamo- 
galidae. Protelidae. Lophiomyidac. Anomaluridae. Hyracoidea. Hippo|>ota- 
midae. Oiraftidae. 

Daneben fällt auf das gänzliche Fehlen von Cervidae. Tapiridae. 
Castoridae, Ursidae. Talpidae und Sus. 

Ein ganz eigener Charakter wird der äthiopischen Fauna aber auf- 
gedrückt durch die zahlreichen, meist in Herden lebenden Ungulaten. In 
den offenen, graUreichen Strichen des Südens und Ostens sind es die Anti- 
lopen, die (iiraffen und die verschiedenen gestreiften Fluiden. In den 
Waldgebieten Elefanten. Hvomoschus. einzelne Arten von Rhinoceros. von 
Procavia, von Antilopen und Okapia. 

Dali von der äthiopischen Region Madagaskar abzutrennen und zu 
<ler madagassischen Region zu erheben sei. dazu zwingen die wesent- 
lichen Unterschiede seiner Fauna. 

Es wird vorwiegend durch Prosimiae bewohnt. Unter diesen steht 
Uhiromys ganz für sich, aber auch die übrigen, die sich als Leinurinae 
zusammenfassen lassen, unterscheiden sich wir erinnern nur an den 
Hau des Tympanicum — wesentlich von den afrikanischen und orientalischen 
Halbaffen. An zweiter Stelle ist Madagaskar die Heimat der Centetinae. 
Ocogalinae und Oryzorictinae. somit verschiedener Insectivora. die nur hier 
vorkommen. Auch die Nagetiere Madagaskars: Hrachytarsomys. Xesomys, 
Hallomys. Hrachyuromys. Hypogeomys. (iyiunuroiuys. Eliurus. die früher 
den Cricetinae untergeordnet wurden, bilden nach Forsyth Major die selbst- 
ständige Familie der Xcsomyidae. die ausschließlich madagassisch ist. 

\ ielleicht auffallender als diese Reihe endemischer Formen ist die 
negative Tatsache, da Ii trotz der Xähe Afrikas dessen Fauna in Madagaskar 
nicht repräsentiert ist. Unter den Primates fehlen die Affen und sind 
seine Halbaffen ganz eigener Art. Das gilt auch für die Rodeutia. wie 
wir sahen. Von Carnivora sind nur die \ iverridae durch die endemischen: 
Fossa. Eupleres, Oalidia. Oalidictis und Hemigalidia vertreten, sowie durch 
die eigentümliche Cryptoprocta. die früher zu den Felidae gerechnet 
wurde. Orvcteropodidae und Manidae fehlen gleichfalls: von Marsu- 



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Ork'iilali&chp Kr^ioii. 



j)i:ilia und Monotremata gar nicht zu sprechen. Von Cngulata endlich 
kommt nur Potaniochoerus larvatus vor. Dieses Schwein ist offenbar von 
Afrika eingewandert, wo 4 weitere Arten leben, ebenso wie im Pliocän 
Hippopotamus. der aher bereits im Pleistocän ausstarb [F. Major |. Ks 
bleibt keine andere Wahl als anzunehmen, daß damals die Mosambique- 
straße seichter und schmäler war. so daß beide amphihiotischc Tiere hinüher- 
golangen konnten, was aber anderen afrikanischen Arten nicht möglich war. 
Aber auch diese unvollständige Brücke hat offenbar nur vorübergehend 
bestanden. 

Wohl aber muß in langverHosscner Zeit Madagaskar mit dem da- 
maligen indo-afrikanischen Faunengebiet in Zusammenhang gewesen sein; 
denn trotz aller gegenwärtigen Verschiedenheit entstammen die indo-afrika- 
nischen und madagassischen Prosimiae einer Wurzel, auch weisen die 
Carnivora auf solche alte Beziehungen. 

Wenden wir uns zum Schlus.se der orientalischen Region zu. so 
erhellt ans dem oben bei der äthiopischen Kegion Erörterten zur Genüge, 
daß nach Westen die (irenze des indischen Faunengebietes, an und für 
sich schon schwankend, stets mehr sich verflüchtigt, je mehr wir zeitlich 
zurückgehen. Halten wir uns aber an die (legenwart, so wird es künst- 
lich im Westen bis Persien ausgedehnt, grenzt somit hier an «las palä- 
arktische (lehiet. Im Norden wird es von diesem getrennt durch den 
Iiimalaya, umfaßt dann weiter Burma. Tenassorim und das sog. Indo- 
China, die Philippinen und dehnt sich schließlich über die Malayische Halb- 
insel auf die großen Sunda-Inseln aus. Hier sollte dies (lehiet nach 
Wallace eine scharfe Grenzlinie gegen Osten haben: die vielbcrufene ..Linie 
von Wallace". die zwischen Borneo und Celebes und südlich zwischen 
Bali und Lombok verlaufen sollte. Sie sollte das asiatische vom australi- 
schen Gebiete scharf scheiden. Wir wissen jetzt, daß dies eine Fiktion 
war. Ostwärts von dieser Linie kommen wir vielmehr in das indo- 
austmlische Uebersangspebtet. ein Misehgebiet. in welchem allge- 
mein gesagt — die asiatischen oder orientalischen Faunenelemente ab- 
nehmen, die australischen ganz allmählich zunehmen in dein Maße als wir 
uns ostwärts begeben. Es handelt sich eben um Beste kontinentaler Massen, 
die einstmals Australien und Asien verbanden, etwa zur krctaceixhen 
Zeit. Im Eocän wurde dieses Land durch teilweise rutertaucliung auf- 
gelöst. Bedeutendere Niveauveränderungen traten im Miocän ein. indem 
Einbrüche dem Archipel seine tiefen Becken gaben, andererseits Länder 
wie Celebes emportauchten. Im Westen traten Land Verbindungen mit 
dem kontinentalen Asien ein. welche Zugstraßen wurden für orientalische 
Tiere. Der labile Charakter bewahrte sich aber und ^a!> erst im Pleistocän 
dem Archipel seine heutige Form jedoch unter Ereignissen, welche die Mehr- 
zahl jener tertiären Einwanderer, die uns auch aus den Siwaliks und der 
untergegangenen Narbadda-Fauna Indiens bekannt sind, vernichtete. Gleich- 
zeitig hatte aber Einwanderung jüngerer asiatischer Formen statt: sie ge- 
schah am längsten in die großen Sunda-Inseln: Sumatra, .Java und Borneo ~ 
hinein, die damit faunistisch sich dem orientalischen Faunengebiet anreihen. 

Dessen Charaktere sind natürlich nicht gleichmäßig über ein Lind 
verteilt von der Ausdehnung und physischen Verschiedenheit de* fraglichen 
Gebietes, das neben Wüstenstrichen das höchste Bergland der Erde ent- 
hält; ferner warme Waldgebiete, versengend heiße Ebenen und ausgedehnte 
Inseln mit feuchtwarmem Klima. Dementsprechend hat mau denn auch 



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Geographische Verbreitung der Säugetiere. 



eine Verteilung der Region vorgenommen, die bei Wallace wie hei Blan- 
ford 0 Subregionen umfaßt. Weiteren Wert als einen rein faunistischen 
oder als Ausdruck des derzeitigen Charakters eben dieser Suhregionen 
kommt ihnen aber nicht zu. Es ist ja schon schwierig, die Region selbst 
gegenüber der paläarktischen. der äthiopischen und der australischen ab- 
zugrenzen. Gegenüber letzterer erkannten wir bereits als offizielles Ueber- 
gangsgebiet das indo-australische. 

Oben wurde ferner die Fauna von Oman als ein Mischgebiet zwischen 
der orientalischen und äthiopischen Fauna angegeben und hervorge- 
hoben, daß deren Wechselbeziehungen die innigsten sind und zunehmen 
in dem Maße, als wir aus der (iegenwart in die V ergangenheit uns be- 
geben. Dabei brauchen wir nicht weiter zurückzugehen als bis zur unter- 
gegangenen Fauna der Siwaliks und nicht einmal Leinurien oder Gond- 
wana-Lmd. die oben genannt wurden, wieder emportauchen zu lassen. 

Endlich die Grenze gegenüber der paläarktischen Region. Diese 
liefert heute die Himalayakette. Hier reichen sich aber Rcrgformen beider 
Gebiete die Hand. Ausgiebiger ist dies der Fall im Nordwesten, wo 
offene Wüsten weiten Zugang geben zu der paläarktischen Fauna. Der 
Natur des I>andes nach ist das aber ein Zugang, der nur offen steht für 
Säuger, die trockener, wüstenartiger Ebene angepaßt sind. 

l'nter solchen Verhältnissen kann es nicht ausbleiben, daß trotz des 
Reichtums an Tieren nur drei endemische Abteilungen zu nennen sind: 
die Ordnung der Galeopithecidae. die Familien der Tupajidac und Tarsiidae. 
Auffallend genug sind es altertümliche Formen, die im Südosten der Region 
sich erhielten. Dieser kommt überhaupt ein konservativer Charakter zu. 
trotz all der Niveau Veränderungen und weiterer Geschehnisse, die wir 
oben kurz für den indo-australischen Archipel andeuteten und denen auch 
die großen Sumla-Inscln. die uns hier interessieren, unterworfen waren. 
Heben wir die für das orientalische Gebiet charakteristischen Genera heraus, 
so zeigt sich, daß die Mehrzahl derselben, wo nicht dem malayischen Ge- 
biet angehörig, denn doch wenigstens in demselben vorkommen. Das 
malayische tiebiet umfaßt aber die großen Sunda-Inseln und Malakka. Zum 
Reweise nenne ich: .SV//////, Uylobatrs, Xasalis, Srnnwpithrcus , Xycti re- 
bus, Tarsius. Galrof>ithrrus, Tupaja. Milocercus, Gymnnra, Hylomys. 
\'k'errieula. J/rtmgalr, l.insatiga, Paradnxurtis, Arrtogale, Antitis. 
Cytioga/r, Helictis. MyJaus, Rhrithrosriurus, Pteromys, C/tiropodon/ys, 
Pithffhcirus, Jruhxs, Cervulus. Tragulus. Von diesen sind die kursiv 
gedruckten dem malayischen Gebiet eigen und haben höchstens einen ver- 
einzelten Ausläufer nach Burma. Indo-China und den Philippinen: Gebiete 
welche von dem eigentlich malayischen nur unvollständig getrennt sind. 
Nur wenige endemische Genera bleiben nun noch übrig, die dem übrigen 
Teil der orientalischen Region allein angehören: Es sind dies Loris, Sori- 
culus. Melursus. Achims. Nemorrhaedus. Tetraeeros. Antilope. Rosela- 
phus und verschiedene Genera von Mäusen, die namentlich von den 
Philippinen her bekannt geworden sind, aber vermutlich weitere Ver- 
breitung haben. 

Außer durch obengenannte endemische Formen erhält die orienta- 
lische Fauna im allgemeinen ihre Facies durch zahlreiche Sciuridae. durch 
Antilopidae. Manidae. Proboscidea, Viverridae und Rhinocerotidae. somit 
durch Gruppen, die ausschließlich äthiopisch oder doch dort reichlich ver- 
treten sind. Ein anderer Teil der Fauna ähnelt dagegen der paläarktischen. 



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Uutcrklju*c Monotreruatu. 



H17 



Dies sind die Ursidae. Hie plesiometakarpalen Hirsche, die Ovidae, Capridae 
und zahlreiche Arten von Sus und Verwandten. 

Risher wurde mit keinem Worte der Meeressäugetiere: der Cetacea 
und Sirenia, Erwähnung getan, auch wurden die Chiroptera nur ganz vor- 
übergehend genannt. Für die Verbreitung dieser Abteilungen sei auf 
den Mstematischen Teil verwiesen. 



Unterklasse: Monotremata. 



I. Ordnung: Monotremata. 

M »niithixielphin Kluiiiv., l'rolotherin (iill.i 

Eine Anzahl primitiver Merkmale, die teilweise an Reptilien, jeden- 
falls an die Organisation unterhall) der Säugetiere stehender Vertebraten 
erinnern, unterscheiden von allen übrigen Säugetieren einige, nach zwei 
Richtungen hin divergierende (iattungen. die dem australischen Gebiete 
angehören. Trotz ihrer geringen Anzahl sind sie doch von großer 
Bedeutung: denn wenn sie auch für ihre besondere Lebensweise hohe 
Spezialisierung erreichten, die auf eine lange Vorgeschichte weist, so haben 
sie andererseits manche Charaktere bewahrt, die gewill den Stammvätern 
der Säugetiere zukamen. Von diesem Gesichtspunkte aus wurden sie 
Prototheria oder Promaminalia genannt. Für St. George Mivart waren 
diese Charaktere selbst so schwerwiegend, daß er die Monotremata völlig 
von den übrigen Mammalia schied und einen diphvletisehen Ursprung 
für erstere und letztere annahm. 

Aeltere Namen für Ornithorhynchiis. Echidna und Proechidna: die 
drei Repräsentanten «lieser kleinen Unterklasse der Säugetiere sind Ornitho- 
delphia de Riain ville oder Monotremata Geoffroy. Namen die darauf hin- 
weisen, dali diese ..Kloakentiere" im Hau der weiblichen Geschlechtsorgane 
den Vögeln, oder wie wir jetzt eher sagen würden: den Reptilien sich 
nähern. 

Dali die Monotremen echte Säugetiere sind, beweist sofort schon die 
mit Haaren dicht bedeckte Haut. Hei den Echidnidae ist sie. soweit sie 
dem Lichte zugekehrt ist. mit Stacheln bedeckt und zwar größeren, die 
bei ihrer ersten Anlage |Römer| in Längsreihen angeordnet sind, und 
zerstreut stehenden kleineren. Heide entsprechen Stammhaaren <p. 1 1 ). 
Außerdem finden sich, an der Bauelirläche ausschließlich, echte Haarbündel. 
Durch Komplikation hat also das Haarkleid ursprüngliche Zustände ver- 
loren. Hei Ornithorhynchiis sind diese etwas besser bewahrt. Das Haar- 
kleid besteht hier aus alternierenden Haargrup|K?n mit stärkerem Mittelbaar, 
dem zur Seite Haarbündel auftreten. 

Die Haarbälge besitzen bei beiden Gattungen acinöse Drü>en «Talg- 
drüsen). Tubulöse Drüsen treten bei Echidna zurück, da sie nur am 
Kopfe und in der Nähe des Maminarorgans. und zwar hier sehr stark 
ausgebildet vorkommen und in den Follikelhals der Haarbnndel münden. 
Rei Ornithorynchus sind sie allgemein verbreitet in den Ründelhaaren. 



I. Ordnung: Moiiolrcumt«. 



Diese den Schweißdrüsen entsprechenden Drüsen, die ein wichtiges Sauget ier- 
merkinal sind, erlangen bei «len Monotremen besondere Bedeutung, da sie 
die Mammardrüsen bilden. Zu dem Zwecke werden es lange, gewundene, 
wiederholt verästelte Schläuche mit kubischem bis eylinilrisehem sekretorischen 
Epithel, das umgeben wird von einer I^age von kontraktilen Faserzellen. 
Sie liefern ein Paket, das auch beim Männchen gut entwickelt sein kann 
und die primitivste Art von Milchdrüse darstellt, da die Drüsen nicht 
vereinigt durch eine Zitze nach außen ausmünden, wie bei allen übrigen 
Säugetieren, sondern getrennt auf dem Hoden einer schüsseiförmigen Ein- 
senkung der Haut. Bereits früher (p. :-JO) haben wir diese beiden, jeder- 
seits in der Hauchhaut gelegenen Hauttaschen, auf deren Hoden das 
..Drüsenfeld" liegt. Mainmartaschen genannt. Sie unterscheiden sich im 
übrigen von der Hauchhaut nur durch dünnere Hehaarung und durch eine 
starke Lage glatter Muskeln. Ihre Tiefe ist zeitlich verschieden in Ver- 
bindung mit der Brutpflege. Von den Mainmartaschen als paarigen Bildungen 
ist scharf zu scheiden der Brutbeutel oder Marsupium <p. .'»1. .'»4}. Es sind 
von einander unabhängige (iebilde Kuge|. Von diesen ist der Brut- 
beutel, der übrigens bei Ornirhorhvnchus wohl durch Rückbildung fehlt, 
eine nach vorn geöffnete Tasche, welche mit zwei Hautfalten die Mainmar- 
taschen umgreift. Sie nimmt das Ei auf und enthält später das hülflose 
.hinge, von dem wir annehmen, daß es hier ernährt werde durch das 
Sekret der Mammardrüsen. Der Beutel tritt nicht bei der ersten Trächtig- 
keit zuerst auf. sondern bereits im Embryonallcbcn und zwar bei beiden <ie- 
sehlechtern. Später verstreicht die Anlage und der Beutel kommt erst 
wieder beim Weibchen zur definitiven Entwickelung bei beginnender Brunst, 
vergrößert sich successive mit dem (irößerwerden des Bcuteljungen und 
verstreicht wieder nach Entlastung desselben |R. Semon]. Welcher Art 
«las Sekret der Mammardrüsen sei. ist unbekannt. Daß es nicht dünn- 
flüssige Milch sein kann, ist deutlich; schon im Hinblick auf die Atmung 
des Jungen, dessen Kopf in der Mammartasehe steckt und höchstens von 
zähem Sekret umgeben sein könnte. Solches und zwar eiweißhaltiges, 
daher nährendes Sekret kennen wir von den antorbitalen Hautdrüsen 
mancher Antilopen (p. 21»). Aehnlich könnte das Sekret der Mammar- 
drüsen sein: es wäre in dieser Konsistenz geeignet, durch «las Junge auf- 
geleckt zu werden. 

Durchaus eigentümlich ist für Monotremen die Schenkeldrüse (ilan- 
dula cruralis s. femoralis). ein Fingerzeig gleichzeitig für den innigen 
genetischen Zusammenhang trotz aller Verschiedenheit der Echid- 
nidae und Ornithorhynchidue. Bei letzteren liegt sie dorsal vom Aceta- 
hulum neben der Wirbelsäule, bei Echidna in der Kniekehle unter dem 
Pannieulus caruosus. Sie scheint den tubulösen Drüsen zuzuzählen zu 
sein, deren Tubuli nur zeitweise aeinösen Charakter annehmen: sie be- 
sitzen eine Lage glatter Muskeln |Martin und Tidswell]. Ihr langer Aus- 
führungsgang mündet an »1er Innenseite des Tarsus. Dies geschieht durch 
den durchbohrten Sporn, der als Knochenkegel auf dein Tibiale (tibiales 
Sesambein • sitzt, «las mit der Tibia artikuliert und beim männlichen Or- 
nithorhvnehus. weniger bei Echidna. «las größte Knochenstück des Tarsus 
ist und den Calcaneus au> seiner gewohnten Lage venlrängt. Der mit 
einem Hornüberzug versehene Sporn ist bei Echidna kleiner, aber spitzer als 
bei Ornithorhynchus. Der Hornüberzug ist wohl mit einem modifizierten Ilaar- 
gebilde zu vergleichen. Den Spornknochen hält Emery für eine Verknöcherung 



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Monotremata, Korperliau. 



des Bindegewebes. Heim Weibchen tritt der ganze Apparat nur rudi- 
mentär auf. Dies spricht dagegen, daü er ein (liftapparat ist. desgleichen 
seine Lage und die jahreszeitliche Ab- respektive Zunahme der Drüse 



Fig. -M:5. Fig. 244. 




Fig. 248. Ventndaiuicfat, Fig. 244. DorxalanHieht d«* Sehadd* von BrhidiM 
hyatrix, nwh van Beintnelen. ;l . n. (Jr. Nur die jedesmalige linke Seite ist korperlieh 
dargestellt. :.ul «ler rechten aber sind die Nable hervorgeholten. .7 Alisphenoid; 6 Bn»i- 
«phenoid; />'(> Ha»ioccipitale; (' Coridylu*; EO Kxoccipitalc; F Frontale: // Foratneii 
jugulare; /"/ Foramen laervniale: / 's m Foranien -tyli» ma*toideum ; / V Feneslra vestihtdi ; 
/ intermaxillare; .I/Maxillarc; M s Mastnid : .V Natale; O ( >rliito«phenoid ; /'Petrnsiim; 
PI Palatium; Pr Parietale; Pt Pterygoid; S SpiainoKUtn : so Supraoct-ipitale. D*a 
Tympanicum fehlt. 

und ihres Sekretes, was alles auf Beziehungen zum < ieschlechtslcben 
weist, wenn auch bei Kxperimenten das Sekret in gewissen Monaten auf 
Kaninchen tödlich wirkt. Semon hält denn auch den Apparat für ein 
sexuelles Krregungsorgan. 



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I. Ordnung: MdnotrciiinU. 



Den ganzen Körper Iiüllt ein starker Panniculus carnosns ein, der 
Oeffnungen hat zum Durchtritt von Ko])f. Schwanz und Extremitäten, 
sowie jederseits eine schlitzförmige Oeffnung wodurch die Mammardrüseu 
zum Drüsenfeld ziehen Fig. IVJ. p. .-57 .1. Kr befähig den Körper, sich 
aufzurollen. 

Der Schädel zeichnet sich, trotz mannigfacher Spezialisierung infolge 
der Lehensweise, die z. B. Verlust des Gebisses herbeiführte, andererseits 
auch durch die Fortdauer mancher embryonalen Zustände aus. Und wenn auch 
außerdem noch verschiedene Besonderheiten bestehen, so ist es doch ein 
typischer Säugetierschädel |van Bcmmelen|. Mit manchen kleinen Insekti- 
voren hat er gemein das frühe Verwachsen seiner Nähte. Verglichen 
mit den Marsupialia. fällt er auf durch seine geräumige Hirnkapsel. In 
seinem Gesiehtsteil ist er zu einem Schnabel verlängert, der mit ver- 
hornter Haut überzogen ist. Die alliieren Nasenöffnungen liegen bei 
Echidna an der Spitze des Schnabels, bei Ornithorhynchus mehr nach 
hinten. Infolge der Grötle des Gaumenteils des Palatinum, das aber nicht 
wie bei Marsupialia Vakuositäten besitzt, liegen die inneren Nasenöffnungen 
weit nach hinten. An Stelle einer eigentlichen Paukenhöhle timlet sich 
nur eine untiefe Grube (Kossa tympanica Denken, die bei Ornithorhynchus 
in weiter Kommunikation ist mit der Rachenhöhle, bei Echidna tritt aber 
eine Tuba Eustachi! auf als häutig-knorpelige Köhre. Wie bei einer 
Anzahl niederer Säuger, bleibt das Tympaniciim ein oben offener, schmaler 
Hing, der durch den Hammer vervollständigt wird (Fig. 24G>. Es weicht 
aber vom gewohnten Verhalten durch seine fast horizontale I^age ab. die 
allerdings auch bei einzelnen Inseetivora wie Microgale vorkommt und 
allgemein während des embryonalen Lebens auftritt. Es ist aber gewagt, 
hierin ohne weiteres ein primitives Merkmal zu sehen, da nicht aus «lern 
Auge zu verlieren ist. dali infolge der Rückbildung der Kaufunktion diese 
Schädelgegend gleichfalls Rückbildung erfahren konnte. Das Tympaniciim 
zeichnet sich ferner dadurch aus. dali es sich nicht - wie sonst meist — 
mit dem Petrosum verbindet, sondern unmittelbar an den Temporaltlügel 
des Pterygoid sich anlegt [Peters isi»7|. 

Am Schade! fällt weiter auf. datJ das Korauien condyloideum sich ver- 
einigt mit dem Koramen lacerum posterius > Kor.jugularei; dali das Koramen 
opticum zusammenfällt mit dem Koranien spheno-orbitale und dali bei 
Echidna damit auch noch das Koramen rotunduin verschmilzt ; dali ferner bei 
Ornithorhynchus. — in der Korm einzig unter Säugern an Stelle der 
zahlreichen Löcher der vertikalen, aber einzig kleinen Irmina cribrosa nur 
ein Koramen olfactorium jederzeit vorkommt, während bei Echidna die 
Siebplatte zwar die gewohnte Durchlöcherung zeigt, aber horizontal liegt 
q». «»Ii. Ein .lugale fehlt bei Echidna. bei Ornithorhynchus soll es aber 
nach van Bemmelen als Apophyse des Krontale auftreten. Den Jochbogen 
bildet der Processus jugalis des Maxillare und S<|iiamosnin. Letzterer über- 
deckt mit seinem Ursprung den Eingang zum Temporalkanal (p. f>2. <»0). 
Die rnterkieferhälften sind so stark reduziert, dali der Processus eoro- 
noideus und angularis nur noch angedeutet sind. Bei Ornithorhynchus 
ist der Condvlus »pier verbreitert, bei Echidna von vorn nach hinten ver- 
verlängert (Kig. ;V»(. Auf <lie einzig dastehende Rotation der rnterkiefer- 
hälften, namentlich bei Echidna. derart, dali im hinteren Drittel die 
Seitenfläche zur Ventralfläche geworden ist. hat ( Ii. Westling gewiesen. 

Folgende Punkte charakterisieren das übrige Skelet. 



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Monotrematn. Körperbau. 



321 



An der Wirbelsäule treten Fpiphvsen nur an den Schwanzwirbeln 
auf. Der Processus odontoideus verbindet sieh erst spat mit dein Epi- 
stropheus, desgleichen die Halsrippen mit den Wirbeiii (Fig. 71. p. IM). 

Früher galt als Axiom, daß im Schultergürtel ,| er (/oracoidalapparat 
eine autfallende Fchei-einstimmung mit tiefer stehenden Vertehraten dar- 
biete. Ks wurde aber auf p. 90, Fig 75 dargelegt, da Ii dies nicht der 
Fall sei und da Li die bei Monotremen sofort auffallenden Verhältnisse <les 
Coraeoldalapparates auch bei anderen Säugern, wenn auch nur in letzten 
Resten, sich wiederfinden lassen. Die Scapula weicht durch ihre geringe 
Differentiation von den übrigen Säugetieren ab. da die Spina scapulae noch 
fehlt (Echidna) oder nur erst angedeutet ist und noch keine Scheidung 
he\verk>telligt /.wischen einer Fossa supra- und infra-spinata. Der kurze. 




Fig. 2-t">. Schädel von Ornithorhynchiif« juv. nsich Abtragung de* Jochimen*; 
nach van IteruincU'ii. 1 , n. (»r. .7 Alicpbcnoitl ; HO Ba.-iocripitale; />' S Husi^phi-tioiil ; 
C Condylus; E O Exoccipitalc; F Frontale; M Maxillarc: M S Ma-toitl ; .V Nasale; 
0 Orbitn.«phenoid ; P Pe trmuiii ; /'/ Palatinunr, PU Parietale laterale: Pm Parietale 
mediale; Pms ProceeMM niastoideutt ; /V Ptcryjroirl ; S O Supraoccipitale; Sq S<|ainosuin ; 
oberhalb dowelben sieht mau die zwei SägeM-huitte durch die doppelte Wurzel den 
JoebbogMIüi die den Tcm|toralkanal überbrückt. 

breite Humerus hat ein Foramen entepieondyloideum und die Hand ist 
pentadaktyl mit einem Scapho-lunatum. An iln* fallen die enormen Nagel- 
phalangen gegenüber den übrigen kleinen Phalangen auf. Dies >teht in 
Verbindung mit der Ausbildung der (irabkrallen (Fig. 12. p. I.V. die einzig 
unter Säugern |Boas] des Nagelwalles entbehren, was wohl ein sekundärer 
Zustand ist. Die primitive Organisation des Berkens äußert sich in der langen 
Symphyse, an welcher Pubis und Isoiiiuni gleichen Anteil haben. Ferner in 
dem Acetabuluni. dessen Hand ohne Incisur i>t. was kein anderes Säugetier 
hat: auch ist sein Hoden bei Echidna durchbohrt wie bei den Vögeln. Die 
langen Beutelknochen (Epipubes) sitzen mit breiter Basis dem Pubis auf 
(Fig. *"). Ueber die Beckenachse vergl. p. l()7. Vom Hinterbein i>t als 
Eigentümlichkeit zu melden, dali der Fibula «ler Malleolus fehlt, so daß die 

\Vclci>r, SSugotioiv. 21 



322 



!. Ordnung: Monotrcniata. 



Musculi peronei über «1er Vordertläche der Fibula verlauten, nicht hinter 
deren distalem Ende [G. Ruge|. Wie bereits erwähnt, ist in der Fuß- 
wnrzel Verlagerung des CalranciiK eingetreten durch Ausdehnung des 
Tibiale tihialcs Sesamhein), das <len Spornknochen trägt. Der Calcaneus 
gelenkt mit <ler Fibula: letztere auch mit dem Talus. Nur bei Proechidna 
hat die erste und fünfte Zehe ihre Nagelphalanx verloren. Die übrigen 
halten fünf Krallen an den Zehen von denen hei Echidna die zweite, bei 
Ornithorhynchus die vierte die längte ist. 

Die lange V orgeschichte unserer heutigen Monotreinata äußert sich 
auch in deren verhältnismäßig großem (iehirn und in dem großen Unter- 
schied, den es bei Ornithorhynchus und Echidna darbietet. Hei letzterer 
erscheint es durch die starke Ausbildung der Lobi olfactorii als hervor- 
ragend makrosmatisch. Hei Ornithorhynchus dagegen fand, wohl als Folge 
der auuatilcn Lebensweise. Reduktion des (ieruchsorgans statt, die sich 
nicht nur in den peripheren, sondern auch in den zentralen Teilen des- 
selben äußert, doch nur in «lein Maße, daß es noch als makrosmatisch 
bezeichnet werden darf |Elliot Smith]. Letztere Reduktion und die hohe 
Ausbildung des Trigeminus zum Zwecke der Innervicrung des Schnabels 
hüben die Verhüllung eigenartig beeinflußt [Ziehen] Fig. 5>."i. f>f». U7. 
p. II!»;. Es ist ferner ausgezeichnet durch das Fehlen von Furchen auf 
dem Pallium. Dieselben beschränken sich auf Andeutung der Fossa Sylvii 
|E. Smith] oder der Fissura Sylvii | Ziehen] und auf (iefäßfurchen. Das 
Rbinencephalon wird durch eine Fissura lateralis anterior und posterior 
vom Pallium getrennt und selbst in eine vordere und hintere Portion 
zerlegt. Auch tritt eine Fissura hippocampi auf. Das von den Hemi- 
sphären nur wenig bedeckte Kleinhirn überlagert den weiten vierten Ven- 
trikel vollständig. Elliot Smith weist auf die Aehnlichkeit der Dorsalansicht 
dieses furchcnlosen Gehirns mit einem Vogelhirn hin. Demgegenüber ist 
das auch an und für sich größere Hirn von Echidna charakterisiert durch 
reiche Furchcnbildung, ..welche im allgemeinen an die Gestaltungen des 
Sylvischen Furchungsgebietes der Placentalia und Marsupialia erinnert*' 
[Ziehen] (Fig. «.»'.». p. 12:5). Offenbar ist Elliot Smith bezüglich der Qualität 
dieser Sulci noch zurückhaltender. Er hebt das außergewöhnliche Maß 
der Großhirnrinde hervor, daneben aber deren geringe qualitative Ausbildung. 
Hei beiden Arten ist die Commissura anterior (ventralis). media und 
superior idorsalis) vorhanden, und zwar die erstere in sehr mächtiger Ent- 
wickelung: der Balken fehlt aber noch wie bei Marsupialia. In summa 
scheidet eine tiefe Kluft »las Monotremenhirn von dem der übrigen Säuger 
und es bietet mancherlei Beziehungen zum Reptiliengehirn |E. Smith]. 

Wie hervorgehoben, ist bei Ornithorhynchus der Trigeminus sehr ent- 
wickelt. Er hat die Haut des Schnabels zu bedienen, welcher feines Tast- 
gefühl, wohl zum Zweck des Gründeins, eigen ist. Dementsprechend ent- 
hält sie reichlich Sinnesorgane von zweierlei Art. die sich wohl auf modi- 
fizierte Spürhaare zurückführen lassen, während bei der einen Art tubulöse 
Drüsen sich damit verbinden jvergl. Poulton, Wilson und Martin]. 

Die hohe Ausbildung des Geruchsorgans bei Echidna wurde wieder- 
holt hervorgehoben. Außer einem unbedeutenden Nasoturbinale hat es 
sieben Eudotnrbinalia. die infolge der horizontalen Stellung der Siebbein- 
platte vertikal gerichtet sind und acht Riechwülste haben. Demgegen- 
über erfuhr Ornithorhynchus Reduktion, da hier neben dem Nasoturbinale 
nur drei Eudotnrbinalia auftreten mit vier Riechwülsten [Paulli]. 



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Monotremata, Kör)N>rlmii. 



323 



Pneumatische Nebenhöhlen fohlen. Das .lacobsonsehe Organ erfreut sich 
hoher Differenzierung, die sich auch äußert in dem muschelartigen Vor- 
sprang der lateralen Knorpelwand und hei Ornithorhynchus in seiner Aus- 
dehnung Ober die Mündung hinaus nach vorn, Versuche, hierin eine 
Verwandtschaft des Organs mit dem der Reptilien zu sehen, weist Seydel 
zurück, da es sich in keinem prinzipiellen Punkte von dem der Übrigen 
Mammalia unterscheidet (Fig. 114. 11"). p. IM ff.i. 

Vom Tympanicum und von der ..Paukengrube" war oben bereits die 
Hede. In letzterer liegen die drei Gehörknöchelchen. Daß sie in Form 
und Art der Verbindung an die Columelln der Saurier erinnern, auch nach 
den neuen rntersnchungen Denkers, wurde auf p. 144 erwähnt. Hammer 
und Ambos wirken durch feste Verbindung als funktionelle Einheit. 
Ersterer lallt auf durch seinen großen Processus longus (Pr. Folianuss, 
der bei Ornithorhynchus mit dem Annulus tympanicus sich verbindet, bei 
Kchidna mit einem Fortsatz bis zum Foramen lacerum anterius sich er- 
streckt. Wie bei manchen niederen Säugern, aber noch mehr als bei diesen, 
wiederholt der Stapes die Säulenform des Stapes ('olumella aurisi der 
übrigen Tetrapoden. Der Musculus stapedius fehlt: der Musculus tensor 
tympani wird nach Ch. Westling durch den Nervus facialis versorgt, nicht 



Fig. 24«». Links dir rechtsseitige 
MhIIciis und Ineu* von außen, daneben 
der Sta|*w; recht* der linksseitige Malleus 
und Incus von der Innenseite von Iv'hidna: 
x3: nach A. Doran. /> />, /> I Processus 
lirevi* und loflgltf des Incu*; hm Kopf 
des Malleus», darunter ein Fortsatz de*- 
•elben. der mir dem Ptim-csmih gracilis 
[> g verschmilzt ; shm schuppen förmiger 
Fortsatz vom Kopf des Malleus; /> m dessen 
Processus miiseularis. 




wie sonst vom Nervus trigeminus vom (ianglion oticnm aus. Auch das 
Labyrinth bildet im feineren Hau. und in der Aufwindung der Schnecke, 
die geringer ist als bei irgend welchem Säuger, eine Mittelstellung zwischen 
diesen und zwischen Sauriern. Die knorpelige Ohrmuschel ragt nicht über 
das Niveau der Haut hervor, ist äußerst primitiv von Form (bei Orni- 
thorhynchus erlitt sie wohl daneben Reduktion durch das Leben im 
Wasser» und bildet offenbar auch genetisch eine Fortsetzung des äußeren 
( iehörganges. Derselbe ist durchaus knorpelig: ein Zustand, der bei halb- 
ringförmigem Tympanicum auch bei anderen Mammalia vorkommt. In 
diesem Falle befestigt er sich aber an den Annulus tympanicus Nicht so 
bei Monotremen. Nach G. Rüge schiebt sich das dorsale Endstück des 
Myoid zwischen den Annulus und den Meatus auditivus externus iS. 14i>). 

Alle heutigen Monotremen haben zahnlose, mit Horn überdeckte 
Kiefer. Durch die Entdeckung von Poulton und O. Thomas ist aber die 
Voraussetzung, tlaß dies nicht der ursprüngliche Zustand sein kann, zur 
Gewißheit erhoben. Wir wissen jetzt, daß Ornithorhynchus. bis daß er 
ungefähr ein Drittel seiner (iröße erreicht hat. im Hesitze ist von zwei 
Zähnen in jedem Oberkiefer und drei in jedem Fiiterkiefer. welche Wurzeln 
um! eine niedrige, breite, multituberkulare Krone haben. Eist nachdem 
diese durch den Gebrauch abgerieben ist. wird die kurze Wurzel resorbiert. 

21« 



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324 



I. Ordnung: Monotremata. 



Auffallenderwei.se wuchert das Epithel der Mundhöhle unter dieselben, 
schließt die Höhlen, in denen die Zähne saßen, die somit ausfallen und 
läßt an deren Stelle Hornplatten entstehen, die später zum Kauen dienen. 
Das ursprüngliche (»ebiß muß aber reicher gewesen sein, da in jedem 
Kiefer wenigstens 4 Zähne angelegt werden. Außer durch '2 Höcker, sind 
diese Zähne durch zahlreiche feine Tuberkel am Rande ausgezeichnet und 
nähern sich hierdurch noch am meisten den Zähnen mesozoischer Säuger, 
die als Multituherculata zusammengefaßt werden. 

Hei Echidna ist die Reduktion des Oebisscs viel weiter vorgeschritten. 
Hier kommt nur noch der auf p. IST erwähnte Eizahn i Eig. p. tJTi 



ist nicht zu verwechseln die Karunkel, die hei jungen Monotremen an der 
Schnauzenspitze sich findet. Mit einer „Eischwiele" hat sie nichts zu 
schaffen, da sie erst nach dem Verlassen des Eies auftritt. Außerdem ist 
als Zeugnis einer früheren Hezahnung eine Schmelzleiste entdeckt. 

Dem Mangel an Zähnen hilft der Hau der Zunge ah. Bei Echidna 
trägt sie Hornzähnchen. die sich aus haarförmigen Papillen hervorgebildet 
haben. Durch Reiben gegen harte Querleisten am Oaumen (Oaumenleistcin 
helfen sie beim Zerkleinern der insektivoren Nahrung. Der vordere Teil 
der Zunge ist lang ausstreckbar und wurmförmig und wird durch das Sekret 
der großen Speicheldrüsen befähigt zum Fang von Insekten. Hei Orni- 
thorvnehus treten dagegen außer Papilla« filiformes, die im vorderen Teil 
der Zunge bedeutende (iröße erlangen, zwei Homzähne im hinteren 
Drittel der Zunge auf, an welcher eigenartigen ltildung die gesamte 
darunterliegende Schleimhaut sich beteiligt |()ppel]. Diese Triturations- 
organe sind ein Erwerb der Monotremen. der >ich mit Rückgang des 
(Iebisses kombinierte. Die Zunge hat zwei Papillae vallatae. Mit ihnen 
verbinden sich serö>e Drüsen. 

Schleimdrüsen kommen nur bei Ornithorhvnchus, zu guter Ausbildung, 
namentlich auf dem vorderen Zungenrücken. 




während des Eilebens zur 
Ausbildung. Offenbar «beut 
er zum Aufschlitzen der Wand 
des Eies und fallt denn auch 
nach dem Verlassen desselben 
ab. Seydel macht es wahr- 
scheinlich, daß er keiner der 
bekannten Zahngenerationen 
der Säuger zuzurechnen, son- 
dern älteren Datums ist und 
sich infolge der Fortdauer 
einer Punktion aus früheren 
Zuständen herleitet. Hiermit 



Fig. 247. ./ Ein Stück 



der rechten Mandibnla einet» jungen 
Ornilhorhynehii* von 31Ü mm 
Länge; nach Stewart. 1, 2. .', 
Krater bis dritter Zahn von der 
Kanfläebe; B Zweiter Zahn de* 
Oberki.fer* von hinten. 



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Monotremnta, Körperbau. 



32n 



Der einfache Magen * Kif^. 24s i fällt namentlich anf durch sein geschich- 
tetes Epithel, dem aber embryonal eintägiges, eylindrisches vorabging, und 
durch das Fehlen aller Magen<lrfisen | Oppel]. Damit weicht er ah von dem 
aller Yertehraten und liefert zusammen mit dem Verlust der Zähne, mit der 
Umbildung der Bekleidung der Kiefer 
und deren Reduktion, zusammen mit 
der Spezialisierung der Zunge Beweise 
für die weitgehenden Abweichungen 
vom ursprünglichen Zustande, welche 
diese Tiere erfuhren. Inwiefern die 
Funktion des Magens übernommen 
wird durch andere Teile des Darm- 
tractus ist eine offene Frage. 

Der Darm wird nur durch das 
Vorhandensein eines Coeeum. das nach 
Oppel repressive Umbildungen nach 
Art eines Processus vermiformis |er- 
fuhr, in Dünn- und Dickdarm verteilt. 
Seine Mucosa enthält im Anfangs- 
teil bis zur Einmündung des ( iallenganges Brunnersehe Drüsen, Die uener- 
kühnschen unterscheiden sich bei Oruithorhynchus von denen tler übrigen 
untersuchten Vertebraten dadurch. datJ sie in großer Zahl in einen Aus- 
führungsgang münden und somit zusammengesetzte Drüsen darstellen. 

Die mehrlappige Leber hat eine <iallenlda.se. Hei Echidna hat sie 
noch einen deutlich tubulösen Hau. der bei Ornithorhynchus bereits ver- 
loren ging [Braus]. 

Vom Herzen (p. 22!" i sei nur hervorgehoben, daÜ Anklänge an 
„Heptilienzustände" allerdings noeli vorhanden sind, aber zurücktreten 
gegenüber dem Säugetiercharakter desselben. Der rechte vierte Aorten- 
bogen ist bei den Monotonien gleichfalls bereits früh verloren gegangen. 
Im Arteriensystem. das sich nur bezüglich weniger Punkte unterscheidet, 
fällt der primitive Zustand der Vorderarmarterie bei Ornithorhynchus auf. 
da die während der Ontogene.se überall bei Säugern auftretende axiale 
Arterie mit ihrem, den Carpus durchsetzenden Endaste bei Monotremen 
zeitlebens persistiert und die Hauptarterie des Vorderanns darstellt | Hoch- 
sterterl. Deutlichere Anklänge an Sauropsidenzustände bietet das Venen- 
system. Nach Ilochstetter ist da zu nennen Erinnerung an das Pfort- 
adersvstem der I'rniere. Kreuzung der Arteriae iliacae an ihrer ventralen 
Seite' durch die hinteren Kardinal venen. Letztere Lagebeziehung kommt 
nur den Embryonen der Sauropsiden und bleibend den Sauriern zu. 
während bei den übrigen Säugern diese Kreuzung an der dorsalen Seite 
geschieht. Auffallender noch ist der Rest (Echidna der vorderen Ab- 
dnminalvene. die bei Reptilien und Amphibien eine grobe Rolle spielt, 
wo sie das Blut aus den Kruralvenen zur Leber führt und in einen 
Pfortaderast mündet [Beddardj. Doch neigt Hochstetter der Meinung zu. 
da Ii diese Abdominalvene nichts anderes ist, als die Vena umbilicalis, die 
sich mit Hamblasenvenen in Verbindung gesetzt hat. 

Die Körpertemperatur ist niedrig: bei Echidna nach Semon 2H°, 
steigt aber im Beutel bis auf HT>°. Wichtiger aber ist. dali nach ('. .1. Martin 
die Homoitherinie 10° nicht übersteigt, wenn die Umgebung zwischen 5° 
und :$r>° schwankt. Echidna überwintert während der kalten Witterung 




Fig. 248. Magen vonOrnithorhynehuN 
»■eh Oppel- l- von der Seile; vom 
Darm her aufgeschnitten. </ entspricht 
dem Duodenum mil dem Hing Brunner- 
soher Drü>en; o Ösophagus 1 ,. 



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I. Ordnung: Monotrcmata. 



in Höhlen und ihre Temperatur ist dann nur unbedeutend höher als die 
der l'mgebung. Hei Ornithorhynchus ist die Körpertemperatur konstanter. 

Bezüglich der Respirationsorgane sei an die primitiven Zustünde im 
Larvnx (Fig. 170, 171. p. 21 7 f.) erinnert. Die Tracheairinge heben sich 
nur unbedeutend ab vom Crieoid. dessen Ring bei Krhidna dorsal noch 
offen ist. Den Arvtänoidknorpeln fohlt ein Processus vocalis zusammen 
mit «lern Fehlen der Stimmbänder. Der Thyreoidknorpel besteht aus einer 
Copula und '2 Paar Bogen, die sich als unzweifelhafte Yisceralbogen 
herausstellen. 



Muskulatur der Blase 
/ Bla*c 



<law- der 
Fig. Ib) 



imitaltnM-he des Sin. urogenitalif» 

Mi'u.ERwher (lang 
' < Woi.FKfcher Hang 
Ireter 

l'retcrenpapille (im Verbin- 
dungsgang von der Blaue zum 
Sin. urogenitali») 



Sin. urogenitalis 



AiiKfüli 

Cowckr- 

Sanunröhrc 

l'rncpiiliaNnck 
(ioschlecht^glicd ^ 




Dann 

Muskulatur der Blase 



Sin. urogenital!« 
Freieren papille 



l'n'tt'r 

I 



Blase 



la 



Yerbiiidunghgung von der 
Blase zum Sin. urogenitalis 



Fig. 'Jl!t- la Schema eine* iikhühiicii Sagittalsrhuitle*, von der linken Seite ge- 
*rhen, durch Blas««, ( irschlcchlHglird. Kloake u. w. von Kchidna; Ib (iuersebnitt 
durch die Blase in der Höht- wir in In angedeutet : nach Keihel. 

Durchaus primitiv, und wenn man will, an Reptilien erinnernd, ist der 
l'rogenitalapparat. Zunächst mundet derselbe durch eine Kloake nach außen, 
was Anlafc» wurde zum Namen Monotremata. Allerdings berichtet Keibel 
neuerdings, dali es eine sekundäre sei. mit ektodermaler Auskleidung. Ferner 
münden die Ureteren nicht direkt in die Blase, sondern in den Canalis uro- 
genitale. Diese Ausmündung nennt man hypocv.>tisch im Gegensatz zur 



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Mnnotremata, Kürperlmu. 



cnt«>eystischen der übrigen Mammalia. wo die l'reteren in die Blase treten. 
Hierzu gesellt sich bei den Monotremen die Besonderheit, dafci die l'reteren 
schwanzwärts von der Mündung der Uteri bezüglich der Vasa deferentia in 
den Canalis urogcnitalis ausmünden <p. 24<>. Fig. 2»h">). Die nebenstehende 
Fig. 241' nach den neuen Untersuchungen von Keihel zeigt aber. daU die 
Bla-e sich derart aus dem Canalis urogenitalis ausstülpt, dati trotzdem «1er 
Urin aus den l'reteren in die Blase träufelt, hier sich ansammelt, um 
weiterhin in die Kloake entleert zu werden. Der Penis liegt an der ven- 
tralen Wand der Kloake. Er besteht aus einem fibrösen Körper, den 
Corpus cavernosum penis homolog, der nicht am Ischium festgeheftet ist. 
sondern in der Kloakenwand beginnt, dort wo der Urogenitalkanal in die 
Kloake tritt. Er wird von einem Samenrohr durchzogen, welches von 
kavernösem Cewebe umgeben ist. das die mehrlappige (Maus bildet und 
den Penis zur Erektion befähigt. In letzterem Zustande lälit genanntes 




Kig. 2.">0. (»eüffnet« Hauehhöhle eine* erwachsenen Ornitborbynchii«. von der 
linken Seite gesehen. <■ Kpididymis: // Ligamentum testi«: m Milz; A" Niere; /w/ 
l'lica (liapbragmatien : A' Kcctum; T Tentikel; u Ureter, dtrrch da» Me*orectnm 
dtireb*eheinend ; «/ Urnierenligament ; ; Rla>e nneh hinten umgelegt; vd Va* deferens. 

Hohr Samen jwssieren. in keinem Zustande aber l'rin. dessen Weg eben 
beschrieben wurde. Das Samenrohr verteilt sich vor seiner Ausmündung 
dichotomisch in eine grotie Zahl von Kanälen, die wie eine Krause auf den 
4 grotien Papillen des Ceschlechtsgliedes münden [KeibelJ. Abgesehen 
vom Samenrohr, verbindet der Penis durch seinen einfachen Hau den Penis 
der übrigen Säugetiere mit Zuständen, wie wir sie vom Krokodil kennen, 
indem die Samenrinne des Penis dieser Tiere sich bei Monotremen ge- 
wissermaßen zum Samenrohr M'hlielit. da> liei vivipareu Säugern zur Harn- 
samenröhre wird. Von accessorischen Drüsen kommen, statt einer eigent- 
lichen Prostata. Glandulae urethrales vor. gleich hinter der Blase bei der 
Einmündung der Vasa deferentia; ferner an der Wurzel des Penis Cowpersclie 
Drüsen. Die Tesfikel behalten zeitlebens ihre primäre l^agc in der Bauch- 
höhle in der Nähe der Nieren. Unzweifelhaft ist dies primäre Testikondie 



328 



I. Ordnung: Monotremata. 



vollständig 



(j). 2U!i), du all die Gebilde, die sonst Desccnsus testiculorum einleiten 
und bewirken, also das Ligamentum inguinale, die Einstülpung «1er in- 
guinalen Rauch- 
wand, 
fehlen 

Da im weiblichen 
<ieschlecht>apparaT 
die Uteri < Ovidukte) 
ganz getrennt in 
die Kloake münden, 
gab diese leber- 
einstimmung mit 
Saurop>ida de 
Blainvüle Änlati 
/um Kamen Orni- 
tliodelpliia. DieTu- 
bae Fallopii haben 
keine Fimbrien am 
Ostium abdominale. 
Dies um Ii weit sein 
im Hinblick auf das 
große, dotterreiche 
Ei. das es aufzu- 
nehmen hat. Nach 
Seinon werden nur 
tiie Eier des linken 
Ovarium -- bei 
Echidna al> Regel 
eins, bei Ornithor- 
byncltus zwei 
befruchtet, während 
die des rechten 
Ovarium überhaupt 
nicht frei werden. 
Das Ei von Echidna 
erreicht im Ovarium 
eine Größe von 
•V> — 4 mm Durch- 
messer, so da Ii e>. 
von der Follikel- 
waml umgeben, ge- 
stielt am Ovarium 
hängt. Keif gewor- 
den, wird c> vom 

eu r... ....... .. . Ostium tubae ii iii- 

rij?- 251. Wedütcher ( .e>ehlechtsa})|.aral von Echidna r. lKt .„:„ 

hyMrix. nach Owen, r Rectum, da« bd m in das Vestibulum 1 ' . . 

CHMCae mündet. Hierin mündet auch der l.'rogcni talkanal //; birst und das hl 

C Kloake; <> Ovarium; ./ Ovidukt, auf der linken Seite der fällt in die Tube. 

Figur ist er ganz geöffnet und zeigt ül>er den grölUeu Teil seiner \\\or erhält c>. attCll 

Lange eine dicke wand <<«»g. l't.-rusi. Heid«- Ovidukte münden i.„: n™iMi,..livn 

oberhall) der Öffnung aa der 1'roteren b tn\>. Noch mehr köpf- 1 wn, » , »[ ni »»- 

wärt- liegt die Oeffnmig der Blase ; . in welche eine Horste ein- <'h»» s - nach der l>e- 

geffihrt ist. fruchtung eine per- 




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Monotreinata. Kr»rjxrbaii. 



•i20 



gamentartitie Keratinsehale. <ler bei letzterer Art. nach Caldwell, Kalk 
beigemengt ist. Trotz dieser Sehale wächst das Ki ungefähr um das 
Dreifache durch Aufnahme von nährenden Flüssigkeiten, die der Ovidukt 
abscheidet und welche die Schale durch lüßt. Letztere weitet sich dem- 
gemäß aus, während sie selbst an Dicke zunimmt [Caldwell. Semon]. 
Seit dem Jahre 1KX4 wissen wir durch Haacke und Caldwell, «laß Eehidna 
ovale Eier legt, deren Größe ungefähr 15 und 12 mm im größten und 
kleinsten Durchmesser beträgt und welche die Mutter nach Ablage in den 
Beutel bringt. Nach Sprengung der Eischale durch den Eizahn werden 
deren 'frömmer aus dem Beutel entfernt. Das Junge verbleibt aber in dem 
Beutel, bis es eine Länge von >«> bis 00 mm erreicht hat: später wird es nur 
noch zeitweise in den Beutel aufgenommen zum Schutz und um die nährende 
Flüssigkeif der Mammardrüsen aufzulecken, die denn auch seinen Darm- 
kanal prall füllt | Semon]. Von Ornithorhvnchus behauptet Mctcalfe neuer- 
dings, daß dieses Tier vivipar sei. Dies wäre auffallend, namentlich auch 
im Hinblick auf den Kalkgehalt der Schale und wäre dann jedenfalls nur 
Ovoviviparität. Jedenfalls fehlt Ornithorvnchus der Brut heute! und damit 
die Brutpflege. 

Zusammenfassend erscheinen uns von Säugetieren, von denen mehr 
bekannt ist als sparsame Knochenreste und Zähne, die Monotremen als 
die niedrigsten. Hierfür spricht der Schultergürtel, die Weichteile der 
gesummten Vordercxtremität und damit auch wohl die Lage von Radius 
und Clna: der Bau des Herzens, des Gehirns; primitive Zustände nament- 
lich im Venensvstem. im Kehlkopf, im Geschlechtsapparat, in der Form 
des Tvmpauicum. im Verhalten des äußeren (iehörganges und der Auri- 
cula. im Bau der Mammardrüsen. in der Oviparität, dem Auftreten eines 
Eizahnes und eines Brutbeutels. 

Als Zeichen regressiver Veränderung ist aufzufassen der Verlust der 
Zähne, der Magend rösen. die Mehrschichtigkeit des Magenepithels und die 
Rückbildung der Kiefer. Zweifelsohne stehen diese in Wechselbeziehung 
und werden wohl durch den Rückgang des Gebisses eingeleitet. Als Ver- 
gütung hierfür bildeten sich die Hornzähne auf der Zunge, und bei Orni- 
thorhvnchus die Kauplatten auf den Kiefern heraus. Diese sind dann 
wieder progressive Veränderungen, die somit regressiven ihre Entstehung 
verdanken. So erklärt sich wohl auch die Mehrschichtigkeif des Magen- 
epithels und der Verlust der Magendrüsen: der Magen erhielt eben 
wegen der aus Insekten bestehenden Nahrung die Bedeutung eines 
Triturationsorgancs. Daneben fehlen auch spezielle Einrichtungen nicht 
wie die Scbenkeldrüsen. Eine Vcrglcichung von Eehidna und Ornithor- 
hvnchus lehrt, daß letzterer durch die aquatile Lebensweise manche 
Aenderung erfuhr. Da wäre zu nennen: Rückbildung des äußeren Ohres, 
des Brutbeutels, des peripheren Geruchsorganes und damit auch des 
Rhineneephalon: hohe Ausbildung des Trigeminus zur Innervierung der 
Tastorgane des Schnabel.-. Ausbildung von Schwimmhäuten. Andererseits 
bietet Eehidna spezialisierte Anpassung an die Lebensweise in der 
Zunge, in der engen Mundspalte. Sie beförderte auch wohl die Ausbildung 
des Geruchsorgaus. Die Frage, welche der beiden Arten daneben primi- 
tivere Merkmale bewahrt habe, stößt auf Schwierigkeiten. Im Haarkleid, 
im furchenlosen Gehirn, im Auftreten eines Foramen olfactoriuin. im Auf- 
treten von Zähnen, im Verhalten der Vordcrarmartcrien ist Ornithorhvnclm* 



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•i;U) I. Ordnung: Monotrcmata. 

primitiver. Andererseits ist Echidna primitiver im Hau der Leber, des 
Kehlkopfes, im Verhalten des Musculus ohliquus superior oculi. 

Diagnose: Die Monotremata sind ovipare (teilweise ovovivipare?» 
Säugetiere, deren tuhulöse Milchdrüsen nicht durch Zitzen, sondern ge- 
trennt jederseits auf einem Drüsenfelde ausmünden, l'npaares Marsupium 
vorhanden oder rückgebildet. Eine Schenkeldrüse mündet durch einen 
tarsalen Sporn aus. Zähne fehlen oder treten nur in der .lugend 
auf. Ein selbständiges C'oracoid und Beutelknochen sind vorhanden. 
Schulterblatt ohne Crista: Humerus mit Foramen entepicondyloidcum; 
19—20 Thoraco-Lumbalwirbel, ohne Epiphvsen. Am rechten Ostium veno- 
sum ist nur eine Atrioventrikularklappe. Testes bleiben abdominal. Durch 
den Penis, der in der ventralen Wand der Kloake liegt, Hiebt nur Sperma ab. 
Die Ureteren münden in den Sinus urogenitalis. Die Ovidukte münden 
getrennt in die Kloake, die bei beiden Geschlechtern vorhanden ist. Sie 
sind beschränkt homoiotherm. 

Geographische Verbreitung: Australien. Tasmanien und Nen-Guinca. 

Taxonomle. 

I. Familie: ECHIDNIDAE. Außer durch Haare mit Stacheln bedeckte, 
mvrmekophage, grabende Mnnotremen mit nachtlicher Lebensweise. Kiefer 
zu einem eylindrisehen, nackten Schnabel verlängert, der eine vorn wurm- 




Fig. 2 >->. Schädel von Proechidna Braijnii. 1 . nat. Gr. 



förmige Zunge umschließt. Mundspalte eng. Zahne fehlen. Legen Eier, 
die das Weibchen in einem Brutbeutel ausbrütet. Erstrecken sich von 
Tasmanien Uber den ganzen australischen Kontinent und über Neu-Gninea, 
also fast bis zum Aeqnator. 

Echidna G. Ouv. Hand und Fuü mit fünf Krallen. Schnabel un- 
gefähr so lang wie der Hest des Kopfes, gerade oder wenig aufgebogen. 

19 Thoraco-hunbalwirbel. acithata Shaw. Ameisemigel. Australischer 
Kontinent. 

Neben dieser Varietas typica unterscheidet (). Thomas zwei weitere 
Varietäten: E. aculcata fjKt'fsi Ramsay von Südost - Xou-Guinea, und 
E. aculeata setosa E. Geoff. von Tasmanien. 

Prokchihxa Gervais. Hand und Fuü mit nur drei Krallen. Schnabel 
ungefähr doppelt so lang als der Rest des Kopfes, abwärts gebogen. 

20 Thoraco-lumbalwirbel. Da ich ein Exemplar beschrieb mit fünf Krallen, 
beruht vorlaufig der generische Unterschied nur auf Lange und Form des 



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II. Ordnung: Marsupialia. 



Schnabels, sowie auf der Wirbelzahl, und iat somit in seinem Werte zweifel- 
haft. />. Rruijnii Pet. et Dor. Nordwest-Nen-Guinea. Pr. nigro-acu- 
Iraia Kothschild. West-Neu-Guinea. 

JI. Familie: 0RK1TH0RHYNCHIDAE Aquatil, dicht behaart, mit breitem, 
nacktem Schnabel, der dem einer Ente gleicht. Mundspalte weit, Zunge 
breit, in der Jugend drei Paar multituberkularer Zahne im Ober- und 
Unterkiefer: spater hornige Kanplatten. Fünf Krallen an Hand und Fuß, 
letzterer mit Schwimmhäuten. 19 Thoracodumbalwirbel. 

Oknithorhvnihi s Blumenbach. O. anatinus Shaw. Schnabeltier. 
In Flüssen in Tasmanien und Südwest-Australien. Baut Gänge an steilen 
Ufern mit Eingang von der Wasserseite her, in deren Endkammer das 
Weibchen zwei Eier legen und ausbrüten soll. Nach Anderen soll es ovo- 
vivipar sein. Nährt sich von kleinen Tieren des Wassers. 

Vorgeschichte.') , 

Die unzweifelhaften Reste von ausgestorbenen Monotremen, die man 
in pleistocänen I,agen Australiens gefunden hat. werfen kein Licht auf die 
Vorgeschichte unserer heutigen Monotremen. + Fxhidua rar«/ K refft 
und + E. amplor de Vis übertrafen Proechidna an Größe. Dagegen war 
+ Ornithorhytuhns agüis de Vis kleiner als das heutige Schnabeltier. 

Es sollen aber nach Behandlung der Marsupialia die mesozoischen 
Säugetierreste im Zusammenhang zur Sprache kommen. Dabei wird sich 
herausstellen, daß ein Teil derselben den Monotremata angehörte, wenig- 
stens in enger Beziehung zu ihnen stand. Es liegt doch auch auf der 
Hand, daß die Divergenz der beiden recenten Familien der Monotremata. 
die andererseits so deutliche Merkmale des genetischen Zusammenhanges 
aufweisen, nur erklärlich wird bei der Annahme einer langen Vorfahrenreihe. 



Cnterklasse: Marsupialia. 



IT. Ordnung: Marsupialia. 

»Didelphia de Blninvillo. Metatheria Huxley.) 

Die Beuteltiere, die sich gegenwärtig auf Süd-Amerika. Australien 
und benachbarte Inseln beschranken, .sind in letzterem Kontinent, abge- 
sehen vom Dingo, einer Anzahl Mäusen und Fledermäusen, die einzigen 
tandsäugetiere. Durch die Verschiedenheit ihrer Form und Lebensweise 
vertreten sie hier gewissermaßen die Monodelphia, welche die übrige Knie 
bevölkern. Es gibt unter ihnen karnivore. insektivore. herbivore: fliegende, 
kletternde, grabende Arten; andere bewegen sich springend, wieder andere 
ähneln durch ihre Fußstruktur den Ungulaten oder durch ihr Gebiß den 
Nagern. Es gab denn auch eine Zeit, in der man ineinte, unsere heutigen 
Carnivora. Insectivora. Fngulata und Hodentia hätten selbständig aus 

1) Die nur fossil bekannt« 1 !) Familien. Genera und Silvio» sind durch + kennt- 
lich getaucht. 



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II. Ordnung: Marsupialia. 



parallelen Formen der Marsupialia ihren Ursprung genommen, und damit 
gab man letzteren eine zentrale Stelle im System. Heute wissen wir. dal* 
es sich bei diesen Aehnlichkeiten. bei diesen Parallelismen um Konvergenz- 
erscheinuugen handelt, hervorgerufen durch gleichartige Lebensweise. 
Unsere heutigen Marsupialia bilden trotz Verschiedenheiten nach dem 
Addieren und nach der Lebensweise, eine homogene (iruppe von Tieren, 
welche Verwandtschaft, aber ganz anderer Art und weit zurückliegend, 
mit Carnivora und Insectivora besitzen. 

Durch eine Anzahl Merkmale stehen sie zwischen den Monotremata 
und Monodelphia. Bis vor kurzem lehrte die Wissenschaft, daß sie mit 
ersteren übereinstimmten im Pehlen einer Placenta und dadurch zusammen mit 
ihnen die Aplacentalia bildeten. Diese Auffassung ist aber in dieser Form 
hinfällig geworden. Da sie ferner vivipar sind, ihre Jungen an Zitzen 
aufsäugen und auch in verschiedenen anderen Punkten mehr den Mono- 
delphia sich nähern, stehen sie diesen überhaupt weit näher als den Mono- 
tremen. Trotzdem kommt ihnen, gegenüber den Monodelphia. der Wert 
einer Subklasse zu. die man im Hinblick auf die Anwesenheit von zwei 
Vaginae mit de Blainvillc Didelphia nennen kann, oder mit Iiiiger Marsu- 
pialia wegen des fast allgemeinen Besitzes eines Beutels (Marsupium) beim 
Weibchen, in welchem das bei der Geburt unvollkommene .hinge anfänglich 
aufbewahrt wird. In neuerer Zeit wird auch der Name Mctatheria ge- 
braucht, mit welchem Huxley die phylogenetisch höhere Stellung der 
Marsupialia gegenüber den Monotremata (Prototheria) andeuten wollte. 

Alle Marsupialia haben ein gut entwickeltes Haarkleid, von dem als 
Besonderheit hervorzuheben ist. daß es beim Männchen von Phalanger 
maculatus durch gefleckte Färbung ganz erheblich abweicht von dem des 
Weibchen 1 ) und daß die dem Männchen von Macropus rufus eigentümliche 
rote Farbe das Sekret von tubulösen Drüsen ist, das eingetrocknet und 
daher abreibbar dem Haare aufliegt. Häufig ist der Schwanz beschuppt 
und dementsprechend seine Behaarung noch eine primitive, indem drei 
Haare, selten weniger, zuweilen mehr, hinter jeder Schuppe stehen. Auch 
an anderen Körperstellen können Dreihaargruppen ip- 11) noch auftreten. 
Daneben zeigt das Haarkleid auch komplizierte Zustände sekundärer Art. 

Eine Flughaut verbindet die Gliedmaßen bei Petauroides, Petaurus 
und Acrobates. Sie ist aber offenbar jedesmal selbständig entstanden, da 
diese drei Genera nur ganz entfernte Verwandtschaft zeigen, während 
jedes derselben nahe verwandt ist mit Formen ohne Flughaut. Es ist 
stets nur ein Plagiopatagium (siehe bei Chiroptera 3*2 und Galcopithecus 
4* Mi) also nur zwischen den Gliedmaßen entwickelt und zwar in verschie- 
dener Abstufung. Sein Maximum erreicht es bei Petaurus. wo es sich vom 
ulnaren Fingei bis zum Fußgelenk ausdehnt. 

Außer zwei seitlich gelagerten Analdrüsen, die sehr allgemein vor- 
kommen, vereinigen sich tue Hautdrüsen nur selten zu größeren Drüsen- 
körpern wie bei Trichosurus-, Myrmecobius- und Didelphysartcn. wo an 
unbehaarter Stelle in der vorderen Brustgegend tubulöse und acinöse 
Drüsen, teilweise von komplizierter Form ausmünden |Beddard|. Die Milch- 
drüsen liegen stets an der BauchHäche. Ihre Zitzenzahl ist gewöhnlich 4. 
Durch Kcduktion kann sie im erwachsenen Tier auf 2 sinken oder 

1) Merkwürdig genug besieht dieser Cntera-bicd nicht bei den Exeinpluren der 
Insel Waigeti |.Ientink]. 



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Marsupialia, Körperbau. 



333 



überhaupt nur 'J betragen (Notorvctes). umgekehrt aber bei Didelphys 
Henseli auf 27 steigen. Rei dem Genus Didelphys ist überhaupt die 
Zahl der Zitzen stets eine ungrade, indem in einer lateralen Reihe 
jederseits ."»-11 uml median dazwischen 1 
oder — o Zitzen auftreten. Wichtig ist 
ferner, dali Didelphys zwei Arten der Zitzen- 
anordnung zeigt. Die eine schließt sich 
an den allgemeinen Reuteltierzustand an. 
indem die Zitzen mehr oder weniger kreis- 
förmig augeordnet auf dem Hauche liegen. 
Hei der anderen (Fig. *2f>.'5) erstrecken sie 
sieh von der Achselhöhle bis zur Kloake, 
was der Fall ist bei den Cntergattungen 
Pcramys Lcss. und Marmosa <Üog. (vergl. 
auch Carlsson DKKi). Den Männchen fehlen 
Zitzen sfet>: zweifelhafte Keste der Drüse 
treten bei Peramcles |Katz] und bei Phas- 
colomys [M. Weber] auf. 

Die Zitzen werden in der Mehrzahl 
der Fälle jederseits durch eine Hautfalte 
begrenzt, die sich zu einem Heutel (Marsu- 
piumi vereinigen können. Derselbe öffnet 
sich bei den Diprotodontia nach vorn, bei 
den Polyprotodontia meist nach hinten, zu- 
weilen auch nach vorn oder unten. Er hat 
einen quergestreiften Sphincter marsupii. 
welcher der Muskulatur der Hauchhaut an- 

«.hin ,K* ■'!> ,, 34,. Ein »kto Sphincter ^&d^hÄ& 
tritt auch noch beim erwachsenen Myrme- 0 Thoma*. 
cobius auf. obwohl hier jede Spur von Heutel- 
falten fehlt | Lccliej. Andererseits fehlen den obengenannten Didelphyiden mit 
langer Zit/.enreihe Heutelfalten und Sphincter: letzterer, nach Lec'.ie.auch wenn, 
wie bei Didelphys murina. Heutelfalten auftreten. Hei dieser Divergenz ist nun 
die Frage von großer Bedeutung, ob jederseits eine lange Zitzenreihe, in 
ihrer latt ralni Anordnung «lein Verlaufe der Milchleisten entsprechend, etwa 
entstanden ist durch Vermehrung der lateralen Zitzen nach vorn, während 
die eigentlich bauchständigen. in einer kreisförmigen (iruppe angeordneten, 
den ursprünglichen Zustand noch erkennen lassen, oder aber ob die lange 
Zitzenreihe den primitiven Zustand darstellt. Für letzteres könnte die 
Tatsache gelten, daß es sich gerade um die Didelphysarten handelt, welche 
al> die ursprünglichsten gelten |\Yinge|. Daß gerade sie eines Reutels 
entbehren, jedenfalls eine> Sphincter marsupii — und die Hedeutung des 
letzteren dokumentiert sich als eine hohe aus dem Auftreten bei Echidna 
(p. ."»<>! — darauf wirft die neueste l'ntersuchung von Hresslau vorläufig 
kein Licht. Nach dieser sollen die Heutelfalten entstehen durch die Ver- 
schmelzung der lateralen Ränder einer Anzahl kleiner, die Zitzentasehe 
konzentrisch umgebender Taschen der sogen. Marsupialtaschen. Die 
Milchleisten der Monodelphia Ip. erachtet er dann homolog den zu 
einer Leiste verschmolzenen Marsupialtaschen. 

Hrutbeutel von Echidna und Marsiipium der Heuteltiere sind homo- 
loge Teile. Der wenig stabile Charakter des ersteren erhellt daraus, daß 



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II. Ordnung: MarMipialia. 



er nach der Brut verstreicht und bei Oruithorhynchus infolge des Lebens 
im Wasser versclnvand. Bei Marsupialia ist er länger und intensiver ein- 
gebürgert, am wenigsteu wohl bei gewissen Didelphyidae, von denen über- 
haupt Bresslau den Beutel als eine untixierte Bildung bezeichnet. Vielleicht 
steht dies in Verbindung mit der Zitzenzahl. Ist diese geringer, so er- 
langt der Beutel gute Ausbildung. Als Erinnerung an die periodische 
Zu- und Abnahme des Beutels bei Echidna mag gelten, daß er auch bei 
Marsupialia zur Zeit der Fortpflanzung sich vergrößern kann. Wie sehr 
übrigens die Ansichten auseinandergehen, erhellt aus Winges Auffassung, 
dat» der Beutel bei den Marsupialia wiederholt entstanden sei. 

Außer dem Beutel besitzen die weiblichen Beuteltiere einen offenen 
IxMstenkanal. durch welchen ein dem Musculus cremaster der Männchen 
homologer Muskel hindurchtritt, dessen Fasern sich vom Musculus trans- 
versus abdominis abspalten und über die Milchdrüsen ziehen. Kr kann 
somit unter Mithilfe der Beutelknochen diese Drüse komprimieren [Mus- 
culus compressor mammaei. Dies ist eine wichtige Funktion im Hinblick 
auf den ganz unreifen Zustand, in welchem das Junge geboren wird. 
Die Mutter legt es an die Zitze, an welcher es hängen bleibt, jedoch 
anfänglich noch, nicht zu saugen vermag. Die Milch wird ihm daher ein- 
gespritzt (s. unten p. 845). 

Der Schädel bietet eine Anzahl guter Merkmale, die daher auch 
paläontologisch wichtig sind. Entsprechend dem geringen Ausmaß des 
(iroßhims. ist die vordere und mittlere Partie der Schädelhöhle klein und 
durch ein fast vertikales Tentorium geschieden von der Höhle für das 



Kleinhirn. Die Augenhöhle ist hinten, wenn überhaupt, nur ganz unvoll- 
ständig abgegrenzt von der Schläfengrube. Der .lochbogen ist stets voll- 
ständig und das .Fugale groß. Es erstreckt sich bis zur Fossa glenoidoa 
und bildet deren Außenfläche. Im knöchernen tlaumen. namentlich inso- 
weit er Rebildet wird durch die Palatino, fehlen nie größere oder kleinere 
Oeffnungen (Vakuositäten). Diese Foramina palatina. wohl zu unterscheiden 
von gleichnamigen Nerven löchern, können von hintenher den größten Teil 
des knöchernen (iaumens zum schwinden bringen und auch den (iaumenteil 
der Maxillaria in Mitleidenschaft ziehen. Sie treten auch bei Inscctivora auf. 




Fig. 254. Schädel von 
1 h'delphys niar*upiali* $*, 
nach Winge. " Processus 
angularis; < ('ondylus 
mandibular; F Frontale; 
/ 1 ntenuax il larc : /.I ngale ; 
A Lacrymale; J/ M axil- 
lare: .V Natale: /' Parie- 
tale: /*• Processus eondy- 
loidcus niandibulae: Pp 
PfOce MM M paroccipitalis ; 
s Squamoftiim : T Tym- 
panicum. 



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Maraupialia, Körperbau. 



Das Tyinpanicuui ist in der Hegel hall) ringförmig und das Alisphenoid 
wird zur Bildung der Trommelhöhle herangezogen : desseu Processus tym- 
panicus kann sich selbst blasig ausdehnen zu einer Bulla i\ inp&ui. No- 
toryetes beweist aber, daB bereits bei Marsupialia. bei Zunalime 
dieser Bulla, auch das Tympanicum und 
ilas Mastoid sieh daran beteiligt. Der 
Kanal für die Arteria carotis intema 
liegt nicht wie bei den Monodelphia 

und 
das 

Basisphenoid (p. 44» i. Audi feilten die 
Processus clinoidei, was vielleicht mit 
der geringen Entwicklung der -«nannten 
Arterie zusammenhängt, entsprechend 
der Kleinheit des (iehirns. Besondere 
Oeffnungen < Foraniina optica ) für die Nervi 
optici fehlen. Sie treten mit anderen 
Nerven durch die Foramina sphenorbitalia 



zwischen Basisphenoid. Alispheuoid ui 
Petrosum, sondern durchbohrt meist d 



Fig. 2f»5. Ventralfläehe de* S'hädel« 
von Halmaturuft rufiuolli* Lei»«. Alisphenoid; 
B Basixphefloid ; BO Baaioccipitale; C (A>ndy- 
lus; EO Exoccipitale; Fg Fo**a glenoidea; 
/tu Foramen magiium; J Jugale; Af Supra- 
niaxiliare; Als Mairtoid ; Od Obrüffnung; PI 
I'alatinuiu; pf> Proeeiwus paroccipitaii*; PS 
Hriwpheiioid ; Pt Pterygoid: s" Sqnauiosuui ; T 
Tympanicum; /' Vomer. 



i > 




(Fissura orbitalis). wie dies von einer Reihe anderer Säugetiere (p. 47» 
bekannt ist. Fraglich ist. ob dies ein ursprünglicher Zustand ist oder aber 
Folge des Schwundes der Knochenbrücke, die beide Löcher scheidet |\Yinge|: 
ähnlich wie bei Traguliden /.. B. selbst die zwei Foraniina optica zu einem 
IiOch verschmelzen. Ein selbständiges Foramen rotundum für den zweiten 
Ast des Trigeuiinus ist vorhanden. Nur bei Tarsipes fehlt die Eigentüm- 
lichkeit des Unterkiefers, dali sein Processus angularis stark nach innen 
eingebogen ist (Fig. ;">;">>. Das kommt auch einigen Rodentia zu. wohl 
verursacht durch den Musculus pterygoideus. Die Form des (ielenkkopfes 
des Unterkiefers und damit seiner Gelenkgrube wechselt mit dem Gebrauch 
des Unterkiefers, mit der Art des Gebisses und der Ernährung. Bei karnivoren 
und insektivoren Marsupialia ist die Bewegung die eines Charniergelenkes. 
Der Condylus ist dementsprechend walzig, wenigstens rundlich, wenn auch 
niedrig. Letztere Form wird der Hauptsache nach auch bewahrt, wo dem 
Unterkiefer Gleitbewegungen, namentlich auch seitlich, gestattet sind. Bei 
den Phalangeridac ist selbst Rotation jeder Unterkieferhälfte, ähnlich wie 
bei simplizidcntaten Rodentia möglich. Und ähnlich wie bei diesen, findet 
sich auch bei den Känguruhs eine selbständig gewordene Portion des 
Musculus mylo hyoideus, die bei dieser Bewegung eine Rolle spielt. 

Regel ist, H.H.; die Wirbelsäule Ui bewegliche Rippen Uiiz\: hiervon 
weicht nur Phascolomys und Notoryctes mit (Ui— )lf> und Phascolarctua 
mit 11 ab. Die ttrustrippen haben ein Tuberculum. Die Schwanzwirbel 
sind rudimentär oder zahlreich und haben alsdann Hämapophysen. Ein 
Schwanz fehlt nur bei Phascolarctus. Phascolomys und Anuromeles. zn- 



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.136 



II. Ordnung: Marsupialia 



weilen ist er ein Greifschwanz, entsprechend der arborikolen Lebensweise 
Cm so auffallender ist daher, daU bei Hettongia. die teilweise gar in Erd- 
höhlen lebt, der Schwan/, an einen Greifschwanz erinnert. 

Der Schultergürtel hat beim erwachsenen Tier gleichen Hau wie bei 
Monodelphia insofern, als im Gegensatz zu den Monotremata das „Cora- 
eoid" eine A popln sc der Scapula geworden ist. Auf p. 1*7 Fig. 77 sahen 
wir aber, da Ii noch Hroonis Entdeckung das Heuteljunge mit einem Cora- 
coid geboren wird, das mit dem Sternum sich verbindet. Wie bei Mono- 
delphia. zeigt die Scapula ihre höhere Differenzierung auch in der Aus- 
bildung einer Crista scapulae zur Trennung der Eossa supra- und infra- 
spinata. Die Clavicula fehlt oder ist rudimentär nur bei den Peramelidae, 
welche in Xahrungsweise und im Gebrauch der Gliedmaßen wie rngulaten 
sich verhalten. Der Humerus hat meist ein Foramen entepicondyloideuin: 
Radiiis und Tina sind meist gegeneinander beweglich. Im erwachsenen 
Carpus fehlt ein freies Centrale: Scaphoid und Lunatum sind zuweilen 
verschmolzen, gewöhnlich aber ist letzteres klein. Die Zahl der Finger 
und Phalangen ist normal, nur der unguligrade Choeropus hat den I. und 
V. Finger verloren, den IV. nur noch rudimentär, so daU der Körper auf 
«lein II. und III. ruht. Da ferner die Metacarpi verlängert und die ge- 
spaltenen Kndphalangen hufartige Nägel tragen, so erinnert die Hand an 
die der Cngulaten. Dieser Zustand wird vorbereitet durch Perameles und 
Verwandte, indem der I. und V. Finger reduziert ist. Das Hecken 
(Fig. 2;">b') ist ausgezeichnet durch eine lange Symphyse des Pubis und 
Ischium und durch die Heutelknochen tOssa marsupialia), die nur bei 
Thylacinus mehr rudimentär bleiben und nicht verknöchern. 
Es sind zwei lange, dem Pubis aufsitzende Knochen, die 
sich knorpelig mit dem Heckenknorpel anlegen, daher 
keine Sehnenknochen, etwa im Musculus pyramidalis sind, 
sondern dem Epipubis vergleichbar ip. KU»;. Sie kommen 
beiden Geschlechtern zu und haben nur ganz indirekt 
mit dem I>aktationsgeschäft etwas zu tun. insofern sie 
bei der Kompression der Milchdrüse passiv mithelfen. 
Im übrigen ist ihre Funktion unbekannt. 

Dem Femur fehlt stets ein dritter Trochanter. Die 
Fibula hat an ihrem proximalen Ende einen dem Perone- 
cranon der Monotremata vergleichbaren Fortsatz, der 
aber aus besonderem Knochenkern ossifiziert (Parafibula 
Hanchi). Hei kletternden Formen können Tibia und Fibula 
beweglich verbunden sein, wie bei keinem anderen Säuge- 

Fin- Kt-chtc Heckcnhälfte von Macropu*. nach KIowxt. 

ii Acctabiiluii) ; / Iliuin; h lechiuni; m Bcutdknochcn; o Foramen 
obturatum; / Pubw; t Tubrrcuhmi |wctiiicum. 

tier. Doch kann auch das distale Ende der Fibula mit der Tibia ver- 
schmelzen bei Choeropus und Hypsipryntnus (V). bei denen l'mformung 
und Reduktion der Zehen, wie sie bei Marsupialia in verschiedenem Grade 
statthat, besonders auffällig ist. Diese äußert sich zunächst darin, daß 
die 2. und 3. Zehe kleiner werden und durch gemeinschaftliche Haut bis 
zur Nagelphalanx innig verbunden sind. Diese Syndaktylie tritt bei allen 
Marsupalia, mit Ausnahme der Didelphyidae und Dasyuridae. auf. Weiter 




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Maraupialia. Körj>erl>au. 



337 



ist der Hallux. wenn er überhaupt vorhanden ist. stets ohne Nagel mit 
einziger Ausnahme von Xotoryctes (siehe unten). Bereits Huxley stellte 
denn auch fest, dati eben kein existierender Beutler einen unveränderten 
pcntadaktylen Fub besitzt. Ist nämlioh der Hallux vorhanden, so ist er 
stet> opponierbar. der Fuß demnach ein (ireiffub wie bei Phalangeridae. 

Fig. 257. Fig. 25S. Fi|r- 25U. 




Fig. 25T. Phalanger eelelH-nsis. Plantarflüche de* Fuße*. 
I Om »oiiierbaro grolle Zehe; II, III svndaktyle 2. und 3. Zehe. 
Nach O. Thomas. 

Fig. 258. Rechter Ful5 von Tar»ipe* mstratu«. Syudaktylie 
und beginnende Reduktion de- 2. und 3. Fingers, der Daumen 
ist opponicrlMir. Nach Dollo. 

Fig. 259. Hypsipryninodon inoschatu*. Nach O. Thoma*. 
Plantarfläche des Fuße«. 

Fig 260. Plantarfläche de* 1- mir. von Didclphya lanigera. 
nach VViiigc. Die Sohlen- u. Zehenliallen treten deutlich hervor. 

Phascoloinyidac und Didelphyidae. Unzweifelhaft leitet 
sich von diesem Zustand die Reduktion her. die der Hallux 
bei Davniridae und Caenolestidae erfuhr Den übrigen 
Betitlern Macropodidae und Peramelidae) felilt er ent- 
weder oder er ist klein. Im Hinblick auf deren Verwandt- 
schaft zu den übrigen Marsupialia kommt man aber mit Huxley zum 
Schluß. ilaÜ auch ihr Fuß ein reduzierter (Ireiffub ist. und mit Winge zur 
Ansicht, »lab tlie recenten Beutler entweder Kletterer sind oder von solchen 
abstammen. Kr weist darauf hin. «lab von den beiden, hauptsächlich funktio- 
nierenden Zehen IV und V. gewöhnlich IV tlie stärkste ist. wie bei vielen 
arborikolen Tieren. Ausführlich hat Dollo die These verteidigt, «lab die 
Vorfahren der Marsupialia arborikol waren und dies zur Krklärun«; der 
Syudaktylie angerufen, die auch bei nichtkletternden Korinen auttritt. 
Und doch ist Syudaktylie eine Erscheinung, tlie auch bei anderen Säugern 
mit arborikoler Lebensweise sich paart. Ich möchte noch anführen, tlab 
der Greif Schwanz von Bettongia: einem Känguruh, das in der Kbene sich 
springend bewegt: dab tler kleine, aber opponierbare Hallux von Hypsi- 
pryninodon. dem nächsten Verwandten tler Känguruhs, sich nur erklären 
labt durch Abstammung von arborikolen Formen. Wie bei Manis und 

\\ « bor. Nugati««. 22 




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II. Ordnung: .Maroupialia. 



manchen Insektivoren, sind die Nagelphalangen hei Peramelidae gespalten. 
Meist sind die Marsupialia plantigrad. seltener digitigrad: unguligrad ist 
nur Choeropus. 

Das (iehirn, das bei den Polyprotodontia, mit Ausnahme von Thvla- 
cinus, am einfachsten gebaut ist, bleibt überhaupt auf einer niedrigeren 

Stufe stellen, so selbst. daU 




es nach Ziehen bei Peraiueles 

dem Anthropoidengehirn 
nicht ähnlicher ist als manchen 
Keptiliengehirnen. < iegenüber 
• dem Mittelhiru fallt die ge- 
ringe Ausbildung des Pallium 
auf. Die ( ^rotihirnhemisphären 
sind klein. Sie bedecken nur 
teilweise die Vierhügel. in- 
dem die hinteren, medialen 
Ränder des Pallium plötzlieh 



Fig. 261. Rochier Hinler- 
full: A von Phalan^er, II von 
Macropua; nach Flower. <> Tain*; 
<• Calcaneus; «•'— <■" Ekt<>-. Meao-, 
Kntocuneifornie; cb Cuhoid; « Na- 
viculare; 1-V i.— .'». Zehe. 




GTS u 



auseinander weichen. Hei 
Didelphyidac und Dasvuridae 
so sehr, daü die N ierhügel fast 
ganz frei liegen, insofern sie 
nicht vom Cercbelluin bedeckt 
werden. letzteres ist stets 
unbedeckt seitens der (iroü- 
hirnhemisphären. Namentlich 
durch Flower, Elliof Smith 
und Ziehen wissen wir. daß 
letztere bei den kreophagen 
Formen fast ^latf sind. Kon- 
stant kommt vor die Fissura 
rhinalis lateralis als (irenz- 
furche zwischen Pallium und 



Fig. 2f>2. FrontalMchniti durch 
die Kommissuren und den dor- 
salen Teil de* rechten Hlppo- 
campui von IVramele*; nach (i. 
Flliol Smith. 



Rhinenoephalon. Letzteres ist wenigstens mäßig makrosinatisch. Deutlich 
tritt auf der Mediantlüchc die Fissura hippocampi auf. Eine echte Fissura 



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Mnr-npiftlia, Körperbau. 



Sylvii wird aber nicht überall angetroffen, häutig an ihrer Statt nur eine 
«iefäßfurche. Von <len Kommissuren ist die ventrale grob. Die Frage, 
ob den Marsupialia ein Corpus cailosum zukomme, wird noch stets in 
verschiedenem Sinne beantwortet. Elliot Smith hat aber wohl überzeugend 
nachgewiesen, «laß Owens V ermutung die richtige war. als er den Marsu- 
pialia ein Corpus cailosum absprach (p. 124). Sie besitzen eine dorsale 
Kommissur, die ausschließlich Fasern aus den Rindengebieten bezieht, 
die bei Monodelphia den Fornix liefern. Uäbe es einen Haiken. so müßte 
er am vonleren Ende der Commissura dorsalis. welche Figur 2<i2 auf 
dem Querschnitt zeigt, auftreten. Die Kommissur bezieht aber nun Fasern 
aus dem Hippoeampus: eine kommissnrale Verbindung des Pallium fehlt. 

Das Auge hat in der Regel eine querovale Pupille. Durch ein Tapetum 
lucidum tibrosunt wird es zu einem sog. leuchtenden. Abweichend von an- 
deren Säugetieren, hat es buntgefärbte Oeltropfen auf den Zapfen der Retina 
wie bei Vögeln und Itcptilicn |C. K. lIoffmann|. Das (iehörorgan bietet einige 
Anklänge an Monotrcmata. insofern als der Processus gracilis des Maileus 
sehr lang ist und der Stapcs statt steigbügeltörmig. häutig <lie Form einer 
Columella hat. wenigstens in der Hälfte seiner Uinge (]). 144 Fig. 110). 
Die Cochlea ist aber wie bei Monodelphia spiralig eingerollt. Entsprechend 
def bereits hervorgehobenen, meist starken Entwicklung des Rhinencephalon 
gehören die Marsupialia zu den makrosmatischen Tieren. Auch das |»eri- 
phere ( ieruchsorgan ist dementsprechend gut entwickelt. Konstant hat es 
fünf mediane Riechwülste, die fünf Endoturbinalia angehören. Auch Ecto- 
turbinalia kommen in verschiedener Zahl vor |Paulli|. In Bezug auf die 
Form des Maxilloturbinale sowie hinsichtlich rler Sinus herrscht aber 
keinerlei t'ebereinstimmung. Pneumatische Räume, die dem Sinus maxil- 
laris und frontalis entsprechen, treten aber wiederholt auf. 

Das (Jebiß. das nur bei Tarsipes teilweise rudimentär geworden ist, 
richtet sich auffällig nach der Lebensweise. Es kann dementsprechend 
bei kamivorer oder insektivorer 
Diät an das (iehiß der Carnivora 
und Iusektivora erinnern. In 
diesem Falle beträgt die Zahl der 
Incisivi \ bei Didelphvidae. $ bei 
Peramelidae oder 4 bei Dasyuridac 
und die f anini sind groß. Diese (ie- 
bißform nannte Owen polyprotodont. 
Sie unterscheidet sicli durch die 
hohe Zahl der I von dem ,( leint! 
der Monodelphia. da dieses niemals 
mehr als # I hat. Die Angabe 
nämlich, daß Sorex vier obere I 
besäße, wird bestritten |Winge, 
Woodward |. Hei phvtophagen und Fig. L'rW. Diprototlont« Ifezahnung von 

rhizophagen Marsupialia sind unten l>«c»ylop*ila irivirpata. nach OThoma*. 
nur die mittleren I nicht nur gut erhalten, sondern auch lang, kräftig und 
meist nach vorn gerichtet, während I, und I :l nur noch bei Phalangeridae in 
rudimentärer Form vorkommen, die C aber fehlen oder rudimentär sind. Wegen 
dieser Prävalenz des jederseitigen mittleren I heißt dieses (iebiß diprotodont. 
Auch oben sind meist nur die mittleren I gut ausgebildet, die übrigen 
und die Canini klein, (ianz nagetierartig ist das (iebiß von Phascoloinvs. 

22 ' 





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340 



II. Ordnung: Mar>upialia. 




Kig. 2»J4. ßettonfria Lesueuri, nach Zittcl ; 
zur Demonstration der »chncidetulen , nerieften 
Krone von I\ 



der oben und unten nur ein Paar I hat, «lie von persistenter Pulpa aus 
wachsen und Schmelz nur vorn und seitlich haben. Abgesehen von 

diesem durchaus spezialisier- 
ten Falle, ist übrigens die 
Zahl der I oben und unten 
bei Reuteltieren niemals die 
gleiche. Phascolomys hat 
auch wurzellose Backenzalme. 
Sonst sind diese, deren Zahl 
im bleibenden (iebiß meist l 
betragt, stets Wurzelzähne.die 
bei Diprotodontia vierhöekrig 
oder zw ei jochig sind mit stum- 
pfen Tuberkeln und Leisten. 
Hei Macroi>odinae ist P, ein 
langer Zahn mit zusammenge- 
drückter Schneide, der bei verschiedenen (Dorcopsis. Potoroinae) mit zahlreichen 
Kiefen versehen ist. Hei den Polvprotodontia haben die Hackenzähne meist 
scharfe Spitzen. Im (legensatz zu den Monodelphia verteilt man sie nach ihrer 
verschiedenen Form, welcher Unterschied aber nicht immer stichhaltig ist. 
in 3 P und 4 M. da im (iegensatz zu den ineisten Monodelphia die vier 
hintersten Hackenzähne gleichartig molariform sind. Ursprünglich war 
aber die Zahl der P auch 4. wie Triconodon z. H. mit P, , M, , 
beweist. Hei allen recenten Marsupialia ging aber wenigstens ein P ver- 
loren: nach ü. Thomas war dies P, '). Nur bei Myrmeeobius wachst «lie 
Zahl der M bis auf £ und bei Hettongia zuweilen auf i. während 
Tarsipes die Mehrzahl seiner Hackenzähne verliert. Hei der Beurteilung 
des tlebisses der Heutier geht man zweckmäßig von der Formel aus 

. l.i>.:i.4.f> . 1 u 1.2.3.4 V| 1.2.3.4 ... _ .. , . . . 

' o •» - T * i .» i M , . . Dieses ursprünglich msektnoren- 

1 .2..».4.0 1 ,_..>.4 1 .-..).4 

ähnliche tiebiß erfuhr mancherlei Reduktionen und sekundäre Aenderungen. 
namentlich bei den Diprotodontia. Letztere besitzen noch zuweilen in 
jüngeren Stadien Anlage solcher Zähne, die bei Polvprotodontia noch 
persistieren, bei ihnen aber verloren gingen. Diese jetzige (iebißdifferen- 
zierung der Heuteltiere ist eine relativ junge, spät erworbene |Leche], 
Nach Dependorf hat daneben das (iebiß der Diprotodontia in anderer 
Hinsicht ältere Zustände bewahrt als das der Polvprotodontia. Hei diesen 
äußert sich die Reduktion zunächst darin, daß einer der unteren I unter- 
drückt wird, wie bei den Didelphyidae; bei , weiterer Cntenlriiekung ent- 
steht der Zustand der Peramelidae und Dasyuridae. um schließlich im 
diprotodonten sein Hude zu rinden. 

Fußend namentlich auf Owen. Waterhouse und Flowet nahm man 
früher an. daß die Heutier fast monophyodont seien, da nur der ."». Hacken- 
zahn, welcher P,. nach anderen P., entspricht, gewechselt wird. Man ver- 
glich ihr bleibendes (iebiß mit der permanenten Dentition der Monodelphia; 
von einem Milchgebiß sei nur erst ein Zahn zur Kntwickelung gekommen, 
welcher P, oder P, voranging, woraus man weiter schloß, daß ein kom- 
pletes Milchgebiß ein Krwerb der Monodelphia sei. 

Ii Lydekker verteidigt alxr neuerdinp* i" einer Vergleiehnng «Irr Zahufonurln 

Her MurMipialia und plaeentalen Carnivora deren seriale Homologie und M-hreil»t HatVr 

1—1 1 —3 
Hern Manrnpialier Thylaciniu P , — M .- - - zu. 



1^4 



13 



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Marsupialia, Korperbau. 



;t41 



Die rnhaltWarkeit dieser Auffassung wies Kükeuthal nach, da lingual- 
wärts von dem bleibenden (iebiß der Marsui>ialia eine Zahngeueration zur 
Anlage kommt, der eben der fragliche \\ angehört. Ausdehnung «lieses 
liefundes durch Rose, Leche, Woodward, Dependorf u. A. lehrte, «laß das 
bleibende (iebiß «ler Marsupialia dem Milchgebiß der Monodelphia ü«|iii- 
valent ist. und «lab von «ler permanenten (postlaktcalen) Dentition der- 
selben ausschließlich P, zur Ausbildung kommt, wahrend die übrigen 
Komponenten unter- 
drflckt werden. Da- 
mit ist gesagt, «lab 
«lie Ersatzzahnreihe 
in regressiver Ent- 
wicklung begriffen 
sei. Nach Leche haben 
wir es «lagegen mit 
Anfangen einer Er- 

Fig. 2«')."». Fron- 
taUhnitt durch den 
oberen Kieferrand eine« 
Ileutcljungen von Didel- 
dhys. Nach Kiikenthal. 
Inci*ivi 1 und •_' mit 
Dentinkappe u.Sehmelz- 
organ, noch in Verbin- 
dung mit dem Mund- 
höhlenepithcl und mit 
«ler Anlage des Schmelz- 
organ» der Ersatzzahnc. 

satzdentition zu tun. «lie erst bei Monodelphia zur Blüte kommt. Eür beide 
Ansichten lassen si«'h tiründe ins Fehl führen. Auch die Tatsache, «lab der 
jurassische Tricono«lon serrula, ganz wie «lie Reuteltiere, nur «len letzten P. 
wechselt [O. Thomas], und damit der einzige bekannte mesozoische 
Säuger ist mit Zahnwechsel. labt sich nach beiderlei Richtung verwerten. 
Aehnlich wie Dependorf möchte ich annehmen, daß die postlakteale Den- 
tition «ler Marsupialia weder ein Anfang zu einer zukünftigen noch der 
Rest einer gewesenen Ersatzdentition ist. sondern eine primitive Dentition, 
ein Erbstück polyphyondonter. promammaler Ahnen, welche bei «len Mono- 
«lelphia «las Material liefert für «lie Ersatz- (persistierende) Dentition, wo- 
mit wir uns der Ansicht Iam'Iics nähern. Bei Marsupialia aber bringt es 
nur rin Zahn. P,. zur vollen Ausbildung, der «la er eben bei einem 
Säugetier sich entwickelt auch «len Charakter eines Säu«etierzahnes 
trägt. Diese sonderbare Erscheinung muß einen nur den Reuteltieren 
gemeinsamen (irtind haben, «ler frühzeitig von Einfluß war. Dieses (le- 
mehisame sucht Leche im Vorkommen «b's Saugiuundes. der extrauterin 
beim „Reuteljungen" entstellt in Verbindung mit der eigentümlichen Brut- 
pflege. Das Junge hängt an «ler Zitze, «lie seine Mundhöhle ausfüllend — 
dadurch das Milchgebiß erst spät zur Entwicklung kommen läßt und Aus- 
bildung «les vorderen Teiles «les Ersatzgebisses derart hemmt, «laß es nur 
titten Zahn zur Ausbildung bringt. Dies war aber nur dadurch möglich, 
daß sein Vorgänger (IM,) vor allen anderen Zähnen durchbricht, ent- 
spre«-hend «lieser schnellen Entwicklung klein bleibt und bald ausfallen 




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.142 



II. Ordnung: MarMipialia. 



muß. Das kann geschehen ehe noch die anderen Zähne dnrchgehrochen 
sind (Thylacinus) oder aber spät, nach Durchbrach sämtlicher Zähne (Po- 
rorous). Den freien Platz benutzt sein Ersatzzahn (P,). Uebrigens hat 
dieser Ersatz eines Zahnes älterer (Generation durch einen jüngerer (iene- 
ration nur bei Polyprotodontia statt; bei Diprotodontia, nach Woodward 
und Dependorf. aber so. daß der Ersatzzahn zur selben (Generation gehört 
als der Zahn, den er ersetzt. Pd, tritt somit an die Stelle von IM.,, der 
ausfällt. Dies ist somit fast ..horizontaler" Zahnwechsel, wie er bei Maero- 
podidae auch für die hinteren Hackenzähne statthat. Diese werden später 
gebildet, wandern aber nach vorn durch Absorption der Knochensubstanz 
der Alveolenwand. die sie von den vorderen trennt, welche sie darauf ver- 
treten, während hinter ihrer Wurzel sich neuer Knochen bildet: ähnliches 
hat bei Elefanten und Sirenia statt. Dieser Pseudozahnwechsel des Pd 3 bei 
Diprotodontia — dem aber Ch. Westling nicht das Wort redet ist wichtig 
im Hinblick auf folgendes. Hält man das Sauggeschäft der Marsupialia 
für die Ursache des ihnen eigentümlichen Zahnwechsels und schreibt man 
diesen auch Triconodon in der Form zu. wie die Polyprotodontia ihn 
haben, so nimmt man an. daß dieser jurassische Säuger bereits eine Brut- 



pflege übte, wie die recenten Marsupialia. daß demnach seine Jungen einen 
Saugmund hatten, somit unvollkommen geboren wurden und nur kurze 
Zeit im Uterus verblieben. Die heutige Kenntnis über Placentation bei 
Marsupialia zwingt fast zur Annahme, daß diese früher höherer Ausbil- 
dung sich erfreute und allmählich zurückging. Schwerlich ist aber anzu- 
nehmen, daß dies bereits im Jura statthatte. Auf der anderen Seite darf 
nicht vergessen werden, daß es sich beim Zahnwechsel der Marsupialia 
stets um den letzten Antemolaren handelt. Dies ist wegen der späten 
Entwicklung der Molaren — infolge der späten Ausbildung des hinteren 
Stückes des Maxillarc. wo später die Alveolen der Molaren Platz Huden 
ein wichtiger Zahn. Er ist der hinterste der Zahnreihe beim jungen 
Tier, somit im Hinblick auf die Hebelbcwcgung der Kiefer und auf seine 
Lage in der Höhe des Mundwinkels, für das Kaugeschäft am günstigsten 
gelegen und daher von großer funktioneller Iiedeutimg. Hieraus wird 
sein frühzeitiges Auftreten erklärlich, vielleicht auch seine komplizierte Form, 
die er bei +Abderitidae. -f-Plagiaulacidae. bei zahlreichen Phalangeridae. im 
Uetierinaß bei ^Thylacoleo hat. 

Seine altertümliche Form mit seitlich komprimierter, schneidender Krone 
und zahlreichen Furchen hat er unter Phalangeridae gerade unter primi- 
tiveren Formen, wie Dorcopsis. Potoroinae und Hypsiprymnodontinae be- 
wahrt. Es sei daran erinnert, daß wir unten bei den Carnivora deren 
Keißzähne auf dasselbe topische und mechanische Prinzip zurückführen 
werden. Im Vorauseilen der Ausbildung des IM, vor den übrigen Zähnen 



i 




Fig. 2JÖ6. Gebiß von 
-* ~M':< f jR>QBp 7 — Halmntunif» ualabatua, 
* 3y^^J^J^^^/C~X^ nach Tome«. DerWecbacI- 
5 ^O^ y > J y J zahn «• i*t bloßgelegt. 



Nath dem Ihirchbruch 
vertritt er die beiden 
einzigen Prämolaren (2.3 >. 



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Marsupialia, Körperbau. 



;u:5 



liegt vielleicht der Grund für das Auftreten seines Nachfolgers. Vielleicht 
ist die Annahme gerechtfertigt, daß bei Marsupialia priuiitiva mit längeren 
Kiefern und dementsprechend reicherer Bezahnung der Nachfolger des 
Pd t aus einer zweiten Dentition hervorging, die nur erst Reptilienzahn- 
artig war und es im übrigen nur erst zur Anlage brachte. Hei den 
Diprotodontia konnte auch dieser Nachfolger unterdrückt werden und kam 
erst Pd s zur Ausbildung, um später durch Pd 4 ersetzt zu werden. 

Uebrigens ist das letzte Wort über das Gebiß der Beutler, das sich 
so wesentlich unterscheidet von dem der Monodelphia. noch nicht gesprochen. 
I^abialwärts vom bleibenden Gebiß tritt bei Beutlern noch die Anlage 
einer Zahngeneration auf. die demnach für uns prälakteal ist und der I. 
nach Leches Definition (p. 18f>) entspricht. Tims, Wilson und Hill, teil- 
weise auch Woodward sehen hierin aber das bis auf Pd 4 unterdrückte 
Milchgebiß. Nach dieser Ansicht wäre das bleibende Gebiß der Marsu- 
pialia der permanenten (postlaktealen) Dentition der Monodelphia zu 
homologisieren. 




Fig. 2(57. Diagramm zur Demonstration der Beziehung der Zahnkeime zur 
Zahnlcistc bei Dasyurus; nach M. F. Woodward. Dasselbe reicht nur bis zum 1. Molar m i. 
Pmk Prälakteale Zähne. Von Zähnen die nur angelegt werden, ßind die Initialen ein- 
geklammert. Die verkalkten Znhnanlagen »ind schwarz angedeutet. 

Endlich sei darauf hingewiesen, daß Lydekker wieder eine andere 
Ansicht vertritt, wenn er die Möglichkeit erörtert, daß Triconodon außer 
dem 4. Backenzahn, der nach O. Thomas allein gewechselt wird, auch die 
vorhergehenden drei Antcmolarcn wechselte. Bei den Nachfolgern dieses 
ancestralen Marsupialiers sei dann Reduktion eingetreten. So soll nach 
Ameghino unter den Sparassodonta aus dem Tertiär Patagoniens (s. p. ;»;">f)) 
Prothylacinus und Amphiproviverra nur C. P., und P H wechseln, Borhyaena 
nur C und P Ä . Von hier aus gelangt Lydekker zu Didelphys, wo nur 
der ;». Barkenzahn einen Nachfolger hat und zwar spät im Leben, und 
schließlich zu Thylacinus, wo dieser Zahn embryonal gewechselt wird. 
Damit wäre illustriert, wie die Rückbildung des Ersatzgebisses statthatte. 
Eür diese Annahme reicht aber das Tatsachenmaterial, das die genannten 
Fossilen bisher lieferten, nicht aus. 

Die Zunge ist bei Tarsipes lang vorstreckbar zum Lecken von Honig 
und zum Fang von Insekten aus Blumen. Stets hat sie bei Marsupialia 



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;u4 



II. Ordnung: Mar«upialia. 



Papillae circumvallatac. die in Dreiecksform angeordnet sind [Poulton, Oppel|. 
Wenigstens eine von ihnen und dann «lic unpaare hintere, ist in Abwei- 
chung von den übrigen Säugern nach oben spitz zulaufend. Auch Papillae 

foliatae kommen vor. Von Papillen mit 




mechanischer Funktion sind für die Mar- 
supialia charakteristisch die Papillae co- 
ronatae | Poulton J: zusammengesetzte Pa- 
pillae filiformes, die auf ihrer Spitze eine 
Krone von rückwärts gekrümmten sekun- 
dären Papillae filiformes tragen. Sind 
letztere pinselartig angeordnet, so spricht 



Fig. 2ü8. Longitudinaler VertikaNchnitt 
durch eine Papilla coronata über dem Seiten- 
organ von Halmaturus ualabatu»; nach Poolton 
(aus Oppel). Kpithel se besteht aus: 1 kern- 
haltige, wenig färbbare Zellen ; 2 verhornt schei- 
nende Zellen; 3 tief fiirbbare Zellen; 4 Ret« 
Malpighi; ahp und php vordere und hintere 
haarähnliche Zellen; app und ppp vorderer und 
hinterer Papillarfortantz. 



Poulton von Papillae faseiculatae. Mit Prosimiae und Primates teilen die 
Marsupialia den Besitz einer Unterzunge (p. VM). Hei karnivoren und 
insektivoren Beutlern ist der Magen einfach; lang und kolonartig sakku- 
liert ist er bei den herbivoren Macropotlidae. Stets zeigt er eine ausge- 
bildete Fundusdrüsen- und Pylorusdrflsenregion: die Cardiadrüsenregion 
zeigt außerordentliche Schwankungen und ist nur bei Känguruhs ausge- 




Fig. 2f>9. Magen von l)or- 
cop&is luctuo.-n. A Schlundabtciluug; 
H (schräg schraffiert) Cardiadrüsen- 
region ; C Fundusdrusenregion, reicht 
bis fi; D Pjdorusdriisenregion ; oe 
Oesophagus; pp' Blindtaschen ; a.x 
Grenzlinie zwischen A und B\ l 
Lympheplatten; py Pylorus. Nach 
Schäfer und Williams (aus Op|>el>. 



dehnt |Oppel|. Phascolarctus und Phaseolomys haben in der Nähe der 
Cardia eine große Drüse an der kleinen Kurvatur. Ein Coecum fehlt 
dem langen Darmkanale nur bei Dasyuridae und Tarsipes: klein ist es 
bei Didelphyidae. Die viellappigc Leber hat eine Gallenblase. 

Die intranariale Lage des Larynx. wenigstens der Epiglottis, die all- 
mählich als allgemeiner Zustand der Mammalia erkannt wurde und die 
im Exzeß bei Cetaceen während des ganzen Lebens angetroffen wird, ist 
nicht minder auffällig bei Marsupialia solange sie im Beutel der Zitze 
anhängen (Fig. 1 :")(>, p. 202). Gleich nach der Geburt nimmt das Junge 
die Zitze in den weiten Mund. Dessen Ränder — somit Kpithel mit 



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Marsupialia, Köq>erbau. 



34f> 



Epithel — verwachsen alsdann bis auf eine kleine rundliche Oeffnung zum 
Durchtritt der Zitze. Das Ende derselben schwillt darauf an und formt 
sich genau nach der Mundhöhle, so daß das hilflose Junge ohne Kraft aus- 
zuüben, daran hängen bleibt. Später erst, wenn es kräftiger^ geworden, öffnet 
sich dieser ..Saugmund" wieder und erlaubt 
zeitweiliges Verlassen der Zitze. Mit der 
Zitze im Munde atmet es somit ausschließ- 
lich durch die Nase, während ihm die Milch 
eingespritzt wird, die jederseits des Larynx 
in den Oesophagus fließt. Diese frühe 
Lungenatmung, während die Entwickelung 
des Körpers noch dem frühen Embryonal- 
stadium eines Monodelphen entspricht, 
äußert sich denn auch in einer geringen 
Anzahl eigentümlicher, geräumiger Luftkam- 
mern (Selenka]. Erst später erlangt die 
Lunge den gewöhnlichen Bau und ist als- 
dann nur selten ungelappt. Ueber die Car- 
tilago thyreoidea wurde bereits früher beim 
Larynx (p. 21 X) ausführlich berichtet. 

Vom Blutgefäßsystem sei hervor- 
gehoben, daß mit Ausnahme von Acrobates, 
eine rechte und linke Vena cava anterior 
in den rechten Busen mündet, wobei die „ . Fi &- 270 teuteljunges von 

r i ., , , T - , ., ..... Hvpsiprvmnufl cunuulus kurz nach 

linke ihren embryonalen Lauf beibehält. der Geburt, zur Demonstration de* 

Entsprechend der vorzeitigen Geburt, Saugmundes und der überwiegenden 
funktionieren nach derselben anfänglich noch Entwickeln* der vorderen Extremi- 
die Untieren. Bald aber treten die bleiben- tÄtcn - Nach Se,enkft - 
den Nieren in Tätigkeit, deren Ureteren wie bei Monodelphia in die Blase 
(endoeystisch ) münden. Auch der Penis ist bei der(ieburt noch undurchbohrt. 
Die Angabe, daß allgemein die beiden Schenkel des Corpus cavernosum ure- 
thrac nicht vom Becken entspringen, sondern nur ligamentös und durch 
die Musculi ischio-eavernosi mit dem Ischium verbunden sein sollten, hat 
sich für verschiedene Bcutler (Didelphyidae, Thylacinus, Phascologale. 
Myrmecobius) als unrichtig herausgestellt (Fig. 214 II. p. 258). 

Der große Penis hat häutig eine gespaltene Glans und wird durch 
einen vom Sacrum entspringenden Musculus retractor in seine Scheide 
zurückgezogen. Die Hoden liegen in einem Scrotum. das vor dem Penis 
liegt: meist gestielt ist oder sitzend, letzteres zuweilen so sehr, daß es 
wie bei Phascolomys nur als 2 Erhabenheiten, den Testikeln entsprechend, 
erscheint: nur bei Xotoryctes fehlt es, die Lage der Hoden bleibt aber 
die gleiche. Ein Zurücktreten der Hoden in die Bauchhöhle ist ausge ; 
schlössen wegen der Engheit des Processus vaginalis, wo er die Leisten- 
öffnung passiert. Die Vasa deferentia, denen Glandulae vasis deferentis 
und Ampullen fehlen, treten zusammen mit dem Musculus cremaster. dessen 
Fasern vom Muse, transversus abdominis stammen, durch den weiten In- 
guinalkanal.- beugen sich darauf aber nicht über die Ureteren 'Fig. 202, 
p. 244), sondern münden auswärts von diesen in die Pars pelvica (prosta- 
tica s. d.) urethrae, ohne daß es zur Bildung eines Colliculus seminalis 
kommt. Auch fehlen, mit Ausnahme von Phascolarctus, Reste der Müller- 
schen Gänge in Form einer Vagina masculina. 




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II. Ordnung: Marsupialia. 



Die Pars pelvica urethrae hat meist eine mehr oder weniger spindel- 
förmige (Jestalt infolge von reichlicher Entwicklung von verzweigten, 
ringsum ausmündenden Urethraldrüsen. welche eine geschlossene Drüsen- 
schicht bilden, die sich von der Harnblase bis in die Nähe der Cowfier- 
schen Drüsen erstrecken kann. Sie wird überdeckt von einer dünnen 
glatten Muskelschicht Somit fehlt eine Prostata im eigentlichen Sinne. 
Nur bei Perameles sammeln sich die Drüsen, namentlich an der Ventral- 
seite der Urethra, und lassen eine distale Strecke derselben frei, woselbst 
ein quergestreifter Musculus urethrales auftritt. Ihm gehören wohl bei 
allen Marsupialia die Fasern an, welche die Cowperschen Drüsen umhüllen. 
Diese treten in einem (Phalanger), zwei oder drei Paaren auf. 



Sehr primitiv ist der weibliche (ieschleehtsapparat gebaut. Die 
Müllerschen (länge bleiben im einfachsten Falle (Didelphyidae) durchaus 
getrennt bestehen, so daß zwei getrennte Yaginac in den Canalis urogeni- 
talis ausmünden. Diese Ausmündungen verwachsen ausnahmsweise der 
Länge nach. Im übrigen verlaufen die Yaginae henkeiförmig gebogen 
nach vorn. Hei der Mehrzahl der Arten verschmelzen sie in der Median- 
linie in einer gewissen Ausdehnung. An dieser Stelle kann ein Blindsack 
entstehen, dessen ursprüngliche, noch durch ein Septum sich äuliernde 
Duplizität bei anderen Formen verloren geht. Solch einfacher Blindsack 
kann sich cylindrisch verlängern bis zum Urogenitalkanal und im Augen- 
blicke der (icburt in diesen durchbrechen, endlich diesen Zustand zu 
einem bleibenden machen. So entsteht ganz sekundär eine sogenannte 
dritte oder mediane Vagina (Fig. p. In die beiden lateralen 

Yaginae resp. in den von ihnen sich herleitenden Blindsack münden die 
beiden Uteri ein. welche in geschlängelte Ovidukte übergehen, deren 
Ostium abdominale einen reichen Kranz von Fimbrien hat. Die Ovarien, 
von sehr verschiedener (irölie. sind bald glatt, bald trauhig, je nach «lern 
Reifezustand der Follikel. Kine Kloake, die beim Männchen höchstens 
noch in Hudinienten auftritt, kommt dein Weibchen zwar noch zu. jedoch 
nur noch als untiefe Kloake, die selbst ganz verschwinden kann, nament- 
lich bei den Arten, deren Yaginac einen bedeutenderen Blindsack bilden. 
Hin Musculus sphineter umscbliel.it die Kloake und die seitlich gelegenen 
Analdrüsen und hat keine Befestigung am Becken. 

Ueber die Eihäute des Fötus wurde auf p. 2** berichtet, dab es in 
einzelnen Fällen zur Bildung einer Placenta kommt (Perameles). Meist 



rea 



ita 




Fig. 271. Verhalten der Venen, 
die sich in den rechten Uuten öffnen ; 
von Tbylacinua eynoeephalus ; nach 
Cunningham. A Aorta: P Arteria 
pulmonalis; aZ Vena azygos major; 
edm V. cardiaca magna; cdp V. car- 
diaca |*osterior; cp V. cava posterior; 
isd und iss recht* und linke V. inter- 
costalis »uperior; rca und lea rechte 
und linke V. cava anterior. 



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Marsupialia, Diagnose. Verbreitung. 



347 



bildet aber die kleine Allantois keine Placentae Die zahlreichen (iefäße 
des großen Dottersackes sind aber imstande, Sekrete der Drüsen der Uterus- 
wand (Uterinmilch) aufzunehmen und damit für die Ernährung des Fötus 
zu sorgen. Jedenfalls wird das Junge so früh geboren - beim Riesen- 
känguruh 30 Tage nach der Befruchtung, bei Didelphys marsupialis 7£ Tag 
nach der Furchung des Eies fSelenka] — «laß es noch ganz unvollkommen 
ist. Die Sinnesorgane sind noch nicht ausgebildet, die Cochlea z. H. ist noch 
nicht spiralig gewunden, sondern nur erst leicht gekrümmt [BroomJ. Es hat 
noch eine tiefe Kloake, einen undurchbohrten Penis, eine funktionierende 
Urniere. Wohl aber ist es eingerichtet für seine weitere Ausbildung, 
während es an der Zitze hängt. Hier durchläuft es eine Art Larven- 
stadium mit provisorischen Organen, somit Larvenorganen [Selenka. Leche). 
Oben wurden in dieser Beziehung bereits der Saugmund; der Larynx, der 
weit in den Nasenraum hineinragt; die Luftkammern der Lungen genannt. 
Auch ist zu erwähnen die starke Entwicklung der Yorderextremitäten mit 
autfallend großen Krallen, um sich am Haare der Mutter festzuhalten, 
während die hinteren nur erst kleine Stummel sind. 

Diagnose: Marsupialia sind unguikulate, heterodonte Vivipara, deren 
Milchgebiß dauernd funktioniert, mit Ausnahme von Pd 4 (Pd 3 ), der gewechselt 
wird. Zahl der Incisivi oben und unten ungleich; Molares mit spitzen 
oder stumpfen Höckern, die sich selten zu Leisten verbinden. Selbstän- 
dige Foramina optica fehlen. Die Carotis interna geht als Regel durch 
das Basisphenoid. Tympanicum mehr oder weniger ringförmig; an der 
Bildung des Cavum tympani beteiligt sich stets das Alisphenoid. Pro- 
cessus angularis mandibulac groß, nach innen gebogen. Knöcherner 
(iaumen mit Lücken. Clavicula fehlt nur bei Peramelidae. Das erwachsene 
Coracoid ist eine Apophyse der Scapula. Zwei Beutelkm chen vorhanden, 
(iroßhirnhemisphären arm an oder ohne Furchen, mit großer ventraler und 
dorsaler Kommissur, ein Corpus callosuin fehlt. Vagina und Uterus dop- 
j>elt. Descensus testiculorum hat statt. Scrotum präpenial. Die Vasa 
deferentia beugen sich nicht über die Ureteren, um zum Sinus urogenitalis 
zu gelangen, sondern liegen nach außen von diesen. Die Ureteren münden 
in die Blase. Kloake reduziert. Ohne oder mit allantogeqcr oder ompha- 
logener Placcnta. Das Junge wird unvollkommen geboren und hat Larven- 
organe. Milchdrüsen mit Zitzen; sie werden meist durch Beutelfalten oder 
einen vollständigen Beutel umgeben. 

Geographische Verbreitung, (iegenüber der unten näher zu skizzie- 
renden universalen Verbreitung der Marsupialia in der Vorzeit, fällt deren 
heutige Beschränkung doppelt auf. Die Didelphyidae finden sich nur in 
Süd-Amerika; von wo sich nur einzelne Arten nördlicher ausdehnen; so 
Didelphys marsupialis L. bis über die Vereinigten Staaten. Der erst vor 
kurzem bekannt gewordene recente Vertreter (Caenolestes) der Epanor- 
thidae beschränkt sich auf Centrai-Amerika (Ecuador). Die echten Dipro- 
todonten und von Polyprotodonten die Familie der Dasyuridae, Perame- 
lidae und Notoryctidae sind ihrer großen Masse nach in Australien ver- 



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II. Ordnung-. Marsupialia. 



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Marsupialia. Taxonotnie. 



349 



breitet, zahlreich auch in Tasmanien. Sparsamer werden sie schon in 
Neuguinea. Von hier senden sie einen vereinzelten Vertreter bis Neu- 
liritannien und nehmen westlich über die Inseln Aru, Kei, Waigeu. Misol 
schnell ab. .so daß sie mit Arten von Phalanger. als westlichstem (lentis, 
nur noch die Inseln Talaut, Sangir. Celebes, Saleyer und Timor erreichen, 
l'eber die Frage nach der Herkunft der australischen Marsupialia enthält 
der Abschnitt über die geographische Verbreitung der Säugetiere auf 
p. 30!) und 310 einzelne Bemerkungen. 

Taxonomie. 

Zur Erleichterung der l'ebersicht Uber die ungefähr 20t) reeenten 
Arten sind verschiedene Gruppierungen vorgeschlafen. Die ursprüngliche 
Verteilung von R. Owen in Polv- und Diprotodontia laßt sich nach 
(>. Thomas' Entdeckung der recenten Epanorthidae nur noch in beschranktem 
Maße aufrecht erhalten. Mit Zugrundelegung der alteren Arbeiten von 
Owen und Waterhouse und der ausgezeichneten neuen von O. Thomas und 
H. Winge möge nebenstehende Tabelle gleichzeitig ein Bild geben des 
genetischen Zusammenhanges der Gruppen, insoweit solches in tabellarischer 
Form möglich ist. 

Bemerkungen über fossile Formen finden sich am Ende dieses syste- 
matischen Teiles. Für die Kenntnis der Arten sei namentlich auf O. Thomas, 
British Museum Uataloguc of Marsupialia and Monotreinata 1888 und auf 
Lydekker in Allen'« Naturalist« Library 181*4 verwiesen. 

1. Familie: DlDKLPHYIDAE. Diese ausschließlich amerikanischen Omni- 
voren oder insektivoren Beutler sind unter den recenten die ursprünglichsten. 
Dies kennzeichnet die Zahl 5 der oberen I, die höchste, die bekannt ist. 
Die oberen M haben aber bereits Veränderung erfahren, insofern die äußere 
mittlere Spitze nicht mehr die höchste ist, wie im ursprünglichen Zahn, 
z. B. von Phascologale. Femer hat der .Stapes die Form eines Steigbügels, 
wahrend er bei australischen Marsupialia vielfach noch säulenförmig ist. 
Die Hautbedeckung des Schwanzes, der meist ein Greifschwanz ist, nur 
bei Hemilhus Gerv. ist er kurz, zeigt, primitive Verhaltnisse durch die eckigen 
Schuppen, hinter denen Dreihaargruppen stehen. Die Glieder sind fast 
gleich lang, der Hallux lang, opponierbar, nagellos. Selten ist der Beutel 
vollständig, meist besteht er nur aus zwei Falten oder fehlt ganz; die 
Zitzen, deren Zahl auf 27 steigen kann, liegen alsdann offen zu Tage. Die 
Zahl der Jungen ist erheblich. Der Magen ist einfach, das Coecuni klein. 
Gebiß !*■<• j P + M 2. 

Von den verschiedenen Genera ist Diokmmiys L. das bekannteste und 
größte. Es ist das einzige, das sich mit D. marsupialis L., dem Oppo- 
suni, Iiis nach Nordamerika erstreckt. Nach H. Winge ist unter den zahl- 
reichen recenten Formen das Subgenus Ghymakomys Burm. (Marmosa Olog.l, 
ohne Beutel, mit den ursprünglichsten M, als die primitivste zu betrachten 
(s. o. p. 333). Sie schließt sich in mancher Hinsicht an die ursprünglichen 
Formen der folgenden Familie an. Verwandt ist Dromuiops Thms. Von 
Didelphys unterscheidet sich durch Schwimmhäute zwischen den Zehen der 
im Wasser lebende Ohironk<tks Iiiig. 

2. Familie: DA.8YUBIDAE. Repräsentieren die Carnivora und Insec- 
tjvora in Australien und im papuasjschen Gebiet. Der Hallux ist klein 



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3oO 



II. Ordnung: Mareupialia. 



und nagellos oder fehlend, der Schwanz nicht prähensil. Es gibt denn 
auch nur unter Dasyurus und Phascologale, den Genera, deren M fast 
noch tuberkulo-sektorial sind, mit drei grollen Außenspitzen, einzelne 
kletternde Arten. Der Beutel, der nur Helten fehlt (Myrmeeobiusi, öffnet 
sich nach vorn, nach unten oder wie bei Thylacinus nach hinten. Er uni- 
faßt 4, meist H — lO Zitzen. Gebiß meist IJCJP + M« l. 

Die zahlreichen, weißgefleckten Arten de» ursprünglichen Genus 
Dasvcri*s E. Geoff. ähneln in Lebensweise und Fnrni den Mardern 
(Beutelmarder). Gebiß I $ C -}• P + M {{■. Ohne Foraiuen entepicondyloideum, 
Beutel nach unten sich öffnend. t>— 8 Zitzen; plantigrad. Australien und 
Neu-G.iinea. Ihnen schließen sich die an Insectivora erinnernden Genera 
an : Phascologale Temm. Australien, Tasmanien, Neu-Guinea bis Sala- 
watti. Axtechinomvk Krefft und Sminthopsis Thms. in Australien. 
Der Karnivorencharakter ist ausgesprochener in Sarcophilis F. Cuv. Tas- 
manien und namentlich in Thylacincs Temm. 1 1 C j P + M f . Beutel 
nach hinten geöffnet, 4 Zitzen. Hat sich als schneller Läufer in der 
Richtung der Hunde verändert : seine Beine sind hoch, der Hallux nebst 
seinem Metatarsus ist geschwunden. Auch ist er digitigrad und sein 
Schädel ahmt täuschend den eines Hundes nach. Die Beutelknochen sind 
auf KnorpelstUcke reduziert. Th. cynocephaliis Harris. Beutelwolf, der 
größte Raubbeutler: totale Länge reichlich 1,50 m. Tasmanien. Von 
diesen und anderen Genera steht abseits Mvrmecobils Waterhouse. dessen 
Gebiß wiederholt zur Sprache kam (p. 171), da es mit: l-\ C4P + M 8 * 9 
die zahlreichsten Komponenten unter recenten Säugern hat. Nach der einen 
Ansicht ist dies als Vermehrung durch Stehenbleiben von Milchzähnen auf- 
zufassen [H. Winge], nach einer anderen als primärer Charakter, der von 
mesozoischen Vorfahren tiberliefert wurde, wobei allerdings die Form der 
Backenzähne reduziert wurde zum Typus der Dasyuridae [Lecke]. Ein 
Marsupium fehlt, nicht aber der Sphincter marsupii (p. 333): 2 Paar 
Zitzen. Zunge lang vorstreckbar zum Fange von Ameisen. Af. fasciatus 
Waterh. Süd- und West-Australien. 

3. Familie: NOTORYCTIDAE. Der erst im Jahre 1890 in Süd-Australien 
entdeckte Notoryctes Stirling dokumentiert sich durch sein Gebiß: 1 % C } 
P \ M \ als ein, wenn auch aberranter, Polyprotodont. Innerhalb dieser 
Abteilung beansprucht aber die einzige bekannte Art X. typhlops Stirl. 
den Wert einer Familie. Er lebt nach Art eines Maulwurfs, grabt aber 
seine Gänge in losem Sande und ist dementsprechend organisiert und 
ähnelt Chrysochloris in manchen Punkten so sehr, daß E. C'ope die Frage, 
ob dies Konvergenz sei oder Folge von Blutsverwandtschaft, in letzterem 
Sinne entschied. Die auffallende Gleichheit der M ist aber wohl ein 
Erbstück beider von primitiveren Vorfahren, die sich näher standen. Sein 
grabendes Leben verursachte Umformung des Skeletes, wodurch es in 
verschiedenen Punkten auch den Dasypndidae ähnelt. Außer diesen Kon- 
vergenzerscheinungen ist aber Notorcyctcs ausgezeichnet durch ein nach 
hinten geöffnetes Marsupium, worin nur 2 Zitzen liegen, durch einen kurzen, 
breiton Schwanz, gewaltige Grabkrullen. nur rudimentäre Beutelknocheu und 
durch das Fehlen eines Scrotum, obwohl die Testes extraabdoininal und 
präpenial liefen. 

Einzig unter Marsupialia trägt der Hallux einen Nagel. Winge sagt 
diesbezüglich, daß, falls nicht bewiesen werden kann, daß diese Kralle 



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Marsupialia. Taxonomie. 



351 



wieder erworben wurde, Notorvctes nicht in die Verwandtschaft der Da- 
syuridae gebracht werden kann, sondern sich am nächsten an Marsupialia 
primitiv« anschließt, wogegen Dnllo auf Uebereinstiminung mit Peramelidae 
weist (Polyprot.ondont.ie, Prävalenz der 4. Zehe, Reduktion der 2. und 3., 
wenigstens Andeutung von Syndaktylie derselben, verlängertes Entocunei- 
fonne, ausgedehnte Bulla fympani, knöcherne Kniescheibe, Marsupium nach 
hinten geöffnet), und die Frage aufwirft, ob sie gemeinschaftliche Ahnen 
hatten. 

4. Familie: PKRAMELIDAE. Grabende, insektivore oder omnivore austra- 
lische Beuteltiere, die auch ausgesprochen Pflanzennahrung nachgehen. Durch 
Syndaktylie der 2. und 3. Zehe verwischen sie die scharfe Grenze gegenüber 
den Diprotodontia : denn ihr Gebiß I 4 3 5 C [P + M j ist dunhaus poly- 
protodont. Die hohe Zahl der I. weist selbst darauf, daß sie von sehr 
primitiven Polyprotodontia sich herleiten. Ihre Extremitäten erlitten al>er 
sekundäre Veränderungen, die flüchtig an Ungulaten mit reduzierter Finger- 
zahl erinnern. Bei Parameles E. Geoffr. und Peragale Grav, von denen 
das erste Genus bis zu den Kei-Inseln westlich sich erstreckt, zeigen dies 
die Hinterpfoten. Deren 1., 2. und 3. Zehe ist nämlich stark reduziert 
und nur die 4. und 5. in Gebrauch. Die Hand ist aber eine Grabhand, 
an der nur Finger I und V reduziert ist, während die übrigen große 
Grabklauen tragen. Choeroits Ogilby hat aber einen perissodaktylen 
Fuß erzielt, so jedoch, daß nur die 4. Zehe gebraucht wird; auch die 5. 
ist reduziert. Die Hand aber ahmt die der Artiodaktylen nach, indem 
Finger II und Dil den Körper tragen. Finger IV ist klein, I und V ge- 
schwunden. Dieser Beutler ist unguligrad. Antromeles Heller von Xeu- 
Guinea unterscheidet sich von Perameles durch nur 3 I. und das Fehlen 
eines Schwanzes. 



Jahre 1895 wurde durch 
Tomes 18G0 nach einem Tier 



5. Familie: EPAHORTHIDAE. Erst im 
0. Thomas das Genus Hyracodon, das R. F. 
aus Ecuador nicht genügend 
beschrieben hatte, wieder- 
erkannt und gleichzeitig 
dargelegt, daß dieses Ge- 
nus, das er Caenolestes 
nennt, am engsten an die 
fossile, durch Ameghino 
aus der Santa -Cruz -For- 
mation beschriebene Ab- 
teilung der Paucituberculata 
von Patagonien sich an- 
schließt und zwar der 
Familie Epanorthidae an- 
gehört. Durch das Gebiß Fi 8 27 ~- 
I$C} p 3 M i schließt sich 
Caenolestes den Diprotodontia insofern an, als die unteren vorderen I. ver- 
längert und nach vorn gerichtet sind. Hinter ihnen folgen aber 4 kleine, 
einspitzige Zähne: L, I 3 C P n die dieses Genus von den Diprotodontia 
entfernen und den Polyprotodontia nähern. Hierin schließt im übrigen das 
Gebiß sich an die Formen + Decastis Amegh. und + Parepanorthts 
Amegh. aus dem Tertiär Argentiniens an. Caenolestes Thomas mit den 




Cacnolestea oberums Thms. 
Schädel: nach (). Thomas. 



L. Lücke im 



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3Ö2 II. Ordnung: Maraupialia. 

Arten C. fuliginostts Tomen und C. obscurus Thms. aus Zentral- Amerika 
unterscheidet sich von allen Marsupialia durch eine Lücke zwischen Na- 
sale, Frontale und Maxillare wie bei Ruminantia. Bullae klein, durch 
Alisphenoid gebildet. 

6. Familie: PhASCOLARCTIDAE. Mit H. Winge vereinige ich Phaseol- 
arctus, der sonst den Phalangeridae zugezählt wird, mit Phascolomys, 
seit langein der einzige Vertreter der Phascolomyidae. Unsere Tabelle 
nennt die übereinstimmenden Merkmale. Gegenüber Phascolakctts Blainv. 
Gebiß: 1^ C J P + M 5, der arborikol ist, mit der Art: Ph. cincreus 
Goldf.. unterscheidet sich Phascolomys E. Geoff., der YVombat, dessen ver- 
schiedene Arten gleichfalls auf Australien beschränkt sind, durch seine 
grabende Lebensweise. Nach Art von Nagern nährt er sich von Wurzeln 
und hat dementsprechend nur wurzellose Zähne und große Nagezähne oben 
und unten: \\. Dies wird aber bereits bei Phascolarctns vorbereitet. 

Die fossilen + Nototheriim Ow. und + Dii'rotodon Ow., aus dem 
Pleistocäu Australiens, bewegen sich in derselben Richtung. Diesen Riesen, 
von denen Diprotodon die Größe eines Rhinozeros hatte, stand nur wenig nach 
+ Thvlacoleo carnifex Ow. aus dem Pleistocän von Australien (Fig. 272). 
Unterscheidet sich von Phascolarctus namentlich durch den letzten unteren 
P, der dem der Hypsiprymnodontinae gleicht, aber ungeheure Ausbildung 
erreicht und mit scharfer Schneide gegen einen ähnlichen Oberkieferzahn 
gerichtet ist. Dies gab vielfach Anlaß zu der Meinung, daß dieses Tier, 
wie sein Name besagt, ein großer Karnivor gewesen sei, andere bezweifeln 
«lies wegen der reduzierten Eckzahne. 

7. Familie: PHALANGERIDAE. Trotz der Y'erschiedenheit eines Pha- 
langer und eines Känguruh, läßt sich unschwer nachweisen, daß sie zusammen- 




Fig. 27.1 Thylacoleo carnifex nach A. Smith Woodward. Da» 
Gebiß 1 1 C i Pf M J ist nur teilweise zu sehen. 



gehören. Extreme Formen wie Macropus haben sich aus kletternden Pha- 
langerinen entwickelt, längs einem YY'ege, wie ihn Formen, wie Hypsi- 
prymnodon und Hypsiprymnus noch darstellen. Durch Annahme der 
hüpfenden Bewegungen ging der Hallux zurück, wurde die 4. und 5. Zehe, 



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Marsupialia, Taxonomie. 



:i;>:5 



namentlich aber die 4. sehr kräftig, verlängerte sich ebenso, wie der Fuß und 
schließlich die ganze Hinterextremität (Fig. 251», 201 ). Auch der Schwanz, 
ursprünglich ein beschuppter Schwanz mit Dreihaargruppen (Hypsipryni- 
nodon, Dromicia), wurde ein Groifschwanz, endlich sehr kräftig, dicht be- 
haart und eine kraftige Stütze de» Körpers, den die verlängerten Hinter- 
cxtremitaten tragen. Hand in Hand hiermit ging eine Veränderung des 
Gebisses. Nur künstlich lassen sich daher, wie in unserer Tabelle ge- 
schehen, drei Gruppen oder Unterfamilien annehmen. Einzelne Vertreter 
derselben sollen geuannt werden. 

An der Wurzel stehen die arbmikolen a. Phalangcrinae und zwar in 
erster Linie PsKriNK Him s Ogilbv in Australien und Neu-Guinea mit zahl- 
reichen Arten. Im Gebiß I .[ C P 4- M I haben «Ho M noch die 3 ur- 
sprünglichen Spitzen, die bei allen übrigen verschwanden. Durch Aus- 
bildung einer Flughaut hat sich Pktai roides Thms. (Petaurista Desm.) aus 
Pseudochirus hervorgebildet. <). Thomas wies nach, daß derselbe Prozeß 
noch zweimal unabhängig bei Phalangerinen auftritt. Aus Gvmnohkudki s 
Mac Coy hat sich Pktai hi s Shaw mit Flughaut entwickelt, während beide 
übrigens eng zusammenhängen (~ TT,'? Petaurus hat Vertreter in Australien, 
Neu-Guinea und bis Halmaheira und Am. Etwas entfernter ist der Zusammen- 
hang zwischen Distokchi Kl s Pet. und Aorohatks Desm. mit Flughaut, 
von denen ersterer auf Neu -Guinea, letzterer auch in Australien vor- 
kommt. Zwischen Acrobates und Petaurus steht die ursprüngliche Droniicia 
Gray, an Myotus erinnernd, in Neu-Guinea, Tasmanien und West-Australien. 
Hat ebenso wie Dactyhpsila Grav von Nord-Australien, Neu-Guinea und 
Arn und sich auszeichnet durch verlängerte 4. Zehe. 4 stumpfe Hücker 
auf den M (vergl. Fig. 203). 

Ursprünglicher ist das Genus Phalaxgkr Storr (Phalangista E. Geoff), 
dessen Hand ganz mit der der Didelphyidae übereinstimmt. Greifschwanz 
mit nackter Spitze, 4 Zitzen. Bewohnt mit etwa 10 variabelen Arten von 
Neu-Queensland ab die Inselwelt bis Cetebe», Saleyer, den Talaut-Inseln 
und Timor. Die Kusus oder Cuscus sind dickwollige Baumbewohner von 
Katzengröße, deren letzter P groß ist, mit scharfer gefurchter Schneide 
t fr,' Nahe verwandt sind die auf Australien beschränkten Arten von 
Tkk hosi hi s Less. < :1 : ' '. I 1 )- Abseits steht Tarsipks Gorv. et Verr. Dessen 
Gebiß '\ :{ \\ ging auch nach Größe der Zähne stark zurück, wohl in Ver- 
bindung mit der Gewohnheit des einzigen, auf Australien beschränkten 
7\ rostratits Gerv. et Verr., mit langer Zunge Insekten, namentlich aber 
Nektar aus Blumen zu entnehmen. Damit in Verbindung schwand auch 
wohl — einzig unter Diprotodontia — das Coecum. 

Das Gebiß der b. Hypaipryiiiuodontinac- und c. Macropodinau ist * 
Die ersteren sind primitiver, wie der noch opponierbare Hallux und die gleiche 
Länge der Extremitäten ausweist, auch hat der Schwanz noch primitive 
Hautbedeckung. Ferner hat das Genus Hypsiprymxoikix Ranis, noch 2 P, 
von denen <ler letzte schräg nach außen gekehrt ist. //. moschatus Rains. 
Queensland. 

Den Uebergang zu den am höchsten differenzierten Macropodinac mit 
einem P bilden Potoroi s Desm.; ferner Bkttongia Gray mit Schwanz, 
der noch an Greifschwanz erinnert, auch als solcher gebraucht wird, ob- 
wohl die Tiere durchaus auf den Boden, selbst in Höhlen leben und Akpy- 
prymxis Garr., die sämtlich nur in Australien vorkommen, den Hallux 
zwar verloren, aber nur erst kurze Hinterextremitäten und lange vordere 

W.b«, Si t „ 5 otiore. • l.\ 



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364 



II. Ordnung: Marsupialia. 



Scharrkralleii haben. Die typischen Macropodinae werden durch Macrows 
Shaw vertreten. Von den zahlreichen Arten sind die großen, wie AI. 
giganteus Zimm. und AI. rtifus Desni., ferner die mittelgroßen, wie Af. 
ualabahts Less. et Garn, und rußcollis Desm. {Bennelti Waterh.), die auch 
zum Genus Halmati KU8 IUig. vereinigt werden, auf Australien und ver- 
einzelt, auf Tasmanien beschränkt. Die letzteren haben in Af. agilis Goitld 
auch einen Vertreter in Neu-Guinea. Die 3. Abteilung der zierlicli ge- 
bauten, auch wohl Thylooale Gray genannten, haben weitere Verbreitung 
im tropischen Teile des Gebiets. AI. brcnvni Ranis, geht Uber Neu-Guinea 
bis Neu-Britannien, und AI. brunii Schreb., das am längsten (1714) be- 
kannte Känguruh, kommt auf den Arn- und Kei-Inseln vor. Letzteres 
wurde verwechselt mit der Art Affiliert Schleg. des Genus Dorcopsis 
S»hleg. et Mull, von Neu-Guinea und benachbarten Inseln, die bis Misol 
reicht und somit das westlichste Känguruh ist. 

Auffallend ist Dendrolaoi s Schleg. et Müll., dessen verschiedene 
Arten von Neu-Guinea und eine von Queensland, sich wieder angepaßt 
haben an das Leben auf Bäumen und dementsprechend gleich lan^o 
Extremitäten haben, während der lange Schwanz kein Greifschwanz ist. 
Neben Petrogale Gray., Lagorchestes Gould und Lagostrophus Tlnns., 
verdient Onvchogale Gray Erwähnung, da dessen Schwanz in einer Horn- 
spitze endet. Sämtlich von Australien. 

Vorgeschichte. 

Ueber die Vorgeschichte der Marsupialia liegen unzweifelhafte Do- 
kumente vor in Gestalt fossiler Reste, die bis in die Trias zurückgehen. 
Sie bilden einen Teil der als „Mesozoische Säugetiere" bekannten, unvoll- 
ständigen Überreste, die unten im Zusammenhang behandelt werden sollen, 
da zweifelsohne in ihnen auch die Monotremata und Insectivora und da- 
mit auch die übrigen Monodelphia wurzeln. Von diesen erlöschen die 
Multituberculata, in denen wir die Vorfahren der Monotremata sehen 
dürfen, im unteren Eocän. Die Geschichte der kleinen Abteilung der 
Protodonta ist über die Trias hinaus unbekannt. Die kretaceischen Tri- 
conodonta und Tritubercuiata, von denen einstweilen nicht mit Sicherheit 
anzugeben ist, ob sie Marsupialia, Insectivora oder Creodonta waren, 
leiten sich von triassischen und jurassischen Formen her, schließen sich 
aber eocänen Formen noch näher an. Von da ab wird die Reihenfolge 
fossiler Dokumente nach unseren heutigen Marsupialia lückenhaft, Mit 
einiger Sicherheit reicht die Familie der Didelphyidae. von welcher tertiäre 
Vertreter zahlreich aus Südamerika bekannt sind, bis zur Kreide zurück. 
Die recenten Didelphys-Arten Nordamerikas, von denen eine auch pleistocän 
bekannt ist, sind zweifelsohne Einwanderer von Süden her, nachdem im 
Norden, seit dem Oligocän, Marsupialia ausgestorben waren. In Europa 
traf sie dies Los im Anfang des Miocän. Auch hier ist tlie Ursache 
dunkel, umsomehr, wenn man erwägt, daß auch in Europa die Marsupialia 
offenbar reichlich vom Eocän an durch zahlreiche Arten von Peratherium 
Öw. vertreten war, welches Genus gegenwärtig mit Didelphys vereinigt 
wird und z. B. auch den bereits genannten +Di'delj*hys Cuvieri Fisch aus 
dem eocänen Gips von Paris enthält. 

Ueber den Anschluß von Caenolestes an die zahlreichen von Ameghino 
aus den Santa Cruz-Lagen (Miocän oder jünger?) von Patagonien be- 
schriebenen Resten der +Abderitidae. die unverkennbar eine Mischung 



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Manmpialia. Vorgeschichte 



von polyprotodonten und diprotodonten Merkmalen zeigen, wurde auf 
)>. .U*) 1 gehandelt. Zweifelhaft ist der Zusammenhang der aus derselben 
tage und aus dem Tertiär Argentiniens stammenden +Sparassodonta 
Ameghino. + Borhyaena, +Clasodictis. + Prothylacinüs und andere 
Genera dieser Familie waren Raubtiere, die unverkennbare Aehnlichkeit 
mit dem heutigen Thylacinus aufweisen und damit den recenten Dasyuridae 
sich anschließen. Lydekker ist selbst geneigt, sie als deren Vorfahren 
zu betrachten. Er erkennt ihnen daher auch nur den Wert einer Familie 
unter den Marsupialia zu. welche er +Prothylacinidae nennt. Anderer- 
seits haben sie aber auch Beziehungen zu den Creodonta. Ihr Mischcharakter 
wäre dann eben ein Ausfluß ihrer Ursprünglichkeit. Rechnet man sie. wie 
auch wohl geschehen ist. den Creodonta (siehe bei Carnivora) zu'und leitet 
man sie damit von primitiven Insectivora her. welche die Gewohnheiten 
der Carnivora annahmen, so ließe sich annehmen, daß die Scheidung von 
Marsupialia primitiva erst so kurz war. daß sie noch manche Charaktere 
behielten, in denen sie übereinstimmen mit definitiven Marsupialia, die 
gleichfalls karnivore Lebensweise erwarben. Von letzteren unterscheiden 
sich die Sparassodonta durch einen kompleten knöchernen (iaumen. 
Beutelknochen wurden nicht wahrgenommen, diese sind aber auch bei Thyla- 
cinus klein und nur knorpelig. Das Gebiß *- ist außer durch 
die hohe Zahl der oberen I. auch durch die Form der Zähne Heuteltier- 
artig. Gleiches gilt für den eingebogenen Processus angularis mandibular 
Andererseits weichen sie durch den Wechsel wenigstens einiger Antemo- 
laren von den Marsupialia ab. Ameghino gibt wenigstens an, daß bei 
Prothylacinüs Amegh. und Amphiproviverra Amegh. nur C und P, 
und P, gewechselt werden, während bei Horhyaena Amegh. der Wechsel 
auf C und P 3 beschrankt sei. Lydekker vervollständigte diese Reduktions- 
reihe durch Didelphys, wo nur P., gewechselt wird und durch Thylacinus, 
wo dies bereits embryonal statthat. Wie die I sich diesbezüglich verhalten, 
scheint von Sparassodonta nicht bekannt. Gegenüber den Creodonta mit voll- 
ständigem Zahnwechsel, bewegen sich die Sparassodonta durch die einge- 
tretene Reduktion desselben in der Richtung der Beuteltiere. Daß der 
mesozoische +Triconodon diese Reduktion schon ganz im Sinne recenter 
Marsupialia erreicht haben soll, ist bisher nur an einem Unterkiefer nach- 
gewiesen worden und daher weiterer Untersuchung bedürftig ivergl. p. 'Ml). 

Bezüglich der Marsupialia des australischen Gebietes reichten bis 
vor kurzem die Akten nicht weiter zurück als bis ins pleistncäne Alter. 
Aus dieser P'poche kennt mau zahlreiche Vertreter heutiger Genera, auch 
einzelne ausgestorbene, die sich aber ungezwungen in heutige Familien 
einreihen lassen ohne erhebliches Licht auf deren Phylogenic zu werfen. 
Manche Arten erreichten gigantische Größe. So + Xototherium Owen, 
+D1PROT0DON Owen und ' Thylacoleo Owen, die bereits als Vertreter der 
Phascolaretidae genannt wurden. Auch Phascolarctus selbst war durch die 
Riesenform + Koalemus De Vis vertreten, ebenso wie Phascolomys außer durch 
verschiedene pleistocänc Arten von denen P/t. Mitchelli Ow. noch lebt, 
auch durch die verwandten Genera: + Phascolonus Owen. -* Sceparnodon 
Owen, die ihn an Größe weit übertrafen. Von pleistocänen Phalangerinen 
sei nur auf -■ Triclis De Vis gewiesen, vielleicht ein Vorläufer von Hyp- 
siprviunodon, da das Gebiß (nur der Unterkiefer ist bekannt!) noch 
einen Eckzahn hat. der den modernen Hypsiprymnodontinae und Macro- 
podinae fehlt. 

2:r 



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3Ö6 



McBozoische Säugetiere. 



In jüngster Zeit ist aber durch B. Spencer in f Wynyardia Spenc. mit 
der einzigen, nur in einem Exemplar bisher bekannten Art IV. bassiana 
Spenc. ein Marsupialier aus der Turitellazonc von Tasmanien, somit aus 
dem Eocän, wenigstens aus dem Oligocän bekannt geworden. Derselbe 
ist aber außerdem wichtig durch eine Vereinigung von Merkmalen, die 
teilweise den Polvprotodontia, teilweise den Diprotodontia eigen sind und 
damit die Ansicht bestärken, daß die australischen Diprotodontia aus 
primitiven Polvprotodontia sich entwickelten. 

Daneben treten aber auch Charaktere auf, die Wynyardia unter- 
scheiden von heutigen Marsupialia. Spencer nennt namentlich die relativ 
bedeutendere Größe der Hirnhöhle des Schädels, woraus er sehließt, daLI 
Wynyardia ein größeres (iehirn hatte als die heutigen Marsupialia. was 
auf einen Rückschritt dieser weisen würde. Dabei hat man sich zu er- 
innern, daß Wilson und Hill die Meinung verteidigen, daß auch in der 
Placentation und im Gebiß der Marsupialia eine Rückbildung sich bemerkbar 
mache. Oben konnten wir aber die Ansicht der genannten Autoren nicht 
teilen. Und wenn sich auch Rückbildung einzelner Organe verteidigen 
ließe, so fehlen bisher doch wohl die nötigen Beweisstücke. Rückbildung 
allgemein für die Marsupialia als solche anzunehmen, namentlich auch 
gegenüber der hohen und vielseitigen Spezialisierung, welche die Marsu- 
pialia in Australien erlangten. 



Mesozoische Säugetiere. 

Es ist hier der Ort, etwas ausführlicher die ältesten, mesozoischen 
Säugetiere zu besprechen, da sie nicht nur die Verwandten der heutigen 
Monotremata, sondern zweifellos auch die Vorläufer unserer heutigen Mar- 
supialia und Monodclphia enthalten. Die Annahme ist «loch gerecht- 
fertigt, daß einzelne dieser mesozoischen Formen die Stammväter waren, 
aus denen sich die letzteren entwickelten. Ob diese dabei ein Beuteltier- 
stadium im Sinne unserer heutigen Marsupialia durchliefen, ist eine lange 
Zeit festgehaltene Ansicht, die sich aber kaum mehr aufrecht erhalten läßt 
nach den Ergebnissen neuerer Forschung. Von der Mehrzahl dieser meso- 
zoischen Säugetierreste liegen nur Unterkiefer, häutig nur Zähne vor, so 
daß unsere Kenntnis in allererster Linie auf dem Gebiß beruht und noch 
sehr viel Hypothetisches enthält. Nach der Ansicht vieler hat man zwei 
Gruppen zu unterscheiden. Zunächst die Orduung der Multituberculata. 

Multituberculata Cope. 

(Allothcrin Marsh). 

Bei diesen ist nur ein Incisivus stark entwickelt, der Caninus ist 
rudimentär oder fehlt. Auf ein großes Diastem folgen nach Form und 
Zahl variabelc Prämolaren, die entweder schneidend oder höckerig sein 
können. Die Molaren haben zwei bis drei Reihen von Tuberkeln mit 
Längstälern zwischen sich. Diese hohe Spezialisierung des Gebisses deutet 
auf eine lange Vorgeschichte der Multituberculata, desgleichen die weite 



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Multituberculata. 



357 



Verbreitung bereits der ältesten Arten aus der Trias und dem unteren 
.Iura, die überhaupt die ältesten Säugetiere sind, die wir kennen. Es sind 
dies +Microle8TES Plien. aus der rhätischen Trias von Deutschland und 
England; +Triglyphus Ow. aus Deutschland und der nahe verwandte 
+Tritylodon Osb. aus Afrika. Die beiden letzteren sind aber vielleicht 
identische Genera und gehören sehr wahrscheinlich den Anomodontia an, 
sind somit keine Säuger, sondern Reptilien. Gleiches gilt auch wohl für 
+Theriodesmus Seeley aus der Trias Afrikas. Zahlreich werden die 
Reste im .Iura von England und Nordamerika. Hier halten sie sich durch die 
Kreide Iiis zum unteren Eocän. Auch aus dem Tertiär von Patagonien, 
hat Ameghino in den letzten Jahren zahlreiche Arten bekannt gemacht. 

Der jüngste Ausläufer, der bis zum ältesten Tertiär bei Rheims 
andauerte, ist +Neoplaoiaulax Lemoine aus der Familie der +Pla«iaula- 
cidae. In dieser Familie hatte Reduktion der vorderen Rackenzähne statt, 
wobei ihre Höckerform in die 
eines gezähnten oder gerippten 
Kammes überging, namentlich 
gilt dies von P 4 , dem einzigen 
bei +Neoplagiaulan übrigblei- 
benden Prämolaren. Aehnliche 
Prämolaren werden bei dem 
quaternären Marsupialer +Thy- 
lacoleo und bei den heutigen 
Hypsyprymnodontidae und Po- 
toroinae gefunden. Auf dieser 
oberflächlichen Aehnlichkeit be- 
ruht wohl, daß nach Ansicht 
einiger [Ameghino, Trouessartl 

Iii ai..iVu..k^. ..1 L • i'viiß *'B 274 - Vermutiches Geb iß von Menu»- 

die Multituberculata im Gebiß C0 ^ U8 mehreren Exemp i aren rAia&mmcn . 

sich den Phalangendae an- gestellt Obere P. sind noch nicht bekannt; au» 
schließen sollen, die ihre Des- «er Kreide Nordamerika«. Nach H. F. Osborn. 
zendenten wären. Da ferner 

die Incisivi denen diprotodonter Marsupialia ähneln, werden 
sie von anderen diesen zugezählt. Ein longitudinale An- 
ordnung konischer Tuberkel in mehreren Reihen auf den 
Molaren kommt aber bei Diprotodontia nicht vor. Hei 
diesen ist ferner der mediane untere I der hypertrophische, 
der bei Multituberculata atrophiert oder unterdrückt ist 
und ein lateraler, wohl meist I,, ist hypertrophisch und 
von dauerndem Wachstum. Nagetierartig werden auch 
die Kiefer von vorn nach hinten bewegt, wodurch auch 
oben nur ein I übrig blieb, während die Diprotodontia 
dort 3 haben, mit Ausnahme von Phascolomys mit I| 
und nagetierartiger Bewegung der Kiefer. Das ist aber 
nachweislich eine späte Spezialisierung ohne jede phyloge- 
netische Konsequenz. 

Die Gestalt des Unterkiefers der Multituberkulaten, 
dessen Processus angularis nicht eingebogen ist. spricht 
auch gegen Beziehungen zu Marsupialia. 

Das oben beschriebene vergängliche Gebiß von Orni- 
thorhynchus hat entschieden multituberkulare Molaren, 





Fig. 27.'». Multi- 
tuberkularer 2. 
Prämolar u. Mo- 
laris 1 und 4 von 
Ptilodua aus dem 
Untereocän.Nach 
0>born. 



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:;r>K 



Mesozoische Säugetiere. 



wenn auch von eignem Typus. Hierauf basiert sich die Ansicht, die stets 
mehr Feld gewinnt, daß die Multituberculata ausgestorbene Monotremata 
sind. Wenn man auch den Fund eines Schulterblattes durch Marsh, 
«las ein selbständiges Coracoid wahrscheinlich macht, als Monotremen- 
merkmal vorgeführt hat. so ist hiergegen zweierlei einzuwenden. Einmal 
weiß man nicht, zu welcher (iattung es gehörte, dann aber liegt die Ver- 
mutung nahe, daß auch die Urmarsupialia ein selbständiges Coracoid 
hatten (s. o. p. INJ). Die Multituberculata bildeten eine Gruppe kleiner 
Säuger, von denen wir bisher nur wissen, daß sie in «1er Trias, Jura 
und der Kreide blühten und spätestens im unteren Eocän ausstarben. 
Vielleicht haben aus Formen, wie +Ptilodus Cope und +MENI8COE88US 
Cope, ohne Processus angularis, die heutigen Monotremata sich entwickelt, 
die aber nach verschiedener Richtung hin tief eingreifende Reduktionen 
erfuhren. Aus der auf p. M'A folgenden Tabelle erhellt, daß einzelne 
Forscher, wie H. Winge noch weiter gehen und alle mesozoischen Säuge- 
tierreste den Monot reinen anreihen. 

Die größere Menge derselben bildet aber eine zweite Gruppe, die 
ziemlich allgemein den polyprotodonten Marsupialia in weiterem Sinne zu- 
gerechnet wird. Gewöhnlich sind in dieser Gruppe die I. klein aber zahl- 
reich. C. ist stets gut entwickelt und hat häutig Neigung seine Wurzel 
zu teilen. Gewöhnlich bilden die Zähne eine geschlossene Reihe und sind 
die Molaren trikonodont. trigonodont oder tuberkulo-sektorial. Hiervon 
haben wir zunächst abzutrennen die: 

Protodonta, Insectivora et Marsupialia primitiva. 

Die Gruppe der Protodonta umfaßt die beiden einzigen bekannten 
triassischen Formen ^Microconodon Osb. und namentlich + Droma- 
therium F-min. aus Carolina. Beide nehmen eine ganz separate Stellung 
ein unter Säugetieren überhaupt. Ihr heterodontes Gebiß: It Cr Pa Mt. 
ist nämlich so reptilienartig. daß Osborn sie zu dieser Gruppe erhob und 
von allen übrigen trennte. Abweichend von Säugern, läßt sich an den Zähnen 
nur undeutlich Krone und Wurzel unterscheiden. Letztere ist nicht ge- 
teilt, höchstens ist eine anhebende Teilung durch eine Furche angedeutet. 
Die Incisivi sind Caniniform und stehen weit auseinander; auf die C folgt 
ein langes Diastem. Die Prämolaren sind grilfelförmig, die Molaren mit 
hinteren und vorderen Kegeln. 

Daß die übrigen polyprotodonten Kieferreste Säugetieren angehören, 
darüber besteht kein Zweifel. Der primitive Charakter dieser kleinen Säuge- 
tiere, die höchstens die Größe eines Igels erreichten und die zuerst im .Iura 
Englands und Amerikas auftreten, äußert sich zunächst in der hohen Zahl 
der Backenzähne, die bis P : , M, ; (P 4 M T i betragen kann, weniger in deren 
Form: denn diese wiederholt sich auch noch bei coeänen Arten. Teilweise 
vererbt sie sich selbst auf unsere heutigen Didelphyidcn und Insektivoren. 
Wahrscheinlich entsprechend einer karnivoren. Omnivoren oder insektivoren 
Diät, sind nämlich die Molaren trikonodont (sektorial) wie im Genus 
•* Amphilestes Ow. und +Triconodon Ow. oder trituberkular. ohne 
schneidenden Charakter (^Peralestioae). Sie können selbst, entsprechend 
einer herbivoren Diät, Hache Kronen mit Schmelzleisten bekommen, ähnlich 
den Nagern ( + Curtodon Osb.). Insektivor waren die trituberkular-sektio- 
ralen Molaren der +Stylacodoxtidae. die oben und unten alternierten. 



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Me*oxoi»che Säugetiere. 



letztere waren vielleicht primitive Vorläufer unserer Insectivora. Osborn 
scheidet sie denn auch als solche von den übrigen polyprotodontcn meso- 
zoischen Säugerii ah, <lie er als +Prodidelphia oder Marsupialia 
primitiva zusammenfaßt. Ihr (iebiß war deutlich heterodont und betrug 
ursprünglich im Unterkiefer I 4 .C r ,P 4 ,M, „. Ein Diastem zwischen U und 
P bestand nur, wenn numerische Reduktion eingetreten war. Krone und 
Wurzel ist durch ein Cinjfiilum geschieden. Die Backenzähne sind mehr- 
wurzelig, auch will man mit Sicherheit festgestellt haben, daß +Triconodon 
einen wie bei recenten Marsupialia auf P 3 beschränkten Zahnwechsel 



Fig. 276. AmphileHte* 
Bm<leripii Ow. au» dem 
Jura, l'nterkiefer mit tri- 
kontxlonten Backenzähnen. 
Dan vordere Stuck fehlt; 
nach H. F. Osborn. 

gehabt habe [0. Thomas |. Der Unterkiefer hat seinen Winkel häutig 
eingebogen und eine Furche für den Ansatz des Musculus mylohyoideus, 
die auch noch bei Myrmecobius vorkommt. Formen, die mit dem meso- 
zoischen 4 Amphiterium Blainv. verwandt waren, waren vielleicht die Vor- 
fahren der Dasyuridae und Didelphyidae: echte karnivore oder omnivore 
Beuteltiere. 

Von ersteren kennt man Vertreter aus dem Miocän Patagoniens. die 
manche Beziehungen haben zu Creodonta (Sparassodonta Ameghino. p.3;V)). 
Die zahlreichen Reste von Beuteltieren, die aus dem oberen Kocän und 
unteren Miocän Europas beschrieben sind, gehören wohl zu den Didel- 
phyidae, wie denn auch das erste Fossil, an welchem (i. Cuvier Beutel- 
knochen nachwies, den Namen +Dideiphy$ Ciivwri Fisch trägt <p. :-Jf>4.). 

In der nachfolgenden Tabelle gebe ich eine Uebersicht über die 
Mehrzahl der mesozoischen Genera. Auf der linken Seite ist die Auf- 
fassung von H. F. Osborn zum Ausdruck gebracht, auf der rechten Seite 
die Auffassung von H. Winge, die «las andere Extrem vertritt. Kurze 
Diagnosen der wichtigsten Abteilungen sind beigefügt. Unsere Kenntnis 
«lieser Tiere ist eine provisorische, und kann vorläufig keine andere sein, 
da sie sich meist nur auf Unterkiefer stützen muß. Weit seltener sind 
bereits Oberkiefer, und von anderen Skeletteilen ist nur erst sehr wenig 
bekannt und deren Zugehörigkeit eine neue Frage. Der Auffassung Os- 
borns scheint mir der richtige (iedanke zugrunde zu liegen, daß den 
Multituberculata wie auch unseren heutigen Monotremata eine getrennte 
Stellung zukommt. Daß die Vorfahren der Marsupialia und Insectivora 
dagegen inniger zusammenhängen; daß diese Marsupialia primitiva und 
Insectivora primitiva aber bereits im Jura auseinandergegangen waren. 

Sehen wir aber in diesen Insectivora primitiva oder Proinsectivora 
den Anfang der Monodelphia oder Placentalia in früherer Fassung, so haben 
wir damit auch behauptet, daß bereits in der Trias ein Teil der Sängetiere 
Embryonen hatte, die als Placenta fungierende Eihäute besaßen. Denn 
wir wissen jetzt, daß placentale Bildungen kein ausschließliches Eigentum 




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3fiO 



Mesozoische Säugetiere. 



der Monodelphia sind, sondern auch Hei Didclphia sich finden. Hierin und 
in zahlreichen anderen Punkten l>esteht eben ein engeres Hand zwischen 
Mono- und Didelphia. die als zwei parallele Stämme erscheinen, die 
zusammen den Eutheria Hill (1872) entsprechen. Ihnen gegenüber stehen 
als zweite Subklasse die Prototheria (jill oder Monotremata, die sich 
bereits in der Trias von den übrigen Säugern abgetrennt hatten. 

Die Marsupialia verfolgten ihren eigenen Weg weiter durch örtliche 
Absonderung und durch Spezialisierung zu besonderen Endzwecken, so daß 
man sie taxonomischer Zwecke wegen und im Hinblick auf die recenten 
Endstadien mit Huxley als Metatheria bezeichnen kann. Wenn er ihnen 
als Eutheria die Monodelphen gegenüberstellt, so ist damit (lills älterer 
Terminus in anderem Sinne gebraucht. 

Wie dem auch sei. wir dürfen annehmen, daß die Inscctivora primi- 
tiva sich teils als solche fortsetzten bis in die Jetztzeit, wobei sie aller- 
dings Aenderungen erfuhren, aber in insektivorer Richtung, teils wurde 
ihre Transformierung eine tiefgreifende und gab Anlaß zur Bildung der 
+Oreodonta und deren Descendenten. Die Abzweigung der Creodonta 
geschah aber so früh, daß dieselben noch viele Merkmale mit den Mar- 
supialia primitiva und deren Descendenten gemein haben müssen. Daraus 
würden sich dann die Marsupialier-Merkmale der +Creodonta und ihrer 
Nachkommen erklären (p. 354). Es sind das solche Merkmale, die immer 
wieder dazu führen, ein Heuteltierstadium in der Vorgeschichte der Mono- 
delpliia anzunehmen. Richtiger aber ist es. in diesen Merkmalen eben nur 
Erbstücke primitiver, weit zurückliegender Ahnen zu sehen. 

Zum Schlüsse sei in dieser flüchtigen Uebersicht angedeutet, daß auch 
Süd-Amerka durch den Eifer F. Ameglunos eine ganze Zahl von Fossilen 
geliefert hat, von denen die +Epanorthidae auf pag. 310 und 351 bereits 
zur Sprache kamen. Sie bilden zusammen mit den +Abderitidae Amegh. 
und +Garzonidae Amegh. die +Paucituberculata Ameglunos aus Schichten 
Patagoniens, die Ameghino der Kreide, wenigstens dem Eocän zurechnet, 
andere aber für nicht älter als mioeän halten. Dem (iebiß nach haben sie 
diprotodonteu Charakter. Der recente Vertreter Cenaolestes aber unter- 
scheidet sich durch seine Fußstruktur von den Diprotodontia. weshalb 
Thomas die Paucituberculata: Asyndaetyla nannte. 



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Mesozoische Säugetiere. 



Die mesozoischen Säugetiere, 
link» nach Osborn. recht* nach Winge angeordnet. 



rotodonta Osb. D romot hcri id ac OSB. , 
Heterodont. Wurzel der P. und M. einfach. I Droniotherium. 
höchstens gefurcht, ohnedeutliche Scheidung j Microconodon. 
von der Krone. Nord -Amerika. 



Triconodontidae Marsh. 
Olwre und untere M trikonodont oder tri- 
gonodont; starkes inneres Cinguluin; an- 
isodont: C. kräftig, aufgerichtet, oft zwei- 
wurzelig; I. halb nicdcrliegeiid oder auf- 
gerichtet; Condylus inandibulae niedrig; 
Proc. angularis oft eingclmgen; Proc. co- 
ronoideus breit. Karnivor. 

Amphitheriidae Osh. 
M. trituberkulo-sektorial; P. mitCingtt- 
lum und basaler Spitze; C. zwei wurzelig; 
1. vertikal: Coudylua niedrig, gerundet 
und im Niveau der M. ; Proc. coronoideus 
hoch, aber nicht breit; Proc. angularis 
kurz, nicht eingebogen ; M. mit 2 Wurzeln 
hintereinander. Omnivor. 

Kurtodontidae OsB. 
M. ohne Spitzen, Krone hoch, 3-seitig, mit 
Schmelzleietcn. die auf antero-postcriore 
Bewegung der Kiefer weisen ; '1 — 3 Wurzeln 
hintereinander; P. rudimentär oder den 
M. ähnlich. Herbivor. 

Am blotheri idae OsB. 
M. trigouodont mit äußerem Cinguluin; 
P. mit vorspringendem Cinguluin und 
deutlichen basalen Spitzen: I. medial ver- 
längert, lateralwärt»« abnehmend; Con- 
dylus hoch ; Proc. angularis deutlich, 
nicht eingebogen. 

Sty lacodontidae Osb. 
Obere und untere M. tritulierkulo-sek- 
torial ; Protoconus griffeiförmig, mit 2—3 
Wurzein nebeneinander, ohne Cingulum; 
I. spalclfnrmig, lateralwärts abnehmend; 
Condylus hoch ;Proc. coronoideus schlank ; 
Proc. angularis klein, aber nach hinten 
vorspringend, nicht eingebogen. 



Phascolotherium. Tricono- 
don. Spalacotherium, Ti- 
nodon, Menncodon, Pria- 
codon. ■ 

Dicrocyiiodon . Docodon, 
Amphistylus.Amphilcste«, 
Peralestes. 

Dryolestes, [Amblotheri- 
um], Perainys, [Laodon], 
(Phascolotherium], Achy- 
rodon , A tu phi theri u m , 
[ Asthenodon], Paurodon. 

(Die eingeklammerten rech- 
net Os BORK zu Pro-Insecti- 
vora, siehe unten.) 



Kurtotlou. 



Triconodontidae 

Winge: ohne 
Processus angu- 
laris. 



Amphilesti- 

dRe Winge. 



Amblothcrii- 

dae Wixok. 



Amblotheriiim. 



Stylacodon, Phascololestea, 
Ästcnodon, Laodon. 



lagiaulacidae (Jim.. t 

Ein einziger unterer I.; P. oben und I Microlcstes, Plagiaulax, 
unten mit schneidender Krone, speziell: Meniscoessus, Ctenacodon, 



Plagiaulacidae (Jim.. 
Ei 

unten mit schneidender Krone, speziel. ^ 

P, : untere M. mit 2, nl>ere M. mit 3 I Ncoplagiaulax, Ptilodna. 
Reihen von Tuberkeln. I 



Rolodontidnc Osb 
2 oder 3 obere I.; obt 



V mit Tnbcr- J m{A Allodon. Chirox. 
kein ; obere M. mit 2 Reihen konischer I 
Tuberkel; Krone niedrig. ' 

Polymastodontidae Osb. 
Ein einziger unterer I.; unten ein ein- 
facher P.; oben kein P.; 2 obere M. mit 
3 Reihen niedriger Tulwrkel, 2 untere 
mit 2 Reihen. 



Polynia*todon. 



Fossile 

Monotremata 

nach Wixge. 



Plagiaiiiacidae 

Wixok. Einzelne 
Zähne auf Kosten 
anderer entwickelt 



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:w2 



III. Ordnung: Inseeüvora. 



Unterklanse: Monodelphia. 

Alle Säugetiere, die nicht den Monotrematen oder Marsupialia an- 
gehören, werden als Monodelphia zusammengefaßt. Der vielfach übliche 
Namen Placentalia ist nicht mehr zutreffend, seitdem wir wissen, daß auch 
unter Marsupialia eine Placenta auftreten kann. Auch läßt sich gegen 
Huxleys Anwendung des Namens Eutheria auf die Monodelphia. um anzu- 
deuten, daß sie unter den Mammalia die höchste Stufe erreichen, dies ein- 
wenden, daß (Uli ursprünglich unter «liesein Namen die Marsupialia und 
Monodelphia vereinigte und sie damit in Gegensatz zu den Prototheria 
oder Monotremata brachte in der Weise, wie man sie auch al> Ditremata 
vereinigt hat. 

Die Monodelphia lassen sich durch folgende Merkmale charak- 
terisieren. 

Reutel und Heutelknochen fehlen, als Regel auch eine Kloake. Nur 
ausnahmsweise zeigt die Scheide noch Andeutung früherer Duplizität und 
ist auch noch der Uterus doppelt. Die Jungen durchlaufen stets ihre 
Entwickelung im Uterus, indem sie durch die Placenta mit der Mutter 
verbunden sind. Prominente Zitzen bilden die Ausmündung der Milch- 
drüsen. Die Glans penis ist einfach. Liegen die Testikel extraabdominal, 
was meist der Fall ist, so befinden sie sich gewöhnlich in einem post- 
penialen Scrotum. Die Vasa deferentia beugen sich über die Freieren auf 
ihrem Wege zum Sinus urogenitalis. Nur ausnahmsweise fehlt ein selb- 
ständiges Foramen opticum: der harte Gaumen hat nur sehr selten Lücken 
(Vakuositäten). Hat der Unterkiefer einen Processus angularis von einiger 
(iröße, so ist er nicht einwärts gebogen. Die Carotis interna geht durch das 
Foramen lacerum in den Schädel. Die Form des Tympanicum bewegt sieh 
zwischen der eines Ringes und einer aufgeblähten Uulla ossea. Die Wirbcl- 
körper haben Epiphysen, der Atlas stets ein ventrales knöchernes Schluß- 
stück. Das erwachsene Coraeoid ist eine Apophyse der Scapula. Letztere 
hat stets eine Crista scapulae. Außer der ventralen und dorsalen Kom- 
missur tritt stets ein Corpus caHosum auf, das die Mantelteile der Groß- 
hirnhemisphären verbindet; diese sind glatt oder gefurcht. Stapes meist 
steigbügelförmig. Den Zapfen der Retina fehlen Oeltropfen. Hat das 
Gebiß, dessen ursprüngliche Formel lautet C\ P-JfH keine 

sekundäre Umformung erlitten, so sind die oberen und unteren I gleich 
zahlreich. Regel ist, daß Incisivi, Canini und Praemolares. letztere meist 
mit Ausnahme des ersten, gewechselt werden. 

III. Ordnung: Insectivora. 

Diese Familie umfaßt eine große Anzahl verschiedenartiger Tiere 
von kleiner Statur: denn ihre Größe liegt zwischen der eines Igels und 
der nur ungefähr 7 cm langen Crocidura etrusea, dem kleinsten Säugetier 
der Gegenwart. Gemeinsam ist ihnen animalische, meist aus Insekten be- 
stehende Nahrung, eine meist nächtliche Lebensweise und viele archaische 



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[iiMcthwM, Körperbau. 



363 



Merkmale, die sie zu den niedrigsten Monodelphia stempeln. Im übrigen 
ist ilire Lehensweise und dementsprechende Körperform sehr verschieden. 
Die Mehrzahl sind durchaus terrestrische Tiere, die sich wie Raubtiere 
I »('tragen : andere ahmen Mäuse nach (Spitzmäuse); die Tupajidae sind 
Raumhewohner. die im V erhalten und in Körperform an Eichhörnchen 
erinnern: während die Chrysochloridae. einzelne Centetidae i Orvzorictes i 
und die Mehrzahl «lor Talpidae vorzügliche Gräber sind und dement- 
sprechend Umbildung erfuhren im Hau der Gliedmaßen, der äußeren Nase 
sowie Rückbildung der Augen und Ohrmuscheln. V erschiedene haben sich 
an das Leben im Wasser angepaßt, was sich äußert in der Entwicklung 
von Schwimmhäuten zwischen den Zehen bei Myogale und Limnogale; 
Ausbildung eines steifen Haarsaums an Schwanz und Extremitäten bei 
Crossopus: Zunahme im Umfang des Schwanzes (Myogale). endlich dessen 
seitliche Kompression zu einem starken Ruderseh wanzc bei Potamogale 
und Limnogale. Die Syndaktilie der 2. und Zehe bei ersterem Ticr t 
die an Marsupialia erinnert, steht hiermit wohl nicht in Verbindung. End- 
lich fehlen auch solche Insektivoren nicht, die sich wie die Känguruhs im 
Sprunge fortbewegen und deren verlängerte Hinterextremitäten zu starken 
Sprungbeinen umgebildet sind (Macroscclididac. 

Das Haarkleid bietet große Verschiedenheiten. Primitive Zustände 
in der Form von Dreihaargruppen hinter Schuppen haben sich nur am 
Schwänze, ausnahmsweise (HylomysJ auch an den Pfoten erhalten, aller- 
dings aber bei sehr verschiedenen Genera (Ptiloccrcus. Macroscelides. 
Gymnura. Hylomys. Sorex. Chimarrogale. Myogale, rrotrichus) somit 
ziemlich allgemein. Haargruppeu auf dein Rumpfe treten nur ausnahms- 
weise auf wie bei Erinaceus. Pachyura. Centetes. Ericidus. Meist stehen 
hier die Haare vereinzelt und ohne Regelmaß. Echte Rilndel fand de 
Meijere nur bei Chrysoehloris. welche (Gattung ihren Namen dem Irisglanz 
ihrer Haare entlehnt. Die Haare von Erinaceus und verschiedenen Cente- 
tidae sind zu Stacheln entwickelt. 

Aeinöse und tubulöse Drüsen kommen allgemein vor. wenn letztere 
auch an manchen Körperstellen und bei Chrysoehloris überhaupt fehlen. 
Dafür erreichen die acinöscu. z. Ii. an den Extremitäten von Erinaceus 




und Talpa. bedeutende Größe und werden mehrlappig. Hautdrüsen können 
sich auch lokal zu umfangreichen Drüsenkörpern vereinigen, deren stark- 
riechendes Sekret wohl in erster Linie zum Schutze dient, da es die Tiere 



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:)64 



III. Ordnung: Insectivora. 



für andere ungenießbar macht. So die Seitendrüsen der Spitzmäuse, die 
aus Anhäufungen von tubulösen Drflsen an den Seiten des Rumpfes be- 
stehen. Ein Sekret mit ähnlichem zibeth- oder moschusartigem Geruch 
liefern große Drüsenpakete an der Unterseite der Schwanzwurzel von 
Myogale moschata (Fig. 277). Es sind mehrere^ Reihen von Säcken, die 



ra/>At 




Fig. 278. Chrysoehlori«. 
Beckenorgane und Umge- 
bung, vorgr. A Anas; gid 
an Glandula analis; t[ld 
Co-.rp Cowpersehe Drüsen; 
gr Muse, gracili»; isch cav 
M. ischio- cavernosus; lg 
Ligamentum pubicum : P 
Penis aus Penisscheide her- 
vorragend ; pl>i M. pubo-coc- 
cygeus; pbcav M. pubo- 
cavernosus; tek w SehwaDZ- 
wirhelsäule; tmm M. semi- 
membranosus; smt M. semi- 
tendinosus. 



durch feine Oeffnungen zwischen den Schwanzschuppen ausmünden. Die 
Wand der Säcke wird durch Drüsenschläuche gebildet, die ihr Sekret in 
die Höhle des Sackes ergießen. Analdrüsen (Fig. 27*) treten wieder- 
holt auf. so bei Talpa. 
& Chrysochloris, Solenodon. 

Potamogale, Myogale. Hy- 
lomis. Gymnura u. a. 

I^ige und Zahl der 
Zitzen ist selbst inner- 
halb desselben Genus sehr 
variabel: von einem Paar 
inguinaler bei Potamogale 
bis zu 12 Paar abdotnino- 
bei Centetes. 




inguinaler 

Fig. 27V». Krinaceu« euro- 
paeiiH. Hautmuskel im auf- 
gerollten Zustund des Igels. 
it ii dessen untere fibröse; l> 
dessen ot>cre.ausschlicltlich mu— 
k ii lose Abteilung; < Hautmii«- 
kelfasern zur Nase; ä soleh-- 
vom Hals zum Ohr, die eich 
mit den anderweitigen ver- 
binden; <■ Hals-. / Gesichtsteil 
der Fasern; g Fasern an der 
Hauchwand; h in der Schwanz- 
gegend. Nach C. G. Caru*. 

währeml Talpa 3 Paar thorakale: Erinaceus europaeus außer einem 
axillaren und einem inguinalen Paar. 3 Paar abdominale hat. Auch 
bei Chrysochloris sind» sie thorakal und inguinal; bei Solenodon, einziu 



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Insirtivora, Körperbau. 



365 



unter Insektivoren. ist das einzige Paar postinguinal, indem es auf dem 
Steiß, auf der Höhe der Sitzhöcker stellt. 

Bemerkenswert ist, daß bei verschiedenen Arten, die verschiedenen 
Familien angehören, der Schwanz periodisch an Umfang zunimmt durch 
subkutane Ablagerung von stark riechendem Fette, die zur Brunstzeit ihr 
Maximum erreicht. Das rindet sich bei Condylura. Pachyura. 

Die Hautmuskulatur ist bei Erinaceus und den stacheltragenden 
Ceutetidae zu einem starken Panniculus carnosus entwickelt, der die Tiere 
befähigt, die Stacheln aufzurichten und sich aufzurollen (Fig. 279). 

Der Schädel ist meist langgestreckt, namentlich in seinem Gesichts- 
teil, wogegen die Schädelhöhle klein ist. Seine Nähte verwachsen bei Talpa. 
Soricidae und Chrvsochloridae fast vollständig. Ein Interparietale kann auf- 
treten (Erinaceidae k Nur bei den Tupajidae werden die Orbitae von einem 
Knochenring geschlossen, bei Macroscelididae ist der Ring hinten unvoll- 
ständig, zuweilen selbst ganz offen, doch findet sich dann ein Processus 
postorbitalis des Frontale. Bei allen übrigen Insectivora vereinigt sich Orbita 
und Temporalgrube vollständig und ist der Jochbogen schwach oder er 
fehlt wie bei Centedidae, Potamogalidae und Soricidae. Dementsprechend 
fehlt das .lugale, dessen Rudiment wohl mit dem Processus zygomaticus 
des Maxillare verschmilzt. Bei Sorex 'Crocidura) sacralis fand Peters es 
wenigstens diesem noch aufsitzend. 
RegressiveKaumuskulatur. etwaige 
Rückbildung im Gebiß, läßt sich für 
diesen Rückgang des .Jochbogens 
nicht anführen. Daß die Ursache 
eine andere sein muß, zeigt Eri- 
naceus micropus, der nach Ander- 
son und Leche einzig unter 17 
Erinaceus -Arten einen defekten ^g- - m Myworex john»toni nach 

.lochbogen hat, da Jugale und Dohfio " *' 

die Kn<len der Processus zygomatici des Maxillare und Sipiamosum nur durch 
Bindegewebe vertreten sind. Das Lacrymale hat meist eine ausgedehnte 
faciale Portion. Das Foramen lacrymale liegt in dem Gesichtsteil des 
Lacrymale bei Talpa und Tupaja, im orbitalen Teil desselben bei Ma- 
croscelididae, sonst marginal. Auffallend ist. daß nach W. K. Parker, hei 
langschnauzigen Insectivora mit großem facialen Teil des Lacrymale, wie 
Centetes und Erinaceus, anfänglich das Foramen lacrymale in der Orbita 
haben. 

Aehnlich wie bei Marsupialia. zeigt der harte Gaumen hei Erina- 
ceus, den Talpidae. Macroscelididae und Solenodon Defekte. Die Fossa 
pterygoidea fehlt meist; wo sie vorkommt, wie bei Erinaceus, Myo- 
gale. Tupajidae. ist sie flach. Die Fossa mesoi-inten pterygoidea setzt 
sich bei Centetidae und Erinaceidae nach hinten fort in eine Aus- 
höhlung des Basisphenoid. die bei Erinaceus sehr tief und mit Schleim- 
haut des Naso-pharyngeal-Raumes bekleidet ist. Auf primitiver Stufe ver- 
harrt «las Tympanicum bei Soricidae und Centetidae, wo es ein schmaler, 
unvollständiger Ring bleibt. Da auch weitere Verknöcherung unterbleibt, 
gesellt sich dazu Mangel eines Foramen caroticum externum. eines Poms 
aeusticus externus, einer knöchernen Tuba Eustachii. eines knöchernen 
farotiskanals und eines Canalis Fallopii. Die Trommelhöhle ist also 
mehr nur eine Grube, an deren Ahschlieliung sich bei der Mehrzahl der 




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III. Ordnung: In*ectivora. 



Insektivoren das Alisphenoid von vorn her und von der Medianseite her 
das Basisphenoid mit einem Processus tympanicus beteiligt. Dies ist ein 
Zustand, wie er auch bei Beuteltieren vorkommt. Wie bei diesen, kann 
auch bei Insektivoren durch diese beiden Knochen eine Bulla ossea zu- 
stande kommen. Bei Erinaceus beteiligt sich das bereits breitere Tym- 
panicum hieran: bei Talpa und Chrysoehloris erweitert es sich zu einer 
Bulla und bildet einen Poms acusticus externus. Nach der gewöhnlichen 
Angahe stellt aber erst bei Tupajidae und Macroscelididae das Tympani- 
cum allein eine bedeutende Bulla ossea dar mit einem röhrenförmigen 
Stück für den knöchernen äußeren (iehörgang wie bei höheren Mono- 
delphia. Diese Angabe bedarf aber nach allen Richtungen hin der Re- 
vision, da diese Bulla unabhängig vom Tympanicum entstellt und letzteres, 
wenigstens bei Tupajidae. sich ähnlich verhält wie bei den äthiopischen 
und orientalischen Prosimiae (s. diese» und ringförmig in der Bulla liegt. 
Mit der Paukenhöhle stehen in Kommunikation Luftzellen im S<|uamosuui, 
die wie hei Marsupialia oberhalb der Fossa glenoidea liegen. Bei Cente- 
tidae. Erinaceidac und Talpa treten sie auch im Pterygoid auf. 

Mit den Marsupialia hat Sorex «las Fehlen eines Foramen opticum 
gemein. Nach Parker ist dies auch bei Rynchocyon und Microgale der 
Fall. Der Nervus opticus geht hier durch das Foramen sphenorbitale. das, 
wie auch zuweilen bei anderen Insectivora (Talpa, Crossopus*. mit dem 
Foramcn rotundum verschmilzt. Ein Alisphenoid - Kanal tritt z. B. bei 
Centetidae, Tupajidae und Potamogalidae auf. 

So bietet der Schädel Merkmale, die ihn mit primitiven Zuständen 
verbinden neben anderen, die nach verschiedener Richtung zu höheren 
Monodelphia hinführen. Dies gilt auch für den Unterkiefer. Seine Con- 
dyli sind <pier walzenförmig, ihre Achsen konvergieren nach vorn im 
Gegensatz zu den Carnivora, desgleichen die Fossae glenoideae. die häutig 
einen Processus postglenoideus haben. Mit mezozoischen Säugem hat der 
Condylus bei Centetidae gemein, daß er so niedrig ist. daü er im Niveau 
der Kaufläche liegt. Die Symphysis mandibulae ossifiziert nur selten. 
Durchgehend* ist ein Processus angularis gut entwickelt. 

Die Zahl der Thoraco-lumbalwirbel variiert zwischen H) und 23. «lie 
der Sakral wirbel kann bei Microgale longicaudata auf 2 sinken. Bei 
«lieser Art erreichen die Schwanzwirbel mit 47 eine der höchsten Zahlen 
unter Säugern. Intercentra kommen vor ip. sii). Bei Talpa ver- 
schmelzen der 2., .J. und 4. Halswirbel. Dies zielt wohl ab auf bedeu- 
tendere Stärke der Halswirbelsäule, entsprechend dem Druck, der beim 
Kraben in der Richtung vom Kopfe her auf sie ausgeübt wird, ähnlich 
wie beim maulwurfartigen Nager Siphneus der ij. bis 7. Halswirbel ankylo- 
.sieren. Ueber die Lage der Kondylen des Hinterhauptes und dessen 
Haltung vergl. p. 4.*J. 

Der Schultergürtel hat häufig niedrige Zustände bewahrt im Epister- 
nalapparat ip. 114): die Clavicula fehlt nur bei Potainogale. Einzig unter 
Säugetieren ist sie bei den Talpidae mit dem Humerus gelenkig ver- 
bunden. Beide Knochen haben eine viereckige Form mit starken Fort- 
sätzen für die kräftigen Muskeln und der (ielenkkopf des Humerus eine 
besondere Facette für die Schlüssclbeinverbindung. Es i*t eine Anpassung 
an die grabende Lebensweise in äußerst beschränktem Räume, die kräftige 
(iliedmaüen forderte, welche dabei aber seitlich nicht viel vorspringen durften. 
Verkürzung «1er Claviculae, Verlängerung des Manubrium sterni gestattet deren 



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Inseetivora, Körjierltau. 



3»>7 



Verlagerung noch in den schmälsten Teil des Körpers und deren Ver- 
schiebung nach einwärts |Dobson|. Kin Foramen entepicondyloideum ist 
nieist vorhanden. Nur hei Rhynchoeyon und 
Oryzoricfes fehlt der Daumen, hei Chryso- 
chloris der f>. Finger. Auch hat bei Chrvso- 
chloris ohtusirostris. nach Peters. Finger 1 
und II zwei Phalangen. Finger III nur eine. 
Finger IV eine Iiis zwei. Artliche Unter- 
schiede scheinen aber nicht ausgeschlossen. 
Hei diesem Geschlecht ist die Hand schmal, 
mit enormer Verlängerung der .Mittelklaue, 
ähnlieh wie bei den Spalacidae (Nagetiere) 
und bei Notorvctes (Marsiipialia). die alle in 
sandigein Hoden (länge graben. Hei den Maul- 
würfen aber, die in weichem Hoden graben, 
ist die Hand verbreitert, zu welchem Zwecke 
das ()s falciforme sich au>bildete (p. 104). 

Fig. 2S1. Yorderextreiuität von Talpa. // nu- 
merus; /< l'lna; r Radius; sc S-aphoid; ± Lunatum; 
/» Triquetrum : py Pisitorme; tr Trapez i u i n ; Trape- 
zniil: . Centrale; m Capital um; er Hnmatum; / Kalei- 
formo: /— /' Digiti. 

Der Daumen ist niemals opponierbar. Der Carpus hat meist ein 
Centrale. Scaphoid und Lunatum können verschmelzen (Erinaceidae. Cen- 
tetes. Solenodon. Tupaja . Auffallende Veränderungen erfährt die zweite 
Karpalreihe bei Chrysochloris. Sie hat nur Capitatum und Hamatum; 
Trapezium und Trapezoid fehlen als solche und sind wohl mit dem Meta- 
carpale I und II verschmolzen, die ihrerseits wenigstens teilweise mit 
dem Naviculare artikulieren. 

Kinzig unter Säugetieren mit normalen Hinterextremitäten und dem- 
entsprechend vollständigem Hecken, fehlt bei Talpidae und Soricidae die 




Fig. 2h2. Becken von Talpa euro- 
von der Vent raisei te; ohne Sym- 
physe, l Aceubuluni. 

Flg. 283. Quersehnit durch den 
Beckemuiagang von Chrysochlori*. un- 
gefähr X 4. A Becken; Cr Muse, 
caudo-rectali* ; Darm; <>'t (tlandula 
C*owj>eri; /. Muse. ilio-CfH-cygeus ; 
Ar M. ischio-eavemosus; /.n Liga- 
mentum pubicum: /' Penw quer 
dnrehsehnttten; /V M. pubo-eaver- 
mwu>; flog ,M. pobo • coecygeus ; .v 
Seh\vanzwiibel>niile; .V. .Muse. suero- 
roocygeu*. 



Fig. 282. 




Ic S Sc 



Symphyse, so daß das Hecken ventral ganz offen ist und Mastdarm und 
pheriphere Teile der Trogenitalorgane bei dem geringen l'mfang der 
Heckenhöhle ganz außerhalb derselben liegen unter der Haut (Fig. 2K\). 
Hei Tupajidae und Macroscelididae dagegen wird die lange Symphyse durch 
Pubis und Ischium gebildet. Zwischen diesen Aeußersten liegt der Zu- 



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3«X 



III. Ordnung: Insectivora. 



stand der übrigen Insectivora, bei denen die Pubes bereits so stark diver- 
gieren, daß die schmale Symphysis nur durch Epiphysen der Pubcs zu- 
stande kommt. Am Femur kommt ausnahmsweise (Microgale) ein dritter 
Trochanter vor oder er ist als Leiste angedeutet 

Hei den Soricidae. Talpidae. Krina- 
eeidae und Macroscelididae sind die Tibia 
und Fibula distal wärts, öfters über der 
Hälfte ihrer Länge, verschmolzen. In 
Verbindung mit der hüpfenden Bewegung 
ist bei den Macroscelididae der Metatarsus 
stark verlängert. Unter letzteren fehlt bei 
Rhynchocyon und Petrodromus der Hallux, 
der sonst stets vorhanden, aber niemals 
opponierbar ist. Bei Chrysochloris beträgt 
die Zahl der Phalangen im Fuße nur zwei 
für jede Zehe. Finger und Zehen sind bei 
«len Insectivora stets unguikulat. 

Anlangend das (iehirn sind die 
Insectivora die Säugetierordnung, in 




nci; 



Fig. 284. A Fuß 
B von Petrodomus, 



von Rhynchocyon Cir- 
nach Peters; / Tains; 



cc Calcancus; S Scaphoid; eu Cuboid; «,, r t , r, 



die 3 Cuneiformia; m\~b 
U—V 2. bis 5. Zehe. 



Metatarsale l~ö; 



welcher alle Genera furchenlose Hemisphären haben. Sie gehören zu den 
makrosmatischen Tieren, in welchen der Lobas olfactorius und Lohns 
hippocampi scharf abgegrenzt sind durch die Fissurae rhinales vom Hemi- 
sphären mantcl und bei denen das Rhinencephalon sehr ausgedehnt ist. Die 
Hemisphären sind so kurz, daß sie niemals das Cerehellum, häutig auch nicht 
die Corpora quadrigemina bedecken. Unter Monodelphia bleibt das (ie- 
hirn der Insektivoren auf niedrigster Stute stehen und nähert sich am 
meisten dem (iehirn der Marsupialia. Ziehen weist namentlich auf die 
Uebcreinstimmung im Hirnbau bei Erinaceus und Perameles hin, die nicht 
Konvergenzerscheinung sein könne. 

Nicht ohne Einfluß auf den (Iroßhirnmantel bleibt die Rückbildung der 
Augen bei den grabenden Chrysoehloridae und Talpidae. Ihr Maximum erreicht 

sie wohl bei Chrysochloris. Iiier zieht die 
behaarte Haut über das Auge, dessen kegel- 
förmige Cornea in das Corium vorspringt, 
welche zu »leren Aufnahme eine Aushöhlung 

Fig. 2s.">. Kopfende, vorn mit der ver- 
hornten Nasenspitze, von (Chrysochloris aurea, nach 
Wegnahme der Haut und der Hautmuskulalur. un- 
gef. x 2. / Cri*ta occipitalis; -? Muse, temporal is; 
j Muse, levntor lahii superioris proprium; 4 Glan- 
dula orbitaJi»; 5 Auge mit dem Nervus opticus, 
der weiterhin unter den M.tetnporalis wegbiegt; Auge 
und Nerv, soweit sichtbar, ungefähr .'{ mm lang. 

aufweist. Auch weicht an dieser Stelle die Hautmuskulatur auseinander. 
Das Auge liegt über dem Levator labii superioris proprius. Der Nervus 




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Insectivora. Körperlmu. 



:;.;<> 



opticus läuft längs dem Yorderrand der Glandula orbitalis und biegt als- 
dann unter den Musculus temporalis. Augenmuskeln fehlen (Fig. 2*5). 

Auch im Gehörorgan ist der Einfluß der unterirdischen Lebensweise 
der Chrysochloridae und Talpidae bemerkbar. Die Ohröffnung ist im Pelze 
versteckt, die Ohrmuschel springt nicht mehr vor. Drei Stadien ihrer 
Rückbildung zeigen untenstehende Abbildungen von drei Chrysochloris- 
Arten (Fig. 2K<W. Die mittlere und innere Ohrsphäre ist stets gut ent- 



wickelt. Auffallend ist. daß bei Erinaceidae und Centetidae der Processus 
gracilis des Hammers sehr breit ist und durchbohrt wird durch die Chorda 
tympani. Hei Erinaceidae, Talpidae und Soricidae zieht die Arteria mandi- 
bularis, ein Ast der Carotis interna, zwischen den Schenkeln des Stapcs 
hindurch zur Orbita und Kiefergegend (Fig. LS*, p. 282). Er entspricht 
der Arteria stapedia, die embryonal auch bei anderen Säugetieren zwischen 
den Steigbügelschenkeln passiert. Bei den genannten Insectivora ist dieser 
Zustand aber bleibend mit der Komplikation, «laß die Wand dieser Arterie 
verknöchert und «laß diese Knochenröhre (Pessalus), die aber bei Erinaceus 
fehlt und bei Talpa resorbiert wird, ehe das Tier erwachsen ist, den Steig- 
bügel in seiner Lage festlegt. 

Wie schon hervorgehoben, weist bereits das Gehirn alle Insectivora 
als makrosmatische Tiere aus. Der Bau des peripheren Geruchsorgans 
ist dementsprechend. Im allgemeinen (Erinaceus, Talpa, Sorex. Tupaja, 
Centetes nach Paulli) kommen fünf Riechwülste vor. die vier Endotur- 



Fig. 288. Median- 
«ehnitt durch die Nasen- 
höhle von Chrysochlorüi 
aurea. nt Naso-turhinale; 
mt Maxillo-turbinale; //. 
///, IV, V Riechwülste 
der Etxlotiirhinulia. Oben 
Sinus frontalis mit der 
Irmina ethmoidali». x 4. 




binalia entsprechen. Auch Ectoturbinalia fehlen nicht. Den Zustand bei 
Chrysochloris zeigt Hg. 2**. auch die Größe des Nasoturbinale, dessen 
vom Frontale geliefertes Stück bereits eingerollt ist. Pneumatizität in 
Verbindung mit der Nasenhöhle tritt auf im Maxülare. Frontale, Präsphe- 
noid. zuweilen auch im Lacrvmale. 

Die äußere Nase ist häutig, zusammen mit der Oberlippe, verlängert. 
Diesbezüglich erreicht Rhynchocyon das Maximum. Die wie Gewehrläufe 

Weber, Sttujjcticre. 24 



Fig. 28»!. Aeußere« Ohr 
von drei Arten von Ohryso- 
chlortH. 



0 w 





Fig. 287. Gehörknöchelchen von A Centetes 
ecaudatiu; B Erinaceus europacu*. nach Doran. nt 
Mallcus; / Incu«; s Stapes; mb Manubrium mallei; g 
Processus gracilis; t Kommen chordac tympani. 



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370 



III. Ordnung: Innectivora. 



nebeneinanderliegenden Nasenröhren sind eine Fortsetzung der Ali-nasal- 
Knorpel. durch eine Verlängerung des Septum nasi getrennt. Um ihre 
Bewegbarkeit zu erhöhen, sind diese Knorpelröhren gewissermaßen seg- 
mentiert. Starke Lippen- (Rüssel-) Muskeln heften sieh an dieselben. Aehn- 
liche Einrichtung, nur bescheidener, tindet sich bei Macroscelides, Petro- 
domus und den Soricidae. Hei Talpa und V erwandten, wo die äuliere 
Nase beim (iraben vielen mechanischen Insulten ausgesetzt ist, wird sie 

durch ein auch von anderen 

Säugern bekanntes Os 
praenasalc gestfitzt. Chrvso- 
chloris begnügt sich zu 
dem Zwecke mit einem 
dicken hornigen Schild, 
das die Schnauzenspitze 
bedeckt und die Nasen- 
löcher enthält. Hei Condy- 

lura. einem Maulwurf- 
artigen Tiere Nord-Ame- 
Bicll aber mehr in sumpfigen Gegenden aufhält, ist die Hache 




Fig. Kussel von Condylnra von der Seite 

01) und von vorn ib|, nach Gervais. 



rikas, das 

Hüsselscheibe. in deren Mitte die Nasenlöcher liegen, von *2'2 kegelförmigen 
landständigen Anhängen versehen, die Tastorgane enthalten. 

Das Gebiß besteht ausschließlich aus heterodonten Wurzelzähnen. 
Ein Milchgebiii tritt stets auf, allerdings in sehr verschiedener Ausbildung. 
Letztere ist eine hohe bei Centetidae. da in deren Milchgebiii die Zähne 
ebenso zahlreich sind wie ihre Aequivalente im Ersatzgebiii: allein wird 
bei Centetes der untere I 8 , bei Hemicentetes oben und unten I 8 nur ein- 
mal gebildet. Hierbei lälit Leche. dem wir neben Dobson und Woodward 
vornehmlich unser Wissen über das Gebiß der Insectivora verdanken, es 
unentschieden, ob id s persistiert ohne einen Nachfolger zu haben. Hei 
Centetidae hat der Zahnwechsel so spät statt, dali das Milchgebiß mit den 
Molaren zusammen funktioniert und es bei Hemicentetes und Ericulus erst 
in» erwachsenen Zustand abgeworfen wird. Ueber den Zahn Wechsel von 
Erinaceus wurde ausführlich auf p. 1*2 gehandelt. Er ist auf »lein 
Wege der Reduktion. Hierbei ist Erinaceus bereits weiter gefördert als 
Gymnura und diese wieder weiter als die dritte recente Erinaeeiden- 
gattung Hylomys. Letztere hat noch einen fast vollständigen Zahn Wechsel 
und schließt sich auch in anderer Heziehung an primitivere ausgestorbene 
Erinhceidae an [Leche]. Die Neigung zur Monophyodontie. die der 
übrigens so primitive Erinaceus verrät, ist somit eine modernere Differen- 
zierung. Unter Talpidae Huden sich verschiedene Grade der Reduktion 
des Milchgebisses. Hei Talpa ist es zwar noch vollständig, aber seine 
Komponenten sind rudimentär, stiftförmig. brechen aber noch durch. Auch 
bei Sealops und Condylnra ist es fast vollständig, wird aber resorbiert 
ohne das Zahnfleisch zu durchbrechen. Umgekehrt unterscheidet es sich 
bei Urotrichus durch lange Persistenz, so daß es zusammen mit den 
Molaren funktioniert | Leche]. Unter den Soriciden wurde von Sorex und 
Crossopus Zahnwechsel geleugnet: Woodward fand aber allerdings 
unverkalkte Zahnanlagen labialwärts von den persistierenden Zähnen. 
Die Tupajidae haben ein gut ausgebildetes Milchgebiß, desgleichen Rhyn- 
ehocyon; bei Solenodon ist es vereinfacht. 



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IiiM-ctivora, Körperbau. 



371 



Im bleibenden Gebiß (Fig. 280. 290) fällt die Neigung auf, den 
oberen I, stark zu entfalten: «lesgleichen unten I,. wobei I, reduziert wird 
bis zu völligem Schwunde: letaleres bei Erinaceus und Frotheims. Der Cani- 
nus. der — historisch gesprochen — 
ursprünglich eckzahnartig (canini- 
form) ist. kann sich hierbei in 
zweierlei Richtung verändern: ent- 
weder wird er schneidezahnartig 
(Fig. 2!>Ui oder er nähert sich der 
Form der Praemolares (Fig. 21)1). 
Die letztere Form, somit niedrige 
Krone, erhält er z. B. bei Kriculus, 
Petrodromus . Rhynchocyon und 
individuell auch bei Erinaceus. Da 
diese Veränderungen somit bei 
verschiedenen Insektivoren - Abtei- 
lungen auftreten, beweist dies die 
Allgemeinheit der Erscheinung. Sie 
geht vergesellschaftet mit einer 
verschiedengradigen Rückbildung 
der übrigen Antemolaren. Das Maxi- 
mum in dieser Richtung erreichen die 
Soriciden (Fig. 2!H>, 292). Hier wird 
der Caninus so schneidezahnartig, 
daß für diese Familie 4 obere I an- 
genommen wurden, in Abweichung von allen reeenten Monodelphia und in 
Uehereinstimmung mit den polyprotodonten Marsupialia. Winge und Wood- 
ward wiesen aber nach, daß I« nur ein Caninus sei. Letzterer ist veränderlich, 
was seine Lage zur maxillo-inter- 
maxillaren Naht betrifft, wie für 
Insectivora bereits auf p. 1<>!» 
hervorgehoben wurde. So ist ((J^y j^Vrv- 




Fig. 2!K). Obere« Gebiß von Croci- 
dura montana, nach Dobson. /' 3 Incisivi ; 
C Caninus; pm\ pm* 1. und 4. Praemolari* 
nach anderer Deutung ist />«' der dritte 
Ptimoiar, 



auch bei Talpa der vierte untere 
Zahn im Milchgehiii eckzahn- 




w 

e 




c Pt 




artig, sein Ersatzzahn erscheint 
aber als Schneidezahn, während Fig. 291. Caninus und 2. Praemolarin von 
der fünfte Antemolar (P,l die vier Individuen von Erinaceu* eumpaeu». nach 
Eckzahnform im bleibenden Ge- ^ ccno f" 

biß annimmt. Letzteres bahnt sich nach Leche erst bei Talpa Meycri im 
Miocän an. Die Soriciden illustrieren gleichfalls die Rückbildung der 
Antemolaren im Gebiet der Prämolaren, wie Dobsons Figuren von Sori- 
culus darlegen (Fig. 2Ü2). Fraglich ist, wie die Erscheinung aufzufassen 
sei, daß bei Petrodromus, Rhynchocyon, Ericulus mit niedriger Krone des 
Eckzahns, bei Gymnura und Talpa mit hoher Krone des Eckzahns, zwei 
Wurzeln auftreten, bei Centetes und Hemicentetes mit sehr hoher Krone 
nur eine Wurzel. Letzteres ist das bei Säugern allgemein vorkommende 
Verhalten. Vielleicht darf in der Zwei wurzeligkeit ein primitives Merkmal 
gesehen werden, da auch bei niedrigsten mesozoischen Säugern der obere 
C zwei wurzelig sein kann. Dies ist aber nicht stets der Fall. Für 
Erinaceus. wo der obere C eine oder zwei Wurzeln haben kann, weist 
Leche nach, daß der Besitz von zwei Wurzeln das Primäre ist, da alle be- 
kannten eoeänen und mioeänen Erinaceidae zwei Wurzeln haben. 

24 ♦ 



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372 



III. Ordnung: Insectivora. 



Das (iebiß enthält in maximo 44 Zähne wie hei Cvmnura und Talpa 
europaea. Die Formel des letzteren ist: I j .'*-fJ- Cf P J-ffrff-J M [~ : *. 
Die Zahl 44 kann aber auch durch Vermehrung der Molaren auf 4. wie 
sie ausnahmsweise bei Centetes statthat, erreicht werden. Die Formel ist 
dann nach Woodward I ; \ \ \ C j P \ \ » * M j -\ -■ » - *. Sie sinkt bei 
Diplomesodon und Anurosorex auf I J ; C^ P} M j * * = 2(i. Wor- 
auf die Verschiedenheiten zwischen diesen Aeußersten beruhen, kam schon 




Fig. 21*2. Antemolaren 
von Soriculus raudatu* Hodgs. 
(rechts) und S. quadraticauda 
A. M. Kdw. (links), nach Dob- 
son x 7. Zur Demonstration 
der Rückbildung der Prä- 
molaren. 



zur Sprache. Es sind in erster Linie Reduktionen. Von diesen nennen 
wir nur noch, daß bei Rhynchocvon oben I, und L fehlt, bei Soriciden 
unten I 3 . Dieser Zahn hat überhaupt Neigung zu verschwinden, wobei 
Id zuerst verloren wird. 

Die Form der Incisivi ist eine sehr verschiedenartige. Haid ist sie 
mciselförmig, häutiger konisch: mehrspitzig bei Centetidae: bei Soriciden 

hakig gebogen mit einer Spitze an 




der Basis des Hinterrandes (Fig. 2'.K>). 
Hei ihnen sind, wie bei Diprotodontia 
die unteren I horizontal nach vorn 
gerichtet. Kammförmige oder ge- 
lappte I kommen, außer dreilappigen 
Fig. 293. Khynchocyon chryso- im Milchgebiß, zweilappigen im blei- 
gos. ^hgebiß des Unterkiefers nach hem , en yon Rhynchocyon [Peters. 

Leche], bei Insectivora sonst nicht vor. 
Von den Rackenzähnen ist bekannt, daß von aJlen recenten Mammalia 
diejenigen der Insectivora am meisten den Rackenzähnen jurassischer 
Säuger ähneln. Trikonodonte Praemolares treten bei Hemieentetes auf. 
Häutiger kommen trigonodontc (trituberkulare) Rackenzähne vor. Diese 
sind schmal, die drei Coni stehen in einer Triangel und bilden bei Ver- 
bindung durch Leisten eine V< wie (,ies ,)ci Centetidae, Solenodontidae, 
Potamogalidae und Chrysochloridac der Fall ist. 

Meist aber werden diese Molares trituberkulo-sektorial, indem sich 
ein Talon entwickelt mit Conus (Fig. V>\). 8, p. 173). 

Die drei primären Coni können dabei überwiegen und bilden durch 
gleichstarke Entwicklung eine deutliche V -Figur des Trigonid. wie dies 
der Fall ist bei dem unteren M der Centetidae. Solenodontidae, Potamo- 
galidae, den oberen M der Soricidae und abgeschwächt in den unteren 
M von Erinaceus. Andererseits wird der Talon Itcdeutender, entwickelt 
zwei Coni, die dem Trigonid gleichkommen, woraus sich dann ein quin- 
(juetuberkularer Zahn hervorbildet mit W-Muster. Derartige breitere 



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In»«'tivura, Körpcrlmu. 



Molaren, in verschiedener Ausbildung, von trituberkulo-sektorial bis (juadri- 
tuberkular und verschiedener Deutlichkeit genannten Musters, finden sich 
bei Tupajidae, Macroscelididae, Erinaceidae, Soricidae und Talpidae. Die 
Grenzen sind aber nicht scharf genug, um darauf ein System zu bauen. 
Als Erinnerung an primitive Zustände tritt häufig ein Cingulum zutage. 

Die Nahrung entspricht dem Gebiß. Sie ist insektivor oder allgemein 
kreodont. In dem Beibehalten dieser Nahrungsweise, die wir als die für 
Säuger ursprüngliche betrachten dürfen, liegt wohl mit der Grund, daß 
das (iebiß seine primitive Form bewahrte. Dieser Nahrung entsprechend 
ist auch der Darmkanal einfach gebaut. Seine Länge variiert erheblich, 
da er /.. 15. bei Chrysochloris 4mal, bei Erinaceus 7mal. bei Talpa 10 bis 
11 mal. bei Myogale gar 13mal die Körperlänge übertrifft. Ein Coccum 
kommt nur bei Tupajidae und Macroscelididae vor, sie werden daher als 
Menotvphla zusammengefaßt, gegenüber den Lipotyphla: alle übrigen 
Insectivora somit ohne Coccum. Erstere enthalten denn auch nicht aus- 
schließlich kreodonte Formen, da die Tupajidae nebenher auch vegetabilische 
Nahrung, wie Früchte, zu sich nehmen. Im Darmkanal können Zotten 
fehlen > Myogale) oder äußerst klein sein 'Talpa). Die Brunnerschen 
Drüsen bilden, wie auch bei Karnivora und Monotremata, einen Ring, der 
sich an den Pylorus anschließt, bemerkenswert ist, daß Dobson bei Tal- 
pidae und Chrysochloridae in der ganzen Länge des Darmkanals Peyersche 
Noduli antraf. 

Der Magen ist stets einfach, retortenförmig, häufig sind Oesophagus 
und Pylorus sehr nahe zusammen. Zuweilen springt der Magen nach links 
blind sackartig vor. wie namentlich bei Spitzmäusen. Das Oesophagus- 
epithel endet wohl meist sofort mit dem Eintritt in den Magen. 

(iaumenleisten sind stets gut entwickelt. In Zahl und Lage schließen 
sie sich vielfach den Zähnen genau an. Von der Zunge sei nur erwähnt, 
«laß sie neben den gewöhnlichen Papillae filiformes und fungiformes. bei 
Soricidae und Talpidae nur 2 Papillae vallatae. bei anderen: Chryso- 
chloridae. Rhynehocyon. deren 3 hat. 

Die Lage der Epiglottis ist eine intranariale (retrovelare). dazu 
kommt, daß der weiche Gaumen im allgemeinen lang ist, weit nach hinten 
reicht: er bildet einen ringförmigen Isthmus naso-pharyngeus. der vorn 
durch den Querschnitt des weichen Gaumens, zur Seite durch ilie Arcus 
palato-pharyngei begrenzt wird, welche letztere sich hinten in einen Wulst 
oder eine Falte der Pharynxwand fortsetzen, Bei Chrysochloris scheint 
mir dieser Ring muskulöse Einlagerung zu haben. Bei einzelnen (Talpa) 
hat der Epiglottisknorpel solchen Umfang, daß nur ein medianer Teil des- 
selben zur Stütze der Epiglottis gebraucht wird |Göppert]. Paarige 
laryngeale Säcke, den Ventriculi Morgagni entsprechend, sind von Erina- 
ceus bekannt. Soweit bekannt, haben die Lungen meist 3-4 Lappen, 
wobei dann letztere Zahl nur für die rechte Lunge gilt. Die linke kann 
auch ungeteilt sein (Erinaceidae Leche). 

Bekanntlich liegen unsere heimischen Insectivora während der Winter- 
zeit in einem Winterschlaf, der für den Igel, die Spitzmäuse ein tiefer, für 
Talpa ein unterbrochener ist. In Verband hiermit wird die sog. Winterschlaf- 
drüse gebracht. Rei Erinaceus erreicht sie maximale Ausbildung in der 
Nacken-, Achsel- und Rückengegend als mehr oder weniger 'braungefärbte 
Fettmasse mit reicher Vaskularisation. Drüsige Struktur geht ihr durchaus 
ab. Sie heißt daher besser „braunes Fettgewebe* 4 |Hammar|. das durch 



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374 



III. Ordnung: Inseetivora. 



das winterschlafende Tier resorbiert wird. Vielleicht fällt die obengenannte 
Fettanhäufung im Schwänze unter ähnliche Gesichtspunkte, insofern als sie 
Material liefert, nicht für einen Winterschlaf aber als Deckung erhöhten 
Stoffwechsels. 

Die Testikel verbleiben bei Ccntetidae (mit Ausahmc von Solenodon. 
wo sie perineal liegen sollen) und Macroscelididae zeitlebens in ihrer primi- 
tiven Lage in der Nähe der Nieren und hängen an einer Plica diaphrag- 
matica. Es fehlt hier jede Spur eines Ligamentum inguinale, eines Conus 
inguinalis. kurz jede Andeutung auch von etwa stattgehabtem Dcscensus 
testiculoruni bei Vorfahren, so daß hier primäre Testikondie vorliegt (p. 2<>1M. 
Abgesehen von Potamogalidae, von denen «liesbetreffend noch nichts be- 
kannt ist, liegen bei den übrigen Inseetivora die Testes bleibend oder 
zeitweilig in Cremastersäcken von verschiedener Ausdehnung, an deren 
Bildung in erster Linie der Musculus transversus abdominis. daneben auch 
der Obliquus abdominis internus sich beteiligt. Bleibend ist die extru- 
ahdominale I^ige bei den Tupajidae. die sich von allen Inseetivora dadurch 
unterscheiden. daß die Testikel in einem behaarten Scrotum liegen. Das- 
selbe ist als präpenial zu bezeichnen (Fig. 224). unterscheitlet sich aber von 
dem der Marsupialia dadurch, «laß der Penis gewissermaßen in dasselbe 
aufgenommen ist. Unter den Erinaceidae scheint als Regel. Ausstülpung 
in den Cremastersack, bezüglich Einstülpung in die Bauchhöhle je nach 
der Jahreszeit, stattzuhaben. Desgleichen bei den Talpidae und Soricidae, 
wo die bei der Brunst bedeutend vergrößerten Hoden aus der Bauchhöhle in die 
Cremastersäcke treten. Die primitive, aber gleichzeitig zentrale Stellung der In- 
seetivora, die verschiedentlich nach höheren Zuständen hinüberführt, äußert 
sich somit auch wieder im Verhalten Her männlichen (ieschlechtsdrüse. 
Aehnlich auch in den aeecssorischen Geschlechtsdrüsen und im Penis. 
Erstere sind so verschiedenartig, daß die bisherige Untersuchung, nament- 
lich durch .1. T. Oudemans, keinen für Inseetivora typischen Zustand dar- 
legen konnte. Glandulae vasis deferentis fehlen bei Erinaceus und Tupaja. 
nach Disselhorst hat sie aber Talpa, und ich finde sie bei Hyloinys und 
(iymnura. Beide haben, ebenso wie Petrodromus. auch Glandulae vesi- 
culares. die auch Erinaceus enorm entwickelt hat, anderwärts aber fehlen. 
Glandulae prostatae kommen wohl allgemein vor, bei Erinaceus wieder in 
zwei großen Paaren (Fig. 220. p. 2<>">i. Glandulae urethrales sind bisher nur 
von Talpa bekannt, kommen aber vermutlich mehr vor, da verschiedentlich 
der proximale Teil der Urethra verdickt ist. Letztere besitzt häufig eine 
auffallend große Vagina masculina (Fig. 213. p. 2f>7). 

Der Penis mündet entweder an der BauchHäche nach vorn aus und 
ist dann mehr oder weniger S-förmig gebogen oder gestreckt der Bauch- 
wand angedrückt oder hängend (Macroscelididae. Erinaceidae. Tupajidae): oder 
aber seine Mündung sieht nach hinten liegt aber vor dem Anus i Talpidae). 
in welchem Falle der Penis gebogen unter der Haut liegt. Bei Centetidae, 
Potamogale. Soricidae ist er mehr oder weniger vollständig zurückgezogen in 
eine Hautfalte, die auch den Anus umgibt und eine Art untiefer Kloake vor- 
täuscht. Eine etwas abweichende Einrichtung haben die Chrvsochloridae, 
wie unsere Figur 278 ausweist. Der kurze Penis liegt in einer präpu- 
tialen Tasche, die aber gleichfalls von der gleichen Hautfalte wie der Anus 
umgeben wird. Die Glans penis hat zuweilen Hornsehuppen oder Stacheln 
(Erinaceus), bei Rhynchocyon endet sie gar in ein sägeartiges Gebilde. Ein 
Os penis. wenigstens in knorpeligem Zustand, ist nur von Centetidae bekannt. 



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< 



Jnsectivorn, Körperbau. 375 

Der Uterus ist stets ein Uterus bicornis, aber mit kurzem Corpus 
uteri. Bei Gymnura, mehr noch bei Tupajidae kann er so kurz werden, daß 
fast der Zustand eines Uterus duplex vorliegt, es hat aber gemeinschaftliche 
Ausmündung in die Vagina durch ein Os uteri statt. Letzteres springt 
meist vor in die weite Vagina. Die Cornua uteri gehen in verschieden 
lange Tubae Fallopii über, die mit ihrem Ostium tubae und zusammen 
mit dem zuweilen traubigen Ovarium in einem weiten peritonealen Sacke 
liegen. Dieses Eierstockszelt (Tentoriuni) ist entweder vollkommen von 
der allgemeinen Peritonealhöhe abgekapselt, oder es kommuniziert mit ihr 
durch eine engere oder weitere Oeffnung (Fig. 205. p. 247). 

Ueber die Zahl der Jungen in einem Wurfe ist noch wenig bekannt 
Bei Tupaja. wohl auch bei Chrysochloris. beschränkt sie sich auf 2. Meist 
aber ist sie groß: Talpa 3— 7. Soricidae 4—10, Erinaceus 4 — 8. steigt 
bei E. europaeus sogar bis auf 10; bei Centetes erreicht sie mit 21 das 
Maximum unter Säugetieren. Auch hierin gibt diese Ordnung Zeugnis 
ihrer primitiven Stellung. 

Ueber die Placentation unterrichtete uns namentlich Hubrecht (vcrgl. 
p. 21 W). Bezüglich der makroskopischen Seite derselben wissen wir, daß 
Erinaceus anfänglich eine umfangreiche Dottersacksplacenta hat Eine 
hohle, freie Allantois liefert später eine diskoidale. hochdifferenzierte 
Allantoisplaccnta. Auch bei Talpa und Sorex tritt eine solche auf. Bei 
Tupaja geschieht dies an zwei diametral gegenüberliegenden Stellen der 
Uteruswand. 

Diagnose. Die Inscctivora sind unguikulate. plantigrade oder semi- 
plantigrade. fast stets pentadaktyle. animalivore kleine Säuger. Gebiß 
diphyodont, hetcrodont, ausschließlich mit Wurzelzähnen. Ursprünglich 
13 C| P}M* J. I können reduziert sein, oben bis auf 2, unten bis auf 1. C 
entweder caniniform oder, und meist, einem P oder I ähnlich. P und M 
stets mit spitzen Schmelzhöckern, trikonodont. trigonodont trituberkular- 
sektorial, mit Neigung quinque- oder quadrituberkular zu werden. Schädel- 
form primitiv. Hirnhöhle klein. Tympanicum meist ringförmig. Clavi- 
cula fehlt nur bei Potamogale. Foramen entepicondyloideum und Centrale 
carpi meist vorhanden. Pollex und Hallux nicht opponierbar. Gehirn ma- 
krosmatisch. Hemisphären ungefurcht kurz, lassen Cerebellum, vielfach auch 
Corpora quadrigemina unbedeckt. Uterus zweihörnig. Plaeenta, soweit be- 
kannt, deciduat und diskoidal. Testikcl abdominal oder inguinal und prä- 
penial. Meist nächtliche, auf dem Lande, vielfach unterirdisch und grabend 
lebende Tiere; einzelne aborikol oder im Wasser lebend. 

Geographische Verbreitung. Die heutigen Insektivoren zeichnen sich da- 
durch aus. daß sie in Australien und dem eigentlichen Südamerika vollständig 
fehlen: denn nur die nordamerikanischen Geschlechter Sorex und Blarina 
senden ganz vereinzelte Ausläufer südwärts, die aber den Isthmus nicht über- 
schreiten. Ferner durch das sehr lokalisierte Vorkommen ganzer Familien. 
So sind die altertümlichen Centetiuae. Oryzorictinae und Geogalinae aus- 
schließlich Madagaskar eigen. Außerdem ist von Madagaskar nur noch 
eine Crocidura (Soricide) bekannt, die aber offenbar von Indien eingeführt 
wurde [Forsvth Majorj. Afrika wird bewohnt durch die Maeroscelididae. 



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37ü 



III. Ordnung: Innectivurn. 



im tropischen Westen durch die Potamogalidae. im Süden durch die Chryso- 
chloridae. die nordwärts bis zum Congo reichen. Die den Centetinae ver- 
wandte Familie der Solcnodontinae wird nur auf Cuba und Haiti angetroffen. 
Die Familie der Tupajidae endlich erstreckt sich vom Festlande Indiens 
über Burma und die malayische Halbinsel östlich bis .lava und Borneo. 
Einigermaßen kosmopolitisch ist nur die Familie der Soricidae die ungefähr 
die Hälfte der Inseetivora umfaßt. Sie allein schickt, wie gesagt, zwei 
Vertreter nach Zentralamerika. Auch die Talpidae erstrecken sich über 
die ganze nearktisehe und paläarktische Region, jedoch so, daß die Genera 
in beiden verschiedene sind. Einzig Talpa micrura dringt von diesem 
sonst paläarktischen Genus in den Norden des orientalischen Gebietes vor. 
Die Erinaceidae endlich gehören nur der alten Welt an, dabei sind, nach 
Leche, die etwa 17 Arten von Erinaceus so über das paläarktische Gebiet, 
Indien, Arabien und Afrika verteilt, daß die ursprünglichsten Formen 
Indien bewohnen. Es sind das die Formen, die sich am meisten an Gym- 
nura und Hylomys anschließen und damit an den eoeänen Necrogymnurus. 
Im Eocän wohnte dieser mit Palaeoerinaceus zusammen. Jetzt schließen 
Erinaceini und Gymnurini einander aus: denn letztere leben auf den 
großen Sunda-Inseln (Gymnura auch im burmanischen Gebiet), wo erstere 
ganz fehlen. 

Taxonomie. 

Die Inseetivora bilden eine polymorphe Ordnung, deren etwa 230 Ver- 
treter nur zum Teil bezüglich ihres Baues genauer bekannt sind. Doch 
legt auch ihre unvollständige Kenntnis dar, daß die Familien, worin mau 
sie /.erlegt, teilweise weit anseinanderstehen. Eine provisorische Uebersicht 
in tabellarischer Form folgt hierunter. 

IS. Uebersicht p. 377.) 

1. Familie: TUPAJIDAE Miv. Eichhornartige, auf Baumen kletternde, 
aber auch auf dem Boden lebende Tagetiere, mit verlängerter Schnauze und 
geschlossenem Orbitalring. Das halbringförmige Tympanicum liegt in der 
Bulla auditiva. Pubes und Ischia bilden eine lange Symphyse, Tibia und 
Fibula sind getrennt, der Metatarsus mäßig lang. Im Gebiß I j C | P JM jj, 
dem ein vollständiges Milchgebiß vorabgeht, sind die unteren Incisivi nieder- 
liegend, die oberen Molaren breit, quinqueturberkular. Das Coecum ist 
verhältnismäßig groß. Die Testes liegen in einem präpenialen Scrotum. 

TxtaSa Raffl. (Cladobates F. Cuv.). Schlanke Tiere von Eichhorn- 
größe mit buschigem Schwänze, die sich von Früchten, Insekten u. dergl. 
ernähren. Zahlreiche Arten in der orientalischen Region von Vorder-Indien 
bis ('ochinchina und auf den großen Sunda-Inseln. T. ferruginea Raffl. 
verbreitet sich in verschiedenen Varietäten von Java, Borneo und den 
Philippinen westlich bis zum Himalava. 

Ptilockrci s Gray. Der scheinbar nackte, mit Schuppen und Drei- 
haargruppen bedeckte Schwanz ist distal zweizeilig behaart. Pt. Lcnri 
Gray. Borneo und Sumatra. 

2. Familie: MACROSCELIDIDAE Miv. Weicht von der vorigen Familie 
ab durch unvollständigen Orbitalring, da die Processus postorbitales des 
Jochbogens und des Frontale einander nicht erreichen. Tibia und Fibula 
sind distal verwachsen: Metatarsus bedeutend verlängert in Verbindung 
mit der hüpfenden Lebensweise dieser zwischen Steinen lebenden, an Mäuso 



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8y»tematie<.'hr Uehersicht der Insectivora. 



377 



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a78 



III. Ordnung: Inseotivorn. 



erinnernden Dämmerungstiere. Ihr Schwanz ist lang, mit Dreihaargruppen 
hinter den Schuppen. Teste» dauernd abdominal: Coeeum vorhanden. Schnauze 
verlängert. Obere Molaren quadrituberkular ; die Spitzen sind in der Quere 
verbunden. Diese von Insekten lebenden Tiere sind ausschließlich afrikanisch. 

Macroscelides A. Sm. I % C \ P-}Mj ; pentadaktyl. Zahlreiche Arten, 
von denen die afrikanische M. typus A. Sm. am längsten bekannt ist; 
M Roztii Duv. von Nord-Afrika hat die nördlichste Verbreitung bis Tunis. 

Petrodromis Pet. I \ C } P \ M { ; tetradakt yl {vergl. Fig. 284 B). 
P. tetradactylus Pet. Im tropischen Ost- und Zentral-Afrika. Die beiden 
genannten Genera sind charakterisiert durch ankylosierte Vorderarm- 
knochen, unvollständig verknöcherten Gaumen (mit Vakuositäten) kleine 
Processus postorbitales. Demgegenüber hat Rhyxchocyon Pet. getrennten 
Radius und Ulna einen vollständig verknöcherten Gaumen. Die Schnauze 
ist rüsselartig verlängert; tetradakt vi (vergl. Fig. 284 A). Unter den ver- 
schiedenen Arten, die sämtlich ostafrikauisch sind, hat Rh. Cirnei Pet. nur 
IJC|P$M|, indem die inneren oberen Incisivi ausgefallen sind. 

3. Familie : TALPIDAE. Becken-Symphyse fehlt ; Tympanicum bildet Bulla ; 
Jochbogen vollständig, aber zart; Tibia und Fibula verwachsen; Milchgebiß 
vollständig, aber meist mit rudimentären Zähnen, die häufig nicht mehr 
durchbrechen. Obere und untere .1 einspitzig, vertikal. Obere M quinque- 
tuberkular. Kein Ooecum. Descensus testiculorum. Grabende Tiere und 
dementsprechend modifiaiert in der Vorderextreraität (p. 367). Augen 
klein oder rudimentär, Ohrmuschel rudimentär, in der Haut versteckt. 

Ohne Zweifel haben die Talpidae engere Beziehungen zu den Sori- 
cidae, mit denen sie zuweilen zu einer Familie vereinigt werden. Die 
Merkmale derselben wären: Vielspitzige Molaren mit vorderem innerem 
Cingulum, deren Spitzen vereinigt sind durch Kämme, so daß zwei ver- 
längerte Triangeln entstehen. Processus paroccipitales fehlen. Haarkleid 
weich. Kein Coecum. Keine Symphyse (vergl. übrigens die Tabelle). 

Die Familie der Talpidae zerfällt in zwei Unterfamilien: 

3 a. Unterfamilio Myogalinac Miv. Umfaßt Tiere, die namentlich in 
der Vorderextremität weniger differenziert sind. Clavicula mid Humerus 
nur mäßig verkürzt. Manubrium sterni von gewöhnlichem Ausmaß. Fossa 
pterygoidea deutlich, Pterygoid nicht angeschwollen. 

Myogalk Cuv. Die größten Talpidae mit langem, dickem Schwanz, 
mit subkaudaler Moschusdrüse (Fig. 277). Schnauze rüsselartig verlängert. 
Fuß mit Schwimmhäuten. I jj C } P \ M \. Der Desinan lebt in Seen und 
Flüssen und zwar J/. moschata Pall. in Süd-Rußland, M. pyrenaica 
M. Edw. in den Pyrenäen. Hierher gehört ferner Urotrichts Temm. 
von Japan und der naheverwandte NKt'ROTRirHl's Günth.; als einziger nord- 
amerikanischer Repräsentant dieser Unterfamilie zongeographisch wichtig. 
Uropsius M. Ed. Ost- und Zentral-A*ien u. a. 

3b. Unterfamilie Talpinae Miv. Durch das Graben stark differen- 
zierte Maulwürfe. Clavicula und Humerus stark verkürzt und verbreitert; 
Manubrium sterni auffallend lang, Hand sehr breit mit langen Grabkrallen 
und einem Os falciforme (Fig. 281 . Schädel mit aufgeblähtein Pterygoid, 
ohne Fossa pterygoidea, mit starkem Os praenasalc und verlagertem 
Foramen ma gnuin (p. 43 i. Tai.PA L. I (' | P ;J M Milchgebiß voll- 
ständig, aber Zähne nur stiftförinig : der 4. Antemolar fungiert als Schneide- 
zahn, der f>. als Eckzahn. T. atropaca L. Der Maulwurf paart sich 



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IiiMH-tivora, Taxonomie. 



Ende März und wirft G Wochen später 4 — 6 Junge. Nord-Europa bis 
Japan. Im paläarktischen Gebiete treten noch andere Arten mit geringen 
Verschiedenheiten im Gebiß etc. auf. Bei T. europaea bleibt die Lid- 
spalte offen, bei T. cot'ca Savi au» Süd-Europa soll vollständige Schließung 
derselben vorkommen und damit absolute Blindheit. 

4. Familie: 80RICIDAE Miv. Früher gewöhnlich mit der vorigen 
Familie vereinigt, unterscheidet sie sich von ihr durch das ringförmige 
Tympanicum, den fehlenden J och bogen : durch die oberen M, die tuberkulo- 
sektorial sind, jedoch so, daß ein W-Muster bereits vorkommt. Der mitt- 
lere obere I ist groß und hakig gebogen, mit basalem Höcker. Unten ist 
I, groß und nach vorn gerichtet. Soweit bekannt, wird das Milchgebiß 
noch angelegt, verkalkt aber nicht mehr. Das Gebiß schwankt zwischen 
I)C<&F?M} iSorex) und *-\ \ \\ {Diplomesodon und Anurosorex). In den 
übrigen, oben genannten Punkten stimmen die beiden Familien überein, 
nur graben die Spitzmäuse nicht; einzelue aber sind aquatil. Die zahl- 
reichen Genera verteilt Dobson in 

4a. Unterfamilio Soricinae. Spitze der Zahne rot gefärbt. Nearktisch 
und paläarktisch mit Ausnahme des orientalischen Sorntlis Blyth. Sorex L. 
Gebiß s. oben. Geschlechts- und Analöffnung getrennt. Schwanz lang, 
Ohren deutlich. .S*. arancus L. 1 •-: S. vulgaris L.) Europa und Asien nörd- 
lich vom Himalaya. Die nordamerikanische Art .S*. Richardsolli Bachm. ist 
vielleicht nur eine Varietät. .S*. minulus L. (pygmaeus Pall.) ist auf dio 
alte Welt beschränkt. Die Fortpflanzung beider dauert von April bis 
September. Die verschiedenen Würfe enthalten 5 — 8 nackte Junge. Zahl- 
reiche Species und verwandte Subgenera in Nord-Amerika. 

BLARlXAGray J \ ' , * * Schwanz kurz: Ohren verborgen. Nord-Amerika. 

Crossopi'S Wagler. ' „ ] »• Anal- und Geschlechtsöffnung in der- 
selben Hautfalte. Schwanz und Füßo mit einem Saum steifer Haare. Cr. 
Jodirns Pall. Lebt in Flüssen und Seen in Europa und Asien. Wird in 
Nord-Ainerika vertreten durch Nkosorex Baird. 

4 b. ITuterfamilie Crocidurinae. Zahne weiß. Zahlreiche Genera in der 
alten und neuen Welt mit zahlreichen Arten. Orocidira Wagl. I \ C l P 2 ( 1 M j{. 
Geschlechts- und Analöffnung in derselben Hautfalte. Altweltlich. In Europa 
am häufigsten C. aranra L., C. etnisca Savi. Süd-Europa ist das kleinste 
Säugetier. Chimarrogale Anders. Wichtig durch seine Verbreitung vom 
Himalaya über Nord-Borneo und Japan. Autnosorex A. M. Edw. und Necto- 
gale A. M. Edw. Nord- und .Ost- Asien. 

5. Familie: ERDJACEIDJE Miv. Diese altweltliche Familie ist in 
unserer Tabelle wegen der dort erwähnten Merkmale mit den beiden vorigen 
zusammengestellt, damit soll aber keinerlei phylogenetischer Zusammenhang 
angedeutet sein. Offenbar ist diese Familie vom Eocän ab ihre eigenen 
Wege gegangen. Es lassen sich die orientalischen Genera Gymntra 
Horsf. etVig. und Hylomys Müll, et Schi, durch den Mangel von Stacheln, 
durch das Gebiß I \ C } P } M \ y durch den geschlossenen knöchernen Gaumen 
und das enge Becken leicht unterscheiden von Ehinacels L. mit 17 Arten 
in Europa, Afrika, Nord-, Zentral- und Vordor-lndien, über deren Genealogie 
Leche helles Licht geworfen hat. Gebiß 1 2 C | P g M j|. Mit Stachelkleid, 
perforiertem Gaumen und weiterein Becken. E. rurof>anis L. Der Igel 
erstreckt sich durch ganz Europa bis zum Gl 0 n. B. und bis zum Ural 
und Kaukasus. Wirft im Juli oder August 4 8 (lo) Junge. 

6. Familie: P0TAM08ALIDAE Allm. Diese Familie, zu der mit Sicher- 
heit nur das westafrikanische Genus Potamouale Du Chaillu gehört, unter- 



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380 



III. Ordnung: Inwftivora. 



scheidet sich von allen Insectivora durch das Fehlen der Clavicula und 
durch die Syndaktylie der 2. und 3. Zehe (s. oben). Gebiü I i{ C { P 1} M ij : 
obere Molaren mit unvollständig geteilten triangulären Prismen. Es sind 
zwei Species: P. velox D. (Jh. und P. allmani Itk. bekannt, die in Flüssen 
mit ihrem lateral zusammengedruckten, starken Schwänze schwimmen. 

7. Familie: CENTETIDAE Miv. Die Merkmale dieser Familie sind in 
unserer Tabelle niedergelegt. Fraglich ist es, ob die Solcnodontinac als 
Unterfainilie hinzugerechnet, werden dürfen. Das einzige Genus derselben : 
Solexodox Brandt ist sofort charakterisiert durch die tiefe Furche an der Innen- 
seite des 2. unteren I: Gebiii J— J;^*» Schwanz lang, Pelz ohne Stacheln, ist 
beschränkt auf Cuba und Haiti. Die übrigen drei Unterfamilien unserer Tabelle 
kommen nur in Madagaskar vor. Von diesen wird das wenig bekannte 
Genus Geogauk A. M. Kdw. von manchen den Potamogalidae zugerechnet. 
Die Orvi-.orictinac mit «lein grabenden Genus Oryzorictks Grand., dem 
terrestren Microgalk Thms. und dem neuerdings entdeckten Limxoualk F. 
Maj., das mit hohem Ruderschwanz schwimmt, unterscheiden sich von den 
übrigen durch Verwachsung von Tibia und Fibula. 

Eine zentrale Stellung nehmen : Centetes Ulig., Hemkextetes Miv. 
und Ericlia s I. Geoff. ein. Sie bilden die auf Madagaskar beschrankte 
Unterfamilie der Centetiaae Gerv., ausgezeichnet durch plumpe Körperform, 
rudimentären Schwanz, gutentwickeltes Stachelkleid und sehr späten 
Zahnwechsel. Gebiß bei Hemiccntetes \'-\ \ bei Centetes a ' |— ' *, zu- 
weilen mit noch einem 4. M; C ist groß, caniniform. Der Penis liegt zu- 
sammen mit dem Anus in einer Hautfalte. Centetes hat bis 21 Junge in 
einem Wurf. 

8. Familie: CHKYSOCHLORIDAE Miv. Die Form der Zähne: die abdo- 
minale Lago der Testikel und andere Punkte nahem diese ausschließlich 
süd- und zentralafrikanische Familie den Centetidae und unter diesen 
vielleicht am meisten den Oryzorictinao. Sie muß sich dann aber von 
dieser früh abgetrennt haben, wie die getrennte Tibia und Fibula beweist. 
Trotz der Bulla ossea tympauica und anderen Uebereinstimmungen hat sie 
keine Verwandtschaft mit den Talpidae. Die grabende Lebensweise rief 
allerdings konvergente Veränderungen hervor. Bei näherem Zusehen sind 
diese aber z. B. in der vorderen Extremität in ganz verschiedener Weiso 
erreicht fs. oben;. Die trigonodonten M sind fast prismatisch, während 
die Insectivora sonst braehydonte M haben. Augen und Ohrmuscheln sind 
stark reduziert (Fig. 273 und 274): das Haar goldig irisierend. Testes 
abdominal. CiiRVsm hi.oris Ouv. T-^CJ P]{Mjj~ * mit ungefähr 0 Arten 
— von denen Ch. anrra Poll, vom Kapland die bekannteste ist bis zum 
Kongo sich erstreckend. 

Vorgeschichte. 

Bereits das lokalisierte Auftreten einzelner Abteilungen macht den Ein- 
druck, als habe man es mit Teliencstcn einer früher weiteren Verbreitung zu tun. 

Bei Besprechung der mesozoischen Säugetierreste wurde bereits (p. 3f>H) 
auf die Annahme hingewiesen, dati ein Teil derselben als primitive In- 
sectivora aufzufassen seien. Man stölit hierbei auf die Schwierigkeit, dali 
Insectivora sich nach Kopfknochen und Zähnen allein nicht leicht charak- 
terisieren lassen. Man darf aber wohl annehmen, dali aus unbekannten 
Ahnen primitive Insectivora entstanden mit dem Gebiii I i] C\ P} M '~J. 



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Insectivora, Vorgeschichte. 



Dies war ursprünglich ausgesprochen diphyodont. wie es heute noch hei 
(entetidae der Fall ist. Es erlangte darauf aber die Tendenz zur Mono- 
phvodontie. Ferner ilie Neigung zu Reduktion oder Veränderung im Gebiet 
der Antemolaren. zu Vergrößerung des oberen I, und des unteren I, 
Die Molaren waren ursprünglich trikonodont, darauf trigonodont; erst später 
ging bei der Mehrzahl die Trigonodontie über in den tuheiculo-sectorialen 
und in etwas höhere Zustände. Es waren Placentalia mit niedrig organi- 
siertem (iehirn, «leren Kopf trotzdem verhältnismäßig groß war gegenüber 
dem kleinen Körper. Sein (iesichtsteil war verlängert, die Nasenlöcher 
endständig. Die Wirbelsäule hatte höchstens 20 thoraco-lumbale Wirbel, 
die Wirbelkörper Interccntra; der Schwanz war lang als Erbstück niederer 
Vertehraten, wo er ein Bewegungsorgan ist, das seine diesbezügliche Be- 
deutung erst verlor infolge von Aufrichtung des Körpers auf den 4 Ex- 
tremitäten. Bei den Säugetieren besteht doch die Tendenz, durch Ver- 
längerung der Extremitäten den Körper über den Boden zu erheben. Damit 
fiel ihnen die Aufgabe zu. den Körper zutragen, was aber die Tiere gleichzeitig 
befähigte zu schneller Bewegung, wodurch sie geeigneter wurden, lebende 
Beute, z. B. Insekten, zu erhaschen, gleichzeitig aber etwaigen Feinden zu 
entgehen. Damit war die erste Differenzierung der Extremitäten, die bei 
den späteren Formen zu hoher Ausbildung kam. bereits bei den primitiven 
Insectivora angebahnt und äußerte sich in dcrCrista dcltoidea des Humerus. 
dem .*>. Trochanter des Femur. Uebrigens war die Scapula und das Ilcum 
noch schmal, Hand und Fuß plantigrad, ersterer aber wohl mehr oder 
weniger prehensiel, wofür die Lage des Ellenbogens spricht. Im Carpus 
Centrale vorhanden. Scaphoid und Lunatum getrennt. 

Teilweise setzten sich diese primitiven Insectivora (vergl. Osborn) 
fort in unsere heutigen Insectivora. andererseits entwickelten sich aus ihnen 
die Creodonta. Bereits von ihrer Wurzel aus gingen sie neben den Mar- 
supialia her. Sie sind denn auch ohne engere Beziehungen zu diesen. 
Man wollte solche noch in der .letztweit erkennen zwischen Notoryctes 
und Chrvsochloris. Worin beide übereinstimmen, ist aber wohl einesteils 
Konvergenz infolge der gleichen grabenden Lebensweise, anderenteils gilt 
es solche Punkte, wie sie primitiven Säugern überhaupt zukommen. Zweifels- 
ohne zweigten sich von Insektivoren die Chiroptera und ( ialeopithecidae 
ab. Entfernter ist der Zusammenhang mit Prosimiae und kreodonten 
Carnivora. Letzteren illustriert die Tatsache, daß das oligoeäne Genus 
^Leptictis Leidymit vollständigem .lochbogen, der Zahnformel: 2-1 - 4-3, und 
kegelförmigen I, von einzelnen neben +IIyaenodon zu den +Creodonta gestellt 
wird, während es meist mit anderen gleichalterigen oder jüngeren Kesten, 
z. B. +Ictops Leidy * \ \ * zur Familie der +I,eptictidae vereinigt und den 
Insectivora zugerechnet wird. Sehr fraglich ist es, ob man in ihr die 
Stammformen verschiedener heutiger Insectivora suchen darf. Ihr Schädel 
gleicht noch am meisten dem der Erinaceidac. die M sind weit einfacher. 

Als ältestes sicheres Insektivor gilt -i-Adapiborex Lemoine aus dem 
Cernaysien (unteres Eocän von Frankreich). I, C t P 4 M 3 ; untere I und 
C niederliegend; M quadrituberkular; Foramen entepicondyloideum und Tro- 
chanter tertius vorhanden. Seine Verwandtschaft ist noch dunkel, ebenso 
wie die von +Adapisoriculus Lemoine. +Orthaspidotherium Lemoine 
aus gleicher Fauna. 

Fossile Reste, aus den Familien Centetidae. Potamogalidae und Chryso- 
chloridae. also den Gruppen mit schmalen M mit ausgesprochenem V-Mustcr. 



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382 IV. Ordnung: Chiropter*. 

die auf Madagaskar, das südliche Afiika und Westindien beschränkt sind, 
felüen bisher. Die heutigen Talpidae haben Vorgänger in +Amphido- 
zotherium Filhol, aus dem Eocän von Quercy. mit Talpiden-Humerus. Das 
(lenus Talpa ist in verschiedenen Formen vom Miocän an in Europa nach- 
gewiesen und soll in +Talpavi;s Marsh auch in Nordamerika (Eocän) einen 
Vorgänger haben. Mit den Tuiwjidac. die heute auf die indische Region be- 
schränkt sind, wird +Gai.erix Pomel. <" ;^. M vierseitig) in Verbindung 
gebracht. Die verwachsene Tibia un<l Fibula, der knöcherne, nicht ge- 
schlossene Orbitalring und der schmale Jochbogen sollte gleichzeitig auf eine 
Verwandtschaft mit den Macroscclididae weisen. Leche hat aber neuer- 
dings dargelegt, daß Galerix ein typischer Gymnurine ist. somit den Eri- 
naeeidae angehört. Daraus folgt dann, daß fossile Menotyphla bisher 
nicht gefunden sind; denn 'Lanthanotherium Filii, gehört zu Galerix. 
Die Soriciden sind vom oberen Eocän ab aus Europa und Nordamerika 
bekannt. Am besten bekannt ist die Genealogie unserer heutigen alt- 
weltlichen Erinaceidae. Von diesen: (iymnura, Hylomys und Erinaceus 
nimmt nach Leche Hylomys eine Mittelstellung ein. gleichzeitig das 
primitivste Stadium, das sich noch am nächsten an +Neurooymxurus Filhol, 
aus dem oberen Eocän von Frankreich anschließt. +Xcurogymuurus 
P" Cayluxotherium ) degans Filh. besitzt in Gebiß und Schädelbau alle 
Eigenschaften, die man bei der direkten Stammform aller Erinaceidae. 
sowohl der fossilen als der lebenden, zu erwarten berechtigt ist. Seine 
volle Zahnzahl setzte Hylomys und (iymnura fort. Rückgang der Ante- 
molaren hinter den vorderen I trat dagegen bei +Palaeoerinaceus Filh. 
aus dem unteren Miocän von Frankreich auf und setzte sieh fort bei unseren 
heutigen Erinaceus-Arten. Von letzteren unterscheiden sich die fossilen 
Vorgänger durch niedrigere Differenziation. aber von der Art. ..<laü bei 
einer auf genealogischer Basis gebauten Klassitikation die beiden Palaeo- 
erinaceus-Arten auf keine generische Sonderstellung Anspruch machen 
können" [ Leche |. Erinaceus trat demnach bereits im unteren Miocän auf. 
Er ist somit das älteste lebende Säugetier, da Tapirus und Hyomoschus 
erst im mittleren Miocän erscheinen. 



IV. Ordnung: Chiroptera. 

Die Fledermäuse sind die einzigen Säugetiere, die wirklich fliegen 
können. Alle übrigen, die gleichfalls Flughäute haben: (ialcopitbecus. ver- 
schiedene Arten von Beuteltieren und Nagern, können sich mit denselben 
niemals in die Luft erbeben, sie wirken nur als Fallschirm und befähigen 
die Tiere zu weitem, schwebendem Sprunge von erhöhtem, vorab erklettertem 
Punkte aus (vergl p. 4(J(J). V ielseitig hat das Flugvermögen auf die Fleder- 
mäuse eingewirkt. Der dazu erforderliche Apparat gab zunächst Anlaß zu 
Umformung der Gliedmaßen und der bekleidenden und benachbarten Haut- 
decke. Der Körper wurde aber auch weiter beeinflußt, so selbst, daß das 
säugende Junge die Beeinflussung verrät. 

Es wurde früher auseinandergesetzt, daß die Flughaut (Patagium) 
der Säuger aus drei Abteilungen bestehe: dem Propatagium, das sich 
zwischen Kopf und Hals einerseits, den Vorderextremitäten andererseits 
ausdehnt; dem Plagiopatagium zwischen Rumpf und Extremitäten; dem 
rropatagium zwischen den hinteren Extremitäten, den Schwanz ganz oder 



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Chiroptera, Körperbau. 



383 



teilweise einschließend. Stets bleibt Hand und Fuß hierbei unverändert. 
Hei Chiroptera aber, deren Flughaut sich zu wirklichen Flügeln fortentwickelte, 
sind dagegen die Finger, mit Ausnahme des Daumens, außergewöhnlich 
verlängert. Das Plagiopatagium ist zwischen ihnen, bis zu ihrer Spitze 
ausgespannt und stellt damit ein Chiropatagium dar. H. Allen verteilt 
deskriptiver Zwecke wegen das Plagiopatagium in ein Endopatagium, 
zwischen Rumpf. Humerus und Hinterextremität und in ein Mesopatagium. 
das, ersteres fortsetzend, 
vom Unterarm, Meta- 
carpus und Phalangen 
des ö. Fingers ausgeht. 
Unser Chiropatagium. 
dessen Teile zwischen 

den Fingern liegen, 
nennt er Ectopatagium 
(Dactylojiatagium). Das 
Propatagium erfreut sich 
nur geringer Ausbil- 
dung, (iroße Verschie- 
denheit zeigt diesbezüg- 
lich rlas interfem orale 
Uropatagiuni, indem es 
ganz fehlen kann, bald 
die Schwanzspitze frei 
läßt, bald dieselbe ein- 
schließt, den Schwanz 
sogar überragen kann. 

Die Flughaut ist sehr 
elastisch , größtenteils 
nackt oder dünnbehaart 
und leicht zusammen- 
legbar. Ihre Hlutgefäße 
sind ausgezeichnet durch 
eine starke Muscularis, 
wodurch die Venen rhyt- 
misch kontraktil wer- 
den. Sinneshaare kom- 
men reichlich vor. Im 
übrigen ist die Haut 

charakterisiert durch 
weiche Haare . deren 
Rindenlage aus Schrau- 
bengängen von einander dachziegelartig überdeckenden Schüppchen besteht, 
oder aber letztere stehen in Querreihen und endigen dann häutig mit weit 
vorspringender scharfer Spitze ( Fig. 2 ( Jf>). Dadurch kommen auffallende Ver- 
schiedenheiten der Ilaare zustande, die systematischen Wert haben |P. Marchi. 
Dobson|. Die Haare stehen bald vereinzelt und unregelmäßig verbreitet, 
bald in (Iruppen, jedoch ohne jeden primitiven Charakter. 

H. Allen meint, daß das Haarkleid bei Formen, die in Rulle senk- 
recht hängen (Fig. 21MJ), besser entwickelt sei als bei solchen, die gestreckt 
ruhen. Nahezu nackt ist nur Cheiromeles. Schuppen fehlen der Haut : höchstens 




Fig. 21)4. Pteropus edulis. Skclet in den Körper- 
umriß eingezeichnet. CCIavicula; /'Fibula; CA/'Chiro- 

R Ra- 
Jropatagiuni. 



patagium ; PIP Plagiopatagium ; PrP Propatagium ; 
dius; Sp Sporn; 7 Tibia, LM lna; UP Uropatagiu 



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3*4 



IV. Ordnung: Chiroptera. 



kommt es zu einer unregelmäßigen Querfelderung der Füße und des 
Daumens. 

Hervorragend ist die Befähigung der Haut, Drüsen zur Ausbildung zu 
bringen. Tubulöse Drüsen kommen wohl allgemein vor. sie können selbst 
in der Zweizahl unmittelbar neben einem Haarfollikel ausmünden. 

Wohl l>ei der Mehrzahl der Fledermäuse vereinigen sich Hautdrüsen und 
zwar, wo nicht ausschließlich, dann doch in erster Linie acinöse Drüsen, 
zu größeren Gebilden, die häutig unter Beteiligung der Hautdecke als 
solcher, umfangreiche Drüsenkörper darstellen und als ..Drüsensäckc" an 
sehr verschiedenen Körperstcllcn auftreten können. Da sie als Kegel nur 
beim Männchen vorhanden, jedenfalls beim Weibchen rudimentär oder 
wenigstens geringer entwickelt sind, so ist «lies ein Hinweis, daß sie zum 



trris thebaica; d Nvctinoniu» na»o; r Molosau» 
rufus. Nach P. Marchi, schwach vergr. 

Geschlechtsleben in Beziehung stehen und daß ihre stark riechenden Sekrete 
vielleicht als Excitans vor der Begattung wirken. Aus acinösen Drüsen, 
wohl meist aber mit darunter lagernden tubulösen, bestehen die Gesiehts- 
drüsen, die bei vielen Chiroptera längs dem Oberkieferrande gegen das 
Auge sich erstrecken. Von den Männchen zahlreicher Phyllostoma- Arten 
beschrieb Dobson einen Drüsensack hinter dem Nasenaufsatz mit einem 
Haarpinsel auf dem Grunde, der umgestülpt werden kann. Bei Taphozous 
liegt solcher Drüsensack zwischen den L'nterkieferhälften. bei anderen 
<Cheiromeles) in der Brustgegend: bei Saccoptervx als weiter, stark 
riechender Sack im proximalen Teil der Flughaut. Megachiroptera haben 
ausgebreitetere Drüsenfelder: so die Schulterdrüsen von Epomophorus. 
die Nackendrüse, die bei Pteropus in beiden Geschlechtern auftritt, den 
widerlichen Geruch dieser Tiere hervorruft und sich mit einer, auch in 
der Färbung vom übrigem Körper abweichenden Behaarung verbindet. 
Auch in der analen und perinealen (legend treten Drüsenbildungen auf. 
In letztere Kategorie gehören die paarigen ..Moschusdrüsen" von Noctilio. 




Fig. 295. Haare von « (tlofwophaga arn- 
plexicaudata ; AMcgaderma trifolium; c N \ <■- 




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ChiroptiTH, Körperbau. 



«lie in einen hinter «lein Penis liegenden unpaaren Sack ausmünden. Auf- 
fallender sind die ..Drüsenkissen" |Monticelli|, die bei Eonycteris s[>elaea 
beim Weihehen jederseits von der Urogenitalötfnung sich finden; beim 
Männchen, wo sie weit umfangreicher sind, an der Hautstelle, die 
wenn die Testikel ausgestülpt sind auf der Höhe des temporären 
Serotunis liegt. Milchdrüsen und Zitzen treten als Regel in der Zweizahl 
auf und zwar die Zitzen meist postaxillär, seltener rein ]>ektoral. Aus- 
nahmsweise kommen beide Arten vor (Atalapha. I^eche: Phyllorhina und 
Nycteris. Allen). Außerdem hat Leche festgestellt, dali zitzenartige Ge- 
bilde in der Schamgegend, die von Megaderma und Rhinolophus lange 
bekannt sind, bei Phyllorhina wirkliche Zitzen sind mit entsprechender 
Milchdrüse. Daß letztere ausnahmsweise auch beim Männchen funktionieren 
kann, behauptet Dobson für Cynoptcrus und Cynonycteris. 

Die Neigung der Haut zu Faltenbildungen (Flughaut, Drüsensäckc) 
äußert sich auch anderwärts, teilweise wohl um Sinnes-(Tast-)haaren, Tast- 
organen überhaupt, (ielegenhcit zur Ausbildung zu geben; was wieder in 
Verbindung steht mit der fliegenden Lebensweise gerade bei Dämmerung 
und während der Nacht, wobei das Tier, nach Spallanzanis Versuchen mit 
geblendeten Fledermäusen, in erster Linie durch ein äußerst feines Tast- 
gefühl sich leiten läßt. Dies werden in erster Linie die von Säugern 
überhaupt bekannten Vibrissae vermitteln, die auch bei Chiroptera, in der 
Umgebung des Mundes reichlich entwickelt sind, aber bei ihnen auch 
anderwärts auftreten, namentlich auf der Flughaut und auf den Ohren. 
Jedes der zahlreichen, kleinen Tasthaare erhält hier einen Nervenfaden, 
der die Haarwurzel als Ring umgibt (Schöbl]. Als besondere Haut- 
exkreszenzen zu taktilen Zwecken wäre zu nennen: häufiges Auftreten 
von übermäßig ausgedehnten Ohren, die nebenher auch in ausgiebiger 
Weise Geräusche auffangen können; verwickelt gebaute Nasenaufsätze, die 
Anlaß gaben zu den (ienusnamen Rhinolophus, Rhinophylla, Rhinopoma etc., 
von denen aber hervorgehoben werden muß, daß wenigstens die von 
I/eydig und Redtel näher untersuchten sich keineswegs durch Nerven- 
ausbreitung auszeichneten. Sie entwickeln sich bei insektivoren. also auf 
fliegende Insekten Jagd machenden Formen, in der Umgebung der Nasen- 
löcher, teilweise wohl aus deren Knorpel und Haut. Unter frugivoren 
Formen tritt nur bei Harpya eine röhrige Verlängerung der Nasenlöcher 
auf. Außer diesen, meist medianen Nasenaufsätzen können auch laterale 
Hautfalten in der Umgebung der Schnauze auftreten, wie die Kinnplattcn 
von Macrot Iis, Mormops u. a. m. 

Nur hei Megachiroptera hat der Schädel seine ursprüngliche Form 
bewahrt und ist auch im Gcsichtsteil gestreckt. Bei Mierochiroptera ist 
letzterer verkürzt, zuweilen derart, daß die Gesichtsknochen darunter litten. 
Ihr Hirnschädel ist gleichfalls verkürzt, dabei aber verbreitert und abge- 
rundet, mit Demarkation der darunterliegenden cerebellaren, cerebralen und 
olfaktorischen Hirnabteilung. Abgesehen von der Tatsache, daß die 
Nähte der Schädclknochen, namentlich aber die des Gesichts, bei Micro- 
clüroptera. früh verschmelzen, inrlucnzierte auf deren Schädel unzweifel- 
haft f lic Gewohnheit, Insekten im Fluge zu haschen. Dies forderte 
eine weite Mundspalte und daneben ein kräftiges Gebiß, dem- 
entsprechend starke Ausbildung des Muse, temporalis und der Mm. 
ptcrygoidei. Erstercr gab damit Anlaß zu einem Sagittalkamm, der bei 
den frugivoren Megachiroptera nur angedeutet ist oder erst spät auftritt; 

\Vel»er, Säugetiere. -•> 



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im 



IV. Ordnung: Chiroptera. 



ferner zu einer Verbreiterung der Exoccipitalia, die als Platte das Mastoid 
von außen überdeckt, die Processus paroccipitales aber frei läßt. 

Den großen Pterygoidmuskeln entsprechen nach hinten ausgedehnte 
Pterygoidei. Die Fossae pterygoideae dagegen sind klein. Die Orhita 
Hießt gemeinhin mit der Temporalgrube zusammen; doch kann auch bei 
Nycteridae, Emballonuridae und Pteropodidae ein Processus post-orbitalis 
am Frontale auftreten, der bei einzelnen der letzteren an der Bildung 
eines orbitalen Knochenrings mithilft. Ausnahmsweise kann der meist 
zarte Jochbogen fehlen (Cheilonycteris, Carollia und andere Phyllostoma- 
tidae). Das Foramen lacrymalc liegt facial. 

Aus der Haltung des Kopfes gegenüber der Wirbelsäule sollte man 
erwarten, daß die Hinterhauptskondylen nicht die bei Säugetieren ge- 
wohnte, nach hinten gerichtete Lage einnehmen würden. Dem ist aber 
nicht so. Die an den Menschen erinnernde, im Fluge nützliche Haltung, 
wobei die Schädelbasis einen rechten Winkel bildet mit der Wirbelsäule, 
wird erzielt durch Krümmung der Halswirbelsäule nach vorn (ventral- 
wärts, s. p. 4«i). 

Die Wand der Schädclhöhle wird namentlich durch die großen 
Parietalia gebildet. Orbito- und Alisphenoid können tedweisc häutig 
bleiben, so «laß das Foramen opticum alsdann der knöchernen Umrandung 
entbehrt. Das Petrosum. als periotische Kapsel, hat bei Megachiro- 
ptera nichts Besonderes, bei Microchiroptera ist das Knochengewebe so 
sparsam, daß das knöcherne Labyrinth mit seinen halbzirkelfönnigen 
Kanälen und mit der Cochlea deutlich zu Tage tritt. Letztere hat der- 
artige Ausdehnung, daß dem Basioecipitale zwischen den beiderseitigen 
Cochleae nur beschränkter Raum erübrigt. Hei Megachiroptera ist die 
Trommelhöhle nur häutig geschlossen, das Tympanicum schmal ringförmig, 
lose. Bei Microchiroptera soll es dagegen zu einer Bulla aufgeblasen sein, 
die aber stets an die ursprüngliche Kingform erinnert und wohl nie 
die ganze Trommelhöhle umwandent. auch liefert es keinen knöchernen 
äußeren (JehÖrgang. E. Blanchard und Maisonneuve erkannten jedoch 
bereits, daß die Bulla selbständig entsteht und erst sekundär mit «lein Tym- 
panicum verschmilzt, das. wenn auch verbreitert, seine Ringform bewahrt. 

Selbst im gestreckten Schädel der frugivoren Fledermäuse, der lange, 
schmale Nasalia hat, sind die Intermaxillaria klein, berühren einander aber 
in gewohnter Weise in der Mittellinie. Dies ist auch der Fall bei den 
insektivoren Phyllostomatidae und Molossi. Sie sind aber auch hier klein wie bei 
allen übrigen, bei denen sie ganz fehlen können (Megaderma). sind nur 
ligamentös.also bewegbar, mit den Maxillaria verbunden und sind median durch 
einen Spalt getrennt, der sich mit den Foramina incisiva vereinigen kann. 
Der verkürzte, durch die Sinus maxillares aufgeblähte Schnauzenteil er- 
hält hierdurch ein auffälliges Aussehen: bei Mormops ist er gar aufwärts 
gebogen. Auch der liaumen und die Nasenhöhle werden hierdurch beein- 
flußt. Bei den Megachiroptera ist ersterer langgestreckt und durch aus- 
gedehnte tiaunienplatten der Palatina nach hinten verlängert und die 
normal gebaute Nasenhöhle fällt nur auf durch das ganz verkümmerte 
Nasoturbinale und die auf 4 beschränkte Zahl der Endoturbinalia mit fünf 
Riechwülsten: das Maxilloturbinale ist doppelt gewunden, der Sinus frontalis 
klein. Der (iaumen der Microchiroptera aber liegt entweder in ge- 
wohnter Weise in der Flucht der Schädelachse oder er ist nach aufwärts 
gebogen. Begegnen sich die Intermaxillaria nicht in der Medianlinie, so 



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Chiroptera, Körper!«». 



3H.7 



ist der (iaumen nach vorn offen: er wird hier durch Knorpel ergänzt, 
der aber auch fehlen kann < Rhinolophidae Grosser). Auch die Ausdehnung 
des Gaumens nach hinten über die Zahnreihe hinaus ist eine verschiedene. 

Die Nasenhöhle erfuhr Reduktion infolge Rückbildung des Gesiehts- 
schädels. jedoch in verschiedenem (irade. Bei sämtlichen erlitt das Nasotur- 
binalc Rückgang, der fast zum Schwunde führen kann. Die Ethmoturbi- 
nalia sind gering an Zahl, aber noch in zwei Reihen angeordnet und ge- 
wunden (Vespertilioniden z. It.); sie scheinen aber bei Rückbildung der 
Intennaxiilaria einfach zu werden und sich auf eine Reihe zu be- 
schranken [H. Allen, Grosser]. Dieser Rückschritt kann sich auch auf 
das Maxilloturbinale ausdehnen. 

Am Unterkiefer ist der aufsteigende Ast meist niedrig, der Pro- 
cessus coronoideus meist breit für den Ansatz des starken Muse, tempo- 
ralis, der Processus angularis sehr verschieden stark entwickelt; der Con- 
dylus mandibulae bei den Megachiroptera merklich verbreitert. 

Deutlich steht das übrige Skelet unter dem Einfluß der Mechanik des 
Fluges, wie dies namentlich H.Winge minutiös nachgewiesen hat. Dies äußert 
sich auch im Rumpfskelet. Die Wirbelsäule hat stets 7 Halswirbel; von 
der Verschiedenheit der Zahl der Rücken- und Lendenwirbel geben einige 
Zahlen nach Flower ein Bild: 12 - f> Pteropus. 11 -}- 7 Phyllorhina dia- 
dema. 11 + f> Vesi>erugo nanus. Die Sakralwirhel, deren eigentliche Zahl 
wohl .'t beträgt, verschmelzen meist mit den Schwanzwirbeln, die ganz 
rudimentär sein, aber auch bis zu 15 steigen können. Eigentümlich ist 
die nach vorn konvexe Krümmung der Halswirbelsäule hinter dem Epi- 
stropheus; bei Megachiroptera und Phillostomatidae weniger bedeutend, 
wird sie bei Ycspertilionidae und Rhinolophidae so stark, daß der Hinter- 
kopf dem 1. Rückenwirbel genähert ist. Hierdurch erlangt der Kopf eine 
mehr oder weniger rechtwinkelige Stellung zur Halswirbelsäule (s. oben). 
Diese ist noch auffälliger Hei der gerade entgegengesetzten Krümmung der 
thorako-lumbalen Wirbelsäule zu einem dorsalwärts konvexen Bogen. Hier- 
durch wird der Thoraxraum sehr umfangreich, namentlich in seinem distalen 
Abschnitt, wobei wesentlich mithilft, daß Sternum und Wirbelsäule nach 
hinten stark divergieren. Maisonneuve fand bei Vespertilio den Abstand 
des Processus xiphoideus von der Wirbelsaule circa .'t'/jinal so groß als 
den des Manubrium. Letzteres ist breit, massiv und stark gekielt zum 
Ursprung der starken Brustmuskeln. Solcher Kiel, jedoch von ersterem 
geschieden, erhebt sich bei Megachiroptera auch auf dem Mesosternum, 
das bei den übrigen glatt ist oder höchstens eine Leiste hat. Die meso- 
sternalen Segmente bleiben entweder zeitlebens getrennt oder sie ver- 
schmelzen. Solche Verschmelzung kann auch hinsichtlich der Rippen mit 
den Wirbeln, sogar zwischen benachbarten Rippen eintreten, da ferner die 
Rippen bis zur Berührung dicht nebeneinanderliegen können, auch die 
Rippenknorpel früh verkalken, gewinnt der Thorax große Rigidität |H. Allen], 
was seinen Nutzen haben muß für den Ursprung der Flugmuskulatur. 

Die Anforderungen des Fluges erklären auch die starke Clavicula 
und ihre feste Verbindung am sternalen Ende, nicht nur mit dem .Manu- 
brium sterni . sondern auch mit dem verknöcherten Rippenknorpel der 
1. Rippe. Die Scapula verdankt ihre abgerundete Form namentlich der 
großen Ausdehnung der Fossa infraspinata; ihr Processus coraeoideus ist 
stets lang und gebogen, bei den meisten Vespcrtilionidae aber gegabelt. 
Am langen Humerus fehlt ein Foramen entepicondvloideum. 

25' 



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3«8 



IV. Ordnung: Chiroptera. 



Auffallender wird der Einfluß der Mechanik des Fluges auf die 
übrigen Teile der Yorderextremität ; deren Umformung zu Flugorganen 
hob ihren Gebrauch als Gehorgan nahezu auf. Der Radius wurde erheb- 
lich länger als der Hunicrus; von der l'lna erhielt sich nur das distale 
Ende, das aber mit dem Radiusende verschmilzt, sowie das Olecranon. 
das bald frei, bald verwachsen ist. Hieran schließt sich bei Yespertilioncn 
ein haarfeiner Knochenfaden an [Leche|, der die halbe Länge des Radius 
erreichen kann. Im übrigen fehlt das Mittelstück der Ulna. Diese Re- 
duktion erfährt sie aber erst während der Entwicklung, da sie knorpelig 
vollständig angelegt wird. Nach Leche ist sie bei + Vespertilio parisiensis 
Cuv. und + Y. aquensis Saporta, aus dem Eocän Frankreichs, noch ein 
unverkümmerter Knochen. H. Winge weist aber auf das Auffallende, daß 
V. parisiensis. die unserem heutigen Vespertilio serotinus äußerst nahe 
steht, solch niedrige Eigenschaft sich sollte erhalten haben, ohne daß auch 
in anderen Skeletteilen Ursprüngliches sich zeige. 

Das Ellenbogengelenk ist ein einfachstes Charniergelenk ; die Flug- 
bewegung stellt denn auch keine andere Anforderung an dasselbe als aus- 
giebige Streck- und Beugebewegung. Letztere wird auch für das Einschlagen 

der Flügel in der Ruhe gefordert. Zu beiderlei Zweck 
muß gleichfalls das Radio -carpal- Gelenk sowie 
das Carpo-metacarpal-Gelenk ausgiebige Beugung 
gestatten. Ersteres kommt zustande durch die 
distalen Enden von Radius und Ulna, mit denen 
die drei Carpalknochen artikulieren, die zu einem 
Knochenstück sich vereinigen, zuweilen jedoch 
bleibt das Triquctrum frei ; Scaphoid und Lunatum 
aber verschmelzen stets. Mit ihnen verbindet sich 
das Centrale, das Ixmoucq embryonal antraf. In 
der distalen Reihe ist das Trapezium groß und 
dehnt sich auf Kosten des Trapezoid aus; es hat 
denn auch den großen, beweglichen Daumen zu 
tragen, den einzigen Finger, der normal bleibt. 
Das Pisiforme ist nach der Mitte der Handwurzel 
verschoben. Einzig der Daumen ist nicht in die 
Flughaut aufgenommen und ist stets mit einer 
Kralle versehen. Nur bei Thyroptera und Myxo- 
poda liegt er fast ganz in der Flughaut. Hier ist 
der Daumen ausgezeichnet durch eine große Saug- 
scheibe. Anderwärts trägt der Daumen eine Kal- 
losität; vielleicht entspricht diese der Gewohnheit, 
auf dem Daumen zu ruhen, wie dies der Fall ist bei den Fledermäusen, 
die in der Ruhe nicht hängen. Die übrigen Finger sind stark verlängert, 
und zwar bei Megachiroptera auch durch Verlängerung der 2. Phalanx. 
Während die dritte nur am 2. Finger vorkommt, kurz ist und eine Kralle 
trägt. Bei Microchiroptera kommt die Verlängerung hauptsächlich durch 
die Metacarpalia zustande. Dabei fehlt dem 2. Finger die Nagelphalanx, 
mit Ausnahme von Rhinopoma. Im übrigen dienen die Finger bei allen 
Chiroptera nicht mehr zur Stütze des Körpers. Damit schwand die Nagel- 
bekleidung und verlor die Nagelphalanx ihre ursprüngliche Bedeutung. 
Dies offenbart sich darin, daß die Enden des 3», 4. und f>. Fingers 
knorpelig bleiben. Mit Leboucq muß man jetzt fragen, ob man den 



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Fig. 2!>7. Vespertilio 
murinus. Carpu* von drr 
T)or»alseite. */, ; c Capita- 
tum; AHamatum; r Radius; 
j/Somilunare; /Trapezium; 
// Triquetrum ; tz Trapezoid ; 
/ — V proximale!« Ende dr* 
1. — 5. Metacarpale. Nach 
Maiflonncuve. 



Cbiroptera, Körperbau. 



3W 



J 



Namen Endphalange auf das letzte gegliederte Segment anwenden soll, 
oder oh man darin eine knöcherne und eine knorpelige Phalange unter- 
scheiden darf, in welchem Falle man 3 Phalangen erhält. Schließt man 
sich letzterer Ansicht, an, so muß man in den Fällen, in welchen 3 ver- 
knöcherte Phalangen vorhanden sind, von denen 
aber die letzte mit einer Knorpelspitze endet, diese 
also als 4. Phalanx bezeichnen müssen. H. Allen 
nennt solche Fälle von Macrotus und Artibeus. Es 
würde sich also um Hyperphalangie handeln. 
Leboucq weist denn auch nach, daß beim reifen 
Fötus von Vespertilio die Phalangenformel für 
den 2.— ö. Finger lautete: 1. 3. 4. 3, für das er- 
wachsene Tier aber: 1. 3. 2. 2. Bei der Ossi- 
fikation verschmilzt das überzählige Segment mit 
dem vorhergehenden und das distale Ende der 
2. Phalanx dehnt sich über die Grenze der proxi- 
malen Epiphyse der 3. Phalanx aus. Da die 
knöchernen und knorpeligen Teile der Endphalanx 
beim Erwachsenen nicht der 2. und 3. Phalanx 
des Fötus entsprechen, so ist es derzeit wohl 
ratsamer beim Erwachsenen nur die geglieder- 
ten Elemente als Phalangen zu zählen, gleichgültig 
ob sie ganz oder nur teilweise verknöchert oder 
verkalkt sind. 

Vom Becken wurde bereits früher (Fig. 83 
p. 106) dargelegt, daß es eine dorsale Rotation 
erfuhr, wobei gleichzeitig das Acetabnlum dorsal- 
wärts derart verlagert wurde, daß das Bein um 
seine Längsachse gedreht ist und das Knie nach 
außen und dorsalwärts schaut. Offenbar ist dies 
eine Verlagerung in Verbindung mit der Anheftung 
der Flughaut und demgemäß durch die Flugbe- 
wegung hervorgerufen. Unter dieser Verlagerung 
der Beckenhälften litt deren ventrale Verbindung. 
Sie kommt höchstens durch die Pubes zustande 
und zwar durch deren Epiphysenknorpcl. Nament 



4 



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Fig. 298. Vespertilio inuri- 
nup. /— r Finger ; /Daumen ' ,. 



neu beim Weibchen kann aber selbst dieser durch Nwh^MSwnnTOw?" 
ligamcntöse Verbindung vertreten sein. Nur aus- 
nahmsweise (Rhinolophidae) tritt eine Symphysis pubis in gewohnter Weise 
auf. Allgernein nähert sich bei Chiroptera die Tuberositas ischii dem 
Sacrum oder Coccyx und geht bei manchen eine knöcherne (ischio-sakrale 
oder ischio-coccygeale) Verbindung ein. Der Processus ileo-pectineus kann 
enorme Länge erreichen und mit dem Oberrande des Ilium verschmelzen 
(Rhinolophus), wodurch ein unter Säugern einzig dastehendes Loch er- 
zeugt wird. Am Femur fehlt ein Trochanter tertius. Abgesehen von den 
Molossini. ist die Fibula rückgebildet und zwar in ihrem proximalen Teil, 
das distale Ende fehlt nie. Vom Fuß, der fünf bekrallte Zehen hat und 
dessen Talus und Calcaneus verlängert ist, entspringt ein knöcherner Sporn 
(Calcar), und zwar vom Calcaneus. Er stützt den freien Rand des Uro- 
patagium. In Myxopoda und Thyroptera hat auch die Fußsohle eine 
Saugscheibe, die aber der des Daumens an Größe nachsteht. 



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390 



IV. Ordnung: Chiroptera. 



Die Flugbewegung geschieht in der Hauptsache nur im Schultergelenk, 
während im übrigen die Extremität steif gehalten wird. Dementsprechend 
wird am meisten von den Musculi deltoideus und j»ectorales gefordert, 
sowie von den Muskeln, welche die Scapula fixieren. Die Muskulatur der 
Flughaut ist eine Differenzierung der Hautmuskulatur, indem auch der 
vom Hinterhaupt entspringende, zum Daumen ziehende Muse, oeeipito- 
pollicalis wohl nur ein Stück des Platysma myoides ist jLeche]. Nur 
der Muse, dorso-patagialis ist ein vom Muse latissimus dorsi sich ab- 
lösendes, in die Flughaut ausstrahlendes Bündel, das somit von der Skelet- 
muskulatur sich herleitete. 

Das Gehirn der kleinsten Formen scheint glatte Großhirnshemi- 
sphären zu haben. Stets bedecken sie die Corpora quadrigemina und haben 
bei den größeren Formen wenigstens eine kurze sagittale Furche auf der 
Konvexität der Hemisphäre. Auf deren medialer Fläche erscheint eine 
Längsfurche, die der Fissura limbica von Broca, der Fissura splcnialis von 
Krueg entspricht [W. Turner). Eine Fissura rhinalis ist deutlich vor- 
handen, eine Sylvische fehlt aber. Der Bulbus olfactorius ist. wenigstens 

bei PteroiKxlidae. entsprechend der Aus- 
bildung des i>eripheren Geruchsorgans, gut 
entwickelt Bei anderen Gruppen erfuhr 
dieses Organ aber Rückbildung, wodurch 
bei diesen auch das Gehirn einen mikrosma- 
tischen Charakter tragen wird. 0. Grosser 
hebt die Kürze des Rückenmarks bei Chiro- 
ptera hervor : er traf sein Ende bei Vcsper- 
tilioniden und Rhinolophus bereits am oberen 
Rande des 9. Brustwirbels an. 

Gegenüber den Megachiroptera zeich- 
nen sich die Microchiroptera durch sehr 
kleine Augen aus. 

Feher das peripliere Geruchsorgan 
wurde oben bereits einiges angemerkt: 
Fig. 29fi. Vcspcrtilio murinus. ausführlicher wurde es namentlich durch 
Recht« Ohr. / Tragus«, n Antitragu*; H. Allen und O. Grosser untersucht. Durch 
nach Dobson. letzteren auch die Umbildungen, welche die 

knorjielige Nase erfährt, die teilweise regres- 
siver Art sind. Eine Septaldrüse scheint stets vorzukommen, das Jaeob- 
sonschc Organ kann aber fehlen. 

Die äußere Nase ist bei den Phyllostomatidae mit einem medianen 
Anhang versehen, bei den Rhinolophidae von blattförmigen Hautanhängen 
<s. unter Taxonomie p. 399). 

Pctrosum und Tympanicum kamen oben bereits zur Sprache, und in 
Verbindung mit erstcrem Knochen wurde die Grölie hervorgehoben, welche 
die Ohrkapscl bei Microchiroptera, namentlich bei Rhinolophidae. erreicht. 
Die Cochlea hat 2 '/* — 3 Umgänge. Das Gehör soll sehr fein sein. Dafür 
spräche auch die Höhe der schrillen Töne, welche diese Tiere ausstoßen; 
es scheint ja, daß gerade diese ein scharfes Gehör fordern. Bezüglich 
der Gehörknöchelchen bemerkt Doran. dali dieselben sich von allen 
Säugern am meisten denen der Insectivora, namentlich denen der Soricidae. 
nähern. Von systematischer Bedeutung ist die Ohrmuschel (Fig. 299). 
Bei Megachiroptera weicht sie nicht ab vom gewöhnlichen Verhalten, nur 



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Chiroptera, Körperbau. 



verschmelzen ihr Innen- und Außenrand zu einer Röhre: bei den Rhino- 
lophidae nimmt «las Mali der Ohren derart zu. so datt sie einander aus- 
nahmsweise herühren, auch trennt sieh von der Ilasis des Aulienrandes in 
verschiedener Ausdehnung ein ..Antitragus" ah. Iiei den (ihrigen erhebt 
sich von der Basis des Innenrandes der meist excessiv grotten Muschel 
der ..Tragus" als zuweilen sehr grolier. schmaler Lappen. 

Das (Jebitf ist heterodont und diplryodont und erreicht höchstens die 
folgende Zahl von Zähnen: I jj C \ P % M ;;. die. wenn man sie mit der für 




Fig. 301). Gebiß von Corrnorhiaui (Pleootat) towntendn 
Coop. A in Ober-, B im rnterki'rfer, r? Cingulnm. x 12. nach 
H. Allen. 



in Winges Schreibweise , 



Hl i ili<(t! 

ltt«k«T 



Monodelphia ursprünglichen Zahnfornu 

vergleicht, lauten wurde r *J 1**4^' (Natalis. Thyroptera, Vespertilioi. 

Mehr als '2 obere Incisivi jeder- 
seits sind von keiner Fledermaus be- 
kannt. Sie entsprechen den beiden 
hintersten im Unterkiefer, in den 
Fällen, wo hier )\ I vorkommen 
|\Vingej. Uebrigens kann ihre Zahl 
auch unten Reduktion erfahren, wo- 
durch die Incisivi bei Rhinolophus auf 
\. bei Megaderma auf 2. bei Ilarpya 
auf J u. s. w. vermindert wird. 

Stets ist eine Reduktion in den 
I'rämolaren eingetreten. Ihre maxi- 
male Zahl l entstand nieist durch 
Ausfall des 1. I\ zuweilen aber ver- 
schwand zuerst IV Sie können bis Fig. 301. YerM-hiedeue* Verhalten 
auf .'. sinken. der Inei>ivi. I Sxotophilii> temminckii und 

" Auch Ausfall von Molaren kann \ Sy«' 1 ™* bifida im oi»erkiefer. 
statthaben, was dann aber 
hinten her geschieht und so weif 
gehen kann, dali bei Desmodus nach Leche nur M i vorhanden ist. 
nach Winges Auffassung aber auch oben ein M. auftritt. Desmodus 




VaniDvrop* vitlalii* im Ober- und Unter- 
stets von kiefo f; na V h Uo bson. 



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IV. Ordnung: Chimpteru. 



(Fi«. 302) und Diphvlla zeichnen >ieh auch aus durch die scharfe, dreieckige 
Form des einzigen, oberen Incisivus jederseits. mit scharfer, schneidender 
Kante. Auch die Canini haben hei ihnen eine vordere schneidende Kante. 
Das Gebiß verrät deutlich, daß es sich angepaßt hat an die Gewohnheit 
des Tieres Blut zu saugen. 

Die Form der Zähne harmoniert mit der Art der Nahrung. Die 
ursprüngliche Form, die sich an die der Inscctivora und kreodonten Mar- 
siipialia anschließt, treffen wir hei den insckfivoren Chiroptera Hier sind 





Fig. MO'.'. Desmodu» rufu*. 
Link», vordere* Schädelende, von 
ol»oii } ; rechts, die rocht*' (iautnen- 
fläehe Koramen incisivum; 

/ und <■ der lange, *chneidendo 
Iiicisivn» und Caninun. ; n. (ir. 
Nach H. Allen. 



die breiten Backenzähne oben sechs- bis siebenspitzig und zwar mit drei 
äußeren und zwei inneren scharfen Höckern und einem Talon mit einer 
oder zwei Spitzen. Unten treten drei innere und zwei äußere Spitzen auf. 

Diese Spitzen haben Neigung sich 
in der Quere zu Querjochen zu ver- 
binden, wodurch die bekannten V- 
Figuren trigonodonter Zähne ent- 
stehen (Fig. JKKL. 

Bei den frugivoren Megachi- 
roptera ist Vereinfachung einget reten 
insofern als scharfe Höcker schwan- 
den und deren Verschmelzung zu 
Uingskämmen eintritt, die ein Tal 
zwischen sich fassen, so jedoch, 
daß der äußere Kamm der höchste 
ist. Nur Pteralopex hat noch kurze, 
breite Backenzähne mit Höckern sich 
erhalten [(). Thomas]. Trotz des 
weichen Futters macht vielfältiger 
Gebrauch die Zahnkrone dieser ge- 
fräßigen Tiere noch einfacher: sie 
behält aber ihre in der Längsrichtung entwickelte Form und als weiteren 
Unterschied gegenüber den Microchiroptera, daß die Zähne nie gedrängt 
stehen: im Gegenteil, in nicht geschlossener Reihe. Dies darf in Ver- 
bindung gebracht werden mit dem langen Gesicht>sehädel |Leche|. 

Vom Milchgebiß wies Leche nach, daß es mehr oder weniger homo- 
dont ist. indem seine Komponenten rückgebildet werden zu lingualwärts 
gekrümmten Stiften mit einer oder mehreren scharfen Spitzen, mit denen 
der Säugling auch im Fluge der Mutter an deren Zitze sich festhält. Auch 
trat intrauterin Rückbildung der Zahl nach durch Resorption ein. so 
daß die gewöhnliche Zahl der Canini und l'raemolares \ : \>-t. Die Zahl 
der Milchincisivi ist dagegen eine wechselnde, im Zusammenhang mit der 
wechselnden Zahl der bleibenden Schneidezähne. 




Fig. :to:t. Vcsperugo nntliupü, Milch- 
gchilt, nach V. Tauber. 



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Chiroptcru. Körporbau. 



Die weite Mundöffhung wird von sehr verschieden gestalteten Lippen 
umgehen. Die Zunge der Megachiroptera ist lang, weit vorstreckhar und 
meist zugespitzt. Außer 3 Papillae vallatae fallen auf dein hinteren 
Zungenrücken zwischen den übrigen Papillen verhornte, häutig mehrspitzige. 
auf. Solche treten bei den Macroglossi mit sehr langer Zunge auch auf 
der Spitze auf und bilden zusammen mit den (iaumenleisten wohl einen 
Reibeapparat (Fig. 304). Unter Mierochiroptera ähnelt diesem Hau nur 
die Zunge der (ilossophagae. die sich gleichfalls, wenigstens teilweise von 
Früchten zu nähren scheinen, doch haben alle nur 2 umwallte Papillen. 

Auf den engen Oesophagus folgt bei frugivoren Formen der Magen 
mit einer kleinen kardialen Abteilung, die 
in eine langgestreckte pyloriale Abteilung 
übergeht, die in sich selbst zurückgezogen 
ist und außerdem einen geräumigen Blind- 
sack nach links entsendet. Nur Harpya 
weicht hiervon ab und schließt sich dem 
einfachen kugeligen Magen der insekti- 
voren Mierochiroptera an. bei denen eigent- 
lich die kardiale Abteilung fehlt |H. A. 
Robin]. Einzig unter Säugetieren steht 
der Magen von Desmodus da. Cardia und 
Pylorus liegen nebeneinander, der pyloriale 
Blindsack aber ist darmartig nach links 
verlängert und erreicht, mit Blutkoagula 
gefüllt bekanntlich saugt das Tier Blut 
— . Zweidrittel der Darmlänge |Huxley|. 
Belegzellendrüsen sind überall gut ent- 
wickelt: die Pylorusdrüsenregion scheint 
räumlich ziemlich beschränkt zu sein |()ppel|. 

Der Darmkanal ist namentlich bei Mierochiroptera sehr kurz: bei 
Rhinopoma erreicht er kaum 1 '/jinal die Körperlänge und ist damit der 
kürzeste, der bei Säugern vorkommt. Hei den frugivoren Fledermäusen 
ist er zwar länger, aber auch bei diesen besteht das Colon hauptsächlich 
nur aus dem Rectum | Robin |. Ein sehr kleines Coeeum findet sich nur 
bei Megaderma und Rhinopoma |Owen]. Die bekannte Gefräßigkeit der 
insektivoren Fledermäuse gilt auch für die frugivoren. 

Eine (lallenblase ist stets vorhanden. 

Die Pharvnxgegend bietet verschiedene Eigentümlichkeiten dar. Hier 
sei nur erinnert, dafi das Hyoid ein kurzes hinteres Horn hat. Von dem 
langen vorderen verbindet sich das Ceratohyale ligamentös mit dem 
Zungenbeinkörper, während das terminale Stück (Epihyale) sich verbreitert 
am Schädel ansetzt. Die Umformung, die dieser Apparat bei den Männchen 
verschiedener Arten von Epomophorus und Hypsignathus erfährt, in Verbin- 
dung mit der Bildung von pharyngealen Luftsäcken, sowie das Vorkommen 
analoger Bildungen bei anderen Arten, kamen früher (p. zur Sprache. 

Die Chiroptera gehören unter die Säuger, von denen eine intra- 
nariale Lage des Kehlkopfes bereits länger bekannt ist. Ob derselbe sich 
zeitweilig mit der Epiglottis auf den Zungenrücken legen kann, hängt ab 
von der Art und wird wohl im Zusammenhang stehen mit dem Grade 
der Verkürzung der Schnauze und der Krümmung der Halswirbelsäule. 
Namentlich im ersteren Falle reicht der weiche (lauinen weiter nach 




Fig. 304. Callinycteris rowen- 
bergi Jcnt. Gauiuetileisten ; recht* 
Oberfläche der Zunge mit den 
Papillen, von denen eine ver- 
grölkrt; nach Jentink. 



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IV. Ordnung: Chirnptcra. 



hinten und umgeben die Arcus palato-pharyngei mit ihrer muskulösen 
Einlage den Kehlkopf, wenigstens die Epiglottis nach Art eines Sphincter. 

Für das Verständnis der Form der Lungen ist hervorzuheben, dali 
der Thorax bei Pteropodidae eine trichterförmige, nach unten sich gleich- 
mäßig erweiternde (Jcstalt hat. Die kleinen Mierochiroptera. die im Fluge 
auf Insekten .Jagd machen müssen, sind unvergleichlich bessere Flieger. 
Dementsprechend sind die Muskeln vom Thorax zum Humerus stark ent- 
wickelt und wurde damit ein Thorax erworben, der dorso-ventral stark 
abgeplattet ist und fast eine viereckige Form erhielt. Er erfuhr starke 
Verkürzung, Verlagerung des Herzens nach links, des Diaphragma nach 
vorn. In allen diesen Teilen, auch im Verlauf der Pleuragrenzen, be- 
wahrten die Pteropodidae primitivere Verhältnisse | Tanja). Unter dem Ein- 
fluß des Flugvermögens, das einen starren Thorax forderte, kamen die 
genannten Umformungen bei den Mierochiroptera zustande. Die kostale 
Inspiration litt zwar darunter, dafür trat aber Vertiefung der hinteren 
Partie des Thorax ein. durch Krümmung der Wirbelsäule (p. JM>) die 
ausgedehnte Entfaltung des kaudalen Lungenlappens gestattet. Uebrigens 
wird die Lap]>enhildung, die bei großen Formen links zwei, rechts vier 
beträgt, nach Robin mit der Abnahme der Körj>ergröße. fast bis zum Ver- 
schwinden, undeutlicher, da die Einschneidungen entsprechend oberfläch- 
licher werden. 

bekanntlich fallen die Fledermäuse in unserem Klima in einen 
Winterschlaf, dessen Tiefe und Dauer von der Temperatur der Umgebung 
abhängt. Abgesehen von einer geringen Eigentemperatur, steigt und fällt 
dieselbe während des lethargischen Zustandes mit der Außentemperatur, 
darf aber nicht anhaltend unter 0° C fallen, will sie nicht den Tod des 
Tieres herbeiführen. Die Respiration ist herabgesetzt, ja nahezu aufge- 
hoben, auch ist die Zirkulation äußerst langsam und hat nur etwa 2H Herz- 
schläge in «ler Minute, wobei venöses Blut das Herz durchströmt. 

Man nimmt an, daß die Deckung des geringen Stoffwechsels an 
erster Stelle geliefert wird durch die sog. Winterschlafdrüse, ein Fett- 
körper mit reichlich ihn durchziehenden Kapillaren, der zwischen Hinter- 
haupt und Schulterblättern sich ausdehnt, dem aber jode drüsige Struktur 
abgeht (s. o. p. H7;l). 

Das Ovarium liegt in einem Tentorium. bekanntlich entstanden durch 
Faltung des Ligamentum tat um uteri. Die Ansichten gehen auseinander, 
ob diese peritoneale Kapsel, in welche auch das Tubenende aufgenommen 
ist. von der Bauchhöhle ganz abgeschlossen ist oder ob nicht (Vesperngo) 
beide Zustände vorkommen, wie bei Insectivora (s. p. iM7). Robin brachte 
die auffallende Tatsache ans Licht, daß der Uterus alle «lenkbaren Formen 
aufweist. Einen doppelten Uterus hat Cvnonycteris: desgleichen Hypsi- 
gnathus und Epomophorus. obwohl hier äußerliche Verschmelzung an- 
hebt. Bei den übrigen Megachiroptera . soweit bekannt, bringt diese 
Verschmelzung es zu einem kurzen Uteruskörper, mit zwei langen 
Hörnern. Dies ist auch die Form bei Mierochiroptera. mit allen Ueber- 
gängen zu umfangreicherem Corpus uteri, bis bei den Phvllostomatidae ein 
echter Uterus simplex erreicht ist. Doch fehlt auch hier das andere 
Aeußerste nicht, indem unter Emballonuridae Taphozous melanopogon zwei 
vollständig getrennte Uteri hat. Vielleicht ist die Annahme gestattet, daß 
die Vorfahren der Chiroptera primitive, kletternde Insectivora waren, die 
zahlreiche Junge warfen. Mit Ausbildung des Fallschirms, endlich der 



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Chirnptera, Körperbau. 



Flughaut, wurde Verminderung der Zahl der Jungen nötig, die sich 
schließlich auf eins beschränkt. Damit ging Verschmelzung der ursprüng- 
lich paarigen Uteruskanäle zu einem Uterus bicornis Hand in Hand, sowie 
die Neigung, ihn zum Uterus simplex zu vereinfachen. 

Die Urethra tritt meist in das untere Ende der Vagina ein. so daß 
der Urogenitalkanal kurz ist ehe er durch die ineist quere Schainspalte 
ausmündet. Ausnahmsmeise iNoctilio. Cheiromelcs) durchbohrt die Urethra 
die Clitoris. Kleine Bartholinischc Drüsen sind vorhanden. 

Sehr auffallend sind die Geschehnisse, die in Verbindung stehen mit 
der Kopulation. Ovulation und Befruchtung. Die genauen Untersuchungen 
von Rollinat und Trouessart beweisen, daß in unserem Klima die .hingen 
Ende Mai. Anfang .luni geboren und bis zum August aufgezogen werden. 
Iiis dahin halten die Weibchen, von den Männchen getrennt, in großen 
Kolonien zusammen; jetzt trennen sie sich. Ende September bis in den 
November hinein, je nach Art und Temperatur, hat Kopulation der alten 
Männchen und Weibchen statt. Hierdurch wird der Uterus angefüllt mit 
Sperma, das zu einer Masse koaguliert, in welcher die Spermien während 
des Winterschlafes sich lebend erhalten bis zum Frühling. Treten Ende 
März. April die ersten Flüge der wiedererwachten Tiere ein. so hat Ovu- 
lation statt: das Ei tritt in die Tuba, trifft hier die Spermien an und wird be- 
fruchtet. Bei den Hhinolophidae tritt daneben noch ein Vaginalpfropf 
(p. 2i>f>j auf. der aber hauptsächlich von der Wand der Vagina scheint 
geliefert zu werden, obwohl auch das Sekret der männlichen accessorisehen 
Geschlechtsdrüsen an dessen Aufbau sich beteiligt. Die .hingen, die im 
Juni geboren werden. pHanzen sich also erst im Herbst des darauf- 
folgenden Jahres fort. 

Hierdurch erklären sich auch irrtümliche Beobachtungen bezüglich 
des männlichen Geschlecht sapparates. Dessen Geschlechtsdrüsen können 
zur Zeit der Brunst zunehmen ( Yespertilio). Bei anderen geschieht dies 
al»er nur scheinbar, da man noch nicht fortprlanzungsfähige Tiere, die in ihrem 
Aeußeren die Jugendcharakterc kaum verraten, mit brünstigen verglich. 
Bei letzteren liegen die Testikel außerhalb der Bauchhöhle in einem 
Cremastersack, der Fasern vom inneren schiefen und vom queren Bauch- 
muskel bezieht, während der äußere schiefe nur die Fascia Uooperi liefert. 
Bei Pteropus beteiligt sich an der Umhüllung des Hodens der vom Bubis 
entspringende M. pubo-eutaneus. der bei Microchiroptera. den Cremaster- 
sack einfach überdeckend, in die Haut ausstrahlt. Bei allen können die 
Testikel durch den weiten Inguinalkanal leicht in die Bauchhöhle zurück- 
gezogen werden, wobei der Cremastersack eingestülpt wird. Im entgegen- 
gesetzten Falle liegt er jederseits neben dem Penis und ruft hier ein 
zeitliches Scrotum hervor, das nur ausnahmsweise ein beständiges zu sein 
scheint und bei fortphanzungsfähigen Microchiroptera als bedeutende Pro- 
minenz erscheint. 

Von accessorisehen Geschlechtsdrüsen kommen konstant die Glandulae 
vesiculares. Prostatadrüsen und Cowperschen Drüsen vor, welche letztere bei 
Plecotus auritus in doppelter Zahl auftreten sollen | Robin |. Daneben sind 
auch Glandulae urethrales wahrgenommen (Rhinolophidac). 

Der Penis ist ein Penis pendulus. Seine Glans enthält in ver- 
schiedenem Grade der Ausbildung einen Penisknochen und wird von einem 
umfangreichen Praeputium umhüllt. 



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3iW IV. Ordnung: Chiroptera. 

Die Placenta war wiederholt Gegenstand genauer Untersuchung. Sie 
ist rieciduat, scheibenförmig mit ausgedehntem, sphärischen Allantochorion 
und rudimentärem Dottersack. 

Meist wird nur ein Junges, dessen Augen geschlossen sind und 
mehrere Tage so bleiben, übrigens aber in sehr vollkommenem Zustand ge- 
boren. Es ist flenn auch sofort imstande, vermittelst der scharfen Krallen 
seiner Fülie und des Daumens am Pelze der Mutter sich festzuhalten und 
bis zur Zitze sich emporzuarbeiten. Auch ist bereits das ganze Milch- 
gebili durchgebrochen. Von dessen gleichartigen, zarten, stiftfömrigen. 
nach hinten hakig gebogenen, zwei- bis dreispitzigen Zähnchen wurde be- 
reits oben berichtet, da Ii sie das Junge befähigen, sich an der Zitze fest- 
zuhalten, um so mehr, als diese eine lange platte Gestalt annimmt. Hier- 
durch bleibt das Tierchen am Pelz und an der Zitze der Mutter hängen, 
wenn diese jagend umherfliegt. Udingens hat zuweilen die Haut, nach 
innen von den postaxillaren Zitzen, Neigung zur Faltenbildung, woraus der 
deutliche Sack bei Cheiromeles hervorgeht, der sich seitlich nach überarm 
und Unterschenkel zu öffnet, in seinem oberen Teil die Zitze enthält und 
als Rruttasehe für das Junge fungieren kann. Hierbei ist zu beachten, 
daü Cheiromeles fast nackt ist: allerdings kommt die Tasche beiden Ge- 
schlechtern zu. 

Diagnose. Chiroptera sind unguikulate, fliegende, insektivore oder 
frugivore Dämmerungs- oder Nachttiere, deren Fiughaut durch Verlänge- 
rung der Armknochen und der Finger, zwischen denen sie gleichfalls aus- 
gespannt ist. die Rolle von Flügeln spielt. Höchstens der 1. und 2. Finger 
tragen Krallen, desgleichen der fünffingerige Fuß. Tympanicum ring- 
förmig, kann sich mit Rulla ossea verbinden. Clavicula vorhanden; Ulna 
zurückgebildet, Foramen entepicondyloideum fehlt. Mit dem verschmolzenen 
Scapho-lunatum verbindcl sich das embryonal auftretende Centrale, Gebili 
diphyodont, heterodont; namentlich die oberen I mit Neigung zu Rück- 
bildung und Wegfall in Verbindung mit gleicher Neigung des Intcrmaxillare. 
Die gleichfalls bewurzelten Rackenzähne sind trigonodont oder von trituberku- 
hirem und sekodontem Typus herzuleiten. Magen einfach oder mit Blindsack- 
bildung. Coecum klein, meist fehlend. Gehirn makrosmatisch. glatt oder 
sparsam gefurcht. Cerebellum unbedeckt. Testikel zeitweilig in sub- 
kutanem Cremastersack; Penis pendulus. Uterus duplex, bicornis oder 
simplex. Placenta scheibenförmig, deciduat mit großem Allantochorion und 
rudimentärem Dottersack. Meist wird nur ein Junges geworfen. Hin 
pektorales, meist axillares Zitzenpaar, selten ein mehr oder weniger rudi- 
mentäres vor dein Pubis. 

Geographische Verbreitung. 

Die Chiroptera verteilen sich nach ihrer Nahrung in frugivore und 
insektivore. obwohl Uebergänge nicht fehlen. Die frugivoren sind an die 
Tropen und Subtropen gebunden. Die insektivoren werden in ihrer Ver- 



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Chiroptera, Taxonoinie. 



breitung durch «las Vorkommen von Insekten begrenzt. Sie fehlen dem- 
entsprechend in Island, den Galapagos-Inseln [Darwin] und einzelnen 
anderen kleinen Inseln: auf diesen - soweit sie intertropisch sind 
können auch die Pteropodidae fehlen. Am zahlreichsten sind die insekti- 
voren in den Tropen, von wo sie gegen Süden und Norden abnehmen in 
dem Maiie, als die Menge der Insekten und die Dauer ihrer Flugzeit ab- 
nimmt. Hierbei verschiebt die Fähigkeit der Fledermäuse, in torpidem 
Zustand zu uberwintern, ihre (irenze gegen die kalten Gebiete. In unserem 
Gebiete ist der Winterschlaf kürzer für die Rhinolophidae als für die 
Vespertilionidae. obwohl ein Vertreter der letzteren: Vesperugo borealis 
Nilss. bis zum Polarkreis reicht. 

Die Pteropodidae gehören ausschließlich dem tropischen und sub- 
ropischen Gebiete der Alten Welt an. Unter diesen tritt Cynonycteris 
allgemein auf. Die zahlreichen Arten des Genus Pteropus haben alsdann 
«las ausgedehnteste Vorkommen, da sie das ganze Gebiet, mit Ausnahme 
von Afrika, bewohnen, auch kleine Inseln, wo sonst Säugetiere fehlen. 
Umgekehrt sind die Genera Kpomophorus, Scotonyeteris und Liponyx aus- 
schließlich afrikanisch. Andere treten nur in Australien auf. 

Von den Microchiroptera fehlt die Familie der Rhinolophidae durchaus 
in Amerika: hier wohnen die Phyllostomatidae. welche der alten Welt ganz ab- 
gehen. Die Vespertilionidae haben zwar eine universelle Verbreitung, so 
jedoch, dali sie in der alten Welt überwiegen. Die Kmballonuridae sind gleich- 
falls über die Erde verbreitet, treten aber hauptsächlich tropisch und sub- 
tropisch auf: und zwar vorwiegend im neotropischen Gebiet. Da aber 
beide Familien verschiedene Genera haben, die entweder auf die alte oder 
auf die neue Welt beschränkt sind, unterscheidet sich die Chiroptera-Fauna 
beider sehr deutlich. 

Taxonomie. 

Die nahezu «><K> bekannten Arten von Fledermäusen bilden zwar eine 
sehr kompakte, gut umschriebene Ordnung der Sangetiere, ihre weitere 
systematische Anordnung stößt aber auf erhebliche Schwierigkeiten, da 
primitive Merkmale und sekundäre Abänderungen, namentlich infolge der 
Flugfähigkeif, sein- ungleich verteilt sind. Als primitive Merkmale können 
solche befrachtet werden, die sich dem Körperbau der Insectivora enger 
anschließen. Ks liegt doch auf der Hand anzunehmen, daß die Chiroptera 
von primitiven Insectivora abstammen, die um nur das Wichtigste zu 
nennen einen gestreckten Schädel hatten, etwa mit der Zahnfonuel 
i '- l "■ '! ~* s "J •! « • • Krone dieser Zahne hatte ein V-Muster. Die 

endständigen Nasenlöcher führten in Nasenhöhlen mit eingerollten Ethmo- 
turbinalia. Die Ohren waren groß, die Augen mäßig. An die Handwurzel 
mit Scapho-lunatum und (Zentrale schlössen sich lange, bekrallte Finger an 
und ein opponierbarer Damnen. Der Uterus war ein doppelter: mehr als 
ein Junges wurde geworfen : dementsprechend betrug die Zahl der brust- 
und bauchständigen Zitzen wenigstens zwei Paar. Ks waren Klettertiere, 
die eine Flughaut als Fallschirm zum weiten Sprunge erlangten. Bei 
deren weiterer Ausbildung erfuhr die Yordcrextremität weitere Umbildung. 
Mit dem Erwerb des Fluges erlangte die Wirbelsäule ihre eigentümliche 
Krömnutnir. der Kopf seine Haltung: erfuhr der Gaumen, der Brustkasten, 
die Lunge, die Herzlage, der Verlauf der Pleura die oben beschriebeneu 



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IV. Ordnung: Chiroptera. 



Aenderungen. Solche erlitt auch alles, was indirekt unter den Einfluß der 
Mechanik des Fluges geriet : Lage der hinteren Extremität : Dauer der 
Trächtigkeit; Beschränkung der Zahl der Jungen, damit der Zitzenzahl: 
Umformung des Uterus in einen einfacheren. Nebenher trat bei einzelnen 
Gruppen auffallende Umänderung der äußeren Nase eiu, welche Hautanhängo 
erhielt und stiniwärts verlagert wurde. Dunkel ist, inwieweit dies mit dein 
Fluggeschäft, in Zusammenhaui; steht ; desgleichen die Umformung der 
Nasenhohle und die Reduktion ihrer Muscheln. Deutlich beeinflußte diese 
Umformung die Intennaxillaria, die rückgebildet wurden. Dabei hatte 
Reduktion der oberen Incisivi nach Zahl und Mali statt. 

Auf den Untersuchungen von Peters. Dobson und namentlich in 
letzter Zeit von Winge fußend, lassen sich die Chimptera mit Beachtung 
wichtiger oder auffallender Charaetere gruppieren, wie nachstehende Tabelle 
versucht. 

I«. tabellarische rcbereicbt p. 400 101.» 

In Ergänzung der tabellarischen Uebersicht folgt hier kurze Be- 
sprechung der Familien und einzelner ihrer Repräsentanten. Im übrigen muß 
auf den klassischen Catalogue of Chiroptera von Dobson verwiesen werden. 

1. Familie: PTEROPODIDAE. Mit Winge nehmen wir an, daß diese frugi- 
voren Fledermäuse in mancher Hinsicht die primitivsten Chiroptera sind. 
Dies zeigt ihr gestreckter Schädel. Er ist in seinem Gesichtsteil noch 
ursprünglich, wie die langen Nasalia. normalen Intennaxillaria, Ethmoidea, 
Maxiilaria ausweisen, desgleichen der Nasenraum. Das Auge ist noch irroß. 
Das Petrosum nicht durch auffallende Zunahme der Cochlea derart aus- 
gedehnt, daß das Basioccipitale verschmälert und damit die Schädelbasis 
abweichend wurde. Die Ohren sind einfach, ohne Tragus. Der Damnen 
noch lang. Die vordere Extremität durch die Flugeinrichtung noch nicht 
in dem Maße verändert, wie bei Microchiroptera. Die weiche Nahrung 
beeinflußte die Zahuform und vereinfachte sie. Hiervon zeigt sich bei 
Pterai.opkx Thom. von den Salomoninseln nur erst der erste Anfang. 

Von der 1 . Unterfamilie l'teropodinae ist das bekanntest»« Genus 
Pteropi s Briss. Dieses enthalt die größten Fledermäuse. Das Maximum 
erreicht Pf. t'dulis Genf fr. im Indo-anstralischen Archipel von Timor und 
Teniate bis zu den Andamanen und Nicobaren, mit 8<> cm Körperlftnge und 
ungefähr 1,5 m Spannweite der Flügel. Im Gebiß: I| C| Pi| Mjj steht 
die Stumpfheit der Backenzähne einigermaßen in Verbindung mit der Weich- 
heit der aus Früchten bestehenden Nahrung. Um diese zu erlangen, fliegen 
die Tiere, die tagsüber gemeinschaftlich in Bäumen hängen, bei Dämmerung 
selbst über schmale Meeresanne. Trotzdem sind von den über 4<» Arten 
einige auf einzelne Inseln beschränkt. Sie fehlen Afrika ganz, obwohl z. B. 
/'/. rdwardsi Geoffr., die auch aus Tiergärten bekannteste Art, auf Mada- 
gaskar und den Komoren, etwa 3(H) km von Afrika entfernt, lebt. Allen 
Arten ist gemeinsam, daß der Schwanz fehlt und «laß die Haare des Nackens 
sich vom übrigen Pelz durch andere Farbe. Länge etc. unterscheiden. Die 
Zahnformel \ \ ;| ij ; die gute Ausbildung der Intennaxillaria, die einander 
berühren, die Kralle am 2. Finger hat Pteropus gemein mit Cysoxyctkris 
Pet., deren 10 Arten sich über Afrika, Madagaskar und östlich bis Neu- 
Irland verbreiten. Sie haben einen Schwanz und ein gleichartiges Haar- 
kleid. Verwandt ist Bonkia Jent. Das afrikanische Genus Ei'OMophoki s 
Bennet lebt von weichen Früchten oder deren Saft und hat zu deren Auf- 



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Chiroptcra, Taxonomie. 



39i» 



nähme umfangreiche, dehnbare Lippen und weiten Mund. Eh unterscheidet 
sich weiter durch das Gebiß mit ; J 5 i, von denen namentlicli die ol>eren 
I und Backenzahne schwach sind. Bei Cephalotes Geoffr. mit der einzigen 
Art C. prronii Geoffr. von L'elebes bis zu den Saloinouinseln, berühren 
die Zwischenkiefer xich nicht, fehlt <lem 2. Finder die Kralle und hat das 
Gebiß \ l 

Cynoiteri s F. Cuv. 'I oder f, } i{ \) aus dem orientalischen Gebiet 
und die ostwärts von Celebes bis nach Nordaustralieu sich anschließende 
Harpyja Iiiig. mit \ \ 5 5 haben einen bekrallten Index, starken Zwischen- 
kiefer und unterscheiden sich von den vorhergehenden durch eine kurze 
Schnauze und röhrenförmig vorspringende Nasenlöcher. 

In der 2. Unterfamilie Maeroglowdnae haben Macr<m;lossis F. Cuv., 
Melonycteris Dobt*. und Megamx;m>ssi s Pugenst. verwachsene Zwischen- 
kiefer und eine Kralle am 3. Finger. McgaloglossuS Worrmanni Pageust. 
von Westafrika ist der einzige macrojrlosse Pteroj>ode, der weiter westlich 
geht als der Hinialaya. Im iihrigen reichen ihre Vortreter von hier bis 



Fig. 3<>;>. 



Fig. 30ft. 





Fig. 30."». .Mcgaderma lyra. Nach Dobson. 

Fig. 300. RhinolophiiH euryotis. Nasenaufsatz, 
nach Doh«)ii vergr. hh horizontales hufeisenförmiges 
Blatt, begrenzt die Nasenhöcker «. .V Sella mit dem 
zentralen Na«enblatt r, dahinter das vertikale." hintere 
Nasenblatt vn. 

Fig. 307. Khinolophus hipposideros * , n. Gr. 
Nach Blasius. 



nach Fidschi. Bei Eoxyctkris Dobs.. Notopteris Gray und Callixvcteris 
Jent. von Uelebes berühren sich die Intermaxillaria nicht und fehlt dem 
Index die Kralle. 

2. Familie: ItHINOLOPHIDAE. Nach dem Vorgange Robins und Winges 
vereinigt unsere Tabelle in dieser Familie die Unterfamilien 1 . Megadermatinae 
und 2. Rhinolophinae. Eistere sind insofern primitiver, als ihr Nasenraum 
nicht aufgebläht, ihr Zitzeupaar pektoral ist und der Index meist eine Pha- 
lanx hat. Der Zwischenkiefer ist noch vorhanden bei Nycteris Geoffr.. 
der dementsprechend jederseits 2 obere I hat; ferner einen langen Schwanz 



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400 



IV. Ordnung: ( "hiroptera. 



Gesichtsteil des Schädels gestrockt, 
normal gebaut. Tympanicum ringförmig 
ohne Bulla. Knöchernes Labyrinth klein. 
Knöcherner (inumen reicht., allmählich 
sieh verengend, hinter letzten Backen- 
zahn. Tiiberculum majus und minus 
humeri schwach, ohne Verbindung mit 
Scapula. 2. Finger endet mit kralle. 
Tragus fehlt. Zähne mit Längsfurche. 
Frugivor. 



Tabellarische Uebersicht 



I. Megaoliii'optera. 



Zwischenkiefergegend und Nasenhöhle 
mehr oder weniger umgeformt. Neben 
ringförmigem Tympanicum eine Bulla. 
Knöcherne« Labyrinth groß. Knöcherner 
Baumen endet vor letztem Backenzahn, 
verengert sich plötzlich. Tuberculum 
inajus und minus stark, letzteres artiku- 
liert mit Scapula. 2. Finger ohne 
Kralle. Mit oder ohne Tragus. Zähne 
M'harfs pitzig mit Querjochen. Insektivor, 
selten daneben frugivor, ausnahmsweise 
sanguivor. 

IL Microchiroptera. 



/. Pteropodidae. 



Aj>ertiira nasalis weit nach oben gerückt. 
Nasenlöcher von Hautanhängen umgeben. 
Ethmoturhinalia nicht gewunden. Gaumen- 
teil der rudimentären Z wischen kiefer rück- 
gebildct, mit beweglichem Nasenknorpel ver- 
bunden. Ohren groß mit oder ohne Tragus. 
Mittelfinger mit 2 Phalangen. Index un- 
vollständig. Fibula rudimentär. Schwanz 
reicht zum Bande des I'ropatagium. Höch- 
stens I \ (Nyctcris |i. Kudimentäres Zitzen- 
paar vor Bubis. 

2. Rhinolophidae. 



Na»e mit medianem Hautanhang. Eth- 
moturbinalia einfache Platten. Inlermaxil- 
laria meist gut entwickelt, ihre Pro< •essus 
pailatini bilden Naht und begrenzen Fora- 
mina incisiva. Ohren madig mit Tragus. 
Mittelfinger mit 3 Phalangen. Index mit 
I Phalanx. Fibula unvollständig. Schwanz 
lang «ider kurz. Meist \ \ \ \. 

3- Phyllostomatidac. 



Nasenlöcher endständig ohne Hautanhänge. 
Intermaxi Ilaria im Gaumenteil unvolUtändig. 
verbinden sich durch schlanken Fortsatz 
mit Maxillare. Ohren groß. Tragus klein. 
Mittelfinger mit 2 Phalangen. Index mit 
einer. Fibula unvollständig. Schwanz kurz, 
teilweise frei vom I'ropatagium. Meist ein 
Paar I. getrennt von C. 

4. Emballonuridae. 



Nasenlöcher endständig ohne Hautanhänge. 
Ethinoturbinalia gewunden. Processus pala- 
tiui des Intcrmaxillare bilden keine Naht. 
Ohren mäßig groß, mit Tragus. Mittelfinger 
mit 2 Phalangen. Fibula meist rudimentär. 
Schwanz lang. Meist I \ oder J. 

5. Yespertilionidac. 



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Chiroptera, systematische LYbcrsicht 

der Chiroptera. 



401 



Zunge gewöhnlich. Zähne gut entwickelt. 

/. Pteropodinae. 

.Schnauze «ehr schmal, Zunge lang vor- 
strecklMir, Zähne zurüekgebiMct. 

2. Maeroglossinae. 



Ohren vereinigt, mit Tragus. Nasenhöhle 
nicht aufgebläht. Intermaxillare verschieden. 
1. Thalange de* Mittelfingers liegt in Ruhe 
in »1er Verlängerung des Mctacarpus. Zitzen 
pektoral. f Mega derma t in oe. 

( )hren groll, meid getrennt, ohne Tragus. 
Nasenhöhle aufgebläht. Da* rudimentäre 
Intermaxillare ist mit dem Nascnknorpel 
verbunden. Meist l oberer kleiner, zwei- 
lappiger 1 jederzeit». 

2. Rhinolophinae. 

Nasenlöcher endständig ohne. Kinn mit 
Hautanhang. Schwanz kurz. l'ropatagium 
groll, gestützt durch langen Fersensporn. 
Clitoris durchbohrt. /. Lobostominae. 



Nasenlöcher nach oben verschollen, durch 
Hfliitanhänge umgeben, dieNasenblatt bilden. 
Kinn nur war/ig, Sporn kurz. Clitoris un- 
durchbohrt. I " (selten \\. M gut entwickelt. 
Schwanz kurz (»der fehlend. 

2. Phyllostominae. 



I '., oberer I scharf schneidend. M rück- 
gebildet. Schwanz fehlt, l'ropatagitun sehr 
kurz, sonst wie Phyllostominae. Sanguivor. 

3. Pesmodontinae. 



Cynonycteris, Ptsroptis, l'terahpex ;. - 
t'epftaiotes , Plpomophorus , Cvnopteru\, 
/lorpyin. 

Maeroglossm . MrgtilojrfassM, Eonyt te- 
ils etc. 



Zwisehenkiefer vorhanden. J I. 
Schwanz lang. Xyeteri\. 

Zwischenkiefer fehlt. 5 I. Schwanz 
kurz. Alegadermn. 

1. und 2. Phalanx von Zehe II V 
verschmolzen. Nasenhöhle wenig auf- 
gebläht. Cochlea mäßig groll, f'hytlo- 
r/tina, Triaenops, Rhinonyctern, Coetopi. 

Zehe II — V mit .'1 Phalangen. Nasen- 
höhle stark aufgebläht, Cochlea groll. 

Rhtnolophus. 

Aformops, Chilomutens. Xctiito. 

Geaichtsschndcl lang, Zunge gewöhnlich, 
stumpf. Zahnkrone mit W-Muster. M 
konstant ij. P variabel: ; oder \. Insektivor 
Afacrotus, Phyl toder tun, l'atr.pyrus, Phylto- 
slonut, Carollia etc. 

(iesichUschädel lang. Zunge lang zu- 
gespitzt. PjijJ, |), M 3 (| oder W- 
Muster rückgehibh-t, teilweise frugivtir. 
lihssophaga.PhyltonyeterisjMtuhofflossacW. 

(iesichtÄ+chädel kurz. P konstant X. 
M variabel $ | J, \). Krone ohne W-Muster. 
breit, mit äullerer schneidender Kante. 

frilgivor. Sttirnira, Stenoderma, Artihetis. 
Iirmhypyliit etc. 



fh-smodns, Ihphylla. 



Rhinoponui. 



Intermaxillare vollständig. 2. Finger mit | 
2 Phalangen. Schwanz lang. \ \ \ i|. 

/. Rhinopomatinae. \ 

Intermaxillare unvollständig. 2. Finger! KmMf ,.„ mr „ , s,,<-«>pter V x. Pnl.dur,,^ 
mit einer Phalange. Schwanz kurz. 1 \ <*, \) > Ttl/>/ll>: „ Us ( . u .. 
C | P l M jj. 2. Emballonurinae. \ 



Olwre I getrennt von C. Processus palatini I . , .... . . . . - 

1 • . . 1 '• I \atiilui. 1 hvrppti-rti, \/tirnr, Amorphe- 

der Intern iux illitm, wenigst«.-!!» tedweise vor- ; , , . V i/.v.,...i 
, 1 t r>S,..»r 1 . »r . \chtlus nach v\ jnc;k). 

banden. I \ (_ j P % I M ?,. /. Xatalinae. \ 

Obere I dicht neben C. Interma.xillaria . 
weit getrennt. Ohren mäßig oder groft. \\{\) ) Pleeotus. Vesprrtih,^ Miniopterus, /W/v- 
C J P * (J, » oder }>M Fibula schwach. | rw^s Synottts. Su>fop/ti/us, Atalapha etc. 

2. Yespertilionitiae. " 

Intermaxi Ilaria geschlossen oder höchstens . 

w!S?.. iT'c 1 1*"; Äf ' Ä us ., k .' r t n - ».">*»- »«• - 

3. Alolossinae. * 2ß 

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IV. Ordnung: Chiro}*lera. 



und langen Daumen. Ueber •ranz Afrika verbreitet, tritt A*. javanicn 
E. Geoffr. in Malakka, Java und Timor auf. Meoaderma E. Geoffr., die 
von Afrika Iiis Australien vertreten ist, hat rudimentäre Intermaxillaritt, 
auch fehlen die oberen 1. Der Schwanz ist kurz, die zylindrische Schnauze 
verlängert, die Augen groß, die Ohren ungeheuer, mit gespaltenem Tragus, 
der Daumen kurz. 

In der Subfnmilie der Rhinolophinae orreicht der Nasenaufsatz seine 
höchste Ausbildung. Er besteht aus einem meist hufeisenförmigen, hori- 
zontalen Blatt, das die Nasenlöcher umgrenzt. In der Mitte erhebt sich 
die „Sella'' oder das zentrale Nasenblatt; dahinter das gleichfalls vertikale 
hintere Nasenblatt von sehr verschiedener Form i Fig. 3(>tVt. 

Die Uber die alte Welt verbreitete Gruppe der Rhinolopm umfallt 
etwa 2s") Arten des einzigen Genus Rhixolophps E. Geoffr. mit i J 5 3, 
großen Flügeln, großem Nasenaufsatz, großer Cochlea. Am bekanntesten 
ist Rh. hipposideros Bechst. von Java und Ostafrika bis Irland und Rh. 
fcrrum rtfuinum Schreb., dessen Verbreitung noch größer ist, da er bis 
Japan und über ganz Afrika sich ausdehnt. 

Von den Phyllokhini. die eine kleine Cochlea, wenig aufgeblähte 
Nasenhöhle und 1 } \ \ haben, leben die ungefähr 2"» Arten des Genus 
Phyi.lorhina Bonap. nur in den Tropen der alten Welt. Rhixonycterik 
Gray ist australisch. Triakxops Dobs. verbreitet sich von Persien durch 
Westafrika nach Madagaskar. C«»eu>ps Blvth ist orientalisch. Anthops 
Thos. nur von den Salomoninseln bekannt. 

3. Familie: PHYLLOSTOMATIDAE. Ausschließlich neotropisch. Von den 
3 Unterfamilien unserer Tabelle schließt sich die der 1. Phyllostominnc am 
engsten an die Rhinolophidae an, denen sie auch durch den Nasenaufsatz 
sich nähern; doch unterscheidet sie sofort das Merkmal aller Phyllostoma- 
tidae: die 3 Phalangen des Mittelfingers: auch sind als Regel nur aus- 
nahmsweise \ 1 vorhanden. Alle sind insektivor und haben dementsprechend 
scharfe Höcker in W-förmiger' Anordnung. Früher wurden sie des Blut- 
saugens verdacht, woher ihr noch gebräuchlicher Name Vampyri her- 
rührt. Die zahlreichen Genera, wie Lonchorhina Tomes, Macrotis Gray, 
Macrophyixim Gray. Phyi.loderma Pet., Phyu.ostoma E. Geoff.. Vam- 
PYRl'S E. Geoff. unterscheiden sich durch Schwanzlange, Auftreten oder 
Fehlen von P 3 u. s. w. Auf das neotropische (»ebiet beschrankt, erstreckt 
sich Sfacrotus californicus Baird am weitesten nördlich bis Kalifornien. 
Vanipyrus spedrum L. galt unrichtigerweise lange Zeit als blut- 
saugendes Tier. 

Gegenüber den genannten Genera zeichnen sich Carollia Gray und 
Rhinophyme Pet. aus durch unvollständigen Jochbogen und rückgebildete 
Backenzahne, Sie bilden den Uebergang zu den Glossophaoak. Auf den 
tropischen Teil des neotropischen Gebietes beschrankt, vertreten diese hier 
die altweltlichcn Macroglossae. Aebnlich wie diese, haben sie eine lang- 
gestreckte Schnauze und weit vorstreckbare Zunge, die spitz endet und 
mit mechanischen Papillen reichlich bedeckt ist. Sie eignet sich zum Ver- 
zehren weicher Früchte. Hiermit im Einklang sind von den \ I die 
unteren klein und hinfallig. Die Zahl der M ist meist die der Pf, oder \. 
Ihre Krone ist zuweilen stumpfhöckerig, meist aber mit engem W-Muster. 
lnsektivoro Nahrung wird denn auch nicht verschmäht. 

Die Stexoüermata vertreten die übrigen Pteropodidae im neotro- 
pischen Gebiet. Wie diese, sind sie frugivor Dementsprechend haben • 



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Chiropleni. Taxonomio. 



403 



ihre Backenzähne breite Kronen ohne W-Muster. Die Hocker bilden viel- 
mehr eine schneidende Kante. Der Gesiehtsschadel ist verkürzt. Weniger 
hei Vampyrops Pet. und Sti rnira Gray, hei denen gewöhnlich noch M :1 
auftritt. Dieser ist verschwunden oder wenigstens auffallig klein bei 
Artihki s Leach., Stkxoderma E. Geoffr. etc.: der Schädel gleichfalls noch 
weiter verkürzt. 

2. Unterfamilio: ]k>Miiodontinae. Durch Größe und Scharfe des oberen C, 
namentlich aber des einzigen oberen I, der eine schneidende Krone hat, 
unterscheiden sich Desmodls Wied und DlPHYM.A Spix., die von Chili 
bis Mexiko verbreitet sind. Notorisch saugen sie das Blut warmblütiger 
Tiere aus einer Wunde, die sie beißen. Die Umformung ihres Magens 
steht mit dieser Nahrung in Zusammenhang (s. o. p. 3!>2). 

Wegen Aehnlichkeit im Bau des Magens, der Incisivi, des Nasen- 
aufsatzes etc. schließt sich Braohyphylla Gray den Desnmdonten an und 
verbindet diese innig mit den Stenodermata. 

Abseits steht die 3. Unterfamilie: Mormopinae (Lobostominae), denen 
ein Nasenaufsatz fehlt. Dafür haben die Genera Chu.onyctkris Gray und 
Mormops Leach Hautanhange an der Unterlippe. Sie zeichnen sich ferner 
aus durch langen Fersensporn, kurze Schnauze, gut entwickelte Inter- 
maxillaria. GebiU «[ j * Vermutlich gehört NocTIUO L. j } i die 
gleichfalls verschiedene Nahrung genießt und sogar Krebse und Fische 
fangen soll, hierher, vermittelt dann aber den Uebergang zu den Emballo- 
nuridae. 

4. Familie: EMBALL0NUR1DAE. Sind kenntlich am dünnen Schwanz, 
der, das Uropatagium durchbohrend, dessen Dorsalflache aufliegt: an der 
schräg abgestutzten Schnauze, mit Nasenlöchern ohne Hautanhange. Die 
zahlreichen Genera leben zirkumtropisch und verbreiten sich von hier aus 
in die subtropischen Gebiete. Bei DlCLIDPRi s Wied, aus dem tropischen 
Amerika, bildet das Uropatagium in seiner Mitte eine Tasche, die sich an 
der Ventralfläche öffnet und vom Schwanz durchbohrt wird. Nahe ver- 
wandt ist Tapho/.ois Geoffr., auf die Tropen der alten Welt beschränkt. 
Beide haben nur einen oberen I, der nach Winge I s ist. Dies ist auch 
der Fall bei anderen, wie Saccoptehyx III., deren zahlreiche neotropische 
Arten ihren Namen einem Drüsensack in der antebrachialen Flughaut ent- 
lehnen. Bei den zahlreichen Arten der altweltlichen Emhau.oni ra Temin. 
treten zwar noch 2 obere I auf, von diesen ist aber I ;i kleiner als I„. 

Zweifelhaft ist die Stellung von Khinopoma E. Geoff., dessen einzige 
Art A\ microphyllum E. Geoff. sich über Nord-Afrika und Vorderindien 
verbreitet. Einzig unter Microchiroptera hat sie 2 Phalangen im Index 
— ursprünglich ist auch das vollständige Intcrmaxillare, der lange 
Schwanz ii. s. w., trotzdem ist die Zahnzahl nur i j V \. 

b. Familie: VE8PERTILI0NIDAE. In dieser umfangreichsten Familie 
vereinigt Winge als Unterfamilie unter dem Namen Nntnlinnc die Genera 
Natau k Gray, sowie die den Phvllostomatidae zugerechneten Flria F. C'nv. 
und Amohphochha's Pet. mit dem aus dem tropischen Amerika bekannten 
Thyroptkhv Spix. Ihre Intermaxillaria sind vollständig: GebiU -? t J ;-| 
Thyroptera erfuhr sekundäre Aenderung der Mittelhand, namentlich aber 
des Fußes, «Jessen Phalangen teilweise verschmelzen infolge Ausbildung von 
Sangscheiben. Da diese auffallenden Organe auch hei Myxopoda A. M. 
Edw. vorkommen und einige weitere Uebereinstimiuung bekannt geworden 

26* 



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4(14 



IV. Ordnung: ( 'hiroptera. 



ist, darf trotz der zoogengraphischen Auffälligkeit, daß Myxopoda in Mada- 
gaskar lebt, dieselbe vorläufig hier einen Platz finden. 

Die etwa 15 Genera der 2. Unterfanulie Yoppcrtilionmac bilden eine 
Kette, deren Glieder nur auf mehr äußerliche Unterschiede hin sich 
charakterisieren lassen. Künstlich läüt sich eine Gruppe der Plecoti und 
der Vespertiliones annehmen. 

Die Plkcoti haben meist sehr große Ohren, eine gefurchte »Stirn und 
Hautanhänge oder Drüsengruben in der Umgebung der Nasenlöcher. Unter 
den Genera AxTRo/oi s All. von Nord -Amerika, Otonyctkris Pet. von 
Afrika, Nvctophius Leach. Australien u. a. m., ist Plkcotus E. Geoff. 
seit langem durch PI. aitritus L. bekannt, auch durch seine weite Ver- 
breitung über Europa, Asien und Nord-Afrika. Nord- und zentral-amerika- 
nische Npeeies werden als Corixorhixi s All. zusammengefaßt. Durch 
einen P weniger \\\ und durch Verschmelzung der gleichfalls excessiven 
Ohren unterscheidet sich der ebenfalls paläarktische Syxoti's Keys, und 
Blas.. .S\ barbastrllus Schieb, dehnt sich bis Nord-Afrika aus. 

In der Gruppe der Vespertiuoxes ist die Umgebung der Nasen- 
löcher einfach, die Ohren sind mäßig groß, die Stirn ohne Furche. Von 
den zahlreichen Genera sind einzelne auf bestimmte Gebiete beschränkt. 
So sind ausschließlic h nordamerikanis< h Genera, wie Lakionvcteris Pet., 
Atalapha Rafin., Nvcthejis Rafin.; das artenreiche Genus Kerivoi la 
Gray indisch und indo-malaviseh , Chai.IXolow s Pet. australisch. Die 
nahverwandte Gi,aI'c«>xycTERIs Dobs., afrikanisch. Andere Genera sind 
mehr kosmopolitisch, z. B. VEsPERt <;o Keys, und Blas., kenntlich durch 
den Außenrand des Ohres, der bis zur Mundecke läuft, und das Gehiß 
1 5 C| P \ (s) M \. Die über 60 Arten sind über die ganze Erde verbreitet. 
Das weiteste Gebiet bewohnt V. scrotinus Schieb, in der nördlichen Hemi- 
sphäre. Er gehört der Untergattung Vesperus K. und Blas, an mit nur 
einem oberen P. Fliegt spät und erscheint auch im Frühjahr erst spät. 

Von den sieben weiteren nonl- und mitteleuropäischen Arten hat 
V. noctula Schreb., deren Gebiß j P hat und deren Schwanz von der 
Flughaut ganz umschlossen ist, ihr Wohngebiet auch in Asien bis 
Japan und Afrika. Fliegt am frühesten abends. Kaum kleiner ist das 
Verbreitungsgebiet von V. Leisleri Kühl. Den Alpen eigen ist /■'. manrus 
Blas. Die kleinste europäische Art ist J '. f>if>istrcllus Schreb., in Nord- 
und Mitteleuropa die gewöhnlichste Art. Südwärts schließt sich ihr bis 
Australien der nahe verwandte V. abramiis Temin. an, der während der 
Sommermonate bis Schweden wandern soll. Offenbar macht V. boreolis 
Nilss. große Wanderungen, da diese nördlichste Fledermaus, der die hellen 
Sommernächte des hohen Nordens nicht zusagen, erst im August in dieses 
Gebiet einwandert. 

Vespertimo K. u. Blas. Außenrand des Ohres läuft nur bis zum 
Tragus, Schnauze verlängert, behaart, ij j ij ij. Obwohl die etwa 50 Arten 
dieses Genus die weiteste Verbreitung unter (.'hiroptera haben, gehen sie 
nicht so weit in die gemäßigten Gebiete hinauf wie Vesperugo, auch dauert 
ihr Winterschlaf länger und ist ihr Flug weit unbeholfener. Von den 
7 europäischen Arten ist tnuriuus Schreb. mit 9 — 1(> Querfalten im 
Ohr: Schwanzspitze, die frei aus dem Umpatagium vorsteht, dessen Hinter- 
rand ungewimpert ist, eine der häufigsten. Sie verbreitet sich über das 
ganze paläarktische Gebiet. Beschränkter ist das Vorkommen der nörd- 
lichsten Art V. da übt itioni L'isl. : in Deutschland die häufigste. Mit 



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Chiroptera. Taxonomie. 



/*. das\ciic»it' Boie gehört er dein Unter^cnus Leukonoe an: Sehr ge- 
wandte Flieder, <] ie handhoch über dem Wasser jagen und nur 4 Quer- 
falten im Ohr haben. Durch bewimperten Hinterrand des Uropatagium, 
das den Schwanz ganz einschließt und 5 — Ij Ohrfalten sind charakterisiert: 
V. NATTEREKi Kühl., der nördlicher und V. emarginatus E. Geoffr., der 
südlicher in Europa vorkommt. 

Eine ei<rene Stellung nimmt Mixioptekis Bonap. ein durch konvexe St im. 
stärkere Ausbildung der lntennaxillaria. obwohl die 2 oberen 1 klein sind. 
Sie sind von deu C getrennt: Schwanz so lang wie Kopf und Rumpf; 1. 
Phalanx des Mittelfingers kurz. j [ \ \. Von den 5 Arten kommt J/. 
Schreibt rsii Natter, von Süd-Europa bis Australien und in ganz Afrika vor. 

Die Vertreter der 3. Unterfamilie Molussinae nahem sich durch die 
schräg abgestutzte Schnauze und andere Punkte den Emballonuridae, mit 
denen sie auch meist vereinigt werden. Sie unterscheiden sich durch 
starke Hinterextreuiitäten mit gut ausgebildeter Fibula und breiten Füßen, 
die ganz frei von der Flughaut sind. Letztere kann sehr vollkommen ge- 
faltet werden und laßt dann den starken Vorderarm frei. Die Tiere sind 
hierdurch befähigt, schnell über den Boden zu kriechen. Abseits steht 
Mystacina Gray mit der eiuzigen neuseeländischen Art M. tuberculata 
Gray. Von den übrigen Genera ist Cheikomeles Horsf., dessen gut aus- 
gebildete lntennaxillaria jederseits 2 starke I tragen, nahezu haarlos ('s. 
o. p. 39ü). ; die einzige Art, Ch. torquatus Horsf. ist auf die malavisehe 
Halbinsel und die großen Sunda-Inseln beschränkt. Die etwa 10 Arten 
von MOLossrs Geoffr. bewohnen das tropische und subtropische Amerika, 
während die zahlreichen Arten von Nyctixomi's Geoff. mit getrennten ln- 
tennaxillaria und dementsprechend unterbrochener Reihe der I, zirkum- 
tropisch sind. Am weitesten nördlich dringt bis Süd-Europa A T . cestomi 
Savi und in Amerika bis Nevada .V. macrotis Gray vor. 

Vorgeschichte. 

Oben wurde bereits darzulegen versucht ip. 3H7). daß der Ursprung 
der Chiroptera bei kletternden, primitiven Inseetivora zu suchen sei. deren 
anfänglich als Fallschirm wirkende Flughaut bei weiterer Ausbildung end- 
lich zum Fluge befähigte und damit Ursache wurde der vielen Umfor- 
mungen, die der Körper erfuhr. Dieser Gedanke ist mehrfach ausge- 
sprochen und namentlich durch Winge folgerichtig bis ins Detail hinein 
verfolgt. Daß der Ursprung der Fledermäuse bei solchen Lacertidae zu 
suchen sei. die Neigung zur Verlängerung der Zehen sowie zur Bildung 
einer Flughaut haben, wie Noack meint, bedarf keiner ernsthaften Wider- 
legung. 

Jeder Grund fehlt, den Ursprung der Chiroptera für einen polvphyleti- 
schen zu halten. Unsere vier Familien der Microchiroptera gehören innig 
zusammen, und zwar so, daß die Rhinolophidae die zentrale Gruppe bilden, 
aus der die übrigen entstanden. Bei näherem Zusehen verschwinden auch 
die scharfen Grenzen gegenüber den Pteropodidae. Diese erscheinen als- 
dann als die ursprünglichste Familie, die aber durch Gewöhnung an weiches 
Futter, in erster Linie Umformung im Gebiß, namentlich regressiver Art in 
der Ausbildung der Höcker der Backenzähne erfuhren. 

Unbekannt sind noch die weit zurückliegenden Vorfahren der Chiro- 
ptera. Aus «lern Eocän Europas und Amerikas sind zwar verschiedene 



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V. Ordnung: (Jnleopitlufidae. 



Gattungen durch Schlosser. Cope, Marsh etc. beschrieben, diese werfen 
aber keinerlei Licht auf ihre Herkunft. Ks sind eben bereits unzweifel- 
hafte Microchiroptera. Dies gilt für ( Pseudorhinolophus. unter welchem 
Namen Schlosser mehrere Arten des + Rhinolophus antiquus Filhol unter- 
scheidet. Nach Winge gehören diese Fledermäuse aus «lern Eocän 
Frankreichs aber nicht den Rhinolophidac an. sondern zum Genus Phvllo- 
rhüia; ebenso +Alastou Weithofer ebendorther. (Weiche Unsicherheit be- 
steht bezüglich der näheren Verwandtschaft von + Vespertiliavus Schloss. 
von gleichem Fundort, der vielleicht eher in die Verwandtschaft von 
Taphozous gehört. Aus dem Kocän Nord-Amerikas beschrieb Cope + J W/r- 
rugo anemophilus. Von anderen gleichalterigen Resten, die Cope und Marsh 
nennen, bezweifelt Schlosser, ob sie überhaupt Fledermäusen angehören. 

+ l*esprrfilio act/urnsis Gervais aus dem F.ocän und + Vespert Mo pari- 
sirmis Cuv. aus dem (Ups von Paris kamen bereits oben zur Sprache (p. :\*X\. 

.lungere tertiäre Reste treten zahlreich auf: die aus dem Pleistocän 
Europas und aus den Höhlen Brasiliens |\Vinge| schließen sich eng dem 
Charakter der heutigen Fauna an. 



V. Ordnung: Galeopithecidae. 

Das einzige Genus dieser wenig umfangreichen Ordnung ist auffällig 
durch den Fallschirm charakterisiert, der in seiner Ausbildung nur durch 

Patagium i aller übrigen 
rudimentärer Form bei 



die Fledermäuse übertroffen 
Säugetiere ist weit kleiner. 
Propithecus unter den 
Lemuriden: gut aus- 
gebildet bei Petaurus 

und Petauroides. 
weniger bei Acro- 
bates unter den Mar- 
supialia, nur zwischen 
den Extremitäten au» 

(Plagiopatagium). 

Unter Nagetieren 
kommt ein zwischen 
Kopf, Hals und Vor- 

derextremität sieh 
ausspanneniles Pro- 
patagium bei Ptero- 
mvs und Sciuropterus 
hinzu: bei Anoma- 
lurus und Idiurus 
endlich ein l'ropata- 
L r ium. das zwischen 
den Hinterextremi- 
täten liegend, die 
Schwanzwurzel ein- 
faßt. Nur bei Guleo- 
pithecus bleibt Hand 



wird. Die Flughaut i 
Sie streckt sich, in 




Fip 30S. Gnlpopitheru.« volnns, nach Tii koll ans Blnnford. 



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Oalcopithccidnc. Körperbau. 



407 



und Fuß nicht wie sonst frei, sondern das Patapi um, das am Halse be- 
ginnt, hüllt die fünftingerigen Extremitäten bis zu den Krallen, sowie den 
Schwanz ein. der bei allen übrigen Säugern --- abgesehen von den Fleder- 
mäusen — buschig aus der Flughaut hervorragt. Dieser Fallschirm be- 
fähigt «las Tier zu schwebenden Sprüngen von Daum zu Baum. So sah 
Wallacc ein Exemplar aus einem 12 Meter hohen Baum f>f> Meter weit zur 
Basis eines anderen Stammes schweben, an dem es dann weiter emporkletterte. 

Während die Flughaut der Fledermäuse haarlos oder nur dünn- 
behaart, die der übrigen Säuger ganz behaart ist, fehlt bei Galeopithecus 
das weiche, marmorierte, seidenglänzende Haar des übrigen Körpers nur 
zwischen den Zehen und am Rande des Fallschirms. Die gleichartigen Haare 
sind unregelmäßig verbreitet und brechen offenbar erst spät durch, da ein 
neugeborenes Junge von lö.f>cm Länge in der Hauptsache noch nackt erscheint. 

Tubulöse und acinöse Drüsen sind vorhanden, bilden aber keine 
umfangreicheren Drüsenkörper: auch Analdrüsen fehlen. 

Von Zitzen treten zwei Paar pektoral oder fast postaxillar auf. 

Der gewölbte Schädel ist in seinem Gesichtsteil breit und niederge- 
drückt. Die geräumige Orbita wird überdacht vom weit vorspringenden 
Rande des Frontale, der vom Foramen supraorbitale durchbohrt wird. Die 
postorbitalen Fortsätze des Frontale und Jugalc berühren sich nicht, sind 
einander aber erheblich genähert. Letzterer Knochen ist übrigens gut ent- 
wickelt und beteiligt sich an der Bildung der Fossa glenoidea, die hinten 
durch den Processus postglenoideus begrenzt wird. Auf ihr bewegt sich 
der Unterkiefer ausschließlich ginglymisch. Das Lacrvmale beteiligt sich 
mit scharfer Kante an der vorderen l'mwandung der Augenhöhle; sein 
orbitaler Teil wird vom Foramen lacrvmale durchbohrt. Der breite knö- 
cherne Gaumen hat einen verdickten Hinterrand. Ein selbständiges Fo- 
ramen rotundum fehlt, es ist aufgenommen in der Fissura sphenorbitalis: 
dagegen ist ein Foramen ovale vorhanden. Durch den Bau des Tym- 
panicum nähert sich Galeopithecus den höheren Säugern, da es einerseits 
zu einer Bulla, andererseits zu einem knöchernen äußeren Gehörgang aus- 
wächst. Der Unterkiefer zeichnet sich aus durch die geringe Höhe seines 
aufsteigenden Astes, so daß der Condylus im Niveau der Kautiäche liegt. 

Nach Leche hat das ausgewachsene Tier 2»>- 27 präsakrale Wirbel, 
von denen Iii -14 rippentragend sind: das jugendliche nur 25. Hieraus 
schließt Leche. daß das Becken, das beim Erwachsenen nur teilweise vom 
ersten Sakralwirbel getragen wird, während seiner Entwicklung kaudal- 
wärts wandert und daß das Sacrum. das aus fünf Wirbeln besteht, auf 
Kosten der 17—19 Schwanzwirbel zustande kommt. Von Umformungen 
wie sie die Krümmung der Wirbelsäule, das Becken und dessen Gelenkung 
mit dem Femur bei Chiroptera erfuhr: lauter indirekte Folgen des Fluges, 
die wir oben von dieser Ordnung kennen lernten, ist also bei Galeopi- 
thecus nichts zu verspüren. Wohl aber macht sich der Einfluß des Fall- 
schirms auf die vonlere Extremität bemerkbar, indem der Radius, den 
Humerus an Länge bedeutend übertrifft. Weiter wird «lie Ulna zwar 
knorpelig in toto angelegt, beim erwachsenen Tier fehlt aber ihr distales 
Ende und ist nur durch ein Ligament vertreten (oder mit dem Radius 
verschmolzen |Huxley|). Am Schultergürtel zeichnet sich das Schulterblatt 
durch den in zwei Fortsätze auslaufenden Processus coraeoideus aus. Der 
ventrale entspricht dem Proc. coraeoideus anderer Säugetiere, der dorsale 
dient in erster Linie dem Muse, coraco-cutaneus. der längs dem Ober- und 



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V. Ordnung: < Jniropithotidac. 



Unterarm zum Propatagium zieht, zum Ursprung, desgleichen dem Liga- 
mentum coraeo-claviculare. Das starke Schlüsselbein soll nach Parker und 
Leche durch ein Epicoracoid mit dem Urustkorb sich verbinden. Dies 
Epicoracoid soll sich zwischen der 1. Rippe und dem Manubrium sterni ein- 
fügen und auch bei Pteropus vorkommen. AYinge sieht hierin al>er ein 
verknöchertes Stück des Knorjieis der 1. Rippe, mit dem das Schlüssel- 
bein sich verbindet. 

Im Carpus sind Scaphoid und Lunatum verschmolzen, ein freies 
Centrale fehlt. Der Daumen ist beweglich, aber nicht opponierbar und 
weit kürzer als die übrigen Finger. Von «Uesen ist der V. der stärkste 
und längste, darauf folgt der IV. Sie sind in bedeutender Weise spreizbar, 
wodurch die Haut zwischen ihnen gespannt wird. Alle Finger haben 
starke Krallen, ebenso wie an den Zehen, die den Tieren beim Klettern 
helfen. 

Am Hecken ist die Schambeinfuge kurz und entsteht durch Be- 
rührung der Schambeine. An der Bildung der Gelenkpfanne beteiligt 
sich das Os acetabuli (Fig. HO p. 108). 

Die Fibula ist vollständig, aber zurückgebildet und außer Artikulation 
mit dem Calcaneus. Auf ihm und dem Talus rotieren Cuboid und Sca- 
phoid ausgiebig nach einwärts und damit die Fußsohle in gleicher Richtung. 
Auch im Fuß ist die I. Zehe nicht opponierbar, aber weit abduzierbar. 
ebenso wie die übrigen Finger, die in Größe wenig verschieden sind, 
doch ist auch hier die V. die längste. Sie sind alle stark bekrallt und 
die Flughaut dehnt sich zwischen ihnen bis zu den Krallen aus. 

Leche, dem Monographen von Galeopithecus, verdanken wir eine 
genaue Darstellung der Muskulatur, die weitere kritische Sichtung durch 
Winge erfuhr. Uns interessiert hier die Muskulatur der Flatterhaut, die 
zunächst eine Differenzierung der HautmuskuJatur ist. Daneben aber 
spaltet der Muse, latissimus dorsi. einen M. dorso-brachialis ab. der wenig- 
stens teilweise als Muskel des Plagiopatagium auftritt. Dies ist der Fall 
mit dem M. coraco-cutaneus. dessen divergierende Fasern zum Rande des 
Plagiopatagium ziehen. 

Im Gehirn ist die Ausdehnung der Großhirnhemisphären so gering, 
daß sie die Corpora quadrigemina unbedeckt lassen, daneben aber treten 
auf ihrer dorsalen Fläche zwei Längsfurchen auf und eine quere „Kreuz- 
furche" |Leche|, die zur großen Incisur zieht Eine vordere und hintere 
Fissura rhinalis begrenzt jederseits den großen Lobus olfactorius, «leren 
Hulbi, ausgiebiger als bei Insectivora, durch die Hemisphären überlagert 
werden. Diesem makrosinatischen Gehirn entspricht eine große Fossa 
olfactoria in der Schädelhöhle, der Kürze der Hemisphären aber ein fast 
vertikales Tentorium cerebelli. 

Bezüglich des Gehörorgans wurde bereits die Bildung des knöchernen 
äußeren Gehörgangs seitens des Tympanicum hervorgehoben. An ihn 
schließt sich ein gutentwickeltes Ohr an. Den Hammer vergleicht Doran 
mit dem der Macroscelididae. den Incus aber mit dem von Tupaja. Beide 
demnach mit derjenigen Abteilung der Insectivora, die auch in anderer 
Hinsicht, wenn auch entferntere Beziehungen zu Galeopithecus verrät. 

Das Gebiß ist reich an Eigentümlichkeiten. Es ist heterodont, diphyo- 
dont, und hat im Milchgebiß dieselbe Anzahl Zähne wie im Ersatzgebiß, 
das erst spät auftritt. Uebcr seine Deutung gehen die Ansichten aus- 



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Galcopthccidac. Körperbau. 



409 



einander. Der letzte Bearbeiter: Dependorf. schreibt die Zalinformel 
— ?* , " ~lr~ * » ' Er wies nach, daß I. zwar zur Anlage, aber nicht 



zur Ausbildung kommt. Auch 
meint er annehmen zu müssen, 
daß der 2, Zahn der oberen Reihe 
I e sei und nicht C. der verschwand. 
Im Hinblick darauf, daß trotz der 
Verbreiterung des Zwischenkiefers 




dessen Bezahnung Rückgang erfuhr Fig. 309. Rechte Unterkieferhälfte von 

und sein medialer Teil zahnlos ist, Galeopithecus volans von der Kaufläche aus 

ist eine andere Deutung vielleicht gewhen. 

zulässig wie die Formel — in Winges Schreibweise — wiedergibt: 
IJl C f P + M Hierbei wird angenommen, daß der 1. P schwand, 

vielleicht infolge der Verlängerung der Zähne. 

Die Molaren des Oberkiefers haben drei Außenspitzen und zwei 
Innenspitzen, an welche letztere sich eine Art einspitziger Talon anschließt. 
Diese Form hat ungefähr auch der 3. P. Der vorhergehende aber, der 
gleichfalls dreiwurzelig ist, hat eine schmale Krone mit zwei Hauptspitzen. 
Die vorangehenden Zähne (I, und P,) sind zweiwurzelig, schmal, mit 
dreieckiger Krone und medianer Spitze. Der 1. Zahn aber (I s nach letzterer 
Deutung) hat nur eine Wurzel und eine Krone mit Andeutung kamm- 
förmiger Einschneidungen. Diese sind an den unteren I tief und zahlreich» 
weit weniger an dem C, der vielfach auch als 3. I aufgefaßt wird und bei 
dieser Deutung sich auszeichnen würde durch seine zwei Wurzeln. Abgesehen, 
daß solche auch der 2. obere I aufweist, darf man hierin wohl eine Folge 
der Längenausdehnung der Krone sehen. Für die Backenzähne des Unter- 
kiefers gilt das für die oberen Gesagte, nur sind, wie auch sonst bei multi- 




Fig. 310. (Stufenweise Entwicklung eines kammförmigen, unteren Incisivus von 
Galeopithecus, nach Dependorf. f — 5 da* wachsende Schmelzorgan ; die Zahlen be- 
zeichnen die Reihenfolge, in der die Zinken deR definitiven Zahnes [6] auftreten. 



kuspidaten Zahnkronen, die drei ursprünglichsten Spitzen an der Innenseite, 
an der Außenseite dagegen nur zwei Spitzen. Alle Spitzen werden oben 
und unten stark abgenutzt 



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410 



V. Ordnung: Galcopithccidac. 



Das Gebiß erscheint als ein Erbstück primitiver Insectivora, erfuhr 
aber bedeutende Umänderung in seinem vonleren Teil. Im Unterkiefer 
stehen die schaufei förmigen I fast horizontal und ihre Krone hat 7—12 
Zinken. Derartige Stellung ist auch von den Incisivi anderer Säuger 
bekannt » Ruminantku Macropodidae, Prosimiaei. auch die Zinkenbildung ist 
an<lenvärts hier und da angedeutet in der Bildung von Zacken auf der 
Krone der Incisivi. Die e.xcessive Ausbildung bei Galcopithecus aber, welche 
dieses Genus sofort charakterisiert, wird gewöhnlich in Verbindung mit 
der Nahrung gebracht, die stets herbivor ist, nach dem einen aber aus 
Blattern, nach dem anderen aus Früchten bestehen soll. Auch wird auf 
die Bedeutung dieser Kammzähnc für die Reinigung des Pelzes hin- 
gewiesen. 

Die Länge des Darms übertrifft die des Körpers um das fünf- bis 
sechsfache: entsprechend der Nahrung ist das Coecum lang und sehr um- 
fangreich, der Magen einfach aber stark in die Quere verlängert; die große 
Leber hat eine Gallenblase. 

Die Lungen sind ungeteilt: die rechte Lunge am dorsalen, die linke 
am ventralen Rande mit schwachem Einschnitt: die rechte Lunge ist wenig 
größer als die linke [Leche]. 

Die Testikel liegen konstant außerhalb der Bauchhöhle in einem gut 
ausgebildeten Serotum mit vollständigem Septum; Glandulae vesiculares. 
prostatae und Cowpersche Drüsen sind vorhanden. Der Penis pcndulus 
hat ein großes Praeputium. Die beiden Uteruskanäle des Uterus duplex 
treten in einen ausgeweiteten Abschnitt der Vagina. Da bereits in kurzem Ab- 
stand vom Uterusmunde die Urethra in dieselbe ausmündet, schließt sich an die 
kurze Vagina ein verhältnismäßig langer Urogenitalkanal an. Die Ovidukte 
umgeben fast kreisförmig die Ovarien und enden ihnen gegenüber mit 
einfachem, nur wenig gefranstem Ostium abdominale (Lechej. Neben der 
scheibenförmigen Placenta, die nur lose Verbindung mit der Uteruswand 
zu haben scheint, erhält sich lange Zeit ein Dottersack mit eigener Vasku- 
larisation | Hubrecht |. Nur ein Junges wird in vollkommenem Zustand 
geboren und bleibt lange an der Zitze hängen. 

Diagnose: Die Galeopithecidae sind herbivore. kletternde, unguikulatc 
Tiere mit ausgedehnter Flughaut, die als Fallschirm wirkt: mit heterodontem, 
diphydontem tiebiß mit I|C^P^Mi{. Untere I nicderlicgend, schaufei- 
förmig, mit vielzinkiger, kammförmiger Krone. Molares multikuspidat, 
anfänglich scharfspitzig. Orbita mit fast vollständigem Orhitalring. Tym- 
panicum mit Bulla und Meatus auditivus externus osseus. Ulna und 
Fibula teilweise rückgebildet: Carpus mit Scapho-Iunatum. Hand und 
Fuß pentadaktvl. Makrosmatisch; Großhirnhemisphären kurz, sparsam 
gefurcht. Magen einfach. Coecum groß. Testikel bleibend skrotal. Penis 
pcndulus. Uterus duplex. Allantogene Placenta diskoidal. Dottersack lange 
persistierend. Zwei Paar pekt oraler Zitzen. Ein Junges in einem Wurf. 

Geographische Verbreitung. Galeopithecus volans verbreitet sich von 
Siam und Birma durch die malayische Halbinsel über Borneo, Sumatra und 
Java und den daz wischenliegenden Inseln. Auf den Philippinen lebt G. 
philippinensis Waterh. 



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(ialeopthecidae. Taxonomie, Vorgeschichte. 



411 



Taxonomie. 

Nur ein Uenns (taleoimthects Pall. ist bekannt mit den Merkmalen 
der Ordnung. Es enthält zwei Arten: Galeopithecus volons L., von un- 
gefähr 40 cm Kopf-, Rumpf- und '23 ein Schwanzlftnge. unterscheidet sich 
durch größeren oberen Incisivus, kleinere Ohren, schmaleren Schädel und 
weniger Zinken (am ersten I. 7 — 8; am zweiten 1.8— 12) [DepeiidorfJ von 
O. philippinensis Waterh. 

Vorgeschichte. 

Bezüglich der (ienealogie der (ialeopitheeidae verfügen wir über nichts 
weiteres, als über Vermutungen, wie sie uns der Bau des Tieres an die 
Hand gibt. Solange diese Kenntnis gering war, mußte (ialeopithecus bald 
unter den Chiroptera. bald unter den Prosimiae einen Platz finden, bis 
Peters auf den etwas näheren Zusammenhang mit den Insectivora hin- 
wies. Unter diesen findet er seitdem meist Aufnahme. Man gab ihm 
den Hang der Unterordnung: Dermoptera. Offenbar befriedigte dies 
aber kaum die neueren Autoren, die den entfernten Zusammenhang mit 
den Insectivora fühlten und meist zögernd aussprachen, daß die Erhebung 
zu einer selbständigen Ordnung wohl richtiger wäre, wenn nicht die Zahl 
der Repräsentanten so klein wäre. Dies darf uns aber nicht abhalten, 
ebensowenig wie bei den Pholidota, Tubulidentata, Monotremata. Hyra- 
eoidea etc., durch den klassinkatorischen Wert der Ordnung die Sonder- 
stellung zum Ausdruck zu bringen, die ein Tier in der reeenten Tier- 
welt einnimmt, von dein wir zurzeit keine fossilen Verwandten kennen, 
die es mit anderen Ordnungen innig verbinden. Teilen wir (ialeopithecus 
den Insectivora oder den Prosimiae zu, von Chiroptera ganz zu schweigen, 
so sagen wir mehr, als wozu wir derzeit Hecht haben. 

Die genauen Untersuchungen, namentlich von Leche und Winge, 
weisen auf einen Ursprung von entlegenen Insectivora hin und vielleicht 
noch am ehesten auf den Zweig, aus dem die Macroscelididae und Tupa- 
jidae entstanden. Auffallende Umformung erlitt (ialeopithecus einmal 
durch Annahme der herbivoren Diät, die auf (iebiß und Darnikanal ein- 
wirkte, dann auch durch Ausbildung des Patagium. das diese Klettertiere 
zu weiten Sprüngen befähigte. Diese Ausbildung geschah aber in ganz 
eigener Art. Will man sie als ein Durchgangsstadium ansehen, das die 
Flughaut der Chiroptera durchmachte, so darf man nicht übersehen, daß 
bei diesen exzessive Verlängerung der Finger, übrigens aber funktioneller 
Hückgang derselben eingetreten sein muß. Letztere äußerte sich nicht 
allein in einer Schwächung des Fingers, namentlich in seinem phalangealen 
Teil, sondern auch in Hückgang der Krallen: für Klettertiere so eminent 
wichtige Organe, die gerade bei (ialeopithecus äußerst kräftig und scharf 
gekrümmt sind. 

Daß (ialeopithecus aus insektivorenartigen Tieren seinen Ursprung 
muß genommen haben, kann kaum zweifelhaft sein. Zweifelhaft ist es 
aber, ob dies aus solchen Vorfahren geschah, aus denen auch die Chiro- 
ptera hervorgingen. Uns will es wahrscheinlicher erscheinen, daß letztere 
primitiveren Formen ihren Ursprung verdanken, als die direkten Vor- 
fahren von (ialeopithecus waren, die engeren Zusammenhang mit den 
Tupajidae müssen gehabt haben. 



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412 



Edentata. 



Eden tat a. 

Es ist gebräuchlich, unter dem Namen Edentata eine Anzahl Tiere 
zusammenzufassen, deren tiefgehende Unterschiede mit zunehmender Kennt- 
nis ihres Baues stets deutlicher wurden. 

Linne stellte für dieselben eine Abteilung der Britta auf. Da er 
aber in derselben mit Manis, Dasypus. Bradyptts und Myrmecophaga Tiere 
vereinigte wie Rhinoceros, Elephas. Trichechus. die nach unserer heutigen 
Auffassung außer jeder Beziehung zu erstcren stehen, so läßt sich die 
Linneische Abteilung und ihre Begrenzung nicht mehr aufrecht erhalten. 
An ihre Stelle tritt denn auch heutzutage in der Regel der Name Eden- 
tata. worunter man seit G. Cuvier die Manidae, Oryctcropodidae, Brady- 
podidae. Dasypodidae und Myrmecophagidae versteht. Nur die Monotremen 
hat man aus dieser sechsten Ordnung Cuviers entfernt, die bei ihm die 
letzte Ordnung der Unguikulaten bildet. 

Fragt man nach den gemeinsamen Merkmalen dieser Edentata, so 
läßt sich auch mit dem besten Willen nur sagen, daß es unguikulate, mono- 
dclphe Säuger sind, mit für den l^andaufenthalt gebauten Extremitäten. 
Die Zähne — falls sie überhaupt entwickelt sind — entbehren des 
Schmelzes, obwohl ein Schmelzorgan auftreten kann; sie sind meist 
wurzellos; in der Regel monophyodont, gewöhnlich auch homodont. Von 
Incisivi fehlen wenigstens die mittleren oberen. Es handelt sich also um 
vielfältige Reduktion und Umbildung des Gebisses in regressivem, aber 
so verschiedenem Sinne, daß sich demselben kein Ordnungsmerkmal posi- 
tiver Art entnehmen läßt. Dasselbe gilt für andere Organsysteme. Weder 
da« Skelet noch die Eingeweide, noch die Placenta, noch die Art der 
Hautbedeckung weist Merkmale auf. die für alle Edentata zutreffen. Be- 
reits oberflächliche Untersuchung lehrt daher, daß es jedenfalls eine poly- 
morphe Ordnung ist, deren Mitglieder in verschiedene natürliche Gruppen 
sich zerlegen lassen, wie dies A. Milne-Edwards (1H72; und W. Flower 
(1HS2) darlegte. Ich schlug dann vor (1H91i bei einer natürlichen Grup- 
pierung in Sguamata (Manidae). Tubutideittata (Orycteropodidae) und 
Xenarthra (Bradypodidae, Myrmecophagidae und Dasypodidae) diesen 
Gruppen den Wert von Ordnungen zuzuerkennen. Dieser Ansicht schloß 
sich G. Elliot Smith, der Erforscher des Gehirns der Edentata, an. Wollte 
man diesen Schritt nicht wagen und an der alten Ordnung der Edentata 
festhalten, so hätte man zweifellos den Xenarthra eine ganz besondere 
Stelle anzuweisen, gegenüber den beiden anderen, die jedenfalls enger 
zusammengehören, auch zoogeographisch, und dementsprechend sich entfernen 
von den innig blutsverwandten Familien der Xenarthra. Dies ließe sich 
wiedergeben durch folgende Tabelle, wobei es nur ratsam wäre, den 
früher von mir gebrauchten Namen Squantata in Pholidota zu verändern, 
um Verwechselung mit Reptilien aus dem Wege zu gehen. 

(Siehe tabellarische l'ebersieht p. 413.) 

Bereits I*. Gervais wünschte (1H;>;">) den Edentata statt des Ranges 
einer Ordnung den einer ..Sub-classe 1 ' zuzuerkennen. Diesen Gedanken 
hat 0. Thomas < 1**7; weiter ausgeführt, indem er vorschlägt, die Eden- 
tata als Parat heria von den Eutin ria ganz zu entfernen, um ihre selb- 
ständige, seitliche Stellung neben diesen und neben den übrigen Säuge- 
tieren überhaupt evident zu machen. Thomas stützte sich dabei auf wert- 
volle eigene Angaben über das Gebiß, die aber kaum zu diesem Schritte 



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Edentnta. 



413 




Dir Artikulation 



Neben der gewöhn- 
lichen Gelcnkung der 
letzten Brustwirbel 
Ii. der I<endenwirlx>l 
tritt eine anomale 
(xenarthralc) durch 
acceasorische Gelen k - 
fort.«ätze auf. 



Ohne Zähne, Zunge wurm 
förmig, Schwanz lang, In- 
sekt i vor 



Gebiii, wenn vor- 
handen, homodont 
oder hetcrodont. 
Haarkleid; zuweilen 
daneben Hautver- 
knöeherungcn. 




XenarthaUl 



\ Zähne, Zunge gewöhn- 
lich. Schwanz rudimentär. 
Phyllophag. 



Wenigsten!« I Zähne, 



Xenarthra GUI. 



Zunge gewöhnlich. Schwanz 
meist laug, lWinale« Haut- 
*kelet und Hornschuppen. 



DtisvfxxiidM j. 



nötigen, ferner auf Angaben W. K. Parkers. deren teilweise vollständige 
Haltlosigkeit ich später nachwies. Ganz unannehmbar ist F. Aineghinos 
Auffassung, der die Edentata (Brutal mit den Cetaceen als Homalodonta 
vereinigt und allen übrigen nicht monotremen Säugern, die er Hctero- 
dotita nennt, gegenüberstellt. 

Er bringt hierdurch höchstens, ähnlich wie 0. Thomas, die besondere 
Stellung der „Edentata" ins volle Licht. Heide verdunkeln aber hierdurch, 
daß die Edentata selbst durchaus keine Einheit bilden. Weder ihr Hau, 
noch ihre Verbreitung, noch auch die Paläontologie redet einer solchen 
das Wort. Im Gegenteil: die neueren paläontologischen Funde in Süd- 
Amerika legen stets deutlicher den genetischen Zusammenhang der Ab- 
teilungen der Xenarthra dar. gleichzeitig aber ihre vermutliche Entstehung 
in Süd-Amerika, und zwar in weit entlegener Zeit. Es fehlt aber jeder 
Fingerzeig, der diese Vorfahren in nähere Beziehung brächte zu den 
Pholidota und Tubulidentata. Letzteres tun ebensowenig die ^Ganodonta, 
in denen Wortman die Vorfahren der Xenarthra erblickt (s. bei Xenarthra). 

So kommt es mir richtiger vor. die Pholidota, Tubulidentata und 
Xenarthra zu selbständigen Ordnungen der Monodclphia zu erheben. 

Scheinbar eine systematische Pedanterie, liegt ihr die t'eberlegung 
zugrunde, daß Zusammenfassung derselben zur Ordnung der Edentata 
den Schein erweckt, als ob sie blutsverwandt seien, und als ob wir etwas 
wüßten, das uns zu dieser Zusammenfassung berechtigt. 

Der Einwand, daß dann die Tubulidentata und Pholidota je nur ein 
Genus umfassen, ist irrelevant, solange nicht ein numerisches Moment, 
sondern Verwandtschaftsgrade unser Systematisieren leiten. Uebrigens 
gälte dieser Einwand auch für den ordinalen Rang der Hyracoidea, Probo- 
scidea und Galeopithecidae und sogar für die höhere Abteilung der 
Monotremata. 

Wollte man von Edentata sprechen, etwa so, wie man es von Un- 
gulata und Primates tut, und darunter so gutbegrenzte Ordnungen wie 
die der Perisso- und Artiodactyla. der Proboscidea und Hyracoidea be- 
greift, so darf man nicht aus dem Auge verlieren, daß deren — wenn auch 
weit entlegener blutsverwandtschaftlichcr Zusammenhang bewiesen ist, 
bei den Edentata bisher aber nicht. 



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414 



VI. Ordnung: Tubnlidentala. 



VI. Ordnung: Tubulidentata. 

i ( )ryeteropod idae A urt ■ | 

Diese Ordnung wird nur durch das einzige (ienus Oryeteropus ver- 
treten, das ausschließlich in Afrika lebt und von Ameisen und Termiten 
sich nährt. Es sind Tiere, die von den holländischen Kolonisten des 
Kaplandes den Namen Aardvarken < Erdschwein i erhielten, da sie in (irötie 
einem Schweine ungefähr gleichkommen, mit sparsamen Horsten behaart 
sind und in der Erde graben. Weiter geht die sehr entfernte Aehnlich- 
keit aber nicht. Das (iraben geschieht vermittelst großer Schau krallen, 
teils um Termitenhaufen zu öffnen, teils um Höhlen zu graben, in denen 
sie sich tagsüber verbergen. 

Fig. ;mi. 




Fig. 311 1111(1312. Orycteropu.« eapenni*. Schädel von ih r Seite uiifl von unten 
in 1 . n. (!r. .1 Ali*phcnoid; B lia*i*pbenoid ; BÖ Ibi*ioccipitnle: CCondylus; ca ( anal in 
alisphcnoideiip«; F.o Kxoccipitale; F Frontale; /v Foranien condyloideum : // Forainen 
infraorbitale; fl Forainen laeryinalc; fm Forauien inagnuni; fs Foraiueu spherioidcum ; 
fsm Forainen xtvlo-ma-toideiim ; / Intermaxillare; / Jugale; /. I-aerymalc; .1/ Supra- 
maxillare; Ms Maatoid : .V Nasale; O Orbitosphenoid ; OÖ Ohröflnung; «/> Foranien 
optitimi; P l'etrosum ; PI ralatinum ; Pr Parietale; /<> rwp. pt Processus po->torbitnli*; 
PS PrfUphenoid; Pt Pterygoid; S Squamo* um ; So Supraoccipitale; T Tympanicum; 
V Vomer. 

Ihr Haarkleid erfuhr zweifelsohne Rückbildung. Embryonal tritt 
es in Gruppen von 4 bis ."> Follikeln auf, von denen der mittelste der 
größte ist. Im erwachsenen Tier Huden sich hiervon noch Spuren als 
Reihen von '.\ oder 4 Horsten, die mit einzelnen feinen Ilaaren eine 
Gruppe vertreten |de Metjere|. Wie solches auch anderwärts bei gut be- 
haarten Tieren auftreten kann, fand ich bei einem 30 cm langen Embryo 
an der Außenfläche des Handgelenkes eine Art Haarbürste, desgleichen 
unter dem hinteren Augenwinkel. Derselbe hatte ferner große acinöse 
Drüsen, die in die Haarfollikel ausmünden und lange, stark gewundene 
tubulöse Drüsen, die später zurückgebildet sind. Analdrüsen fehlen. Von 
Zitzen kommen 2 bauchständige und 2 inguinale vor. 



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TubulidcnUta, Körperbau. 



41Ö 



Der in seinem Gesichtsteil röhrenförmig gestreckte Schädel zeichnet 
.sich aus durch die Ausdehnung des facialen Teiles des I*cryma]e, die ge- 
ringe Größe der Intermaxillaria, welche durch die bedeutende Ent Wickelung 
der Maxiilaria und Nasalia von den Frontalia ganz getrennt sind. Sie 
sind aber immerhin weit größer und jedenfalls von ganz anderer Form 
als bei den Pholidota und Xenarthra, die sonst mit Oryeteropus als Edentata 
vereinigt werden. Ihre geringe Ausbildung steht unter dem Einfluß der 
Rückbildung der Incisivi. Oryeteropus stellt ferner unter den sogenannten 
Edentata einzig da durch das Vorkommen eines Interparietale. Durch seine 
Größe fällt es. selbst gegenüber Marsupialia und der Mehrzahl der Mammalia 
im allgemeinen, denen ein solches zukommt, auf. Am Gaumendach tritt die 
auffällige Eigentümlichkeit, die Manis bleibend aufweist, daß nämlich der 
jMilatinale Teil des Yomer offen zutage tritt, wenigstens vorübergehend auf 
(Fig. 02, p. ho). Alveolen beschränken sich nur auf die Maxillaria. Ein abge- 
tragenes Junge hat nach W. K. Parker deren jederseits. von denen die ;\ 
vorderen einfach sind, die hinteren durch ihre Biskuitform an die des tertiären 
Cetacecen Pontoplanodes erinnern. Das Tvmpanicum ist ein nach oben 
offener Ring, der nur ganz unvollständig an der Begrenzung der Trommel- 
höhle teilnimmt, die im übrigen nur eine sog. „häutige" ist. Hinter dem 
Tvmpanicum liegt, wie bei der Mehrzahl der Monodelphia das Tympanohyale. 
das nach Parker allen übrigen Edentata fehlt. Der Processus post- 
orbitalis ist gut ausgebildet, desgleichen das Jugale. das mit dem Pro- 
cessus zygomaticus squamosi einen starken Jochbogen bildet. So erweist 
sich der Schädel in allem als ein normal gebauter, der nur im Unterkiefer 
und den oberen Kieferknochen Erscheinungen von Rückbildung zeigt als 
Folge der Rückbildung des (iebisses. 

Die Wirbelsäule mit V\ thorakalcn, * lumbalen, b* sakralen und 27 
kaudalen Wirbeln, die letzteren mit großen Hypocentra, verhält sich be- 
züglich der gelenkigen Verbindung ihrer Segmente durch Zygapophysen 
durchaus normal, oder um die Terminologie von füll zu gebrauchen, ebenso 
wie Manis im Gegensatz zu den Xenarthra — nomarthral. 

In Verbindung mit der Grabfunktion der Vorder-Extremität ist die 
f'lavicula groß, hat der Humerus. der ein Foramen entepicondyloideum 
besitzt, ausgebildete Muskelleisten, der Vorderann beschrankte Pro- und 
Supination. Ein Daumen fehlt. Scaphoid und Lunatum sind getrennt, 
das Verhalten des Centrale, da* beim erwachsenen Tier frei nicht vor- 
kommt, ist vom Jungen unbekannt. Die 4 Finger, welche von außen 
nach inpen an Länge zunehmen, tragen platte, große Krallen. 

Das langgestreckte Becken, dessen Symphyse trotz ihrer Länge nur 
durch die Schamleiste gebildet wird, verbindet sich mit .'i echten Sakral- 
wirbeln, die .'5 darauffolgenden pseudosakralen sind zwar untereinander zu 
einer Knochenplatte verschmolzen, verbinden sich aber nicht mit dem 
Ischium. Am Femur tritt ein Trochanter tertius auf. Der Fuß ist fünf- 
tingrig und ebenso wie die Hand plantigrad. Die Tiere können sich auf- 
richten und nach Art eines Hundes auf den Hinterbeinen sitzen. 

Das Gehirn, dessen einzige und vorzügliche Beschreibung wir (i. Elliot 
Smith verdanken, weicht durchaus von den übrigen sogen. Edentata ab. 
Cerebellum und Bulbus olfactorius liegen ganz unbedeckt. An letzteren 
schließen sich große Tractus olfactorii und Lobi puriformes an. Das ganze, 
umfangreiche Rhinencephalon ist durch eine durchaus horizontal verlaufende 
Fissura rhinalis vom Pallium getrennt. Letzteres ist fast furchenlos: eine 



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416 



VI. Ordnung: Tubiilidentata. 



—4s 



Fissura Sylvii, seihst eine Fossa Sylvii fehlt, und was von einer supra- 
sylvisehen Furche vorhanden ist, ist gleichfalls horizontal angeordnet ( Fig. OS 

p. 121). Nach Elliot Smith ist da- 
her die Konfiguration des Pallium 
analog der. die man im ein- 
fachsten rngulatengehirn findet 
Eine früher unbegründet be- 
hauptete Gleichheit mit dem Ge- 
hirn von Myrmecophaga fehlt 
durchaus. Es besteht vielmehr 
eine Annäherung an das Gehirn 
der l'ngulaten, von dem es sich es- 
sentialiter nur unterscheidet durch 
seinen stark ausgesprochenen 
makrosmatischen Hau. Dieser 
steht aber bekanntlich sichtbar 
unter dein EinHuß der Lebens- 
weise. Orycteropus hat aber nächt- 
licherweile auf Insekten-.Iagd zu 
gehen. Deren Elfordernissen 
entspricht ein Geruchsorgan, 
dessen hochausgebildeten zen- 
tralen Teilen die peripheren ent- 
sprechen. 

Das periphere Geruchs- 
organ erreicht bei Oryctero- 
pus vielleicht die stärkste Ent- 
Wickelung unter Säugetieren. 
Die Zahl der medialen Riech- 
wülste beträgt 11. Der 2. ist 
außergewöhnlich lang, nur wenig 
kürzer als das Nasoturbinale 
und operkularisiert das doppelt 
gewundene Maxilloturbinale zum 
größten Teil. Infolge ihrer großen 
Zahl erstrecken sich die Ethmo- 
turbinalia in geschwungener 
Reihe weit nach hinten, so daß 
die Lamina cribrosa der Ober- 
fläche einer Halbkugel entspricht. 
Vom Gehörorgan sei nur her- 
vorgehoben, daß von der Trom- 
melhöhle aus ein pneumatischer 
Raum in das Squamosum sich 
erstreckt. Durch die Schenkel 
1 des Steigbügels zieht ein Ast 

der Arteria maxillaris interna. 
Die Zahl der Schneckenwindungen beträgt 2. Das äußere Ohr ist von 
auffallender Größe. 

Die lange schmale Zunge ist weit vorstreckbar und hat 3 Papillae 
vallatae. 



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Tubulideiitma. Körperbau. 



417 



Das Gebiß weicht zunächst durch die Struktur der Zähne von dem 
aller übrigen Säuger ab. Es sind wurzellose, säulenförmige Zähne ohne 
Schmelz, aber mit einem Mantel von Zement, der auf der stark sich ab- 
reibenden Kautiäche etwas härter erscheint als das Dentin. Dies umgibt 
nicht wie sonst eine Pulpahöhle. sondern besteht aus zahlreichen parallelen, 
regelmäßigen, sechsseitigen Prismen, was den Besitzern den Namen Tu- 
bulidentata eingetragen hat. Im Zentrum jeden Prismas findet sich eine 
cvlindrische Höhle, welche gewissermaßen eine Verlängerung der gefäß- 
führenden Zahnpulpa enthält. Letztere hat sich sozusagen in zahlreiche 
sekundäre Papillen für die jeweiligen Prismen aufgelöst. Diese Anordnung 
ist in treffender Aehnlichkeit nur von Schleidern wie Myliobatis und Pristis 
bekannt. Hier liegt somit sogenanntes Plicidentin vor. In anderer Auffassung 
können wir sagen. daß die Pulpa sich 
in zahlreiche sekundäre Pulpen zerlegt 
halte, deren jede ein Zentrum abgab für 
Dcntinbildung. Ich erachte es denn auch 
für wahrscheinlich, daß hier das aberrante 
Reduktionsprodukt eines ursprünglich 
schmelzfaltigen Zahnes vorliegt. Der- 
selbe verlor seine Sehmelzbedeckung. 
wurde ein beständig wachsender, wurzel- 
loser Zahn mit Dentikelbildung. welche 

täuschend Salachierzähne nachahmt. 
Vielleicht dürfen wir den Orvcteropus- 
zahn mit dem in Beziehung bringen, was 
man Vasodentin nennt, wie es auch in 
den Zähnen von l'ngulaten |z. Ii. Tapir), 
auch bei Cetacea. Sirenia. Megathcrium 
auftreten kann. Das gefäßhaltige Binde- 
gewebe, das hier den Zahn durchzieht 
stellt aber eigentlich doch auch nur 
zahllose Miniaturpulpen dar, von denen 
schließlich immer wieder Dentinröhrchen 
ausstrahlen. Im Orvcteropuszahn strahlten 
dann diese Miniaturpulpen eben nur in 
vertikaler Richtung von einer basalen 
Zentralpnlpa aus und hätten einen 
erheblichen Umfang erhalten. Daß hier 
vom Standpunkt eines Säugetierzahnes Reduktionserscheinungen vorliegen 
mit Ausbildung in einseitiger und abweichender Richtung, geht 
daraus hervor, dali der von den 4 hinteren Zähnen beschriebene Bau in den .'l 
vonleren, die hinfällig sind - da sie nur bei jungen Tieren auftreten — weit 
unregelmäßiger ist. insofern als die sekundären Pulpen unregelmäßig sind 
nach Form und Lage lDuvernoy|. Dies gilt in erhöhtem Maße für die Milch- 
zähne. Von solchen treten nach 0. Thomas Entdeckung ungefähr 7 auf, 
die aber nicht durchbrechen und von denen der letzte zweiwurzelig ist 
mit schneidender, gezackter Krone. Das Gebiß war somit zweifellos 
ursprünglich heterodont. Dies zeigen auch noch die durchbrechenden 
Zähne. Gegenüber den cvlindrischen, molariformen 4 hinteren, sind die 
:\ vorderen griffelförmig. mit einigermaßen schneidender Krone. Sie fallen 
aber bereits in der .lugend aus. zuweilen ehe die hintersten durch- 
gebrochen sind. 

Webi-r, Sanktion». 27 

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» 



Fip. :114. Orvetoropus ca|>en«is. 
Stück eine* Querschnitte!» durch einen 
Zahn. / Pulpa dentis von der Kanüle 
anstrahlen in je ein Zahnpriama: 
tVementbekleidunp; nach Duvernoy. 



41« 



VI. Ordnung: Tubulidontata. 



Zur Aufnahme der namentlich aus Termiten bestehenden Nahrung 
wird die Zunge gebraucht, welche durch stark entwickelte submaxillare. sub- 
linguale und Parotis-Drüsen reichlich mit Sekret versehen wird. Die er- 
beuteten Insekten werden offenbar zuerst durch die Zähne zenuahlen. Da 
die unteren Zahnreihen etwas innerhalb der oberen fallen und die Abschürfung 
der Käufliche der oberen Zähne schräg nach unten und außen gerichtet 
ist. so ist die Bewegung des Unterkiefers wohl eine um seine Längsachse 
beschränkt rotatorische. 

Vom Magen, der links eine kugelige, einigermaßen blindsackartige 
Abteilung hat, lieht sich rechts eine pyloriale Abteilung ab mit sehr starker 

Muskelwand. Am langen 
Darmkanal das Ver- 
hältnis zur Körperlänge 
ist wie 1 : 1(5 |Kapp| 
tritt ein ziemlich 
langes Coccum auf. Die 
Testikcl liegen inguinal 
in einem kräftigen Cre- 
mastersack, aus dem 
.sie. bei der weiten Kom- 
munikation des Cre- 
mastersackes mit der 
Bauchhöhle, leicht in 
letztere zurücktreten, 
vielleicht außer der 
Brunstzeit beständig, 
(legen über der geläu- 
figen Angabe sei her- 
vorgehoben, daß jede 
Spur eines Scrotums 
fehlt. 

Der l'terus ist ein 
Cterus duplex: jeder- 
seits führt ein getrenn- 
ter Muttermund aus der 
Vagina in einen rterus- 
kanal()».24«»Fig.i , ( »Sil . 
Die Placenta ist zonal, 
mit großer Allantois. der 
ist. ist unbekannt. Nur 




Fig. 31."». Orycteropus cii|hm)»U. Inguinalgegond in 
'., nat. Grölte. Die dünnbehaarto Haut in der Um- 
gebung der niännliehen (itwhloc-htwjflhuiig ist gespart. 
<v Musculus obliqutiB abdominis externus; C Cromastor- 
eat'k; < A Chorda gnU-mariili. 

Dottersack schwindet; ob die Placenta adeciduat 
ein Junges wird geboren. 



Diagnose. Die Tubulidentata sind unguikulate. spärlich behaarte, 
insektivore Xachttiere. Ihr (lebiß ist reduziert, diphvodont und heterodont: / 
von den durchbrechenden Zähnen, von unter Säugetieren einzig dastehender 
Struktur, sind die vorderen hinfällig; nur 4— f> sind permanent. Wirbel 
durch Zvgapophvsen in normaler Weise verbunden. Tvmpnnicum ring- 
förmig. Clavicula und Foramen cntepieondyloideum vorhanden. Scaphoid 
und Lunatum getrennt. Kein freies Centrale. Polle* fehlt. Femnr mit 



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Tubulidentata, Taxonomir, Vorgeschichte. 



419 



Troehanter tortius. Hemisphären fast furchenlos. lassen Cerebellum ganz 
unheileckt. Pallium klein, ilurch horizontale Fisstira rhinalis vom großen 
Khinencephalon geschieden. Peripheres Gerurhsorgan makrosmatisch. 
Maxilloturbinale doppelt gewunden. Testikel inguinal, suhintegumcntal: 
Descensus geschieht fakultativ in einen Cremastersack. Uterus duplex. 
Placenta zonal, megallantoid. adeciduat (V). Unipar. Zitzen ahdominal und 
inguinal. 

Geographische Verbreitung. In der Jetztzeit ausschließlich in Afrika 
vom Senegal und Kordofan his zur Südspitze: namentlich in haumarmen. 
termitenreichen. ( legenden. 

Taxonomie. 

Die Tubulidentata umfassen nur das Genus Okyitkropi s E. Geoffr. 
mit den Charakteren der Ordnung. Von der von Süd-Afrika bekannten 
Art O. {(i/>fHsis Gm., die sich bis zum Süden der Sahara ausdehnt, unter- 
scheidet sich ilurch oi-treologische Verschiedenheiten O. aethiopicus Sundev. 
vom Nordosten Afrikas. Fraglich ist, ob auch die nordwestliche Form: 
O. snngalnisis Less. Specicsberechtigung hat. 

Vorgeschichte. 

Auf die Vorgeschichte der Tubulidentata wirft die Paläontologie 
bisher kein weiteres Licht, als daß im Unterpliocän von Samos + Oryc- 
tcropns Gaudryi Maj. von Forsyth Major endeckt wurde, der aber trotz 
seiner entfernten Vergangenheit vom heutigen Orvcteropus nur unbedeutend 
sich unterschied. Diese Art. die auch aus Pcrsien bekannt wurde, macht, 
falls man nicht Afrika als die ursprüngliche Heimat ansehen will. Dur 
einen nördlichen Ursprung und darauf folgende Einwanderung in Afrika 
und Madagaskar wahrscheinlich. Auf letzterer Insel lebte nämlich + Plesio- 
rycteropüs Filhol zur Pleistocänzeit. Der von T. Ameghino im unteren 
Eocän Argentiniens entdeckte + Scotaeops simplex Amegh. wurde von ihm 
den Orycteropotlidae zugerechnet. Er sollte die Ansicht unterstützen, daß 
Afrika ehemals mit Südamerika verbunden war und von dorther Tier- 
material empfing, eventuell auch die Vorfahren von Orvcteropus; dessen 
Zusammenhang mit dem Fwitstehungszentrum der Edentata damit verdeut- 
licht werden sollte. + Rcotaeopb hat sich aber später als + Stegotherii'M 
herausgestellt, welches Genus den Dasypodidac angehört. Demnach sind 
die ältesten, derzeit bekannten Reste die von +Palaeorycteropus Filhol aus 
dem Eocän von Südfrankreich. Falls diese wirklich alttertiären Tubulidentata 
angehören, lüften sie bisher nicht den Schleier über den Ursprung dieser Tiere. 

Ihr Hau lehrt, daß es primitive Säuger sind. Die Kombination 
von Plantigradie: Foramen entepicondyloidcum : Trochanter tertius: Schädel- 
bau, der in manchen Punkten an Insectivora erinnert: Gehirnhau: Uterus 
duplex; Cremastersack zeigt, daß diese Säuger sehr konservativ sind. Es 
beweist dies auch der unbedeutende Unterschied des recenten Orvcteropus 
vom früh-plioeänen Vertreter "*~ Or. Gaudryi. Die Stammform haben wir bei 
primitiven Condylarthra zu suchen und zwar in der Nähe des Zweiges, aus 
•lein die Ungulaten sich fortbildeten. Dafür spricht die Annäherung des Ge- 
hirns an das primitiver Ungulata. die Klliot Smith nachwies: dafür spricht, 
daß die eigenartige Zahnstruktur noch am ehesten als Fortbildung von 



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420 



VII. Ordnung: l'holidola. 



Vasodentin zu erklären ist. wie solches heim Tapir, einein Abkömmling 
primitiver Cngulaten und bei Sirenia. die aucli von solchen sich herleiten, 
auftritt. Auch sind die Scharrkrallen des ürycteropus nicht eigentlich 
unguikulat. sondern mehr Ungulae, die sich dem Graben angepaßt haben. 

.Jedenfalls steht diese <;rupi>e von Tieren ganz abseits von Manis, 
den (liirteltieren. Faultieren und Ameisenfressern und läßt sich mit ihnen 
nicht zu einer Ordnung der Edentata vereinigen. Sie hat vielmehr den 
Wert einer eigenen Ordnung. Dies ist keine systematische Spitzfindigkeit, 
sondern eine nötige Trennung, will man zu einem Verständnis der Tiere 
gelangen, welche lange Gewohnheit, aber nicht scharfe Kritik immer wieder 
zusammenstellte. 



Unter sämtlichen Säugetieren zeichnet sich Manis. der einzige Ver- 
treter dieser Ordnung, durch seine Hautbcdeckung aus. Große Horn- 
schuppen, bald kurz dreieckig, bald mehr rhombisch, bald langgestreckt 
und dreispitzig von Form, braun oder gelblich von Farbe, bedecken den 
Körper mit Ausnahme von Hauch. Kehle und Innenfläche der Extremi- 
täten in dachziegelformigen Reihen. Diese Hartgebildc trugen den Tieren 
den Namen Schuppentiere, Squamata, Pholidota ein. Sie sind ein Produkt 
der Epidermis, insofern letztere bilateral-symmetrische, schwanzwärts um- 
gelegte, dorso- ventral abgeflachte Lederhaut]iapillen überzieht. Die (iröße 
dieser Papillen entspricht dem Maß der Hornschuppen, welche die Epidermis 
durch Verhornung auf der Oberfläche der Papillen entstehen läßt (s. p. 7). 



Fig. 316. Manis» trieupis. a eine der Schuppen von der Dornal fläche 1 ,. b Haut 
mit zwei ätömpfen von Schuppen im Längsschnitt. / Epidermis; 2 Corium; j Schuppe, 
mit abge*<linit teuer Spitze; 4 Verhornte« Kpithel au deren Basis. 

Die wiederholt ausgesprochene Ansicht, «laß die Honischuppen 
zementierte Haare seien, entbehrt selbst jeden Scheingrundes. Die 
Schuppen sind — abgesehen von histologischen Verschiedenheiten, 
die ihre natürliche Begründung in der Verschiedenheit beider Tiergruppen 
finden — durchaus mit den Reptilienschuppen zu vergleichen. Die Zahl 



VII. Ordnung: Pholidota. 



(Manidac oder Effodientia Auct.) 




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Pholidota. Körperbau. 



der Schuppen schwankt für jede Art aber innerhalb so enger Grenzen, 
daß sie systematische Merkmale liefert Auel» nimmt «lie heiin Embryo 
angelegte Zahl «1er Schuppen nicht zu bei der (irößenzunahme des Tieres^ 
somit nur die (Jrößc der einzelnen Schuppe. 

Das Haarkleid hat sich nur an den schupj>enfreien Teilen des Körpers 
als unregelmäßig verbreitete Haare erhalten. Im (iebiet der Schuppen 
erlitt es Reduktion, indem höchstens 1 bis 4 borstenartige Haare, ohne 
Mark, am Außenrande der Untertiäehe jeder Schuppenwurzel, somit hinter 
jeder Schuppe, stehen. Bei den asiatischen Arten erhalten sie sich zeit- 
lebens, insofern sie nicht durch Abreiben oder sonstwie verloren gingen: 
bei den afrikanischen treten sie nur in der Jugend auf. Auffällig ist bei 
allen die späte Entwickelung der Haare, auch ist hervorzuheben, daß schwell- 
körperhaltige Haare mit perifollikulärem Blutsinus an der Schnauzenspitze 
auftreten. Diese und ihnen benachbarte schwellkörperlose, aber lange Haare 
zeichnen sich durch den Besitz kugeliger, acinöser Drüsen gegenüber den 
übrigen Körperhaaren aus. Den Follikeln der letzteren fehlen Drüsen durch- 
aus, mit weiterer Ausnahme von Haaren am After. In Verbindung mit 
diesen kommen große, acinösc, perianale Drüsen zur Ausbildung. Deren 
Gesamtheit erhebt die Haut zu einer den After ringförmig umkreisenden 
Anschwellung. Außerdem treten echte Analsäcke, Analdrüsen auf, als Ein- 
stülpungen der zirkumanalen Haut, in denen ohne Zutun von Haarfollikeln 
acinöse Drüsenmassen zur Ausbildung kommen. Als bohnenförmige Säcke 
umgreifen sie den Enddarm, vom Sphincter ani externus umhüllt. Weitere 
Drüsen, selbst in den Augenlidern, fehlen durchaus. 

Die in einem Paare auftretenden Milchdrüsen sind brustständig, jeder- 
seits mit einer achselständig gelegenen Zitze versehen. Auf der Spitze der 
Zitze liegt eine Oeffnung, durch welche wenigstens drei Ausmündungsgänge 
ausmünden, nachdem sie sich kurz vor der Spitze vereinigt haben. Die 
Zitzenbildung schließt sich am nächsten an die von Didelphys und den 
Murrden an. Anfänglich liegt die Zitzenpapille in einer tiefen Mammar- 
tasche. Der tiefste Teil letzterer beteiligt sich dann am Aufbau der 
wachsenden Zitze, die außerhalb der Laktation von einer Zitzenscheide, 
dem Rest der Mammartasche, umgeben wird und damit als eingezogene 
oder falsche Zitze erscheint. Vermutlich verlängert sich in der Laktations- 
periode die Zitze wohl durch Ausstülpung der Zitzenschcide. 

Für die Form der unguikulaten Nagclbekleidung der Endphalangen 
ist wichtig, daß letztere tief gespalten sind, wie solches auch bei Peraraeles. 
Chrysochloris und Talpa vorkommt. Dementsprechend hat die Kralle an 
der ventralen Fläche ihres distalen Endes eine vorspringende Leiste von 
Nagelsubstanz (vergl. Fig. 14 p. 17). Da es sich hier offenbar um eine 
primitive Einrichtung handelt, verdient hervorgehoben zu werden, daß mit 
Unrecht angegeben wird, daß sich gleiche Spaltung der Nagelphalangen 
bei Bradypodidae und Myrmecophagidae finde. Bei diesen hat nur eine 
Furchung der Nagelphalangen statt, keine Spaltung, was ganz andere 
Folgen hat für die Nagelbekleidung. 

Am Schädel der Manidae macht sich eine oberflächliche Uebcrein- 
stimmung mit dem Schädel der Myrmecophagidae bemerkbar. Sie hat zu- 
sammen mit dem Fehlen der Zähne eine bedeutende Rolle gespielt beide 
Tierformen unter den Edentata unterzubringen. Ja man ist weiter ge- 
gangen und hat sie, auf die wunnförmige Zunge hin, zur Familie der 
Vennilinguia vereinigt. Man hat dabei übersehen, daß es sich um adap- 



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422 



VII. Ordnung: Pholidota. 



tive Ucbereinstimmung handelt, infolge Verlustes des Gebisses und ähn- 
licher Funktion der verschiedenen Organe des Mundes zum Zwecke der Auf- 
nahme der. in beiden Fällen ausschließlich insektivoren Nahrung. Näheres 
Zusehen deckt nur überwiegende Verschiedenheiten am Schädel auf. 

Ihm fehlen infolge geringer Ausbildung der Kaumuskulatur Muskel- 
kämme: daher seine glatte, gerundete Oberfläche. Es fehlt ferner jede 
Grenze zwischen Orbita und Temporalgrube. Hehle zusammen bilden 
eine untiefe Grube, deren geringe Größe begreiflich wird durch die un- 
bedeutende Entwiekelung des Musculus temporalis und durch die Kleinheit 
des Auges. Auch fehlt ein .lochbogen, da die Jochfortsätze des Maxillare 
und Squamosum zu kurz sind, einander zu berühren und ein Jugale 
höchstens noch als Rest erstcrem aufsitzt. Ein Lacrymale erhält sich nur 
ausnahmsweise: meist verschmilzt es mit dem Maxillare. Stets ist es un- 
durchbohrt. und das Foramen lacrymale liegt zwischen Frontale und Pala- 
tinum. In dem Orbitosphenoid erscheint das Foramen opticum als selb- 
ständiges Loch. Der Canalis caroticus liegt wie bei der Mehrzahl der 
Monodelphia zwischen Basisphenoid, Alisphenoid und Petrosum. Das Inter- 
parietale fehlt. Die Intermaxillaria sind in Anbetracht, daß Zähne fehlen. 




Fig. 317. c Condylus; f Frontale; fc Fossil cerebrali*; fcb Fossa cerebellaris; 
/<> Fossa olfactoria, U Land na ethmoidalia, mt Maxillo-turbinale, n Nasale, nt Nasotur- 
i •»nale. n/n maxillare« Stück des Xasoturbinale; p Parietale; sf Eingang in den Sinus 
frontalis; sm desgl. in den Sinu« maxillaris, so Supraoccipitnle; 2— 7 mediale Kiechwüls>te. 

nicht klein zu nennen, erreichen aber die Frontalia nicht, wohl aber haben 
sie einen Gaumenfortsatz zwischen den Gaumenplatten der Maxiilaria. Im 
< legensatz zu den Myrmecophagidae vereinigen sich die Pterygoidea nicht in 
der Fläche des Gaumens, um diesen nach hinten zu verlängern. Er schließt 
mit den Palatina ab. Wohl aber «lehnen sich die Pterygoidea bis zum kleinen 
Tympanicum aus. das wenig aufgeblasen ist, aber keinen knöchernen, 
äußeren Gehörgang bildet. Das Squamosum ist zu einem weiten, luft- 
haltigen Raum oberhalb der Trommelhöhle aufgetrieben. Ein sehr weites 
Foramen pneumaticum vor dem Petrosum gibt Zugang zu dieser Höhle. 
Davon geschieden enthält das Squamosum einen zweiten, kleineren pneu- 
matischen Raum, zu dem ein Loch hinter dem Processus zygomaticus, noch 
in dessen Basis gelegen, Zugang gibt. 

Die Schuppentiere sind makrosmatisch. Dem entspricht die aus- 
gedehnte Fossa olfactoria des Schädelraumes (Fig. .'11 7), die sich durch 
eine Knochenleiste, eine Art knöchernes Tentorium, auffallend abscheidet 
von der Fossa cerebralis. deren Wand die Eindrücke der Gehirnwindungen 
besonders deutlich zeigt. Dem entspricht auch das periphere Geruchsorgan. 
Dasselbe hat ein Nasoturhinale von solcher Länge, daß es das doppelt- 
gewundene Maxilloturbinale überragt. Von den 7 medialen Riechwülsten 



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l'holidotn. Körperbau. 



42:5 



ist der zweite sehr groli. Der Sinus maxillaris ist eine untiefe (irube, der 
Sinus sphenoidalis eine seichte Nische, vom Sinus frontalis endlich ist nur 
die Pars nasalis entwickelt. — Bereits W. K. Parker nennt die Fossa 
pituitaria ..reptilienartig 4 ' weit. Auch ich tinde. daß sie basal wärts auf- 
fallend lange offen bleibt und dati ein bindegewebiger Strang aus der 
Submueosa des hinteren Nasenganges noch bei einem 0 cm langen Embryo 
auf dem Wege zu ihr die Basis eranii durchsetzt vergl. Fig. ( X\ p. lis.i. 

An den gerade gestreckten, gürtelförmigen Cnterkieferhälftcn siml 
die Processus angularis und coronoideus selbst mehr als bei Echidna rück- 
gebildet. Ihr Condylus liegt in gleicher Flucht und hat eine abgeflachte 
(lelcnkfläche. 

Die Wirbel sind, namentlich auch was ihre gelenkige Verbindung 
angeht, im Gegensatz zu den Xenarthra. durchaus normal gebildet. Die 
Zahl der thorako-lum baten bewegt sich zwischen 14 -j-- f>. IT) -j- (>' und 
17 - .">. die der sakralen zwischen .'5—;'» |Flower|: die der Schwanzwirbel 
steigt bei Manis macrura bis auf 4!» und ist damit die höchste unter Säuge- 
tieren ip. s«i). Da ihre Zahl nicht unter 2<> zu fallen scheint, spricht sich 
hierin ein primitiver Charakter aus. Sie tragen Hümapophysen. 

Von hervorragendem Interesse ist der Hau des Steinum in seinem 
xiphisternalen Teil, der AnlaU gab. einen Vergleich mit den xiphisternalen 
Hörnern bei Reptilien, selbst mit deren abdominalen Rippen zu machen. 
Doch handelt es sich durchaus nicht um „Reptilien- 
ähnlichkeiten". sondern nur um Einrichtungen rein adap- 
tiver Art in Verbindung mit der Fähigkeit, die lange, 
wurmförmige Zunge weit hervorzustrecken. Aehnliches 
ist bei Myrmecophaga erzielt, aber auf ganz anderem 
Wege, so datf selbst in diesem Punkte die sogen. Ver- 
milinguia so weit auseinandergehen, als es die gleiche 
anatomische Basis, auf welcher der adaptive Charakter 
sich aufhauen mulite. gestattet. 

Hei den asiatischen Manidae ist das Xiphisternum 
einfach verlängert, um in eine abgerundete, verbreiterte 
Knorpelplatte nach Art einer Schaufel, jederseits mit 
vorwärts gerichteter Zinke zu enden (Fig. 'H S. ID. Auf sie 
breiten sich die Musculi sternoglossi. vom Sternum her- 
kommend, aus und umhüllen sie. Hei den afrikanischen 
Arten sind daraus 2 lange, knorpelige.au ihrem Ende ver- 
schmolzene Stäbe geworden, die bei Manis tricuspis 
(Fig. :-Jls, Ii wieder 2 Knorpelstäbe entsenden, die rück- 
läufig sich auch ihrerseits vereinigen. Dieser Apparat hat 
hier solche Länge, dali er anberhalb des Peritoneum längs 
der ventralen Hauchwand zum Hecken zieht, hier sich 
umbiegt und längs der dorsalen Hauchwand bis zur 
Niere geht. Von ihm entspringen in komplizierter, 
durch Ehlers beschriebener Weise die Musculi sterno- 
glossi. die umscheidet werden durch eine Muskelmasse. 
in welche die Muskeln des Zungenapparates iM. mylo- 
hyoideus, geniohyoideus. genioglossus, sternothyreoideus 
und hypoglossusi eingegangen sind. Sie haben ihre 
Verbindung mit dem Zungenbein verloren infolge unverhältnismälüger 
Verlängerung der Zunge, wodurch die Zungenscheide nach Art eines 




Fip. Xiphi- 
tternutn I von Mani* 
tricuspi*, II 
Mani* jnvanica. 



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424 



VII. Ordnung: Pholidota. 



lilindsackcs bis in die Brusthöhle eingestülpt ist. und die genannten 
Muskeln gleichsam vom Zungenbein abgelöst und nach hinten gedrängt 
wurden. 

Die Clavietila fehlt, das Acromion ist klein, noch mehr der Processi* 
eoraeoideus. wodurch jede rebereinstimmung mit dem Schulterblatt der 
Ameisenfresser wegfällt. 

Dem Humerus fehlt nur bei Manis Temminckii ein Foramen entepi- 
eondyloideum. In der funftingeri»en Hand sind wie bei Carnivora Scaphoid 
und Lunatum vollständig verwachsen. Ein Centrale carpi scheint stets zu 
fehlen. Von den 5 Fingern, die mit gespaltenen Nagelplialangen enden, 
zeichnen sieh die des 3. und 4. Fingers durch bedeutende ( Jrölie aus. 
Sie zwingen das Tier, die Hand beim (Jenen derart nach innen zu rotieren, 
daß die Körperlast auf dem äufcieren Fußrande und auf der Dorsaltiäche 
der eingeschlagenen äußeren Finger ruht. 

Febrigens sind die Manidae. mit Ausnahme von M. gigantea und 
Temminckii. gute Kletterer und fähig, sich aufzurollen. Den kletternden 



Formen ist eine nackte Stelle an der Fnterseite der Schwanzspitze eigen, 
die vielleicht als Tastorgan fungiert. 

Im Herken fehlt, im (iegensatz zu den Xenarthra. eine Verbindung 
der Sitzbeinhöcker mit den Sakralwirbeln. Ein Trochanter tertius fehlt. 
Der fünfzehige Fuß ist durchaus plantigrad. 

Im (lehirn (Fig. 320 u. 321). dessen (iewicht bei erwachsenen Tieren 
ungefähr 0.3 °/o ( ' es Körpergewichtes ausmacht, liegt das kleine (lehirn mit 
seinem sehr grolien Vermis bloß. Das gilt auch von den umfangreichen Lobi 
olfactorii. die in einer selbständigen (irube der Schädelhöhle liegen (s. o.). Der 
Lobus hippocampi ist sehr groß. Die vordere Fissura rlnnalis ist getrennt 
von der hinteren: letztere hängt zusammen mit dem Sulcus praesylvius. 
Eine Fossa Sylvii ist vorhanden, obwohl eine eigentliche Fissura Sylvii 
fehlt : denn ein an diese erinnernder Sulcus ist wahrscheinlicher als Sulcus 
suprasylvius aufzufassen [Elliot Smith). Außerdem weist die Konvexität 
des Pallium noch eine sajiittale Furche auf. Das Pallium ist also durch- 
aus nicht lissencephal : im (iegenteil. in Anbetracht der Kleinheit des 
(iehirns sind seine Furchen selbst zahlreich. Dies bringt Elliot Smith in 
Beziehung zum geringen Cmfang der Hirnkapsel: die Kleinheit des 




Fig. 319. I Hand. II Füll 
von einem Embryo von Manis 
tricuspis von 7.0 cm Totalläng«'. 
I A" Radius; C/Ulna; /Triqnetnim. 
*/ Scapho-luuatum; /, 2, j. 4 die 
4 distaler Carpalia. / — /' dir 
Finger mit verbreiterten Fnd- 
phalangen; r radialer Kand- 
k norhen. II 7'Tibia; < Calcaneu»; 
<i Tains; cb Culioid; n Naviculare. 
e, <•', S die IJ Cuneifoimia: v 
tibialer Randknochen. 



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Pholidota, Körperbau. 



42ä 



Pallium führt er alter zurück auf ilio geringe Ausbildung des Tast- 
geftthls infolge des Schuppenkleides, Ueber verwandtschaftliche Beziehungen 
sagt das Gehirn wenig mehr aus, als daß es einen primitiven Hau hat, 
ohne daß es verrät, ob es dem Gehirn primitiver Unguikulatcn oder Un- 
gulaten naher stehe. 

Unter den Sinnesorganen füllt die Kleinheit des Auges auf. das 
/.. 1?. bei Manis javanica. einem Tier, das über 80 cm lang und bis 7 kg 
schwer werden kann, nur Erbsengroße erreicht. Dcmungeachtet sind die 
Augenmuskeln vollständig. Der Musculus retractor bulbi besteht aus vier 
ungleichen Portionen. Den äußerst dicken und rigiden Augenlidern fehlen 
— ein/.ig unter Landsäugetieren — alle Drüsen. Auch Lidknorpel fehlen, 
nicht aber in der starken Membrana nictitans. Der umfangreichen Tränen- 
und Harderschen Drüse entspricht der weite, aber kurze Tränenkanal, der 
unterhalb des Maxillo-turhinale ausmündet. 

Im kleinen Gehörorgan zählt die Schnecke fast drei Windungen. 
Von den Gehörknöchelchen ist nur hervorzuheben, daß der Stapes nach 
Doran am meisten unter Monodelphia sich «lein Zustande der Sauropsida 
nähert, insofern er eine columellaartige Form hat. 



Flg. »20. 



Fig. 321, 





Fig. 320. Gehirn von Muni- javanica von der 
Seite und Fig. 321 von oben. n. (ir. .r Fossa Sylvii; 
/$ Silicur Pupraftylvius; j.c" Sulcu» sagitlnlis; ps Sulcus 
praesylvius; rh'i, rhp FiMiira rhinalU anterior und 
posterior; h Lobus hippocanipi; o Lobus olfactorius; 
Ii Nervus opticus. 

Eine Ohrmuschel mit entsprechendem Knorpel geht den Manidae 
niemals ab. Die gegenteilige Ansicht, die offenbar Anlaß gab. eine Art 
als Manis aurita herauszuhelfen, läßt sich nur dadurch erklären, daß bei 
einzelnen (M. longicaudata, trieuspis) der Delix klappenartig umgebogen 
und niedrig ist. 

Vom peripheren Geruchsorgan wurde bereits die hohe Ausbildung 
der Riechwülste hervorgehoben. Das Jacobsonsche Organ mündet jeder- 
seits in den Stensonschen Kanal und steht somit mit der Nasenhöhle nicht' 
in direkter Verbindung. 

Bekanntlich ist das Gebiß so gründlich zurückgegangen, daß nur 
Ilöse meint, im vorderen Teil des Kiefers die Anlage einer Zahnleiste zu 
sehen, welcher im Unterkiefer eine rudimentäre Zahnanlage in Form eines 
kolbig angeschwollenen Teiles aufsitzen soll. Diesen Befund bei einem 
7.«»' cm großen Embryo von Manis trieuspis konnte Leche bei einem 4 cm 
langen Embryo nicht bestätigen. Diese rudimentären Anlagen treten also 
einmal erst spät auf, dann auch gehen sie bald spurlos wieder zugrunde. 

Ueber die außergewöhnlich lange, nach vorne zu abgeflachte Zunge 
von Manis. die weit vorstreckbar ist und in Ruhe in die Zungenscheide 



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420 



VII. Ordnung: Pholidota, 



zurückgezogen wird durch die Tätigkeit der Musculi sterno-glossi und 
benachbarter Mu>keln. war beim Steinum schon die Rede. Die Papilla«.» 
vallatae treten in der Dreizahl und in \ förmiger Anordnung auf. Zum 
Fange von Insekten wird die Zunge feucht und kleberig gehalten durch 
das Sekret der Speicheldrüsen, unter denen namentlich auch die Glandula 
submaxillaris durch (IröUc hervorragt. Sie reicht beiderseits fast bis in 
die Achselgegend. 

Auffallender ist die Anpassung des Magens an die Nahrung. Derselbe 
ist der Form nach ein „einfacher" Magen, dessen Schleimhaut bei Manis 
javaniea aus durchaus verhorntem, geschichtetem Pflasterepithel besteht, das 
im kardialen Teil als Falte am Ende des Oesophagus sich erhebt und im 
pylorialen Teil am Ende der grolien Kurvatur Hornzähne bildet. Diesen 




Fig. 322. Die rechte Hälfte de« in der Medianebene geöffneten Magens von 
Manis javaniea. */i C* r - ■* Oesophagus: p I T el>ergang de« Pyloru» iu da* Duode- 
num; / longitudinale Muakebchicht ; c zirkuläre Muskelschicht, die in ihrem Verlaufe 
einigermaßen schematisch dargestellt ist; si verhornte Schleimhaut, im kardialen Ab- 
schnitt stark gefaltet; s kugelige Schleimdrüsen, die an der kleinen Kurvatur durch 
deutliche Oeffnungen ausmünden; /// die große Magendrilse ; l verhorntes Triturations- 
organ am Pylorua. 

gegenüber erhebt sich am Ende der kleinen Kurvatur, genau in der Median- 
linie, ein mit Hornzähnen reichlich bewaffnetes Organ, dem starke Muskeln 
unterliegen. Solchergestalt kommt ein Triturationsorgan zustande. Die 
Magendrüsen treten nur zu makroskopisch sichtbaren Drüsenkörpern ver- 
einigt auf. In der Mitte der groüen Kurvatur liegt die „groüe Magen- 
drüse". Zutritt zu diesem umfangreichen Drü.-<enkör]>er gibt ein dem 
Pylorus zugekehrter EndausführungSgang, in welchen verschiedene Aus 
führungsgänge zusammentreten. Jeder derselben bildet eine zentral ge- 
legene Spalte, in welche eine Anzahl schlauchförmiger, verzweigter Drüsen 
ausmünden, deren Wand Haupt- und Belegzellen trägt. Daneben tritt 
eine zweite Art Drüsen auf. die den IMorusdrüsen der Säuger entsprechen, 
somit gleichartige Zellbekleidung haben, sich aber gleichfalls durch ihre 



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l'holidota, Körporbau. 



427 



Größe auszeichnen und durch ihre Beschränkung auf die Mitte der kleinen 
Kurvatur, auf eine Anhäufung in der Nähe der ..großen Magendrüse" 
und auf eine solche gegenüber dein Triturationsorgan (Fig. -\'2:\). Somit, 
ist der Magen von Manis in einzig dastehender Weise sozialisiert und 
zugespitzt auf die aus Ameisen und Termiten bestehende Nahrung. Da 
Zähne fehlen, gelangen sie in toto mit dem Sekret der Speicheldrüsen 
in den Magen. Zusammen mit Sand und verschluckten Steinchen bis 
zu Erbsengroße, werden sie im Magen zerrieben: sein verhorntes PHaster- 
epithel schützt ihn dabei. Die wenig zahlreichen, weiten Drüsenöffnungen 
ergießen ihr reichliches Sekret in den Mageninhalt, dessen chitinöse Teile 
eine letzte Bearbeitung im pylorialen Teil durch das Triturationsorgan er- 
fahren. 

Ks verdient aber hervorgehoben zu werden, daß andere Manis-Arten 
es in der Spezialisierung des Magens noch nicht so weit gebracht haben 
[Pilliet. v. Klinkowström]. Bei allen tritt verhorntes Pflasterepithel als 
Bedeckung der Magenwand auf. jedoch in verschiedenem Grade der Aus- 
dehnung von der Cardia aus. Damit in Verbindung müssen die Labdrüsen 
mit einem beschränkten Gebiete, erst in 
gürtelförmiger Ausdehnung, dann als ovales? 
Kehl, vorlieb nehmen, bis sich letzteres 
bei M. javanica als „große Drüse" gar ein- 
stülpt und damit eine gegen Insulte ge- 
schützte Lage enthält. 



Kijr. 323. Eine Schleimdrüse, schwach ver- 
größert iintl mir in ihren Konturen dargestellt, 
an« der (tagend der kleinen Kurvatur des Magen a 
von Manis javaniea. n Ausmündwtg der Drüse; 
r epithelialer, stark verhornter Teil der Schleim- 
haut. 

Der Darinkanal stellt ein einfaches Hohr dar. das an einein Mesen- 
terium commune aufgehängt ist. welches in der ganzen Länge der Bauch- 
höhle entspringt. Kine Flexura duodeno-jejimalis fehlt somit, desgleichen 
jede Coecumbildung: demnach beschränkt sich der von au Ben sichtbare 
Unterschied zwischen Dünn- und Dickdarm auf größeres Kaliber und 
dickere Muskelwand des letzteren. 

Die Leber ist viellappig, eine Gallenblase vorhanden. Der weiche 
Gaumen dehnt sich weit nach hinten bis zum Ilinterhaupte aus und gibt 
der Epiglottis eine inttanariale Lage. Auf ihn erstrecken sich auch die 
Gaumenleisten, deren Zahl bei Maitis javanica elf beträgt. Die Lunge 
hat links zwei, rechts drei Lappen mit einem Lobulus impar. Der Bron- 
chialbaum hat einen rechten bronchialen, eparteriellen Bronchus, links 
fehlt ein eparterieller. 

Der weibliche Gcschlechtsapparat hat völlig freiliegende Ovarien: an 
den kurzen l'teruskörper schließen sich die beiden Hörner an. deren Tuben 
weite abdominale Mündungen haben. In die Vagina mündet, etwa in 
ihrer Mitte, die Urethra aus, so daß ein ziemlich langer Urogenitalkanal zu- 
stande kommt. Dessen Ausmündung liegt direkt unterhalb der Anal- 
öffnung in einer gemeinschaftlichen Hautgrube, eine Art untiefer Kloake 
darstellend. 




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42* 



VII. Ordnung: l'holidota. 



Die Testikel liegen außerhalb des Ingni nwlka nala , jedoch nicht in 
einem Scrotiun, von dem vielmehr jede Andeutung fehlt, sondern inguinal 
und subintegninenta] in dem dreieckigen Baun zwischen den Adduktoren 
des Schenkels und der Bauchwand. Der kleine Penis ist wenig vorspringend. 
Seine Corpora cavernosa entspringen von einer sehnigen Masse an den Hubes, 
sind aber weiter durch starke Musculi ischio-eavernosi an das Hecken ge- 
heftet. Konvergierend vereinigen sie sich zu einem unpaaren dorsalen 
Schwellkörper. Ventral liegt das Corpus cavcrnosuiu urethrae. dessen (Hans 
ein weites Praeputium umhüllt. 



Fig. :«.'-!. Fig. 325. 




Fig. 334, Schematicher Querschnitt ; Fig. 325. Iüngsschnitt durch den Embryo 
und seine Eihiillon von Mann ja van im al Allantoi*; am Amnion, durch eine punktierte 
Linie angedeutet; d Dottersack; t Embryo; s seröse Hidle. 



Die weitere Muskulatur des männlichen Geschlechtsapparates zeigt 
noch primitive Verhältnisse, desgleichen die Prostata die auf der Stufe 
von rrethraldrüsen. die vom Musculus urethralis umhüllt werden, stehen 
bleibt, (ilandulae vesiculares treten auf. ('owjjersche Drüsen dagegen 
fehlen beiden Geschlechtern. 

Soweit bekannt, werfen die Manidae nur 
ein sehr ausgebildetes Junge, das sich auf 
frühem Stadium auszeichnet durch aulier- 
ordentliche Länge des Schwanzes, auch wo 
derselbe später z. II. bei Manis javaniea. hier- 
durch nicht mehr autfallt. Die Piaren ta ist 
eine adeciduate und diffuse. Sie kommt durch 
ein Allantochorion zustande, dessen Zotten 
zwischen Zotten der rteruswand. «leren Epi- 
thelbedeckung intakt bleibt, sich fügen und 
solchergestalt nur' eine lose Verbindung bewerk- 
stelligen. Sie bietet auffallende Ceberein- 
stimmung mit derPferdeplaccnta, unterscheidet 
sich aber durch den Besitz eines Dottersackes. 
Fig. m Embryo von Man« (jor D fa yu| . Geburt als deutlich nachweisbarer 

javan.««. % n. Gr. ^ , M>stel|en Moi|(t 

Diagnose: Di«' Pholidota sind unguikulate. plantigrade, insektivore 
Tiere, deren dem Lichte zugekehrt«' Körperteile mit imbrikaten Reihen 
von Hornschuppen und äußerst spärlichen Haaren bedeckt sind, .lugale 
und Interparietale fehlen, «lesgleichen Clavicula und Centrale catpi. Sca- 
phoid und Lunatum sind verschmolzen. Foramen entepicomlyloMleuin 




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Pholidotn, Tuxonomie. 



4211 



meist vorhanden. Trochanter tertius fehlt. Wirbelsäule. Hecken und penta- 
daktyle Hand nnfl Fuß gewöhnlich. Zähne fehlen durchaus. Zunge lang, 
wurmförmig. weit vorstreckbar. Magen einfach, durchaus spezialisiert zu 
einem Triturationsorgan. Coecum fehlt. Ein Paar achselständiger Zitzen, 
l'terus bieornis. Te.stikel inguinal, subintcgumcntal: Scrotuni fehlt, desgleichen 
Cowpersehe Drüsen. Unipar. Definitive Placcnta besteht aus Allanto- 
chorion mit diffusen Zotten; sie ist megallantoid und adeciduat. Wahr- 
scheinlich ging ihr eine Dottersacksplaeenta vorab, von der sich der Dotter- 
sack bis zur Geburt erhält. 

Geographische Verbreitung. 

Die Schuppentiere treten ausschließlieh in Afrika und Asien auf und 
zwar in letzterem Gebiete in Vorderindien vom Iiimalaya bis zur Südspitze, 
in Ceylon. Indo-China. den Inseln Hainau. Formosa und den Grotten Sunda- 
inseln Sumatra, Java und Horneoi. Von den 4 afrikanischen Arten sind 
M. tetradactyla L. < — niacura Erxlelu, tricuspis Rafin.. gigantea IUig. auf 
Westafrika beschränkt vom Senegal bis etwa Mossamedes. Die mit M. gigantea 
nahe verwandte Art M. Temminckii Smuts tritt in Südafrika auf und dehnt 
sich von hier durch Ostafrika bis Kordofan aus. Die afrikanischen und 
die drei asiatischen Arten, deren Verbreitung unten näher angedeutet ist, 
schliefen einander aus. Diese beiden geographisch getrennten Gruppen 
unterscheiden sich durch später anzugebende Merkmale, die auf eine 
längere Trennung weisen. Die afrikanische M. gigantea und Temminckii 
überbrücken diese Merkmale einigermaßen. Nicht unwichtig ist es daher, 
daß Lydckker aus dem südindischen Pleistoeän eine +M. gigantea fossilis 
beschreibt, die der recenten Art jedenfalls verwandt zu sein scheint. 

Taxonomie. 

Die Pholidota, für deren spärliche — etwa sieben — Vertreter 
sielten verschiedene Genera aufgestellt sind, werden zweckmäßig und natur- 
gemäß in dem Genus Maxis vereinigt. Dasselbe laßt sich mit. Jeutink 
in zwei geographische Gruppen verteilen, die sich außerdem gut charak- 
terisieren lassen durch eine Anzahl Merkmale. 

A. ASIATISCHE MANIDAE. Die zentrale Reihe der Rückenschnppen 
setzt sich bis zum Schwänzende fort. Stets treten zwischen den .Schuppen 
sparsam Borsten auf. Der Processus xiphoides des Brustbeins ist ver- 
längert, behalt aber durchaus gewöhnliche Form. Ohren klein, aber deut- 
lich. Durch Zahl und Größe der Schuppen lassen «ich die drei asiatischen 
Arten leicht unterscheiden. Von diesen verbreitet sich .1/. pcntadactxla L. 
(crassicaudata E. Geoff. i über ganz Vorder-Indien und Ceylon. Am Hima- 
laya schließt sich hieran einerseits JA aurita Hodg. an, die durch Birma 
bis in China und auf die Inseln Hainau und Formosa sich ausdehnt : 
andererseits \l . javmiica Desm. Diese trifft mit der vorigen Art auf deren 
Südgrenze zusammen, verbreitet sich dann aber durch Malakka über Su- 
matra. Java und Borne««. 

B. AFRIKANISCHE MANIDAE. Die zentrale Reihe der Rückenschuppeu 
teilt sich vor dem Schwänzende in zwei Kerben. Haare zwischen den 



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4H0 VII. Ordnung: l'holidota. 

Schuppen mit zunelniiein lein Alter hinfällig. Processus xiphoides des Stei- 
num in zwei lau»:* Stabe verlilugeit . die an ihrem Ende verschmelzen. 
Ohren fast verborgen. 

Unter den vier, in ihrer Verbreitung bereits oben naher charaktei isierteu 
Arten: M. teiradactyla L. i inacnua Erxleb. i, tricuspis Rafin., T iiiniimkii 
Smnts und gigailtftl Iiiig. unterscheiden sich die beiden letztgenannten, 
die von manchen Autoren vereinigt werden, durch den verhältnismäßig 
kurzen, breiten Schwanz, der keine nackte Stelle an der Unterseite der 
Spitze hat, wie alle übrigen Manidae. Beide scheinen denn auch nicht 
zu klettern. Die kleinste Art verdankt ihren Namen: tetradaetyla L. der 
Kleinheit des 1. Fingers, der früher übersehen wurde: macrura Erxleb. 
oder longicamlata Hriss. heißt sie auch nach dem äußerst langen Schwanz, 
der die unter Sängern größte Zahl (49. von Wirbeln enthält. 

Vorgeschichte. 

Ueher die Vorgeschichte und Verwandtschaft dieser Sütigetierabteilung 
herrscht völliges Dunkel. Lvdekker hat die bereits genannten pleistocänen 
Reste einer Manisart. die er zu M. gigantea rechnet, beschrieben: auber- 
dem aus dem südindischen Pliocäu eine ^Manis sindirnsis Lvd. Sie gehören 
in die Reihe der Reweisstücke eines früheren innigen Zusammenhanges 
der aethiopisehen und orientalischen Säugetierfauna. Auch E. Dubois er- 
wähnt aus dem Jung-Pliocän von .lava eine Riesenmanis. welche die heutige 
M. javanica weit übertraf. Sie lüftet vorläufig aber ebensowenig den 
Schleier von der (ieschichte der Manidae. Dafür sind auch die Reste aus 
dem Oligocän Frankreichs, die Filhol als » Necromanis tjinrcyi Filh. 
und -I.eitomanis r,Hvardsi Filh. beschrieb und Maniden zuschrieb, zu 
unvollständig. 

So sitid wir auf Ueherlegunjjen hingewiesen, wie sie bereits oben 
bei Besprechung des Begriffes Edentata <p. 412» gepflogen wurden. Ein- 
zelne Organsvstenie der Manidae sind alliierst spezialisiert. Al> solche 
nenne ich den Zungenapparat, den Magen, die Hautdecke. Die beiden 
ersten Punkte stehen in Kausalverband mit dein Verlust des (iebisses 
und der Art der Nahrung: das Scliuppenkleid dagegen ist eine Spezinli- 
sierung auf altererbter Basis. Durchaus primitiver Art ist der Ran des 
(iehirns. des Mesenterium, der Placentation, des Penis, der weiblichen (ie- 
schlechlsorgane. Die gespaltenen Nagelphalangen und ihre Ilornbekleidung. 
das Scapho-Luuatum weisen vielleicht noch am ehesten nach Crcodonten 
hin. Die Manidae mühten sich dann aber von solchen abgezweigt haben 
zu einer mesozoischen Zeit, als die f reodonten noch zusammenhingen mit 
primitiven Insectivora. 



VIII. Ordnung: Xenarthra. 

Eine Anzahl gemeinsamer Merkmale, die allen übrigen Sängern nb- 
gehen. rechtfertigt eine (iruppe von Säugetieren, welche der Ameisenfresser, 
das Cürteltier und das Faultier vertritt, trotz ihrer Verschiedenheit in 
Lebensweise. Nahrung, äulierem Vorkommen und Charakter, zu vereinigen. 



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VIII. Ordnung: Xonarlhra. 48] 

DaU diese gemeinsamen Merkmale auf Blutsverwandtschaft beruhen, legt 
die Paläontologie überzeugend dar. Sie zeigt, daß die heute auf Zentral-, 
namentlich aber auf Süd-Amerika beschränkten Familien die letzten, immerhin 
Doch zahlreichen Ueberbleibsel darstellen von früher weit zahlreicheren 
Formen, die mit zunehmendem Alter der tertiären Zeiten, in denen sie lebten, 
stets mehr sich nähern und damit auf einen gemeinsamen Ursprang hin- 
weisen. 

Nur ein solcher kann auch die anatomischen Eigentümlichkeiten erklären, 
deren l T ebereinstimmung teilweise sofort in die Augen fällt, anderenteils 
erst durch eindringendes Studium sich erkennen läßt. So scheinen an- 




Fig. 327. Tolypeute* eonnrtM I«. Geoff. aufgerollt, von der s«»ii<' gesehen, 
*f 4 n. Gr. S'ach Murie. ß.s Kn-kcnw-hild; jr tlt die 3 GOrtd; ÄS Kopfuchild ; 0 Ohr; 
5 Schwanz; SS Schultrrüchild. 

fänglich die dichtbehaarten Faultiere (tiradvpodidae) und Ameisenfresser 
(Myrmccophagidae) in ihrer Ilautbedeckung von den beschuppten und ge- 
panzerten Gürteltieren soweit wie nur denkbar entfernt zu sein. Yer- 
gleiehung mit fossilen Formen überbrückt aber diese Unterschiede, die in 
den recenten Formen eben nur noch in den Extremen vorliegen. 

Zunächst sei hervorgehoben, dali die Schuppenbildung sehr hohen Grad 
der Ausbildung erreichen kann. In der Jugend ist der Körper der Gürtel- 
tiere allseitig mit Hornschuppen bedeckt. Ihr entsprechen Verknöcherungen 
der Lederhaut. Diese verschmelzen oder vergrößern sich aber nur an der 
dem Lichte zugekehrten Fläche zu gröberen Knochenplatten, während an der 



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4.V2 



VIII. Ordnung: Xenarlbra. 



ventralen Seite Rückbildung der Bepanzerung eintritt. Hei vollständiger Ab- 
bildung im erwachsenen Tier findet sich ein Kopfschild, Schuppenbildung auf 
den Gliedmaßen sowie ein Schwanz- und ein Rumpfpanzer, an dem sich in ein 
Schulterschild, ein Kreuz- oder Heckenschild und dazwischen gelegene, ver- 
schieden zahlreiche bewegliche Rückengürtel unterscheiden lassen. Diese 
Panzerteile bestehen aus Ossifikationen, die zwar durch Bindegewebe ge- 
schieden, unter sich aber fest verbunden sind zu den Komplexen der ge- 
nannten Schilde und Gürtel, die ihrerseits aber gegeneinander beweglich 
sind. Diese Beweglichkeit ging jedoch innerhalb der fossilen Glypto- 
dontidae verloren, deren Rückenpanzer funktionell dem Carapax der Schild- 
kröten glich. Die hier entwickelte Ansicht über den Entwicklungsgang 
der Rückcnhcpanzerung ist unten (p. 4G(I) näher motiviert. 

Die Hautossifikationen entstehen in Ledcrhautpapillen, ontogenetiseh 
jedoch später als die cpidermoidale Bedeckung der Papillen die Ilorn- 
schuppen liefert. Letztere bedecken aber nur in einfacheren Fällen ihnen 
korrespondierende Ossifikationen, wie am Kopfe, an den Extremitäten. Teil- 



weise tun dies auch bei Tatusia die sogen. Hauptschuppen des Rückenpanzers, 
zwischen denen sich dann die Furchenschuppen über den Nähten, zwischen 
die Ossifikationen einfügen. Meist aber, wie bei Dasypus und Verwandten, 
sind die erwachsenen Schuppen komplizierte Gebilde und zusammengesetzt 
aus mehreren kleineren primitiven Schuppen, zwischen denen dann ursprüng- 
lich Ilaare standen. Bei Scleropleura bruneti soll die Rückenhaut nur 
seitlich verknöchert, im übrigen aber beugbar und dicht behaart sein. 
Auffallender noch ist Chlamydophorus, wo gleichfalls Ossifikationen im 
Panzer zurücktreten. Derselbe stellt eine große Anzahl von Ringen dar, «lie 
sich direkt an die Bepanzerung des Kopfes anschließen und eine Ilaut- 
duplikatur bilden, die von einem medialen Streifen der Rückenhaut aus- 
geht, etwa wie die Schalen der Ostrakoden und nur in der Schulter- und 
Beckengegend in ganzer Ausdehnung mit der übrigen Haut sich vereinigt. 
Dieses ganz einzige Verhalten des Chlamydophorus truncatus wird durch 
('hl. refusus mit dem gewöhnlichen Verhalten der Dasypodidae insofern 
verbunden, als sein glcichbeschaffener Panzer allseitig mit der Körper- 
haut verbunden ist. Außer den genannten Tieren erfreuen sich guter 



Fig. 328. 



Fig. :i'2ü. 




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Xenarlhra, Körperbau. 433 

Hehaarung Dasypus villosus, sexcinctus u. a. Meist alter geht das Haar- 
kleid, namentlich auf der Rückentläehe, zurück auch individuell mit der 
Entwickelung der Hautknochen. Diese werden hier und da durchbohrt 
durch die Haare, deren Follikel unterhalb derselben liegen. Acinöse und 
tubulöse Drüsen kommen gleichfalls vor in verschiedenem Grade der Er- 
haltung. 




Fig. 'SM). I. LangRHchiiirt durch die Schwanzhaut von Tamandua tetradactyla. 
1. Stratum corncum; 2. Stratum muoMUm der Epidermis 8. pigmentierte Hornschuppe; 
4. Ausmündung einer SchweilWrüse; 5. Haar. II. Stuck Schwanzhaut von Mynne- 
cophaga jubata mit ovalen, pigmentierten Schuppen, zwischen denen die kurz abge- 
RCnnittcnen Haare sitzen. 

Zweierlei Teile konkurrieren als»» bei den Dasypodidae um ihre Haut- 
decke zu einer komplizierten zu machen. Die Lederhaut liefert — einzig 
unter recenten Säugern — ein Hautskelet, die Epidermis Hornschuppen. 
Wichtig ist, daß letztere, die ja überhaupt unter Säugern, wenn auch 
meist in rudimentärem Zustande, weiter Verbreitung sich erfreuen, bei 
nahen Verwandten der Dasypodidae: bei Myrinecophaga und Tamandua sich 




Fig. S.U. (Jrypotherium domesticum Roth (Neomylodon Listai Amcgh). I. (Quer- 
schnitt durch dii- Haut mit Hnutknochen in der Ijederhaut. II ^ A* • Kiner der Haut- 
knrM'hcu von M Seiten nat. fJr., nach A. Smith Wnndwcird. 

auf dem Schwänze sehr gut erhalten haben. Myrmecophaga steht dadurch 
fitst einzig tla. dali trotz der buschigen Behaarung des Schwanzes große 
Schuppen in alternierenden Heilten auftreten, hinter denen je 5— 6 Ilaare 
hervortreten. Im übrigen stehen die Haare zerstreut, nur bei Cycloturus 
bilden sie Bündel. Den Hradypodidae fehlen Schuppen bildungen. 

Wichtiger noch ist, dali die Fähigkeit Cutisknoehcn zu bilden, auch den 
entfernteren Verwandten der Dasypodidae in der Vorzeit zukam. So bei 
+ Mylodon. + Lestorinn. Xotrotherium K'oelorion . lauter (iravigrada: somit 

Wel'or, Sllii.'clierp. 

2S 



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4:u 



VIII. Ordnung: Xcniarthra. 



<ien Vorläufern der heutigen Myrmecophagidae und Hradypodidae. liei denen 
diese Eigenschaft verloren gegangen ist. Aber nicht als Folge der Aus- 
bildung eines Haarkleides. Ein solches kam notorisch -Hirypotherium Reinh. 
(Neomylodon Amegh. = (ilossotherium Ow.i zu. von welchem (ienns neuer- 
dings in Patagonien ein dichtbehaartes Stflck Haut angetroffen wurde, mit, 
wie es scheint. unregelmäliig verteilten Hautknöchelchen (Fig. ;VM>, 

Die Haare der Hradypodidae verhalten sich durchaus abweichend 
von denen der übrigen Säugetiere. Hei Bradypus bilden sie Bündel von 
einem gröberen und °2 - .'» dünneren Haaren, denen die Marksubstanz fehlt. 
Sie setzen sich demnach zusammen aus Zellen, die der Rindenschicht 
• Hornsubstanz) entsprechen, aus einer Cuticula und unter dieser aus einer 
einzig bei Faultieren vorkommenden Bclegsehicht |Wcleker|. welche 
wenigstens das mittlere Drittel des Haares bedeckt und demselben sein 
heuartiges Aeubere verleiht. Ihre Zellen sind so lose gefügt, dal» Algen 




Fig. 332. Die hintere Shiidilpartie von Mynne.-nj.haga julmta, nach I'oiuhet, 
nat. Cr. ./ Ali*phenoid : < Cniulylu»; /• Frontal«:/. Poromen condyloiüeum; flYttt. 
hiervniale: flp For laeenwu posterius; /<> For. ovale; fp For. pulatiniiin ; fr For. ro- 
tun(lum: /iw For. stylo-maMoideum; /$<> For. spheuorbitale; /. I-aeryninle; tO Orbit o- 
sphenoid; Od OhröHnnng; /'/ Palatinum: /V Parietale; /'s l'rii-phenöid; Pz Processus 
zygomatiens; S Spiamosuin : SO Supraoceipitale; T T\ nipanieum. 

(eine grüne: Trichophilus Welckcri A. Web. und eine blaue: Cvanoderma 
bradypi A. Weh. ihren Wohnsitz darin aufgeschlagen haben und der 
Rückenseite der Tiere und der Außenseite ihrer Extremitäten einen grün- 
lichen Schein verleihen können. Anders Choloepus. Seine Haare .stehen 
zu 1 in einer Gruppe, haben Marksnbstanz. die durchzogen wird von 
Stränden von Hornsubstanz, die einen nur teilweise geschlossenen Mantel 
bilden und an der Oberfläche zu ungefähr 8 Längsleisten sich verdicken. 
In den Furchen dazwischen liegen Zellen, die der Helegschicht von Bra- 
dypus homolog sind, Leber sie schlägt sich die Cuticula hinweg auf die 
s Leisten; auch enthalten sie wieder parasitische Algen und zwar Tricho- 
philus spec. und Cvanoderma choloepi A. Web. Diese Alycnvegetation 
verliert sich bald in der (Gefangenschaft, im (Gegensatz zum feuchtwarmen 
Klima der Urwälder der Heimat. Acinöse und tubulöse Drüsen fehlen. 
Heitie kommen aber bei Bradypus vor. 

Analtlrüsen treten allgemein auf. Auch beschreibt Ticdemann eine 
Drüse aus der Wangenhaut von Cycloturtis didaetylus. Das Epitrichium 



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Xenarthra. Körperbau. 



4äf» 



<\u 0 1 erhält sich in so seltener Vollständigkeit bis zur Geburt hei Bra- 
dypus, dali es mit dem Amnion verwechselt werden konnte. 

Die Zitzen sind bei Bradypodidae und Myrmeeophagidae brustständig; 
unter letzteren hat Cycloturus auch noch ein Paar bauchständige. Letztere 
Lage hat auch das einzige Paar bei Dasypodidae. zu denen sich bei Ta- 
tusia noch ein Paar inguinaler hin/.ugesellt. 

Die starke Hautmuskulatur befähigt manche Dasypodidae. sich auf- 
zurollen |s. Fig. .-527). 

Der Schädel ist in seinem antorbitalen Teil entweder lang oder 
sehr lang, namentlich bei den insektivoren Arten mit langer, wurmförmiger 
Zunge (Myrmeeophagidae) oder im (iegenteil äulierst kurz bei den phyllo- 
phagen Bradypodidae. Die Schädelhöhle ist klein, aber langgestreckt, mit 
deutlicher Verteilung in die hintereinanderliegenden Fossa olfactoria, cere- 
bralis und cerebellaris. von denen erstere nur bei Bradypodidae. mit Ab- 
nahme des Geruchsorgans, weniger auffällt. Die Parietalia sind stets groü 
und vom Supraoecipitale nicht geschieden durch ein Interparietale, welches 
fehlt. Im langen röhrenförmigen Schädel der Myrmeeophagidae, wird durch 
mediale Vereinigung der Gaumenfortsätze der Pterygoidea. ein langer 
knöcherner Gaumen gebildet, der ihn. abgesehen von Cetacea. wo eine 
ähnliche Einrichtung und damit Verschiebung der Choanen nach hinten 
sich findet, vor allen Säugern auszeichnet. Jedoch ist bei Cycloturus 
diese Einrichtung sozusagen in ihrer Entwicklung gehemmt, da die Pa- 
latina und Pterygoidea sich in der Medianlinie nicht berühren, sondern 
einen Spalt zwischen sich lassen. Letztere sind aber gleichfalls stark ver- 
längert und haben den Anfang von horizontalen Gaumenfortsätzen. Unter 
den übrigen Xenarthra ist allein bei Tatusia diese Beteiligung der Ptery- 
goidea an der Bildung des harten Gaumens nur noch angedeutet. Nicht 
minder auffallend ist, daü bei Bradypus torquatus III. und Choloepus, 
ebenso wie. nach Reinhardt, bei dem plioeänen + Notrotherium (Coelodon) 
die Pterygoidea hinten aufgeblasen sind zu einer Art Bulla auditiva, deren 
Höhle mit der Trommelhöhle kommunizieren soll, ebenso wie letztere mit 
einem pneumatischen Raum im S<piamosum sich verbindet. 

Eine wahre Bulla ossea kommt aber nicht zustande, weder durch 
das Tvmpanicum. das einen oben offenen Ring darstellt, noch auch durch 
Beteiligung des Alisphenoid. des Basioccipitale oder sonstwie. Die Trommel- 
höhle bleibt vielmehr teilweise sog. häutig. Diesen Zustand treffen wir auch 
bei Tatusia an; die übrigen Dasypodidae haben aber entweder eine un- 
regelmäßig zusammengedrückte, eckige Bulla ossea, die durch Anschwel- 
lung des Tvmpanicum entsteht, oder sie ist. wie bei Chlamydophorus. oval 
und sehr geräumig. An der Bildung der Bulla ossea der Myrmeeophagidae 
beteiligt sich aulier dem angeschwollenen Tvmpanicum auch das Basi- 
sphenoid. Somit treffen wir bezüglich des Tympanicum und der l'm- 
wandung der Trommelhöhle nebeneinander drei Stufen der Entwickelung 
an: ein ringförmiges Tvmpanicum. zweitens Anschwellung desselben, um 
mit Hülfe des Basisphcuoid eine Bulla zu bilden, wie bei Marsupialia z. B.. 
endlich eine Bulla ausschließlich durch Aufblähung des Tympanicum ent- 
standen, wie bei /.ahlreichen Monodelphia. 

Die Intermaxillaria sind klein. Unter fossilen Xenarthra aber, wie 
^Megatherium, waren es starke Knochen, die eine bedeutende Verlängerung 
der < iaumcnrläche über die Nasenlöcher hinaus lieferten. Dies war nament- 
lich bei +Grypotherium (Glossotherium» Darwini der Fall, wo der Vorder- 



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VIII. Ordnung: Xcnarthra. 



rand der großen Intermaxillaria. in der Medianlinie einen vertikalen Halb- 
bogen bildet, der sich an das Votierende der Nasalia anlegt. Vermutlich 
war dies eine Stüt/e für eine muskulöse, bewegliche, hängende Oberlippe, 
etwa wie Khinoceros sie hat | Reinhardt | ivergl. Fig. I\ir2). 

Fig. 333. 




Fig. 333. Schädel von Choloepu» von der Seite. Fig. 334 von unten, nach 
Burnicister, nat - Gr. A AlUphenoid; B Basisphcnoid ; HO Baaioccipitale; C Con- 
dylus; F Frontale; / Intermaxillare: J Jugale; I. Lacrymale; .1/ Maxillare; X Nasale; 
Ö Orbitosphcnoid ; /' Parietale; PI Palatinuin; Pr Pränatale; Ps Präsphenoid ; Pt Ptery- 
goid; Processus zygoniaticus; .5 Squamosuni ; 7' Tympanicum; x unbekanntes 
Knochenstiick in der Üimvandung der Trommelhöhle. 

In Verbindung hiermit darf auf das Auftreten von Ossa praenasalia 
hingewiesen werden. Der Xasenscheidewand aufliegend, ist solch unpaarcr 
Knochen, der sich den Nasalia anschließt, von Choloepus längst bekannt. 
Gepaart tritt er auf bei Bradypus und den Dasypodidae am Rande der 
Nasenhöhle. Sie fanden sich auch bei den ausgestorbenen (iravigrada. 

Die Lacrymalia sind groß bei den Myrmecophagidac. bei den übrigen 
recenten Formen klein. Nur die Dasypodidae haben einen gutentwickelten 
Jochbogen. Ganz unvollständig i»t er bei den Myrmecophagidac bei 



Xenarthra, Körperl >an. 



4.'57 



ilenen «las .lugale mir durch einen kleinen Knochen vertreten wird, der 
einzig mit dem rudimentären Processus zygomaticus des Mnxülare sich ver- 
bindet. Umgekehrt erreicht bei den Bradypodidae das .lugale den Pro- 
cessus zygomaticus des S<piamosum zwar auch nicht, ist übrigens aber 
sehr groß und ausgezeichnet durch einen absteigenden Fortsatz, der außer 
von * Elotheriuin. einem tertiären Suiden. und vom plcistocänen +Dipro- 
todon (Beuteltier) nur noch von ^(iravigrada und ^ (ilyptodontidae. zwei 
ausgestorbenen Familien der Xc larthra bekannt ist und somit treffend 
auf Blutsverwandtschaft weist. \ «rselbe scheint auch bei Chlamydophorus 
in schwacher Andeutung vorhanden zu sein. — Das Foramen rotundum 
ist zuweilen (Dasvpodidae) aufge >mmen in das Foramen sphcnorbitale. 
Dieses liefert bei Hradypodidae auch den Durchtritt für den Nervus 
opticus, der sonst durch ein eigenes Foramen opticum zieht. 

Der Unterkiefer hat hohe systematische Bedeutung erlangt, nament- 
lich für die Erkennung der fossilen Formen. Seine ursprüngliche Form 
zeigt der tertiäre +Peltcphilus (s. Fig. &">H). Der Besitz frontaler Zähne 
gibt ihm eine U-Form mit auffallend niedrigem Condylus. Mit Verlust 
der Frontalzähne und Verlängerung der Schnauze wird er in seinem sym- 
physialen Teil Vförmig, wie bei Dasypodidae, und bei extremer Verlänge- 



.IJ.). a normnli' 



Haltung von Kopf und 
Hals von Glyptodon ; 
b starke Flexion der 2 
Gelenke den Halles und 
Zurückziehen des Kop- 
fe*; c Streckung der 
besagten Gelenke und 
Niederbeugen des Kop- 
fe»; nach G. Pouchet. 




rung erhält jede Kieferhälfte die (iriffelform von f Stegotheiium und 
Mynnecophaga. mit Verkümmerung ihrer Fortsätze. Umgekehrt werden 
diese sehr hoch, so daß der Processus ascendens bei +<iravigrada und 
Milyptodonten senkrecht, selbst nach vorn geneigt ist zum gleichfalls sehr 
hohen Körper; trotzdem behält er häutig Neigung, im symphysialen Teil ver- 
längert zu sein wie bei Choloepus. Charakteristisch für Xenarthra ist, daß der 
Alveolarkanal. der in gewohnter Weise im Vorderende des Unterkiefers 
ausmündet, außerdem mit einer Oeffnung entweder an der Außenseite 
oder an der Innenseite der Basis des aufsteigenden Astes ausmündet. 

Die Halswirbelsäule ist ausgezeichnet durch die größte und kleinste 
Zahl ihrer Komponenten, die sie unter Säugetieren erreichen kann. Sie 
steigt bei Bradypus bis auf neun, indem die Rippen des 9. Wirbels das 
Sternuin nicht erreichen, wohl aber beweglich bleiben, wie auch zuweilen 
die s. Halsrippe nur in minderem Maße. Uebrigcns gilt dies auch für 
Tamandua. wo die Rippe des 8. Wirbels spitz endet und nur gerade das 
Manubrium sterni berührt, ohne mit ihm zu artikulieren, somit eigentlich 



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VIII. Ordnung: Xenarthra. 



nur eine lange, bewegliche 8. Halsrippe darstellt, was nur W. K. Parker 
scheint beobachtet zu haben. Umgekehrt hat Choloepus HorTinanni nur 
sechs Halswirbel. Verschmelzung «1er Körper als auch der dorsalen Rogen 
des 2. f>. Halswirbels oder einzelner derselben zu einem ..Os mesocervi- 
cale" hat bei Dasypodidae statt. Zu eigentümlicher Bewegung des Halse> 
gibt die Art der Ankylosierung der Wirbel bei +(»lyptodontia Veranlassung. 
Der Atlas bleibt frei, der Epistropheus verschmilzt mit den folgenden 
4 Wirbeln. Dieser Komplex (Fig. (>:$ p. X'2) artikuliert mit dem 7. Hals- 
wirbel, der seinerseits mit den zwei ersten Thorakalwirbeln zu einem 
..Trivertebralknochen" verschmilzt, der durch ein Angelgelenk mit der 
übrigen Wirbelsäule artikuliert. Eine Winkelstellung des in den Panzer 
zurückziehbaren Halses wird hierdurch erzielt, die eine auffallende Kon- 
vergenz darstellt mit den Schildkröten, die ihren Kopf in ihren Rücken- 
panzer zurückziehen <Fig. .*5.*$5). 

Die Rumpfwirbelsäule verhält sich nach Zahl der Wirbel sehr ver- 
schieden. Bradypus hat z. R. 14 — DJ thorakale und 4 ;\ lumbale Wirbel: 
bei Choloepus didaetylus sind diese Zahlen 24 und 3; bei Tamandua 
17 — 18 und 3—2: bei Dasypodidae U— 12 und 5— 3. Alle stimmen aber 
darin überein. daß, wenn auch bei Rradypodidae nur angedeutet, die 
Lumbal- und hinteren Thorakalwirbel außer durch die gewohnten Zyga- 
pophysen auch noch durch aecessorische Gelenkhöcker mit (Jelenkgruben 
artikulieren, welche der vorabgehende Wirbel trägt (Fig. t>ö u. (Mi p. 85). 
Diese accessorischen Zygapophysen. deren Zahl auf drei vordere und drei 
hintere Paar steigen kann, gehen vom (ielenkteil des Rogens aus. Diese 
sehr charakteristische, vermehrte (ielenkung nennen wir mit (Üll „xenar- 
thral" im Gegensatz zur ..nomarthralen" der übrigen Säuger, die somit auch 
bei den Orycteropodidae (Tubulidentata) und Manidae (Pholidota) gefunden 

wird. Man hat diese 
beiden Ordnungen 
der ..Edentata" (s. 
oben p. 412) daher 
auch wold als Nom- 
arthra vereinigt . im 
Gegensatz zu den 
süd - amerikanischen, 
die durch diese xenar- 
thrale ( ielenkung 
charakterisiert und 
als Ordnung der Xen- 
arthra zu bezeich- 

nhorus mmeatus Harl.; nach Hvrtl, n. (ir. ; links von der 'l^ 1 5>m( ' - Spezialt 
Vcntralfläche, rechte von der reehten Seite gesehen, f, Fo- Aenderung infolge 
raineu iwhii; fo Foramen olituratuin; ,; r Gelenkpfanne; <IOt- 
//IJium; h Ischium; /'Pubis; rdi Kainus descendent ischii: 
.V Sehwanjwhild, oberhalb ^>>' durch ein Sii>tentaeuluni mit 




Fig. 33*1. Hecken und Sehwanzschild von ( hiamvdo- 



Rückenpanzers 
erlitten die lumbalen 

dem Isehium verbunden; iw Sakral nirbel; tip Tuberculum ^ ! r ' ,t ' ( .' er ^ a ^l )0 
ileo-pubicum; x Ramus aM-endens isehii. ÜMM, deren Meta- 

pophysen sich weit 

nach vorn und außen erstrecken. Rei den fossilen +<Jlyptodontidae. deren 
Panzer absolut unbeweglich war. ankylo>ierte gar die Mehrzahl der thora- 
kalen Wirbel zu einer Röhre und die lumbalen Wirbel verbanden sich mit dem 
Sarrum is. Fig. :»;"»4 Dieses bildet im übrigen bei den Xenarthra einen Kom- 



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Xenarthra. Körperbau. 



4:w 



plex durch Ankylosicrung sjikraler und pseudosakraler Wirbel. «1er hei Toly- 
peutcs und Priodontcs bis l."> Wirbel umfassen kann. Hierbei fallt 
namentlich auf die Verbreiterung und Verschmelzung der Processus trans- 
versi der pseudo-sakralen Wirbel, die eine ausgedehnte Verbindung ein- 
gehen mit dem Ischiuni und dadurch die Incisura ischiadica in ein von 
Knochen umgebenes Foramen sacro-ischiadicuin verändern. Das Maximum 
der Veränderung erleidet das Hecken und die sakralen und pseudosakralen 
Wirbel bei Chlainydophorus. dessen Schwanzschild auf das innigste mit 
dem Hecken und den pseudosakralen Wirbeln sich verbindet. 

Die Schwanzwirbelsäule ist die denkbar verschiedenste. Aeuüerst ver- 
kürzt (bis auf <> Wirbel) bei den Faultieren, ist sie bei Chlainydophorus 
ausgezeichnet durch zunehmende Verbreiterung der Processus transversi 
der ungefähr 15 Wirbel, so dat» der abgeplattete Schwanz nach dem Ende 
zu verbreitert ist. Der lange Schwanz der Myrmecophagidae wird bei 
Tamandua und Cyclotnrus zu einem echten Wickelschwanz. In Verbin- 
dung mit dem Schwanzpanzer sind bei Dasypodidae die Processus trans- 
versi und die Hämapophysen stark ausgebildet. Letztere fehlen aber 
ebensowenig den Myrmecophagidae. 

Am Stern um ist der Processus xyphoides von bedeutender Länge 
bei den Myrmecophagidae. Bemerkenswerter und ein Zeichen von Ver- 
wandtM'haft ist. daU die mcsosternalen Segmente unter sich und von dem 
Pro- und Xiphisternuni durch synoviale Spalten getrennt werden. Bei 
Myrmecophagidae haben die Kippen das einzig dastehende Verhalten 
von «lein auch die Dasypodidae Andeutung 
zeigen — daß die Sternalrippen mit einer Ce- 
lenkHäehe artikulieren, die zwischen zwei be- 
nachbarten Sternalsegmenten liegt und mit einer 
anderen (ielenkfläche. die einem ventralen Fort- 
satz eben dieser Segmente angehört. Die Ster- 
nalrippen endigen demnach kurz zweiästig [W. 
K. Parker]. Die vertebralen Rippen von Cvclo- 
tnrus sind nach hinten >tark verbreitert und 
überdecken den Vorderrand der nachfolgenden 
Kippe. Außerordentlich kurz und breit ist die 
1. Kippe der Dasypodidae. 

Fig. !W7. Drei mcwwteniale Segmente von Tainan- 
dtia tetradaetyla von der Seite, nach W. K. Parker. Jede?» 
Segment mit Kptnhyxen <<->. Symphysen [s) und Fort- 
satz ( /'), mit welchem *owie mit 2 benachbarten me*o- 
Kternalen Segmenten der Rippcnknorpel \r\ artikuliert. 

Die Clavicula fehlt nur den ausgestorbenen (ilyptodontidae. ist bei 
recenten Xenarthra stets vorhanden, aber nur bei Dasypodidae und Cho- 
loepus gut ausgebildet. Auffallend ist daher, dali sie bei Bradypus trotz der 
mit Choloepus vollständig übereinstimmenden, arborikolen I^ebensweise so 
klein ist. dali sie das Steinum nicht erreicht. Auch bei dem auf Bäumen 
lebenden Cyclotnrus ist sie nur mätJig entwickelt: bei der gleichfalls arbori- 
kolen Tamandua aber und bei der durchaus terrestren Myrmecophaga liegt 
ihr Rudiment in den Muskeln eingebettet. Besonderheiten in der Ver- 
bindung der Clavicula mit dem Acromion stehen damit in Verbindung, 
dali das Acromion bei Xenarthra ein grober Fortsatz ist. der bei Choloepus 
«lauernd, bei Bradypus wenigstens in der Jugend mit dem Coracoid 




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440 



VIII. Ordnung: Xenarthra. 



(Processus coraeoideusj sich verbindet. Das ist bei Myrmecophagidae und 
Bradypodidae ungewöhnlich groß und verbindet sich mit dem präskapularen 
Rande derart, daß die Incisura coraeo-seapularis zu einem Foramen gleichen 
Namens geschlossen wird (Fig. 78 und 79 p. 

Endlieh verdient vom großen, hakig gebogenen Acromion der Dasy- 
podidae hervorgehoben zu werden, daß es zuweilen eine Gelenkfläche für 
den Humerus darbietet, welche gelenkige Verbindung wohl mit der Grab- 
funktion der Vordercxtremität, die einen gut befestigten Humerus ver- 
langt, in Verbindung zu bringen ist (Fig. 73 p. letzterer hat bei 
allen Xenarthra ein Foramen entepicondyloideum, mit Ausnahme von 
Bradypus. bei dem der Humerus sich durch seine Lange und Schlankheit 
auszeichnet; schon weniger bei Choloepus, und bei den übrigen, namentlich 
den Dasypodidae. hat er kräftige Muskelleisten und eine einseitige birn- 
förmige. proximale ( ;elenkhache. Radius und Ulna sind stets frei, haben 
aber nur beschränkte pronatorische und supinatorische Bewegung. Im 
erwachsenen Carpus ist nur bei Tamandua ein Centrale nachgewiesen 



Fig. :m. 




Fig. 339. 




Fig. 338. Haiul von 
Myrmecopbaga jubata. c 
Triquetrum; / Lunatum; 
m ('npitatuin; .« Scaphoiii; 
td Trapezoid; tm Trapc- 
zium; « Hamatum: /— /* 
1.— 5. Finger. 

Fig. 339. Von Cyclo- 
turus didaetylu*; nach 
Flower. Trapezoid. Capi- 
tatiiui und Hamatum *ind 
hier zu einem Knochen 
verschmolzen durch euormc 
Ausbreitung de» 3. Fin- 
gern. Febrige liezeichnung 
wie in Fig. 338. 



[Baur]. Scaphoid und Lunatum sind stets getrennt. Nach gewöhn- 
lichem Typus ist der Carpus von Myrmecopbaga gebaut, nur dehnt 
sich von den f> Fingern der .'J. durch seine bedeutende Größenzunahme 
auf das Hamatum aus. Diese Größenzunahme wird hei Cycloturus enonn 
und hat Verschmelzung von Trapezoid, Capitatum und Hamatum zur 
Folge und Reduktion der übrigen Finger, wie Figur HiW andeutet. 

Dieses Vorwiegen des ;\. Fingers, wenn auch nicht immer in der Lange, 
dann doch durch kräftigeren Bau und Bewaffnung mit großer Grabkralle, rindet 
sich bei allen Dasypodidae in sehr verschiedener Ausbildung, die auch zu 
Unterdrückung des 1. Fingers führen kann (Tolypeutes). während bei Tatusia 
der :">. klein geworden oder ganz in Wegfall gekommen ist. Stets arti- 
kuliert bei ihnen Metacarpale V mit Hamatum und Triquetrum { Ulnare i. 
Im übrigen läßt sich in der Hand der Gürteltiere zweierlei Bautypus 



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Xenarthra. Körperbau. 



441 



unterscheiden. Hei Tatusia ist der l. und 4. Finger gleichlang, aber kürzer 
als der 2. und die fast gleichlang sind. Hei allen übrigen Gürteltieren 
ist der 1. und 2. Finger schlank. Heide haben die 
Tendenz, die in Priodontes ihr Maximum erreicht, 
gleichlang zu werden, aber in Dicke ganz zurück- 
zutreten gegenüber dem 3. und 4. Finger, die außer- 
ordentlich breite, aber kurze Metacarpalia und Pha- 
langen bekommen und Neigung haben, zu unge- 
heurer Ausbildung der Nagelphalanx und Unter- 
drückung der proximalen Phalanx. In der stark 
verschmälerten, langgestreckten Hand der Faultiere, 
die in langen, gebogenen Krallen endigt, ist bei 
Oholoepus der ö. Finger ganz verloren, vom 1. und 
4. sind nur noch Reste der Metacarpi vorhanden. 
Sie sind syndaktyl, d.h. durch gemeinschaftliche, um- 
hüllende Haut verbunden mit dem 2. und it. Finger, 
die lang sind trotz der Kürze der 1. Phalanx. 
Letztere ist bei Rradypus, wo der 2. — 4. Finger 
gleichgut entwickelt, vom l. und f>. aber nur noch 
metakarpale Reste vorhanden sind, mit den bezüg- 
. liehen Metacarpi ankylosiert. 

Fig. 340. Rechte Hand von Chlamydophorus trun- 
catus Harl.; von der Dorsalfläche ca. 3 x ; nach Hyrtl. 
A* Radius; U Ulna; .< Sieaphoid; / Lunatum; / Triquetrum; 
P PiHifornie; x accesaorischer Knochen; /, 3, j, 4 Trapeziuru, 
Trapezoid, Capitatum, Hamatum; 1—V 1.— 5. Kinger. Eine 
Sonde ist durch den Kanal für den Muhc. extensor digi- 
toruni communis gesteckt. 

Nur die Dasypodidae, ebenso wie die fossilen Glyptodontidae, in 
deren pentadaktylcr Hand meist der 1.. häutig auch der 5. Finger ver- 
kümmert ist, gebrauchen die Yorderextremität in rein plantigrader Weise, 
abgesehen von Tolypeutes, der digitigrad sein soll. Die Myrmecophagidae 
haben dagegen die Gewohnheit, beim Gehen die Körperlast auf den Außen- 
rand der Hand zu verlegen und den langbekrallten 2. und 3. Finger ein- 
geschlagen zu tragen. Offenbar war dies auch die Gepflogenheit der fos- 
silen Gravigrada, die dementsprechend verdickte und teilweise verschobene 
ulnare Metacarpalia hatten mit rudimentären Phalangen, und deren Scaphoid 
und Lunatum eine schräge GelenkHäche mit dem Radius darstellt, während 
das Triquetrum mit der Tina artikuliert. 

Vom Hecken wurde bereits hervorgehoben, daß es durch knöcherne 
Verbindung der Ischia mit den pseudosakralen Wirbeln ein Foramen 
sacro-ischiadicum bildet. Seine Symphyse ist kurz, desgleichen das ganze 
Hecken der Hradypodidae, das vorn weit geöffnet ist. Dies war nament- 
lich bei Gravigrada und Glyptodontidae der Fall, indem die Ilia fast senk- 
recht zur Körperachse nach außen gerichtet waren, ähnlich wie bei den 
Klefanten, somit teilweise wohl als Ausfluß des Körpergewichtes, das 
den Lebensgewohnheiten gemäß namentlich auf die Hinterextremitäten 
verlegt wurde (Fig. *4 p. 107). 



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442 



VIII. Ordnung: Xenarthra. 



Der Trochanter tertius fehlt den Hradypodidae und Myrmecophagidae. 
konnte aber hei deren fossilen Verwandten, den Gravigrada. auftreten, 
oder ist wie hei Myrmecophagidae durch eine Muskelleiste vertreten. 

Die Glyptodonten haben ihn in enormer Ausbildung: stark 
ist er auch bei den Dasypodidae. Burmeister beschrieb 
von den Gravigrada als Sejiiculum einen halbmond- 
förmigen Knochen zwischen Tibia und dem lateralen Con- 
dylus des Femur, der der Paratibula [Ranchi] entspricht 
(p. 33G). Tibia und Fibula sind nur bei Dasypodidae. 
ebenso wie bei zahlreichen Gravigrada. proximal und 
distal verschmolzen, während sie bei den übrigen Xen- 
arthra getrennt sind, bei den Hradypodidae selbst ein 
außergewöhnliches Maß einwärts gerichteter Rotation zu- 
lassen. Ebenso wie die Hand nimmt auch der Fuß bei 
ihnen Valgusstellung an beim hilflosen (iehen auf dem 
Hoden und erfuhr ausgedehnte Verschmelzung der distalen 
Elemente und der Metatarsalia (Fig. 341 \. Der FutS der 
übrigen Xenarthra ist plantigrad und von normaler Kon- 

Fiff. 341. Rechter Fuß von Bradypua tridactyltns von oImmi. 
<• Calcaneus; / Talus; a verschmolzene distale Tarsalia und Meta- 
tarsalia. Der Vorspruug jederzeit* entspricht der rudimentären 
1. und ."». Zehe. Die (Ihrigen haben im erwachsenen Zustand nur 
2 Phalangen. 

struktion. Nur bei Cyeloturus bildet das große Tuber calcanei zusammen 
mit einein tibialen ..Sesamben^ (s. p. 114). das mit einem ausgedehnten 
Kntocuneiforme gelenkt, die Stütze eines elastischen Kissens mit Hornüber- 
zug. das zusammen mit den Zehen, von denen die 4 lateralen lange Krallen 
tragen, den Fufci beim Klettern zu einem Greiforgan ganz eigener Art machen. 

Offenbar setzten die (iravigrada, wie die Hand, so auch den Fuß 
auf die Außenseite. Dementsprechend ist das Talo-tibialgelenk schräg 
gerichtet und sind die Metatarsi der lateralen Zehen autfällig dick, ebenso 
wie das seitlich prominierende Tuber calcanei. 

Das Gehirn bleibt bei den Xenarthra auf einer niederen Stufe stehen, 
hat demgemäß nur gering entwickeltes Pallium, welches das Cerebelluin 
unbedeckt läßt und nur wenig zahlreiche Sulci. Stets aber erfreuen sich 
die Rulbi olfactorii und weiteren Teile des zentralen Riechapparates 
außerordentlich hoher Entwicklung. Hei Myrmecophaga begrenzt sie eine 
noch horizontale FisMira rhinalis anterior, der sich die Fissura rhinalis 
posterior, die schräg nach hinten und unten gerichtet ist, unter einem 
Winkel anschließt. Oberhalb desselben liegt die Fossa sylvii. Aehn- 
liche Verhältnisse liegen auch bei den Hradypodidae vor. Die Dasypodidae 
dagegen soweit sie bekannt sind haben so unvollständige Fissurae 
rhinales, daß dieselben einander nicht tretfen. Dem entspricht auch das 
Pallium. Hei Chlamydophorus. dem selbst die Fissurae rhinales fehlen, 
besitzt es nur den Sulcus hippoeampi. Alle übrigen Gürteltiere weisen 
außerdem noch einen kurzen Sulcus auf. der sich mit dem Vorderende 
der Fissura rhinalis posterior verbindet. Oberhalb dieser Verbindung liegt 
meist noch ein anderer Sulcus. der vielleicht dem Sulcus supra-sylvius 
anderer Säuger homolog ist. wie Elliot Smith darlegt. Nach diesem 
Forscher haben die zahlreicheren Sulci bei Myrmecophaga, deren Pallium 




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Xcnarthra, Kürfierbau. 



443 



überhaupt hesser entwickelt ist. wie auch die mehr ventrale I,age rler 
Fissurae rhinales anzeigt, grolie rebereinstimmung mit denen der Carnivora, 
nur dali der für diese so charakteristische Sillens eruciatus fehlt. Auch 
für Bradypodidae lieht er die Analogie mit der Konfiguration des Pallium 
kleiner Carnivora hervor. 

Von Sinnesorganen erheischt zunächst das (Jeruehsorgan Besprechung. 
Dessen periphere Teile entsprechen der hohen Ausbildung, die das Riech- 
/.entrum erkennen läUt. Beide stempeln die Xenarthra zu hervorragenden 
Makrosinatikern. Dies gilt namentlich für die Dasvpodidae. bei denen die 
Lamina crihrosa fast ein Drittel der Basis der Schädelhöhle bildet. Offenbar 
galt es auch für die (ilyptodontidae, wie die hohe Ausl>ildung der Skelet- 
teile des peripheren < ieruchsorgans zeigt (Fig. 118 p. läi>). Ks können 
acht Kndoturbinalia mit neun Riechwülsten auftreten, was in Verbindung 
mit dem grofien. eingerollten, an seiner Basis pneumatischen Nasoturbi- 
nale das ganze Siebbein sehr umfangreich macht. Die pneumatische 
Höhle des Xasoturbinale steht in Verbindung mit dem Sinus maxillaris, 
der sich in das Maxillare, Frontale. Nasale und tacryniale ausdehnt. Das 
Maxilloturhinale ist doppelt gewunden, (lanz ähnliche Verhältnisse liegen 
bei Myrmecophaga vor. nur hat hier das Maxilloturhinale einfache 
Windung. Den Bradypodidae kommen sieben Kiechwfilste zu. Das 
Maxilloturhinale ist dop])elt gewunden, teilweise pneumatisierf vom mitt- 
leren Nasenganjje aus zugleich mit dem Maxillare |PahlIi|. außerdem kom- 
munizieren andere Höhlen mit der Regio olfactoria. 

Das verschiedene Verhalten der Trommelhöhle wurde bereits erwähnt. 
Der äuliere tiehörgang der Dasvpodidae ist vielleicht keine Fortsetzung 
des Tympanicum. sondern eine Bildung, die sich wohl vom Hyoid her- 
leitet |s. p. 14(5). Bei Chlamydophorus besteht sie noch aus drei teilweise 
röhrenförmigen Knochenslücken, die durch Knorpel verbunden, wohl aus 
diesem (iewebe durch Verknöeherung sich herleiten, wofür auch die Ver- 
hindung mit der knorpeligen Ohrmuschel spricht. Auffällig ist die be- 
deutende (JrölJe der letzteren bei Dasvpodidae trotz der teilweise unter- 
irdischen Lebensweise, während sie umgekehrt hei Bradypodidae und 
Myrineeophagidae. die sich niemals eingraben, klein und teilweise versteckt 
ist. Die beiden letztgenannten Abteilungen haben zwei und eine halbe 
Windung der Schnecke. Dasypus nur zwei. Von den Gehörknöchelchen 
kann der Stapes bei Bradypodidae und unter Dasvpodidae bei Tolypeutes 
sich dem Sauropsidenzustand nähern durch ganze oder teilweise Ver- 
schmelzung der Crura und durch die Form von Kopf und FuBplatte. 

Vom Auge verdient nur hervorgehoben zu werden. datJ, soweit unter- 
sucht, ein Tapetuni lucidum dein nieist kleinen Auge fehlt. Bei Dasv- 
podidae tritt, wohl als Schutzorgan tles Auges beim Graben, eine mit oder 
ohne Schuppen und langen Borsten bedeckte Hauterhehung unterhalb des 
unteren Augenlides auf, mit einem Muskelbündel, welches das Organ dem 
Auge zu nähern vermag. In Verbindung hiermit und mit der Dickhäutig- 
keit des steifen unteren Lides, steht wohl, dafi ein Musculus depressor 
palpebrae inferioris auftritt, der zusammen mit dem Musculus reefus in- 
ferior entspringt und vom Nervus oculomotorius innerviert wird. F.ine 
Hardersche Drüse ist vorhanden. 

Das Ochiö ist charakterisiert durch Reduktionserscheinungen , die 
ihr Maximum bei den Myrineeophagidae erreichen, deren Gebiß so voll- 
ständig geschwunden ist. daß selbst das Auftreten von Zahnanlagen noch 



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444 VIII. Ordnung: Xenarthra| 

zweifelhaft ist Alle Übrigen Xcnarthra haben immerwachsende Zähne mit 
offenbleibender Pulpahöhle: bei allen ist — im Gegensatz zu Orycteropus — 
die einzige Pulpa zentralisiert, und um sie bildet sich das Zahnbein, das 
im- Zentrum des Zahnes durch das Verhalten der Blutgefäße an Vasodentin 
erinnert. Schmelz fehlt stets, ein Schmelzkeim wird aber angelegt, jedoch 

ohne Schmelz 
zu produzieren, 
obwohl bei 
Dasypodidae 
selbst eine 
Schmelzpul]Ki 
noch zur Aus- 
bildung kommt 

(Ballowitz. 
Rose], die aber 
Itradyptis ab- 
gebt |Leche|. 

Wichtig ist. 
daß bei "Uiano- 



Tatu- 

ftia novetncincta, 
Schnitt durch den 
Kiefer in der Höhe 
de« vierten Back- 
zähne*; nach 
Köae. A Arteria 

mandibular ig; 
CM Meckelschcr 

Knorpel; DK 
Dentinkeim ; EL 
Ereatzleiste ; K 
Kieferknochen; 
KW Kieferwall; 
/./•Lippen furche; 
ME Kpithcl des 
Zahnfleisches; .V 
Nervus mandibu- 
larif»; SEa Aeiittc- 
r«*; SEt Innere* 
Sohmelzepithcl ; 

SP Schmelz- 
pulpu; V Vena 
mandibular^; XI. 
Zahnleiste. 

donta. die nach Wortmann als Vorläufer der recenten Xcnarthra zu gelten 
haben, die Reduktion des Schmelzes sich stufenweise verfolgen läßt <s. unten 
p. 468). Gewöhnlich haben die Zähne einen Mantel von Zement um das Dentin, 
an dem sich häutig, namentlich auch bei den Gravigrada, eine innere, weiche 
gefäßreiche Lage von einer äußeren, härteren Lage unterscheiden läßt. 

Das Gebiß ist weiter bei recenten Formen homodont, so jedoch, daß 
schwache Heterodontie noch hier und da bemerkbar ist und bei Tatusia 
noch deutlich durch zweispitzige hintere Zähne im Milchgebiß in die Er- 
scheinung tritt. Ein Milchgebiß ist zwar meist unterdrückt, wurde aber 
von Tatusia durch Tomes längst nachgewiesen und später durch Küken- 



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Xenarthra. Kürperbau. 




thal von Dasypus villosus genauer untersucht. Er stellte von letzterem 
wenigstens das Auftreten zweier Dentitionen fest, obwohl es noch fraglich 
ist. oh auch Zahnwechsel statthat. Hei Tatusia werden von den sieben 
bis neun permanenten Zähnen, die sechs, meist sieben vorderen, gewechselt. 
Reinhardt fand vor diesen im Unterkiefer fünf weitere verkalkte kleine 
Zähne, die im Zahnfleisch verborgen bleiben und resorbiert werden. Vor 
diesen fand nun I>cche 
weitere drei, die es nur 

bis zum kappenförmigen m^^^^^\ \Ä 

Stadium bringen. Alles El ä ^^^ i 

spricht dafür, daü diese läJB&Bi^gj^ 

beiden (iruppen von rudi- 
mentären Zähnen der- Fi^r :i4:i. Tatusia peba. Die zweiwtirzeligen Milch- 
selben Dentition iriire- zäh,,p ihr, ' r I,n F uml <larun,pr '» die bleibenden 

i .. .. .' , Zähne, x 2, nach Tomen. 

hören . wie die sieben, 

seltener nur t» oder gar * ..Milchzähne". Im Oberkiefer resp. Zwisehenkiefer 
wurden sie nicht angetroffen und würde somit die Zahnformel lauten: 

: i wobei die verkalkten, ihi die nur kappenförmigen rudimen- 
j. t - ( 1 , v tären Zähne bedeutet. Alle fünfzehn Zähne einer Unterkiefer- 

~> i hälfte würden wir aber mit Leche der 1. Dentition zurechnen. 
Deren hohe Zahl erinnert somit an die 20 - 2f> j>crinaneiiten Zähne jeder 
Kieferhälfte von Priodontes. 

Für die Auffassung des (iehisses der Xenarthra ist vielleicht nicht 
unwichtig. daü bei Dasypus sexcinetus L.( Dasypus [Chaetophraetus] vellerosus 
(iray = Da>yphraetu» brevirostis Fitz.» sich oben 9 Zähne finden, von 
denen die mittleren die stärksten sind und der 1.. der übrigens wenn 
auch kleiner den übrigen gleicht, im Zwisehenkiefer sitzt und als I 
anzusprechen ist. Im Unterkiefer finden sich 1<> Zähne. Die beiden 
ersten liegen vor dem oberen I. Dementsprechend ist der untere I 2 nur 
au seiner Hinterfläche abgenutzt, der erste gar nicht, und kann man die 
Zahnformel I i M § annehmen. Auftreten von unzweifelhaften Incisivi ist 
denn auch für das frühtertiäre primitive (iürteltier +Peltephilus Amegh. 
unzweifelhaft festgestellt p. 4b\~i). 

Unter den Faultieren hat Choloepus \ Zähne, von den oben und 
unten der vorderste einigcrmaücn caniniform vorragt, der obere jedoch vor 
dem unteren liegt im (iegensatz zu den Canini der übrigen Säuger (Fig. MVA). 
Bei Kradypus. bei dem gleichfalls vor der Ccburt die Zähne durchbrechen, 
sind im erwachsenen (iebiU J von ungefähr gleicher (iröüe und ist oben 
der 2. der gröBte. Unten tritt beim jungen Tier vor den 4 bleibenden 
ein hinfälliger Zahn auf. Der Entdecker desselben. Krauts, homologisiert 
denselben mit «lern 1. unteren groben Zahn von Choloepus und schreibt 
dessen Zahnformel I j> C { M\ und die von Kradypus demgemäß Ig C { 
Mj. Hiergegen ist einzuwenden, daü der 1. Unterkieferzahn von 
Choloejms zwischen dem 1. und 2. oberen liegt, bei Kradypus aber vor 
dem 1. oberen. Die Deutung dieser Zähne scheint mir noch nicht ab- 
geschlossen, wenn man im Auge behält, daü auch bei 1 Scelidotherium 
leptoeephalum. mit «1er Zahnformel das doch, wenn auch entfernt, in der 
Vorfahrenreihe der Kradypodidae liegt, ausnahmsweise vor dem 1. unteren 
ein üflerschüssiger Zahn auftreten kann |I)urmeistur|: daü ferner Leche 
bei Kradypus eine Zahnanlage entdeckte vor den f> normalen Zähnen. 
Dieses Tier hätte somit oben einen vordersten, nur vorübergehend sich 



440 



VIII. Onlmii»-: Xenarthra. 



anlegenden Zahn nml dahinter n bleibende Zähm*: unten deren 4. denen 
ein /.war verkalkender, aher hinfälliger Zahn vorausgeht. Otfenhar hat 
Reduktion des (iehisses von vorne her stattgehabt, ähnlich wie dies die 
+Canodonta. die von Worfman und anderen für frühtertiäro Vorläufer der 
Xenarthra gehalten werden, bezüglich ihrer I deutlich /eigen. Desgleichen 
die späteren («ravigrada; sowie endlich die den Vorfahren der Mvnne- 
cophagidae nahestehenden Formen, von denen ; Scelidotheriuin das ver- 
wandte ' Notrotherium (Coelodon> Zähne hat. und /war in solcher An- 
ordnung, dali Schwund von vornher anzunehmen ist. 

Weisen die ..Eckzähne" von Choloepus schon auf Heterodontie, noch 
deutlicher wird sie heim jugendlichen Bradypus. wo der letzte, untere 

Zahn zweispitzig ist. mit höherer lingualer und kleinerer 
labialer Spitze [Loche |. Heterodontie äulierte sich auch 
bei fossilen Formen: so bei +Megalonvx durch (Irölio 
des vordersten Zahnes, der bei +Lestodon die liestalt 
eines groben Eckzahnes hat: ferner bei * Propalaeohop- 
lophorus und H'hlainvdotherium. wo die vorderen Zähne 
einfach, die hinteren nach Art der ^tllyptodontidae 
kompliziert gebaut sind (s. u.i Auch Spuren früherer 
Diphyodontie erkennt Leche in einem labialwärts vom 
1. persistierenden Oberkieferzahn vorübergehend auf- 
tretenden verkalkten Zahn. 

Bekanntlich kommt bei den Myrmecophagidae 
der Zunge bei der Nahrungsaufnahme eine sehr be- 
deutende Holle zu. Sie ist wurmförmig verlängert, 
weshalb diese Tiere früher vielfach mit den Pbolirfota 
zur Abteilung der Vermilinguia vereinigt wurden. Sie 
wird durch starke Musculi sterno-glossi teilweise in 
eine Scheide zurückgezogen und durch komplizierte 
Musculi genio-glossi weit aus der engen Mundöft'nung 
hervorgestreckt. Hierbei wird sie von dem Sekrete 
der enormen (ilandulae submaxillares und sublinguales, 
welche am Mundhöhlenhoden ausmünden, bedeckt und 
.tieeignet. Ameisen und Termiten durch Ankleben zu 
fangen. Bei deren Bewältigung helfen zahlreiche kleinste, 
verhornte, rückwärts gerichtete Papillen. Bei (iürteltieren 
ist die Zunge weit weniger vorstreckbar, die Speichel- 

Fig. 314. Zunge von Myrineeophaga juliata, nach <J. Tou- 
chet. «t Arteria linguali«: Cur Carotis; - Muse, genio-glnssu*; 
ffg M. sterno-glo^us; // Myoid ; M Maiulibtila; « Manuhriuiu 
j-lerni; n hy Nerv. hypoglosMis; .Vj^ Mii«, Hterho-gloMit* ; St th 
M. sterno- thyreoidous; v Proe«*su>» xiphoideus: / — 9 s>t.mal- 
seginente; n st Nervna Mrrno-ghwsuft - N. cervieali)» I; nl Nerv, 
linguale. 

drüsen sind aber gleichfalls gut entwickelt, auch sind im Gegensatz zum 
glatten Oaumendacfa der Myrmecophagidae. die Gaumenleisten stark aus- 
gebildet. Gewöhnliches Verhalten zeigt die Zunge der Bradypodidjie mit 
nur zwei Papillac vallatae. wie auch bei den übrigen Xenarthra. 

Unter den Xenarthra haben die mit Insekten und dergleichen sich 
nährenden Myrmecophagidae und Dasypodidae einen einfach gebauten 




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Xennrthra, Körperbau. 447 

Magen, »ler auch darin mit dem typischen Säugetiermagen übereinstimmt, 
daß die Fundusdrnsenregion die Pylorusdrüsenregion überwiegt. Den 
Dasvpodidae kommt ein Cardiadrüsenregion nur in unbedeutender Aus- 
dehnung zu. Am Pylorus verdickt sich die Muskelwand zu einem starken 
Sphincter: bei Myrmecophaga gesellt sich demselben elastisches Oewebe 
zu, wodurch der Pylorus sich vom übrigen Magen stark althebt und mit 
seiner unmüßig dicken Wand eine enge Röhre umschlielit. die eine Art 
Triturationsorgan darstellt. 

Die außergewöhnliche Komplikation des Mayens der Bradypodidae ist 
vermutlich die. infolge von ausschließlicher Blattnahrung fortgesetzte ex- 
zessive Ausbildung eines Zustandes. der wohl bei Megatheriidae. die auch 
von pflanzlicher Nahrung lebten, bereits angebahnt war. In höchster Aus- 
bildung bei Bradypus. unterscheiden wir hier einen kardialen Magen, der 
zunächst aus drei ganz unvollständig voneinander abgegrenzten, nebenein- 
ander liegenden rnterabteilungen iA, C. F.. Fig. ;14;">) besteht, in welche 
der Oesophagus \<>\ sich öffnet und deren Wand mit verhorntem Epithel be- 




Fig. 345. Magen von Ikadypu* tridactvlu*: link« in *ilu von der Yeniral- 
tiache gesehen; rechte von der Dorsal fläche nur mit Hingelegtem pylorialen Teil /; 
D Duodenum; <> Oesophagus; weitere Erklärung im Text. 

deckt ist. Aus der rechten l'nterabteilung geht ein hornförmig nach links 
gebogener Blindsack B hervor, der ausschließlich Cardiadrüseu in scharfer 
Abgrenzung enthält und etwa ein Drittel der Magenoberfläche umfaßt. In 
diesen Cardiamagen wird die Blättermasse aufgenommen und unter dem 
Einfluß des Sekretes der Cardiadrüsen maceriert. An die linke, dritte 
Unterabteilung [E\ schließt sich der hufeisenförmig gebogene pyloriale 
Magen an. der sich in zwei Abteilungen zerlegt, die nur mit enger Oefl- 
nung verbunden sind. Die erste Abteilung, der Pepsinmagen. enthält zu 
einem Haufen vereinigte Pylorialdrüsen a, namentlich Labdrüsen: die zweite, 
der eigentliche Pylorusmagen P. mit starker Muskelwand, hohe Leisten und 
Papillen mit dicker Lage verhornten Epithels, das sich bis zum Duodenum 
erstreckt und einigermaßen an das pyloriale Triturationsorgan von Manis 
erinnert. Als weitere Komplikation zieht eine Falte mit verhornter Epithel- 
bedeckung vom Oesophagus durch die linke kardiale Magenabteilung zum 
Pepsinmagen, vor dessen kardialer Mündung sie eine muskulöse Platte 
bildet und sich überkreuzt mit einer gleichfalls muskulösen plattenartigen 



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I 



44H VIII. Ordnung: Xcnarthra. 

Einfaltung der Magenwand ( / ). Dureli deren beiderseitige Kontraktion 
könnte somit der Pepsinmagen gegenüber dem Cardiamagen geschlossen 
werden. Ersichtlich ist also diese Falte keine Schlundrinne, wofür sie 
früher angesprochen wurde, als man den Faultiermagen mit einem Wieder- 
käuermagen verglich. Die einzige rebereinstimmung ist eben nur die 
Komplikation, deren Art aber der Faultiermagen zu einem unter Säuge- 
tieren einzig dastehenden macht. 

Auffällig kurz, im Hinblick auf die Blattnahrung, etwa sieben- bis 
neunmal die Körperlänge, ist bei Bradypodidae der Dannkanal Aehn- 
liehe Maße erreicht er bei den insektivoren Abteilungen. Ein Coecum 
fehlt den Bradypodidae und einzelnen Dasypodidae. während andere ein 
kurzes halten, daß bei Chlamydophorus symmetrisch geteilt ist. Unter 
Mvrmeeophagidae hat nur Tamandua ein deutliches Coecum, Cycloturus. 
aber deren zwei kurze. 

Die Lunge ist bei Dasypus beiderseits dreilappig und hat rechts 
einen Lobus azygos. Hier ist auch ein bronchialer eparterieller Bronchus, 
während links nur hyparterielle vorkommen. Bei Bradypodidae sind die 
Lungen auffällig klein und ungelappt. Ungewöhnlich ist ihr Pleuraüberzug. 
namentlich dadurch, dafi .sich am vorderen Lungenrande die Pleura pulmo- 
nalis nicht zum Hilus pulmonis umschlägt, sondern direkt auf die Thorax- 
wand zur Bildung der Pleura parietalis. Damit ist die dem Herzbeutel 
zugekehrte Fläche der Lunge nicht mit Pleura bekleidet. Einzig dastehend 
unter .Säugern verhält sich aber die Trachea, die längs der Wirbelsäule 
bis zum Diaphragma zieht, dort plötzlich umbiegt und rückläufig zur 
Vena pulmonalis geht, um darauf abermals nach hinten sich umzubeugen 
und schließlich unter eigentümlicher Torsion den rechten und linken 
Bronchus in den Hilus der Lunge entsendet. Die physiologische und 
morphologische Bedeutung dieses Verhaltens, das ich bereits bei einem 
Fötus von 17 cm Länge antraf, ist gleicherweise rätselhaft ivergl. Fig. 1T-S 
]>. 224|. Das.selbe gilt von den arteriellen Wundernetzen, die sich nament- 
ich in den Extremitäten hoher Ausbildung erfreuen. Man hat sie in Ver- 
bindung bringen wollen mit den trägen Muskel- 
bewegungen der Bradypodidae. was aber unzu- 
lässig ist. da sie auch auftreten bei so beweg- 
lichen Tieren wie die Dasypodidae. Vielleicht 
sind es altererbte Zustände. Dahin gehört auch, 
daß von Dasypodidae eine doppelte hintere Hohl- 
vene bekannt geworden ist |Hochstetterj. Von 
vorderen scheint nur eine vorzukommen. 

Fig. 34U. Cholot'ptir» didnctylu*- Die männlichen 
l'ntgcnitalorganc in da» Hecken eingezeichnet. // llium; 
22 — 26 die entsprechenden Wirbelnegmentc; A Aorta; 
Ar Artena renalis; recht« durchgeschnitten; die linke 
gibtdie Art. apermatica ab; nn Nebenniere; R Rectum; 
v Blase; X Niere; u Treten /' Testikel; vd Vasa de- 
ferentia, in einem Rest de* rrnierenligamente« gelegen ; 
gv Glandula veaicularis. 

Die Nieren sind nicht gelappt und haben nur eine Nierenpapille. 
Auffallend ist ihre Lage weit nach hinten in der Beckenhöhle bei Myr- 
mecophagidae und Bradypodidae. während sie hei den Dasypodidae die 
gewöhnliche Lage haben. 




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Xenarthra, Körperbau. 



440 



Altertümliche Verhältnisse bietet ferner der weihliche Geschlechts- 
apparat. Dies üulicrt sich zunächst in einer untiefen Kloake l>ei Brady- 
podidae. welcher Zustand auch bei Myrmccophagidae noch angedeutet ist. 
Die Urogenitalöffnung fühlt in einen verhältnismäßig langen Canalis 
urogenitalis. Nach der gewöhnlichen Auffassung geben von hier 
aus zwei getrennte Oetfnungen Zutritt zu zwei, bei Bradypus durchaus 
getrennten Vaginalkanälen. Bei Choloepus tritt wenigstens noch in der 
.lugeud im distalen Ende der Vagina ein Septum auf. «las bei dem 
(iebären zu versehwinden scheint. Auch bei Myrmecophaga trennt eine 
Scheidewand den distalen Teil der Vagina in zwei Kanäle, die mit ge- 
trennten Oeffnungen in den rrogenitalkanal sich öffnen. Hierin könnte 
man verschiedene Grade einer Vagina duplex sehen, mit der Tendenz ein- 
heitlich zu werden. Beachtet man aber, daU der allgemein als Uterus 
simplex aufgefaßte Raum ohne jede Grenze in diese Vagina übergeht, daß 
er endlich bei Dasypodidae direkt in einen Kanal mündet, der nur der 
l'rogenitalkanal sein kann, da mit ihm in gleicher Höhe die Harnblase 
«Urethral ausmündet, so gelangt man zu der auf p. 2f>4 ausgesprochenen 
Frage, ob bei Xenarthra überhaupt eine Vagina im eigentlichen Sinne 
vorkomme. Vielleicht i*t es richtiger, den vorliegenden Tatbestand so zu 
formulieren, daß bei den Xenarthra, 
die Müllerschen Gänge nur in 
ihrer mittleren Strecke verschmelzen 
zur Bildung eines einheitlichen 
Raumes (sogen, Uterus simplexl. 
jedoch ohne weitere Differen- 
zierung in ihrer kaudalen Strecke, 
wie sie sonst im vaginalen Teil der 
Müllerschen (länge statthat. Bei 
Dasypodidae bleibt derselbe so sehr 
im Wachstum zurück, daß es nicht 
zur Bildung einer Vagina kommt : 
bei Bradypodidae und Myrmeco- 
phagidae hat teilweise Verschmel- 
zung statt, so daß in verschiedenem 
Grude die ursprüngliche Duplizität 
aufgehoben ist. 

Bezüglich der Lage der Testikel 
begegnet man für alle Xenarthra 
der Angabe, daß sie abdominal 
sei. Ohne nähere Erklärung ist 
diese Angahe ungenügend, schon 
allein wegen des tiefgehenden Unter- 
schiedes bei Dasypodidae an der 
einen, bei Bradypodidae und Myr- 
mecophagidae an der anderen Seite. 
Die kaudale I^age der Nieren bei 
den beiden letztgenannten Ab- 
teilungen wurde bereits hervorgehoben. Von diesen erstreckt sich eine 
breite peritoneale Platte, aus Verschmelzung des hinteren Teiles der Ur- 
nierenligamente entstanden, zur dorsalen Fläche der Blase. 




Fig. :t47. Männlicher L'rogenitalapparat 
von Myrmecophaga juhata. Mit Ausnahme 
«Irr Hchwanzwürts umgelegten Blase liegt 
alles in natürlicher I>age. K Keitum; 
jV Nieren; u Ureter: T Testikel; <■ Epi- 
didymis; : Blase; :J Vas rieferon». 



WvImt, Süiii.'.-II.ti-. 



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450 V'II. Ordnung: Xonnrthra. 



In der hinteren Hälfte dieser Platte liegen die Testikel und die ge- 
sell Innleiten Vasa deferentia. in der vorderen die Arteria spermatica. die 
in geradein Verlauf von der Arteria renalis zum Testikel eilt, ferner ein 
sehr ausgebildeter Plexus pampiniforniis. dessen zahlreiche Aeste ebenfalls 
geradlinig zur Vena renalis ziehen, nach innen vom 1' reter. Hieraus folgt, 
dali die Testikel ihre ursprüngliche Lage durchaus bewahrt halten und daß nur 
die (Jrniere schwand, ihre peritoneale Cinhüllung aber, also das l'rnieren- 
ligainent. bestehen blieb. An der Pauehdecke fehlt jeder Peweis. daß der 
Descensus früher bestanden habe, aber rückgängig geworden wäre. Letzteres 
geschah aber wohl bei den Dasypodidae. wie die I.age ihrer Testikel be- 
weist. Dieselben liegen zunächst an der ventralen Pauchwand. während 
die primäre Lage bei allen Sängern an der dorsalen Pauchwand ist. Stets 
besteht ferner ein weiter Inguinalring. durch welchen ein kleiner Cremaster- 
saek. der nur vom Musculus transversus abdominis gebildet wird, hervorragt. 
Pei Chlamvdophorus kommt auch dieser nicht mehr zustande: hier ging 
also der Descensus. der offenbar bei den Vorfahren bestand, noch mehr 
zurück. Von ihm erhielt sich nur die ventrale Verlagerung der Testikel. 
die Art ihrer Peritonealbekleidung. der weite Inguinalring. 

Auch die äuberen männlichen (ieschlechtsorgane bleiben auf niederer 
Stufe stehen. Pei Pradypodidae ist der Penis sehr klein, mit gefurchter 
Eichel o«ler was ihr entspricht an deren Pasis die Urethra aus- 
mündet. Sie liegt direkt vor dem Anus 
in einer Art Kloake. Aehnliche Verhältnis>e 
zeigt der Penis der Myrmecophagidae. nur ist 
er etwa> gröber. Demgegenüber ist er bei 
den Dasypodidae exzessiv lang, was wohl in 
Anbetracht des Rückenpanzers mit der Schwie- 
rigkeit der Kopulation in Verbindung steht. Er 
ist lang-konisch und wird nach Watson durch 
starke Musculi retractores ausgiebig in das 
kleine Praeputium zurückgezogen. Wichtiger 
ist. dali bei allen drei Familien ein eigent- 
liches Corpus spongiosuin fehlt und der Penis 
nur durch zwei Corpora cavernosa penis zu- 
sammengesetzt wird, die bei Pradypodidae nur 
bindegewebig mit dem Pecken verbunden sind. 
V\g. :ms. Penis und Anw» ^ em P<*»'* •l 01 ' Dasypodidae fehlt daher auch 
vonBradypuA tridnetyliiA n. (ir. deutlich Clans und Pulbus urethrae. Die 

accessorischen Drüsen verbleiben auf ursprüng- 
licher Stufe, insofern als Glandulae urethrales unter dem quergestreiften 
Musculus urethralis auftreten und nur bei Dasypodidae und bei Myrine- 
cophagidae echte Cowperschc Drüsen hervorgehen lassen, bei den übrigen 
aber solche nur insoweit differenzierten als Partien größere Drüsenschläuche 
durch entsprechende Ausmündung als Cowpersche Drüsen erscheinen. Echte 
Glandulae prostaticae hat nur Myrmecophaga jubafa. (Ilandulae vesieulares 
nur Cycloturus didaetylus. 

Die Placenta ist nach Klinkowström bei Pradypus anfänglich eine 
indifferente viella|)])ige, mit über der Oberfläche des Chorion zerstreuten, 
halbkugelförmigon Kotyledonen. Nur die gegen den Fundns uteri ge- 
legenen entwickeln sich weiter, bedecken zwei Drittel des Chorion, während 
die übrigen schwinden, und rufen dadurch die durch Turner beschriebene 




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Xenarthra. Diagnose. 



4:')1 



knppelförmige Placenta von Choloepus hervor. Scliließlirh hat inniges Zu- 
sammentreten der Kotyledonen statt zu zwei getrennten Scheihen. Damit 
nähert sieh <lie Placenta «ler gleichfalls scheibenförmigen, micrallantoiden. 
tlociiluaten l'lacenta der Myrmeeophagidae und Dasypodidae. letztere 
Familie hat zwei .Junge in einem Wurf, deren Zahl kann aber bei Tatu.sia 
auf acht steigen. Sie werden vollkommen geboren, ebenso wie das einzige 
.hinge der Rradypodidae und Myrmecophagidae. 

Diagnose. Die Xenarthra sind landbewohnende, teils arborikole. teils 
grabende, insektivore. ausnahmsweise phyllophage Tiere. Haut reichlich 
oder spärlich behaart, häutig mit Hornschuppen: bei einer Familie mit 
Yerknöcherungen der Lederhaut. Zitzen brüst- oder bauchständig, selten 
inguinal. Thorakale und lumbale Wirbel mit accessorischen (ielenkfort- 
sätzen xenarthrale (ielenkung). Foramen entepicondyloideum und Tro- 
chanter tertius treten nicht allgemein auf. Tympanicum ringförmig, selten 
aufgebläht. Cnguikulat: Fut» stets plantigrad. meist pentadaktyl. Hand 
plantigrad mit vorwiegender Entfaltung des II. Fingers und damit ver- 
bundener Verämleriing. seltener auch Verwachsung und Valgusstellung, 
Sca])hoid und Lunatum getrennt. Centrale carpi erhält sich nur aus- 
nahmsweise. (iebilJ ursprünglich diphyodont und heterodont: durch Re- 
duktion meist monophyodont und homodont. stets schmelzlos: seltener 
fehlt es ganz, aber stets, mit einer Ausnahme, im Intermaxillare. Magen 
einfach oder kompliziert (Hradypodidae). Coecum fehlt oder gering ent- 
wickelt, ausnahmsweise doppelt. Cehirn auf niedriger Stufe, sparsam ge- 
furcht mit hoher Ausbildung des Riechcentrums. Dem entspricht das peri- 
phere ( icruchsorgan. mit wenigstens 7 Riechwülsten auf den Endoturbinalia. 
Testikel primär oder sekundär testikond: Fterus simplex. Ausbildung einer 
Vagina unterbleibt aber. Placenta deciduat. mikrallantoid und mehr oder 
weniger scheibenförmig. Meist wird ein. seltener zwei, ganz ausnahms- 
weise zahlreiche .hinge geworfen. 

Geographische Verbreitung. 

Die Xenarthra bilden die Central- und Südamerika mithin die 
Neogaea der Tiergeographie — am meisten und auffallendsten charakteri- 
sierende Ordnung. Nicht nur ihre Verbreitung in der Vorzeit beschränkt 
dieselbe auf dieses (iebiet und legt ihre frühere noch reichere Fntfaltung 
dar. auch ihre heutige Verbreitung tut ersteres. 

Allerdings treten im Pliocän und Pleistocän Nordamerikas — +(lano- 
donta lassen wir hier aulicr Betracht — einzelne Vertreter auf, wie * My- 
lodon harlani und ^Megalonyx. sowie aulier diesen (iravigrada auch ganz 
vereinzelte Arten von (ilyptodon. die nördlich bis Kentucky reichen. Da 
wir ihre nächsten Verwandten aber bereits im Miocän und früher in Argen- 
tinien und Patagonien antreffen, sind es unzweifelhaft Auswanderer, die 
in mioeäner Zeit oder später (»elegenheit fanden soweit nördlich vorzu- 
dringen. In der recenten Fauna wiederholt sich Aelmlicbes unter den 
(Üirteltieren. So hat Tatusia novemeineta L. eine Verbreitung von Para- 

29« 



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4f>2 



VIII. Ordnung: Xcnnrthra. 



guay bis Texas, während die übrigen Arten nördlich nicht weiter reichen 
als bis Guyana. Dies ist auch die nördliche Grenze für Dasypus. Priodon- 
tes. Tolypeutes. Die Mehrzahl der Arten dieser Genera reicht teilweise 
nicht einmal soweit nördlich. Manche treten ziemlich begrenzt auf. ebenso 
wie das Genus Chlamydophorus. Nur «las Genus Xenurus (Lysiurusi hat 
in Xenurus hispidus Burin. eine Form, die sich in Centraiamerika nörd- 
lich bis Honduras ausdehnt. Am weitesten südwärts reicht Tolypeutes 
conurus bis zum südlichen. Dasypus villosus Desm. und sexinctus L. ebenso 
wie Tatusia hybrida Denn, bis zum nördlichen Patagonien. 

Die Hradypodidae sind auf die Waldregion beschränkt von (entral- 
amerika (Nicaragua* bis zum 2;V> S. Hr. Aehnlich ist das Vorkommen 
der Myrmecophagidae. Dieselben dringen nordwärts aber bis Guatemala. 
Tamandua tetradactyla L. selbst bis Mexiko vor. 

Taxonomie. 

Trotzdem die Zahl der heutigen Xonarthra keine selir große ist. er- 
heischt die systematische Besprechung dieser Ordnung viel Kaum. Einmal 
weil sie sich in verschiedene, mehr oder weniger scharf geschiedene 
Gruppen zerlegt hat, mehr noch, weil eine übergroße Zahl fossiler Formen 
bekannt geworden ist. In unserer Uebersicht durften auch diese nicht 
fehlen. Doch konnten in dieses reiche Material nur einzelne Griffe getan 
werden. Dabei konnte leider kein Gebrauch mehr gemacht werden von 
den neuen Untersuchungen von Scott, die gerade im Begriffe sind, zu er- 
scheinen und zweifelsohne neues, sehr erwünschtes Licht über viele Punkte 
verbreiten werden, die ich zweifelhaft lassen mußte. Eine synoptische 
Tabelle möge einleitend die recenten Familien und Genera übersichtlich 
charakterisieren. 

(8. tabellarische IVbersiclit p. 453. 

1. Familie: BRADYPODIDAE. Neben den in der Tabelle genannten 
Merkmalen ist hervorzuheben, daß die Faultiere ihr ganzes Leben in den 
Zweigen der Bäume hängend verbringen, auch in dieser Stellung aufge- 
rollt schlafen. Auf dem Boden können sie sich wegen des Baues der 
Extremitäten nur hilflos und langsam fortbewegen, was Anlaß gab, diese 
Familie auch als Tardigrada zu bezeichnen. Es sind nächtliche Tiere, die 
nur selten einen Laut geben und von Blättern und Zweigen sich nähren. 
Der sehr kleine Penis liegt in einer Art Kloake. Sie werfen nur ein 
Junges, das sehr vollkommen geboren und in utero durch ein sehr voll- 
ständiges Epitrichium (p. 10) umgeben wird. Sind auf die Walder von 
Zentral- und tropisch Süd-Amerika beschränkt. 

Choloeits Iiiig. Von den § schmelzlosen Zähnen des „Unau" sind 
die vordersten die größten und einigermaßen eckzahnartig. f»— 7 Cervikal-, 
23 — 24 Thorakal-, 4—3 Lurabalwirbel. In der Hand sind nur der 2. und 
3. Finger funktionierend, mit langen gebogenen Krallen, und zu einem 
Haken vereinigt, im Fuß aber 3 Zehen. Pterygoidca aufgebläht. Inter- 
maxillare mit dem Oberkiefer durch eine Naht verbunden. Humerus mir 
Foramen entepicondvloidenm. Ch. didaetylus L. mit 7 Halswirbeln. Tro- 
pisches Süd-Amerika. Als Ch. hoffmannt Pet. ist eine kleinere Form 
mit nur Ii Halswirbeln von Costa Rica und Panama beschrieben. 

Bhadvim s L. Dieses als „Ai" bekannte Genus hat '•> schmelzlose, 
stiftförmige Zähne, von denen der vorderste obere der kleinste ist. 0 Cer- 



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Xenaribra, Taxouoniie. 



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VIII. Ordnung: Xcnnrlhra. 



vikal-, 14 -HJ Thoraknl- und 4 — 3 Lumbalwirbel. 3 Finder und Zehen 
mit langen, gebogenen Krallen und durch gemeinschaftliche Hautbekleidung 
zu unbeweglichen Haken reduziert. Nur bei Br. torijuatus III. (Brasilien) 
.sind die Pterygoidea aufgebläht und ist ein Foramen entepicondx loideum 
vorhanden, wodurch diese Art sich Choloepus nähert. Bei den übrigen 
Arten sind die Pterygoidea sclimal und fehlt das Foramen entepicondvloi- 
deum. Alle unterscheiden sich von Choloepus weiter durch rudimentäres 
Intermaxillare. das nur lose am Maxillare hängt. Von den übrigen, teil- 
weise zweifelhaften Arten hat der am längsten bekannte Br. tridaetylus L. 
«lie weiteste Verbreitung «Iber das «ranze tropische Süd-Amerika bis zum 
25 " S. Br. 

2. Familie: MYRMECOPHAOIDAE. Auf das tropische Zentral- und Süd- 
Amerika beschrankte, dicht behaarte, insektivore Taktiere mit langgestreek- 
tem, cylindrischem Kopf, kleinen Andren und Ohren, ausgezeichnet durch 
bedeutende Entfaltung des 3. Finders, dessen grolie Klaue eingeschlagen 
getragen wird, wahrend das Tier beim Gehen auf den Außenrand der 
Hand sich stützt: Fuß plantigrad. Die Mundspalte ist auf eine Oeffnung 
reduziert, durch welche die lange, rundliche Zunge weit vorgestreckt und 
zum Fang von Insekten benutzt wird, nachdem das reichliche Sekret 
namentlich der großen, submaxillaren Speicheldrüsen sie klebrig gemacht 
hat. Die Kaufunktion tritt ganz zurück: dementsprechend ist der Unter- 
kiefer schwach mit niedrigem Processus articularis und fast fehlendem 
Processus enronoideus. Zahne fehlen durchaus, selbst Andeutung ihrer An- 
lage ist noch zweifelhaft. Weitere Merkmale enthalt die Tabelle. 

Myrmki oi'haga L. Von Guatemala bis ungefähr zum 2.")° S. Br. 
verbreitet in der einzigen Art M. jubata L. Dnrchaus torrester mit 
langem, rauhem, dunkelgrauem Haar und langem, schwarzem, weißgesäum- 
tem Fleck von der Kehle zur Rumpfmitte. Trotz der dichten, buschigen 
Behaarung ist der Schwanz mit schwarzen Hornschuppen bedeckt fp. 432). 
Totale Lange bis 2 m. 

Tamanw'A Gray. Nur eine hauptsächlich baumbewohnonde Art : 7* 
tetradaetyla L. mit ungefähr gleicher Verbreitung wie Myrmecophaga, aber 
kleiner wie diese und mit. anliegender Behaarung von meist gelblichweißer 
Färbung mit breitem schwarzem Bande, das den Rumpf seitlich bedeckt. 
Der lange Greifschwauz ist kurz hekaart, dicht beschuppt, am Ende und 
an der Unterseite nackt. Der Schnauzenteil des Schädels weit kürzer als 
bei Myrmecophaga, der harte Gaumen aber von gleicher Bildung. 

Cvcum m s Gray. Die einzige, durchaus arborikole Art C. didai- 
tylus L. erstreckt sich weniger weit südwärts. Von Eichhörnchengröße 
mit langem Wickelschwanz und mit modifiziertem Kletterfuß ip. 442). 
während in der Hand nur der 2. uud 3. Finger ausgebildet sind. Mit 
der gewaltigen Klaue des 3. wird die Baumrinde geöffnet, zum Fang von 
Insekten. Im Gegensatz zu den beiden vorigen ist die Clavicula gut ent- 
wickelt, vereinigen sich die Pterygoidea nicht in der Medianlinie, tritt 
ein doppeltes, kurzes Coecum auf und ist das Haarkleid seidenartig. 

3. Familie: DaSYPODIDAE. Grabende, insektivore und karnivore Tiere 
mit spärlicher Behaarung, die nur ausnahmsweise dicht ist. Auf der dem 
Lichte zugekehrten Seite ist die Haut mit Hornplatten bedeckt, denen 
am Kopf, Rumpf und Schwanz in der Lederhaut gelegene Verknöcherungen 
in verschiedener Weise entsprechen. In der Kegel bilden beide zusammen 




Xenarthra. Taxonmnir. 



4.*).*) 



durch enges Zusammentreten ein Kopf-, Schulter- und Kreuzschild und 
dazwischen gelegene, verschieden zahlreiche bewegliche Rückengürtel. 
Der Schwanz ist gleichfalls gepanzert. Jochbogen vollständig, Jugale 
höchstens mit Andeutung eines ansteigenden Fortsatzes i( 'hlanivdophorus). 
Knöcherner Gaumen gewöhnlich. Ptcrygoid nitli t aufgebiaht. Inter- 
maxillarc verhältnismäßig groß. Tympanicum entweder riugfönnig rratu- 
sia , Xenurus, Tolypeutes, Priodnntesi «der aufgebläht mit daran an- 
schließendem knöchernen äußeren Gehörgang (Dnsypus, ( "hlanivdophorus 
Forainen entepicondyloideum und Trochanter tertius allgemein. In der 
Haml ist hei Tatnsia der 1. und 4. Finger gleichlang und kürzer als der 
2. und 3.. die bist gleich sind, der ">. rudimentär. Bei allen übrigen sind 
der 1. und 2. schlank mit Tendenz gleichlang zu werden, der 3. und 4. 
sehr kriiftig mit verbreiterten Metacarpi und Phalangen und Neigung zur 
Unterdrückung der proximalen Phalanx infolge ungeheurer Ausbildung der 
Nagelphalanx. Gebiß mit wenigstens l Zithnen. höchstens mit Andeutung von 
Heterodontie. übrigens stiftförmig, schmelzlos, aber mit Anlage eines Schmelz- 
«•rgaues. Sie werden teilweise iu»ch gewechselt: andere bringen es nur noch 
zur Anlage oder werden vor dem Durchbrechen resorbiert. Magen einfach. 
Darin mäßig lang. Loccum fehlend, kurz und weit «»der bei ( 'hlaiuvdoplmrus 
doppelt. Penis sehr lang. 

1. L'nterfainilie : Tntu-iiiiae- Kennzeichnen sich sofort durch die auf 
p. 431 und in der Tabelle angedeutete Skulptur des Panzers, der 7 bis 
H» bewegliche Gürtel hat. Weiter durch 4 funktionierende Finger, lange 
Schnauze und weit nach hinten gerückte, einander genäherte, lange Ohren. 
Die kleinen, fast cvlindrischen l bis £ Zähne bilden eine kurze Reihe, 
die vor dem Ansatz des .Jochbogens endet. Sie vertreten zweiwurzelige 
Milchvorgänger, die erst gewechselt werden, wenn das Tier fast erwachsen 
ist. Jin Gegensatz zu den übrigen Gürteltieren steigt die Zahl der Jungen 
in einem Wurf bis auf zehn. Dem entspricht einigermaßen die Zahl der 
Zitzen insofern, als das bei Gürteltieren stets vorhandene Paar brust- 
ständiger Zitzen mit. einem Paar inguinaler vermehrt ist. 

Taitsia F. Cuv. Die am längsten bekannte T. novemeineta L., 
welche die ganze Familie repräsentiert, hat die weiteste Verbreitung von 
allen Gürteltieren, da sie ihr Wohngelnet, von Texas bis Gran Chaco aus- 
dehnt. Daneben treten mehr lokal andere, theilweise zweifelhafte Arten 
auf, von denen '/'. Kapphri von Xeu-Ouiana die bekannteste ist. Eine 
stark behaarte weit kleinere Art ist als ( ryptophractlts pilosus Fitz, 
abgetrennt. Solche Abtrennung von Tatusia verdient wohl mit mehr Recht 
Sit /oplt nm hruthti A. M. Edw. von Brasilien, von der nur die Haut be- 
kannt ist. welche «lichte Behaarung und geringe Entwickelnng der Be- 
panzerung zeigt. 

2. rnterfaniilie: l)n*ypodinne. Außer in der Bepanzerung und «lern 
Bau der Hand (s. p. 440 und Tabelle i sind die Dasypodinae charak- 
terisiert durch weniger gestreckten, kräftigeren Bau. breiteren Kopf, 
weniger nach hinten aber weit auseinander gerückten Ohren. Die meist 
weit kräftigeren Zähne sind in der Mitte der Heihe am größten und 
reichen bis hinter den Ansatz des .lochbogens. Auch hier kommen 2 Den- 
titionen vor (Dasypus villosus;. Der geringen Zahl der Jungen (1—2) ent- 
spricht das Vorkommen von nur einem Paar brnstständiger Zitzen. 

Da allgemeiner verbreitete Repräsentanten einzelner Genera der Dasy- 
podinae und Tatusiinae häufige Objekte sind für Untersuchung über Gebiß, 



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4f>6 



VIII. Ordnung: Xonnrthrn. 



Haut etc. und große Verwirrung herrscht bezüglich der Nomenklatur, möge 
eine kurze Tabelle I T ebersieht geben über emzelne Synonyma der gewöhn- 
lichen Genera und häufigeren artlichen Repräsentanten : 

Gray: Burnieister: Fitzinger: Trouessart: 



Wagler: 
Da»ypus 



Tatusia 
Praopus 



Praopus 



»v , | Tatusia novenicincta L. 
u«*>P»s | Muletia hybrida Desm. 



Tahiaia 



Kuphractus 



Xeiumis 



Eupbraciuß Kuphractus J,^^ 



Pa«ypu» Dawypu»» 



l)a*ypu« 



Xenurus 



Tatoua 



Danvnua 
hispidus 

Dasypus 



Xenunw 



Crypto- I Cryptophractu« pilosuft. 
phractus \ Fitz. 

Zaedyus miniitu* Deatu. 
Chaetophractua villosu* 
De«iu. 

[Dasypbrac Chaetophractue vellero- 
' tu» hus Gray. 

lEiiphractu* Dasypus scxciuclu* L. 

Xenuru« Lysiuru» hUpidua 
hispidus Bunu. 

XenuruK Ly»iurtiM unicinetus 
verrucosus verrucosus L. 

Wir unterscheiden vorlaufig, wie in der ti. Keihe angedeutet, neben 
Tati sia, Dasypus lllig. und Xeni ri s Wagl. Unter Dasypus fallen dann 
allerdings Formen mit längerer und kürzerer Schnauze, solche, deren erster 
Zahn im Intermaxillare sitzt, so daß man die Zahnformel ) * erhält, 
wahrend andere nur $ Ober- und Unterkieferzfthne haben. Auch scheint 
nur Dasypus sexcinch*s L., die bekannteste Form, die von Guiana bis 
Gran Chaco vorkommt, ein aufgeblähtes Tympanicum mit knöchernem 
äußeren Gehörgang zu haben. Die hier zusammengefaßten Arten haben 
G— 7 bewegliche Gürtel, den Mittelfinger länger als den zweiten, bedürfen 
aber weiterer Revision, ebenso wie die hier unter Xenurcs vereinigten 
Arten mit 12 bis 13 beweglichen Gürteln, ringförmigem Tympanicum. einem 
Mittelfinger, der kürzer ist als der zweite und tf bis -* Zähne. 

Kein Zweifel herrscht über die weiteren Genera. Von diesen ist 
Priodontes F. C'uv., das größte aller recenten Gürteltiere, sofort ausge- 
zeichnet durch die bis auf 25 steigende Zahl der Zähne in jeder Kiefer- 
hälfte, die aber sämtlich klein sind. Tympanicum klein, ringförmig. Der 
dritte Finger außerordentlich entwickelt, der 5. rudimentär. Die einzige Art, 
Pr. gigantt'us E. Geoff.. mit 13 beweglichen Gürteln, ist von Guiana bis 
Argentinien verbreitet. TnLYl'Ei tks lllig., mit nur 3 beweglichen Gürteln, 
vermag sich aufzurollen (Fig. 327 p. 431). Panzerplatten vier- bis sechs- 
eckig. Auf Süd-Amerika beselyänkt. Dio nördlichere Art: T. tricinctus 
L. hat an der vierfingerigen Hand den 3. Finger kaum länger als den 2. 
In der südlicheren Art T. comtrus Is. Geoff., die bis in Patagonien auf- 
tritt, wird auch der 1. Finger rudimentär. 

3. Unterfamilie: Chlamydopborinac. Diese in der Tabelle ausreichend 
charakterisierte Familie enthält das einzige Genus Chlamydophoris Harlan. 
Dessen am längsten und besten bekannter Vertreter Chi. frttticatus Harb 
unterscheidet sich sofort von allen Gürteltieren durch die unter Säuge- 
tieren überhaupt einzig dastehende Einrichtung, daß die Rückenhaut eine 
Hautduplikatur bildet von der Medianlinie des Rückens aus, die seitlich 
das Tier umhüllt, und reihenweise angeordnete Bänder von viereckigen 
Hornplatten auf ihrer Oberfläche aufweist, denen zarte Hautverknöcherungeu 
entsprechen. Das abgestutzte Hinterende des Körpers wird von einem 



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Xenarthra, Vorgeschichte. 



4Ö7 



halbmondförmigen Panzer bedeckt, dessen Verknöcherungen sich innig mit 
den Berkenknochen verbinden (Fig. B3t>). Der Panzer bat einen Aus- 
schnitt für den kurzen, platten Schwanz im Gegensatz zum runden der 
übrigen Gürteltiere. Dieses auf West-Argentinien beschränkte, nach Art 
eines Maulwurfs im Sande grabende Tier von der Größe einer kleinen 
Ratte, hat # stiftfönnige Zähne, eine tyrapanale Bulla, knöchernen, äußeren 
Gehörgang, der vielleicht vom Hyoid sich herleitet (p. 448), und Andeutung 
eines absteigenden Fortsatzes am Jugale. Die Hand ist nach dem Typus 
von Dasypus gebaut. Die zweite, bisher nur in einem Exemplar bekannte 
größero Art Chi. retusus Burm. von Bolivia hat gleichartigen Bau des 
Panzers, derselbe liegt aber nicht in einer Duplikatur, sondern in gewohnter 
Weise in der Haut. 

Vorgeschichte. 

Wenige Säuger inachen bei oberflächlicher Betrachtung einen so 
grundverschiedenen Eindruck, wie die Faultiere, Ameisenfresser und Gürtel- 
tiere. Ihr Bau legt aber ihren innigen Zusammenhang dar, mehr noch 
tun dies ihre ausgestorbenen Vorfahren und Verwandten, deren Zahl - 
worunter gut erhaltene Reste — -täglich zunimmt. 

Da die Schuppen von +Necrodasypus galliae Filhol aus dem Eocän 
Frankreichs nicht einem Gürteltier, sondern offenbar einem Reptil ange- 
hörten, sind fossile Xenarthra bisher nur aus Nordamerika, ganz vor- 
wiegend aber aus Südamerika bekannt geworden. — Es genügt +Mega- 
therium zu nennen, um auf ein Fossil hingewiesen zu haben, das im 
Jahre 1790 entdeckt und seitdem in aller Mund ist. Daran reihten sich 
allmählich zahlreiche weitere Formen, ganz vorwiegend aus Patagonien 
und Argentinien. Zunächst um nur das Wichtigste zu nennen — die 
von Darwin gesammelten, von R. Owen bearbeiteten; dann die von Bur- 
meister, namentlich aber die in jüngster Zeit äußerst zahlreichen, von 
Ameghino beschriebenen, die Lydekker einer vorläufigen Revision unterzog 
und jetzt durch Scott weitere Untersuchung erfahren. Ferner machte 
Lund aus Höhlen Brasiliens verschiedene Arten bekannt, die namentlich 
in Reinhardt einen genauen Beschreiber fanden. Xordanierikanisclic Arten 
untersuchten in erster Linie Leidy und Cope. Trotzdem stehen wir auf 
diesem Gebiete erst auf der Vorstufe der Funde und der Bearbeitung. 
Selbst eine flüchtige Uebersichr, die auch die recenten Familien berück- 
sichtigt und nur das Wichtigste erfaßt, darf folgendes feststellen. 

Bereits zu einer Zeit, die vielleicht dem Eocän angehört, traten im 
heutigen Patagonien und Argentinien Tiere auf. die einerseits die Vorfahren 
waren der jünger-tertiaren +Gravigrada, sowie der heutigen Bradypodidac 
und Myrmecopliagidae. andererseits die Vorfahren der ^Glyptodontidae, sowie 
der Dasypodidae, von denen letztere sich bis heute erhielten. Wenn also 
die Zweiteilung der heutigen Xenarthra in Dasypodidae an der einen, in 
Bradypodidac und Myrmecopliagidae an der anderen Seite bereits so früh 
vorgezeiclmct ist. so fehlt es andererseits auch nicht an Tatsachen, die 
auf deren früheren Zusammenhang hinweisen. Der gemeinsame Vorfahre 
muß demnach in der Kreide oder noch weiter zurückliegen. Ameghino 
meint, solche kretaoeische Formen nachweisen zu können. Zunächst scheint 
Dissonanz zu herrschen über das Alter, einmal über die Santa-Cruz-Fauna 
Argentiniens, welche reiche Funde an Xenarthra lieferte, dann auch, in Ver- 
bindung hiermit, über tiefer gelegene Lagen. Ameghino rechnet erstere 



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4f>S VIII. Onlnimjr: Xinarihrn 

dein unteren Eocän zu. Zittel stellt sie höchstens mit dem Ohereocän oder 
Oligocän Europas in Parallele, andere wollen ihr nur ein mioeänes Alter 
zuerkennen. An und für sich scheint aber eine kretaccische Säugetier- 
fauna in Südamerika nicht in Abrede zu stellen sein ivergl. p. 3t i<>), da 
auch S. Roth eine solche von Patagonien beschreibt. Wie dem auch sei. 
an einem sehr früh-tertiären Auftreten von echten Xenarthra ist offenbar 
nicht zu zweifeln. Ameghino nennt als kretaccische Vorläufer der +Glypto- 
dontidae: ' Glyptatei.us Ainegh.. von dein er Zähne und Panzerplatten: 
von anderen Gattungen nur letztere beschreibt. Dies gilt auch für zahl- 
reiche Gattungen von Dasypodidae. Vorläufig hat daher mehr Wert, daß 
Vorläufer von ■• Stegotherium. der gleichfalls dieser Familie angehört, viel- 
leicht bereits kretaeeisch auftreten, ebenso wie Vertreter der ^Peltephilidae. 
welche uns ebenfalls noch beschäftigen werden. Auch aus dem anderen 
Hauptzweige der Xenarthra kommen nach F. Ameghinos Altersbestimmung 
Vertreter bereits im Cretaccum vor. Auf Grund einzelner Zähne gründet 
er die Genera +Orophodox und +Octodontherium. die er als +Oro- 
phodontidae den (iravigrada zurechnet, wohin die Zähne auch offenbar 
gehören. Endlich stellt er aus gleicher I«*ige neuerdings (VMV2) die gleich- 
falls den Gravigrada angehörige Familie der +Protobradydae auf, deren 
Genus +Protobradypus im Schädel genetische Beziehungen zu +Gravi- 
grada und Hradypodidae haben soll. 

Aus früh-tertiären Lagen machte F. Ameghino außer Vertretern der 
Dasypodidae. namentlich zahlreiche +< iravigrada bekannt, die Lydekker auf 
nur wenige Arten zurückführte. Der reberblick über dieselben wird er- 
leichtert durch eine tabellarische l'ehersieht <ler Hauptgruppen der fossilen 
und recenten Xenarthra, deren durchaus provisorischer Charakter nicht 
genug hervorgehoben werden kann. 

Anicanodonta Amegh. 
Hautskelet fehlt oder tritt in Form verborgener unregelmäßiger 
Knochenplättchen nur vereinzelt auf. HöeliKtens 4 — »' Zähne in jeder 
Kieferhälfte. Sämtliche Wirbel frei. 

1. Hradypodidae reeent. 

'2. Myrmecophaüidae recent. 

3. Gravigrada ausgestorben. Verteilen sich in: 

I. Wenigstens einzelne Nagelphalangen median gefurcht. 

Hu- vi oes früh-tertiar. 
Hai ai.ois 

PsKt noHAI'Al.ops <'t<'.| 

II. Nagelphalangen nicht gefurcht. 



Vereinzelt oligoeän; 
namentlich plio- 
und pleistocän. 



M K< i ATH KK H M, XoTKOTH KR UM, 
SLEl.inoTHKRU M, (tKYPOTIIKKII'M, 
Pl.ATYoNVX, MVI.ODON, MkoaI.oWX rti 

Hicanodonta Amegh. 
Hautskelet als Knochenplatten und cpidermalc Hornplatten vorhanden. 
Wenigstens l Zähne. Wenigstens einzelne Halswirbel verschmolzen. 

1. Peltephimdae eocän V bis mioeän. 

2. Dasypodidae eoeän bis recent. 

3. Propalaeohopi.ophoridae früh-tertiär. 

4. Glyptodontidae früh-tertiär bis diluvial. 



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Xenarthra, Vorgeschichte. 4ö!» 

Fassen wir die Anicanodonfa näher ins Auge und lassen die bereits 
behandelten Bradypodidae und Myrmecophaoidae ruhen. so lautet die 
Diagnose der "HiRAViORADA folgendermaßen. 

Meist plumpe, in den paläontologisch jüngeren Formen, meist grobe 
Pflanzenfresser mit niedrigem, häutig gestreektem Schädel, .lochbogen 
meist unvollständig. .Ingale gewöhnlich mit absteigendem Fortsatz. Tvm- 
panicum ringförmig. Nur selten ein Orbitalring entwickelt, im übrigen 
Orbita und Temporalgruhe in weitester Verbindung. Knöcherner Gaumen 
nicht durchbohrt, nicht oder nur unvollständig über die Zahnreihe hinaus 
verlängert. Fnterkiefer mit hinterem Seitenast des Alveolarkanals. Meist 
Ii» Thoraco-Lumhalwirbel. die sämtlidi frei sind mit verschiedenen Stuten 
xenarthraler Gelenkung. Fxtreniitäten plump. Körpcrlnst ruhte nament- 
lich auf iler Autienseite von Hand und Fut». Radius und Tina. Tihia und 
Fibula frei. Nagclbekleidung der Endphalangcn. wo sie vorkommt, un- 
guikulat. Krallen zuweilen sehr groli. Zähne schmelzlos. lang prismatisch 
mit offener Wurzel ^ entweder eine geschlossene Reihe bildend, oder 
der 1. ist caniniform und durch Diastem von den übrigen getrennt. Zahn- 
reihen entweder parallel oder nach vorn divergierend. Haut enthalt nur 
ausnahmsweise unregelmäßige Haut verknöcherungen. 

Diese Diagnose gründet sich namentlich auf die plio- und pleisto- 
cänen (iravigrada. die seit langem und zum Teil durch wohlerhaltene 
Reste gut bekannt sind. 

Daneben hat Ameghino in jüngster Zeit ältcr-tertiäre — nach ihm 
der Kreide und dem Eocän angehörige «iravigrada in großer Zahl be- 
kannt gemacht, die aber Lvdekker auf wenige Arten zurückführte. Im 
Gegensatz zu den jüngeren (iravigrada sind es kleine Tiere. Soweit be- 
kannt, ist ihr Schädel cvlindrisch. mit kleiner temporalwärls offener Orbita. 
unvollständigem .lochbogen, mit absteigendem Fortsatz. Der l'nterkiefer 
mit niedrigem Condvlus wird zuweilen durch eine Naht, ilie aus der Mitte 
der Zahnreihe schräg nach hinten und unten verläuft, an seiner Autien- 
seite in zwei Stücke zerlegt. Die Zahl der Thorako-Lumbalwirbel steigt 
bis auf :?;">. Ihr Körper hat — bei moderneren Vertretern nur in der 
.Tugend auf der Dorsalfläche eine weite Höhle, die zuweilen auf der 
Ventralseite durch zwei kleine Oeffnungen ausmündet. Sanum besteht aus 
f> Wirbeln. Der Schwanz ist lang. Das verlängerte Akromion berührt 
den Processus eoraeoideus und bildet ein Foramen coraco-scapulare. Ver- 
mutlich bleibt Coracoid selbständig und durch Naht getrennt (p. «Mi). 

Diesen alten (iravigrada rechnet F. Ameghino die (icnera ~Ente- 
lops und -Trematherium aus dem Kocän zu. Fr vereinigt sie als 
r Entelopsidae auf (irund des Vorkommens von Zähnen im Vorder- 
ende der Unterkicferhälften und dementsprechend in den Intermaxillaria. 
Sie würden sich durch dieses primitivere Verhalten in der Tat von allen 
übrigen anikanodonten Xenarthra. speziell auch von den (iravigrada. unter- 
scheiden. Die Fnterkiefer und weitere sehr spärliche Reste genügen 
aber kaum, ihre systematische Stellung vorläufig genau anzugehen. Mit 
Sicherheit gehören den (iravigrada als am besten gekannte alte Genera 
an +Ki:ciiolokops Ameixh. und + Hapalops Amegh. ( < PsEunoiiAPAi.oi'S 



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460 



VIII. Ordnung: Xenarthra. 



Fig. 34J.. 



Amegh.). hei denen die Endphalangen einzelner Finger gefurcht sind, wie 
hei den heutigen Myrinecophagidae und Bradypodidae. Weiter ist nach 
Lydekker Verlängerung der l. und 2. Phalanx des III. Fingers und des Meta- 
tarsale II und III charakteristisch. Der Schädel ist hei Hapalops langge- 
streckt, hei +Eucholoeops niedrig, im Schnauzen- 
teil verhreitert. Das Intermaxillare kurz drei- 
eckig, die Symphyse hreit und wenig verlängert, 
der Condylus mandihulae hedeutend höher als 
das Niveau der Zahnreihe. Durch das Fo- 
ramen entepicondyloideum im Humerus. den 
Trochanter tertius am Femur. durch den Hau 
der Hand, durch die ] Zähne, quer-ohlong im 
Querschnitt mitcolutodonter(s.p.4hT > KauHäche. 
nach vorn wenig divergierende Reihen hildend. 
die nicht geschlossen sind, da der 1. Zahn, 
eckzahnartig und von den folgenden durch 
Diastem getrennt, während der letzte der 
kleinste ist: endlich durch die Ausmündung 
des hinteren Astes des Alvcolarkanals an der 
Außenseite des Unterkiefers: durch alle diese 

Punkte nähert 
Ffe. B50. sich Eueho- 

loeops den jün- 
geren Gattun- 
gen +Mylodon 
und +Megalo- 
nyx. Es ist ein 
generalisierter 

Typus (Ly- 
dekker). der 
durch seine 
Fußstruktur, 
durch das pro- 
minente große 
Lacrymale und 
durch die ge- 
furchten Nagel- 
phalangen mit 
den Myrmeco- 
phagidae zu- 
sammenhängt. Die.se schieden sich an der Wurzel wahrscheinlich mit 
Scelidotheriuni (s. u.) zusammenhängend von solchen alten (iravigrada ah. 
In Anpassung an die ausschließliche Insektennahrung verkümmerten die 
Zähne unter enormer Verlängerung der Kiefer, die gepaart ging mit Ver- 
längerung der Zunge und Ausdehnung des knöchernen Gaumens nach 
hinten. Auch dieser Erwerh. der liei Cyclotarus nur erst im Anfang der 
Aushildung i>t. scheint hereits in stärkerer Aushildung des palatinalen 
Teils der Pterygoidea hei Verwandten von Eueholocops ( ^Hyi>erleptus 
garzonjanus Amegh.) und bei +Scelidotherium (Fig. :5;"> 1 > angehahnt. 

Von den jüngeren, weit hesser hekannten (iravigrada. sind die 
wichtigsten in nehenstehender Ta helle vergleichhar neheneinander gestellt. 





Fig. .{49. Hyperlopt»» garzonianu*. nach Auicghino; un- 
gefähr 1 , nal. Gr. 

Flg. 350, Mylodon gracili*. rnterkieferzähne. dir Kau- 
fliiehe dein Beschauer zugekehrt, nach Hunneister. nat. Gr. 



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Tabelle 

der wichtigsten Genera plio- und pleistocäncr Gravigrada. 
Schädel kurz. Jochbogen vollständig, 
«ein Processus dcscendens einfach. I^acry- 
male nicht prominent, ("ondylus man- 
dibulae hoch Ober Niveau der Zahnreihe. 
Humerus breit. Kein Foramen entepi- 
eondyloideum. Femur »ehr breit, Tro- 
chanter tertius fehlt. Im Fuß die 1. u. 
2. Zehe rudimentär, 3. mit großer Kralle, 
4. und Fi. ohne Kralle, f lange, pris- 
matische Zähne. Der letzte Zahn ist der 



461 



Interm axillare ver- 
längert. Unterkiefer- 
Sympbyae verschmä- 
lert. Zahnreihen ge- 
schlossen, untereinan- 
der parallel. Vorder- 
ext reniität die längste. 
I. Finger der Hand 
rudimentär, die üb- 
rigen. wenigsten« der 
•2. und 3. mit Krallen. 
Mctaearpus 4 und 5 
verlängert. 



Schädel kurz. Intcr- 
maxillare »ehr kurz, 
dreieckig. Unter- 
kiefer - Symphyse 
breit, ilacrymale 
klein, nicht promi- 
nent. Zahnreihen 
nicht ge>ehhj**en, di- 
vergieren nach vorne 
und nulien. ; Zähne, 
nn denen der 1., durch 
ein Diastem getrennte, 
eckzahnartig ist. 



k,cin * t0 - Megtithtrium Cm. 

Schädel mit langer, zahn freier Schnauze. 
Joehbogen unvollständig. I<acrymale pro- 
minent. Cnndylu* mandibulae mäßig 
hoch ül»er Niveau der Zahnreihe. Unter- 
kiefer Symphyse etwas abgerundet, nu- 
merus wenig verbreitert mit Foramen 
entepieondyloideum. Femur verhältnis- 
mäßig schmal mit Trochanter tertius. 
Fuß vierzehig. J Zähne lang, prismatisch. 
Der letzte Zahn der kleinste. 

Xotrothcrium I,yd. 
{== Coelotio») 

Schädel lang, namentlich in seinem 
Schnauzenteil. JochlH>gcn unvollständig, 
»ein Processus deseeiidens grob gezahnt 
oder verästelt. Ijjcrymale groß, pro- 
minent. Condylus mandibulae niedrig, 
nur wenig über Niveau der Zahnreihe 
erhaben. Humerus distal verbreitert, mit 
Foramen entepieondyloideum. Femur 
breit, ohne Trochanter tertius. Fuß wie 
Megatherium. Der letzte untere Zahn 
ist grüßer und komplizierter als die vor- 
hergehenden. Sl fluMh f r,um Ow. 

Schnauzenteil des Schädels nach vorn 
stark verbreitert. Condylus mandibulae 
nur wenig über Niveau der Zahnreihc 
erhallen. Humerus breit ohne Foramen 
entepieondyloideum. In der fünffinge- 
rigen Hand ist der 4. und .">. Finger un- 
vollständig, der 1.— 3. mit Krallen. Fe- 
mur kräftig ohne Trochanter tertiu». 
Im Fuß fehlt die I. Zehe, die 2. und 3. 
mit Krallen. Der letzte untere Zahn 
ist größer und komplizierter als die 
vorhergehenden. 

Mylodon Ow. 

Schnauzenteil des Schädels nach vorn 
mäßig verbreitert. Condylus mandibulae 
liegt in der Flucht «1er Zähne. Humerus 
breit mit Foramen entepieondyloideum. In 
der fünflingerigen Hand ist der 1. und 
">. Finger unvollständig, der 2. und 4. 
mit Krallen. Femur kräftig, mit Tro- 
chanter tertius. Fuß fünfzehig? Der 
letzte untere Zahn unterscheidet sich 
kaum von den vorhergehenden oder ist 
der kleinste. 

Mtgalunrx Jeff. 



Zähne quadratisch 
oder queroblong. 
Kaufläche mit zwei 
scharfen, dachförmig 
erhabenen Querlei- 
sten (Oxyodonta, 
Burmeister). Aus- 
mündung des hinte- 
ren Astes des Alveo- 
larkanals an der 
Innenseite des auf- 
steigenden Astes des 
Unterkiefers. 



Zähne dreikantig, 
prismatisch od. oval- 
cy Ii n drisch. Kau- 
fläche gegen dieMitto 
vertieft (Colutodonta 
Burmeister). Aus- 
mündung des hinte- 
ren Astes des Al- 
veolarkannls an der 
Außenseite der Basis 

des aufsteigenden 
Astes des Unterkie- 
lers. Processus de- 

scendens den un- 
vollständigen .Toch- 
bogens endet ästig. 



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462 



VIII. Ordnung: Xmarlhra. 



Diese Talteile zeigt aufs deutlichste, dafl es derzeit noeli nicht tun- 
lich ist. die Genera Megatheriuni. Nothrotherium. Scelidotlieriuin. Mylodon 
und Megalonyx mit ihren respektiven Verwandten, die sich je um diese 

Oenera gruppieren, zu höheren Abteilungen, 
etwa Megatheriidae. Mylodontidac und Mega- 
lonvchidae zu vereinigen. .Ie nachdem man den 
Schwerpunkt auf dieses oder jenes Merkmal 
verlegt, erhält mau eine andere Gruppierung. 
So hat • Nothrotherium (Coelodon) ein. nach 
Reinhardt vermutlich baumbewohnender (ira- 
vigrada. aulier den in unserer Tabelle ange- 
deuteten Beziehungen zu Megatheriuni. andere 
/.. B. den unvollständigen .lochhogen. das Fo- 
rainen entepieondyloideuni. Trochanter tertius. 
wodurch er sich * Megalonyx nähert, durch sein 
prominentes bicrymale -Seelidotherium. 

Hervorzuheben ist, da Ii unsere Tabelle 
das (ienus +(;rvpotherii t m Reinh. nicht er- 
wähnt. Dasselbe steht seinem Haue nach 
zwischen Mylodon und Scelidotlieriuin. unter- 
lag aber einer ganz eigenen Spezialisierung 
in seinen Intel maxillaria (Fig. die 
einen gebogenen Fortsatz zu den Nasalia 
senden. Hierdurch kommt ein vor den seit- 
wärts gerichteten Nasenlöchern gelegener vor- 
dere Abschluß des Schädels zustande, an 
dem sich das Voiner beteiligt. Obwohl dieser 
einzig dastehende Hau entfernt an Khinoeeros 
tichorhinus erinnert, weist Heinhardt die An- 
nahme zurück, da Ii (irypotherium ein Horn 
trug. Kr bringt denselben nur mit einer 
großen und beweglichen Oberlippe in Verbin- 
dung. Nicht ohne Interesse ist. dali neben 
dem pleisfocänen (irypotherium darwini 
Owen) Reinhardt, noch bis in jüngste Zeit 
hinein ein (irypotherium domesticuni Roth 
in Patagonien mit <lem vorhistorischen Menschen 
leptocephalum von dcrVVniral- ,m,t » zusuniiiiuMi gelebt haben. Der Fund einer 
Hächr». 1 . nat. (Jr., nach Hur- guterhalteiien Haut mit Hautvorknöcherungen. 
m«i*ter. die auch als Xeomylodon Listai angehörig 

beschrieben wurde, erweist dies Fig. HAI). 
Erwähnenswert ist ferner das bedeutende Körpermatt, »las die Gravi- 
grada teilweise erreichten. Hei "Megatherium americanum Btuinenb. 
aus dem Pleistocän Südamerikas kam es einem Elefanten fast gleich. Des- 
gleichen bei f Mylodon robustus Owen. Dieses (ieniis, das zahlreiche 
Verknöcherungen in der Haut hatte, ist ebenfalls aus dein Pleistocän Süd- 
und Nordamerikas bekannt. Mkiialoxyx Jeffersoni Leidy aus dein 
Pleistocän Nordamerikas hatte die (i rotte eines Ochsen. Auch andere 
Arten waren nur wenig kleiner, wie der über HO ein lange Schädel von 
(irypotherium darwini z. H. darlegt. 



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Xenarthrn. Vnrjrwchichl«». 



463 



Bezüglich der Vorgeschichte der Myrmecophagidae wurden (i!»en 
bereits einige Hinweise gemacht. Fest steht nur. daß sie aus primitiveren 
Cravigrada sich entwickelten. Das gilt auch für die Bradypodidae. deren 
Genealogie im übrigen gleichfalls noch in Dunkel gehüllt ist. Inwieweit 
in den +Protobradyi>ae Anieghinns Vorläufer der Bradypodidae zu sehen 
sind, ist abzuwarten. Sicherlich sind die heutigen Hradypodidae durch 
ihre ausschließliche arborikole Lebensweise und dementsjirechende phyllo- 
phage Nahrung namentlich in ihrer Extremitütenstrnktur und im Magen 
stark geändert. Burmeister brachte in die allernächste Verwandtschaft 




Fip. 3.Y2. (irypoiheriiim danvini. nach llurmei&ter, ' ,. mit. (Jr. / Intermaxillare: 
n Natale; .1/ Maxillarc; L Lam tnalo; / Jupile. 

speziell von Choloepus einen Unterkiefer aus dem IMeistocän Argentiniens. 
Diesen f Xothropus priscus Burm. hält Lydekker für einen pleistocänen 
Vertreter des obengenannten +I'seudohapalops und +Kucholoeops. Damit 
werden die Vorfahren der Hradypodidae in eine ferne Vergangenheit 
zurückvcrlegt. 

Der kurze Schädel, das kleine Lacrymale. die bei Choloepus nicht 
geschlossene Zahnreihe und der eckzahnähnliche 1. Zahn, der unvollständige 
.lochbogen und die Ausmündung des hinteren Alveolarkanals an der Außen- 
seite des aufsteigenden Astes des Cnterkiefers erinnern an 1 Mylodon. Das 
aufgeblasene Pterygoid von Choloepus und Bradypus torquatus an +Xolhro- 
therium (Coelodonu von dem allein dieses Merkmal noch bekannt ist. So 
Huden sich Charaktere gemengt, die bei verschiedenen (iravigradagruppen 
verschiedentlich auftreten und darauf hinweisen, «laß die direkten Vorfahren 
der Hradypodidae noch nicht bekannt und wohl in Brasilien zu suchen 
sind, woher auch +Xothrotherium stammt, das nach Reinhardt arborikol war. 

Nicht unwahrscheinlich bildeten sie sich aus primitiven (liavigrada 
heraus, die von ihren südlicheren archiplataischeni. uns bisher hauptsäch- 
lich bekannten Verwandten sich abspalteten, als die ausgedehnte Waldzone 
Archibrasilien> |Ihering| zur Ausbildung kam. 

Zum Schlüsse fordern noch die hikanodonten Xenarthra eine Be- 
sprechung, die gegenüber dem ungeheueren Material, das aus den tertiären 
Lagen ausschießlich Südamerikas zutage gefördert wurde, nur äußerst kurz 
und oberflächlich sein kann. 



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VIII. Orduung: Xcnarthra. 



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Xenarthra, Vorgeschichte. 



4HÖ 



In vorstehender Tabelle habe ich diese hikanodonten Xenarthra in 
4 Hauptgruppen zerlegt und jederseits verschiedene Charaktere hervor- 
gehoben, wodurch sie sich in ungleiche Gruppen vereinigen lassen. Da- 
durch geht einmal der engere Zusammenhang der Dasvpodidae und Pelte- 
philidae, sowie der in manchen Punkten primitive Charakter der letzteren 
hervor. 

Die +Peltephilidae mit dem repräsentativen (ienus +Peltephilus 
Amegb. sind nur aus den Santa-Cruz-Lagen Patagoniens und nach Ameghino 
auch aus der Kreide bekannt. Ihr primitiver Charakter erhellt sofort aus 
dem kompleten (jebiß und aus der Form des Humerus und seinem ovoiden 
Condvlus radialis, so daß er von Ameghino als einem den Monotremen 
zuzurechnenden +( ienus Adiastaltits (habilis Amegh.) angehörig be- 
schrieben wurde. Sollte sich seine Angabe bestätigen, daß der Unter- 
kiefer mit einem sonst bei Säugetieren fehlenden Knochen des Jochbogens 
artikuliere, so wäre dies in V erbindung mit der Lage des Condvlus des 
Unterkiefers unterhalb des Niveaus der Zahnreihe ein weiterer, einzig da- 
stehender primitiver Charakter. Nach Ameghino soll Peltephilus ferox 
auch Horner getragen haben (Fig. 351). Auch finden sich andere Merk- 
male von Spezialisierung. 



Fig. :t.->:i. IV1- 

ti'philiifl ferox, 
nach Ameghino, 

, nat. Cr. A' 
Knoehenplatten ; 
h mit hornförmi- 
grr Abänderung; 
.v S|uamoaam; 
/ Processus /y- 
gomaticii*; /Ju- 
gale: </ Knochen- 
s-t tick, nach Arno- 
ghinos Deutung, 
<las (Juadratum. 

im ( 'oikIvIhk 
mandibulac; 

/ Tjrmpanicym. 




Unter den fossilen Dasifodidae kommen aus jüngsten und pleisto- 
cänen Lagen nächste Verwandte, selbst Vertreter heutiger Arten, vor. 
Heutige (ienera treten auch bereits in älteren Lagen auf. teilweise von 
größerein Körpermaß, wie +TATU8IA grandis, +Eutatus seguini (ler- 
vais bereits aus dem Santa-Cruz. 

Als Unterfamilie hat man von den Dasvpodidae die H'hlamydo- 
thekinae abgetrennt, da das (Ienus +Chlamydotherium sich dadurch 
auszeichnet, daß auf die 4 subevlindrischen frontalen Zähne T» folgen, die 
zweilappig sind und an die Zähne der (ilvptodonten erinnern. 

Erwähnenswert ist ferner, tlaß +Stegotherium Amegh. sich neuer- 
dings als ein Dasvpodidae herausgestellt hat, mit >ehr verlängerten und 
verschmälerten Kiefern, griffeiförmigen Unterkieferhälften und rudimen- 
tärer Pezahnung. +Stegotherium tesselatum Amegh. ist danach syno- 

Weber, SJtnitftion». 30 



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1 



4(;«i VIII. Ordnung: Xennrthra. 

nvm mit. +Seotacops simplex Amegh.. der in die Votfahrenreihe der 
Myrmecophagidac gebracht wurde. 

Aus unserer Tabelle II geht weiter hervor, daü die +Pr(ipalaeoho- 
plopiiokidae Charaktere gemein haben mit den bisher behandelten Fa- 
milien, zahlreichere aber mit den (ilyptodontidae. Dies bringt uns auf 
den auffälligsten Unterschied des Hautpanzers letzterer gegenüber den 
Dasypodidae. Hei MJlyptodontidae bildet der Rückenpanzer einen hoch- 
gewölbten, unbeweglichen Carapax. in den der Hals teilweise zurückgezogen 




Fig. Olyptodon anper, ' |; nat. (ir.. ruh verschiedenen Figuren Kur- 

meister.« zuHanimenKc* tollt. A' Kopfschild; .v Schwaiizpauzer. Kumpfpanzcr im 
l'inriii, mir einige Reiben (A'j der Panzerplatten sind dargestellt. Insoweit das Skelet 
innerhalb des Panzer» liegt, sind mir seine Konturen angedeutet. Sie machen bereit* 
die VerM-hintl/.ung der thorakalen, lucnbalen und sakralen Wirbel deutlich. 



werden konnte «Fig. AA~>). und der l'rsache wurde der obengenannten Ver- 
wachsungen der Thorakal- und Lumhalwirhel. Kr setzt sich aus vier- bis 
mehreckigen, festverbundenen Knochenschuppen von verschiedener Zeichnung 
zusammen. Hei den Dasypodidae hat er wenigstens, A bewegliche tiürtel. die in 
seiner .Mitte gelegen, aus je einer Reihe 4 eckiger Knochensehuppen. welche 
den Vorderrand des folgenden (iürtels mehr oder weniger bedecken, bestehen. 
Was ist der primitive, was der abgeleitete Zustand/ Die eine Möglichkeit ist 
diese: die Haut bildete Verknöcherungen als Erbstück von niedrigen Vor- 
fahren, unter gleichfalls ererbten Horiischuppcn. welche ersteren entsprachen. 
Dieselben waren auf der RückenHüche des Rumpfes in Reihen angeordnet, 
wie dies Chlamvdophorus retusus Hurm. noch heute aufweist. Verschmel- 
zung derselben trat ein. wodurch ein Schulter- und Heckenschild entstand. 
Dem (Irade der Verschmelzung entsprach umgekehrt die Zahl der (iürtel, 
die sich erhielt. Höher war und blieb sie bei primitiveren Arten (Chla- 
mydotherium zahlreich. Kntatus AA. von denen die letzten 12- 13 An- 
deutung von Verschmelzunu aufweisen. Priodontes VA. Xenurus 12 \A. 
Tatusia {♦—10). während sie geringer wird bei weniger primitiven Arten 
und bis auf A sinken kann Tolvpeuto). Das Maximum der Verschmelzung 



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Xcnarthn, Vofgv«chichtA 



4»;: 




Kip. :».">j. (Jlyptodon nach Burmoiatcr. 



hatte hei (ilyptodontia statt. +Proi > alaeoh()I , i.oi , houis zeigt den Weg. 
Die ursprünglich rhombischen, einander überdeckenden Schuppen fügen 
sich nebeneinander und verschmelzen, dabei verliert der laterale Rand 
des Rückenschildes seinen gezahnten Charakter, entsprechend den Quer- 
reinen der Platten. Letzteres Merkmal besitzt Propalneohoplophorus DOCH, 
ebenso noch quadratische Form 
und ITeberdeckung der Schuppen 
im lateralen Teil dreier Schuppen- 
reihen in der mittleren Partie 
des Panzers. 

Diese Auffassung scheint 
mir die annehmlichste. Sie ist 
da> (iegenteil einer anderen, der 
zufolge der < llyptodonpanzer der 
ursprüngliche wäre, von dem 
sich der der Dasypodidae her- 
leitete. Danach müßte man an- 
nehmen, dati die (ilyptodontia 
ihren Panzer sich erwarben und 
unter seinem F.inHuß die be- 
deutende rmänderung ihrer 
Wirbelsäule erfuhren. Aus ihnen 
entstanden Formen, die dann 
wieder einen teilweise beweg- 
lichen Panzer erwarben, und 
ihre Wirbelsäule in den normalen 
Zustand zurückführten. An und für sich eine schwierige Vorstellung, 
widersetzt sich ihr. ilatt der älteste bekannte gepanzerte Xenarthre: 
^Peltephihis einen aus (iflrteln bestehenden Panzer besatt. Für mich sind 
die ( ilvptodoutidae nicht die Vorfahren der Dasypodidae in weitem Sinne, 
sie sind vielmehr ein Seitenzweig derselben, der so früh sich abzweigte, 
dab er die der Stammform der Xenarthra zugrunde liegende Neigung der 
Ausbildung eines absteigenden Fortsatzes am Jochbogen einzig unter Hica- 
nodonta zur Rntwickelung bringen konnte. So erklären sich Unterschiede 
im (iebiß. Die einfachen Zähne, ursprünglich Wechsel/ahne der Dasy- 
podidae. erfuhren bei ■ Chlauydotherivm. mehr noch bei ^Propalaeoho- 
PLOPHORC8 sekundäre Veränderung, indem die hinteren lange wurzellose 
Prismen mit Längsfurchen wurden, welche Zahnform die ausschließliche 
der (ilvptodoutidae wurde. Der in der Mitte des Femurschaftes gelegene 
Trochanter fertius der Dasypodidae und Propalaeohoplophoridae. liegt bei 
( ilvptodoutidae ganz distal : die ursprünglich unguikulaten Nägel nehmen nur 
bei «ilvptodoutidae einen mehr uugulateu Charakter an u. d. in. 

Die an Schildkröten erinnernden (ilvptodoutidae hatten ihre Blütezeit 
im Pleistocän. so dati sie sich von Südamerika aus mit spärlichen Aus- 
läufern i(tlyptodon) bis Texas und Florida ausbreiteten und bis in die 
diluviale Zeit erhielten. Ihr erstes Auftreten verlegt Atneghino bis ins 
Kocän. Die zahlreichen Arten von KvLYPTODOR Owen, die bis 2 in er- 
reichen konnten, kennzeichnen sich durch einen kurzen, von Knochenringen 
umgebenen Schwanzpanzer. Das größte Körpermaß erreichte +DOBDI- 
CURUfl Rurin., der ebenso wie ! HOPLOPHORU8 I.und. + Lomaimiori-s 
Ainegh. u. a. nur im proximalen Teil des langen Schwanzes bewegliche 

30, 



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468 



VIII. Ordnung: Xenarthra. 



Knochenringe hat. distal aber zu einer Röhre verschmolzene Knochen- 
platten, neben Unterschieden in den Panzerplatten u. s. w. 

Die Betrachtung der südamerikanischen Fossilen aus der Abteilung 
der Xenarthra führte uns zu der Ansicht, daß dieselben gemeinsamen 
Vorfahren entstammen, die frühestens in der Kreidezeit lebten und ihr 
Schöpfungszentrum in Südamerika hatten. 




Fifr. 35C>. Unterkiefer von Calamodon eimplex, narh Wortinan. tingef. *\ naL Größe. 

Demgegenüber muß hervorgehoben werden, daß J. L. Wortman in 
einer wichtigen Arbeit darlegt, daß die Venera +Conoryctes Cope und 
+OXYCHODECTE8 Cope, die er als +Conoryctidae vereinigt, sowie die 
Genera +Hemiganus Cope, +Psittacotherium Cope, +Calamodon Cope 
und -tStylinodon Marsh, die er als -""Stylinodontidae vereinigt, nicht 
wie frühere Autoren wollten — den ^Tillodontia, +Taenodonta. oder 
teilweise den +Creodonta zuzurechnen, sondern als +(Janodonta zusammen- 
zufassen sind. Er betrachtet diese Gaoodonta, die bisher ausschließlich auf 
Nordamerika beschrankt sind, wo sie im Anfang des Tertiär (Puerco'i auf- 




Fig. :557. Calamodon simples, '/., nach Wortman. Linker Unterkiefer. 

treten, nicht allein als eine Unterordnung der Edentata. welchen Namen er 
aber allein auf die Xenarthra anwendet, sondern auch als die Stammformen 
dieser. Die (Janodonta sind in ihren ältesten Formen charakterisiert durch 
mchrwurzeligc, schmelzkronigc Zähne, die in beiden Kiefern als I C P und 
M auftreten. Letztere sind trituberkular. werden aber bald abgeschliffen, 
so daß das Dentin bloßliegt. Im Verlaufe der historischen Kntwickelung 
werden die Zähne hypsodont. wurzellos; während der Schmelz nur noch 
in vertikalen Rändern auftritt iTaeniodonta Cope). Der älteste Stvlino- 
dontidc: ^Hemiüanus Cope hat I ° ; . ; t . C\ groß. P , . , ^ , M , ; 3 . 
Die Incisivi haben nur an der Vorderseite Schmelz und geschlossene 



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Xrnarthra. Vorjicsrhu-hte. 



4W 



Wurzeln. So verhalten sich auch die Canini. vermutlich sind sie aber in 
der Jugend rundum mit Schmelz bedeckt, der dann aber jedenfalls hinten 
dünn ist. +Psittacotherium, ein darauffolgendes (lentis (oberes Puerco) 
liat I» C{, P;;^^, M',; Obere I mit lange dauerndem Wuchs, 
aber mit Wurzeln, meißeiförmig abgeschliffen wie Nagezähne, da Schmelz 
nur vorn auftritt. Untere I kleiner, anfänglich auch hinten mit dünner 
Schmclzlage, gleichfalls durch Abschleifen meißeiförmig. Diese zwei Genera 
erläutern bereits die Charakterzüge der (ianodonta: die Neigung nämlich, 
die I zu verlieren, die geringe Entwicklung, endlich den Verlust des 




Fig. 358. HeraigaJius otariidens Vope, 1 , ; nach Wortman. 

Schmelzes, die Ausbildung von Hypsodontie. Neben diesen Merkmalen, 
die sie mit Xenarthra gemein haben, zählt Wortman weitere auf. welche 
die Stylinodontidae in die engste Beziehung zu den (iravigrada bringen 
und auf Blutsverwandtschaft deuten sollen. 

Er schließt daher, dafi alle südamerikanischen Xenarthra von nord- 
amerikanischen (ianodonta abstammen, da letztere älter sind, als die wieder- 
holt obengenannte Santa-Cruz-Epoehe, die Wortman dem Oligocän Nord- 
amerikas parallelisiert. In dieser treten Xenarthra plötzlich ohne Vorläufer 
und in großer Zahl und Verschiedenheit auf, was auf eine Einwanderung 
von Norden her deutet. 

Gegenüber dieser ingeniösen Darlegung, die viel Bestechendes hat. 
ist hervorzuheben, daß wir jetzt wissen, daß bereits in Lagen (Pyrotherium- 
lage von Ameghino z. B.), die älter sind, als die Santa-Cruz-Epoche, die 
also wenigstens in das Eocän fallen müssen. Xenarthra in Argentinien 
und Patagonien auftreten, somit gleichalterig mit den (ianodonta. Aller- 
dings zeigen letztere bei ihrem ersten Auftreten im unteren Puerco bereits 
so viel Verschiedenheit, daß der gemeinschaftliche Vorfahre bereits weit 
ins Mesozoicum zu verlegen ist. Weitere Betrachtungen auch dorthin zu 
verlegen, würde uns zu sehr in das Gebiet der bloßen Vermutungen führen. 

Vielleicht von geringerer Bedeutung ist. daß die Verbindung der 
Lendenwirbel der (ianodonta nomarthral ist, während kein Grund vorliegt, 
anzunehmen, daß Wiese Eigenschaft, die allen Xenarthra zukommt, deren bc- 



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47t» 



IX Ürtlmnifr: Rixlenlia. 



treffende Wirbel wir kennen, erst im Santa-Cruz auftrat. Wortman meint 
aber, daß starke, nach hinten vorspringende Anapophysen von Psittaco- 
therium leicht den Ursprung abgeben konnten /.ur xenarthralen Oelenkung 
der Xenarthra. 

Unzweifelhaft ist das Problem der Phylogenese der Xenarthra durch 
Wortman wesentlich gefördert, da seine (ianodonta jedenfalls in intimer 
Beziehung zu ihnen stehen. 



IX. Ordnung: Rodentia. 

Die gut umschriebene Ordnung der Nagetiere umfaßt mehr als ein 
Drittel der heutigen Landsaugetiere. Sie haben eine kosmopolitische Ver- 
breitung bis zu den Polen und dem vereisten Hochgebirge: sie bewohnen 
die Wälder. Wüsten. Ebenen und ticbirge: manche führen eine amphibio- 
tische Lebensweise, andere leben unterirdisch in Erdlöchern oder nach 
Art eines Maulwurfs: wieder andere sind Baumbewohner. Vielseitig hat 
sich der Körper an diese verschiedene Lebensweise angepaßt, und so gibt 
es unter ihnen kletternde, grabende, schwimmende, fliegende oder auf den 
Hinterbeinen springend sich fortbewegende Formen. Trotzdem gehen so 
ausgesprochene gemeinsame Züge durch alle Formen hindurch, daß niemals 
Zweifel an ihrer Zugehörigkeit zu der in mancher Hinsicht altertümlichen 
Ordnung der Nager bestehen wird. 

Ursprünglichen Charakter hat zunächst die Hautdecke bewahrt, in 
dem sehr häutigen Auftreten von Kesten des Schuppenkleides, namentlich 
auf dem Schwänze, ferner an den Olicdmaßcn. Auf dem Schwänze können 
sich die Schuppen zu Schuppenringeii vereinigen, hinter denen die Haare 
hervortrete»). Ausnahmsweise rinden sich auch noch letzte Andeutungen 
auf dem Rumpfe. Resondere tlröße erlangen die Schuppen auf dem 
platten Schwänze vom Biber, auf «lein runden von Myopotamus. bei 
Anomalurus au der ventralen Wurzel des Schwanzes, der im übrigen nur 
mit kleinen, unter den Haaren verborgenen Schuppen bedeckt ist (Fig. 4 
p. 7). Sonst tritt hei guter Ausbildung der Schuppen die Behaarung 
zurück, was Anlaß gibt zu den sog. nackten Schwänzen vieler Nagetiere. 
Hinter den Schuppen stehen die Haare meist zu dreien, seltener findet 
sich nur eins, noch seltener wird ihre Zahl größer. Aber auch dort, wo 
das Sehuppenkleid zurücktrat, zeigt die Anordnung der Haare, daß sie die 
frühere Beeinflussung durch dasselbe noch zur Schau trägt. Oruppen- 
stellung der Haare ist daher ganz allgemein. Ks handelt sich hierbei um 
(iruppen von drei oder mehr Haaren (Caviini. Hystricini. Myoxus etc.). 
Auch falsche Dipodidae z.H.) sowie echte Castor. (Jeorhychusi Bündel 
kommen vor |de Meijere], 

Das Haarkleid ist hei den einen seidenartig fein, z. B. Lepus und 
Chinchilla, bei anderen mit Borsten untermengt, die in runde (Hystricidae etc. i 
oder platte Stacheln (Platacanthomys, Kchinomys, Loncheres, Carterodon. 
übergehen. Letztere bilden Uebergänge zu platten Haaren, l'ebcrhaupt 
ist der Unterschied zwischen Haaren und Stacheln in Hauptsache ein 
quantitativer; so wird es begreiflich, daß bei Erethizon und Sphingurus 
insoweit sie in Kiimaten leben mit jahreszeitlichem Teinperaturwcchsel. 
das wärmere Haarkleid im Winter zunimmt, im Sommer dagegen «las 



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Rodeiilia. KorjMTl.au. 



471 



Stachelkleid. Nur bei Heterocephalus ficht «las Haarkleid so .sehr zunick, 
duti das unterirdisch lelicndc Tier fast nackt ist. Mit der Lebensweise 
im Wasser verbindet, wenigstens verstärkt sich die Einrichtung des Haar- 
kleides, daß auf dem Rumpfe /wischen den feineren Haaren, längere, 
dickere als ..Grannenhaare" auftreten. Sie halten eine Luftlage beim Tauchen 
fest und halten damit den mehr oder weniger wolligen Pelz von Myopo- 
tamus. Hydromys, Hypudaeus, Castor, Habrothrix. Fiber trocken. Haare 
können durch Bewimperung der Zehen, durch Ausbildung einer Haarbürste 
am Futirande, z. Ii. bei Fiber, Habrothrix u. s. w.. den Futt zu einem 
SchwimmfuB machen. Ausgiebiger geschieht dies durch Schwimmhäute. 
Unvollständig sind diese bei Fiber, vollständig bei Biber. Hydromys. Myo- 
potamus. 

Zweizeilige Behaarung des Schwanzes mag eine Rolle spielen bei 
baumbewohnenden Magern, die weite Sprünge wagen. Für solche sind 
verschiedene Nager mit Flughäuten ausgestattet, die als Fallschirme wirken. 
Dieses l'atagium ist ein einfaches Plagiopatagium bei Sciuropterus : bei 
Auomaluriis und Zenkerella reicht es bis an die Handwurzel, hinten sogar 
bis an die Zehen; bei Pteromys gesellt sich dazu ein Propatagium vom 
Unterkiefer zum Arme und bei einzelnen eine Andeutung eines Uropata- 
gium, das also zum Schwanz zieht. 

Tuhulöse Drüsen scheinen der Haut der Rodentia als Regel zu fehlen, 
aeinöse dagegen kommen allgemein den Haarbälgen zu, auch denen, die 
Stacheln tragen. Konglobierte Hautdrüsen treten vielfach als Analdrüsen 
auf. Ihnen gehören die großen Drüsensäcke von Fiber zibethicus und 
die Oelsäcke des Bibers an. Daneben erscheinen häufig paarige Drüsen, 
die beim Weibchen in das Praeputium clitoridis. oder neben der Clitoris. 
beim Männchen zur Seite des Penis ausmünden < Fig. 'MX. 'M l .\t. Von diesen 
Präputiahlrüsen sind namentlich die Bibergeilsäcke oder Castoreumdrüsen 
des Bibers bekannt. An anderen Körjyerstellen treten nur ausnahmsweise 
Drüsenanhäufungen auf: so bei Lemrnus am Ohre, beim Murmeltier in der 
Wangengegend |Tiedemann|. 

Die Milchdrüsen münden bald durch pektoralc. bald durch abdo- 
minale Zitzen aus: es können auch wie bei Leporiden '2 pektoralc und 
.•> abdominale auftreten. Ausnahmsweise 
hat Verlagerung statt, so bei Capromys auf 
den Oberschenkel: die vier Paare bei Myo- 
potamus hoch auf die Seite des Rumpfes, des- 
gleichen bei den Octodontinae: bei Erethizon 
oberhalb «ler Achselhöhle. Die Zitzenzahl 
scli wankt von 2 beim Meerschweinchen bis 
14 bei Dasyproeta, seilet 1* bei Nesokia. 
was teilweise der Zahl der Jungen ent- 
spricht, die bei Nagern eine sehr hohe 
werden kann. 

Die Nagelphalangen der nieist penta- 
daktylcn Extremitäten sind mit Nägeln be- 
kleidet in Form gebogener Krallen, die bei 
grabenden Formen große Srharrkrallen werden können, bei den grofien 
süd-amerikanischen Nagern zu den Familien der Dasyproctinae. Dinomyinae 
und Caviinae gehörig, einigermaßen Hufform annehmen, was früher Anlali 
gab sie als Subungulata zusammenzufassen. Erwähnung verdient, daß 




Fig. Linke Hand 

drei Individuen von Dicrostonyx. 
nach Entfernunp der Hann- zur 
Demonstration der Zunahme der 
Krallen und Krallen-ohlen während 
de* Winters; nach G.S.Miller. 



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472 



IX. Ordnung: Kodcittia. 



nach Miller bei Dicrostonvx die Krallen und Krallensohlen während des 
Linters im Ausmaß auffallend zunehmen (Fig. .'tö'J). Eine gewisse syste- 
matische Bedeutung haben die Sohlenballen, die gewöhnlich zu fünfen als 
nackte Erhabenheiten auf der Handfläche erscheinen, von denen die drei 
vorderen an der Basis der Finger liegen; auf der Fußsohle vier an der 
Basis der Zehen und zwei hintere unter dem Mittelfuö. 

Am Schädel (vergl. Fig. 37, mit niedrigem Oehirnteil, beteiligt 
sich das fast vertikale Supraoceipitale nur zum geringen Teil an der dor- 
salen Ueberdachung der kleinen Hirnhöhle. Bei zahlreichen Simplieidentata 
sendet es einen Processus lateralis seitwärts aus, der umfangreich werden 
kann und bald «lern Vorderrande des Exoccipitale anliegt, bald von diesem 
getrennt mit dem Mastoid in Verbindung tritt. Entsprechend der Lage 
des großen Bulbus olfactorius, der nur unbedeutend ausgebildeten Oroß- 
hirnhemisphären und des völlig unbedeckten Kleinhirns, in einer Flucht 
hintereinander: ist die Schädelhöhle deutlich in eine Fossa olfactoria. cere- 
bralis und cerebellaris geschieden, letztere durch das fast vertikale Tento- 
rium Fig. 3<5;. Wegen ihres geringen Umfanges tritt die Beteiligung der 
Parictalia am Schädeldach zurück. I läufig tritt ein deutliches Interparietale 

auf. Die Frontalia 
sind groß, haben aber 
nur bei I^eporiden 
und Sciuriden einen 
großen Processus 
postorbitalis. sonst ist 
er höchstens ange- 
deutet. Die großen 

Fig. 300. Schädel von Bathyergus maritimus v. d. Seit«-. Nasalia, die Z. B. bei 
/ Frontale; ß Foranien infraorbitale; / Interniaxillare; i In- MicrotUS (Aivicola) 
efoivu«; J Jugale; / Lacrvmale; m Maxillare; m Mastoid; U ml Mus miuutlls 
n Natale; oö Oeffnung des Meatus auditivu» exterou»; / vprwarWn ilohnon 
Parietale; // Processus lateralis des Supraoceipitale; pl ineben . ,T' ' 
//) Palatinum; // Pterygoid; s SqsamOMUn; M Supraoeci- sicn UäUtlg weit DÄCII 
pitale; / Tynipanicum. hinten aus: stets sehr 

weit nach vorn, so 

daß die äußeren Nasenlöcher stets endständig sind, zuweilen selbst schräg nach 
unten sehen. An sie schließen sich die Intermaxillaria* deren Ausdehnung 
den großen Nagezähnen entspricht. Stets reichen die Intcrmaxillaria bis an 
die Frontalia. Die Orbita ist in weiter Kommunikation mit der Temporal- 
grube: denn untere Processus postorbitales kommen nicht vor. In der oberen 
vorderen Ecke der Orbita liegt das Lacrymale, dessen Tränenloch orbital 
ist. Ein Jochbogcn und demnach auch ein Jugale fehlt nie. Beide, ebenso 
wie das Maxillare. verhalten sich aber äußerst verschieden. Wie im (iebiß, 
so hat auch gerade in diesen Schädelteilen die Nagefunktion große Ver- 
änderungen hervorgerufen. Die Nagefunktion fordert starke Kaumuskeln, 
namentlich aber einen starken Masseter. Zur ausgiebigen Bewegung des 
Unterkiefers genügte diesem der Ursprung von der Schädelwand und von 
dem Jochbogen bei fortgesetzter Spezialisierung nicht mehr. Er erhielt 
eine dritte Portion von Maxillare. die durch «las Foramen infraorbitale 
hindurch zum Unterkiefer zieht. Das sonst nur als tiefäß- und Nervcnloch 
dienende und dementsprechend kleine Foranien infraorbitale weitete sich 
hierdurch aus zu einem Canalis infraorhitalis und kann einen Umfang er- 
langen, der dem der Orbita gleich kommt. Auch der Ansatz des Ma*seter 




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Kndcntia, Körjtrrbau. 



47.; 



längs dem Unterkiefer erhält weitere Ausdehnung nach vorn und rief hier 
starke Muskelleisten hervor, ebenso wie auch der Masseterursprung deut- 
liche Spuren an den Knochen zurückläßt. Hierdurch ist ein systematisch 
verwertbares Hülfsmittel gegeben, das auch phylogenetische Bedeutung 
hat, da es einigermaßen den Weg der Spezialisierung der Nagefunktion 
anzeigt, wie H. Winge zuerst deutlich ins Licht gestellt hat. Durch den 
verschiedenen l'mfang des Foramen infraorbitale wird auch die vordere 
Umgrenzung der Orbita, wird der Jochbogen ein sehr verschiedener, des- 
gleichen das Jugale. Haid ist dasselbe als kleiner Knochen eingeklemmt 
zwischen «lern starken Processus zygomaticus des Maxillarc und Squamosum, 
bald reicht es, an der Umgrenzung der Orbita sich beteiligend, bis an 
«las Lacrymale. bald dehnt es sich nach hinten aus und beteiligt sich an 
der Bildung der ( ielenkfläche für den Unterkiefer. Bei Coelogenys endlich 
dehnt es sich vertikal nach abwärts aus und bildet eine von außen durch 
eine rauhe, grubige Knochenlamelle geschlossene Blase, in der die Backen- 
tasche Platz findet (Fig. 41). Nicht geringere Verschiedenheit bietet das 
S(|ainnsum dar. Die Form seiner (ielenkfläche für das Kiefergelenk gestattet 
stets ein Hin- und Hergleiten des Unterkiefers von vorn nach hinten, 
entsprechend der Nagefunktion. Die Ausgiebigkeit dieser Vorwärts- und 
Rückwärtsbewegung ist aber eine sehr verschiedene, ihr entspricht einiger- 
maßen die Länge der (ielenkfläche und ihre seitliche Beschränkung durch 




Fig. 381. Schädel von Pedctes caffer v. d. Seito u. seine rechte Hinterhälfte 
von oben, a Alisphenoid; f Frontale; / Intermaxillare; Interparietale; J Jugale; 
/ Lacrymale; m Maxillare; ms Mastoid; n Nasale; o Orbitosphenoid; p Parietale; 
// Palatinnm; Processus paroccipitalis; pt Pterygoid; s Squamosum; so Supraocci- 
pitalc; sp Fortsatz de* SqnmmOMtm ; / Tympanicurii. 



einen inneren und äußeren vorspringenden Kamm (Dasyprocta, Coelo- 
genys etc.» (Fig. ;")(». I, p. 7^1. Ist seitliche Exkursion gewünscht, so ent- 
spricht dem größere Breite der (ielenkfläche (Bathyergus, Biber z. B.). 
Einfach, ohne besondere Begrenzung und klein ist sie bei Eichhörnchen. 
Mäusen etc. Bei den Hasen endlich ist sie oval und von vorn her be- 
grenzt. Stets aber ist Gleitbewegung des Unterkiefers möglich, am ge- 
ringsten aber bei den Duplicidentata, wo die seitliche Exkursion ausgiebig ist. 

Die Pars mastoidea liegt ausgedehnt zutage, eingefaßt zwischen Ex- 
und Supraoeeipifale und Squamosum. Sie kann in verschiedenem Grade 
zurücktreten, aber auch blasig sich ausdehnen, so daß sie bis auf die 
Dorsalrläche des Schädels tritt und an Interparietale und Parietale grenzt 
(Pedetes. Dipus. Chinchilla). Diese Blase oder mastoide Bulla (Fig. .'JOOf. die 



474 



IX. Ordnung: Redentin. 



auch l>ei (Jeomyidae darunter Heteromys und Verwandte sowie — merkwürdig 
genug — auch bereits beim eoeänen Protoptychus Scott auftritt und aus- 
nahmsweise mit Knochenblättern sich füllen kann ((ieomyinae nach Merriam). 
ist in Verbindung mit der häutig zelligen Bulla auditiva, zu der das Tym- 
panicum sich aufbläht. Letzteres bildet außerdem meist einen knöchernen 
üufcieren (iehörgang, der dorsalwärts aufsteigen kann. Das Tympanicum 
verschmilzt meist mit dem Petrosum, nicht mit dem S(|uamosum. Ein 
Processus postglenoideus fehlt, Proc. posttympanieus und paroccipitalis sind 
in verschiedenem Grade ausgebildet. Hinter den Nagezähnen liegen «lie 
Foramina incisiva. zuweilen in (lestalt langer Spalten. Zwischen den Nage- 
und Parkenzähnen findet sich ein ausgedehntes Diastein ohne Alveolarrand. 
vielmehr seitlich abgerundet. Der harte Gaumen ist auffallend eng. zu- 
weilen Bathycrgus z. B.) so sehr, daß die Baekcnzalmreihcn kaum getrennt 
sind. Dort, wo er breiter ist, verkürzt ihn häutig ein tiefer Ausschnitt zu 
einer schmalen Brücke zwischen den Molaren (Hasen. Pedctesy. 

Abgesehen von seiner Beteiligung an der Bildung eines weiten 
( analis infraorbitalis. fällt am Maxillare auf, daü es meist das Pulpaende 

des Nagezahnes aufnimmt, ausnahmsweise, z. B. 
Hydrochoerus, mit seinem Alveolarteil so weit 
nach hinten reicht. <lat» es an das Sqamosum 
grenzt, meist aber durch Zwischenkunft des Pala- 
tinum an das Pterygoid. Nur selten (Pexletes 
z. B.) ist eine eigentliche Fossa pterygoidea (ecto- 
pterygoidea) ausgebildet; meist mutt der Mus- 
culus pterygoideus internus für seinen Ursprung 
Platz suchen an dem gestreckten Pterygoid, 
dessen Hamuli bis an die Bulla ossea sich aus- 
dehnen können iSciurus. Bathvergus z. B.). Ein 
Alisphenoidkanal. der teilweise unter dem Pro- 
cessus pterygoideus durchläuft, kommt vor; 
daneben bei zahlreichen Simplicidentata - alle 
Hystricidae aber ausgenommen — ein Canalis 
transversus. der «las Basisphenoid «pier durchsetzt 



Fig. 362. VentralaiiMii'ht de« S<-hädel* von liiithy- 
ergus maritima*. R Bmbpfaenoid; HO ßa»ioccipitale; 
ßt Bulla lympani; fg Foi**a glenoidea; / Jricisiviis; 
/ Iiuorniaxiilure; J Jugale; >» Maxillare; fl Palatinum; 
T Tympanimin. 




und ein Venenkanal zu sein scheint |Tullberg|. Das Orbitosphenoi<l ist 
nur bei Duplicidentata groti, so daß es sich zwischen Alisphenoid und 
Frontale begibt, bei den Simplicidentata ist es stets zu klein, um diese 
beiden Knochen zu trennen. Es umschließt das Foramen opticum. das 
bei Leporiden. Chinchilla und einigermaßen bei Pedetes mit seinem Gegen- 
über verschmilzt. 

Nach Paulli schließt sich das Siebbein in seinem Bau sehr eng an 
das der Insectivora an: es finden sich vier Endoturbinalia mit fünf Riech- 
wfilsten. nur bei Hystrix soweit bekannt betragen diese Zahlen fünf 
resp. sechs. Auffallend groß ist das Nasoturbinale: das Maxilloturbinale 
häutig gefaltet. Mit subterraner Lebensweise dürfte Rückbildung des 



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Kodciitio, Körperbau. 



peripheren Geruchsorgans statthaben können, wie die enge äußere und 
innere Oeffnung der verengerten Xasenkanäle bei Bathyergus z. B. er- 
warten lassen. Falls Pneumatizität des Schädels überhaupt vorkommt, so 
beschränkt sie sich meist auf den Sinus maxillaris. Von hier aus hat 
Pneumatisierung des Xasoturhinale und vielfach des Frontale und kiery- 
male statt, namentlich bei größeren Formen, wie Hydrochocrus, Uoelogenys 
und Hystrix. Hei letzterer Form gibt sie Anlaß zur abgerundeten Auf- 
treibung der Stirn. 

Oer Unterkiefer zeigt verschiedene Besonderheiten, die im Zusammen- 
hang stehen mit der Ausbildung der unteren Incisivi und mit der Ent- 
faltung der eigentümlichen Kaufunktion. Als auffälligste darf die Beweg- 
lichkeit der beiden rnterkieferhälften gegeneinander gelten, die außer bei 
simplicidentaten Nagern nur noch bei Maeropodidae unter den Beuteltieren 
und Sorieidac unter den Insectivora vorkommt. Die Incisivi können ihre 
Alveolen bis zum Condylus ausdehnen, der meist schmal und nach hinten 
verlängert ist, entsprechend der oben beschriebenen Gleitbewegung des Unter- 
kiefers. Seine Höhe ebenso wie die des 
Processus coronoideus ist eine sehr ver- 
schiedene. Das gilt auch für die Form 
des Angulus mandibulac, der stets zu 
einem Processus angularis ausgebildet 
ist. Derselbe geht entweder von der 
Unterfläche der Alveole des Incisivus 
oder, wenn man will, von der Unter- und 
Hinterflächc des Corpus mandibulac aus 
(Sciuromorpha, Mvomorpha lind Lago- 363. Unterkiefer von Saurns 

. . 1 ,. \ a > i von innen. " Processus angularis ; 

morpha m alter Auffassung) oder von ( . l > TOCCMiUK con dylnideu ß; er iw. 

der Außenfläche der Alveole (Hystrico- coronoideus; / Incisivus; />' rinr.iurr 
morpha) (Fig. .'l«">4, 'Mut). Gewöhnlich ist Prämolar; m 1 3 Erster bi* dritter 
seine Selbstständigkeit und Ausdehnung Mo1 *" 8 - 

eine derartige, daß er eine deutliche vordere und hintere Ecke und zwischen 
ihnen häufig eine Grube an der Innenseite zum Ansatz der Musculi ptery- 
goidei hat, während der Masseter an der Außenseite eine Crista masseterica 
hervorrufen kann. Seit langem legt die Systematik Gewicht auf das Ver- 
halten des Processus angularis. Tullberg verteilt denn auch neuerdings 
danach die Simplicidentata in Hystricognathi. die das letztgenannte Verhalten 
des Processus angularis aufweisen, und in Seiurognathi, bei denen der 
erstere Zustand sich findet, wo also der Processus angularis in der Flucht 
des Körpers des Unterkiefers liegt. Seine vordere Ecke ist aber einwärts 
gebogen, im Gegensatz zu den Duplicidentata (Lagomorpha). wo auch dies 
nicht der Fall ist und der Processus angularis durchaus vertikal den 
Unterkiefer fortsetzt. 

Von den Halswirbeln ist hervorzuheben, daß sie bei Dipus mit Aus- 
namc des Atlas verschmelzen, bei Siphneus die f> hintersten. Die gewöhn- 
liche Zahl der Thorako-Luinbalwirbel ist wobei die rippentrageudeu 
Wirbel schwanken zwischen \2 — Ul, und demnach 7 — <> auf ilie Lumhul- 
wirbel kommen. Seltener werden diese Zahlen 14-;-U, 1 ;">-{- ;">. Aus- 
nahmsweise steigen sie auf Hl f- 7 i Capromys i. 17 • * Loncheres i. Be- 
kanntlich zeichnen die Leporiden sich aus durch lange Hypapophysen an 
den Lendenwirbeln. Von den drei, meist vier Sakralwirbeln ist häutig der 
vorderste auffallend breiter und trägt das langgestreckte, nach hinten ge- 




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47C 



IX. Ordnung: Roden tia. 



richtete Becken. Es hat meist eine kurze, von den Schambeinen gebildete 
Symphyse, die nach Owen bei Cavia bei der Geburt sich bedeutend auf- 
lockert, da der Beckenausgang für den durchtretenden Kopf des Fötu> 
sonst zu eng wäre. Wiederholt kommt ein Os acetabuli vor, das mit den» 
Ischium oder Pubis verschmilzt. Zahl und Form der Kaudalwirbel ist so 



verschieden wie nur möglich, je nach dem Gebrauch des Schwanzes. Stark 
und breit sind sie im breiten Biberschwanz, zahlreich im langen Schwanz 
springender Formen, wie Dipus und Pcdctes, wo sie Hämapophysen tragen: 
ferner bei fliegenden Arten. Rudimentär kann der Schwanz bei ausge- 
sprochenen Gräbern werden, aber auch bei Hasen. Cavia etc. 

Am Brustbein treten häufig „epistcroale" Bildungen auf (Fig. 74). Mit 
ihnen kann die Clavicula sich verbinden, die wohl meist vollständig vor- 
handen ist. häutig aber nur unvollständig als kleines, zuweilen erst spät 
verknöcherndes Gebilde in einem Ligament zwischen Brustbein und Schulter- 
blatt (Lepus, Cavia. Hydrochoerus u. s. w.) liegt. Die gewöhnliche Form 
der Scapula ist eine schmale mit langem Acromion und kurzem Coracoid. 

Der Humerus hat ohne jede Regel bei verschiedenen Arten wie 
Sciurus, Cricetus. Hesperomys u. s. w. ein Foramen entepicondyloideuin. 
Radius und Ulna verschmelzen nie. können aber unbeweglich verbunden 
sein. Mit Ausnahme von Bathyergidae, Ctenodoctylidac |Tullberg| und 
I*agomorpha sind Scaphoid und Lunatum verschmolzen und ein freies 
Centrale carpi fehlt nur den Hystricidae und Coelogenys. Antter bei 
Duplicidentata ist stets ein sog. radiales Sesambein vorhanden, auch wenn 
der Daumen zurückgeht auf ein kurzes Gebilde mit kleinem Nagel, was 
meist der Fall ist. Der radiale überzählige Strahl, der sog. Praepollex. 
erreicht zuweilen bedeutende Grotte und trägt bei Pedetes ein nagelartiges 
Gebilde. Aelmliches beobachtet man bei Bathyergus am Pisiforme, das 
aus einem distalen und proximalen Stück besteht [v. Bardeleben |, was 
Forsvth Major auch bei Ctcnomys und einzelnen anderen Nagern beob- 
achtet hat ('s. p. H>4i. 




Fig. 364. Unterkiefer von Batby- 
ergus maritimus. 



Fig. 315Ö. Unterkiefer von Arc- 
tomy« marniota. // Processus angu- 
laris; t r Proc. coronoideus; » Inci*ivu». 



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Iiodcntia, Körperbau. 



477 



Ein Troehanter tertius kann fehlen. Tihia und Fibula sind frei oder 
in verschiedenem (trade, namentlich distal, verschmolzen. Nur bei Dupli- 
eidentata artikuliert die Fibula mit dem Calcaneus. auch fehlt diesen aus- 
nahmsweise ein Tibiale tarsi (tibiales Sesambein), das sonst stets vorhanden 
ist. auch dort, wo der Hallux geschwunden ist. Dieser sog. Praehallux kann 
bedeutende (iröße erreichen und bei Cereolabes ein nagelartiges (iebilde 
tragen | Howes). Es ist aber zu beachten, daß hier zweierlei (iebilde 
auseinanderzuhalten sind: einmal ein Tibiale tarsi, das mit dem Talus 
oder Xavieulare artikuliert und mit letzterem verschmelzen kann, zum 
zweiten ein mehr distal gelegenes Skeletstück, das die Fortsetzung des 
ersteren bildet oder wenn dieses fehlt, mit dem Naviculare oder mit «lern 
Metatarsale I artikuliert und in Beziehung treten kann zur Insertion des 
Musculus tibialis posticus. Seiner Lage wegen heißt es auch Praecunei- 
fonne (s. p. 114). Nicht leicht ist die Entscheidung, womit man es jeweilig 
zu tun habe: daher soll späterhin häutig von „ulnarem Sesambein" ge- 
sprochen werden. Im allgemeinen kommen aber fünf Zehen vor. sämtlich 
mit Krallen versehen. Hei Duplieidentata verschmilzt das Entocuneiforme 
embryonal mit Metatarsale I. so da Ii dieses mit dem Naviculare artikuliert. 

Das gemeinsame Merkmal der Nagetiere liegt in der als Nagen be- 
kannten Kieferbewegung, die eine Reihe von Eigentümlichkeiten in der 
Kaumuskulatur hervorrief, die ihrerseits wieder den Schädel beeinflußte. 
Am geringsten hat dies bei Duplieidentata statt, wo die Incisivi einander 




Fig. 300. I>n«vprocta aguti, Schädel mit den Kaumuskeln. / N anale: -» Inter- 
maxiUmre; j Maxillare; 4 I^crvmale; 5 Jugale; 6 Processus zvgomaticux des Squa- 
moMim; 7 Tympatiieuin ; s Processus paroeripilalia; 9 Frontale; 10 Parietale; // Supra- 
otvipitale; u Squamosum; i.t Mandibula: 14 Die 1 Portionen de« Muse, matter: 
15 Fn-ern diese* Muskels, die durch den l'analis infraorbitalis ziehen. 



genau gegenübergestellt sind und Nagen und Kauen durch einfache 
ginglymischc Bewegung <ler Kiefer statthat: letztere vergesellschaftet 
mit seitlicher Verschiebung des Unterkiefers, etwa wie bei Kuminantia. mit 
nur sehr beschränkter (Weltbewegung nach vorn. Letztere tritt nun in 
verschiedenem Malie bei den Simplicidentata auf. Dies zeigt zunächst 
die Fossa glenoidea und der (ielenkkopf des Unterkiefers: ferner der 
Masseter. Mit Winge nehmen wir an. daß dieser Muskel seinen Ursprung 



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47H 



IX. Ordnung: Rwlrntin. 



längs dem Jochhogcn und Oberkiefer, seinen Ansatz am Unterkiefer unbe- 
hindert nach vorn verschieben konnte, da die Kaufunktion kein weites 
Oeffnen der Kiefer fordert. Hierbei zerlegt er sich in zwei Hauptportionen: 
eine laterale, die vom unteren Ramie des .Jochbogens. zuweilen auch von 
dessen Außenseite, endlich auch von der Vorderseite hauptsächlich zum 
Processus angularis des Unterkiefers zieht. Die mediale Portion entspringt 
von der Innenseitc des .Jochbogens. Sie kann sich mit ihren vorderen 
Fasern durch den Oanalis infraorbitalis oberhalb der Nerven und Gefäße 
auf den Oberkiefer und den hinteren Teil des Zwischenkiefers ausdehnen 
und bildet damit den Musculus mandibulo-maxillaris älterer Autoren. Die 
mediale. Portion kann auch noch aus der Orbita entspringen. Sie zieht 
hauptsächlich zum Körper des Unterkiefers. 

Der von Teutleben entdeckte Muse, transversus mandibular «1er sich 
hinter der Symphyse, im Winkel /.Mischen den beiden Unterkieferhälften 
von Unterrand zu Unterrand quer ausdehnt, kommt — soweit bekannt — 
einzig unter Säugetieren allen Simplicidentata zu |Tullbergl,. ist aber nur 
da gut entwickelt, wo die obengenannte gegenseitige Beweglichkeit der 
Unterkieferhälften besteht. Durch die Kontraktion dieses queren Muskels 
werden die Spitzen der unteren Nagezähne voneinander entfernt. Kr 
gehört als selbständige Portion dem Muse, mylo-hyoideus an. Die Pterv- 
goidei sind gut entwickelt. 

Unten wird sich zeigen, daß die Stellung der Backenzähne in ganz 
besonderer Weise regelnd in die Kaufunktion eingreift. Hier sei nur 
hervorgehoben, daß neben der Gleitbewegung von vorn nach hinten bei 
den Simplicidentata seitliche Verschiebung des Unterkiefers in toto wohl 
meist ausgeschlossen ist. wegen der gegenseitigen I-age der Backenzähne, 
nicht aber seitliche Verschiebung je einer Unterkieferhälfte, dank ihrer Be- 
wegbarkeit. Es hat dabei gewissermaßen Rotation der Unterkieferhälfte in 
beschränkter Weise um ihre Längsachse statt, so daß der Processus angu- 
laris nach auswärts gebogen wird — ..herausgebrochen" wird, nennt es 
Tullberg, der «lies als eine Eigentümlichkeit seiner Seiurognathi betrachtet 
im Gegensatz zu allen übrigen Simplicidentata, die er als Hystricognathi 
zusammenfaßt (vergl. p. 47f>). Bei diesem Modus hat Gleiten der unteren 
Backenzahnreihe auf Wer entsprechenden oberen von außen nach innen statt. 

Das Gehirn hat einen sehr einfachen Bau. indem fast stets die Ober- 
Hache «1er Hemisphären glatt ist. Nur bei vereinzelten, z. B. Biber. Base, 
Arctomys etc.. somit lauter größeren Formen, treten deutliche Furchen auf: 
zunächst eine deutliche Fissura rhinalis. welche vom Pallium der Hemi- 
sphären ein umfangreiches Rhinencephalon abscheidet mit großem Bulbus 
und Tractus olfa«'torius. Ferner ist eine Fissura hippocampi vorhanden, 
allgemein eine Fissura limbica isplenialis). sowie eine der Mantelkante 
parallel verlaufeiule antero-posteriore Fissura longitudinalis. Uebrigens 
sind die Hemisphären so klein, «laß sie das Kleinhirn unbedeckt lassen. 

Daß «las Hirngewicht unter Säugern die niedrigsten Zahlen emnVht. 
z. B. bei «ler Maus mit nur 0.4.-1 g. kann bei solch kleinem Tier mit 
nur '.».;*> g Körpergewicht, nicht verwundern. Die Ratio beider Gewichte 
bleibt mit 1 :4i>. eben wegen «les geringen Körpermaßes, immer noch günstig. 
Dasselbe Moment beeinHußt am-li immer noch «las Verhältnis von Hirn- 
zuin Körpergewicht heim Biber, «las ich wie 1 : f>7"> fand (Hirn ."•;">.*>, 
Körper 1 i » ;">< H > g|: um so mehr fällt auf, daß ein ."»<«> g schwerer Hydro- 
ehoerus ein Mirngewieht von 75 g hatte. 



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Redentin, Körperbau. 



47!> 



Dem Umfang des zentralen Geruchsorgans (Rhinencephalon) ent- 
spriclit die Ausbildung des peripheren; dessen knöchernes Gerüst kam 
schon auf p. 474 zur Sprache. 

Auch das ( iehörorgan ist gut entwickelt. Die Cochlea hat S'/i (Cavla) 
bis f> iCoelogenys) Windungen. DaU das Tvinpanicum stets eine Bulla 
bildet, wurde bereits erwähnt, auch daß an ihrer Vergrößerung «las Mastoid 
sich beteiligen kann durch Aufblähung, die namentlich bei Wüstentieren, 
wie Pcdetcs. Dipus einen außerordentlichen Grad erreichen kann. Das 
Tvinpanicum liefert auch einen verschieden langen, häufig dorsalwärts auf 
steigenden knöchernen äußeren Gehörgang, der durch weitere ring- oder 
halbringförmigc Knochenstückchen verlängert werden kann. An ihn schließt 
sich ein verschieden großes und in verschiedenem Grade bewegbares Ohr 
an. Als Extreme mögen einerseits die langohrigen Hasen genannt werden, 
andererseits Wühler, wie Hathyergus und Spalax. bei denen die Ohrmuschel 
auf einen Hautring reduziert ist. Malleus und Incus verschmelzen bei 
Hystricidae wenigstens im Alter, zuweilen ohne Erhaltung einer Grenze. 
Dort wo dies nicht geschieht, ist der Processus anterior mallei mci>t spitz. 
Der Stapes ist steigbügelartig. Hei unterirdisch lebenden Nagern gehen 
häufig die Augen zurück und liegen bei Spalax als rudimentäre Gebilde 
unter der Haut, aber auch anderwärts kann dies geschehen: häufig 
seheinen die Kaumuskeln durch ihre Ausdehnung reduzierend auf den 
Umfang des Augapfels einzuwirken. 

Die Nagezähne als wesentliches Merkmal des Nagetiergebisses wurden 
bereits oben wiederholt genannt. Es sind die Incisivi, von denen unten 
nur ein Paar vorkommt; dies ist auch oben der Eall bei der Mehrzahl 
der Nager, die danach Simplicidentata genannt werden im Gegensatz zu 
den Duplicidcntata. Bei diesen tritt jederseits hinter dein großen Incisivus 
ein kleiner auf, der gleichfalls wurzellos ist und wie der vordere allseifig 
von Schmelz umgeben wird, das allerdings an der Hinterseite bedeutend 
dünner ist. Nur ganz ausnahmsweise fehlt dieser rudimentäre hintere In- 
cisivus [Nathusius, Howes], Hei den Simplicidentata haben sich die Incisivi 
nicht nur durch die ge- 
ringere Zahl vom ur- 
sprünglichen Zustand 
entfernt.sondernauchda- 
durch, daß sie nur an der 
Vorderseite Schmelz ha- 
ben. Dieser l'eberzug 
wird weniger abgenutzt, 
als die weichere Dentin- 
masse des übrigen Zah- 
nes, wodurch derselbe 
eine scharfe Meiselform 
erhält. Seine Abnutzung 
wird gedeckt durch per- 
manentes Wachstum, er 
ist daher wurzellos, halb- 
kreisförmig gebogen in 
schwacher Spirale. Seine 
lange Pulpa, nament- 




lich wenn schneller Nach- lare. 



Fijr. 867. Vonlerteil des Schädels von t'nstor. Die 
Alveole des Schneidezahne» / ist geöffnet: hinler ihr liegen 
die Backenzähne. / Internmxillare; n Nasnle; m Maxil- 



> i' 



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480 



IX. Ordnung: Rodentia. 



wuchs gefordert wird, lassen den Zahn weit in den Ober- und Unterkiefer lünein 
sich erstrecken. In welchem Maße, erhellt am besten aus Fig. 367 und 368. 

Cope kam paläontologischer Grunde wegen zu dem Schluß, daß der 
untere Nagezahn I, sei; (lies hat embryologischc Untersuchung bestätigt, 
auch ffir den oberen |Adloff). I, kommt nur noch ganz vorübergehend 
zur Anlage als Milchzahn. I*. der obere Nagezahn, hat aber keinen 
Milehvorgänger mehr, nur Woodward hat einen solchen einmal bei Mus 
beobachtet. Ein solcher ist aber fQr den unteren Nagezahn vorhanden. 

Entsprechend der starken Abnutzung der Nagezähne. die Mc Gillavrv 
für ein junges Kaninchen auf 3 mm für 7 Tage bestimmte, hat perma- 
nentes Längenwachstum statt. Dementsprechend ist die Zahnpapillc groß 
und jierisistierend : desgleichen das Schmelzorgan, das den Nagezahn zwar 
vollkommen umhüllt, aber nur an der Vorderseite als solches funktioniert. 
Nur bei den Duplicidentata (Lagomorpha) hat auch an der Hinterseite der 
Nagezähne Ablagerung eines wenn auch nur unbedeutenden Schmelz- 
überzuges statt. Diese einseitige Schmelzablagerung, zusammen mit der 
Form der Alveolen und der Lage der Pulpa, ist Ursache der gekrümmten 
Form der Zähne. Ihre Meisclform ist Folge der gegenseitigen Abnutzung. 
Sistiert diese, so wächst der Nagezahn zu vollständiger spiraliger Kreis- 
form aus, event. in den Schädel hinein. 

Im weiten Zwischenraum zwischen Nagezahn und erstem Backenzahn 
fehlt z. Ii. bei Muriden und Cavia selbst die Zahnleiste, die l»ei Leporiden 
und Schinden noch auftritt [Freund, Sachse]. Bei letzteren kann daher 
noch ein Milchcaninus zur Anlage kommen: bleibende Canini fehlen aber 
durchaus. 

Unterdrückung des Milchgebisses ist eine allgemeine Tendenz der 
Nagetiere, die in verschiedenem Grade sich äußert. Neben totalem Schwunde 
von Milchprämolaren, treten Fälle auf z. Ii. bei Cavia nach Tims" Unter- 
suchung, die ich so deuten möchte, daß erst P, sich bildet, weiterhin aus- 
fällt und durch P s vertreten wird. Hier wird der Eindruck eines Zahn- 
wechsels hervorgerufen, obwohl nur zeitliche Verschiebung statthat funk- 
tioneller Momente wegen, die ich bei den Marsupialia zur Sprache brachte. 
Ist diese Auffassung richtig, so können wir uns der Definition anschließen, 
die AdlotT für die primitivste Form des Wechselgebisses, die wir von 
Simplicidentata (Sciurus- kennen, aufstellt. Sie würde lauten: 

• - s ' M M M 

id, — id, cd pd, pd, pd, ( 1 * ■ 1 ;t 

id^ld— cd - K pd, M| yu M 

Dabei lassen wir wieder in der Mitte, ob die Molaren dem Milch- oder 
dem bleibenden Gebiß angehören. Für letztere Auffassung ist neuer- 
dings namentlich M. F. Woodward und Tims eingetreten. 

Für Duplicendata, wenigstens für das Kaninchen, würde die Formel 

des Milchgebisses lauten !'!' '*' 2 ^|-' '"j* die des bleibenden 

id, — pd., pd, pd, 

P. P P M M^ M.. 
Gebisses - vi ^ nna ' ,n,c "I er ^''l ( ' er Hackenzähne kann 

f a * i Mj M„ M :) 

nach Winge und F. Major bei Lagomvs und Verwandten dadurch eintreten, 
daß allein oben oder auch unten der letzte M ausfallt und damit die 
P P. P M M> 

Formel lautet ; :t 1 1 * \ Im funktionierenden (lebiß der Simpli- 
1 :{ 1 , 31, .M» 



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Rodentia, Körperbau. 



481 



cidentata treffen wir oben höchstens 2. unten 1 Fraemolaren an. die wir 
ol»en den H. und 4.. unten den 4. nennen wollen. In der Mehrzahl der 
Fälle findet sieh aber nur ein Prämolar oben und unten; bei den Muriden 
endlich sind auch diese weggefallen, so daß in dem alsdann fast mono- 
phyodonten (iebiß nur noch ;.| Molaren übrig bleiben. Diese als Regel 
vorkommende Zahl der Molaren kann endlich bei Heteroeephalus philippsi 
und bei Hydromys und Xeromys auf f reduziert werden, so daß das 
ganze (iebiß nur aus 12 Zähnen sich zusammensetzt. 

Die eintretende Reduktion hebt im allgemeinen im Unterkiefer an. 
.so da Li Formeln für die Rackenzähne wie: 5, \, • auftreten, aber nie- 
mals mit der höheren Zahl im Unterkiefer [F. Major]. 

In verschiedenen, bisher besprochenen Punkten verhielt das dupli- 
cidentate (iebiß sich urs])rünglicher. Das gilt auch für die Rackenzahnreihen 
in toto. Deren Abstand ist 
oben größer als unten, auch 
steigt die Kautläche nach innen 
empor. Anders bei Simpli- 

cidentata. Diese weichen 
von allen übrigen Säugern 
— mit Ausnahme von Phas- 
coloinvs dadurch ab, daß 




Fig. 3GH. tmrill de.« 
Schädels von (icomya. zur An- 
deutung der I.age der Zähne. 
Beachtung verdient die verschie- 
dene Ijijre der unteren M gegen- 
über dem Schneidezahn; nach 
V. Railfv. 

die oberen Reihen der Rackenzähne einen geringeren Zwischenraum 
haben, als die unteren. Dies kann so weit gehen, z. R. bei Rathyergus. 
daß die oberen einander fast berühren <s. o. Fig. :W2). Dazu kommt 
zweitens, daß die KauHächen nach außen aufsteigen, d. h. daß sie oben mit 



Kiji. :{til). Kauflache von 
Oherkicferzähncn in der oberen 
und von l'ntorkieferzahnen in der 
unteren Keihe von / Arctomya. 
// +S-iuroide*<. /// oben Thcri- 
domy», unten Trechomvs. II' 
Theridomys lalti. Nach Scblos»cr ; 
zur Krkliirunp: der Triconodoittie 
bei NapTii. f»i Paracomui; wc 
McMiconu*; f>r Protoconu*; />r< 
Protoconulus; mr, Metaeonulu», 
hv Hypoconun; rnterkieferzähne: 
Paraconid; wf rf Metaconid: 
pfi Protoconid: Hy|>oconid: 
r Kntoconid. 



pa tne 




pr<* At/" pr~ pr* Ay* ;~ )t/ , 



den Horizontalen einen nach außen offenen Winkel bilden, unten also um- 
gekehrt. Reides behindert die oben besprochene (ileitbewegung von vorn 
nach hinten nicht, wohl aber seitliche Verschiebung, es sei denn, daß diese 

Weiter. Sün-i'lierr. 



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482 



IX. Ordnung: Kodcntin. 




nur einseitig geschehe unter «1er genannten Rotation (Herausbrechen [Tull- 
bcrg|) des Unterkiefers. 

Der Gleitbewegung entspricht auch die Struktur der Backenzähne. 
Zermahlen von Rtlanzonteilen ist ihre Aufgabe, Sehmelzfaltung wird hierbei 
eine zweckmäliige Hinrichtung sein. Sie findet sich denn auch sehr allgemein 



Fig. 370. I Ol>er<? und 
untere Backcnzahnreihe von 
Arctoinys von der Seite; 
bezüglich der Deutung von 
/»., und p, vergl. den Text. 
II. t Oberkiefer-. / t'nter- 
kieferzuhne von Mvoxus 
niteln von der KauHächc 
geftehen. Nach Giebel. 



und zwar in Hauptsache so. du Ii die Faltung eine transversale ist. Hei 
dem Vor- und Rflckwärtsgleiten reiben also die (piergestellten Schmelz- 
leisten in voller Breite übereinander. 

Bezüglich der Zahnform und ihrer <iene.se stehen sich zwei Ansichten 
gegenüber. Die meisten Anhänger (Schlosser. Scott u. A.| zählt diejenige, 
die vom trituberkularen oder besser trigonodonten Zahn ausgeht mit ver- 
schiedener Ausbildung des Talon. Von solchen Tuberkelzähnen aus sieht 
man die Hackenzähne vermiedene Stufen erreichen, die teils ein modifiziertes 
Festhalten sind an der ererbten Form, teils Umbildung in Harmonie mit 
der Bewogungsart der Kiefer, und mit der Natur der Nahrung. Hei den 
Sciuridae. wo die Kiefer in Hauptsache noch einfach vertikal bewegt werden, 
haben die Rackenzähne noch lange Wurzeln und niedrige Kronen bewahrt 
mit Ii bis 4 Höckern in Reihen, die zu Querleisten verschmelzen können 
und somit einen bunodonten oder lophodonten Charakter annehmen. Meist 
ging dieser ursprüngliche Zustand verloren. Die Kaubewegung wurde 

eine von vorn nach hinten gerichtete mit 
dementspreehemler Verlängerung des t'nter- 
kiefergelenkes. Die Zähne erlangen damit 
kurze oder nur unvollständige Wurzeln, deren 
Bildung sehlieUlieh ganz ausbleibt, während 
die Krone höher wird, lange, endlich perma- 
nent wächst. Sie erhält vertikale Schmelz- 
lamellen, die entweder nur an der Seite der 

\ Krone erscheinen und sich hier einfalten 
l'Jn (Arvicolai oder teilweise von der Wand »ich 

abschnüren (Castorf. Solche prismatische 
Zähne können endlich durch Schmelzfalten 

Fig. .171. [, i oben-, i untere Backenzahnreihe 
von Microlut* (Arvieolai arvnli*. II untere Baekcn- 
zahureihe von Ca*tor; III von Muh deruiuanu*: 
IV von Dipus; V von Cavia. Alle von der Kau- 
fliiche gesehen. 

die Krone (pierteilen, so dali jeder Zahn aus queren Sehmelzlamcllen be- 
steht, die durch Zement verbunden werden (Chinehillidae. Caviidae). Die 
extremste Komplikation in dieser Richtung erfährt Hydrochoerus (Fig. \;\*). 




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Kodentiii, Kür|»orl>au. 



483 




Eine andere Auffassung vertritt Forsyth Major. Auch er erblickt 
im hypselodontcn Zahn ein hei verschiedenen Oruppen wiederholt ein- 
getretene Transformierung des brachydonten Zahnes. Letzteren leitet er 
alter von einem polybunodonten ab. somit von einer Zahnform wie sie uns 
von fossilen Multituberculata bekannt ist. W eitere Spezialisierung solcher 
polybuner Zähne hatte statt durch überwiegende Entvvickelung von zwei 
oder drei Tuberkeln im Oberkiefer an der Außenseite, im l'nterkiefer an 
der Innenseite des Zahnes, während an der entgegengesetzten Seite ein 
Höcker zu überwiegen anfing. Damit wurde sekundär ein trigonodonter 

Fig. 'A72. I MX von Sciuru* In- 
dien* Krxl.; II de*gl. vom Keiuru* 
Prevosti De*m.; III cleHjrl. von 
Xitus Inticaudatus (ir. ; IV obere 
rechte Backenzahnreihe von Nanno- 
witiru* concinnu» Tho*., recht« l\; 
V Mi von Xerus Uabella ( Jr. Nach 
Forsyth Major zusammengestellt, zur 
Demonstration de« multituberkulaten 
(polybuuen) Zustand«« in I. In II. 
lieginnt transversale. Vereinigung der nr 
Hoeker. gewissermaßen l'ebergang 
der Hunodontic in I/>|>hodontie. 
letztere kommt zum vollen Austrat 
in III und IV und erfuhr in V Kom- 

Slikation. - In allen Figuren liegt 
ie Vorderseite der Zähne recht*. 

Charakter erzielt. Durch transversale Vereinigung ging daraus ein lopho- 
donter Zustand hervor, der schließlich weitere Komplikation erfuhr 
(Fig. 372). Der auch phylogenetisch wichtige Entscheid über diese Auf- 
fassungen soll unten noch zur Sprache kommen. 

Die Mundhöhle wird durch eine Oberlippe geschlossen, die häutig 
gespalten ist. so daß die Xagezähne sichtbar sind, was auch geschehen 
kann durch Kürze der Lippen. Sie wird weiter durch den Masseter in 
eine vordere und hintere Partie geteilt, die nur durch enge Oeffnung 
kommunizieren. Nur fein zermahlenes Futter kann sie passieren. Es 
wird denn auch durch den Kauakt in diesen Zustand gebracht und er- 
fährt demnach auch kein Hindernis bei seiner Weiterbeförderung durch 
«lie Fauces. die gleichfalls, z. 15. bei Hvdrocherus. äußerst eng sein können. 
Hei zahlreichen Nagern setzt sich von der Basis der Nagezähne aus «lie 
behaarte Haut mehr oder weniger zun gen förmig nach innen fort, so daß 
die Wangenhaut von innen behaart ist. Auch kann der Mundwinkel ein- 
gestülpt >ein zur Bildung wahrer oder innerer Backentüschen (s. p. 191), 
z. B. bei Crieetus. Spennophilus. Tamias. die bei Coelogenys in einer 
Ausweitung des .lochbogens liegen. Von diesen inneren, durch Mund- 
schleimhaut bekleideten Backentaschen sind die sog. falschen oder äußeren 
zu unterscheiden, die bei Oeomvidae auswärts von der Mundspalte sich 
öffnen und 'eine Einstülpung der Wangenhaut sind. 

Bei Duplicidcntata sind die Oaumcnleisten zahlreich, weit weniger 
bei den Simplicidentata. Von der Zunge ist hervorzuheben, daß mecha- 
nische Papillen bald ganz zurücktreten, bald in gewohnter Weise entwickelt 
sind, wobei aber die Papillae fungiformes nur geringer Ausbildung sich 
erfreuen, die filiformes aber z. Ii. bei Cavia stark entwickelt sind, bei 
Syncthercs verhornen können und wohl die Orundlage sind der Horn- 

81* 



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4*4 



IX. Ordnung: Kodcntin. 



schuppen auf dem vorderen Zungenrüeken von Hystrix. Die Zalil «1er 
umwallten Papillen ist höchstens drei hei Duplicidentata, Myoxidae. Dipo- 
didae, Seluridae etc.: zwei hei Hystricidae. Spalacidae; nur eine hei Cri- 
eetidae, während sie z. Ii. hei Pedctes ganz fehlen. Papillae foliatae 
kommen wohl allgemein vor. Eine Unterzunge fehlt. 

Von den Speicheldrüsen üherwiegt meist die Parotis, die sehr um- 
fangreich werden kann. Außer ihr findet sich eine Glandula suhmaxillaris. 
suhlingualis und retrolingualis. Die Epiglottis liegt intranarial. 



Fig. 373. 




Fig. 374. 



Fig. 373. Magen von 
Castor; nach Tullberg. 
ot Oesophagus; p Pylo- 
ru«; d Duodenum; &i 
sog. große Magcndrü*e 
an der kleinen Kurvatur. 




Fig. 375. 



Fig. 374. Magen von I>epU8 timidus. 

on Mus musculus. f Grcnzspalte zwischen 




Fig. 375 von 
Schlundteil und ührigem Magen, nach Topfer. 

Fig. 37<! von Microtus (Arvieola) arvalis. n Duode- 
num; / Ösophagus; / gezahnte Kante des geschichteten 
Kpitheis (schraffiert) gegenüber dem Drüsensack (belli: *. / * 
und i* Ränder des geschichteten Epithels gegenüber Driisen- 
magen und Pylorus. Nach Ketzius. 

Fig. 377 von Myoxus avellananus; nach Töpfer, o 
Oesophagus; H Bulbus ventriculi; p Pylorus. Quer schraf- 
fiert .Schlundteil des Magens mit geschichtetein Epithel: 
schräg schraffiert Cardiadriisenregion; punktiert Fundus- 
d rüsen regio n ; mit Kreuzchen Pylorusdrüsenregion (aus 
Oppel). 



Sehen wir ah von den Muridae. so ist der 
Magen im allgemeinen einfach, mehr oder weniger 
retortenförmig und hat nach Töpfer eine Region 
mit Belegzellend rflsen (Fundusdrüsen), welche die 
linke Hälfte des Magens (Fundus) einnimmt, wäh- 
rend die Pylorusdrüsen auf die kleinere Pylorus- 
gegend heschränkt sind. Letztere gewinnt mehr und 
mehr Raum hei Sciuridae, und hei Spermophilus 
drängt sie die Rahdrüsen auf einen kleinen Bezirk 
zurück: hei Myoxus auf einen als Rulbus ventriculi 
bezeichneten abgeschnürten Teil, der wie ein ..Vor- 
magen" erscheint. Reim Riher endlich liegen die 
Labdrüsen, ähnlich wie heim Reuteltier Phascolarc- 
tns. in einem als „große Magendrüse" beschriebenen 
System von Hohlräumen an der kleinen Kurvatur. 



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Kodcntin. Körperbau. 



485 



Einzig unter Nagern haben «He Muridae ihren Magen äußerlich ab- 
geschnürt in einen kardialen Teil, der eine Hornschicht trägt, und in einen 
pylorialen, der allein Drüsen besitzt, und zwar am Pylorus Pylorusdrüsen. 
darauf Fundust Lab- ulrüsen, die also ganz aus der Fundusregion nach 
rechts verdrängt sind infolge der Yerhornung letzterer. Endlich liegen 
an der kleinen Kurvatur Cardiadrflsen. Sie grenzen an die kardiale Horn- 
schicht- Letztere bekleidet auch eine aus Mucosa und Muscularis mucosae 
gebildete Grenzfalte zwischen den beiden Magenabteilungen. P»ei Arvi- 
colini gewinnt der kardiale, verhornte Magen solche Ausdehnung, daß 
die Drüsen auf einen Streifen an der kleinen Curvatur und auf einen 
Beutel in der Nähe des Pylorus beschränkt sein können. 

Auf den langen Dünndarm folgt ein gleichfalls langer Dickdarm, 
häutig von sehr kompliziertem Verlauf, indem z. P». das Colon transversum 
eine oder mehrere Schlingen bildet (Fig. 1<>3 p. 2<>K); auch kann der An- 
fangsteil des Colon ascendens bei Lemmus und Dipodinae uhrfederartig 
sich aufrollen zu der Ansa paracocculi;; [Tullberg]. Ein Coecum fehlt nur 
den Myoxidae, sonst ist es 
stets sehr lang, bei Leporiden 
z. B. länger als der Kör]>er, 
auch bildet es bei diesen eine 
Hache Spirale, die bei anderen 
fehlt oder nur angedeutet ist 
wie bei Muridae, Dipodidae. 

Die Leber ist häutig 
fünflappig mit großem Lobus 
caudatus und geteiltem Lobus 
Spigelii: eine Gallenblase kann 
fehlen (Muridae). 

Die Lunge hat rechts 
gewöhnlich vier Lappen, deren 
Zahl bei Haplodontidae auf 
zwei sinken kann, und einen 
Lobus impar. Links ist die 
häutigste Zahl drei. Pedetes 
ist ausgezeichnet durch die 
Bildung einer Scheidewand 
in der Trachea, so daß diese 
kurz unter dem Ringknorpel 
wie in 2 Bronchien geteilt 
erscheint (Fig. 180, p. 224). 

Die Nager gehören ZU Fig. 378. Medianschnitt durch den mann- 

den Säugern, bei denen die '.'f*« 1 Vrogenitelapparat von I Castor eanadensis. 
«. ... ,~ ... ... II Hvstnx cnsfatA. .-/ Anus; a Analdruse; ao Aus- 

Testlkel jeweilig, speziell zur lllöni j unp derselben; // Blase; b<- Muse, bulbo- 
Zeit der Brunst, nach außen cavernosus; « Kloake; g Glans penis; gp Prä- 
treten, jedoch auch wieder in putialdrüße; gv (Jlandula vasis deferentis; of ()s 

die Bauchhöhle zurückver- P en » : ,f Pr " 8t f fl . ,a = f I ; rac P utium : »< ^culus 

, „ . Ii» j\ ' uretbralis. U Lrethra (Canalis urogcnitalis); vd 

lagert werden können. Dies Vas deferenHi nach T . Tullberg. III Glans penis 

wird dadurch ermöglicht, daß von Dipus aegyptius. 
der Cremastersack sich in sehr 

ausgebildeter, ursprünglicher Form als Verlängerung der Bauchhöhle und 
eines Teils der Bauchwand erhält und einstülpbar bleibt. Stets beteiligt 




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486 



IX. Ordnung: Rodcntia. 



sich an seiner Bildung der Musculus transversus ahdominis meist auch 
der M. ohliquus internus. Als direkte Folge der Hodenverlagerung kann 
ein Scrotuin mit allen Attributen eines solchen auftreten, hei anderen 
liegen die Hoden nur suhintegumental und inguinal oder perineal. 

Ausnahmsweise tritt der Penis so dicht vor dem Anus zutage, datf 
wie heim Biber | Fig. ."17*1 eine äußere Kloake vorliegt, gewöhnlich aber 
ist die Präputialöffnung von der Analöffnung getrennt, zuweilen erheblich, 
z. H. bei Hystrix (Fig. bei denen es erreicht wird durch knieförmige 
Biegung des Penis. Häutig hat er einen Pcnisknochen. Seine (Hans ist 
zuweilen mit Dornen, selbst langen Stacheln ausgestattet (Ca via, Dipus. 
Coelogcnys). sie kann auch fadig ausgezogen oder selbst gespalten sein. 
Itoi Hystricidae findet Tullberg hinter der Oeffnung der Urethra einen 
Blindsack (Sacculus urethralis). Der Uterus resp. die Vagina masculina 
kam bereits auf p. 2öu* zur Sprache. 

Der Musculus bulbo-cavernosus, der bei Leporiden das Corpus caver- 
nosum nicht umfalit. umgreift den Mastdarm, zum Teil auch die Analdrusen. 
Von aeee>sorischen Drüsen der männlichen Geschlechtsorgane kommen 
Glandulae vesiculares allgemein vor, desgleichen eine Prostatadrflse. da- 



Kig. 



Fig. 3SO. 





Fig. 379. Caator canadensis. Auamündung der 
weibl. <;e*chlecht<*organe, nach Tullberg. r Rectum: 
tut, tu Uterus dexter und sinisicr; v Vagina; r* Bl.t*e: 
uth Urethra; cu Urogenitalkanal; et Clitoris; cid Cti- 
toriftdrüaen ; <uf Analdrüsen und Ausmündung. 

Fig. :tsO. Frontaler und medialer Längsschnitt 
durch die weibl. Ueachlechtawege von Lepu« cuniculus. 
nach Tullberg. r Rectum; HS, ur die Iteiden Uteri; 

Vagina; vs Bla.<*c: //*• Ureter: »th Urethra; uo deren 
Ausmündung in den «•« Urogenitalkanal ; Urogeni- 
talöffnung; yv Praeputium clitoridi*. 

neben sind Crethraldriisen gefunden worden, aber bisher nur vereinzelt 
bei Mus musculus [Oudemans|. (ilandulae Cowpcri sind stets vorhanden; 
sie liegen nur bei Leporiden innerhalb des Heckens. sonst am Heckenaus- 
gang l'fullberg]. Ihr Ausführungsgang kann zu einem Reservoir ausge- 
weitet sein. Glandulae vesiculares können auftreten. Desgleichen, z. H. bei 
Leporiden und dem Biber, konglobierte Präputialdrüsen, die bei letzterem 
sehr umfangreich werden und als Hibergeilsäcke bekannt sind. 



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Rodentia, Diagnose. GeographiM-hc Verbreitung. 



4*7 



Auf |». 2(!;"> wurde bereits die Bedeutung des Sekretes der männ- 
lichen aeeessorischen (ieschleehtsdrüsen für den Zeugungsakt hervorgehoben, 
insofern als es nach der Ejakulation des Sperma in die Vagina sich er- 
gießt und hier zu einem Propf ihouchon vaginal. Latastei erstarrt. 

Der Tterus ist ein Uterus duplex, insofern die beiden Uterushörner 
mit getrennter (Jeffnung in die Vagina ausmünden, obwohl ihr distales 
Ende verwachsen kann. Das Verhältnis der Vagina und Urethra zu ein- 
ander ist ein verschiedenes. Letztere mündet bald hoch in die Vagina, 
so da Ii diese eigentlich als langer Canalis urogenitalis in die Vulva aus- 
mündet, die dann die Clitoris einschließen kann. Bald sind beide nur 
kurz vereinigt, woraus ein kurzer Canalis urogenitalis folgt: oder endlich 
münden Urethra und Vaginn getrennt hintereinander aus. Schließlich kann 
erstere eine Furche bilden auf der Hinterseite der Clitoris oder diese gar 
als Kanal durchziehen. Damit erlangt die Clitoris größere Selbständigkeit, 
wird umgeben durch ein Praeputium mit Clitorisdrüsen. kann ein Os rli- 
toridis in ihrer (»laus erhalten, auch kann ein Musculus bulbo-cavernosus, 
von der Basis der Clitoris entspringend, wie beim Männchen den Mast- 
darm umfassen. 

In der Plarentation bildet das kleine, dorsal zum Fötus gelagerte 
Allantochorion eine scheibenförmige Placenta. <las Omphalochorion wächst 
stark und der Embryo liegt in dem napfförmig eingesenkten Dottersack, 
der sich während der Dauer der Entwicklung erhält. 

Diagnose. Die Kodentiu sind kleine, unguikulate. meist pentadaktyle. 
jdautigrade oder semiplantigrade. herbivore Tiere, ursprünglich mit diphyo- 
dontem (iebiß. in welchem nur ein Paar Incisivi oben und unten zu halb- 
kreisförmigen, von peristenter Pulpa aus wachsenden und durch meisei- 
förmige Schneide zum Xagen eingerichteten Nagezähnen wird, hinter denen 
oben selten ein zweites, rudimentäres Paar auftritt. Canini fehlen. Ein 
weites Diastein trennt den Incisivus von den Backenzähnen, die ursprüng- 
lich biaehydont und bnnodont oder lophodont siml. aber hypselodont und 
schinelzfaltig werden können. Condylus mandibulae meist gestreckt; 
gleitet in einer gleichfalls verlängerten, furchigen ( lelenkgrube. Tympani- 
cum bildet Bulla ossea: Orbita in weiter Verbindung mit der Temporal- 
grube. Canalis iufraorbitalis häutig sehr weit. Stets reicht das Intel - 
maxillare an das Frontale und schließt das Maxillarc von diesem aus. 
Centrale earpi wenigstens in der .lugend vorhanden. Clavicula häutig stark 
reduziert. Foramen ciitepicondyloideum fehlt meist. Trochanter tertius kann 
fehlen. Meist 4 Endoturhinalia mit f> Hiechwülsten. Zunge hat höchstens 
Papillae vallatae. Magen meist einfach. Testes liegen zeitlich abdominal 
oder extraabdominal in einem Cremastersack und zwar suhintegumental 
oder skrotal. Uterus duplex. Placenta diskoidal. deciduat: Allantochorion 
klein, dorsal vom Embryo, der in napfförniigcm Dottersack liegt. 

Geographische Verbreitung. Die Nager sind über die ganze Erde 
verbreitet, von den Tropen bis zu den eisbedeckten Polen: denn die Lem- 
ininge i Lemmas und Dicrostonyx) erstrecken sich im hohen Norden: Lepus 



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4XK 



IX. Ordnung: Iiiwlcntia- 



timidus in der winterweitien Form: L. variahdis. sowie Ochotona <Lag"invs< 
auf den Cebirgen Asiens und Europas bis zur (irenze tierischen Levens. 
Diese universale Verbreitung gilt in erster Linie für die zahllosen Repräsen- 
tanten der Myoidea. Von diesen sind die Murinae mit ihren etwa 
Arten über die alte Welt verbreitet, wo sie nur in Madagaskar ursprüng- 
lich fehlten. In den Tropen am zahlreichsten, nehmen sie nach den Polen 
schnell ab. Sehr sparsam sind sie in der australischen Region. Australien 
selbst hat überhaupt nur die folgenden <>. den Muridae zugehörigen (ie- 
schlechter von Nagern: Hydromys, Xcromys, Mus. Conilurus. Cromys, 
Mastacomys mit etwa f)0 Arten. Von diesen hat Conilurus. wie das 
Beuteltier Antechinoinys. die beide die Sandtläehen Australiens bewohnen, 
eine hüpfende Fortbewegung angenommen, ähnlich den afrikanischen und 
südasiatischen (ierbillinae. deren langen Schwanz und lange Ohren sie er- 
warben. Andererseits hat der australische Mus fuseipes und Hydromys 
sich »lern Wasserleben angepaßt. Wichtig ist. daß nach neueren l'nter- 
suchungen. namentlich denen von O.Thomas, verschiedene der australischen 
Mause ihre nächsten Verwandten auf den Bergspitzen von Cclebes. Romeo 
und den Philippinen haben. Den Muriden gehören auch — mit Ausnahme 
weniger Chiroptera — die einzigen Landsaugetiere Polynesiens und Neu- 
seelands an. indem erstere Inselwelt Mus nativitatis Thms.. M. Macleari 
Thms. und M. exulans Peale beherbergt . von denen die letztere unter 
dem Namen M. maorium Hütt, das einzige Landsäugetier Neuseelands 
darstellt. 

Durch Zutun des Menschen sind kosmo]>olitisch geworden unsere 
Hausmaus, die schwarze und die Wanderratte, die. aus Asien stammend, 
allmählich den ganzen alten Kontinent in Besitz genommen haben und 
von hier aus über die Erde verbreitet wurden. 

Eine ähnliche Rolle wie diese, aber weniger gebunden an den Men- 
schen und seine Wohnstätte, spielen in der Neuen Welt die Arten «ler 
(iattung Hesperomys in alter Auffassung. Sie gehören den Cricetinae an, 
die in Europa durch den bekannten Hamster (Cricetusj. in Afrika durch 
anverwandte Arten vertreten werden. Dieser Familie wurden früher auch 
die wenig zahlreichen, einzigen einheimischen Nager Madagaskars: Brachv- 
tarsomys, Nesomys, Hallomys, Brachyuromys. Hypogeomys. (iymnuroinys. 
Eliurus zugerechnet. Sie bilden aber die selbständige Familie der Neso- 
myidae. 

Abgesehen hiervon haben übrigens die Cricetinae die größte Ver- 
breitung unter den Nagern, da sie auch Südamerika nicht fclilen. Fast 
ausschließlich auf den temperierten und arktischen Teil der nördlichen 
Hemisphäre beschränkt, namentlich aber auf das nearktischc ( iebiet. sind 
«lie Microtinae > Arvicolinaei, woselbst sie auch auf den höchsten (Jebirgcn 
die Murinen vertreten. Die Feldmäuse «Microtusi und Lemminge iLemmus; 
erreichen die grölite Individuenzahl unter den Mammalia. 

Eine groiie Verbreitung haben ferner die Sciurinae. die in der Haupt- 
sache an Wälder gebunden sind. Die orientalische Region enthält die 
Hauptmasse, während sie autier dem australischen (iebiet und Madagaskar 
auch den Antillen fehlen und im neotropischen (iebiet selten sind. Die 
nahe verwandten Nannosciurinae und Pteromvinae sind ausschließlich alt- 
weltlich, während die Castoroidea der nördlichen Hemisphäre angehören. 

Die Hystricoidea bewohnen fast ausschließlich die neue Welt, in- 
dem sie nach unserer Anordnung fünf Familien liefern, welche sehr nu>- 

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Kudentia, Vomhiwlfno Systeme. 



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492 



IX. Ordnung: Rodcntia. 



gesprochen (He neotropisehe Region charakterisieren. Diese ist überhaupt 
die an endemischen Nagern reichste. Ihr allein gehören an die Caviidae. 
Chinchillidae, Capromyidae, Octodontidac und Erethizontidae. Letztere 
Familie sendet aber Vorposten nach Nordamerika. Die eigentlichen 
Hystricidae gehören dem ätiopischen und orientalischen (iebiete an und 
dehnen sich mit Hystrix auf die Uferländer des mittelländischen Meeres 
aus. Als zweite altwcltlichc Familie der Hystricoidea gelten die Cteno- 
dactylidae. die auf Afrika beschränkt sind. 

Auch einzelne andere Familien charakterisieren bestimmte Kegionen. 
So sind afrikanisch die Anomaluridae. Afrika und Kurasien gehören die 
Myoxidae an. Ebenso die Dipodidae. die nur in Zapus einen nearktischen 
Vertreter haben. Letzterem Gebiete sind auch die Haplodontidae eigen, 
sowie die Geomvoidea. die nur mit einzelnen Arten bis Zentral-Amerika sich 
erstrecken und die sonorische Region Hart Merriams charakterisieren. 

Von den Duplicidentata bewohnt Oehotona <I,agoniys) die Gebirgs- 
länder Südost-Europas, Nord-Asiens und der Rocky Mountains. Die Lepo- 
riden dagegen sind kosmopolitisch, obgleich auch sie hauptsächlich der 
nördlichen Hemisphäre angehören und nur vereinzelt südlich vom Aequator 
vorkommen. Vorwiegend die Nager liefern eine Anzahl Charaktertiere 
der Stepi>en. Für die subarktischen Steppen Rußlands und Westsibiriens 
sind aulier den bekannten Springmäusen (Alactaga), Susliks i Spennophilust. 
Lemmingen (Lemmus). Hamster i'Cricetus; und Macrotus-Arten noch zu 
nennen Oehotona und Arctomys bobac. Zahlreiche Reste dieser Tiere hat 
man auch in West-Europa gefunden. Hierdurch beweist Nehring. daß zur 
quaternären Zeit durch Deutschland bis nach Frankreich Steppen sich 
erstreckten. 



Taxonomle. 

Die Rodcntia bilden gegenüber den Übrigen Saugetieren eine gut 
umschriebene Ordnung. Auf größere Schwierigkeiten stößt ihre Gruppierung 
in verschiedene Familien und deren Zusammenhang, insoweit er auf näherer 
oder entfernterer Verwandtschaft beruht. Letzteres Streben brachten 
namentlich H. Winge und Tullberg zum Ausdruck. Sie änderten dadurch 
erheblich die systematische Anordnung, wie sie sich besonders durch die 
Arbeiten von A. Brandt, Lilljeborg, Waterhouse und Alston allmählich 
herausgebildet hatte. Letztere hatte das große Verdienst, einige Ue her- 
stellt über die etwa DKM) fossilen und recenten Nager zu gestatten, 
brachte aber einzelne Familien in ein koordiniertes oder subordiniertes 
Verhältnis zu anderen oder zu größeren Gruppen, das der Wirklichkeit 
nicht entsprach und das genealogische Verhältnis nicht zum Ausdruck 
brachte. Viele Fragen harren in dieser Richtung noch der Antwort; 
jedenfalls hat uns aber Winge in manchen Punkten diesem Ziele näher 
geführt. In den Hauptzügen folge ich daher seinem System, wie auch 
Tullberg tat, dessen Ansichten ich in anderen Punkten mich anschließe. 
Wieder in anderen folgte ich F. Major und O. Thomas. Des letzteren 
systematische Anordnung aus dein .Jahre 1 KiMi ist gewissermaßen ein Kom- 
promiß zwischen der älteren Anordnung und den neueren Anschauungen 
Wniges. In der tabellarischen I.'ebersicht auf p. 48!* habe ich daher 
fliese drei Systeme nebeneinandergestellt, um eine Vergleichnng zu er- 
leichtern. Dabei mußte die Reihenfolge des Systems von Winge durch- 



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I. Unterordnung: Duplicidentata. 



cinandergeworfen und seine Zusammenfassungen in größeren Gruppen, die 
alter Lei ihm keine eigenen Xamen tragen, auUer acht gelassen worden. 
Hieran schlieüt »ich auf p. 41«) und 4H1 eine kursorische Uebersicht Uber 
die systematische Anordnung, der ich folgte. 

(S. tabellarische Uebersichton auf p. 4SI», -lim. 4!» 1 . 1 

I. Unterordnung Duplicidentata. 

(Lagoinorphnt. 

Hinter den eigentlichen Nage/.ftlmen liegt oben ein zweites Paar weit 
kleinerer Iucisivi mit deutlichen MihhvorgUngern. Alle Incisivi sind von 
Schmelz umgeben, das auf deren Hinterflacho aber nur geringe Ausbildung 
erreicht. Von den Backenzähnen, deren Zahl - ^ betrügt, ist die Zahl 

I\, P. P 

der Prämolnren konstant ' :l 1 , die der Molaren variiert aber zwischen : 

1 ,, P, 

bei Lepus, H bei Ochotoua (Lagomysi und sank bei - Prolagus auf 3, indem 
M ! . bei Prolagus auch M. t verloren ging [Winge, F. Major]. Sie sind 
wurzellos: werden als lainellös 'Blatterzahne) und als aufgebaut aus zwei mit 
Schmelz bekleideten Dentincvlindern beschrieben, die durch Zement verkittet 
seien. Tatsachlich handelt es sich aber »im einen einzigen Cvlinder mit tiefer 
Schmelzfalte, der au den oberen M von innen her eindringt und mit Zement 
gefüllt ist |Hensel|: so kommt es zu «pieren Schmelzbftndern. F. Major hat 
dargelegt, wie diese Zahnform aus einer ursprünglichen bunodonten und 
braehydonten entstand, die lophodonten Charakter annahm ahnlich wie bei 
Polycodus uncl Plesiadapis is. p. f)08,« mit Tftlern zwischen den Hügeln. 
Allmahlich wird die Krone hypselodont, das Tal füllt sich mit Zement, die 
Wurzel geht verloren, von persistenter Pulpa aus hat bestandiger Wuchs 
st;irt. Die Verlängerung der Krone begann oben an der Innenseite, unten 
an der Außenseite der Krone, entsprechend der stärkeren Abnutzung, die 
wieder Folg« ist des hier herrschenden stärksten Drucks. Dies steht wieder 
damit in Verbindung. daU im Gegensatz zu den Simplieidentata, bei den 
Duplicidentata der Abstand der oberen Zahnreihen größer ist als der der 
unteren und daß beim Kauen eine transversale Gleitbewegung der Zahn- 
reihen aufeinander geschieht. Dementsprechend ist die Gelenkgrube für 
den Unterkiefer breit und gestattet seitliche Verschiebung, auch sind die 
Unferkieferhalften in der Symphyse fest verbunden und der Processus angu- 
laris einfach, wie bei anderen Saugern. Am Schädel fehlt dein Supraocci- 
pitale ein Processus lateralis, der Processus paroccipitalis ist groß, der 
Processus ninstoideus deutlich, das Forameu infraorbitale ist klein, das 
Orbitosphenoid groß, die Foramina optica vereinigt. 

Der Gesichtsteil des Maxillare fallt dadurch auf, daß sein äußeres 
Knochenhlatt durchbrochen ist. Der knöcherne Gaumen ist auf eine schmale 
Brücke reduziert, entweder durch Einschränkung des Palatinum i Lepus) 
oiler daneben des Maxillare. dessen Gaumenteil bei Ochotona nur einen 
schmalen Saum bildet. 

Die Clavicula ist rudimentär oder vollständig. In der Hand bleiben 
Seaphoid und Lunatum getrennt, das Centrale frei, der Pollex frei. Ein 
radiales Sesambein fehlt, desgleichen ein Foramen entepicondvloideum. 

Das Femur hat einen Trochanter terfius; von der Fibula ist mehr 
als die distale Hälfte mit der Tibi« verschmolzen: sie artikuliert mit dem 



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4i»4 



IX. Ordnung: Rodentia. 



Calcaneus. Ein Entocnneiforme wird noch angelegt, soll aber nach dem 
einen resorbiert werden, nach dem anderen verschmelzen mit dein rudimen- 
tären Metartasale I, das seinerseits mit Metatarsale II verschmelzen kann. 
Nach Forsyth Major kommt hei einzelnen Lagomorphen auch Koossifikation 
von Metatarsale II mit dem Mesocnneiforme vor. Außer einem Tibiale 
tarsi tritt meist ein distales „ulnares Sesambein" auf. Ein Hallux fehlt. 

Der Gaumen zeichnet sich ans durch zahlreiche Gaumenleiston, «las 
lan^e Coecum durch eine .Spiralfalte in seinem erweiterten Teil. 

Die Urethra mündet, hoch in die Vagina, so daß der Canalis urogeni- 
talis lang ist; dem Penis fehlt ein Os penis, auch ist er nach hinten 
gekehrt. 

Den im vorstehenden charakterisierten Lagomorpha geboren zwei 
Familien an: 

1. Familie: 0CH0TONIDAE 1 Lagomvidae . Kleine paläarktische und 
nearktische alpine Tiere mit fast gleichlaugen Gliedmaßen, kurzen Ohren, 
ohne äußeren Schwanz, kompleter Clavioula. Im Gebiß I f C }j P i M ''. fehlt 
M :1 . Die Bulla tympani ist durch Knochenblättchen spongiös und mit 
dem Petrosuin verwachsen: Processus postorbitales der Frontaliii fehlen. 

Die zahlreichen Arten gehören alle dem Oenus Ochotona Link 
(Lagomys G. Cuv.) an. von denen nur O. pusillus Pall. in Europa und 
zwar im südlichen Rußland vorkommt. 

2. Familie: LEPORIDAE. Hinfergliedmaßen verlängert. Obren lang, 
Schwanz kurz: Clavioula rudimentär. Gebiß IjC^PJM [. Bidla tym- 
pani nicht schwammig, nicht mit Petrosuin verwachsen. Frontale mit 
Processus postorbitalis. 

Die zahlreichen, nur in Madagaskar und im australischen Gebiet feh- 
lenden Leporiden teilt Forsyth Major neuerdings in zwei Gruppen ein. 

A. Formen, in denen sich die Spezialisierung zum schnellen Lauf 
und die damit in Verbindung stehende hohe Ausbildung der Sinnesorgane 
äußert in der Verlängerung der Hinterextremitäten, in den langen Obren, 
großen Augen, die ihrerseits wieder die Schädelfonn beeinflußten. Der 
Schwanz ist verhältnismäßig lang. Hierzu gehört die große Masse der « 1 1 - 
weltlichen Arten des Genus LKPl s L. Davon lebt in Europa ausgenommen 
die skandinavische Halbinsel. Irland und Nord-Kußland - L. curofxinis Pall. 
i timidus Schreb. i. Der gewöhnliche Hase, wirft zwei- bis fünfmal im Jahre 
2—5 behaarte und sehende Junge. — /,. timidus L. variabilis Pall. r. in ganz 
Nord-Europa, soweit der gewöhnliche Hase fehlt, sowie in den Pyrinäen, 
Alpen. Kaukasus. Kann im Winter seine braune Farbe in Weiß ändern. 
Auf Süd-Europa und seine Inseln ist L. mnlitrrramus Wagn. beschränkt. 

H. In dieser Gruppe ist mehr der Charakter von Ochotona bewahrt, er 
entspricht mehr der grabenden Lebensweise oder dem Leben in Wäldern. 

In Europa ist diese Abfeilung, welche kürzere, fast gleichlan«:e Ex- 
tremitäten, kürzere Ohren, kleinere Augen und einen kurzen Schwanz hat, 
der fast fehlen kann, vertreten durch I.t'pus ( Uryctolagus) uinicnlits L. 
Das Kaninchen unterscheidet sich außerdem von dem Hasen durch ge- 
ringere Größe, graue Farbe. Fehlen des schwarzen Flecks an der Ohr- 
spitze. Auch gräbt es Gänge, worin es 4 — Hmal im Jahre 3 bis S 
..blinde", nackte, hülflose Junge wirft. Vom Kaninchen, aus seiner ur- 
sprünglichen Heimat in Süd-Europa nach dem Norden verbreitet, hat man 
zahlreiche Varietäten gezüchtet. 




II. Unterordnung: Simplieidentata. 



In diese Abteilung gehört «las orientalische Uenus (\\PR<>LAi;rs Blyth. 
auf Sumatra durch C. Xetsthtri Jent. vertreten, während der vorder- 
indische Lcfiiis nigricollis Cuv. dort und in Java wahrscheinlich einge- 
führt ist. Primitivere Merkmale hat sich ferner Romkrolaihk Merr. vom 
Popncatepet.l bewahrt, z. B. eine vollständige Clavicula. 



II. Unterordnung: Simplicidentata. 

In jedem Kiefer nur ein wurzelloser, gebogener, nur an der Vorder- 
fläche mit Schmelz bedeckter Incisivus. Ausnahmsweise '2 obere P, sonst 
höchstens 1 P. oben und unten und | M. Die Backenzühne bilden diver- 
gierende, konvertierende oder parallele Reihen, die oben durch schmaleren 
Zwischenraum als unten getrennt sind. Ursprünglich sind es Höckerzähne 
mit Wurzeln. Die Höcker können sich quer verbinden, wodurch bei Abnutzung 
Dentininseln entstehen, die Schmelzfalten oder Schmelzschlingen darstellen. 

Alisphenoidkanal vorhanden: Foramen infraorbitale verschieden: Orbim- 
sphenoid klein, bildet meist nur Knochenring um Foramen opticum. Supra- 
occipitale hat häufig Processus lateralis. Fossa glenoidea für Unterkiefer 
länglich, mehr oder weniger rinnenförmig. Hierdurch ist Verschiebung 
des Unterkiefers von von» nach hinten angewiesen, daneben kommt seit- 
liche Rotation je einer Unterkieferhftlfte vor. Dementsprechend ist die 
symphysale Verbindung der Unterkieferhälften meist eine lockere und spannt 
sich zwischen ihnen ein Musculus transversus mandibulae aus. Processus 
angularis ausgedehnt : liegt entweder lateral vom Körper des Unterkiefers 
resp. von der Alveole seines Schneidezahns (Hystricognathi ) oder er liegt 
zwar in der Flucht der Alveole, senkrecht nach unten gerichtet, seine 
vordere Ecke ist alsdann aber nach einwärts gelmgen (Sciurognathi Tull- 
bergi. Der Condylus des Unterkiefers ist ländlich bis langgestreckt. 

Die Clavicula ist meist vorhanden, häufig aber unvollständig. Radius 
und Ulna verschmelzen nie, meist aber Scaphoid und Lunatum (ausge- 
nommen Ctenoductylus und Bathvergoidea ;. Ein freies Centrale fehlt nur 
den Hystricidae und Coelogenvs. Abgesehen von den Ausnahmen, wo der 
Daumen ganz fehlt und von den grabenden Formen, bei denen er ineist gut 
entwickelt ist und eine seitlich zusammengedrückte Kralle trägt, ist er sonst 
klein und hat einen platten Nagel oder ein Xagelrudiment. Ein ..radiales 
Sesambein" ist stets vorhanden. Ein Foramen entepicondyloideuui ist zuweilen 
vorhanden, der Trochanter tertins kann fehlen. Tibia und Fibula sind frei 
oder in verschiedenein Grade, namentlich distal, verschmolzen. Fibula arti- 
kuliert nicht mit Culcaneus. Meist fünf Zehen: auch wenn der Hallux 
schwindet, kommt stets ein Tibiale tarsi 'tibiales Sesamhein) vor. 

<taumenleisten sind wenig zahlreich; zuweilen treten Backcntaschen 
auf. Magen einfach, nur bei den Mnridae mit Hombekleidung im kardialen 
Teil, der sich auch äulierlich vom Drüsenmagen abtrennt. Ein Coeciim 
fehlt nur den Mynxidae; es hat keine Spiralfalte, oder höchstens nur eine 
Andeutung einer solchen. 

Den Uebergaug von den ursprünglicheren Duplicidentata zu den spezia- 
lisiertem! Simplieidentata bihlen vermutlich die ausgestorbenen ■ ISCHYEO- 
MYIDA1I, die uns weiter unten noch beschäftigen sollen, oder Formen, 
die ihnen nahe standen. Bei diesen erreichte der Masseter das Foramen 
infraorbitale noch nicht, dies war somit noch nicht erweitert: dafür war 



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4!M» 



IX. Ordnung: Rodcntia. 



aber der Muse, temporalis noch gut ausgebildet, wie die Crista sagittali* 
andeutet. Von den zwei oberen Prämolaren ist der vorderste bereits rudi- 
mentär. Hierin sind die Isehyromvidae bereits spezialisierter als die Dupli- 
cidentata. aber ursprünglicher als die Simplicidentata, von denen nur die 
Haplodontidae und Sciuridae noch j P haben, <lie Übrigen höchstens J P. 

An die Isehyromvidae reiht H. Winge die Haplodontidae an und 
leitet von diesen in der einen Richtung die Sciuridae in weiterem Sinne 
und die Geomyidae (Saccomyidae Winge) ab, in der andereu Richtung die 
übrigen Simplicidentata. Letztere hätten sich nach ihm, von den Anomal- 
uridae ausgehend, einerseits zu den Hystricklae fortgebildet, andererseits 
zu den Dipndidae mit den Endzweigen der Muridae und Myoxidac. 

In den Grundgedanken folgt T. Tullberg in seinem neuesten System 
der Nagetiere der Auffassung Winges, wobei er aber seine verschiedenen 
Familien zu größeren Einheiten zusammenfaßt. 

Wir werden in unserer systematischen Uebersicht uns an Winge und 
Tullberg anschließen, hier und da mit Abweichungen in der Anordnung, 
daneben aber für manche Detailfrage auch den Ansichten von O. Thomas 
und Forsyth Major folgen. Da etwa 15<M) Simplicidentata beschrieben 
sind, kann unsere Uebersicht nur eine ganz oberflächliche, sein und wird 
sich in Hauptsache auf kurze Charakterisierung der Familien zu bo- 
schranken haben. Daher wird es wohl am zweckmäßigsten sein, diese in 
Reihenfolge zu behaudeln, ohne Zusammenfassung in noch größere Gruppen, 
über deren Wert einstweilen die Meinungen noch auseinandergehen. Wie 
solche Zusammenfassung etwa geschehen könne, deutet unsere Tabelle auf 
p. 490 u. 491 an. 

1. Familie: ÜAPLODONTOIDEA. Das ursprünglichere Verhalten des Kau- 
apparats äußert sich im starken Muse, temporalis: in der geringen Ausbildung 
des Masseter medialis, der das verhältnismäßig weite Foramen infraorbitale 
nicht durchsetzt, gegenüber dem starken Masseter lateralis. Dementsprechend 
ist der Processus roronoideus für ein Nagetier auffallend hoch und die 
Cavitas glenoidea weit. Backenzähne: P ' * M | .! |. wurzellos. P 1 ein 
kleiner 0\ linder. Schmelzbedeckung der Kaufläche dünn, bald abgenutzt. 
Dem Frontale fehlt wie bei primitiven Lagom<>rpha ein Processus post- 
orbitalis. 

Einige auf Nord-Amerika beschränkte, grabende Arten, die dem einzigen 
Genus Al'l.ono.NTIA Richards. (Haplodon Wagl.) angehören. 

2. Familie: SCIUROIDEA. Die antero-posteriore Gleitbewegung des Unter- 
kiefers ist erhöht, was erzielt wird durch stärkere Ausbildung der Portion 
des Masseter lateralis, die sich an die Vorderfläche der Wurzel des Joch- 
bngens anheftet, welche dementsprechend verbreitert ist. Der enge Cannlis 
infraorbitalis wird dadurch lang und nach unten verschoben. Temporalis 
meist gut ausgebildet. Processus coronoidens mäßig groß. Beim Kauen hat 
Rotation de.i Unterkieferhälften statt. Frontale mit starkem Processus 
postorbitalis. Knöcherner Gaumen breit. V \ MJ ! mit kurzen Kronen 
un>l langen Wurzeln. P : * kann fehlen. 

Die zahlreichen kletternden, fliegenden, grabenden Vertreter lassen 
sich vorläufig nach F. Majors Vorschlag in drei Unterfamilieu verteilen. 

a. Sciurinne. Backenzähne : P ' ' 4 MJ l'\ verschiedengradig hrathydonr: 
Höcker entweder in Längsreihen oder sie bilden oben 4, unten 3 mehr 
oder weniger deutliche Querleisten. Namentlich die unteren können sich 



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II. Unterordnung: Simplicidentata. 



sehüsselförmig abnutzen. Postorhitale Fortsätze des Frontale und Jugale 
bleiben entfernt, können seihst klein sein (Xerus'. Verhreiterte Yorder- 
f lache der Wurzel des Jochhogens schräg. 

Hierher gehören zunächst die in allen gemäßigten und tropischen 
Teilen der Erde, mit Ausnahme von Madagaskar und Australien, verbrei- 
tefen zahlreichen Arten von SniRls L. mit langem, buschigem Schwanz, 
hinten mit *>, Vorn mit 4 Zehen mit scharfen Krallen und rudimentärem 
Daumen mit kleinem Nagel. Bulla ossea mit vereinzelten Querlamellen. 
Arhorikole Tiere, die namentlich in der indo-malavischen Region durch 
zahlreiche Arten vertreten sind, dip fast die Größe einer Katze erreichen 
{Se. bicolor Sparrm.) und bunte Farben tragen, die namentlich zur Brunst- 
zeit glänzen. In ganz Europa und Xordasien .SV. vulgaris L. Das Eich- 
hörnchen überwintert in selhstgebauten Nestern ohne einen eigentlichen 
Winterschlaf zu halten. Meist wirft es in diesen, seltener in Bauinlöchern 
seine drei his acht hilflosen Jungen, die geschlossene Augenlider haben. 
Der rotbraune Sommerpelz untermischt sich im Winter mit grauweißen 
Haaren: in nördlichen Klimaten wird er grauweiß. .Schwarzgefärbt ist die 
var. alpiuus F. Cuv. 

Als Reithrokcii hi 's Gray, wird ein großes Eichhorn von Borneo auf- 
ge führt mit 7 und mehr parallelen Längsfurchen auf den oberen Incisivi. 
Sparsame Andeutung solcher Furch ung zeigt auch Seilt rus uotatits Bo<ld. 

Xkhis Hempr. et Ehrenb. umfaßt ineist verhältnismäßig große, auf 
der Krde. teilweise in gegrabenen Höhlen lebende Eichhörnchen mit rudi- 
mentärer Ohrmuschel, hartem Pelz, nur 2 Zitzen und Backenzähne, die 
an der Druckseite semihypselodont werden und hier kurze Wurzeln erhalten. 
Frontale mit kurzem postorbitalem Fortsatz. Ausschließlich afrikanisch, 
falls nicht die als Frx.AMHl l.rs Less. bekannten indischen Arten sich Xerus 
unterordnen. 

Tamias Hlig. P] M| ; es fehlt somit P l . Zahlreiche, auf dem 
Boden lebende nordamerikanische Arten, von denen nur T. asiatieus Gm. 
durch Nord-Asien bis an den t'ral reicht. Gekennzeichnet durch hellere 
und dunklere Laugsstreifen auf dem Kücken und innere Backentaschen. 

SrKRMni'Hlu s F. Cuv. P 4 ' M | ; \. Augen groß, Ohrmuschel klein, 
innere Backentaschen, Schwanz zweizeilig behaart, f» Paar Zitzen, l.'lna mit 
Forauien entepicondyloidenni. Die Ziesel oder Susliks leben ähnlich wie 
Tamias und haben auch die gleichen Wohnorte, nur ist die Verbreitung in 
Eurasien eine ausgedehntere, indem mehrere Arten die Steppengebiete Ost- 
Europas bewohnen. Im Pleistocän dehnten sich dieselben auch über West- 
Europa aus, von denen heutzutage nur S/>. eilt Hits \ t . noch bis Siid- 
Deutschlaud und Oesterreich reicht. 

Nahe verwandt mit Spennophilus sind der nearktische Cynomys 
Rafin.. die Präriehunde und Arctomys Schieb. P— f M ' l '. von denen P 1 
durch seine Größe auffällt, im übrigen gleichen die Backenzähne denen 
von Scinrus. Backentaschen rudimentär. Daumen fehlt. For. entepicon- 
dyloideum vorhanden. Schwanz und Ohren kurz. In selbstgegrabenen 
Höhlen lebende, in Winterschlaf fallende große, plumpe Nager, die der 
nördlichen Hemisphäre angehören. In den südeuropäischen, alpinen Ge- 
birgen A.ntarntolta L.Murmeltier: in den Ebenen Ost-Europas A.bobae. Pall. 

b. Nannosciiiriiiac. Die Zwergeichhörnchen unterscheiden sich durch 
bnu hvdonte, an die der Myoxiden erinnernde Backenzähne, kleine P, von 
denen oben häufig der vordere fehlt, und obere M mit nur drei ( v hier- 

Wr).«r. SIliißoti.M-o. 32 



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IX. Ordnung: Rodentia. 



leisten. Die vordere Wurzel des Jochhogens steht vertikal und ist weit 
nach hinten, oberhall» des 2. Backenzahnes, verschoben. Der Orbitnlring 
ist fast vollständig. Die wenig zahlreichen Arten des einzigen (»enus 
Xannoscii Kl s Trt. gehören dem tropischen Afrika, den Philippinen und 
dem indo-australischen (iebiet an. 

<'. l'teroinyinne. Mit Fallschirm zwischen den Vorder- und Hinter- 
extremiiäten und verschiedengradig hypselodonten Zähnen. Letzterer Cha- 
rakter erreicht sein Maximum bei dem tibetanischen Eri'KTAiKis Thms., 
der als umgeformter Ptkromyk Cuv. erscheint. Letzteres (remis umfatir 
die ausschließlich indischen grollen ..flickenden Eichhörnchen" mit rundem 
Schwänze und größerer interfemoiHler Flughaut. Sie dehnen sich von 
Vorderindien über die großen Snnda-Inseln bis .Japan aus. S< 11 koj-tkki s 
F. Cnv., dio Flughöi neben mit verbreitertem Schwänze, rudimentärem l'ro- 
patagium, mehr braehydontem (iehiß, hat gleiches Wohngebiet, kommt aber 
anüerdem in Xord-Amerika und mit .SV. voianx L. in Xord- Asien und 
Ost -Europa bis Skandinavien und Livland vor. 

3. Familie: ÜASTOROIDEA. Die Biber müssen sich früh von den übrigen 
Sciuroidea abgetrennt haben. Dafür sprechen primitivere Merkmale, wie das 
Fehlen eines Processus postorbitalis, eine vollständig hohle Bulla ossea, 
Auftreten eines Pollex [Winge], auch Besonderheiten im Skelet und anderer 
Bau von Malleus un<l Jueus. Die Backenzähne P{ MJ "* ; sind alle gleich 
»roß, ursprünglich ungefähr vierhöokerig: ihre dünne Sehmelzlage wird auf 
der Kauflaehe bald abgerieben, die Krone hypselodont, mit imieivn und 
äußeren Schmelzfalten und wurzellos. Dies weist auf cellulosereiche. Xah- 
rung, ebenso wie der Magen mit großer Drüse an der kleinen Kurvatur. 
Hiermit in Verbindung steht die hohe, eigenartige Ausbildung des Xage- 
und Kauapparates. Die l'nterkieferhalfren sind in der Symphyse ver- 
schmolzen. Vom starken Masseter, der den engen Canalis inft aorbitalis 
nicht durchbohren kann, dehnt eine Portion sich auf das Inlormaxillare 
und die Orbita aus Entsprechend der halb unterirdischen Lebensweise, 
sind Augen und Ohren klein: dem Schwimmen entsprechen die großen 
Hinterfüße mit vollständigen Schwimmhäuten, der platte, beschuppte 
Schwanz, das dichte Haarkleid mit langen, groben Stichelhaaren. 

< 'antor L. Biber: in Xord-Amerika: C. canatft'HSi's Kühl: in Europa 
und Asien — nach Trouessarf vom »>7. 0 bis zum 33.° n. Br. — : C. Ftbrr L. 
Wird fies Pelzes und des „Bibergeils 1 ': Casforeum wegen gejagt. Letzteres 
ist das stark riechende Sekret der Anal- und Praputiahlrüsen, die auch 
Bibergeilsacke heißen ■ s. p. 27). Sie leben gesellig in Biberburgen, die 
sie am I'fer tiefei' Flüsse und Seen aus, ilurch Abnagen gefällten Baum- 
stämmen und Aesten anlegen. Sie werfen im Mai 2 5 blinde Junge, die 
sich im 3. Jahr von den Eltern trennen und eigene Wohnungen bauen. 
Durch die Kultur in Europa nieist ausgerottet. 

4. Familie: GEOMYOIDEA. Mit Winge und Tnllberg schließen wir an die 
Sciuroidea, namentlich aber an die ( 'astoroidea, die teils auf, teils unter dem 
Boden lebenden Tasehonniause an. «leren Heimat Xord-Amerika ist. von wo 
Hart Merriam u. A. zahlreiche Arten beschrieben haben. Einzelne ver- 
breiteten sich von hier nach Central- und Süd-Amerika. Xeben Anklangen 
an die Muridae, die sich z. B. auch äußern im Auftreten nur einer Papilla 
vallata und teilweise auf Konvergenz beruhen mögen, überwiegen die Be- 
ziehungen zu den erstgenannten O nippen. 



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II. l'ntuivninung : Simplicidentata. 



Joehbogen und .Tugale klein, letzteres erreicht das Lacrvmnle nicht. 
Canalis infraorbitalis eng, Canalis alisphenoideus fehlt. Tibia und Fibula 
sind verwachsen. { Backenzähne mit oder ohne Wurzeln um! mit spar- 
samen. «|iieren Schmelzfalten. Alle haben große Außere Baekenfasehen. 

Zu den auf «lern Boden lebenden Formen gehören Genera wie Pero- 
t.XATHl s Wied, HetkroMYS Desm. < Saceomvs. F. Cuv. . Dipohomys Gray. 
Bei letzterem Genus: den Känguruh-Ratten, erreicht die Verlängerung der 
Hinterextremität ihr Maximum und befähigt die Tierchen zum Sprunge. 

Unterirdisch lebende Genera sind Thom»>mys Wied und Geomyk Kafin., 
von denen fr. bitrsariiis Shaw, der ,. Pocket-Goffer" aus der Mississippi- 
Ebene durch seine Schädigung an Baumwurzeln bekannt ist. 

*). Familie: ANOMALUROIDEA. An primitive Sciumidea schlieüt sich diese 
Familie an, die auf Afrika südlich von der Sahara beschrankt ist. Das 
Foramen infraorbitale ist groß, das Foramen lacrymale hoch gelegen, ein 
Canalis t ransvei sus fehlt. Der Sciui ognathen-Tvpus Tullbergs äußert sich 
im Unterkiefer, in dem getrennten Malleus und Incus u. s. w. Scaphoid 
und Lunatum sind verschmolzen, die Clavicula vollständig. \ Backenzähne. 
Nach dein Vorgange Winges vereinigen wir hierin zwei Formenreihen, 
deren Zusammenhang ein so entfernter ist, daß er durch Aufstellung zweier 
Subfamilien zum Ausdruck gebracht werden muti. 

a. Auoiiialuriduc. Die Backenzähne haben Wurzeln und untiefe Schmelz- 
falten, Unterkieferhälften beweglich verbunden. Frontale mit kurzem Pro- 
cessus postorbitalis. Unterseite des rundum behaarten Schwanzes mit zwei 
Reihen von Hornschuppen an der 1'nterseite (Fig. \ j>. 7). Anomai.I Rls 
Waterh. und I T »I I Rls Matsch, halten eine große Flughaut, die sich bis 
zum Ellenbogen erstreckt und hier durch einen Knorpelstab vom Olecranon 
gestützt wird. Bei dem gleichfalls arborikolen ZeN'KEKEM.a Matsch. Acthu- 
rus de Wint.i fehlt die Flughaut. 

t'. I'cdetidac. Die Schwierigkeit, dem südafrikanischen Springhasen 
1'ehetes III. seine richtige Stellung anzuweisen, hat Winge dahin auf- 
gehist. dalS er die Meinung aussprach, er sei durch den tertiären Ussio- 
doromys mit den Aiminaluridae verbunden. Die einzige Art /'. cafftr Pull, 
ähnelt im Aeußeren und in der springenden Bewegung den Dipodidae, 
unf erscheitlet sich aber von ihnen sofort durch die wurzellosen * Backen- 
zähne, v. in denen <lie I* so ^ridi sind wie die M. sowie durch die Schinelz- 
falte. die oben eine äußere, unten eine innere ist: Tibia und Fibula nur 
distal im Alter verwachsen. Talus und Cideaneus verlängert. Metatarsalia 
frei. Foramen entepiondyhudeum vorhanden 

Die folgenden drei Familien, die Tulllierg als Mvoidei zusammenfaßt 
und die mu h Ausschluß > b*r Bat hyergidae und Geomvidae den Myomorpha 
entsprechen, wie sie die frühere Forschung auffaßte und auch bei O. Thomas 
wiederkehren, haben Folgendes gemein. 

Der Processus angularis geht vom unteren Bande der Alveole des 
Xagezahus des Unterkiefers aus. Canalis transversus meist vorhanden. 
Malleus und Incus nicht verwachsen. Foramen iufruorbitale weit; Foramen 
lacryninle ein niedrig gelegener Spalt. Clavicula, mit Ausnahme Von Lophio- 
mys. vollständig. Scaphoid und Lunatum verschmolzen, Centrale frei. Foramen 
entepicond\ loideum kann vorkommen, Tibia und Fibula oben und unten ver- 
wachsen. Analdrüsen fehlen meist. 

Im nachfolgenden kommen diese Charaktere nicht mehr zur Sprache. 

32* 



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IX. Onlnnnp: Ruricutia. 



<j. Familie: MY0X0IDEA ' Mvoxiformesr. Eine eigenartige Stellung unter 
den „Myomorphen", « 1 i t* auf eine frühe Selbständigkeit deutet, ninmu diese 
Kletterer umfassende, auf Eurasien und Afrika beschränkte Abteilung ein. 

Fonuneu infraorbitale verhältnismäßig hoch, aber schmal. Processus 
angularis so gedreht, daß »eine vordere Ecke nach innen, steine hintere 
nach außen sieht. Backenzähne stets mit Wurzeln, brachydonter Krone, 
die zu Querleisten vereinigte Höcker trägt. P 4 kann sr» groß wie die 
M (Graphinrus) oder kleiner sein iMynxus etc.) oder ganz fehlen iPlata- 
eanrhomys). 

Einzig unter Nagern fehlt das Coecum vollständig, der Ma»en isr 
ohne eine Hornschichf , auch kann er einen drüsigen Vormagen haben s. 
Fig. H77>. .Schwanz zweizeilig behaart. 

Graphh Rl s F. Cuv. Ä Geoffr. ist auch dem Verhalten des Masseter 
nach die ursprünglichste Form. Sie ist dem äthiopischen Gebiet eigen. 

Die H folgenden Genera haben nur einen kleinen P und ihr Masseter 
lateralis sendet eine tiefo Portion längs der Vorderseite des Joi Idingens. 
Mt scARDixrs Kanp. mit der einzigen, hauptsächlich Mittel-Europa bewohnen- 
den Art.: .)/. avcllanarius L. Die Haselmaus ist der kleinste „Schläfer** mir 
gleichmäßig kurzbehaartem Schwanz und gelbroter Farbe. Er fällt in Winter- 
schlaf in selbstgefertigtetn Nest, in solchen wirft, er auch seine Jungen. 
Aehnlich verhält sich Mvnxt s Schreb. , «1er in Europa durch die größte 
Art M. glis L., den Siebenschläfer und den naheverwandten M. nihiiuln 
Pall. vertreten wird. Schwanz zweizeilig behaart ; Körperfarbe hellgrau. Die 
namentlich in Afrika verbreitete Gattung Ei.iomvs Wagn. kommt in Mittel- 
und Südeuropa vor mit «lern als Gartenschläfer bekannten E. qurretnus L., 
dessen Schwanz nur in der Endhälfte zweizeilig behaart und oben schwarz, 
unten weiß ist. Oberseite des Kopfes rötlich graubraun. 

Gegenüber den an Sciuridae, namentlich an Xannosciurus, erinnernden 
Schläfern, erinnern die ostasiatischen Genera Platacanthomys Blyth. und 
Tyi'HWOMYS M. Edw., die ihrem Bau nach den Myoxidae angehören, an Mäuse. 

Die übrigen „Myomorphen" haben außer den obengenannten Charak- 
teren gemein, daß ein Ooecum stets vorhanden ist und daß parallel mit 
diesem, aus dem proximalen Teil des Dickdarms eine spiralig gewundene 
Schlinge hervorgeht (p. 201)): auch haben die P die ausgesprochene Tendenz 
zu verschwinden. 

Daneben aber lassen sich zwei Reihen auseinanderhalten, von denen 
die eine: die Dipodoidea. die ursprünglichere ist, mit sparsamer Vertretung 
in der Jetztzeit, während die andere, die wir Myoidea nennen wollen, 
heute ihre Blütezeit hat mit zahlreichen Arten. 

7. Familie: DIPODOIDEA. Ihr ursprünglicherer Charakter gegenüber den 
Myoidea äußert sich in folgendem. Wenigstens «1er obere P tritt noch auf, 
wenn er auch verkümmern kann: dem Magen fehlt die Hornschicht. Die 
Backenzähne haben Wurzeln, auch der Masseter verhält sich ursprünglicher. 
Nach O. Thomas' Vorgang unterscheiden wir: 

a. Siiiiiithinue. Kattenartige , kletternde Tiere, mit gleichartigen Ex- 
tremitäten, an denen die Metatarsalia frei sind. \ Backenzähne, von 
denen der einzige, obere P klein, st ift förmig ist, ebenso ist der letztere M 
namentlich oben sehr klein. Sminthis Keys, et Blas. Außer zentral- 
asiatischen Arten erscheint in West-Asien und Ost-Europa bis Schweden, 
Dänemark und Ost-Deutschland .S'w. sub/ths Pall. 1 vagus Pall. i mit 
schwarzem, lichtgelb gesäumtem Klick enst reifen. 



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II. Unterordnung: Simplicidentata. 



b. Di|x)dinne. Hüpfende Tiere mit verlängertem Metatarsus. P-i- kloin 
oder fehlend, Krone der Backenzähne verhältnismäßig hoch. Sie stellen ver- 
schiedene Stufen dar der hüpfenden Bewegung und dementspreehenden Bau der 
Hinferextremitäten. Bei Zaits C'oues ' Jacnlus Wagl.) sind die 5 Metatarsalia 
verlängert, aber noch frei. Zehe I und V nur nach hinten versehohen, Hals- 
wirbel unverwachsen. In ganz Nord-Amerika und mit einer Art: '/.. set- 
chuanus Pouh. in Ost-Asien. Bei Al.utaga F. Cuv. 
Scirtetes Wagu.i, aus Xord-Afrika i' A. tetradactylus 
Licht.) und Zentral-Asien mit verschiedenen Arten, 
von denen ^1. saliens Gm. (A. jaculus Schieb. i bis 
Süd-Rußland reicht . ist P-L noch vorhanden. Die 
Unterschenkel und die verschmolzenen Zehen II, III 
und IV sind stark verlängert, I und V rudimentär. 
Diese sind geschwunden bei Dum s Gm., wo auch 
P-i- fehlt. Von diesen nord-afrikanisehen und asia- 
tischen Springmäusen kommt />. sngitfa Pall. bis 
Süd-Rußland vor \ Fig. 38<>j. 

Hierher gehört auch En horki tes Sei. und 
vielleicht Pi.atyokrcomys Brandt: beide zentral- 
asiatisch. 

8. Familie: MYOTDEA. Die grolle Masse der Nage- 
tiere, welche durch bekannte Formen, wie Hatte. Maus, 
Hamster, Lemming vertreten sind, haben als ge- 
meinsame Merkmale, daß die Prämolaren fehlen, so 
daß nur i|, selten $ M auftreten, von «Jenen Mj durch 
Zuwachs am vorderen Ende grußer ist als M., (Fig. 371 ). 
Sie haben Wurzeln oder sind wurzellos, die Krone hat 
Schmelzhocker oder winkelige Schmelzfalten. Das 
.Tugale ist unbedeutend, der Joch bogen schwach, 
der Canalis infraorbitalis meist groß. Der Schwanz 
ist zuweilen kurz, meist dünn behaart und beschuppt. 
Am zusammengesetzten Magen ist die kardiale Ab- 
teilung mit einer Homlage bekleidet. 

Die beiden ersten Untcrfainilien haben engeren 
Zusammenhang und schließen sich naher an die Di- 
podoidea an. 

Andererseits soll die engere Verbindung der 
übrigen formenreichen Gruppen durch Zusammen- 
fassung als Muridae zum Ausdruck gebracht werden, mm« 5 : <^Cuboid 

a. Spalucida«.. Nach Winges Darlegung schließt „ Xnvjc',,^""'/ Talus' 
sich an die Dipodinae als Vertreter primitiver ..Myo- /— v 1. bi* .*>. Zehe, 
morpha" Spalax so eng an, daß er ihn als Unter- 
familie seiner Dipodidae betrachtet. Dieser Auffassung stimmt Forsyth 
Major und Tullberg im Prinzip bei, nur fassen sie den Begriff der Spala- 
cidae weiter. Ersterer legte außerdem dar, daß der Zusammenhang der- 
selben mit seiner Familie der Nesouividae ein inniger sei. 

Danach erheben wir. wie Tullberg, beide zu parallelen Unterfamilien, 
die beide mit den Dipodoidea nur gemein haben einen weiten Infraorbital- 
kanal, starke Ausbildung des .Tugale, das sich dem Lacrymale nähert, über- 
einstimmenden Bau der Backenzähne, die niemals erhebliche Hypselodontio 
erreichen. 




Fig. 380. 1. Linker 
Hinterfuß von Dipu»; 

von Aluctflgn; nach 
M. W. Lyon, t CaJca- 



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IX. Ordnung: Kodon t in. 



Die Spalacidae sind Gräber, denen die P fehlen: 51, und M 2 sind 
gleich groß, mit Schmelzschlingen. Von den Grabkrallen ist die dos Ii., 
III. und IV. Finders die größte. 

Si»alax Güldenst. Loht maulwurfsarf ig: ohne Lidspalte, Ohnnusche! 
nur eine Hautfalfe, Schwanz fehlt. .S'f>. typhlus Pall. n. a. von Xehiinir 
beschriebene Arten in Südost-Europa. 

Hierher werden auoli gebracht der ostasiatische Rhizomys Gray.: 
der afrikuuische Tachyoryctek Rüpp. und die gleichfalls maulwurfsartigen 
ELLOHirs Fisch, und SlPHNKl's Brants, die Andere den Arvioolinen zurechnen. 

1). Xosomyidne. Diesp oben angedeutete Unterfaiuilie umfaßt aussehließ- 
lich Madagaskar bewohnende Geschlechter, wie Brachytarsomys üünth., 
Xksumys Pet., Hallomys Jent., Brachychomys F. Maj. u. s. w.. die 
O. Thomas der folgenden Familie unterordnet. 

0. Muriduc. Die Geschlechter und Arten dieser grollten, kosmopoli- 
tischen Sftugetierfamilie sind so zahlreich, daß nur einzelne derselben, 
namentlich insoweit sie Vertreter in Westeuropa haben, genannt werden können. 

1. Chhktinak. Die Hamster haben Wurzelzahne mit Höckern, die 
in den Oberkiefer-Molaren in zwei Lttngsreihen geonlnet sind, von den 
oben die äußeren, unten die inneren die höchsten sind, durch Abnutzung 
erscheinen sie durch Querleisten verbunden. Der Form nach stimmt M :i 
mit M, überein. nur ist er kleiner. Infraorbitalkaual verhältnismäßig eng. 
Bulla ossoa hohl. Foranien entepicondyloideum vorhanden: Schwanz kurz. 

Der Hauptsache nach nordamerikanisch, ist palaarktisch nur CricKTI s 
G. Cuv. mit versrhio<lenen, namentlich von Nehring naher beleuchteten Sub- 
genera und Arten, von «leiten wir nur Cr. critttus L. <(\ vulgaris Desm. 
frumetitarius Pall.) nennen, der sich von Ost-Europa bis zu den Niederlanden 
verbreitet, aber in Frankreich fehlt. Seine großen Backentaschen befähigen 
<len Hamster, Getreidevorräte in seinem Bau zusammenzutragen, in «lern er 
seinen Winterschlaf halt. Abgesehen von dunklen und hellen Varietäten 
ist er meist rötlichgelb mit gelbem Schnlterfleck, braunschwarzer Unterseite, 
weißer Kehle und Füßen. Afrika besitzt nur Mystromys Wagn. 

Xord-Amerika wir«! von zahlreichen Arten bewohnt, die dort «lie 
fehlenden Mause ersetzen: dies tun namentlich die Genera Oryzomys Band, 
Rkithrodontomys Gigl., Scapteromys Waterh. n. a.. die «lern früheren 
Geschlecht IlKst'KROMYs Waterh. angehörten, fernor Su;M<»DON Say. et t)r«l.. 
wonach die ( Yieetinao auch wohl Sigmodontinae genannt werden, und zahl- 
reiche ambro. «Ii«' teilweise über Central- nach Siiil-Amerika vordringen. 
Besomlere Erwähnung venlionen Xectomys Pet. (Holochilus Brandt , und 
I(HTHY«»MVs Thms. Erster«-.». Genus lebt in Brasilien uu«l einige seiner 
Arten haben eine a«piatile Lebensweise un«l «lementsprecheud kurze Schwimm- 
häute an den Hinterfüßen. Auffallend«'!- ist Ichthvomvs i Habrothri.x Winge) 
für das Wasselleben und «len Fang v«>n Fischen eingerichtet [Winge]. 

2. E«»riU<>MYINAK. Der einzige Repräsentant <lio>er afrikanischen 
Famile: LonilOMYs M. Edw. hat gleichfalls eine hohe Bulla, zeichnet sich 
aber aus durch unvollständige Glavicula, opp«mi«;rbaren Hallux. Backen- 
zähne mit spitzen Höckern in Reihen, sputer mit Sohmelzlago überdeckt 
und durch Ycrknöoli«'rung der Fascia temporalis, wodunh eine Knochen- 
platte zwischen Parietale um) .lugale entsteht. 

:i. Microtin AK. Dieser Familie, besser als Arvicolinae bekannt, ge- 
hören zahlreich«' uearktis« h«- und palaarkt ist h<> Formen an, die sich charak- 
terisier«'!) durch zellige Bulla ossea, kleinen Infraorbitalkaual, tiefe Fossa 



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II. rnterordriung: Siniplicidentata. 



ptervgoidea. Ein Foramen entepicondvloideum fehlt : die Backenzähne be- 
stehen aus zwei Reihen dreieckiger, alternierender Prismen, ohne oder mit 
unvollständigen Wurzeln. Die Wühl- oder Feldmäuse unterscheiden sich 
von den echten Mäusen durch plumperen Körperbau, stumpfere Schnauze, 
kleinere Augen und Ohren und kürzeren Schwanz. Sie sind gute Gräber. 

Evotomyk Goues i Hypuilaens Keys, et Blas.) unterscheidet sich da- 
durch, daß im Alter die Zahnwurzeln sich schlieüen. Der an Waldrändern 
Mittel-Europas in selbstgefertigtem Neste lebende Ii. glareolus Schrei», 
liebt tierische Nahrung, wie Insekten. junge Vögel. Rostfarbener Rücken, 
längere Ohren und Schwanz unterscheiden die Wnldwühlmaus von den 
bekanntesten mitteleuropäischen Arten Von Mickotus Schrank « Arvicola 
Lac.) mit wurzellosen Zahnen und nackten Fußsohlen. .1/. arvalis Pnll. 
und AI. agresfis L. Namentlich erstere kann sich in sogen. Mausejahren 
ungeheuer vermehren und großen Schaden anrichten. Von zahlreichen 
anderen, auch amerikanischen um! asiatischen Arten, nennen wir noch 
M. ainphibius I,., von der Größe einer Ratte, mit behaarter Ferse und 
nur einer Bürste steifer Haare am Fuliraude. Lebt aniphibiotisch. 

Fiiikk Guv. Der lange, zusammengedrückte Schwanz und die unvoll- 
ständigen Schwimmhäute machen diese nord-atnerikanisehen Tiere zu aus- 
gezeichneten Schwimmern, von denen F. zibethicus L. des kostbaren Reizes 
wegen gejagt wird. Eu.mm s Fisch, west-asiat is^h, von Maulwurfshabitus; 
F.. tolpimts Fall, dehnt sich bis Rußland aus. 

Zirkumpolar lebt Du rostonyx Glog. (Cuniculus, torqito/us Fall., der 
sich im Pleisfocttn bis Mittel-Europa erstreckte. Das gilt auch für LKMMl s 
Link 'Mvodes Pall.), der jetzt auf das zirkumpolare (Gebiet beschränkt ist. 
Der bekannteste Lemming ist L. lennnns L. des nördlichen Skandinavien, 
der in unbestimmten Zwischenräumen sich äußerst stark vermehrt und als- 
dann in zahllosen Scharen aus Futtermangel wandert. 

4. Mtrixae. Etwa 80<> über die alte Welt, mit Ausnahme von 
Madagaskar, verbreitete Arten. Ihre Backenzähne haben stets Wurzeln 
und einen lamcllären Bau, nieist mit Hockern, die oben in drei Längs- 
reiheu geordnet sind, unten nur 2 deutliche. Bulla ossea hohl, Fossa 
plerygoidea untief, Jugale rudimentär, Jochboiren schwach, Schwanz lang, 
hescbnppt. 

Ueber ISO Arten gehören dem Genus Mrs L. an, das in Subgenera 
zerlegt ist. Einzelne Arten sind durch Verschleppung kosmopolitisch ge- 
worden: so die Hausmaus M. musch/hs I,., die jährlich bis zu fünfmal 
."»- -H blinde Junge wirft, welche bereits im ersten Jahre fortpflanzungs- 
fähig werden. Jst wahrscheinlich aus West-Asien eingeführt. Von ihr 
unterscheidet sich die Feldmaus M. sxhntüns L. durch weißen Bauch: 
die Brandmaus .]/. agrariits Fall., gleichfalls braunrot, durch dunklen 
Rückenstreifen. Beide in Europa und Asien verbreitet, letztere beschrankter. 
AI. mimitus Pall., die kleinste europäische Maus, baut ein kugeliges Nest 
aus Gras. 

Die europäischen Ratten, die sich durch größere Zahl der Schuppen- 
ringe des Schwanzes (21(1 und mehn gegenüber den Mausen i höchstens IHOi 
und durch ungeteilte Gaiimenleisteu unterscheiden, sind aus West-Asien ein- 
geführt. Wohl am längsten M. rtittus L., einfarbig braunschwarz, mit Ohren 
von halber Kopflänge; gilt als die ursprüngliche Art Europas, die meist ver- 
drängt wurde durch die Wanderratte: .1/. drcutnaiiits. Pall., die erst später 



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IX. Ordnung: Koth-ntia. 



aus West-Asien einwanderte. Sie ist größer, hat grauweiße Bauchseite 
und Ohren von nur ein Drittel Kopflänge. 

Von zahlreichen anderen Genera unterscheiden sich Crketomys Waterh. 
und Saccostomts Pet. aus Afrika durch den Besitz von Backentaschen. 
Der asiatische Xesokia Gray besitzt in \. bandicota Bechst. die größte 
Rattenart. Der javanische Pithechkiri s F. Cuv. ist ausgezeichnet durch 
einen oppnnierbaren Hallux ; Chiri homys Thos. von Xeu-Guinea durch einen 
.Schwanz, der sich auch durch eine nackte Stelle an der Unterseife der 
Schwanzspitze als Greifs« hwanz auszeichnet vor Ahnlich funktionierenden 
Schwänzen anderer Mause. 

Die zahlreichen. Australien und Xeu-Guinea bewohnenden Arten von 
CoxiLt'Rls Ogilb. sind durch lange Hinterextremitäten zum Sprunge be- 
fähigt und ahnein den Gerbillinae. 

Zahlreiche afrikanische Mäuse werden durch O. Thomas zu den 
Abteilungen Otomyinak. mit Otomys F. Cuv. und Oreinomys Trouess.. und 
Dexdr«jmyixae erhoben. Letztere mit Deomys Thos., Dexdromys A. Sm. u. a. 

5. Gerbillinae. 

An das Leben in Wüsten und Steppen angepaßte Muriden, die dem- 
entsprechend eine aufgeblähte hohle Bulla tympaniea und Bulla inastoidea 
mit großen äußeren Ohren haben, sowie häufig durch verlängerte Hinter- 
extremitäten erlangte Sprungfähigkeit und große Augen. Schwanz meist lang 
und behaart. Backenzähne :{ mit vollständigen Wurzeln und Querlamellen, 
deren Zahl vom ersten bis dritten M von drei bis auf eine Lamelle abnimmt. 

lieber Afrika und Süd-Asien mit den Genera Psammomys Cretschmar. 
Rhomhomys Wagn. verbreitet, haben die zahlreichen Arten von Gerbillus 
Desm. in G. nuridianus Pall. einen asiatischen Vertreter, der Ost-Europa 
erreicht, und Merioxes Ulig. in M. tamarianus Pall. eine Art, die bis 
Rußland vordringt. 

0. Hydromyinae. Diese Mäuse haben äußerste Reduktion der Zahl 
der Backenzähne erreicht durch Verlust von M s . Am längsten bekannt 
sind mehrere Arten von Hyi>r«».\IYs Geoffr. von Australien uml Xeu-Guinea. 
deren ursprüngliche, «juerjochige Höckerzähne die Joche konkav abnutzen. 
Die Schmelzfalfen zwischen ihnen erhalten sich als schneidende Ränder, 
deren Schärfe zunimmt mit dem Grade der Abnutzung. Große Hinterfüße 
mit Schwimmhäuten befähigen die Tiere zum Schwimmen. Sie nähren sich 
von Insekten, Fischen n. dergl. 

Weniger spezialisierte Formen beschrieb neuerdings O. Thomas als 
Xekomyn Thos. und Chrotomyk Thos. von den Philippinen mit ursprüng- 
licher Zahnform. Durch Tri N«>MYs Thos., vom selben Fundorte, bei dem 
sich M. t erhielt, werden diese Mäuse vielleicht mit rlen übrigen verbunden. 

Totale Reduktion der \ Backenzähne auf winzige Stifte erfuhr der 
gleichfalls philippinische Rhym H«»MYs Thos.. dessen Schnauze nach Art 
der Soriciden verlängert um! der Jochbogen nach hinten verschoben ist. 

Von Simplicidentata bleiben jetzt noch verschiedene formenreiche 
Gruppen übrig, die das gemein haben, daß der Processus angularis des Unter- 
kiefers von der Seitenwand «les Körpers des Unterkiefers oder von dessen 
Alveole ausgeht. Ein Foranien entepicondyloideum fehlt, Malleus und Incus 
sind verwachsen: die Backenzähne sind na« h Gebrauch der Kaufläche 
schmelzfaltig und haben ursprünglich je eine äußere und innere Sclimelzfalte. 
Ein ('analis transversns fehlt, ebenso eine Hornschicht im Magen. Stets 



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II. Unterordnung: Shuplicidentata. 



2 Papilla« vallatae. Analdrüsen meist vorhanden. Am Penis eine Aus- 
sackung der Urethra (Sacculus urethralis [Tullberg]). 

Vorstehender Definition entsprechen die Hystricidae Winges, die 
Hystricognathi Tullbergs. Fitgen wir die Bathyergidae hinzu und schließen 
wir die Pedetidae von 0. Thomas aus, so entsprechen sie den Hystrico- 
inorpha seiner revidierten Liste und der Nomenklatur Aistons und früherer 
Forscher. 

Wir folgen Tullberg. indem wir zwei Hanptgruppen annehmen. 

!>. Familie: BäTHYERGOIDEA. Diese ausschließlich afrikanische Familie 
umfaßt nach Art der Maulwürfe lebende Tiere, die ahnlich wie Spalax, 
mit Händen. Füßen, im Notfall selbst mit den gioßen Vorderzahnen graben 
und bohren. Die Clavicula ist gut entwickelt, Scaphoid und Lunatum ge- 
trennt, Tibia und Fibula proximal und distal verwachsen. Durch den 
Canalis infraorbitalis passieren nur Nerven und Blutgefäße, keine Portion des 
Masseter medialis, der geringer ausgebildet ist im Verhältnis zum Masseter 
lateralis, der sich auf die Innenwand der Orbita ausbreitet und zusammen 
mit dem Temporaiis außerordentliches Maß erreicht. Der große Jochbogen, 
das kleine Auge gewahren hierfür Raum, der enorme Processus angularis 
'S. Fig. 364 1 den notigen Ansatz. Die großen Nagezähne werden scheiden- 
artig von der behaarten Lippenhaut umgeben. Weitere Anpassung au das 
Graben sind reduzierte Augen und Ohren, kurzer Schwanz, ein Daumen, 
der mir einer Kralle bewaffnet ist. 

Hierher Bathykhgik Iiiig., Georhychi s Iiiig., Mvnst aum-s Thos. und 
der fast nackte Hfttek< x/KFHAi.t's Kupp. 

10. Familie: HYSTRICOIDEA. Meist auf dem Boden lebende, seltener 
kletternde oder grabende Tiere, mit starkem Joch bogen, dessen mittlerer 
Teil durch das mehr oder weniger gerade, horizontale Jugale ausschließ- 
lich gebildet wird. Seine Wurzel durchbohrt ein großes Foramen infra- 
orbitale. Tibia und Fibula sind getrennt, Scaphoid und Lunatum ver- 
schmolzen, die Clavicula häufig unvollständig. Backenzähne P} MJ * 
Die ursprünglichen Höckerzfthne haben sich bei den verschiedenen Familien 
wiederholt durch Schmelzfaltung kompliziert. 

a. Hyxtrifidflc. Kraftig. gebaute altweltluhe Tiere, mit langen Stacheln 
auf der Rückenseito, die bei (Gefahr aufgerichtet werden. Oesiehtsteil des 
Schadeis durch pneumatische Räume aufgebiaht ts. o. p. 475 1. Clavicula 
unvollständig, ein freies Centrale fehlt. Schwanz mit abgestutzten Stacheln 
bekleidet, ineist kurz. Nackte Fußsohlen und rudimentärer Daumen. Grabende 
nächtliche Tiere mit schmelzfaltigen Backenzahnen mit unvollständigen 
Wurzeln. 

Die weiteste Verbreitung hat. Hvstrix L. mit kurzem Schwanz und 
aufgeblähtem Schftdel. //. cristata L., das Stachelschwein, bewohnt den medi- 
terranen Teil Europas. Afrikas und Asiens. Verschiedene Arten, wie H.lfucura 
Sykes, javanica F. Cuv. u. a. in Süd-Asien bis Flores und Celcbes; //. africat- 
australis Pet. in Afrika bis zum Kapland. Athkrira Cuv. ist in Afrika 
und Ost-Asien, Trk hys (idnth. in Bomeo vertreten. 

b. Krethixontiduc. Die amerikanischen Stachelschweine weiden häufig 
als nahe Verwandte der altweltlichen betrachtet, die sich gegenüber diesen, 
an den Boden gebundenen Formen auszeichnen durch kletternde Lebens- 
weise und dementsprechend charakterisieren durch eine behaarte, rauhe 
Fußsohle, lange, scharfe Krallen, meist einen Greifschwan/., vollständige 



IX. Ordnung: Kodentia. 



Clavicnla. Daneben treten alter Unterschiede anderer Art auf, die eine 
scharfe Scheidung verlangen, trotz der oberflächlichen Aehnlichkeit des 
Srachelkleide.s. Dahin gehören die niedrigen Extremitäten, das kleine 
Lacrymale, die starke Reduktion des Daumens. Wurzeln der Backenzähne 
vollständig, ihre Krone tief von beiden Seiten her eiugefaltet. Unterkiefer- 
httlften verwachsen. 

Krethizox F. Ciiv. mit ."> Zehen am Fuß und kurzem, starkein 
Schwanz. Stacheln fast unter dem Haarkleid verborgen. Von Canada bis 
Mexiko in mehreren Arten. Bei Coknim' Laeep. i Synetheres, (Vrcolabes 
F. Cuv.i mit dichtem Stachelkleide ist «1er lange Schwanz ein Oreif- 
schwanz und ist der Hallux geschwunden. Kbenso wie Chaktomys Gray. 
Bauinbewohner des tropischen Süd- und Zentral-Amerika. von denen nur 
C. iH^uii-his/Hiniar ßriss. bis San-Fram-isco reicht. 

c. Caviidac. Ausschließlich süd- und zentral-amerikanische Nager von 
meist bedeutender (»rolle, so daU unter ihnen die Kiesenformen »1er Ordnung 
angetroffen werden. Sie sind nach Art der Lngulaten für schnelle Fort- 
bewegung eingerichtet und halten dementsprechend hohe Laufe mit Ausbildung 
von Kielen auf den Hauptgelenken. Rückbildung der (.'lavicula. die fast bis 
zu deren Schwunde führen kann, einen mehr kielförmigen Thorax und schma- 
leres Brustbein, sowie Neigung zu Reduktion der seitlichen Zehen namentlich 
am Hinterfuß. Insoweit die Digiti den Boden berühren, treten sie auf den 
Nagelrand auf, wodurch die Nagel hufartig werden i Suhungulata >, wahrend 
die Zehenballen ausgedehnter verhornen. Der Schwanz ist meist kurz und 
seine proximalen Wirbel haben Neigung mit den Sakralwirbeln zu ver- 
schmelzen. Das Lacrymale ist groß; der Processus paroceipitalis vertikal 
nach abwärts gerichtet, die Bulla ossea hohl [Winge|. Sie zeichnen sich 
aus durch ein großes (V.ecum: die Ohms penis durch ein Paar gezähnter 
Hornleisten, die Penistasche durch Stacheln. 

Mehr abseits steht der noch ursprünglichere, peruanische DixnMYs 
Pet.. mit kaum geänderten pentakdatylen Extremitäten, breiterem Thorax 
und langem Schwanz. 

CoKUMiKNYs F. Cnv. Pollex klein. Hallux und Digitus V weit kleiner 
als die übrigen Zehen. Joch bogen aufgeblasen, umfaßt die weite, innere 
Backeutiische: die großen Backenzähne sind oben und unten hauptsächlich 
von innen gefaltet und haben Wurzeln. Durch den bekannten Paca ('. paat 
L. und einige verwandte Arten im tropischen Amerika vertreten. 

Dasypkocta Iiiig. Aguti, mit ähnlicher Verbreitung seiner etwa 
12 Arten, hat nur 8 Zehen im Fuß. 

Bei O.wiv Pall. ist der Schwanz geschwunden, desgleichen Digitus I 
und V in der etwas verlängerten Hinterextremität : die Krallen siml ver- 
breitert. Die Backenzähne konvergieren stark, sind wurzellos, einfach ge- 
faltet mit Zementabsatz in der Faltung. Zahlreiche, über ganz Süd-Amerika 
verbreitete Arten. Das in Europa eingeführte domestizierte Meerschweinchen 
C. tobnva Marcgr. stammt wahrscheinlich von C. Cttilcri Beim. ab. 

Doi, Ichotis Desm. erscheint als ein zum schnellen Laufe aus- 
gerüstete Cavia mit großen Ohren, großen Augenwimpern etc. Die ein- 
zige argentinische und patagonische Art: D. fatagomea Shaw, ist wegen 
ihrer Aehnlichkeit mit einem Hasen als pntagonischer Hase bekannt. 

Hyi>ko( iiokhi s Briss. Vorn mit 4. hinten mit Zehen mit Schwimm- 
häuten, hufartigen Nägeln, großen wurzellosen Backenzähnen, zwischen 
deren zahlreichen tiefen Lamellen Zement sich ablagert. Das Wasser- 



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Kodrntia, Vorgeschichte. 



ä07 



schwein //. inpybara Krxl., an Flüsse und Seen von (Juyana l>is La IMata 
gebunden, ist der grollte reeente Nager. 

d. l'hincliillidae. Auf die Steppen und Gebirge Süd -Amerikas be- 
schränkte, teilweise nächtliche Nager mit verlängerten Hinterextremitftten. 
mit 4 bis 3 Zehen, groüem Mastoid, vollständiger Clavicnla, verwachsenen 
l'nterkieferhalften. stark konvergierenden, wurzellosen, lamellüren Backen- 
zähnen. Ihres weichen, seidenartigen Pelzes wegen werden sie gejagt. 
Namentlich CHINCHILLA Beim, und Laoiiuim Meyen. Der Viscacha : Lvt.n- 
stdmi s Brooks hat vorn 4. hinten nur H Digiti. 

Bezüglich der 8 folgenden Familien gehen die Ansichten sehr aus- 
einander. Indem wir in der Hauptsache Winge folgen, unterscheiden wir 
kursorisch : 

e. < - :i|ti(iiiivi(ljir. Sild-ameri kanische Tiere mit hohler Bulla tympaui, 
geradem Processus paro( cipitalis, kleinem Laerym.de, Backen/ahne mit 
Wurzeln und tiefer Sehmelzfaltung. Pollex kann schwinden. 

Von diesen ist My<kast«>k Kerr. (Myopotamus Oeoff. i die Biberratte 
mit dem einzigen, über Süd-Amerika verbreiteten, auiphiluotis« Ii lebenden 
M. coyf>us Mol. der bekannteste. Falls Ai la</oi>i s Temm. (Thrynomys Fitz.» 
hierher gehört, wäre die Familie auch in Süd-Afrika vertreten. 

f. Octodontidac. S< Miellen sich an die vorige Familie an, unterscheiden 
sich aber durch eine /.ellige Bulla tyinpani, unter welche der Processus 
paroccipitalis sich beugt: und durch die wurzellosen oder fast wuizellosen 
lamellösen Backenzähne. Der Daumen kann fehlen. — Südamerikanische 
Nager von rattenartigem Aeullern. Ctenomys de Blainv., 0» todox Beim.. 
Ahkocoma Waterh. u. a. Die Stachelratten: LnxiHKRKs III., EcHlNOMYs 
Desm. etc. zeichnen sich aus durch abgeplattete, stachelartige Haare. 

g. Cionodactyliilae. Von den drei afrikanischen Geschlechtern Pktko- 
mvs A. Sm., ('Ti:xor)ACTVLt s Gray und Pectinati»k Blyth. rechnet Tnllberg 
die beiden letzteren, trotz des verschmolzenen Malleus und Incus, der 
freien Fibula und der fast wurzellosen Backenzähne, von denen allerdings 
der P reduziert ist. seinen Myomovphi zu: Petromys aber ordnet er den 
Hystricidae unter. 

Vorgeschichte. 

Bezüglich der historischen Entwicklung der Kodentia sei zunäch>t 
daran erinnert, daü wiederholt zum Ausdruck kam. daU die Lagoinorpha 
als eine in mancher Hinsicht primitivere Abteilung zu betrachten sei. 
Dafür sprach die höhere Zahl der Incisivi und der Backenzähne, die Art 
des Zahnwechsels, die Tatsache, daü das gegenseitige Verhalten der Hacken- 
zahnreihen sich anschloB an das der übrigen Säuger. Das galt auch für 
das Verhalten des Processus angularis des Unterkiefers, für die Art der 
Kaubewegung, also gerade für die Punkte, in denen die Kodentia sich im 
übrigen auszeichnen vor den anderen Säugern und die Anlatt gaben zu 
spezialisierter Umbildung ihres Schädels. 

An erster Stellle sollen daher einige Bemerkungen folgen über die 
Genealogie der Lagoinorpha. Forsvth Major ist der Meinung, dali die 
beiden Stämme derselben, die Ochotonidae (Ligoinvidae) und Lcporidae 
bereits vom unteren Miocän ab getrennt nebeneinander gehen. An der 



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IX. Ordnung: Kodentia. 



Basis der Ocbotonidae soll der unter-miocäne + Titanomys v. Mey. stehen, 
der sich bis zum Mittel-Miocän erhielt und durch + LagopsIS Dep. zum 
reccnten Ochotona Link (taigomys) führte. 

Diese Reihe ist charakterisiert durch das Fehlen von M a . 

^Prolaous Pom., der sich bis ins junge Tertiär in Südeuropa erhielt, 
erscheint als ein Seitenzweig. 

Im (iegensatz zu +Titanomys. wo <lie Zähne noch bewurzelt sind, hat 
+Palaeolaous Leidy aus dem Oligocan Nord-Amerikas bereits seine 
Wurzeln verloren. Nach F. Major schlielit seine Zahnstruktur an die heutigen 
Leporiden an. auch der Besitz von lj M.. obwohl «las Fehlen von postor- 
bitalen Fortsätzen sowie das Zahnmuster darauf weist. dafi dieser Vorläufer 
von Lepus weniger als letzterer von <len Ocbotonidae sich entfernt hat. 



Fig. 382. Käufliche vod: I Oberer 
M von Pletriadaptt; II Oberer M von 
IVIyeodu*; III Oberer I' von Tita- 
noniys fontanne*i; IV Oberer M von 
Palai-olagus» Haydeni; V von l'ro- 
lagus oeiiingen»i>; VI von ljigojci* 
renn; VII (Juerwehliff eine» ».l>eren 
M von Lepu«. Fig. I bist VI nach 
For*yth Major; die korrespondie- 
renden Teile sind durch die gleirhen 
Huch*taben angedeutet. 



Oben wurde bereits angedeutet, dab genannter Forscher, ähnlich wie 
Schlosser dies \X\>'2 für H Plesiadapis tat. die eoeänen Genen ' PSLYCODCB 
Cope und * Plesiadapis (ierv.. die gemeinhin den Lemuriden. wenigstens 
den Primaten zugerechnet werden, als primitive Kodcntia auflaßt Außer 
den obengenannten Backenzähnen spräche hierfür auch vielleicht die Schmelz- 
falte. die in verschiedener Ausdehnung auf der Yordertläche der oberen 
Incisivi der Leporiden auftritt. Sie weist nach F. Major zurück auf kuspidafe 
Ineisivi der Vorfahren, wie sie Plesiadapis besitzt. Außerdem ist die 
Zahnformol: If C* J| P| M :J. wobei allerdings I.emoine den kleinen .'5. I als 
Caninns betrachtet Ein ausgedehntes Diastein trennt die Backenzähne 
von Incisivus, der unten lang und nach vorn und oben gerichtet ist. 
Auch der mittlere obere M ist vergröbert Die oberen M sind trituher- 
kular. die unteren quadrituberkular. Die Extremitäten erinnern allerdings 
in mancher Hinsicht an Lemuriden. doch fehlt diesen der Troehanter ter- 
titlft, den Plesiadapis hat 1 ). 

Angenommen, dab diese Ansicht das Richtige trifft, so wären die 
Lagomorphen mit einiger Wahrscheinlichkeit auf Formen zurückgebracht 
aus dem europäischen l'nter-Eocän und der analogen Schicht Mexikos, 
falls wir ; Mixodectes Cope gleichfalls den primitiven Nagern zuzählen. 

1> Hc/üglit'h IYlyeodiis vergl. unten bei I'rosimiae. 




Rtxlentia, Vorgoschiclitp. 



Dies tat zuerst Matthew, indem er Mixodcctes. den Co|K» als Primaten 
auffaßte, zu dem Kodentia brachte. Darauf vereinigte Osborn "K)lbodotes 
Osb.. -'Mixodectes Cope. "Microsvops Eeidy. +Cynodontomvs Uope 
zur Familie der + Mixooectioae. Diese nähern sich den Kodentia durch 
fortgesetzte Verlängerung des medianen unteren I.. während der laterale 
früh reduziert wird und schwindet: C wird klein: Py und -7 schwinden. 
P— wird klein: Pt wird allmählich molariform. Untere M mit engem Tri- 
gonid. früh reduziertem Paraconid. breitem Talonid und schmalem Hvpo- 
conulid. mit Ausnahme von Mt- Obere M trituberkular. 

Die 4 genannten (ienera bilden 4 Stadien, einmal zeitlich, indem 
Mixodectcs im rntereocän auftritt. Microsvops aber erst am Ende des 
Eocän ausstirbt. Es scheinen aber auch morphologisch 4 Stadien zu sein, in- 
dem Olhodotes noch .'5 I hat, von denen allerdings die '1 äußeren reduziert 
sind. Allmählich tritt Schwund ein. auch der P. so dali Microsvops im 
Unterkiefer I, (', P, M n hat und inolarifonnen P,. Osborn weist allerdings 
darauf, daß die Persistenz der C. das Fehlen von Diastemata, das Fehlen 
einer Andeutung antero- posteriorer Bewegung des Unterkiefers, gegen 
Verwandtschaft, mit Kodentia spricht, im übrigen verdienen sie aber diesen 
angefügt zu werden, wo sie dann die neue Unterordnung der 1 Proc.mres 
Osb. bilden würden. 

Es erhebt sich jetzt die weitere genealogische Frage, welcher Art das 
gegenseitige Verhältnis der Duplicidentata gegenüber den Siniplicidentata sei. 

Dali wesentliche Unterschiede sie trennen, wurde klargelegt. Merzen 
wir die aus. die wir als rein adaptive ansehen dürfen, so bleiben andere. 




die teils die Duplicidentata als tiefer stehende Nager ausweisen, teils 
eigener Art sind. Danelten liegen aber Uebereinstimmungen vor. z. 1». 
bei der Placentation. die sich nur durch die Annahme erklären lassen, 
dali beide Unterordnungen näher miteinander verwandt sind als mit irgend 
einer anderen Säugetierordnung. So kommen wir zur Annahme, daß wir 
es mit einer monophvletischen Abteilung zu tun haben, die sich aber früh 
in zwei Stamme spaltete, bevor noch alle Nagennerkmale zur Ausbildung 
gelangt waren. Wenn sich somit nichts prinzipiell der Annahme wider- 
setzt, dali die Siniplicidentata von Duplicidentata abstammen, so konnte 
dies »loch nicht geschehen von uns bekannten I^agomorpha. Aelter als 
aus dem Unter-Mioeän sind uns solche nicht bekannt, während Siniplici- 
dentata bereits aus dem Unter-Eocän l Wasatehl Xord-Amerikas in Paramys 
Leidv vorliegen, denen bald andere folgen, die sich eng an heutige (Ienera 
ansclilielJen. 

Daraus folgt einmal, dali die Fortschritte. Modernisierungen im Sinne 
Schlossers, seit jener entlegenen Zeit für diese Nager nur unbedeutende 



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f>10 



IX. Ordintii};: lloriciitiu. 



gewesen sind. Hieraus folgt dann weiter - was im Augenblick für uns 
noch wichtiger ist «lali ihre doch immerhin in manchen Organen sehr 
spezialisierte Ausbildung ich denke hierbei an die Kauorgane und die 
Mulla mastoidea — von noch älterer Zeit datieren mufc». Damit haben 
wir den Ursprung «1er Rodentia im Mesozoieuin zu suchen. 

Verschiedene Formen figurierten bereits als Vorfahren der Rodentia. 

Schlosser und Fleischinann leiteten sie ursprünglich von Mar>upialia 
ab. Diese Ansicht ist aber unhaltbar. Letzteier hat sie denn auch ver- 
lassen und Schlosser verdanken wir später den Hinweis auf ""Plesiadapis, 
sowie den Nachweis, dafi die Rodentia vermutlich auf Formen zurück- 
gehen mit trituberkularen Oberkiefer- und tuberkulo-sektorialen l'nter- 
kiefer-Molaren. Dabei hält dieser genaue Kenner fossiler Nager «las Auge 
auf die Auffassung Copes. daU die ^Tillodontia die Ahnen der Rodentia seien. 

Die ; Tillodontia sollen uns weiter unten noch beschäftigen. Hier sei 
nur hervorgehoben. «lali sie. seitdem nach dem Vorgange Wort maus die 
' (lanodonta ausgemerzt sind, ein abgeschlossenes, auf das nord-amerikanische 
Koeän beschränktes Phylum darstellen, das uns zwar den Weg zeigen kann, 
den das Nagergebiii bei seiner Reduktion nahm, da Ii es aber übrigens 
wohl keinen oder nur sehr entfernten Zusammenhang mit den Nagern hat. 
Die gleichartige, stark« 1 Ausbildung gewisser Incisivi und der Schwund der 
Canini bei Tillodontia und Rodentia gab Anlatl zu Copes Auffassung. Sie 
«larf nicht verglichen wenk n mit der Vergrößerung einzelner Incisivi. «lie 
bei gewissen Multituberculata angetroffen wird. Dennoch muli diese meso- 
zoische und alteocäne Ordnung genannt wenlen. da gegenüber Schlossers 
Herleitung der Nagerhackenzähne von trituberkularen, Forsyth Major, wie 
auf p. 4s:$ angedeutet, für diese auf die Backenzähne der Multituber- 
culata zurückgreift. Doch leitet Forsyth Major, ebenso wie vor ihm Scott, 
«lie Rodentia von derselben generalisierten (iruppc primitiver placentaler 
Mammalia. den Bunotheria ab. auf welche wir den Ursprung der Ungulata. 
Crcodonta und Prosimiac zurückführen. 

Keinen Reifall kann man der Ansicht F. Ameghinos schenken, der, 
wie manche andere Tiere, so auch «lie Rodentia von «len Micr«)biotheriidae 
herleitet: von Tieren somit, «lie in jeder Unterkieferhälfte einen meisei- 
förmigen Zahn trugen (vergl. p. .Mi». Der hierbei in Frage kommende 
Zweig der Microbiotheriidae, die < iar/.onidao. sollen nach Ameghino der 
Kreide, vielleicht gar «lern oberen Jura angehören: andere Autoren halten 
diese Schichten aber für Miocän. Dieser Zweifel allein schon macht weitere 
Krörterung «lieser Ansicht vorläufig unnötig. 

H. Winge emilich weist auf «lie Uebereinstimmung nieilerster Nager 
und Insectivora und meint, «lali «lie Vorfahren ersferer ursprünglichen 
Iiisektivoren am ähnlichsten gewesen sein wenlen. Wir keimen aber «ler- 
zeit noch keinen Nager, dessen Tympanicum noch ringförmig oder an dessen 
Umwandting der Trommelhöhle «las Alisphenoid sich beteiligt. 

Aus «len niedersten Merkmalen der Nager, die sie gemein haben 
mit primitiven Säugern, entwirft Winge ein Bild der Urnager. «laü aller- 
dings viele Anklänge bietet mit Insectivora. 

Jedenfalls weist der anatomische Bau der Nager darauf bin. «lali sie 
eine sehr alte Ordnung sind. «lie. dank der Kleinheit «les Körpers und 
dessen Anpassungsfähigkeit an alle möglichen Lebensverhältnisse sich enorm 
ausbreitete über die Knie. Hierbei wurden die Tiere unterstützt durch 
ihr Nageverinögen, das ihnen zahlreiche Wege öffnete zur Erlangung 



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Kmhuitia, Vorgm-hiclito. 



von Nahrun«. Wohnung und Schutz. «Ii« anderen Säugern geschlossen 
waren, andererseits aber in ganz charakteristischer Weise ihren Hau änderte. 
Dies war bereits seit langem erworben, noch länger angelegt: trotzdem 
erlebten sie erst vom späteren Tertiär ab Iiis beute ihre Blütezeit, (iegen- 
über den ungeheuren Massen, die heute die Erde bevölkern, treten die 
alttertiären Formen ganz zurück. 

(ierade die ältesten sind aber wichtig, insofern sie primitiveren Hau 
verraten. 

Hier kann nur Einzelnes über sie und über jüngere Formen ange- 
deutet werden. 

Mit oben hervorgehobenem Vorbehalt dürfen mit einiger Wahrschein- 
lichkeit als bisher bekannte älteste Nager in weiterem Sinne ' Plesiadapis 
tierv. und ,f Protoadapis Lein, aus dem basalen Kocän Frankreichs ange- 
sprochen werden. Vielleicht mit noch mehr Recht, nach Matthews und Os- 
horns Darlegung, der gleichalterige Mixodecter Cope und Verwandte 
s. o.). den sein Entdecker gleichfalls für einen Prosimier hielt aus der Vor- 
fahrenreihe von Chiroinys. Der Talus soll an Sciuridae erinnern und 
das (lebiü (vergl. p. .'Mi'.») ist auf dem Wege zu einem (iebili mit Nage- 
zahn und vier molarifonncn Hackenzähnen mit kurzer Krone und peripheren 
Höckern. 

Unzweifelhafte Nager begegnen uns zueist im rntercocän Nord- 
Amerikas (Wasatch) und Europas (Egerkingen z. H.). Sie bilden die Familie 
der +1SCHYROMYIDAE. I| C;;Fj M ;|. Hackenzähne mit Wurzeln und kurzer 
Krone, wo an Stelle der primitiven Spitzen Höcker oder .loche aufge- 
treten sind. Der Masseter ging nicht durch den engen Infraorbitalkanal 
(Winge): Tibia und Fibula getrennt. Diese eoeänc Familie ist zweifelsohne 
eine der primitivsten, die enge Beziehungen hat einerseits zu den Sciuriden. 
andererseits nach Winge zu den übrigen Siniplicidentata. 

Als primitivere Form gilt ; Paramys Leidy iPlesiaretoinys Cojmm, als 
bereits veränderte -tIsciiyromys Leidy mit lophodonten Zähnen. Zu diesem 
(lentis dürfte auch +Sciuromys Schlosser aus dem Eorän Frankreichs 
gehören, womit die Familie auch für Europa nachgewiesen wäre. 

l'nter dem Namen Pseitdosciuridae werden fossile Nager zu- 
sammcngefaUt. die insofern bereits modernisiert sind, als der Masseter 
durch den weiten Infraorbitalkanal geht und nur noch V\ vorhanden ist. 
so dali die Zahnformel lautet J J |. Backenzähne biachydonf. bunodont 
oder lo|)hodont. mehrvvurzelig. 

Hierhin gehören aus dem europäischen Obereocän: +Pseuiiosciurus 
Henscl. + Sciiroides F. Maj.. -Trechomys Schlosser, ^Theridomys 
•lonrd. u. a. Winge ordnet sie seiner Familie der Anomaluridae unter, 
vereinigt sie somit mit dem heutigen Anomalurus. dessen primitive Stellung 
oben bereits zur Sprache kam. 

Dem gleichen Alter gehört in Nord-Amerika ^Protoptyciii s Scott an. 
Diese obereoeäne Form erinnert durch ihre hochspezialierte Mastoidgegend 
an Djpodomys. Auch ihrer Zähne wegen wird sie den tieomvidac unter- 
geordnet, was für das hohe Alter dieser auch heute noch nord-amerika- 
nischen Familie sprechen würde, die dann mioeäne Vertreter hätte in 
+ (Jymxoptyohis Cope. ' Entoptychus Cope u. a. 

Zeitlich würden sich hieran die von Ameghino aus den Pvrotherium- 
Schichten Argentiniens beschriebenen tienera, wie • Asteromys, ~* Cepiia- 
i.omys u. a. anschlielien. unter der Voraussetzung. daU diese Schichten 
dem Entenniocän oder Oligoeän angehören. 



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öl 2 'X. Ordnung: Redentin. 

In letztgenannter Periode treten von bisher noch nicht genannten 
Abteilungen die Cricetinae auf, die in Europa ihren ältesten Vertreter 
in ^Cricetodon Lart.. in Nord-Amerika in + Kumys Lerdy haben. Auch 
erscheint in dieser Zeit die Familie «ler Castoridae mit + Steneofirer 
(ieotf.. etwa von halber (Jrölie des recenten Hilters, während das diluviale 
r Tr(h;ontherii'M Fisch, ihn weit übertraf. 

Daß 4 Castoroides Forst, aus dem Fleistocän Nord-Amerikas mit der 
ein/igen Art + C. ohioen&is Forst, von der (iröbe eines Bären, nur ein 
sehr spezialisierter Biber ist. hat neuerdings Tullbcrg abermals dargelegt. 
Damit verfällt die für ihn und für die westindische ^ Amri.yrhiza (Zope auf- 
gestellte Familie der M'asto- 
roididae. In die Nähe der 
Castoridae gehört die mioeäne 
Familie der r Mylacaumdae 
von Nordamerika, aus der neuer- 
dings Matthew das denus +Ce- 
RATOGAri.rs Matth, beschrie- 
ben hat. das sich von ^Myi.a- 
«At'Lt's Cope dadurch unter- 
scheidet, da Ii die Nasalia ein 
Paar verwachsener grotter 
Fortsätze tragen, welche +C. 

r . ....... . . . r/iinocems Matth, das An- 

riR. .iS4. « <-rjit<iirnnlii- rhinocern* Matth, n. dr. , ... . . ,„ . 

nach Matthew; „ zu einen. Horn veränderte Nn*nlia. se,,on 0,m,s Miniatur- Kllllio- 

cerus geben. 

DieSnrRiDAE halten engen Anschluß an die +Ischyromyidae. Dem- 
gemäti ist die Stellung mancher fossiler Reste noch ungewiß, so die des 
eoeänen + Sciurodon Schloss.. ferner die von +Allomys Marsh, aus «lein 
Miocän Nord-Amerikas. Unzweifelhafte Sciuriden sind aber vom Obereocän 
Kuropas und vom Miocän Nord-Amerikas ab bekannt. Zoogeographisch 
ist interessant, dali Sciurorterus F. Cuv. im süd-französischen Miocän 
vorkommt und zahlreiche fossile Arten von Sciurus in Kuropa auftreten, 
worunter eoeäne. wie ^-.SV. sf>cciabilis F. Maj.. + Sc. fossilis (lieb. u. a. 

Vom Miocän ab erscheinen dann allmählich die übrigen heutigen 
Familien, ungefähr in gleicher allgemeiner geographischer Verbreitung wie 
heute. Dabei kann allerdings das Verbreitungsgebiet der einzelnen Arten 
ausgedehnter sein als in der Jetztzeit. So legte Nehring dar. dali im Dilu- 
vium das gegenwärtige asiatische und osteuropäische Steppengebiet sich 
weiter westwärts ausdehnte, wofür charakteristische Steppentiere, darunter 
auch Nager, wie Alactaga saliens. Spermophilus den Beweis liefern. 

Hier mögen einige Andeutungen folgen über die folgenden Familien. 
Dirodidae: Rechnen wir mit Winge Komys Schloss. aus dem Obereocän 
Frankreichs zu diesen, indem wir ihn in die nähere Verwandtschaft von 
Sminthus bringen, so erscheinen die Dipodidae bereits früh. 

Aus der großen Abteilung der Mi'Ridae kamen die Cricetinae bereits 
zur Sprache Spät treten erst die Microtinac auf. Falls der oligoeäne 
+ //t'/isioniYs Cope Nord-Amerikas ihnen angehört, so wäre dies der erste 
bekannte Vertreter derselben. Wie in der Jetztzeit, so waren auch im 
Fleistocän die Microtinae sehr reichlich in «ler nördlichen Hemisphäre ver- 
treten. Der heutzutage subarktische Kemmts Link verbreitete sich in der 
Eiszeit über einen bedeutenden Teil von Mitteleuropa. 




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X. Ordnung: Tilloilotui.i. 



Die Murinac und Gcrbillinae. die auf die alte Welt beschränkt 
sind, kennen wir bisher nur aus dem jüngeren Tertiär. Allein schon die 
Tatsache, daü sie in Australien durch verschiedene, teilweise spezialisierte 
< leschlecliter vertreten sind, beweist ihr weit höheres Alter. 

Von der grotien Abteilung der Hystricoidea bewohnen heute nur 
die IIv>tricidae und Ctenodactvlidae die alte Welt. So war es auch früher. 
Allerdings sind die afrikanischen Ctenodactvlidae fossil mit Sicherheit unbe- 
kannt. Hystricidae aber erscheinen bereits im Miocän Kuropas. Alle 
übrigen Hystricoidea gehören Süd-Amerika an. Was von ihnen in Nord- 
Amerika vorkommt, ist wohl erst im IMcistociin eingewandert. 

Aus den Höhlen Brasiliens, namentlich aber aus der Pampasformation 
Argentiniens kennt man zahlreiche Formen, die der dortigen heutigen 
Fauna »ich anschließen, namentlich aus der Familie der Caviidae und 
Chixchillidae, die auch jetzt noch die Riesen der Ordnung enthalten. 
Die zahlreichen ausgestorbenen V erwandten erreichten aber zum Teil be- 
deutendere Grötie. Darunter ragt + Meoamys taurill.. der sich I^igo- 
stomus näherte und Hippopotamus-Gröbe erreichte, hervor. 

Für die (ienealogic dieser Formen ist nicht unwichtig, dali die oben 
genannten Ischvromyidae durch +Theridomys .lourd. mit den süd-amerika- 
nischen Octodontidae. durch +Archaeomys Laiz. et Par. mit den Chin- 
chillidae sich verbinden, während ^Nesokerodox Sehloss. und andere an 
die Caviidae. also gleichfalls an heutige Formen Süd-Amerikas sich an- 
schließen. 



X. Ordnung: Tillodontia. 

Hin eigenes Interesse knüpft sich an diese Ordnung nord-amerika- 
nischer Tiere von bedeutender Gröbe, die Mir aus dem unteren und 
mittleren Kocän bekannt sind. Cope hat nämlich die Hypothese auf- 
gestellt, dat» sie die Vorfahren der Kodentia seien. Allerding.-, um Ii 




Fijr .'iS.">. Tillolht-riiiiii Mien*; nach Marsh. ' , n. (!r. 



hinzugefügt werden, dali zu der Zeit die Meinungen darüber auseinander 
gingen, welche Genera dieser Ordnung einzufügen seien. 

Wrlii'r . s:iirj.-1: ;t3 



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f>14 



X. Or.l nung: Tillodontia. 



Ks hegt nicht auf unserem Wege, uns hierin zu vertiefen. Ich folge 
ilatier Wortman. <ler versrhieilenc (ienera aus diesem Komplex von Tieren 
lierausheht und als (ianodonta vereinigt. Von dieser Unterordnung, die un- 
gefähr den +Taeniodonta fopes entspricht, wurde auf p. 4<»7 dargelegt, 
«lali Wortman der Ansicht huldigt, da Ii sie als eocäne Xenarthra und als 
Vorfahren der süd-amerikanischen Xenarthra zu hctrachten seien. 

Ks bleiben alsdann die drei (ienera f Ksthoxyx Cope. > Anchippodus 
Leid.v und + Tili.otherium Marsh übrig, die füglich mit Marshs Namen 
Tillodontia belegt werden können. Sie bilden ein eng geschlossenes 
Phylum. in welchem die drei genannten l iesehlcchtci drei progressive 
Stufen bilden bezüglich des (iebisses. Das Skelet ist derzeit nur von 
' Tillotherium bekannt. 

+ Ksthoxyx aus dem rntereocän (Wasatch) hat 1*C| P [ M ;. Unten 
ist I , im Hegriffe zu verschwinden. I, ist erheblich reduziert, I ; aber 
sehr vergrößert, nur v<irn mit langem Schmelzband. Die Hintertläche i>t. 
abgesehen von einem schmalen Bande, übrigens ohne Schmelz. Aehnlich 
verhält sich oben I - : I :! ist weit kleiner. I 1 geschwunden. 

Das Wenige, was von + Anchippodus aus der nächst höheren Lige 
des Kocän bekannt ist. zeigt, dat» 1, stärker reduziert ist. Ein Schritt- 
weiter fuhrt uns zu * Tillotherium aus dem Mitteleocän i Bridger). Infolge 
Schwundes von I, lautet die Zahnformel I f ('} Pjj Mij. Kin Paar oberer 
und unterer I wächst von persistenter Pulpa aus und ist nur vorn mit 
Schmelz bedeckt. C sehr klein. 

\'on dem tSenus weili man weiter, da Ii der Schädel • Fig. .'J>Cm lang- 
gestreckt und niedrig ist mit kleiner (iehirnhöhle. Die Orbita ist in weitester 
Verbindung mit der Temporalgrube. Sagittalkamm vorhanden. Frontale und 
I^icrvmale grob; desgleichen das Intcrmaxillarc. entsprechen«! den groben 
In/isivi. Es erstreckt sich zwischen Maxillare und dem langen Nasale 
bis in die Nähe der Frontalia. .lochbogen ausgedehnt, aber schlank. 
Processus posttvmpanicus und paroccipitalis vereinigt. Tvmpanicum klein, 
(lelenkgrube für den Unterkiefer mit Processus postglenoideus: sie ist 
weit zur Aufnahme des breiten, konvexen (lelenkkopfes des Unterkiefers. 

Lleuchtet man ferner, daß die Krone der Backenzähne braehydont. 
schinelzbeilcckt. oben trituberkular. unten tuberkulo-sektorial ist: daü die 
Tiere ein Kommen cntepicondyloidcmn und Trochanter tertius hatten, datt 
sie unguikulat und vermutlich plantigrad waren, so liegen eben Charaktere 
eoeäner Säuger vor. Wir sind aber Ober ihre Vorgeschichte ebensowenig 
wie Aber das. was aus ihnen wurde, unterrichtet. Nach dem Mitteleocän 
sind sie nach unserer derzeitigen Kenntnis plötzlich geschwunden. 

Ihr Zusammenhang mit den Hodentia ist ein sehr problematischer: 
höchstens können sie zur Zeit ein Bild geben, in welcher Weise die 
Reduktion des Nagergebisses geschah. 



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XI. Ordnung: Carnivora. 



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XI. Ordnung: Carnivora. 

Vier wohlbekannte Tiere: Hund. Katze. Bär und Seehund geben ein 
gutes Bild der Verschiedenheiten nach Kürperbau. Nahrungsweise und 
Gemütsart, die innerhalb der Säugergruppe aultreten, die auch der Laie 
als Raubtiere leicht zusammenfaßt. Für den Zoologen stößt aber eine 
scharfe diagnostische Zusammenfassung der Carnivora auf Schwierigkeiten, 
da die Kombination verschiedener Charaktere den Mangel an ein/einen 
wichtigen, allgemeinen Merkmalen ersetzen mulJ. In der recenten Tierwelt 
unterscheiden wir zwei große Gruppen die terrestren Carnivora fissi- 
pedia und die durchaus aquatilen C. pinnipedia. Letztere bieten erheb- 
liche Verschiedenheiten dar. die hauptsächlich durch die Anpassung au die 
Lebensweise im Wasser zu erklären sind. Sie machen eine getrennte 
Besprechung wünschenswert, obwohl die wichtigsten Charaktere beiden 
Karnivorenabteilungcn gemein sind. Sie würden folgende Diagnose an 
die Hand geben: 

Unguikulat, meist karnivor; Gebiii heterodont, diphyodout mit ur 
sprünglich i \ \ J Wurzelzähnen, die anfänglich tuberkulo -sektorial, 
quadriturberkular oder multituberkular sind. Clavicula rudimentär oder 
fehlend. Pollex und HaJlux niemals opponierbar. Scaphoid. Lunatum und 
Centrale carpi verschmolzen. Mit oder ohne Foramen entepicondyloideum. 
Trochanter tertius fehlt. Nur ausnahmsweise ein Orbitalring, rnterkiefer- 
gelenk mit ausschliesslich ginglvmiseher Winkelbewegung. Processus angu- 
laris des Unterkiefers nicht eingebogen. Knöehener (iaumen vollständig. 
Fossa ptervgoidea fehlt meist ganz. Hemisphäre gut entwickelt, mit 3—4 
konzentrischen Bogenfurchen um die Fissura Sylvii. Die Landformen 
makrosmatisch. Testes extraabdominal, l'terus bicornis. I'lacenta zonal, 
deciduat. Zitzen abdominal. 

Eine dritte Abteilung die Creodonta ist nur fossil bekannt und darf 
als die Stammgruppe betrachtet werden, aus welcher sich die heutige 
Carnivora entwickeln. 

I. Stamm: Carnivora fissipedia. 

i Feme I . i 

Diese terrestren Kaubtiere sind meist Sarkophag, seltener omnivor 
oder phvtophag. Die Größe ihres ebenmäßig ausgebildeten Körpers liegt 
zwischen der des Wiesels und des Löwen: die Mehrzahl erreicht jedoch 
nur die Größe eines mäßigen Hundes. Gewandtheit der Bewegungen. 
Mut. Schärfe der Sinne macht aber ilie von lebender Beute lebenden Arten 
zu gefährlichen Gegnern. Nur vereinzelt überragt das Männchen das 
Weibchen bedeutend an Größe. 

Kin Haarkleid fehlt niemals, es kann aber äußerst kurz und glatt 
oder lang und wollig sein mit Stichel- oder Wollhaaren. Ks bietet nur 
selten Anklänge an ursprüngliche Zustände. So treten bei jungen Exem- 
plaren von Katze und Hund die Haare des Kückens noch in der Dreizahl 
auf. Dieser vorübergehende Zustand macht aber der Vereinigung zu Haar- 
bündeln Platz. Letztere ist die allgemein vorkommende Art der Haaranord- 
nung bei Carnivora [de Meijere|. Häutig tritt ein durch Dicke auffallende* 
Mittelhaar auf. das auch wohl isoliert stehen kann. Ohne auf die wirk- 



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XI. Ordnung: I. Carnivora fWipedia. 



liehe Bedeutung der Haare zu achten, unterscheidet man seit langem im 
Karnivorenpelz neben dicht stehenden Wollhaaren. die hervorragenden 
Stichelhaare. Deren Dichtheit, Stärke und Glanz macht den Pelz vieler 
Arten zu einem begehrten Handelsartikel. 

Fleckige oder streifige Zeichnung kommt häufig vor. Sekundäre 
Geschlechtscharaktere äußern sich mir selten im Haarkleide, wie die Mähne 
des Löwen. Wie bei anderen nordischen oder alpinen Säugern, tritt auch 
unter Carnivora beim Eisfuchs (Canis lagopusi und Hermelin (Putorius 
erminea) die Erscheinung auf, «laß der Pelz in der kalten Jahreszeit eine 
weiße Farbe annimmt. Dies beruht auf einem vollständigen Wechsel der 
Haare, wie er in nördlicheren Gegenden der Mehrzahl der Säuger zu- 
kommt. Das winterweiße Kleid trägt der Hermelin in .südlicher liegend 
nur 4 Monate lang, im hohen Norden aber fallt H Monate. Die größere 
Dichtheit des Winterpel/.es fand G. Schwalbe nicht durch größere Haar- 
zahl veranlaßt, sondern durch größere Dicke und Länge der einzelnen 
Haare. Die Oberlippen tragen meist lange Tasthaare mit größerem peri- 
follikulärem Blutsinus. 

Acinöse und tubulöse Drüsen kommen allgemein vor und sind als 
Regel an die Haarfollikel gebunden. Sie fehlen auch der Katze und dem 
Hunde nicht, wie häutig behauptet wird. Beim nackten Hunde «Canis 
familiaris caraibaeus* können sie selbst sehr groß werden. Im allgemeinen 
ist aber ihre Ausbildung beim Hunde nicht bedeutend. Auf «lieser ge- 
ringen Perspiration und damit verbundenen Wärmeabgabe mag gerade 
«lie beim Hunde auffallende Gewohnheit beschleunigter Respiration bei er- 
höhter Temperatur o«ler erhöhter Wärmepnxluktion durch Bewegung be- 
ruhen. Ausgiebigere und häutigere Durchlüftung der Lunge besorgt hier 
«lie Wärmeabgabe, die sonst durch «lie Haut geschieht. In konglobicrter 
Form treten Drüsen zunächst als Analdrüsen 1 ) lAnalsäckc. Glandulae 
anales, Bursac anij auf (Fig. 21 p. 27) und scheinen nur «len Crsidae 
un«l Procyonidae zu fehlen. Es sind Hauteinstülpungen, deren Wand meist 
unbehaart ist und «lie zahlreiche große, acinöse und tubulöse Drüsen, seltener 
nur eine Art. in verschie«lener Anordnung enthalten. Diese ergießen ihr 
Sekret in die zentrale Höhe des Sackes, welche mit einfacher oder kanal- 
artig verengerter Oeffnung je«lerseits an «ler Grenze «1er behaarten Haut 
und des End«larmes ausmündet. Seltener tritt mehr als ein Paar auf 
(Herpestes) oder Verschiebung eines Paares unter die Schwanzwurzel (Meies). 
Eine Muskelschicht, «ler Hautmuskulatur angehörig, umgibt «len Sack und 
befähigt ihn zuweilen, «las stinkende Sekret zur Yerteitligung meterweit 
auszuspritzen, was den südamerikanischen Concpatus. «len nordamerikanischen 
Mephitis, den orientalischen Helictis. «len inalayisehen Mytlaus. «lie afrikanische 
Mellivora zu gefürchtete Tieren macht und ihnen den Namen Stinktier, Stink- 
dachs u. s. w. eintrug. Dieselbe Eigenschaft, wenn auch in viel geringerem 
Maße, gab in unserer Fauna Anlaß, die Iltisse und Wiesel Putorius und 
Foetorius zu taufen. Bei geringerer Entwi« k«>lung, wie bei Katze un«l Hund, 
welch letzterem Analdrüsen zuweilen abgesprochen wurden, dienen sie. «la 
sie stets beiden Geschlechtern zukommen, wohl zu gegenseitigem Erkennen, 
wie die Hunde täglich beweisen, wenn sie einander beriechen. 

1) UeberflÜK.sig zu siigcn, dal) hiermit nicht zu verwechsln sind die weit ver- 
breiteten acifiMwu und tuhiilösen Drüsen, die hieb natürlich auch um After, ebensogut 
wie (uni*t in der Haut finden, hier aber häufig groß werden und auch wohl Anal- 
oder Zirkumanaldriiscn pnannt werdeu. 



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Carnivora h>M|»edia, Kürporbau. 



;.i7 



Neben Analdrüsen haben die Yiverrinae. jedoch mit Ausnahmen, wie 
Linsang. Cy nodale. Cryptoprocta. Fossa. Enpleres. Xandinia: Perincaldrfisen. 
aucli Präskrotaldrüsen genannt. Es sind dies grobe, paarige Drüsensäcke, die 
entweder in einer nnpaaren, postpenialen oder postvaginalen Hauttasche oder 
in einer Hauts]>alte ausmünden und ihr starkriechendes, teigiges Sekret 
(Zibeth. Viverreum) durch Ausstülpung des Apparates entfernen. Einzig 
unter Carnivora ist eine bei Xandinia vor der Geschlechtsöffnung beider 



Fig. 388. Vivcrra eivetta. /' Penis /> Zibethindrüse; .V ihr Spalt; A Ann«. 
Von der Seite; nach .T. Chat in. 

Geschlechter liegende Drüsenmasse, die auf einem fast haarlosen Drüsen- 
feld ausmündet. Sie gab noch im .Jahre Anlab zur Ansicht, ob nicht 
Xandinia etwa ein Beuteltier sei! Ganz anderer Art ist die „Yioldrüse". 
die beim Fuchs und nächsten Verwandten auf der dorsalen Schwanzwurzel 
auftritt und auch beim Wolf in letzten Resten noch vorkommen soll. 

Die Milchdrüsen liegen stets abdominal, damit auch die Zitzen, deren 
Zahl höchstens Ii— 7 Paar beträgt, wie bei C'uon. während die Mehrzahl 
der Hunde höchstens ä Paar hat. Die Feliden haben meist Paar, die 
Hauskatze 4 Paar. Xur 1 Paar bei Cercoleptes, Lutra und Verwandten. 

Die Xagelphalangcn tragen stumpfe oder spitze Krallen, die im 
letzteren Falle mehr oder weniger unter die Haut zurückgezogen sind 



durch Rotation der Xagelphalanx. Diese geschieht durch ein elastisches 
Rand, dati von der DorsalHäche der Xagelphalanx zur lateralen Seite 
der 2. Phalanx zieht und die Xagelphalanx dorsalwärts rotiert fvergl. auch 
Fig. i>0* p. 114). Erst durch Kontraktion des Musculus Hexor digitorum 




Fig. 3K7. Finger einer Katze. 
m Metacarpu.*, -\ .f erste (rifl dritte 
l'halange; s Sesamknochen; t elasti- 
sches Band; / Sehne des Musculus 
flexor profundus, die zur Nagel- 
phalanx i.f) zieht. letztere ist oben 
in der Knhelage, unten beim (Ge- 
brauche gestreckt, dargestellt. 




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;>1S XI. Ordnung: I. Carnivora fissipedia. 

profundus wird die Nagelphalanx gestreckt und tritt die Kralle aus ihrer 
Hautsrheide zutage. 

Der Schädel (Fig. .19. p. 4*) ist entweder langgestreckt, namentlich 
in seinem Oesichtsteil und alsdann mit einem Scheitelkamm versehen, oder 
al»er er ist kurz und rundlich, in welchem Falle der Sagittalkamm meistens 
fehlt. Die Ausbildung des letzteren steht in Verbindung mit der Aus- 
bildung des Musculus temporalis. Diese ist an und für sich, namentlich 
in Vergleich mit dem gleichfalls kräftigen Muse, masseter. mehr noch mit 
den Musculi pterygoidci eine bedeutende. Letztere Muskeln, damit auch die 
Fossa pterygoidea. die ganz fehlen kann, treten zurück, da die Bewegung 
der Kiefer eine ganz einseitig ginglymischc ist. entsprechend dem Hau 
des Kiefergelenkes. In dem Matfe als viel gefordert wird von der 
einfachen Auf- und Niederbewegung des Unterkiefers ist auch der 
Muse, temporalis sehr stark. Damit paart sich namentlich bei langen, 
schlanken Schädeln offenbar die ursprüngliche Schädelform viel- 
fach ein Sagittalkamm zum Ursprung des Muskels: bei kurzen, rundlichen 
Schädeln grobe Weite der .lochbogen, die bei allen Carnivora gut aus- 
gebildet sind, und bedeutende Tiefe der Temporalgrube. letztere ist 
stets in weiter Kommunikation mit der Orbita. Nur bei einzelnen Hor- 
pestinae kommt ein Orbitalring zustande, bei anderen wird dies eingeleitet 
durch Processus postorhitales der Stirn- und Jochbeine, die sehnig ver- 
bunden sind. Wieder bei anderen, z. B. Felidae. sind selbst die Processus 
postorbitales der Frontalis kurz oder fehlen ganz. Die Condyli des Hinter- 
hauptes können sich auf das Basioecipitale ausdehnen bis zur völligen Ver- 
schmelzung in der Median- 
linie (Mustelidaet (s. p. 42). 
Der knöcherne Gaumen i>t 
vollständig verknöchert, reicht 
wenigstens bis zum Ende der 

Zahnreihe, zuweilen selbst 
weiter. Foramen opticum. 
Foramen sphenorbitale, ovale, 
rotundum. lacerum anterius 
und posterius, condyloideum 
treten selbständig auf. Nach 
den Darlegungen von Turner. 
Flower und Winge erscheint 
«las Tvinpanicum und seine 
Umgebung von grober syste- 
matischer Bedeutung. Das 
Tvinpanicum bewegt sich in 
zwei Richtungen. Sein pri- 
mitiver ringförmiger Zustand bleibt bei der einen Abteilung der Carnivora: 
den Herpestoidea Winge (Ailuroidea Flower) mehr oder weniger bestehen. 
Ks wird ein verschieden breiter Halbring, der nur den Anfang eines 
knöchernen, äuberen (iehörganges bildet und nur ganz unvollständig die 
Trommelhöhle absehlieben hilft. Dieser Abschluß blieb im übrigen häutig 
und knorpelig, z. B. bei dem fossilen "Aniphictis. und wird noch so bei 
Nandinia angetroffen. Sonst aber wird in dieser Abteilung von einem be- 
sonderen Knochenkerne aus eine Bulla ossea gebildet, die somit ein selbst- 
ständiges O« bullae darstellt. Wo «lies mit dem Tvinpanicum zusammen- 



m 





Fig. 3SS. Hintere* Endo de* BchSdeU von 
Paradoxum* miMAngn. Jederzeit« i*t die tynipn- 
niile Gegeild von der betreffenden Sx ( .jt<. dargestellt; 
link* nach YVepnahui der Bulla. B Hulla; BO 
HaMncci|titale; HS Bfl*i»phenoid : C (Vindylus; Ms 
Ma-toid; 00 Ohrüffniuig; f» Proceftau« postaudi- 
ti vu*» (poftttympanieuft); Pf ProccSMM jiiRali*: pf> 
Proc iMfoecipitalis: S tjqtuunaniiii; So Bnpra- 
OcHpitale; 7 Tviupaiiicuiu. 



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Carnivora fi*si|>ediH, Körperbau. 



r>u> 



trifft, bilden beide eine vorspringende Kante, die eine Scheidewand von 
verschiedener Höhe formt. Hierdurch wird die Trommelhöhle in 2 Ab- 
teilungen /erlegt: eine äußere durch das Tympanicum gebildete, in welche 
die Tuba Eustachi! ausmündet und von welcher der Meatus auditivus 
externus ausgeht, und eine innere, hintere vom Os bullae umwandete. die 
blasig aufgetrieben sein kann oder wie bei den Hyaenidae nur klein ist. 

Bei allen (ihrigen recenten Carnivora tissipedia, also der Abteilung 
der Arctoidei Winge (Arcto-Cyonidae Flower) ist das Tympanieum groß, 
schüsselförmig und bildet allein die Außenwand der Trommelhöhle, die 
gleichfalls zu einer großen Bulla ossea aufgetrieben sein kann. Einen 
Yerknöcherungspunkt im hintersten Teile der Außenwand der Trommel- 
höhle, der aber bald vom Tympanicum aufgenommen wird, betrachtet 
Winge als Andeutung eines Os bullae. Er tritt der Behauptung, die 
Flower inaugurierte, entgegen, daß bei den Canidae (Cynoidea) die oben- 
genannte Seitenwand in der Trommelhöhle gleichfalls, wenn auch nur in 
geringer (iröße. auf- 
trete. Es handle sich 
nur um Yerknöche- 
rnng von Schleim- 
hautfalten, die an- 
ders gerichtet sei 
und bei Helictis be- 
deutende (iröße er- 
reiche, i Jegenüber 
dem Verhalten des 
Tympanicum treten 
andere, gleichfalls 
in der Systematik 

verwendete Er- 
scheinungen an der 
Basis cranii an 
Bedeutung zurück. 
Ihre Bedeutung ist 
aber nicht zu ver- 
kennen we«en ihrer 
Beständigkeit und 
da sie dem Einfluß 

von Anpassung nur geringfügig unterworfen sein können. Es sind dies 
zunächst der Canalis caroticus. Die Carotis interna durchbohrt nicht 
mehr wie bei Marsupialia das Basisphenoid. sondern tritt entweder hinter 
der Bulla in das Petrosum, durchzieht dasselbe und tritt vor derselben 
wieder zutage, um durch das Kommen lacerum anterius in die Schädel- 
höhle einzutreten. Im systematischen Teil werden wir diesen Yerlauf. wie 
er bei den Aretoidea angetroffen wird, lang nennen gegenüber dem kurzen 
Yerlauf. wenn die Carotis durch die Bulla (Felidae. Hyaenidae > oder nur 
neben ihr in einer Furche, auch wohl entgegengesetzt durch einen kurzen 
Kanal im Petrosum zieht ( Yivcrridaei. Kerner ist der Canalis alisphenoideus 
für die Artelia maxillaris interna der Carotis externa zu nennen. Filter 
den Herpestoidea haben ihm nur die Mehrzahl der Yiverridae. unter den 
Aretoidea die Frsidae und Canidae. Der Processus paroccipitalis ist ent- 
weder ganz gesondert von der Bulla (Aretoidea t oder höchstens mit ihr 




Fig. 3S<». (Jucrchnitt durch die Trommelhöhle und 
Umgebung von Ursus horribilif ; nach Flower. H Haskxx-ipi- 
tale; c Carotixkanal ; <* Hingang in die KiiHtnchische Röhre; 
/»Meatus auditivus externus; .V S<)uanio*uin; / Tympanicum; 
t tyiiipiuinlrr King. 



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f>20 



XI. Ordnung: I. Carnivora fig«ipedia. 



in Berührung (Canidac), oder aber er umgreift dieselbe von hinten wie bei 
<len Herpestoidea, was aber bei den Felidae nur angedeutet ist. 

Der Unterkiefer hat entsprechend der Stärke des Musculus tempo- 
ralis einen hohen Processus coronoideus. der Processus angularis ist ge- 
wöhnlich klein, spitz endend und etwas einwärts gebogen. Ausnahmsweise 
ist er kräftiger wie bei Aelurus und Cryptoprocta. Zum Fang der lebenden 
Heute und weiteren Verarbeitung derselben, wobei es in erster Linie Zer- 
schneiden von Fleisch und Knochen gilt, ist eine feste Verbindung des 
Unterkiefers mit dem Schädel und einfache Scharnierbewegung nötig. Diese 
wird erzielt durch eine von vorn nach hinten tief konkave, transversal ge- 




Fig. #•«>. Skelet eine* Hunde* in den Körper- Umriß eingezeichnet; nach Ellon- 
berger und Baum modifiziert rCarpu«; D Digiti: /•* Fcmur; /"* Fibula; //Humen»: 
/ Ilium; Ii Isehinm; I. /— ; die 7 Lendenwirbel; .1/ Metacarpnn; .1/7* Mct*tar>u*; 
/'Pubii»; /'a Patella; R Kadiu*; .¥ fVapula ; 7'Tibia: Th j— ij die Thorakalwirbel, von 
denen die beiden ersten hinter dem Schulterblatt liegen. Davor 1-7 die Halswirbel; 
7> Tanm«; U Tina; 1 — 13 Kippen. 

richtete lange Fossa glenoidea, in welche die halbcvlindrische Walze des 
Uondylus mandibulae derart paßt, dali sie sich bei manchen niacerierteu 
Schädeln (Meies z.H.) nur mit Gewalt daraus entfernen läßt is. o. Fig. äti. II, 
p. 72i. Die Längsachsen «ler beitlerseitigen Kiefergelenke sind rein quer- 
gerichtet, so dali sie sich nicht wie bei den Inseetivora vorn schneiden. 
Hinter tler Fossa glenoidea tritt in der Regel ein Kommen postglenoideum auf. 

Die Wirbelsäule hat bei den Felidae 1.1 Dorsal- und 7 Lendenwirbel, 
was auch die gewöhnliche Zahl für die Canidae ist. Hei anderen Gruppen 
herrscht weniger Regelmali. doch wird nie mehr als 14» — f— l> (Mephitis) er- 
reicht und wohl nicht weniger als 14-1 4 (Mellivora nach Flowcr). Sakral- 
wirbel sind fast stets .*J vorhanden, ausnahmsweise werden 2 oder bis U 
angegeben. Abgesehen von den Hiiren und von Mydaus und \'erwandten. 



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Carnivora fissipcdia. Kür|xrlmu. 



521 



«leren Schwanz nur D — 11 Wirbel enthält, ist derselbe sonst stets ^ut 
entwickelt und kann bei Arctitis bis 34 Wirbel haben. Auffallend sind 
bei verschiedenen Rassen von Hauskatzen die Difformitäten der Schwanz- 
wirbel. Bei der Rasse von der Insel Man schwanden sie bis auf.:*; ähn- 
liche Verkürzung hat auch bei der malayischen Rasse statt, häutiger noch 
winkelige Torsion derselben. Ausnahmsweise wird der Schwanz ein (Jreif- 
schwanz bei Cercoleptes caudivolvulus. 

Die Clavicula ist bei Felidae noch am besten entwickelt, aber auch 
hier ist sie ein rudimentärer Knochen, der weder Stemum noch Acromion 
erreicht, sondern zwischen Muskeln verborgen in einem Sterno-acromial- 
Hand liegt. Auch bei Cercoleptes ist sie noch ziemlich entwickelt, bei 



Während die Ursidae. Procyonidae und Mustelidae plantigrad sind 
mit 5 Fingern und f> Zehen, mit einziger Ausnahme von (ialeriscus Jacksoni 
Thms. mit nur 4 Fingern und 4 Zehen, besteht bei den Viverridae bereits 
die Tendenz. Mittelhand und MittelfuU aufzurichten. Dementsprechend ver- 
lieren diese teilweise bereits ihre nackte Sohlenrläche und werden in ver- 
schiedenem Grade behaart. Auch kann mit Semidigitigradie die normale 
Finger- und Zehenzahl V— V, V— IV endlich IV— IV werden; der Hallux. 
schließlich auch der Pollex kann also verschwinden, wie dies bei Suricata 
tetradactyla der Fall ist. Zur schnelleren Fortbewegung wird endlich Mittel- 
hand und Mittelfuß ganz aufgerichtet, rundum behaart, der Gang digitigrad, 
wie bei den schnelllaufenden Canidae und den springenden Felidae. Damit 
geht gepaart der Verlust des Hallux. von dem nur ein Rudiment bleibt, zum 
Ansatz des Musculus tibialis anticus, mit Ausnahme einzelner Rassen des 
Haushundes, bei denen selbst noch 2 Phalangen auftreten können. Diese 
Hypertrophie einer Kulturform wird noch auffälliger durch Verdoppelung 
des Hallux. „Hubertuszehe" bei manchen Hunden, namentlich beim Dachs- 
hund. Auch in der Vorderextremität tritt Verkürzung des Pollex ein. so 
daß er den Roden nicht mehr erreicht und bei Lycaon unter den Canidae 





anderen fehlt sie ganz. Dem nu- 
merus fehlt ein Foramen entepi- 
condyloideum bei Ursidae, Canidae. 
Hyaenidae; bei Mustelidae kann es 
auftreten, häutiger noch bei Viver- 
ridae — hier wird es hei Crypto- 
procta selbst sehr groß. Vorhanden 
ist es, wenn auch klein, bei recenten 
Felidae. 




Fi«. 301. Sohlenfläche der Hand 
eines Haushunde», nach Ellenberger und 
Baum. «Carpal-, /»Sohlen-, bim-., Fingcr- 
hallen. 



Fig. 'A9'2. Erste, zweite und dritte 
t'halange vom 3. Finger de« Löwen, 

4 knöcherne Grundlajrc der Kralle. 

5 Knochen lamellc welche die Krallen- 
Basis t>cdeckt. 



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522 XI. Ordnung: I. Carnivora fiwdpedia. 

ganz wegfällt. Auch die Hyaenidae haben nur noch rudimentäres Meta- 
carpale I und Metatarsale I. 

Die Nagelphalangen sind stets seitlich komprimiert und bei hoher 
Ausbildung der Hornkralle mit. einer basalen Knochenscheide des Nagel- 
bettes versehen (Fig. .*?!>2;. Hei Fehden mit scharf zugespitzten Krallen 
werden dieselben vor Abnutzung dadurch geschützt, daß sie zurückge- 
zogen werden durch Rotation der Nagelphalanx ()>, öl 7 t. Diese Hyper- 
extension kann, wenn auch in viel geringerem Matte, auch bei Viverridae 
vorkommen. Nur bei aquatilen Formen kann Reduktion der Krallen ein- 
treten, namentlich bei Lutra cinerea III., deren rudimentäre Krallen Anlatt 
gaben sie als Aonyx leptonyx abzutrennen. Bei diesen (Lutra. Enhydris, 




Fig. WXl. LängHwhiiitt durch die Nasenhöhle von Felis pardu.*. m Maxillo- 
turbinale, / Na>oturbinalc, a— $ die medianen Kthmoturhinalia. 



Cynogalej treten auch Schwimmhäute auf. In der Handwurzel sind Scaphoid 
und Lunatum stets zum Scapho-Lunatum verschmolzen. Dieser Verlust der 
Selbständigkeit datiert von den : Crom Ion ta ab, unter denen nur ganz ver- 
einzelt, z. B, bei +Hyaenodon. bereits Verschmelzung eintrat. Ein selbst- 
ständiges Os centrale fehlt dem erwachsenen Tiere, da es mit dem Scapho- 
Lunatum verschmilzt. Zuweilen tritt ein radialer Randknochen auf, der mit 
dem Scaphoid oder mit dem Trapczium oder mit beiden artikuliert. Liga- 
mentös kann er sich mit dem Metacarpale verbinden und damit gleich- 
falls dem M. abductor pollicis zum Ansatz dienen. Die Fußwurzel bietet 
nichts Abweichendes: dem Femur fehlt ein Trochanter tertius. 

Am makrosmatischen Gehirn sind die Hemisphären, die teilweise das 
Cerebellum bedecken, auffällig charakterisiert durch H oder 4 Bogen- 



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Carnivora ftosipedia, KOrperbau. 



furchen, die bogig übereinander liegen und von denen die unterste die 
tiefe Fissura Sylvii umzieht (p. 120). Vom Innenrande jeder Hemisphären- 
hülfte zieht eine deutliehe Furche: Fissura cruciata. die vielleicht der Fissura 
centralis entspricht, nach abwärts und außen und begrenzt den Stirnlappen 
von hinten. Das Gehirn ist ausgesprochen makrosmatiseh. 

Fig. .KU. K<>chte GrnlHnrn-Hemi*phärcdea 
Haushunde«, nach Kllenltcrger und llauni. 
tr.p (jyrti* centralis anterior und posterior; 
zwischen beiden liegt «lio Klus, cruciata; rma, 
empÜytVM conipositus anterior und posterior ; <» 
(st»} G. ooronali« («uproylviua anterior); ec*, trm, 
<•./> Stilen* (H-tosylviiiH anterior, meditt», posterior: 
> olf. Süden* intraolfactorim»; I»hus olfac- 

toriiiH, punktiert; /.. «>b. Lobu» orbitalm ge- 
strichelt; Pr Prorea; Si tiyru» sigmoideus; ss, 
ssa, Gjitu Bupraaylviu« anterior, med i Ii«, 
poeterior; iyo, syp (.irrü* Sylvins tun die Fissura 
Sylvii; tr n Tractu* olfaetoriu*; f Fncus (I/>1)Uh 
pyriformin). Neben dieser Nomenklatur vergl. 
die auf pag. 12« angewandte. 

Alle Sinnesorgane sind gut ausgebildet. In erster Linie das (le- 
ruchsorgan. das nach Paulli bezüglich Siebbein und Kndoturbinalia den 
Insectivora sehr eng sich anschließt. Fs hat vier Kndoturbinalia mit fünf 
Riechwülsten bei den Herpestoidea (Aeluroidea) und bei den Canidae. 
während bei den übrigen eine Vermehrung der Hiechwülste auf sechs 
oder sieben eingetreten ist. Das Maxilloturhinalc ist in seiner ursprüng- 
lichen Form doppelt gewunden (s. p. lf>0). Ks behält diese Form bei 
oder es ist ästig. Hiernach will Zuckerkandl die Haubtiere in zwei ( huppen 




Fig. 30ä. Permanentes Ol>il5 vom Haushund, nach Tim«. Für das Milchgebiß 
vergl. Fig. 142 p. 184. 

verteilen. Ausführlicher hat dies Cope getan. Darnach erhalten wir die 
Kpiinyeteri. mit gewundenem Maxilloturbinale. das klein ist, jedenfalls «las 
Nasoturbinale und den zweiten Kicchwulst nicht von der vorderen Xasen- 




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r>24 



XI. Ordnung: I. Carnivora fUsipedia. 



Öffnung aus^chliebt (Fig. WW). Diesen Zustand haben die Herpestoiden 
(Aeluroidea): er findet sich, wenn auch vereinzelt, auch bei primitiveren 
Formen der Arctoidea (Arcto-Cynoidaej. Damit wird die Grenze abge- 
schwächt, die sonst gestatten würde, diese als Hypomycteri zusammen- 
zufassen wegen des Besitzes eines ästigen Maxilloturbinalc von solcher Größe, 
daß es das Nasoturbinale und den zweiten Riechwulst von der vorderen 
Nasenöffnung ausschließt. Diesen Zustand finden wir in maximo bei den 
Seehunden tp. h*>4. Fig. 117). Ein Sinus maxillaris fehlt nie. Pneumati- 
zität erstreckt sich ferner in das Frontale und Basisphenoid und kann bei 
großen Formen auch weitere Ausdehnung erhalten. 

Das stets gut entwickelte Auge besitzt • soweit bisher unter- 
sucht in hohem Maße das Phänomen des sog. Leuchtens. Dies beruht 
auf der Anwesenheit eines Tapetum lucidum cellulosum, das durch epithel- 
artig angeordnete Zellen im Hintergründe des Auges, hinter den pigment- 
losen Tapetalzellcn der Retina gebildet wird. Der Musculus choanoideus 
oder Retraetor oculi ist in mehrere Portionen gespalten. Die Pupille ist 
meist >paltföriuig. Bezüglich des Gehörorgans wurde die Trommelhöhle 
bereits besprochen. Die übrigen Teile sind stets gut ausgebildet und 
geben keinen Anlaß zu weiterer Bemerkung. Untergeordnet ist. daß mit 
aquatiler Lebensweise bei Cynogale. Lutra, Enhydris das äußere Ohr 
klein wird. 

Von grolier systematischer Bedeutung ist das Gebiß. Stets hetero- 
dont. ist die ursprüngliche Zahl der Zähne 44 in folgender Verteilung: 
1 ! • ! r ! ! T Ü ! M ! ' ;I • wie <lie f Ocodonta der Tertiärzeit dies auf- 
weisen, auch der tertiäre Canide + Amphicvon und zuweilen auch noch der 
Haushund. Im übrigen tritt Reduktion ein zunächst von M 3 oben. Die 
hieraus resultierende Zahnforniel: :; ; ; ;• = 42 ist unter l'rsidae häufig und 
die ursprüngliche der recenten Carnivora. Häufiger schwindet auch <ler 
untere M s : diese Zahnformel \ \ \ ;'=4uist verbreitet unter Viverrinac. 
Her]>estiuac, Proeyonidae. Weitere Reduktionen, auch im Gebiete der 
Prämolaren führen zum Zustand der Fclidae: ; ; ,' ; :10 Die Incisivi 
erleiden unter Carnivora fissipedia nur bei Enhydris und 
beim tertiären ~ Eusmilus insofern Reduktion, als der 
untere, innere I. der bei der Mehrzahl der Carnivora 
der schwächste ist, wegfällt. Als besondere Anpassung 
an die Nahrung und an die damit in Verband stehende 
Ausbildung von Zunge und Lippen darf wohl der Ausfall 
Fig. MWi. Tu- der oberen, inneren I. bei Melursus gelten. Die ursprüngliche 
hcrculo-^ioria- p orlI1 ,| er Zähne, wie die + Creodonta sie haben, wie sie 
vf. r rll " u " auch später bei echten Carnivora, z. B. bei Viverra, noch 
auttritt, erinnert an Didelphyidac, Dasyundae und Insecti- 
vora. Sie ist tuberkulo-sektorial mit Neigung unten fünf>pitzig. oben sech>- 
spitzig zu werden. Das Merkmal der • Creodonta. daß wenigstens die drei 
unteren Molaren gleichartig sind, entsprechend dem mehr gleichmäßigen Ge- 
brauch. ist wohl mit l'rsache der rebereinstimmung ihres (iebisses mit 
dem carnivorer Marsupialia, wie Thylacinus. wo die gleiche Gepflogenheit 
besieht. 

Bei den höheren Carnivora mit ausschließlicher Fleischnahrung und 
besonderer Ausbildung des Karnivoren-Typus trat vorwiegender Gebrauch 
derjenigen Backenzähne ein. die dem Mundwinkel am nächsten liegen und 
auch in beziig auf die Kaumuskeln am günstigsten orientiert sind. Die* 




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Carnivora fissijiwliu, Kür|ierl>nu. 



525 



111 ufi demnach oben l\. unten M, sein: Regel ist ja, da Ii die Zähne einer 
Seite derart alternieren, dali die l'nterkieferreihe etwas vor der Oberkiefer- 
reihe nach vorn verschoben ist. Dieser obere P 4 und untere M, übertrifft 
-- mit Ausnahme der Hären - bei recenten Formen, namentlich aber bei 
Felidae. Hyaenidae. Canidae die übrigen Rackenzähne an (iröße. Er ist 
als R e iiizahn. Carnassiere [Cuvier| oder dens lacerans bekannt gegenüber 
den vorderen Hackenzähnen, die man Lückenzähne nennt im (iegensatz zu 
den nachfolgenden, die Höckerzähne heilien. da ihnen die schneidende Krone 
der Keiiizähne fehlt. Hei guter Entwickelung hat der obere Reib/ahn eine 
vordere und eine hintere kleinere, sowie eine grolie. mittlere schneidende 
Zacke. Letztere i>t durch eine Leiste mit einem vorderen inneren Talon 
verbunden, der eine eigene Wurzel hat. Nur bei Hären, bei denen der 
Reitizahn kaum von den üb- 
rigen Zähnen sich auszeichnet, 
sitzt der Talon hinten und j 
hat keine eigene Wurzel. Der 
untere HeiUzalm ist nur bei 
den Felidae. wo er als Hegel ^ 
der einzige Molaris ist. in 
zwei schneidende gleichartige 
Zacken verteilt, und der innere ^ 
Talon ist nur schwach. Hei 
den übrigen Carnivora sind 
die>e Zacken, welche die 
äutierc Schneide darstellen, 
niedriger, auch ist die Krone 
breiter, da sie einen inneren 
Höcker und einen hinteren 
Talon trägt. Die oberen Mo- 
laren bleiben höckerig. Hei 
Fclideu und Hväniden findet 
sich nur einer m rudimentärer 
Form, vielfach beträgt ihre 
Zahl noch zwei, nur bei Oto- 
evon steigt sie auf vier (s. 
unten). Hat der Unterkiefer 
nur «'inen Molaris, so ist es Fijr- :$J»7. Dir Zähm- <le* linken Oberkiefer« 

ein Heilizahli: liegen hinter A Huml. B Bär, C Marder, l> Dach*. E Herjxwte*, 
diesem weitere, bis drei, so v Hyäne, G Löwe Die j<Hk*maligcn Keiltzünne 

• . i i - i , • i». T- in 4 ) lieite» in einer Linie. Nach Ifcww. 

sind sie höckerig. Die rorm 1 * 

der Incisivi ist meiselföiinig; im Milchgebiii. zuweilen auch noch in der 
Jugend mit Nebenspitzen, wie die ..Lilicnzähne" junger Hunde beweisen 
(Fig. 142 u. ;MI5.. Hekannt ist <lic hohe Ausbildung der Eckzähne. Im 
Exzeli hatte diese statt bei den + Machaeiodontini. wo die oberen dolchartig 
werden und von solcher Länge, dali sie auch bei geöffnetem Maule den 
Unterkiefer überkreuzlen (Fig. 122 u. .'»Ol). Sie waren am Hinterrande 
ebenso wie die kleineren unteren gekerbt (Fig. 12l»>. 

Ein Milchgchiti ist stets vorhanden und hat. mit Ausnahme der 
Felidae iFig. 1. '»'.'). die nur zwei untere Milchiuolaren haben, stets die Formel 
Iii : Cd j IM : \ \. Meist i»t es längere Zeit im (iebrauch, nur kurz bei l'rsus. 
In diesem (iebili ist der Heilizahn um einen Zahn nach vorn verschoben. 





XI. Ordnung: I. Carnivora fissipedia. 



so tlati als solche auttreten J»'^ (Fig. 142 p. 1*4). Dies entspricht nicht nur 

«lein Fehlen der M. sondern harmoniert auch mit unserer Darlegung, dal* 
der günstigst gelegene Zahn am Munilwinkel der ReiBzahn winl ivergl. 
auch pag. ;*42). 

Die Zunge ist namentlich hei Felidae dadurch ausgezeichnet, da Ii 
von mechanisch wirkenden Papillen die Papillae filiformes zum Teil mit 
dicker Hornlaße sich überziehen und harte, nach hinten hakig gebotene 
Ilornpapillen bilden. Die Papillae vallatae kommen nur in der Zwei- oder 
Dreizahl vor und stehen im Dreieck bei einzelnen Viverridae. meist aber 
bilden sie zwei Reihen mit zahlreicheren Papillen, die bis über 2<> steigen 
können. Der Magen ist stets einfach, retortenförmig. Kegel ist. daB 
seine Längsachse ipier zum Körper liegt, Hei Arctitis. Kupiere* und 
Xandiuia liegt er aber in der Längsrichtung des Körpers, ähnlich wie bei 
Pinnipedia. Mit Ausnahme der l'rsidae und von Xandiuia. kommt übrigens 
stets ein Coecuni vor, das bei Canidac spiralig gedreht ist. sonst einfach 
gebogen oder nur ganz rudimentär ist. Im (iegensatz zum langen Darm- 
kanal der l'rsidae. ist er bei übrigen Rauhtieren stets kurz. In diesen 
beiden (Jruppen unterscheidet er sich aber auch in der I^age seiner Teile. 
Der Typus der Hären ist sehr einfach: der gesamte Dünn- und Dickdarm 
hängt an einem Mesenterium commune, «las mit nur einer Wurzel an 
der Wirbelsäule entspringt und vom hufeisenförmigen Pankreas umgriffen 
wird (Fig. H><>. p. 212». Im zweiten Typus sind .lejunum und lleimi 
an der gleichen Mesenterialplatte so aufgehängt, dati dieses Mesenterium 
commune, im Hogen von drei Schenkeln des Duodenum (Flexura duodeno- 
jejunalis p. 207) von rechts nach links umfalit wird. 

Die Testikcl liegen stets extraabdominal und postpenial. meist weit 
entfernt von der äuberen Inguinalöffnung: gewöhnlich auch in einem Scrotum. 
«las entweder gestielt oder sitzend ist. eine Raphe hat oder aus zwei Hälften 
besteht. Hei Felidae kommt es nicht zu einem eigentlichen Scrotum. 
die Testikel liegen unter der Haut. So auch. z. H. bei (»alidia «licht vor 
dem Anus. Der ("remaster wird ausschließlich vom Musculus transversus 
abdominis gebildet. Von accessorischen Drüsen ist die Prostata bei der 
Mehrzahl gut ausgebildet, lappig, bei anderen rudimentär. Glandulae vesi- 
culares fehlen. Cowpersche Drüsen fehlen den Arctoidea (Arcto-Cvonidaei 
kommen aber vor bei den Derpestoidea ( Aelnroidea i. Glandulae vasis 
deferentis treten nur bei den l'rsidae auf. 

Der Penis ist gewöhnlich so orientiert, dati seine Präpiitialöffnung nach 
vorn sieht, bei den Felidae ist er aber im nicht erigierten Zustand nach 
hinten gerichtet, so daJJ nach hinten uriniert wird. Hei den (anidae und 
l'rsidae hat die Klans penis einen groBen Penisknoehen als Fortsetzung 
des Corpus cavernosum penis. das bei letzteren einen großen soliden 
Knochenstab bildet, bei ersteren in einer Furche die Harnröhre aufnimmt. 
Hei den Herpestoidea <Aeluroidea| fehlt er oder er ist klein und unregel- 
niäüig geformt. Der Uterus ist zweihörnig. das Ovarium meist in einen 
Peritonealsack eingehüllt. Die decidunte Placenfa kommt zustande durch 
eine grolie Allantois. die eine ringförmige Placenta formt. Der Dottersack 
bleibt bis zur (ieburt bestehen. 

Die Zahl der Jungen ist sehr verschieden. Stets werden dieselben 
hilflos geboren, häutig sogenannt blind, indem die Ränder der Augenlider 
vor der (Ieburt verwachsen und er-t Tage oder Wochen später sich 
wieder öffnen. 



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Carnivora fi**ii>«<lift. Diagnose, Verbreitung. 



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Diagnose. Die Carnivora fissipidea sind unguiculate. plantigrade. 
semiplantigrade oder digitigrade. meist karnivore. selterer omnivore Säuger 
mit heterodontem. diphyodontem (iebit» mit Wurzelzälmen. nur ganz 
ausnahmsweise Ij; CJ caniniform. lau« und kräftig: Rackenzähne tuber- 
kulo-sektorial. quadrituberkular oder multituberkular. scharfspitzig, seltener 
stumpfhöckerig: meist weniger als f (P}Ml ! ,). ausnahmsweise ;-«. I" und 
Mi meist von bedeutender Grotte und mit schneidender Krone iReiUxahni. 
Palatum durum vollständig; nur ausnahmsweise ein Orbitalring. Temporal- 
grube und Orbita tneist in sehr weiter Verbindung. Der hnlhcylindrische 
Condylus des Unterkiefers artikuliert in tiefer, (pierer Gelenkgruhc: Proces>u> 
angularis meist klein, nicht eingebogen. Clavicula rudimentär oder fehlend. 
Ilumerus mit oder ohne Foramen entepicondyloideum. An Hand und 
Futt fehlen höchstens Pollex und Hallux. die niemals opponierbar sind. 
Scaphoid und Lunatum verschmolzen, ein selbständiges Centrale carpi 
fehlt dem erwachsenen Tier. Rolle des Talus tief ausgehöhlt. Höchstens 
'22 thoraco-lumbale Wirbel, vielfach Iii Thorakal- und 7 Lumbalwirhel. < iehirn 
makrosmatisch. Hemisphären gut entwickelt, mit :> siiprasylvischen Hogen- 
furchen. "> - 7 Riechwülste. Maxilloturbinale doppelt gewunden oder ästig. 
Testikel extraabdominal. postpcnial. skrotal oder subintegumental. Uterus 
bicornis. Placenta deciduat, diskoidaj. Junge werden unvollkommen geboren. 

Geographische Verbreitung. Die Carnivora sind Tiere, die durch 
die Art ihrer Nahrung von den Polen zu den Tropen sich verbreiten 
können, soweit Vertebraten vorkommen. Am zahlreichsten sind sie in der 
orientalischen und äthiopischen Region vertreten, während die neotropische 
Region verhältnismäßig arm an ihnen ist. Australien beherbergt einzig 
Canis dingo, einen halbwilden Hund. Seine Neigung zur Variabilität in 
Statur und Färbung, auch vor Einführung anderer Hunde, seine Ver- 
wandtschaft mit einer Rasse, die bis vor kurzem auf den Salomon-Inseln. 
in .lapan und auf dem Gebirge .lavas vorkam, sprechen für seine Ein- 
führung in Gesellschaft des Menschen. Datt er im australischen Pleistocän 
auftritt, ist kaum ein Einwand. Ueberhaupt haben die Canidae die weiteste 
Verbreitung, da sie nur auf Madagaskar und einer Anzahl kleinerer Inseln 
fehlen und der Haushund vielleicht ursprünglich nur dort, wo zähmbare 
Wildhunde fehlten. Auch die Mustelidae sind kosmopolitisch, da sie nur 
Madagaskar und der australischen Region abgehen. Sie sind in Süd- 
Amerika aber so sparsam vertreten. daU ihre spätere Einwanderung vom 
Norden her wahrscheinlich ist. 

Aehnlich ist die Verbreitung der Felidae. wenn wir Cryptoprocta von 
Madagaskar nicht wie früher zu den Felidae,. sondern zu den Viverridae 
zählen. Letztere gehören der Alten Welt an mit Genetta genetta und 
Herpestes Widdringtoni als einzigen europäischen Arten. Noch beschränkter 
sind die Hyaenidae. von denen nur Hyaena striata das äthiopische Gebiet 
verläßt und durch Klein- Asien und Persien bis zum Himalaya und Kaukasus 
sich erstreckt. Die Ursidae fehlen der australischen und merkwürdigerweise 
auch der äthiopischen Region und haben im neotropischen Gebiet in Ursus 
ornatus und U. frugilegus nur einzelne Vertreter. Die Procyonidae sind 



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XI. Ordnung: I. Carnivora fissipcdia. 



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I. Unterordnung: HcrjKstoidca. 



ausschließlich neuwcltJich. nur Aelurus. der neuerdings den Proevonidae 
zugezählt wird, gehört dem Hinialaya und Tibet an. 

Taxonomie. 

Die systematische Anordnung, die der nachfolgenden Behandlung zu 
Grande liegt, bringt nebenstehende tabellarische Febersicht Uber die 
Familien der Carnivora fissipedia zum Ausdruck. Sie beruht nanieutlich 
auf den Untersuchungen von Flower, 8t. George Mivarf, üope und H. Winge. 
Da bezüglich mancher Punkte die Ansichten auseinandergehen, schlössen 
wir uns in der Hauptsache den Auffassungen Winges an. 

I. Unterordnung: Herpestoidea Winge. 

(Aeluroidea Flower. Epimycteri Co|>e.( 

1. Familie: FELIDAE. Sie bieten den ltanbtiercharakter in höchster 
Spezialisierung dar. Wahrend unter ihren Vorfahren, den tertiären + Ainphic- 
tidao mit der Formel J J J bei 
Formen wie + Palaeonietis, die in 
der Linie der heutigen Felidae liegen. 
P 4 und M i rciüzahnartig entwickelt 
waren und M^» noch als ansehnlicher 
Zahn auftrat, ist bei recenten Felidae 
M, verschwunden. M 1 rudimentflr, 
P* zum grollen HeilSzalin geworden. 
Dieses zum Zerreißen der Beute 
eingerichtete Gebiii mit großen Eck- 
zähnen bereitet sich schrittweise 
vor liei ' Palaeoprionodoii und + Pro- 
aeluius aus dem europäischen Tertiär 
tud dem jüngeren + Pseudaelurus 
aus dem Tertiär Europas und Nord- 
Amerikas. Weitere Spezialisierung 
der heutigen Felidae sind die Sprung- 
fertigkeif der hinteren Glieder, die 
hohe Ausbildung des Gehörorgans 
und die in die Haut zurückzieh- 
liaren Krallen, wodurch sie scharf 
bleilien. 

Die mehr als 50 Fehden der 
Jetztzeit gehören fast alle dem Genus 
FELIS L. an. Dasselbe wird zu- 
weilen in zahlreiche Genera oder 
äubgeiiern aufgeloht, von denen 
aber nur Lvxx Herr., die Luchse, Fig. MS. Schädcll.asi* eine* Tigers nach 
etwas tiefergreifender sich unter- Flower. <</ Condylus; < Foramen eondyloi- 
scheiden durch kurzen Schwanz, deiim; .1 Tympaniciim ; bu Bulla, geöffnet; 
höhere Extremitäten. Ohren mit ' . FnMachische Röhn ; p lW-u» ,«arocci- 
., . . i • i • i« i pitahs; m rrocessu* inastoiueu* ; mu Ohr- 
Haarpinsel und einer hei Kontrak- Öffnung;///* Foramen lacerum po*lerius: .„ 
tion linearen Pupille. Diese ( harak- Canali» cäroticiis ; o Foramen ovale; i Septttm 
feie sind am ausgesprochensten bei der Trommelhöhle; r Fencstra rotunda; S 
/.. ty,IX L. von Kuropa und Asien, ^»«mowim : / V Fowo glenoule». | 

WcI.it. s«„ k -„ti,ri-. 3-1 




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XI. Onlnung: I. Carnivora finsipodin. 



der Skandinavien, Rußland, und in stets abnehmender Zahl Zentral- Europa, 
die Pyrenften und Alpen bewohnt. Desgleichen bei L. pardintts Temni 
aus Süd -Europa um! Kleinasien, und anderen asiatischen und nord-amcri- 
kanischen Arten: weit weniger aber hei L. caracal Güldenst, aus dem 
westlichen Asien. 

Von den echten FKUs-Arten nennen wir nur /*. leo L. Der Löwe 
erstreckte sich in historischer Zeit bis nach Süd-Ost-Europa, .letzt ist 
er auf Afrika. Persien, Mesopotamien und Nord -West -Indien beschrankt. 
/«'. tigris L. Der Tiger ist durchaus asiatisch. Südlich vom Kaspischen 
und vom Baikal See bis Sumatra, .Java und Bali, westlich bis Türkisch- 
Georgien sich erstreckend. Auf Ceylon, Bornen, Celebcs und den Molukkcn 
fehlt er. Der Größe nach folgt F. pardus L., Panther oder Leopard, mit 
schwarze;) Flecken auf gelblichem Iiis dunklem, durch Melanismus zuweilen 
schwarzem Grunde, der vom Lichte abgekehrt, weiß ist. Die Rücken- und 
Seitenflecken sind unterbrochene Ringe. Bewohnt Afrika und Süd-Asien 
südlich von einer Linie von Palastina bis China, die durch den Himalaya 
geht: sowie Ceylon, Sumatra und Java. Auf beiden letzteren Inseln, sowie 
auf Borneo, Formosa und westlich bis zum Himalaya hat /*'. nt'bltlosa Griff, 
ihre Heimat. Diese schlanke, arborikole Forin zeichnet sich aus durch 
niedrige Extremitäten, großen Schwanz und große, eckige Flecken. Um- 
gekehrt hat der dem Panther verwandte F. uiltin Schrei», einen robusten 
Körper und entsprechend seinem Vorkommen in den Gebirgen Centrai-Asiens, 
einen dichten Pelz. 

Von indischen Katzen ist F. mrgalotis Müll. zoogeographisch wichtig, 
da sie in Timor und Rotti vorkommt, und eine gute Art ist. nicht 
eine verwilderte Hauskatze, wie von manchen Autoren immer wieder be- 
hauptet wird. 

F. doMi'Sfli'rt Briss., die über die Erde verbreitet ist, ist bezüglich 
ihrer Abstammung noch stets zweifelhaft. Am wahrscheinlichsten stammen 
die gezähmten Katzen der verschiedenen Lander von verschiedenen wilden 
Vorfahren ab. Die europaische wohl von niaiiiculata Cretz. oder von 
F. caligatd Bruce, aber nicht von /•'. cattts L.. der wilden Katze von West- 
Asien und Europa. Von der Hauskatze und von verwilderten Exemplaren der- 
selben unterscheidet sich die wilde Katze durch die Behaarung des Schwanzes, 
die durchaus gleichmäßig ist und nicht nach der Spitze zu abnimmt. Die 
Nasalia reichen weiter nach hinten zwischen die Frontalia als das Maxillare. 
Frontale und Squamosum berühren sich, was bei F. domestica nicht der 
Fall ist. 

Die größte Katze Amerikas ist /''. onca L., Jaguar, zwischen Texas 
und Patagonien verbreitet, in Farbe dem altweltlichen Leopard F. frir- 
dus L. ähnlich. Er erklettert Baume wie der einfarbige Puma oder 
Kuguar: F comolor L.. der sich von Kanada bis Patagonien ausdehnt. 

Für schnellen Lauf eingerichtet ist Cvxakm ri s Wagl., Gepard oder 
Jagdtiger, mit dementsprechendou höheren Laufen und Krallen, die weit 
weniger retrakfil und daher auch weit weniger scharf sind. Der obere 
Reißzahn hat auf dein inneren J locker keine Zacke wie bei den übrigen 
Felidae. 6". jiibatlis Erxleb. «lehnt sich über Afrika, und von hier ans 
über Mesopotamien, Syrien, Transkaspien , Persien und Süd-Indien aus. 
Wird in letzterem Lande zur Jagd abgerichtet. 

2. Familie: VlVERRIDAE. Die zahlreichen Vertreter dieser primitiven 
Gruppe, die sich gleichfalls von tertiären + Amphietidae herleitet, aber neben 



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I. Interordnuug: Hcrpcstniden. 



den Felidae ihren eigenen Entwickelungsgang giug, ohne <lie Spezialisierung 
<ler Felidae zu erfahren, sind auf den wärmeren Teil der alten Welt be- 
schrankt. Sie lassen sich in zwei Gruppen verteilen, die aber nicht scharf 
geschieden sind, da Eitleres Doy. und die noch primitivere Naxdixia 
Gray zwischen beiden die Mitte halt. In der unverknocherten Bulla ossea, 
im Processus paro<eipitalis. der sich nicht über Hie Bulla verbreitert sowie 
in der Form der Zähne, schließt X. binotuta Reinw. aus dem tropischen 
Afrika sich den fossilen * Amphictidae an [Wiuge]. In anderer Hinsicht 
stellt sie nach A. Carlssoii ein Bindeglied dar zwischen Viverrinae und 
Herpestinae, das ursprünglicher ist als jede dieser Gruppen. Xandinia ver- 
diente daher noch mehr als Euf>lcres gmidoti Doy. aus Madagaskar eine 
Sonderstellung. In letzterer Art zeichnet sich das Gebiß durch Reduktion 
aus, indem die Canini klein, die vordersten P caniniform, die (Ihrigen P 
molariform sind. Eupleres wurde daher anfanglich zu den Iusektivoren 
gerechnet, hat aber die Mehrzahl der Charaktere mit den Viverrinae ge- 
mein, andere mit den Herpestinae. 

A. I ntorfaniilio: Viverrinae. Charakterisiert durch scharfe, gekrümmte, 
retraktile Krallen, 5 Finger und Zehen, perineale und 1 Paar analer Drüsen 
und ein Os tympanicum. das seine ursprüngliche Ringform in Hauptsache 
bewahrt hat. so daß es nur einen kurzen äußeren Gehürgang bildet. Die 
primitiven Vertreter sind Vivkkka I,., I'. civetta Schieb, im tropischen 
Afrika und I". zibetha L. in Süd-Asien, die in Malakka und den Großen 
Sunda-Inseln durch V. tangalunga Gray vertreten wird. Die Zibethkatzen 
liefern das stark riechende Sekret (Zibeth) der Perinealdrüsen und haben 
»•ine aufrichtbare Rückenmähne, vollständig behaarten Tarsus, hohe Glieder, 
kleine, vom zugespitzte Bulla ossea. Demgegenüber hat Gexetta t'uv. 
Afrika, deren nördlichste Art: G. genrffa L. (G. vulgaris Lessi sich in 
Frankreich bis zum Fluß Loire erstreckt, kürzere Glieder, mit nacktem 
Streifen auf der tarso-metatarsalen Sohlenflache, große, abgerundete Bulla 
und keine Zibethtasche. Zusammen mit der indo-nialayischen Vi verrk.tla 
Hodgs. sind diese Genera charakterisiert durch die scharfe Krone der 
Bai kenzähne. gut ausgebildete M, und M 2 und starken Hallux. Den scharfen 
Tahui der oberen Backenzähne teilen sie mit Lissa NU Gray. (Prionodou 
Horsf.) ans dem iiidn-malayisehen Gebiet, bei dem M - geschwunden ist, 
und mir den madagassischen Fossa Gray und Eitleres Doy. (s. o. >. 

Als Untergruppe können mit Mivart die Paradoxi RIN'ae abgetrennt 
werden durch den abgerundeten Talon der oberen Backenzähne, durch 
ihren unbedeutenden schneidenden Charakter, durch die kurzen Füße u. s. w. 
Am bekanntesten ist Paradoxiris F. Cuv. mit zahlreichen arborikolen, 
wenig ausgesprochen kainivoren Arten mit langem Schwanz, der aber kein 
Wickelschwanz ist, in Süd-Asien und im malayischen Archipel. In letzterem 
dehnt sich hennaphrodita Schreb., der Musang, ostlich bis Celebes 
aus. Auffallend ist /*. mussclh'iibroecki Schleg. wegen seiner Beschränkung 
auf Xord-Celebes. Von den verwandten Genera Akctouale Gray, Hemioale 
Jourdan, Arctitis Temm., Cynogale Gray, die alle auf Süd-Asien und 
die Großen Sunda-Inseln beschränkt sind, ist Cxnogalc binnetfi Gray von 
Borneo, Sumatra und Malakka eine Otter-artige Modifikation mit kurzem 
Schwanz und acpiatiler Lebensweise. 

Ganz abweichend ist Crvptoprocta Beim., die früher den Felidae 
zugerechnet wurde, wegen des Gebisses i| J .^j, i» welchem auch P' klein 

34' 



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XI. Ordnung: I.Carnivora fisaipedia. 



und hinfällig ist, wahrend PA und My sehr groß sind, mit scharfem Kamm: 
auch der Schädel erinnert an Felis, desgleichen der rudimentäre und schräg- 
gestellte obere M. Die subplantigraden Füße mit V — V Digiti und der 
übrige Bau weint aber C. ferox Bennet. da» größte Raubtier Madagaskars, 
den Viverridae zu. 

B. l'nterfainilie Herpo«tinac. Das Os tympanicum bildet einen langen 
äußeren Gehörgang. Meist kleine Raubtiere mit. verlängerten, nicht retraktilen 
Krallen, vielfach zum Scharren eingerichtet. Der Pollex, zuweilen auch der 
Hallux, kann fehlen. Perinealdrüsen fehlen. Analdrttsen häufig in mehreren 
Paaren. Das ursprüngliche Genus Herpestes Iiiig. J \ , \ hat //. Wid- 
dringtoui Gray als europaischen Vertreter in Spanien- Ebenso wie bei 
den übrigen zahlreichen Arten in Afrika und Asien bis Java und Borneo. 
hat die kurze Nase an der flachen, nackten Unterflache eine mediane Länga- 
furche. Die Processus postorbitalis des Frontale und Jugale können sich 
zu einem Orbitalring verbinden. Manchenorts werden einzelne Arten halb 
domestiziert, zum Fang von Ratten und Mausen gehalten. H. ichnntmoti 
L. war den alten Aegypten» heilig. Verwandt sind Crorrarchls F. Cuv. 
und H Elch; ale Gray. Etwas entfernter stehen die gleichfalls afrikanischen 
Cynictir Ogilby, Bdeogalk Pet. und Si ricata Desm., von denen den beiden 
letzteren Hallux und Pollex fehlt. In Madagaskar treten auf: Galidicti» 
Is. Geoff., Gaudia Is. Geoff. und Heuigalidia Miv. 

Zum Rang einer eigenen Familie erheben oinzelne Pkotelks Is. Geoff. 
mit der einzigen süd-afrikanischen P. cristata Sparrm. ijrj J - }« Backen- 
ahne rudimentär, weit auseinander. Digitigrad, Digiti V — IV. Im Aeußeren 
den Hyaenidae ahnlich, daher vielfach ihnen zugesellt, obwohl es ein aber- 
ranter Viverride ist. der sich von Aas, Termiten u. dergl. ernährt. 

3. Familio: HYAEflIDAE. Altweltlicho Raubtiere von der Größe des 
Wolfes, die durch "Hctitheriim aus dem Tertiär Europas mit den Viver- 
ridae zusammenhängen. Mit diesen hat Ictitherium ( \ L \- 4 l) gemein: be- 

deutende Grüße von maßig kurze pentadaktyle Glieder: M ' bereits 

nach Art der Felidac. Der moderne Vertreter: Hyarka Zimm. spezialisiert 

sein Gebiß :{ J ; .J ; } weiter durch Prävalensc von wobei schwindet 

und Ml rudimentär wird. Zum schnellen Lauf werden die Extremitäten 
lang, verlieren Pollex und Hallux und haben stumpfe Nägel. H. brunnca 
Thunb., Süd-Afrika, und //. striata Zimm., die gostreifte Hyäne von 
Nord-Afrika und Süd-Asien, ernähren sich hauptsächlich von Kadavern, 
erbeuten aber auch lebende Saugetiere. Ihr oberer M ist drei wurzelig und 
beständig: die großen Ohren sind zugespitzt: eine Ritckenmähne. //. cr<>- 
cuta Erxl.. mit hinfälligem oberem M, abgerundeten, kurzen Ohren, ohne 
Mähne. Die gefleckte Hyäne, südlich von der Sahara lebend, jagt ver 
einigt. Ihr schließt sich eng an, spezifisch wohl kaum verschieden, die 
größere +//. spelaea Goldf. Zahlreich fossil in Höhlen Europas, nördlich 
bis England und verschiedene andere, spät-tertiäre Arten aus Indien und 
Süd-Europa. 



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II. rnternnlming: Aretoiden. 



II. Unterordnung: Arctoidea Winge. 

(Anto-Cyonidae Flow., Hypoinycteri Copc.) 
(Vgl. Tabelle auf p. :>L'S.| 

4. Familie: CANIDAE. In der Gegenwart bilden .sie nach Form und 
Zahl der Zahne, sowie nach dem Schadelbau eine Reihe von eng zusammen- 
gehörigen Modifikationen. Isoliert steht unter diesen nur Otocvox Licht. 
Die einzige süd- und west -afrikanische Art O. mrgalotis Desm. hat mit 
:| | --48 kleinen Zahnen unter recenten heterodonten Saugern die 
höchste Zahl von Backenzahnen (p. 171). Es ist aber sehr zweifelhaft, 
ob dies ein primitiver Zustand sei und nicht vielmehr eine sekundäre 
Vermehrung. 

Die zahlreichen Arten des kosmopolitischen Genus Caxis L., das in 
wildein Zustand — von kleineren Inseln abgesehen — nur in Madagaskar 
und Neu-Seeland fehlt, hat meist J-jj Backenzahne und 8 — 10 Zitzen. Mir 
Huxley kann man zwei Reihen unterscheiden. 

A. Thooidea oder Lupine Reihe. Processus postorbitalis oben 
konvex mit abwärts gekrümmter Spitze, Schädel mit Frontalsinus, Pupille 
kreisrund, Schwanz meist kürzer als die halbe Kürperlänge. C. /u/>us L. 
Der Wolf tritt in Asien und Europa in verschiedenen lokalen Hassen auf. 
Vermutlich haben gloichen Rang die nord-amerikanischen Vertreter wie C. 
occidcntalis Richards., tnibilus Say. Artlich verschieden ist aber C. latrans 
Say., der Präriewolf Nord- und Zentral-Amerikas. Der Wolf paart sich 
vom Dezember bis April. Er wirft nach bedeutend längerer Tragezeit 
als der Hund 4 — 9 Junge, die bis 14 Tage blind sind. Pflanzt sich frucht- 
bar mit dem Haushunde fort, unterscheidet sich von letzterem aber, bei 
beider Variabilität, auch im Schädelbau sowenig, daß suh die kenntlichen, 
aber nicht, zu beschreibenden Unterschiede mit Linne für den Hund nur 
ausdrücken lassen durch: „Cauda sinistrorsum recurvata." Aehnliches gilt 
für C. aureus L., den Schakal Nord-Afrikas, Süd-Europas und Süd-Asiens 
bis Birma, gegenüber den Haushunden jener Gegenden. Doch ist beim 
Haushund die Orbitalachse mehr nach vorn gerichtet als bei Wolf und 
Schakal, die Orbitalebene bildet mit der Stimebene einen stumpfen 
Winkel, der vordere Angenrand ist steiler [Studerj. Bei der Frage nach 
der Abstammung der zahlreichen Rassen des Haushundes familiaris L. 
ist zu beachten, daß verschiedene wilde Kaniden zähmbar sind, in aus- 
gedehntem Maße variieren und Neigung zu Russenbildung zeigen, wie der 
Wolf [nach Nehring] und der Schakal. Es ist festgestellt |NehringJ, «laß 
die Incas vor ihrer Berührung mit Europäern Hunde hielten in Rassen, 
die unseren Jagd-, Dachshunden und Bulldoggen entsprachen. Sie ent- 
stammten wohl dem amerikanischen C. occidnttalis und C. latrans. Die 
ursprünglichen Haushunde Europas z. B. müssen sich daher aus anderen 
Stammvätern entwickelt haben, wobei in erster Linie an C*. tu/>us und 
ausgestorbene Verwandte desselben, für die großen Rassen; an C. aureus 
für die kleinen zu denken ist, wobei ferner Vermischung beider und Einfluß 
der Domestikation das ihre tat. Für andere Länder traten andere Wild- 
hunde ein. So werden noch heute von C. dingo Blumenb., dem halb- 
wilden Hunde Australiens, der bereits aus dem Pleistocän 1 1 Australiens 

I) Auf pag. 308 wurde irrtümlich l'liocün angegeben. 



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ö;J4 



XI. Ordnung: I. Carnivora fn-.-ipedin. 



bekannt ist. immer wieder Individuen gezähmt. Für seine Einführung in 
Australien spricht aber sein Zusammenhang mit anderen südlichen Hunden 
'!>. 5*27 . So ist ilie Ansicht von Pallas wohl die wahrscheinlichste, 
'laß die gezähmten Haushunde verschiedener Lander ursprünglich dortigen 
Wildhunden entstammen. Der Hund fragt (!3 Tage und wirft 4 — S blinde 
•lunge. In diese Reihe gehört auch der durch seine Tracht an Viverra 
erinnernde C. procxonoides Gray von Nord-China und Japan, der auch 
als Nvctkkkitks femin. abgetrennt wird. 

Einige ostasiatische Wildhunde mit ;| j mit kurzer Schnauze. 

12 bis 14 Zitzen, langem Haar zwischen den Zehenballen, werden als 
Cuon Hodgs. iCyox Blanf. i zusammengefaßt und treten als C. javaninis 
Desm. in Malakka und den Großen Sunda-Inseln, mit lokalen Varietäten in 
Vorder-Indien bis Tibet auf. Sie stimmen mit Lyeaon und Icticyon darin 
überein, daß der untere Reißzahn nur einen einspitzigen Talon hat. 
Ueberhaupt bestehen z. B. in den umfangreichen Foramina incisiva, im 
.S-förmigen Außenrand der Nasalia in der Reduktion von M, engere Be- 
ziehungen zu Lyeaon [F. Major] is. n.J. 

Eine Anzahl süd-amerikanischer Thooide haben in C. azarac Wied 
und C. caiicrivorus Desm. ihre primitivsten Formen von kleiner, schakal- 
ähnlieher Gestalt. Als auffallende Abänderung erscheint der brasilianische 
rote Wolf, C. jubatus Desm.. mit langgestreckten Laufen, großen Ohren 
und großem, aber zartem Körper. 

B. AloI'Kioihka oder vulpine Reihe. Ohne Frontalsinus, Processus 
postorbitalis konkav, sein Vorderrand etwas aufgebogen, Pupille senkrecht. 
C vttl/xs L. Der Fuchs von Europa und Asien mit verschiedenen, eng 
verwandten Arten in Asien und Nord-Amerika, die auch als Vi'LPES Briss. 
von Canis untersc hieden werden durch die länglichrunde, etwas schief ge- 
stellte Pupille und den Schwanz von wenigstens halber Körperlange. Der 
Fuchs paart sich im Februar, und wirft nach 9 Wochen 3 -0 blinde 
Junge. Seine Nordgrenze ist die Baumgrenze. Nördlicher tritt C. lagof>us L., 
der Eisfuchs, auf. mit dichtbehaarten Sohlen und meist weißem Winter- 
pelz, der im Sommer blau-grau ist. Eine Anzahl afrikanischer Wüsten- 
füchse mit dementsprechend gelblicher Farbe, großen Ohren und hohen, 
zierlichen Laufen werden als FKXXKct s Gray unnötigerweise abgetrennt. 

Wie bereits oben angedeutet, unterscheidet sich Cuon und die beiden 
folgenden Genera von Canis dadurch, daß der Talon des unteren Beiß- 
zahns nicht einen stärkeren äußeren und schwächeren inneren Höcker hat, 
sondern nur eine schneidende Spitze. 

Lychox Brookes. mit der einzigen Art f>ictus Temin. aus Süd- 
Afrika unterscheidet sich von den übrigen Canidae durch nur 4 Zehen, 
vorn und hinten: der brasilianische Icticyon Lund durch seine Backenzähne, 
von denen M- meist ganz schwindet und auch M 1 klein ist, wahrend unten 
M :t fehlt und M s sehr klein ist. 

;">. Familie: ÜRSIDAE. Aus derselben Stammreihe. aus der sich ~Cyno- 
dietis entwickelte, der unten in der Yorfahrenreihe der Hunde wird genannt 
werden, gingen Tiere hervor, wie sie im europäischen Tertiär durch +Amphi- 
evon vertreten sind. Diese waren noch im Besitz vonM :1 , der +Cynodictis 
meist abging, aber bei +Amphieyon gewöhnlich sich findet. Während in der 
Fortbildung der Caniden, die sich zu Digitigraden ausbildeten, die P sich 
gut erhielten, die M sich aber rückbildeten, hat in der Reihe +Ami*HICYOx. 



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II. rnt<»ninitiiin«r: Arctoidea. 535 

■ Hkmicyok, +Hyaknarcti s. Aeliroius. die nach Winge KU den heutigen 
Ursidae führt, die plantigrad blieben aber ihr Coe< um verloren, umgekehrt 
Vergrößerung und Verlängerung der M und Kückbildung der I' statt. Hier- 
nach steht dem tertiären + H\ aenarctus der heutige Aeia ropi s A. M. Edw. 
aus den Bergen von Tibet mit: und großen P t von denen die 3 

letzten zweiwurzelig sind, noch sehr nahe. 

Das Genus Ursik L., mit 4 P, die 3 vorderen klein, einwurzelig und 
häufig teilweise fehlend: dunhaus plantigrad, pentadaktyl, Schwanz kurz, 
ist omnivor. Seiner Lebensverhaltnisse wegen am meisten karnivor ist l '. 
i Thalassarctus Gray maritimus Desm. Der Eisbär ist zirkuinpolar, be- 
ständig weiß, seine Sohlen be- 
haart. - U. arctos L. Der braune 
Bär. Nördliches Europa und 
Asien. Leicht zähmbar: nach 
einer Trächtigkeit von ungefähr 
(> Monaten werden meist 2 blinde. 
nackte.Tunge geboren, die reich- 
lich die Größe einer Hatte haben. 
Die erhebliche Lebensdauer be- 
weist eine Berner Bärin, die 
noch im 3 I.Jahr der Gefangen- 
schaft Junge warf. Der braune 
Bär hat zahlreiche Verwandte 
in Asien und Nord- Amerika, 
über deren systematischen W ert 
die Ansichten sehr auseinander- 
gehen und manchen Aidaß gaben 
zur Aufstellung zahlreicher Spe- 
cies, Subspeeies, Varietäten mit 
bi- und trinären Namen. Sie 
gehören aber alle einer U. arctos- 
Gruppe an mit großen Backen- 
zähnen, großem Höeker auf dem 
oberen Heißzahn, großen Talon 
auf dem letzten Molar, großem 
Intervall zwischen (' und P,, 
in welchem beim jungen Tiere 
die !t vorderen P sitzen. P j sehr 
klein'. P ( «'roß, weist mit 2 Condvlu»; r Poramen condvloideum; <u Canalis 
inneren Höckern, von denen ^arotien«' : ßp Koramen laeerum fxmterius; p Pro- 
' ces8U8 naroecmitalis; m IVot-essus luaHloideiiK; / 

einer vor. der andere hinter Tymimnic.ini ; ßa Foramen laeerum anteriu«^ Kurt* 
dem Haupt- (Außen-; höcker einsehe Höhre; fg Foramen glenoideum : -V Squa- 
liegt [Lvdekker]. Nach Busk »M*tM»i f*g Fo&m glenoidea; ad Canalis alitphe- 
soll der* fossile U. arctos aus » 0 'deu*. i- 

dem Pleistocän Nord-Europas, dem nordaincrikanischeu U. i arctos i horri- 
liilis Ord, dem Grizzly-Bär, näher stehen als dem europäischen braunen 
B<ir. Hiervon ist durch die gefältelte Sehmelzbedec kung <ler M, durch den 
kurzen P 4 , dessen innere Höcker sehr groß sind, spezifisch zu trennen der 
große Höhlenbär spelaeus Hosenm. Europas, der im Pleistocän ausstarb. 

Erscheinen somit die nordamerikanischen Bären U. horribilis Ord., horri- 
ailis Band, Richardsoni Heid etc. als Subspeeies, so vertritt U. anirri- 




Fig. .'{'.M. N häilell>asis vom Bären nach Flowcr. 



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536 



XI. Ordnung. I. Carnivora fifwipedia. 



camis Pull., der schwarze Bar. mit U. (innamomeus Baird eine eigene 
Species der Vereinigten Staaten. Das gilt auch für den tibetanischen Bar 
U. pntinosus Blyth (U. lagomyarius Sewerzow), der aber der Arctos- 
Gruppe angehört, sich aber sofort durch sein schwarz und weißes Haar- 
kleid auszeichnet. In Süd-Amerika tritt gegenwärtig nur U. ornatus F. 
Cuv. und U. frugilegns Tschudi auf. Außerdem sind aber auch von 
dorther pleistoc&ne Fonnen bekannt wie +£* bonariensis Gerv. und 
+brasiliensis Lund. Als Helarctos Horsf. wird der kleine, kurzhaarige 
tnalayisrhe Bär U. malayanus Raffl. aus dem indo-inalayischen Gebiet 
abgetrennt. In Anpassung an die Nahrung von Insekten, Honig und 
Früchten hat Mkia rsls Meyer in seinem Gebiß \ -j-fr* mit kleineu 
Zähnen, die vorderen I verloren, große bewegliche Lippen, vorstreckbare 
Zunge und weitere Spezialisierung erhalten. M. ursinus Shaw, (labiatus 
Blainv.) von V rder-lndien und Ceylon. 

6. Familie: PROCYONIDAE. Diese Familie leitet sich her vom oligo- 
cänen + Phlaocyon (p. 542 j, der sich an Fossilen anschließt, wie sie uns 
noch vorliegen in + Cynodictis. Sie beschrankt sich auf Amerika mit Aus- 
nahme von AELt'Ri s F. Cuv. j|- | * ; * - mit breiten, multikuspidaten Molaren, 
die eine vollständige Anpassung sind an die vegetabilische Diät. Af. fulgevs 
F. Cuv., in den Höhen des Hiinalaya, mit dichtem, auffallend rotem Pelz. 
Von den übrigen ist Bassaris Licht, von Zentral-Amerika und den südlichsten 
Staaten unzweifelhaft die ursprünglichste Form mit -| -J j *, P- 1 - und M , haben 
noch nach Art der Reißzähne gut entwickelte Kämme. Aehnlich wie bei 
Wagneria .Tent., ist der Körper viverraartig gestreckt. Zähne sind ent- 
sprechend der karnivoren Diät auch scharfspitziger als bei den übrigen, 
bei denen entsprechend der Entwöhnung von Fleischnahrnng der Kamm 
der Beißzähne reduziert ist. Von diesen haben Nasua Storr. und Procyon 
Storr. das gleiche Gebiß, aber mit Verbreiterung der M durch Ausbildung 
einer hinteren Spitze auf dem Talon. Die bekanntesten Vertreter von 
Procyon Storr. von Nord- und Zentral-Amerika sind P. lotor L., der 
Waschbär und P. cancrivorus G. Cuv., ausgezeichnet durch die Beweg- 
lichkeit der Finger. NAst'A Storr., die sog. Coatis von Zentral- und 
tropisc h Süd- Amerika, heißen wegen der langen, beweglichen Nase „Nasen- 
bären". 

Ckrcoi.eptks Hlig. s | v { ist noch in erhöhtem Maße als Nasua 
Baumbewohner mit echtem Wickelschwanz. Hat sich wie sein nächster 
Verwandter Bassaricyon Allen von Zentral-Amerika, an frugivore Diät an- 
gepaßt. Hieraus erklärt sich das schwache Gebiß, das sich übrigens in 
der Form der Zähne noch am meisten Bassaris nähert, auch noch nicht die 
Verbreiterung der M wie bei den übrigen aufweist. C. caudivolvxilas 
Schreb.: der Kinkaju ist außerdem ausgezeichnet durch hohe Beweglichkeit 
der Zunge: wurde früher den Bären zugerechnet. 

7. Familie: MUSTELIDAE. A. Mn*telinae mit kurzen, teilweise verbun- 
denen Zehen, mit kurzen, scharfen Krallen; Nieren einfach. P* lang- 
gestreckt, mit kleinem Talon. Hierdurch erinnert diese Abteilung an +Cy- 
nodictis. Sie hat in + Plesictis aus dem Tertiär Europas ihren ursprüng- 
lichsten Vertreter und unter recenten Fonnen in Ml'sTELA L. [ * \ \ \ \ \ \\-.. 
M l im Querschnitt zweimal so breit als lang. Ueber Nord -Amerika, 
Europa und Asien bis Borneo und Java in verschiedenen Arten verbroitet. 
In Europa M. ntartes L., Baummarder, gut kletterndes Raubtier, dessen 



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Carnivora fitwipedia. Vorgeschichte. 



537 



schöner Pelz als ,,Edelmarder'' bekannt ist. Paarung Januar oder im Februar, 
ungefähr 100 Tage spater Geburt von 3- 5 blinden Jungen. Unterscheidet 
sich durch gelblichbraunen Pelz mit rotgelbem Brustfleck und durch kon- 
kaven Außenrand des P a , dessen Breite der Länge des Außenrandes des 
oberen Reißzahnes gleichkommt, vom Steinmarder; AI. foina L. Bei diesem 
hat PI konvexen Außenrand und ist der Außenrand des obern Reißzahnes 
langer, der Pelz graubräun mit weißlichem Wollhaar und weißem Brust- 
fleck. M. zibellina L., dessen Winterpelz den Zobel liefert, dehnt sich 
von Skandinavien bis Japan aus. Pi'TORii'8 Cuv. (Foetorius K. u. Blas.) * 3 4 •» 
Backenzähne, mit noch ausgedehnterer Verbreitung der zahlreichen Arten, 
von denen auch verschiedene in Nord-Afrika und Süd-Amerika leben. In 
Europa und Asien sind die bekanntesten putorius L. Iltis, Unterseite 
dunkler als die Rumpfseite. Größte Verengerung der Frontalia in der 
hinteren Schädelhälftc ; raubt bei Nacht kleine Vertebraten. Nach einer 
Tragezeit von ungefähr 2 Monaten wirft er 3 — 8 blinde Junge. Jung ein- 
gefangen, läßt er sich zur Kaninchenjagd abrichten, ebenso wie die als Frett- 
chen ( P. furo L.) bekannten, domestizierten Albinos. P. erminea L., das 
Hermelin, mit weißem Winterpelz, mit schwarzer Schwanzspitze. P. sar- 
maticus Pall. mit gelben Flecken auf braunem Pelz tritt erst in Ost-Europa 
auf. Die Wiesel haben eine gelblichweiße Unterseite und die Stirnbein- 
verengerung liegt in der vorderen Schädelhälfte. P. nivalis L. (vulgaris Briss.), 
Wiesel, nur selten im Winter ganz weiß, sonst oben braunrot. Es nährt 
sich von kleinen Vertebraten und Eiern, paart sich im März und wirft 
Ende Mai 4 — 7 blinde Junge in Erdhöhlen. An amphibiotische Lebens- 
weise und an den Fang von Wassertieren, wie Krebsen und Fröschen, hat 
sich P. lutrrola L., der Nörz, angepaßt, der auf Ost -Europa zurück- 
gedrängt ist. 

Hierher gehört der arktische und subarktische Gtlo Storr., G. luscus 
L., der sogenannte Vielfraß, mit sehr breiten Backenzähnen in der Zahl 
}Üi[J? 6 « Schwanz nur von Kopfeslänge. Verwandt sind Gauotis Bell, 
von Süd-Amerika, Mellivora Storr. J \ ;} } ; * ;[ j * von Afrika und Indien; 
Galera Gray u. a. 

B. Melinae. Füße verlängert, Krallen stumpf, die der Hand ver- 
längert. P 1 kurz mit breitem Talon. Nieren einfach. Nur die Gattung 
Meles Storr. die in mehreren Arten in Asien auftritt, repräsentiert 
durch Af. taxits Bodd., den Dachs, diese Abteilung auch in Europa 
f * \ :\ \ * t"H «• P ! senr klein, oft hinfällig, Haare der Oberseite schwarz 
und weiß geringelt, Unterseite und Beine «schwarz; nächtliches omnivores 
Raubtier. Lebt in selbstgegrabenem Bau. Wirft im Februar nach einer 
Trächtigkeit von Über 11 Monaten 3 -5 blinde, nackte Junge. Wird in 
Nord-Amerika durch Taxidea Waterh. vertreten. Verschiedene Melinae 
sind gefürchtet wegen des Sekrets ihrer Analdrüsen, das sie zur Ver- 
teidigung weit wegspritzen können. Solche Stinktiere sind in Nord- 
Amerika Mephitis Cuv.; Conepati s Gray (Thiosmus Licht.) in Süd- 
Amerika; Mvdacs F. Cuv. in Sumatra, Java, Borneo. Das afrikanische 
Stinktier Zorilla Is. Geoff. (— Ictonyx Kaup) gehört wohl zu den 
Mustelinen. 

Im iudo-malayischen Gebiete treten ferner auf: Heuctis Gray und 
Arctonyx F. Cuv. 



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XI. Ordnung: 1. Carnivora fiwjM^ia. 



C Luirinae. Füße kurz, Zehen mit Schwimmhäuten, Krallen kurz, 
stumpf. Ohr kurz, verschließbar. P* kurz mit breitem Talon, Schädel ab- 
geflacht. Nieren lobuliert. Aquatile Raubtiere. AU Vorläufer der recenten 
Ottern gilt f-PoTAMOTHKRit M Geoff. aus dem Miocän Europas und Amerikas 
mit dem vollständigen Gebiß I5{C}P + Mf. 

Lutra Erxl. Gebiß i * 1 i t s < • 5 mit zahlreichen Arten in der alten 

1 S :t l 1 2 s I .•> «> . 

und neuen Welt. L. litfra L. (L. vulgaris Erxl.). Fischotter in Europa. 
Asien und Nord-Afrika. Ml fast rhombisch, Schwanz über halbe Körper- 
lilnge. Ernährt sich hauptsächlich von Fischen und Krebsen: trägt nur 
Gl Tage [CorksJ. Bei einer malayischen Art cinerea lllig. werden 
die Nägel rudimentär, daher früher als Aonyx Less. abgetrenut. Exhvdra 
Flem. ' -»-»- l ;* ■*-» ( . , mit großen hinteren Schwimmfüßen. E. lutris L. 
Seeotter, die sich an den Küsten de:* Nord-Pacifischen Ozeans aufhält 
und des kostbaren Pelzes wegen gejagt wird. 



Die paläontologische Forschung hat im Laufe der Jahre eine groüe 
Reihe von ausgestorbenen Carnivora kennen gelehrt, die teils als Zwischen- 
formen verschiedene unserer heutigen Abteilungen, die scharf getrennt 
erscheinen, verbinden, teils Licht werfen auf die V orgeschichte derselben. 
Diese hebt im l'ntereoeän an, ist aber trotz ausgezeichneter Vorarbeiten 
von Cope, Scott. Osborn. Wortman, Schlosser, Filhol. Gaudrv, Lydekker. 
Winge u. A. noch im Säuglingsalter. Die nachstehende Andeutung über 
den etwaigen Zusammenhang der Karnivorenabteilungen — der Kürze halber 
in Stammbaumform, bei dessen Zusammenstellung zum Teil die Ansichten 
Winges von EinfluU waren — ist nur eine provisorische. Ihre nähere Er- 
klärung kann weiterhin auch nur gestreift werden. 



Während des Eocän und unteren Miocän spielten in Europa und 
Amerika die Creondonta die Rolle der Carnivora, die sich aus ihnen ent- 
wickelten und zwar in manchen Fällen derart allmählich, dali scharfe 
Grenzen verschwinden und eine Abtrennung zwischen Creodonta und Car- 
nivora vera auf Schwierigkeiten stöbt. 

Die + Creodonta Cope waren kurzbeinige, plantigradc Säuger mit 
getrenntem Seaphoid. Lunatum und Centrale: wahrscheinlich mit unbe- 
deutender Clavicula und einem Foramen entcpicomlyloideum. Auf das 
vollständige Milchgebiii folgte das bleibende I;{C}P}M;{ ohne ReiÜzähne, 
mit groüen Canini: M,.,,., ungefähr gleich groli. während bei recenten 
Carnivora und ihren direkten, ausgestorbenen Vorfahren oder Verwandten 



Vorgeschichte. 




PitinifxJta 



Creodonta 



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Carnivora fisMpeüia. Vorgeschichte. 



539 



M, groti ist oder groß war und M* „. s rückgebildet Gehirnsehädel klein, 
Schädel selbst groli. Os tympanienm ringförmig. (lehirn klein, mit bloli- 
liegenden Lobi olfactorii. 

Während die am meisten generalisierten Creodonta offenbar mit 
den kondylarthren Cngulata zusammenhängen, leiten die mehr speziali- 
sierten Formen zu den Carnivora. Sie hatten karnivore Lebensweise, 
unguieulate, teilweise gespaltene Nagelphalangen, einen Talus, dessen 
verbreiterter Kopf eine nur eben ausgebuehtete Gelenkfacette für Tibia 
und Fibula hatte, welche schräg stand gegenüber dem Hals des Talus. 
Dieser artikulierte mit Cuboid und Xaviculare. Sie hatten manche Be- 
ziehungen zu Marsupialia Carnivora. Von letzteren unterschieden sie sich 
aber namentlich durch die geringere Zahl der Incisivi. den nicht einge- 
bogenen Processus angularis des rnterkiefers. den kompleten knöchernen 
Gaumen, die Trommelhöhle, die wohl nur knorpelig geschlossen war. nicht 
durch Beteiligung des Basi- und Alisphenoid: sowie durch den vollständigen 
Zahn Wechsel, welche Punkte bereits bei den ^Spanissodonta (s. p. &");">) 
behandelt wurden. 

Im allgemeinen kann man mit Wort man sagen, da Ii vom Ende der 
unteren Mioeänzeit an die Creodonta die Merkmale mehr und mehr an- 
nahmen, die eben die Carnivora kennzeichnen, z. B. verschmolzenes Scapho- 
lunatum. Windnng der Großhirnhemisphären. So kommt man zum Stand- 
punkt Winges u. A.. die nicht mehr von Creodonta sprechen, sondern nur 




Fig. 400. Linker Unterkiefer von Hyaenodon leptorhynchus, » l|0 nat. Grotte. 
Nach Gaudry. 

von Carnivora primitiv« und C. vera und zu ersteren nur die Formen 
rechnen mit drei gleichartigen unteren Molaren. Dieser Standpunkt wird 
sich wohl als der richtigste herausstellen. Halten wir vorläufig den — 
allerdings schwankenden klassifikatorischen Begriff Creodonta fest, so 
kann hier aus der grolien Zahl von Formen, mit denen namentlich Gaudry, 
Schlosser. Scott, Winge. Lydekker, Wortman u. A. sich beschäftigten und 
auf deren Schriften verwiesen sei. nur auf + Stypolophus Cope (Sinopa 
Leidy) gewiesen werden. Dies ist einer der ursprünglichsten Creodonta 
aus dem Kocän Europas und Nord-Amerikas: Gebib * j \ \ mit tuber- 
kulo-sektorialen Backenzähnen, die an Insectivora und karnivore Marsu- 
pialia erinnern. Mit der naheverwandten europäischen +Proviverka 
Rütim. wird er zu den ^Proviverridae vereinigt. Zusammen mit anderen 
Genera, wie + Hyaenodon I^iizer et Parieu aus dem Eocän und Miocän 
Europas und Nord-Amerika.s, werden sie auch als + Hyaenodontidae zu- 
sammengefaßt, während Andere letztere und die Proviverridae als getrennte 



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540 



XI. Ordnung: L Carnivora fisaipedia. 



Familien betrachten. Die mehr modernen Karnivorencharaktere, die sich 
äußern in Vergrößerung von Pi- und M, und Verkleinerung der Backen- 
zähne dahinter, zeigen sich zuerst in + Amphictis Pom. * j ; \ ; * aus 
dem Eocän und Miocän Europas, welches (lentis + Stvpolophus noch nahe 
steht. Winge erhebt es zu der Familie der + Amphictidae. Wohl 
kaum dürfen ihr aber die +Miacidae Copes zugerechnet werden. Diese um- 
fassen doch Formen, wie ^Vulpavus Marsh (Miacis Coi>ci, + Uintacyon u.a., 
denen wir unten begegnen werden und die sich eng an + Cvnodictis und 
damit an die Canidae, sowie an den Stamm unserer Arctoidea überhaupt 
enger anschließen. Schlosser bereits brachte die Miaeidac von den Creo- 
donta zu den wahren Carnivora, da sie einen Heißzahn besaßen, der die 
folgenden Mackenzähne übertraf. Von kreodonten Charakteren haben sie 
aber noch Scaphoid und Lunatum getrennt, einen Trochanter tertius und 
nur unbedeutende Aushöhlung der Trochlea des Talus. 

Zweifellos haben sich aus den ^Amphictidae die Viverridae entwickelt. 
Deren Trommehöhle wird neben dem ringförmig bleibenden Os tvmpanicum 




Fig. 401. Mnchaerodus mit derartig weil herabgesetztem Unterkiefer, daU er 
vertikal steht. Nach St. (ieorge Mivart. 

durch ein Os bullae geschlossen, das bei Nandinia nur erst durch Knorpel 
vertreten wird [Winge. Carlsson]. Dies gibt eine Vorstellung vom Zustande 
der Trommelhölde bei + Amphictidae und den + Creodonta. Die Viverridae. 
die überhaupt der Stammform der Raubtierfamilien sehr nahe stehen, 
schließen sich durch das mitteltertiäre +1ctitherium Wagn. Europas 
(! . 'r rr») direkt an die Hyaenidae an. 

Der primitive + Palaeonictis aus dem Eocän Amerikas und Euro- 
pas, charakterisiert durch kurzen (lesichtsschädel. runden Kopf gegenüber 
dem langen der Creodonta und übrigen alten Carnivora, durch Ausbildung von 



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Carnivora fi8*ipedia, Vorgeschichte. 



541 



als Reißzahn, während die übrigen MS reduziert sind, mit großem Ko- 
mmen intraorbitale und kurzem, nach hinten verbreitertem Gaumen, liegt 
an der Wurzel des Stammes der Kelidae. Vermutlich ging aber ein 
Teil derselben durch die mioeänen ; Nimravidae unter exeessiver Speziali- 
sierung in den Seitenzweig des jungtertiären und pleistocänen + Machae- 
rodus ül>er. Dieses Genus übertraf »Ire heutigen Katzen durch Reduktion 
der Hackenzähne auf P'-MJ ) sowie durch excessive Entwickelung <ler 
häutig fein gezähnelten CaninL Auf diese Exceßbildung wurde bereits 
ip. 1 <m, Kig. 122 u. 123) hingewiesen. Sie läßt es fraglich erscheinen, 
wie die Tiere sich ernähren und die Canini gebrauchen konnten. Von 
vielen diesbezüglichen Hypothesen besagt die jüngste von W. 1). Matthew, 
daß der Unterkiefer in vertikale Position gebracht und die Canini als- 
dann als Dolche gebraucht wurden. Selbst wenn das Unterkiefergelenk 
dies erlaubte und Muskeln und Nerven solche Zerrung zuließen, befriedigt 
diese Hypothese kaum bei bedeutendster Ausbildung der Canini. wie in 
Kig. -MM. in welcher der Unterkiefer in vertikaler Position ist. Vielleicht 
waren es Aasfresser, die nur durch Verwesung erweichte Teile zerrissen 
und verschlangen. 

Offenbar liegt Tatriofeus Leidy aus dem mittleren Eocän. die 
sich an ■ Oxyaexa Cope aus dem unteren Eocän anschließt, und damit 
die Familie der ~* Oxiaenidae überhaupt nicht in der Stammreihe der 
Kelidae | Winge. Osborn|. Es waren kräftige, teilweise wohl baumbewohnendc 
Räuber, die nach Art der Katzen lebten und ein deinen ^sprechendes Gebiß 
erwarben. Diese den Felidae homoplastische, parallele Reihe ließ aber 
keine Nachfolger nach « vergl. p. .VM ). 

Kür die Genealogie der Canidac müssen wir auf + Cyxodictis Brav, 
et Pom. zurückgehen. Diese Form aus dem europäischen Eocän, die 
in Nord-Amerika im Oligocän auftritt, hatte * ) \ \ mit hochkronigem P, 
langem Pi. Schädel viverraartig. Humerus plump, mit Koramen ente- 
picondyloideum. Kein Ii. Trochanter; Talus-Kacette für die Tibia tief 
ausgehöhlt; pentadaktyl. Sie leitet sich vielleicht am ehesten von Können, 
wie die +Miacidae her. als deren Vertreter + Vulpavus Marsh (Miacts Cope) 
gelten darf. Dieses (lenus erscheint im Mittel-Eocän Nord- Amerikas, ist 
aber ebenso wie + Uixtacyox hauptsächlich nur durch Unterkiefer bekannt. 
Während dieser aber bei Uintacyon kräftig ist mit abrupt gerundetem Kinn, 
hat er bei Vulpavus den Charakter des Hunde-Unterkiefers durch seine 
gestreckte Korm. «lie sich nach vorn zu allmählich verschmälert. Auch 
in der Gebißform und in der Reduktion von M, führt Vulpavus zu + Cyxo- 
dicti8 und durch dieses Genus allmählich zum Genus Caxis. Von 
diesem treten die lupinen Formen (Thooidae Huxley) mit Sicherheit erst 
im Plioeän auf, wie +C. et ruscus u. a. von der Große eines Wolfes. 
Im Plei>tocän Europas erscheinen verschiedene WTdfe. die nach Nehring 
nur Varietäten von C. lupus L. siml. Neben anderen Hunden aus dem 
Diluvium Europas erscheint der Haushund C. familiaris erst in der 
jüngeren Steinzeit, als Torfhund j+Canis familiaris palustris Rütim.) 
bekannt, von der Größe eines mittelgroßen Jagdhundes. In der Bronzezeit 
war allgemein verbreitet <C. familiaris optimae-matris Jeitt. als dessen 
Nachkommen Jeitteles den Pudel, größere Jagdhundrassen und den Schäfer- 
hund betrachtet. Weiteres über die immer noch dunkle Geschichte der 
Haushunde s. oben bei diesen. Daß das heutzutage asiatische Genus Cuon 
(Cyox im Pleistocän auch in Europa vertreten war. erhellt aus +C. sar- 



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XI. Ordnung: I. Carnivora fi**ipedia. 



dous Studiati. ~C. europaeus liourg.. deren Re.ste auch als - Cyxu- 
therium Stud. beschrieben sind [F. Major]. 

Cebrigens leiten neuerdings Wort man und Matthew ( 1 H« *<> , das Genr.s 
Cuon (Cyoin von + Daphaexus Leidy aus dem nord-ainerikanischen Oh- 
gocän ah und zwar durch Zwischenkunft vom altmiocänen Temxooyox Cope. 

Cuon teilt mit dem recenten Icticyon und den verwandten untci- 
miocünen ( ienera * Oligobunis Cope. +Exhydrocyox Cope, +Hyaexooyox 
Cope. und + Temnocyox den schneidenden Talon der unteren Molare:). 
Die Zahnformel schließt sie aher aus der Verwandtschaft mit Cuon. ab- 
gesehen von Temnocvon, dessen Molaren sich von Cuon nur in der Weise 
unterscheiden, «laß sie hei letzterem progressive Charaktere aufweisen. 
Damit gepaart geht Verkürzung des Hallux und Pollex. Verlängerung des 
Fußes. Zunahme der Schädelkapazität. Temnocvon seinerseits stammt nach 
Scott von Daphaenus. der sich nach Wortman und Matthew aus Cintacvo;i 
Leidy herleitet. Dieser eoeüne Kanide mit kurzem Kiefer hatte im Cnter- 
kiefer I , C, P, M, ( , von denen sich die M durch große Lange auszeichneten. 

Aus Cynodictis-artigen Tieren nahmen die + Amfhicyonidae mit 
+ Pseudamphicyox Schloss. aus dem oberen F.ocän Kuropas ihren Crsprimg. 
Ihnen entstammte + Hyaenarctts Falc. «V. Cautl.. aus dem Miocän und 
Pliocän Asiens und Kuropas, welches Genus in Aeluropus einen recenten 
Vertreter hat und aus dem auch wohl l'rsus hervorging. 

Waren Cynodictis-artigc Carnivora die Stammväter der heutigen 
Canidae und Crsidae und zwar so. daß ihr Zusammenhang ein enger war: 
so gilt dies auch für die Mustelidae. 

Allerdings sind andeie. wie Schlosser, der Meinung, daß der Stamm- 
baum der Mustelidae von \ iverra-artigen Stammvätern sich herleite. Von 
-K'ynodictis unterscheiden sich die Mustelidae durch Verlust von M ( ; 
ist stark rückgebildet, desgleichen M l . der aber noch seine ursprüngliche 
Forin bewahrt hat. Desgleichen P 4 . der noch wie bei Cynodietis den 
kleinen schmalen Talon hat. +P1.E8ICTI8 Pom. ; ] \ -J— . aus dem 
europäischen Kocän. der mit zahlreichen anderen Genera die Mustelinen 
im Tertiär der nördlichen Hemisphäre vertritt, schließt sich einerseits an 
Cynodietis an. andererseits an die recente Mustki.a L. die ursprünglichste 
der heutigen Mustelinen. von welcher Gruppe die Melincn uml Lufrinen 
ausgingen. — In postpliocäner Zeit lebten in Kuropa von ausgestorbenen 
Carnivora der Höhlenlöwe + Felis leo spelaea Goldf.: der Höhlenbär 
+ llrsus spelaeus Roscnm. und + V. priscus Cuv.: die Höhlenhyaene 
>tU. crocuta spelaea (ioldf.. die sich eng an H. crocuta anschließt und 
verschiedene andere Hyaenaarten im Süden Eurojras neben zahlreichen 
kleineren Raubtieren. 

In unserem obigen Stammbaum wurden die Proevonidae in genetische 
Verbindung zu ^Phlaocyn Matth, gebracht, einem oligoeänen (ienus Nord- 
Amerikas, das nach Wortman und Matthew in fast jedem Charakter zwixhen 
1 Cynodietis und dem recenten Procyon steht, so daß letzterer als der Ahne 
des ersteren gelten darf. Die Systematik der recenten Tiere vereinigt 
mit Procyon, Rassariscus und den asiatischen Aelurus. Von diesen steht 
letzterer abseits durch sein Zahnmuster. aber auch Bassariscus nähert sich 
mehr Cynodietis als Phlaocyon. 

Aus obigem geht aber jedenfalls zur Genüge die genealogische Be- 
deutung von Cynodietis und verwandten früh-eoeänen (ienera hervor. 



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XI. Ordnung: II. Carnivora Pinnipedia. 



543 



II. Stamm: Carnivora Pinnipedia. 

Die Pinnii>edia sind wasserbewohnende, meist an der Meeresküste, 
seltener in Flüssen und Seen lebende Raubtiere, deren Eigentümlichkeiten 
gegenüber den übrigen Kaubtieren sich hauptsächlich durch Anpassung an 
das lieben im Wasser erklären. 

Es sind meist große, gesellig lebende Tiere, die mancherorts in 
großen Scharen auftreten. Als polygame Tiere kämpfen die Männchen 
vielfach um den Besitz, der Weibchen und überragen dieselben zuweilen 
außerordentlich an (iröße. 

Ihr Körper ist mehr oder weniger spindelförmig, mit kurzen, tlo.ssen- 
artigen Extremitäten. Das dichte, anliegende Haarkleid besteht aus zu- 
weilen regelmäßig angeordneten Haarbündcln mit kurzen, steifen Stannn- 
haaren. welchen sich kürzere, feine, wollige Nebenhaare zugesellen. Letztere 
machen bei großer Dichtheit, besonderem fllanze und Weichheit, den Pelz 



Fig. 4U2. 



Fig. 403. 




Fig. 404. 



Fig. 402. Fingerende von 
Otnria im LängsK'hnitt; naeh 
boueq. n Nagel; s Sohlenhorn ; 
/ Verlängerung de* Finger», der 
Fingerl*ere vergleiehbar; 3 Nagel- 
phalanx. 

Fig. 403. Linke Hand 
einer jungen Phoca vitulina. 3 4 
naL Gr.; nach Leboacq. A' Radius; 
U Lina; / Radiale iScaphoid); 
/ Intennedium (Lunatum); « Ul- 
nare (Triquetrum) ; p Filiforme; 
. Centrale, verschmolzen mit dem 
Scapho -Lunatum. / Trapezium; 

Trapezoid; j Capitatum; 4 Ha- 
niatum. 

Fig. 4d4. Linke Hand 
von Trieheehus ro*maru&; naeh 
Murie. Zur Demonstration der 
Nagelrudimente. Stark verkleinert. 

mancher Arten zu den gesuchtesten. Umgekehrt ist das Haarkleid bei 
Trieheehus zurückgegangen. Wohl allgemein haben die .hingen einen wolligen 
Pelz, vielfach wird er aber, wie bei Phoca. bereits im Uterus gewechselt 





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544 



XI. Ordnung: II. Carnivora pinnipedia. 



gegen einen (lichtanliegenden. Gefleckte oder geringelte Zeichnung findet 
sich häutig. Alle Pinnipedia besitzen äußerst zahlreiche und starke Tast- 
haare an der Oberlippe, die in Follikeln mit sehr umfangreichen Blut- 
sinus stecken und von starken Endzweigen des 2. Trigeminusastes bedient 
werden. Eine dicke Specklage zeichnet das subkutane Gewebe aus. Tubu- 
löse und acinöse Drüsen sind zwar gut entwickelt: Zusammentreten solcher 
zu Anal- oder anderen gehäuften Drüsen findet aber nicht statt. Die 
Mammae treten in der Zwei- oder Vierzahl auf; sie sind abdominal. 

Der Einfluß der aquatilen Lebensweise äußert sich namentlich in den 
Gliedmaßen. Infolge der Kürze der beiden oberen Segmente derselben 
liegen dieselben größtenteils unter der Haut verborgen und sind wenig 
geeignet, den Körper auf dem Lande fortzubewegen: um so weniger als 
die Hinterexfremitätcn längs dem kurzen Schwänze nach hinten gerichtet 
und um ihre Längsachse gedreht sind. Hand und Fuß dagegen, stets fünf- 
fingerig, sind lang; namentlich der letztere durch Verlängerung der Zehen, 
besonders der 1. und ö. <'Fig. HS. p. 112). Stets ist zwischen den Fingern 
und Zehen eine Schwimmhaut ausgespannt, welche besonders bei Otariidae 
die Finger- und namentlich die Zehenspitzen überragt und alsdann durch 
eine ventrale Verlängerung derselben, welcher z. Ii. bei Otaria Knor]>el 
beigemengt ist. gestützt wird. In sehr ausgiebiger Weise können die 
Zehen gespreizt werden und haben dementsprechend große Beweglichkeit 
im Mittelfußgelenk. Umgekehrt ist die Hektorischc Heweglichkeit dcrTarso- 
metatarsal- und Interphalangeal-Gelenke eine beschränkte, da die Zehen 
meist gestreckt gehalten werden als Stütze der Schwimmhaut. Der Fuß, 
der als wesentliches propulsatorisches Organ beim Schwimmen dient, er- 
freut sich aber großer Beweglichkeit Demgemäß artikuliert der Talus • 
vermittelst glatter Gelenktläche mit der Tibia, was aber wohl nur An- 
passung ist kein direkt vererbter Zustand von Creodonta. Dafür spricht 
auch, daß die primitiveren Otariidae, sowie Trichechus noch eine untiefe 
Furche auf der tibialen Facette des Talus aufweisen. In der breiten Hand 
verschmelzen Scaphoid und Lunatum und mit diesen wieder das im fötalen 
Zustande freie, gut entwickelte Centrale carpi. Ein Foramen entepicondy- 
loideum und die Clavicula fehlen: desgleichen ein Trochanter tertius am 
Femur. Am Hecken ist das Os acetabuli besonders ausgedehnt. Ein 
Einschnitt am Acetabulum für das Ligamentum teres fehlt. Namentlich 
gegenüber der Kürze des Ilium fällt die Länge der Pubes und Ischia 
auf. sowie die Kürze der Symphyse. 

Die Nägel sind bei Phocidae noch krallenartig und namentlich in 
der Hand gut ausgebildet. Am Fuß ist diesbezüglich Rückbildung bereit* 
bemerkbar. In erhöhtem Maße bei Trichechus, wo die Krallen des Fußes, 
mehr noch die der Hand, postembryonai zurückgehen. Hei Otariidae end- 
lich sind sie in der Hand fast geschwunden, im Fuße vollständig, mit 
Ausnahme der drei mittleren Zehen, wo es grade, flache Nägel sind. 

Der rundliche Schädel mit auffallend verkürztem Gesichtsteil ist aus- 
gezeichnet durch weite Orbitae und starke Verengerung in der interorbi- 
talen Gegend. Der Gehirnschädel ist breit und hat bei primitiveren Arten 
einen Sagittalkamin. Ein Lacrymale fehlt. Das Os tympanicum bildet 
die Umwandung der Trommelhöhle, ist aber entweder dünnwandig und 
flach bei den Otariidae, oder bildet eine Bulla ossea. die namentlich durch 
bedeutende Dickenzunahme der Wand umfangreich wird und auch durch 
ihre Härte an Cetaceen erinnert. Wie bei diesen, werden auch die Ge- 



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Pinnipedia, Körperbau. 



545 



hörknöchclchen massig und schwer. Der Alisphenoidkanal kann fehlen. 
Sehr weit ist der Canalis infraorbitalis, entsprechend der (Jröße des 2. 
Astes des Trigeminus, der zu den Tasthaaren zieht. Die Wirbelsäule 
hat in der Regel 15-f-5 Thorako-Lumbalwirbel und 3— 4 Sakralwirbel. Die 
Zahl der Kaudalwirbel spielt zwischen 15 und 8. Durch große Beweg- 
lichkeit der Wirbelsäule sind die Otariidae ausgezeichnet. 

Im Gehirn sind die großen Hemisphären breit, auffallend umfang- 
reich, auch kaudalwärts und bedecken dadurch das Kleinhirn und weisen 
wie bei Carnivora fissipedia 4 konzentrische, bogige (lyri um die Fissura 




Fig. 4o">. Lüigml u rc h *c h 1 1 i 1 1 durrh die Na.-enhöhle von Phooa vitulina. m 
Maxilloturbinale; /. Na»oturbinale, j — 7 <lio uu-dianen Klhmoturbinalia. 

Sylvii auf. Diese ist mit der Fissura rhinalis verbunden. Wie bei Fissi- 
pedia. erreicht die Fissura splenialis die Mantelkante: der (Jyrus fornicatus 
ist aber, wenn auch wenig, gefurcht. Die Lobi olfactorii sind nur schwach 
entwickelt, der Nervus olfactorius klein, so daß die Pinnipedia den mikros- 
matischen Tieren zuzurechnen sind. 

Dementsprechend finden sich zwar noch 5 Endoturbinalia mit »5 Riech- 
wülsten, dieselben sind aber kurz und die Regio olfactoria Oberhaupt sehr wenig 
umfangreich. Demgegenüber besitzt das Maxilloturbinale eine enorme Ent- 
wickelung. füllt den größten Teil der Nasenhöhle und schließt das lange, 
schmale Nasoturbinale von der äußeren knöchernen Nasenöffnung aus. Da 
das .Maxilloturbinale ästig ist. schließt es sich auch hierin dem Zustand der 
„Hypomycterr an, wie ihn eben die Arctoidea. aber unter makrosmatischen 
Verhältnissen, darbieten. Pneumatische Sinus fehlen. Die äußeren Nasen- 
Öffnungen sind durch die Elastizität ihrer Wände geschlossen und verhindern 
damit «las Eindringen von Wasser beim Tauchen. Durch willkürliche 
Muskeln werden sie beim Atemhohlen geöffnet. 

Im großen Auge weist die flache Cornea und die kugelförmige Linse 
Anpassung an das Sehen unter Wasser auf. Dem Leben im Wasser ent- 
spricht auch wohl die geringe Ausbildung der Tränendrüse und das 
Fehlen eines Canalis naso-lacrymalis. Die Pinnipedia besitzen ebenso wie 
die Cetaeeen und wie Lutra einen Musculus palpebralis. der von den vier 
Musculi recti sich abspaltet und zu den Augenlidern geht. Da er anderen 
im Wasser lebenden Säugetieren fehlt, kann er nicht eine einfache Kon- 

Wober, Siwcotiore. 3.") 



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54«; 



XI. Ordnung: II. Carnivora pinnipcdin. 




vcrgenzbildung sein, sondern er bringt gleichzeitig, wenn auch sehr ent- 
fernte, verwandtschaftliche Beziehungen zum Ausdruck. Einer guten Ent- 
wickelung erfreut sich die Harderschc Drüse. Mit den Carnivora tisst- 
pedia haben die I'iiini|>edia ein Tapetuni lucidum cellulosum im Auge ge- 
mein, das bis zum Corpus ciliare reicht. 

Trommelhöhle und Gehörknöchelchen wurden schon erwähnt und 
ihr Wesen in Zusammenhang gebracht mit dem Leben im Wasser. Auf- 
fallender äußert sich das in der Ohrmuschel, die nur noch bei Otariidae 
ein unbedeutendes „äußeres Ohr 1, bildet, bei den übrigen bis auf >uh- 
kutane Knorpelreste schwindet. Die Ohrmuskeln transformierten >ic!i 
dabei in Schließmuskeln, gleichfalls eine Anpassung an das Tauchverniögen. 

Das (iebili weicht in verschiedenen Punkten erheblich ab von dem 
der Carnivora tissipedia. Ks sind aber wesentlich Veränderungen regres- 
siver Art als Folge des Lebens im Wasser, wodurch eigentliches Kauen 



Flg. 40ii. (iebili de» 
linken Unterkiefer» von < )gmo- 
rhinu* (Leptonyxi Weddelli, 
zur Demonstration der sekun- 
dären Trikonodontie von I', , 
und M,. Nach H. F. (Mr>™. 



zurückgeht und das (iebili wesentlich (ireiforgan wird. Dementsprechend 
ist die Form der Backenzähne sehr vereinfacht. Gewöhnlich sind 4 I'rae- 
molares und 1. höchstens 2 Molares vorhanden, die nie mehr als 2 Wurzeln 
besitzen und. wenn wir von Trichechus absehen, stets eine schmale 
schneidende Krone mit scharfen Zacken haben, die bis zu 4 steigen können. 
Sie erinnern dadurch an trikonodonte Zähne. Diese Zahnform ist aber 
nicht primitiver Art. sondern nur sekundäre Trikonodontie. durch Rück- 
bildung erzielt. Reißzähne fehlen demnach durchaus. 

Nur bei Trichechus treten oben und unten noch .*> I auf. wenn auch 
der untere I t , der bei allen Carnivora der kleinste ist und ausnahmsweise 

schwindet, derart zurückgeht, daß 
er meist ausfällt. Im übrigen 
ist die Zahnformel der Pinnipedia 
höchstens I* • 'Cj P + M^ - ' ; '; 
wie bei Otaria. wobei M - fehlen 
kann, was bei den übrigen die 
Regel ist. Außerdem tritt bei 
ihnen noch Reduktion inner- 
halb der I ein bis auf \\\ wie 
bei Monaehus, Ogmorhintis etc. r 
endlich bis auf I' \ bei Cvsto- 
pliora. Macrorhintis [Winge]. 

Das Pinnipedier-tiebiß ist 
weiter ausgezeichnet durch Yaria- 
bilität in der Anzahl der Backen- 
Fig. 407. Milch- und bleibende* Gebiü zähne. Einzelne können fehlen, 
von Phoca imrbata, nach Tenon. Bleibende» (Je- häutiger treten Überzählige auf. 
biß durch die Initialen /,<•/» und. i/ angedeutet ; enhve(lcr innerhalb dei Zahn- 

da» Milcbgebiu durrh i. <-. f>. ., . . T , , 1T . . 

reihe oder an deren Ende |Leche|. 




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l'imiipedia, Körjierltjui. Ö47 

Dies weist wohl auf die verhältnismäßige Jugendlichkeit der Reduktion, 
die dem Monophyodontismus und der Homodontie zustrebt. Denn auch 
das Milchgebiß ist in Rückbildung begriffen. Soweit seine Zähne ver- 
kalkt sind, stimmen sie der Zahl nach überein mit der jeweiligen Zahl 
der I und C. Bei den Otariidae erlangen sie die bedeutendste Größe und 
fallen erst nach der Geburt aus. Dies hat auch statt, aber früher, bei 
einzelnen Arten von Phoca ivitulina z. Ii.), doch durchbricht die Mehrzahl 
derselben das ZahnHeisch nicht mehr. Rei anderen, Macrorhinus z. B., wird 
das Milchgebiß vor dem Durchbruch resorbiert. 

Die Nahrung besteht aus Fischen, bei einzelnen auch aus anderen 
Seetieren, wie Mollusken und Krustaceen. Der Magen ist einfach, mit 
seiner Längsachse der IJingsachse des Körpers parallel. Mit einer Flexura 
pylorica geht er in «las Duodenum über. Letzteres setzt sich in ein langes 
einfaches Darmrohr fort, das ungefähr 15 mal die Körperlänge übertrifft 
und ohne Flexura duodeno-jejunalis. wie bei den Bären, an einem Mesen- 
terium commune aufgehängt ist. Das Coecum ist kurz und parallel dem 
Darmkanal. Die Leber ist viellappig, mit Gallenblase. Anus und Vulva 
liegen wie bei Cetaceen in derselben Hautgrube und sind von demselben 
Sphincter umgeben. Die Lungen sind viellappig mit beiderseitigem bron- 
chialem, eparteriellem Bronchus. Mit dem Tauchvennögen steht auch wohl 
in Verbindung der große Blutreichtum des Körpers und die Weite der 
Vena cava posterior (vergl. p. öOiVi 

Die Testikel liegen stets außerhall» der Bauchhöhle in einer Tunica 
vaginalis, die mit der Bauchhöhle in offener Verbindung bleibt. Dieser 
Inguinalkanal ist aber so eng. daß ein Zurücktreten der Testikel in die 
Bauchhöhle ausgeschlossen ist. Außerhalb derselben liegen sie aber ent- 
weder in der Inguinalgegend von der unveränderten Haut überdeckt (Pho- 
cidae , oder aber weit vom Inguinalring entfernt dicht neben dem Anus. 
Die Haut über ihnen ist haarlos, fein gefältelt und kann es selbst zu 
einer Tunica dartos bringen (Otariidae und Trichechus). Von accessorischen 
Geschlechtsdrüsen fehlen die Glandulae vesiculares. vasis deferentis und 
Cowperi. und da auch die Prostata klein ist. so sind in der Tat die acces- 
sorischen Geschlechtsdrüsen auffallend gering entwickelt. Ein ()s penis 
i>t vorhanden, aber nur bei Trichechus groß und schwach S-förmig ge- 
bogen. Das Ovarium liegt in einem Tentorium. Im Uterus bicornis 
kommen nur ein. höchstens zwei .hinge zur Entwickelung, die vollkommen 
geboren werden und der Mutter sofort folgen. Die Placenta ist gürtel- 
förmig und deciduat und verhält sich somit wie die der Carnivora fissipedia. 

Diagnose. Die Pinnipedia sind aquatile. mikrosmatische Carnivora 
mit Hossenartigen. fünftingerigen Extremitäten mit Schwimmhäuten und 
meist rudimentären Nägeln. In den Hintcrextremitäten ist die 1. und 
Zehe gleich lang oder länger und kräftiger als die übrigen. Schädel 
rundlich, mit kurzem Gesichtsteil und interorbitalcr Einschnürung. Os 
t.vmpanicum bildet Bulla ossea und knöchernen, äußeren Gehörgang. 
Maxilloturbinale groß, ästig. Clavicula fehlt, Schwanz kurz bis rudimentär. 
I ? wenigstens im Unterkiefer, reduziert; Backenzähne von ähnlicher Gestalt, 
selten kegelförmig, meist seitlich komprimiert, mit Schneide- und Neben- 
spitzen, meist und MJ. Milchgebiß rückgebildet. Der lange Darm 



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548 



XI. Ordnung: II. Carnivora pinnipedia. 



ohne Flexura duodeno-jejunalis mit kleinem Coecum. Nieren gelappt 
Testes liegen dauernd extraabdominal. suhintegnmental; Glandulae vesicu- 
lares und Cowperi fehlen. Uterus bicornis: Plaeenta gürtelförmig und 
deciduat. Junge werden vollkommen geboren. 

Geographische Verbreitung. Im ganzen und großen sind die Pinni- 
pedia auf die kalte und gemäßigte Zone beider Hemisphären beschränkt. 
Doch zeigt sich, daß zunächst die Ohrenrobben, die Otariidae, dem Atlantik, 
mit Ausnahme seines südlichen Teiles, ganz fehlen. In diesem Ozean 
reicht nämlich aus dieser Familie Otaria jubata nordwärts nur bis zur La 
Plata-Mündung und Arctocephalus antarcticus an der afrikanischen Küste 
nur bis zum Kap der guten Hoffnung. Sclater hält denn auch die Otarii- 
dae für ursprünglich antarktische Seehunde, die nur längs der Westküste 
Amerikas bis zum Nord - Pacilik wanderten. Die Walrosse, Trichechidae, 
dagegen sind charakteristisch für die Nordpolar-Region. Die Phocidae sind 
gleichmäßiger über die kalten und gemäßigten Zonen der Erde verbreitet. 
Nur der auch mediterrane Monachus tritt im tropischen Gebiet auf den 
kanarischen und west-indischen Inseln, sowie an den Küsten Floridas auf. 
Der nördlichen Hemisphären gehören die zahlreichen Arten von Phoca an. 
Auf den Nord-Atlantik sind Halichoerus und Cystophora beschränkt. Die 
Vertreter der Phocidae in der südlichen Hemisphäre sind Ogmorhinus mit 
verschiedenen Subgenera. und Ommatophoca, die sich Monachus näher an- 
schließen, während Cystophora durch Macrorhinus in der Antarktis ver- 
treten wird. Sämtlich Bewohner der Seeküsten, von denen einzelne auch 
in die Flüsse sich begeben, ist Phoca caspica vom Caspischen- und Aral- 
see als Relikt aus der früheren Verbindung der genannten Hinnenmeere 
mit dem Mittelländischen Meer durch das Schwarze Meer zu betrachten. 
Phoca sibirica des Haikai- und Oronsees ist aber wohl vom nördlichen 
Eismeer eingewandert 

Taxonomie. 

Die Pinnipedia zerlegen sich in natürlicher Weise in die drei Familien 
der Otariidae, Trichechidae und Phocidae, von denen die beiden ersteren 
engeren Zusammenhang haben. Sie lassen sich kurz, wie folgt, charak- 
terisieren. 

1. Familie: OTABUDAE. Die Ohrenrobben Italien sich in der Mehrzahl 
der Organe am wenigsten entfernt von den terrestrischen Carnivora, denen 
die Pinnipedia entstammen. Sie sind denn auch noch imstande, die Hinter- 
füße nach vorn unter den Leib zu bringen, um diesen zu stützen, bei 
ihrem ausgedehnten Aufenthalt auf dem Lande. Dementsprechend sind die 
Sohlen der Extremitäten nackt. Sie haben ferner noch kurze, Äußere 
Ohren und die Testes in einer skrotalen Hautpartie. Dies sind lauter 
Punkte, die darauf weisen, daß ihre Umformung durch das Leben im 
Wasser eine weniger tiefgreifende war, als bei den übrigen Pinnipedia. 
Dafür spricht auch ihr Gebiß, das mit 1 1 * : | C J P -f M J-» jJ *-•» , in welchem 
aber M* fehlen kann, neben den nahestehenden Trichechidae, am voll- 
ständigsten ist. jedenfalls auch die größten Zähne hat; desgleichen noch 
das vollständigste Milchgebiß, mit größeren und länger aushaltenden (einige 
Wochen lang nach der Geburt) Zähnen, als sonst bei Pinnipedia. Hiermit 
steht in Verbindung, daß auch die Kaumuskeln noch besser ausgebildet 



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Pinnipedia, Taxonomie. 



541» 



sind und dementsprechend noch ein Sagittalkamm und Processus postorbi- 
tales auftreten. Ersterer schwand ja mit der Abnahme der Kaumuskeln 
als Folge des Wasserlebens, das auf die Kaufunktion reduzierend einwirkt 
und damit Schwächung des Gebisses, Vereinfachung der Zähne und Rück- 
bildung des Milchgebisses im Gefolge hatte. Die Ohrenrobben sind poly- 
game Tiere, die in Herden leben und zur Fortpflanzung an das Land 
kommen, wobei die Mannchen, die häufig die Weibchen an Größe be- 
deutend übertreffen, um den Besitz letzterer kämpfen. Die Mehrzahl gehört 
der südlichen Hemisphäre an. Im Atlantik fehlen sie dem Norden ganz: 
in nördlicher Richtung erstrecken sie sich längs der atlantischen Küste 
Amerikas nur bis zum La Plata, an der afrikanischen atlantischen Küste 
nur bis zum Kap. ABCTOCEPHALUS F. Cuv. mit längeren Ohren, ver- 
längertem, knöchernem Gaumen. Die bekannteste Art der zoologischen 
Gärten ist A. (Zalophus Gill.) californiamis Less. von Kalifornien. Bei A. 
ursinus L. macht das dichte Wollhaar den Pelz besonders kostbar. Diese 
früher weiter verbreitete Art wird daher zu Tausenden auf den Pribislov- 
Inseln erlegt zur Zeit, wenn die Tiere zum Werfen auf das Land kommen. 




Fig. 408. Trichcchiifi rosiuarus £. 1 Intermaxillarc: M Maxillare; / Jugale; 
F Frontale; /' Parietale; S Squainoeum; Ms Mastoid; Cg Fossa glenoidea; Oö Öhr- 
öffnung, l'nterkiefer mit C Condylua und /v Procetwus comnoideus; /' Incisivi; 
C Canini; / Praemolares. 

Jedes Männchen sammelt alsdann bis zu 15 Weibchen, behütet diese und 
paart sich am Ende dieses, 8 Monate dauernden Aufenthaltes, während 
welcher Zeit sie nicht fressen. Otaria Peron gehört der Antarctis an 
und erstreckt sich mit der einzigen O. jubata Forst er, längs der süd- 
amerikanischen Küste bis Peru. Außerdem werden noch andere Genera 
wie Ei metopias Gill genannt, doch herrscht keine Einigkeit bezüglich der 
Synonymie. 



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•>;>0 



XI. Onlnung: II. C'nrnivora pinmpedia. 



2. Familie: TRICHECHIDAE. Diese Familie mit dem einzigen Genus 
Trichkchi's L. stimmt mit den Otariidae Uberein in der größeren Beweg- 
lichkeit der Hinterextremitäten: doch fehlen äußere Ohren und jede An- 
deutung eines Serotums; andererseits ist primitiver, daß Hand und Fuß 
kleiner sind, daß der Talus auf seiner tibialen Facette eine tiefere Gelenk- 
furche hat, der Oberarm länger ist : auch ist das Gebiß nach Winge 
I } ; * C } P ~- M * ;< ; | 6 und das Milchgebiß : I J |J » C j P fjj j , somit bezüg- 
lich* der I das vollständigste Ersatzgebiß, das aber im Alter durch Ver- 
lust auf ' i '!J zurückgeht. Der Verlust von P} erklärt sich durch 
das unter Karnivoren überhaupt ganz abweichende Verhalten der oberen C, 
die große Stoßzähne sind und lange Zeit von persistenter Pulpa aus 
wachsen. Sie dienen dazu, den Seeboden aufzuwühlen, um Muscheln zu 
fischen, welche die Hauptnahrung ausmachen sollen. Die ührigen Zähne 
sind klein, stumpf, einwurzelig und fallen teilweise aus. Processus post- 
orbitales fehlen dem Frontale. Das Haarkleid ist kurz, im Alter spärlich. 
Das große fettreiche Tier wird von den Eingeborenen der Nahrung wegen 
gejagt, außerdem der Haut, des Tranes und des minderwertigen Elfenbeins 
der Stoßzähne wegen. Bereits v. Bär wies 1835 nach, daß das Walroß 
in 2 getrennten Bezirken lebt. Der eine im nördlichen Polarmeer vom 
•lenissei über Novaja-Semlja, Spitzbergen und Grönland bis zur Hudsonbai. 
Dies ist T. rosntartts L.. während T. obrsus Tllig. die Küsten von Nord- 
Ost-Asien und Nord- West-Amerika bewohnt. Pliocäne Reste aus England 
und Belgion beweisen die frühere größere Verbreitung. 

3. Familie: PHOCIDAE. Der vollständigen Anpassung an die Lebens- 
weise im Wasser entspricht bei den Seehunden, daß die Hinterfüße nach 
hinten gestreckt sind, nicht mehr unter den Bauch gebracht werden und 
boi der Bewegung auf dem Lande nicht mithelfen können. Diese geschieht 
daher durch Sprungbewegung des Körpers. Processus postorbitales und 
ein Sagittalkamm fehlen, desgleichen der Canalis alisphenoideus. Das Os 
tvmpanicum bildet eine umfangreiche, dickwandige Blase. Ein äußeres 
Ohr fehlt, die Testes liegen inguinal, subkutan, ohne skrotale Andeutung. 
Hand- und Fußsohle ist behaart. Das Tibio-Tarsalgelenk ist fast kugelig 
geworden. Ein Wollpelz tritt zurück. Die Zahl der I variiert. P J~ J M }. 

Phoca L. I ii mit zusammengedrückten, mehrspitzigen Backenzähnen. 
I*t das repräsentative Genus der Phocinae, die ausschließlich der nördlichen 
Hemisphäre angehören, namentlich dem arktischen Gebiet. Zirkumpolar 
ist Ph. vituliittt L., der Seehund, der sich südlich bis Frankreich, Japan 
und Kalifornien erstreckt. Seine Backenzähne stehen schräg: die Inter- 
maxillaria erreichen die Nasalia nicht: Seiten hell gefleckt, unten weiß. 
Aehnliche Verbreitung hat Ph. fottida Fabr. Ihre Backenzähne stehen in 
der Richtung der Kiefer. Intermaxillaria und Nasalia berühren sich. Statt 
der hellen Seitenflecken, weißliche Ringe. IVt. sibirica Gm. ans dem 
Baikal- und Oron-See, sowie Ph. caspica Gm. aus dem Kaspischen See 
wurden bereits genannt. Ph. grocnlaudica Fabr. hält sich im Frühling 
zur Zeit der Fortpflanzung in großen Scharen in dem Eise zwischen Spitz- 
bergen und Grönland auf und wird dort der Haut und des Speckes wegen 
gejagt. 

Eng an Phoca schließt sich Halichokki s Nilss. an, mit gleicher Zahn- 
formel, doch kann nach Nehring ein überzähliger M auftreten, auch sind die 
Backenzähne einspitzig. Auf grauweißem Grund schwarz gefleckt. Bewohnt 



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Pimiipedi», Taxoiiornie. Vorgi^-hicbte. 



551 



«Ich nord-atlantischen Uzean, ist aber auch mit der Art H. grypits Fabr. 
von den dänischen um] englischen Küsten bekannt. Als Erignathis Gill, 
wird ein gleichfalls zirkumpolarer Seehund abgetrennt, der sich z. B. unter- 
scheidet durch den 1. Finder, der kleiner ist als der 3. Bei der Unter- 
fauiilie der Monachinac ist I 1 ausgefallen, 1. und 5. Zehe stark verlängert, 
Nägel rudimentär oder fehlend. Die hierher gehörigen Genera Ogmokhini s 
Pet., mir den Subg< nera Lkptonyc uotks Gill und Lobouon Gray, sowie 
()mmat«U'HOca Gray sind alle antarktisch. Genannt wurde bereits Mo- 
Nvein s Flein, mit M. albivtntrr Bodd., der Seehund des Mittelmeeres, der 
sich bis zu den Kanarischen Inseln erstreckt, und Af. tropicalis Gray von den 
westindischen Inseln, den Bahamas und Florida. - - Bei der Unterfamilie der 
( 'ystonhorinae sind diel auf \ reduziert, die Backenzähne klein, einspitzig ge- 
runzelt, Bulla ossea stark aufgeblasen : 1. und 5. Zehe sehr lang. Die knöcherne 
Nasenöffnung ist nach hinten gedrängt durch das auffälligste Merkmal: 
die Ausdehnung der äuüeren Nase, die durch Luft aufgeblasen werden 
kann. Dies ist der Fall bei Cyhtophora Nilss., deren einzige Art: C. 
iristata Erxl. an den arktischen und atlantischen Küsten Nord-Amerikas 
und Europas, bis Frankreich lebt. Sie heißt Blasenrobbe oder Klappmütze, 
da das Männchen die häutige Nase zwischen Nasenspitze und Augen blasig 
auftreiben kann. Bei Macrorhinis F. Cuv., mit dem antarktischen M. 
Iconimts L., der namentlich von den Kerguelen und anderen kleinen 
Inseln bekannt ist, wird das Männchen bis 9 m lang und damit die größte 
Robbe. Erwachsen hat es einen Rüssel, der durch Luft aufgetrieben und 
verlängert werden kann. 

Vorgeschichte. Die Paläontologie wirft bisher keinerlei Lieht auf 
die Vorgeschichte der Pinnipedia. Es ist zwar eine Anzahl derselben be- 
reits aus dem Miocän bekannt: diese meist unvollständigen Reste schließen 
.sich aber, insoweit sie sich beurteilen lassen, in erster Linie eng an 
unsere heutigen Phocidae an. Früher bereits wurde die Ansicht geäußert, 
daß die Pinnipedia direkt von Creodonta abzuleiten wären. Wenn man 
dabei auf die geringe Zahl der I wies, da ja auch bei Creodonta I , fehlen 
kann, so vergäll man wohl, daß dies bei Pinnipedia sichtbar ein Verlust 
ist. der erst seit jüngerer Zeit, seit Anpassung an das Leben im Wasser, 
datiert. Neuerdings führt Wortiuan die Pinnipedia auf + Patriofclis und 
damit auf die + Oxyaniidac zurück is. p. i">41). welche für den einen noch 
Creodonta sind, für andere bereits Carnivora, die den Katzen sich nähern. 
Dieser Ansieht Wortmans ist aber sowohl Winge als auch Osborn ent- 
gegengetreten. 

Ein Zusammenhang der Pinni|>edia mit den Crsidac ist wohl die 
gesichertste Annahme. \ ergleichuug der recenten Formen lehrt eine Menge 
auffallender rebercinstimmungen kennen, die auf Blutverwandtschaft deuten. 
Ich nenne den Bau der Trommelhöhle, das Verhalten des Maxilloturhinale, 
«las in beiden ästig ist > Hypomyctcri): den langen Dannkanal ohne Flexura 
«luodeno-jejunalis. der an einfachem Mesenterium commune aufgehängt ist: 
die gelappten Nieren, das Kehlen der Cowpersehen Drüsen. Damit kommen 
wir zum Schluß, daß die Pinnipedia mit den Crsidae zusammen primitiven 
Ainphicvon-artigen Carnivora entsprangen und allmählich auffällige Cni- 
törnumg durch ihre Lebensweise erfuhren. 



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552 



XII. Ordnung: Celacea. 



XII. Ordnung: Cetacea. 

Keine zweite Ordnung von Säugetieren zeigt so deutlich wie die Wal- 
fische den umformenden Einfluß der Umgebung auf den Körper und da- 
neben das konservative Prinzip, das dem Körper das Ererbte erhalten 
will, sei es auch nur in (icstalt rudimentärer Organe, die dein Körper 
tatsächlich nutzlos geworden sind. Zahlreicher als bei anderen Säugetieren, 
treten uns hier solche rudimentäre Organe entgegen, die Einsicht geben 
in die Vorgeschichte dieser Tiere, die durch das ausschließliche Leben im 
Wasser tiefgreifend verändert sind in ihrem äußeren und inneren Hau. 
Alle Veränderungen zielen darauf ab, sie zum Schwimmen und Tauchen 
zu befähigen und selbst solchen Verrichtungen unter Wasser obzuliegen, 
wie das Werfen von Jungen und deren erste Ernährung nach Art dei 
Säugetiere. Hegreiflich daher, dali sie, wie früher den Zoologen, so auch 
jetzt noch den Laien als Fische erscheinen, was ihnen den Namen Wal- 
fische eintrug. 

An den Fischhabitus erinnert denn auch ihr langgestreckter, cvlin- 
drischer Körper mit abgerundeten Oberflächen, dessen Kopf ohne Hals 
gleichmäßig übergeht in den Rumpf, der seinerseits wieder ohne Grenze 
sich fortsetzt in den Schwanz. Die Körperoberfläche ist spiegelglatt und 
bietet beim Schwimmen den denkbar geringsten Kcibungswiderstand. Dies 
ist die Folge des Baues der Haut, die durch folgendes gegenüber den 




Fig. -UHl. Balacim roynticeU» nach I>. Gray; mir- J. Struthcr*. 

übrigen Säugetieren sich charakterisiert. Zunächst durch ihre Haarlosig- 
keit Diese kommt zwar auch anderwärts vor. aber nirgends so vollständig 
wie bei Cetaceen. Nur einzelne Cetaceen sind auch im Fötalleben ganz haar- 
los, wie Heluga und Monodon. Hei den übrigen kommen Haare wenigstens 
im Fötalleben vor und zwar stets an den Lippen, dann auch in der Nasen- 
gegend. Bei Odontoceti beschränkt das Haarkleid sich auf '2 (l'hocaena) 
bis 8 (Delphinus) Haare jederseits an der Oberlippe, die meist vor der 
Geburl ausfallen oder allmählich nach derselben, wie die *> Ilaare jeder- 
seits bei Tursiops tursio. Ausnahmsweise rinden sie sich auch bei erwachsenen 
Odontoceti wie Inia und vielleicht Grampus. Dies ist auch der Fall bei 
Balaenidae in der Kinngegend, woselbst bis zu '2ä Haare bei Balaenoptera 
phvsalus zeitlebens sich erhalten. Bei Megaptera longimana sind es kurze, 
steife Borsten, die im Zentrum grnfter Hautknollen (Knöhhal der Norweger 
an jeder Seite der Unterlippe und auf «ler flachen Oberkieferpartie stehen. 

Bemerkenswert ist. dali diese letzten Beste eines Haarkleides echte 
RChwellkörpcrhaltigc Haare sind. sog. Sinushaare, wie die ..Spürhaare". Damit 



Olacea. Kör|M>rlmn. 



r>r>a 



wird die Regel bestätigt. daß. wenn Haare verschwinden, die um die 
Mundgegend: die Spürhaare, es zuletzt tun, wie sie denn auch zuerst ent- 
stellen. Damit ist gleichzeitig die Annahme berechtigt, daß die Cetaceen 
von Tieren abstammen mit gut entwickelten und zahlreichen Spürhaaren — 
beim Balaena-Foetus sind ja wenigstens bV> Haare konstatiert. — Sehen wir 
von dem einzelnen dicken Haar ab. das Eschrieht in dem äußeren (Jchör- 
gang von Balaena antraf, so ist der übrige Körper bei allen Cetaceen 
stets nackt. 

Während aber bei anderen, wenig behaarten Säugetieren stets noch 
Hautdrüsen vorkommen, fehlen diese den Cetaceen vollständig mit Aus- 
nahme von Konjunktival- und Milchdrüsen, die beide unten zur Sprache 
kommen sollen. 

Die Epidermis, die über 5 mm dick werden kann, verdankt dies der 
Ausdehnung des Mete Malpighi (vergl. p. 3). Ihr gegenüber ist die bige 
echt verhornter /(dien, die ein zähes 
Stratum comeum bilden, sehr dünn. 
Neben fein zerteiltem Pigment in 
den Epideriniszcllen, treten zwischen 
diesen verzweigte Piginentzellen auf, 
die beide die schwarze oder tief- 
blaue Hautfarbe hervorrufen, die 
namentlich auf der Rücken- oder 
Seitenfläche so häutig vorkommt. 

Ein eigentliches Corium. das 
sich scharf absetzt vom subkutanen 
Bindegewebe, respektive vom Panni- 
culus adiposus fehlt oder ist nur 
gering ausgebildet. Letztere?« ist 
bei Monodon, Beluga und einigen 
andern der Fall. Sonst ist das 
Corium fetthaltig, ist somit Panni- 
culus adiposus mit Ausnahme des 
schmalen, fettfreien Papillarkörpers. 
welcher hohe Lederhautpapillen. die 
nur Blutgefäßschleifen enthalten, in 
die Epidermis sendet. Hautnerven 
spielen eine sehr untergeordnete 
Bolle: glatte Hautmuskeln fehlen. Fi«. 41». Schnitt durch einen Haar- 

DieserParmicillusadipOSUS.diese follikel der Unterlippe eine»* KoeliiH von Balae- 
mit elastischen Fasern "emenffte "opiera acutn-mMrata von !>."> cm Iünge. E 

Speckte;. »„, ******* in SÄtfSÄÄHfiTÄ Mta 

Linie die (etaeeen seit Jahrhunderten Bal^aucn; W Wurzelseheiden de«. Haares, 
gejagt werden, leistet teilsals Wärme- au» einer änderen und inneren Ijipe »stehend, 
schütz Dienst, teils und vielleicht 

noch mehr, um das spezifische Cewicht des Tieres zu vermindern und 
dessen Körper mit einer elastischen I,age zu umhüllen im Hinblick auf 
erhebliche Druckschwankungen. denen die Tiere beim Tauchen in große. 
Tiefen unterliegen. 

Die Hautdecke bietet noch weitere Besonderheiten. Der Schwanz 
endet in einer Schwanzflosse, welche die ältere Zoologie gegenüber der 
vertikalen Schwanzflosse der Fische als horizontale unterschied. Beide 




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;>54 



XII. Ordnung: Cetacca. 



liaben aber nichts gemein, da «lie Schwanzflosse der Cetaeeen nicht von 
Skeletteilen gestützt wird. Sie ist vielmehr nur eine endständige, hori- 
zontale Verbreiterung der Schwanzhaut in Form zweier Flügel, die jeder- 
seits als laterale Falte entstehen. Aehnlichcs tritt bei Sircnia auf. Auch 
läßt sich in Verbindung hiermit der lateral verbreiterte Ruderschwanz des 
Ribers nennen und. mit Flower. der Schwanz mit seitlichen Hautsäumen 
von Iititra (Pteronurai Sambnchii. Es ist eine funktionelle Anpassung an das 
Leben im Wasser, ebenso wie die Rückenflosse. Auch diese ist eine Haut- 
falte ohne Skeletteile, die dorsal gerichtet ist. Sie fehlt oder ist nur gering 
entwickelt bei Küstenformen wie Reluga. Monodon. Neomeris. Ihr Maxi- 
mum erreicht sie bei dem pclagischen Orca gladiator. der danach Schwert- 
wal heißt. Diesem raschen Schwimmer dient sie zur Erhaltung der (Jleich- 
gewichtslage. w ie der Kiel dem Schiffe. Mit enormer Zunahme des Kopfes 
wird sie klein: Phvsetcr. Ralaenopteriden oder schwindet: Ralaena [ Küken- 
thal j. Anatomisch läüt sie sich dem Rucke] der Kamele vergleichen. 

Die Ralaenopteriden heißen ..Furchenwale" nach den sog. Kehl- 
furchen: longitudinale, parallele, tiefe Hautfurchen, die je nach der Art. 
zu 2<>— »Kl auf der VentralHäche der vorderen Körperhälfte angetroffen 
werden. Ausdehnung der Haut gestatten beim Oeffnen des Rachens und 
Erweiterung desselben durch Niedersinken der Zunge. Es ist somit eine 
Anpassung an die Art der Nahrungsaufnahme |s. unten), die in anderer 
Weise statthat als hei den verwandten Ralaeniden mit glatter Rauehttäche. 

Eigentümliche Horntuberkel treten auf der Riickentiäche in der (legend 
der Rückenflosse und auf dieser bei Phocaena spinipiunis Rurm. auf. Auch bei 
anderen Phoeacna-Arten und bei (ilobicephalus finden sie sich namentlich 
auf der Vorderfläche der Rückenflosse. Man will sie als letzte Reste eines 
Hautpanzers betrachten | Kükenthal]. der namentlich bei Neomeris im Zentrum 
der Rückenhaut in Gestalt regelmäßiger Plättehen auftritt, die man für 
osteodermaler Art hält und die damit sich anschlössen an den Hautpanzer, 
den .loh. Müller zuerst vom mioeänen + Delphinopsis Freveri lieschrieb. 
Auch beim eoeänen ~Zeuglodon trat ein Hautpanzer auf, iler mit großen 
Knochenplatten wahrscheinlich einen großen Teil des Körpers bedeckte | Abel]. 

Von Zitzen, deren Zahl bei Odontoceti embryonal acht beträgt | Küken- 
thal |. tritt beim erwachsenen Weibchen jederseits von der Vulva nur eine 
auf. Sie liegt in einer langen spaltförmigen ..Zttzentasche" verborgen. 
Zur Zeit der Laktation ragt sie aber aus dieser hervor. Sie wird vom 
Ausführung.-gang durchzogen, der sich bald zu einer Zisterne erweitert, 
in welche die Ausführungsgänge der Milchdrüse, gleichfalls erweitert, ein- 
münden. So wird ein System von Räumen erzielt, in welchen die Milch 
sich ansammeln kann. 

Die Milchdrüse ist eine langgestreckte Drüse, die von der Haut ge- 
schieden wird durch einen kräftigen Hautmuskel. Durch seine Kontraktion 
wird die in der Zisterne angehäufte Milch mit Kraft dem .hingen ins Maul 
gespritzt, da das Junge ja unter Wasser nicht saugen, höchstens die Zitze 
ergreifen kann. Auch beim Männchen treten Zitzenrudimente und zwar 
zwischen Penis und Anus auf. 

Bekanntlich fehlen den Extremitäten der Cetaeeen Nagelbildungen. 
I.eboncq und Kükenthal meinen aber „rudimentäre Nagelanlagen" nach- 
weisen zu können. 

Am Skelet fällt der spongiöse Rau aller Knochen und ihr großer 
Fettreichtum auf. Der Schädel ist in seinem (iehirnteil äußerst verkürzt. 



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Cetacea, Korperbau. 



5ö;"> 



abgerundet und charakterisiert durch derartige Ausdehnung des Supra- 
(H'eipitale unter Verschmelzung desselben mit dem Interparietale, dali es 
mit dem Frontale sieh verbindet und bei Odontoceti das Parietale von 



Sa 




Fijr. 411. Sehatlel von Delphimi*. nach Ibta*. C Comlvlu* occipilis: Fr Fron- 
tale; Jm .lupale; M.\ Maxillnre; n Kaupttloch; Sa Natale; fV ExtuvipitaJe; 0< Supra- 
oceipitale: Pa Parietal«'; Pal l'alatimim ; Pt Ptrrvgoiil; /*> Intermaxillare; Sq Spiaino- 
»utu; Ty Tyinpanicutii und Bulla tympani. 

dem Schädeldach ausschlieft, womit demnach die Sagittalnaht weyfällt. 
Das Frontale ist in eine grolle supra-orbitale Platte ausgezogen, welche 
die Augenhöhle überdacht. Hieran beteiligt sich das M axillare mit einem 
Fortsatz, der bei Odontoceti den supra-orbitalen Teil dos Frontale über- 
deckt, bei Mystacoceti sich vorn an denselben anlehnt. Mit dieser supra- 
orbitalen Platte verbindet sich auch der sehr starke Processus jugalis des 
Squamosum. Das Jugale liegt ganz unterhalb der Augenhöhle als dünner 
Knoehenstab. der vorn an das undurchbohrte. kleine Lacrymale sich an- 
legt, das auch mit benachbarten Knochen verschmelzen kann. Auffällig 




Fip. 412, Sehlde) von Balaena ja|>oiiira. FAttu», nach F>chricht. ' 4 n. Gr. 
I. l,acryinale. Febrile Bezeichnung wie in Fig. 411. 



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T>f>li XII. Ordnung: Oetnoen. 




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Otacoa, Körjwrbnu. 



f)f)7 



verhält sich das Petrosum. da es nicht in den Schädelraum vorspringt und 
nur ligamentös mit dein Basi- und Kxoccipitale und Squamosum verbunden 
ist. Es ankylosiert aber im erwachsenen Tier mit dem Tympanicum. das 
eine äußerst dickwandige Bulla ossea bildet, in welche die Eustachische 
Möhre einmündet und welche eine äußere knöcherne Ohröffnung aufweist, 
die durch die Membrana tvmpani geschlossen wird. Dieses Tympano-perioti- 
cum lallt leicht aus dem macerierten Schädel und liefert die sog. Ceto- 
litheu. die in Meerestiefen, dank der Härte ihres Knochengewebes, sich 
erhalten und von dort aufgefischt wurden. An der Innenseite des Perio- 
ticum liegt ein Kaum, der mit der Sehädelhöhle kommuniziert und dessen 
hinterer Teil dem Foramen lacerum posterius, dessen vorderer dem ver- 
engten Kommen lacerum anterius und Kommen ovale entspricht. Da ferner 
der ( aiialis caroticiis durch das Basisphenoid zieht und das Kommen rotun- 
dum mit der Kissura spheuorbitalis sich vereinigt, so ist das Alisphenoid 
undnrehbohrt. Auch der Nervus opticus zieht in der Regel nicht durch ein 
besonderes Kommen opticum. sondern durch die Kissura sphenorbitalis. 
Auffallend ist ferner die massale Entwiekelung des Mesethmoid, namentlich 
bei den Odontoceti. wo es nur einzelne Koramina cribriformia zeigt. 

Die Gesichtsknoehen sind namentlich bei den Harten walen so erheb- 
lich verlängert, daß der Kopf bei Balaena endlich ein Drittel der ganzen 
Körperlänge beträgt. Ihre Anordnung bei den Zahnwalen, am stärksten 
bei Phvseter ist auffallend asymmetrisch: greift bei stärkster Verschiebung 
der Nasenöffnung nach hinten teilweise auch in die Knochen des Hirn- 
schädels ein und wird nach Abel verursacht durch Verschiebung und Kudi- 
mentärwerden der Nasalia und des Interparietale (Kig. 4J\ ). 

Maxillare. Internuixillare und Vomer sind in die Länge gezogen und 
bilden einen Schnabel. Damit sind die Nasenlöcher weit nach hinten ver- 
schoben und liegen unmittelbar vor dem Ilirnschädel. Die Verlängerung 
der maxillaren Schädelpartie und Verlagerung der Nasenlöcher ist ein all- 
mählicher Erwerb, wie Vergleichung mit eoeänen und mioeänen Können lehrt, 
bei denen iZeuglodon) die Naseidöcher noch mehr nach vorn liegen und 
demgemäß noch durch lange, schlanke Nasalia begrenzt werden. Auch bei 
den I '.arten walen sind letztere immerhin noch mäßig entwickelt. Desgleichen 
sind hier die Nasenöffnungen noch nach vorn geöffnet und geben Zugang 
zu zwei Nasenkanälen, die nach hinten ziehen. Ihre hinteren Oeffhungen 
werden aber durch Verlängerung des knöchernen Gaumens durch die Ptery- 
goidea. nach hinten verlagert. Hei Odontoceti dagegen ist der Verlauf der 
Nasenkanäle senkrecht. Sie öffnen sich vor dem Ilirnschädel, nach hinten 
begrenzt durch ganz rudimentäre Nasalia. Die Ontogenie rekapituliert 
deutlich diese allmähliche Entstehung des Schnabels, wie sie die Palä- 
ontologie lehrt. 

Muschelbildungen treten bei Odontoceti ganz zurück. Hei Mystaeoeeti 
finde ich aber auch noch bei einer "> in St» cm langen Kalaenoptera acuto- 
rostrata neben einem Maxilloturbinale und langem Nasoturbinale ver- 
schiedene Kthmoidmuscheln gut entwickelt s. u. p. öi;:>). 

Hei Odontoceti sind die Mandihulac ein Paar gerader, seitlich zu- 
sammengedrückter Aeste. welche vorn durch Symphyse oder Ankylose 
breit verbunden sind. Im Gegenteil sind sie bei Mystaeoeeti rund und 
nach außen gebogen, auch sind ihre dünnen Vorderenden nur durch Binde- 
gewebe verbunden. Sie stimmen aber darin überein. daß der aufsteigende 
Ast beider rudimentär geworden ist und einen nach hinten gerichteten 



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;V>8 



XII. Ordnung: (Vtacea. 




\ 

Hg. 414. Balm na tnvHtketn«. 
Nach Kschrioht utul Roinhnrdt. 
Ungefähr K4 mal verkleinert. B Ku- 
dimeni de* Beckens und der hinteren 
Extremität in situ. 



rundlichen Condylus trägt, welcher in einer 
untiefen (iclenkgrnbe des Squamosum sich 
bewegt. Deutlich trügt der Unterkiefer dem- 
nach die Spuren der Rückbildung infolge 
Rückganges des Kaugeschäftes, die sich auch 
in den gering entwickelten Kaumuskeln, im 
Rückgang des fiebisses und in der kompen- 
satorischen Komplikation des Magens alliiert. 
Die bogige Ausweitung der Unterkiefer der 
Mvstacoceti geschah, um den Harten Kaum 
zu geben. 

An der Wirbelsäule sind die 7 Hals- 
wirbel, entsprechend dem Fehlen eines eigent- 
lichen Halses, äußerst verkürzt. In einzelnen 
Fällen sind sie alle noch frei, in anderen 
wenigstens noch die hinteren, während die 
vorderen verschmolzen sind: endlich können 
alle 7 zu einem Stück verschmelzen, auf 
welchem der häutig gewaltige Kopf arti- 
kuliert. Da ein Saerum fehlt entsprechend 
der Rückbildung der hinteren Extremität - 
lassen sich die thorako-lumbalen Wirbel von 
den kaudalen nur dadurch unterscheiden. 
tlaU letztere Sparrknochen (Haemaphvsen) 
fräsen i.vergl.p.xib. Die kurzen Wirhelkörper 
haben dicke Epiphysen. die lange Zeit selb- 
ständig bleiben, sowie grolie Fortsätze. Auch 
an den zahlreichen 4 Ii» — - » ~> » Wirbeln des 
Schwanzes sind die Processus spinosi und 
transversi sehr groli. entsprechend der Be- 
deutung des Schwanzes als wichtigstes loko- 
motorisches Organ. Die Zahl der thoraeo- 
lumbalen Wirbel ist >ehr veränderlich: sie 
beträgt unter Odontoceti bei Inia lH-p- '.\. hei 
Hyperoodon 1<>. bei Delphinus ■-•>{ 
Wirbel. Von Mvstacoceti hat z. B. Balaena 
12-14 Wirbel. Die Processus transversi 
gehen als Regel im thorakaleu (leinet vom 
oberen Bogen aus. Mit diesen verbinden 
sich die Rippen, die bei Mvstacoceti keine 
oder nur sehr lose Verbindung und 
dann nur die vorderen Rippen — mit dem 
Wirbelkörper haben. Bei Odontoceti ver- 
lieren nur die hintersten Rippen die Ver- 
bindung mit dem Wirbelkörper und hängen 
im übrigen nur am Processus transversus. 
Gewöhnlich verbinden sich bei ihnen 7 Rippen 
mit dem kurzen Sternuni <s. p. JJiS). bei 
Mvstacoceti aber ist das Sternuni bis auf 
das Praesternum reduziert, dem zuweilen 
noch ein xiphisternaler Rest anhängt. Somit 



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tYtaeea, Körperbau. 



hat nur die erste Rippe sternale Verbindung, während die übrigen sich wie 
Costac fluetuantes verhalten und bedeutende Formveränderung. /.. B. inspi- 
ratorischer Art. des Thorax gestatten. 

<iclenkij?e Verbindung der Wirbelkörper besteht bei der Kürze der 
Zygapophysen . die dazu auch nur vorne m ch auftreten, nicht. Dicke 
Intervertebralscheiben verbinden aber die Wirbel und geben der Wirbelsäule 
hohe Elastizität. 



Von den hinteren Extremitäten ist. mit Ausnahme von Platanista. 
stets noch ein Beekenrudiment bewahrt, in (iestalt von zwei tief im 
Fleisch verborgenen Knochenstäben, die jede 




Fig. 415. Rudimente der Beckenknochen Fig. 1 1 (>. Rechte Vordere* trenii- 

und hinteren Extremitäten von: l Bnlaenoptern tat v. Globieephidu*. Nach Flower. 

borealin; •_' ßalacua mystieetus; 3 Balaenoptera H Hiirnern-s; A' Radius; U Ulna; 

muxculua. P Becken k noeben \F Fem ur; 7'Tibia. s Scaphoid; / Lunatum; < Trique- 

Alle Figuren 1 „ der natürlichen (iröHe, nach trum; td Tra[>e7.oid ; unterhalb s Tra- 

J. Slruthers. pezium; u Hamatum; /— //' 1. -4. 

Finger; V Mittclhandknochen. 

sie nicht ganz verschwanden und für uns der Anlaß, sie in erster Linie 
als Reste des I seh i um aufzufassen. Bei Bartenwalen stehen mit einem 
umfangreicheren Beckenrudiment noch deutliche Reste von Femur und 
Tibia in Verbindung, die bei Balaena Rudimente von Gelenken und Ex- 



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XII. Ordnung: Cetaeea. 



tremitäten-Muskeln aufweisen St ruthers |, übrigens aber gleichfalls tiet 
unter der Haut verborgen liegen (Fig. 41f>). 

Eine Aber der Hautdecke prominente, vorübergehende, aber ver- 
hältnismäßig wohl ausgebildete Anlage der Hinterextremitäten tritt sehr 
frflh beim Embryo auf |(iuldberg. Kükenthal). Sie erscheint jederseits in 
der Nähe des (ieschlechtshöekers, um bald zu verschwinden. Alles berech- 
tigt zu der Annahme, «laß diese Erbstücke von lamlbewohnenden Vor- 
fahren bereits früh bei den direkten Vorfahren der Cetaceen. die sich 
dem Wasserlcben anpaßten, sich zurückbildeten infolge der starken Aus- 
bildung des Schwanzes. Letzterer erreicht denn auch sehr früh bei Ceta- 
ceen-Emhryonen ein großes Ausmaß. 

Dem vorderen Extremitätgürtel fehlt die Clavicula. Das Schulterblatt ist 
groß, fächerförmig, flach. Arm und Hand sind zu einer Flosse ausgebildet, 
die bei Zahnwalen — bei der sich an ihrer Bildung der Humerus nicht be- 
teiligt rundlich und kurz, bei Bartenwalen aber schmal und lang, bis 
zu einem Drittel der Körperlänge (Megaptera), ist. Dies wird dadurch er- 
zielt, daß der äußerst kurze Humerus. dem ein Foramen entepicondyloideum 
fehlt: ferner die gleichfalls kurzen. dorsoventraJ abgeflachten und stark ver- 
breiterten Radius und Tina nebst Handwurzel und allen 4 oder 5 Fingern 
von einer gemeinsamen, engen Hautbekleidung unbeweglich umhüllt werden. 
Hand- und Fllbogengelenke bestehen zwar noch, sind aber funktionslos 
geworden durch strafte Verbindung der Knochen, die auch für die Hand- 
wurzel und Finger gilt. Nur der Humerus hat noch eine ausgiebige Be- 
wegung im Schulterblatt, so daß die Vordertlosse zum Steuern des durch 
Ruderbewegung des Schwanzes fortgetriebenen Körpers dient Trotzdem 
fehlen Fingermuskeln nur der Mehrzahl der Odontoceti. Bei Platanista und 
namentlich bei Hvperoodon treten, ebenso wie bei Mystacoceti |Struthers|. 
außer dein Musculus bieeps und trieeps brachii noch auf: M. Hexer carpi 
ulnaris, M. hVxor digitorum. M. extensor carpi radialis longus und M. 
extensor digitorum communis. Wichtig ist. daß beim Hyperoodon-Fötus 
die Reduktion der Fingermuskeln weniger weit vorgeschritten ist. als beim 
erwachsenen Tier [\Yestling|. 

Bei den pentadaktylen Odontoccten entspricht der Carpus dem «1er 
übrigen Säuger, er kann ein, selbst zwei freie Centralia enthalten. Auch 
kommt ausnahmsweise i Hvperoodon) noch ein Carpale V vor. mit dem dann 
Digitus V artikuliert. Diesen Zustand gibt nebenstehendes Schema wieder'). 

R I C 

l V i 

c, c 2 c 3 c 4 c 5 

i 1 ! 

M, M ? M, M, M, 

Häutiger alter als bei anderen Säugern treten Verschmelzungen, 
selbst Schwund von Carpalia auf. welche lange knorpelig bleiben. Sie 
führen zum gewöhnlichen Schema der Hand der Delphinidae: 



1) In diesem und den folgenden Schemata bedeutet: R Radiale (Seaphoid); I 
Intermedium Lunatum): IJ Ulnare (Triquetrum); C,— C 5 Car|«le t— 5, bei Ver- 
schmelzung «Hier Schwund von Carpalia sollen die Zahlen nur Ijigebeziehungcn aus- 
drücken ; C Centrale, da» Qbrigenü iu den ersten Schemata außer acht gelassen ist. 



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Cetaoca, Körperbau 



:>♦>! 



R- i r 

(C,+C s ) c 4 

1 1 ! 
M, M. M s M 4 M, 

Solch»' Reduktionen treten namentlich hei Verminderung der Zahl der 
Finger auf, wie hei Mystacoceti. wo die Fingerzahl, mit Ausnahme der 
pentadaktylen Halaena, vier beträgt. Nach Kükenthal ist aher hierhei nicht 
der 1. Finger geschwunden, sondern der und damit auch Carpale :{. 
Somit wäre das Schema für Ralaenoptera: 

R I r 




i ; 

M, M, M, M 4 

Die Finger zeichnen sich aus durch Vermehrung der Phalangen, die 
hei Rarteuwalen, deren I'halangen an und für sich länger sind, meist 
nicht so erhehlich ist, wie hei Zahnwalen, wo hei (ilohieephalus die Zahl 
der Phalangen des 1. bis ;">. Fingers wenigstens folgende Ziffern erreicht: 
4. 14. 11. .5. 1. (iegenüher der Ansicht, dali diese ..Hyperphalangie" ein 
primitiver Charakter sei |Alhrecht. Lehoueq|. vertraten ich und Kükenthal 
die Meinung, daß die Cetaceen unzweifelhaft von Landtieren ahstammeu. 
deren Nachkommen erst die Hyperphalangie erwarhen als Anpassung an 
da> Leiten im Wasser, das ein Huderorgan erheischte. Nur üher den 
Weg. wie diese Hyperphalangie erworheu wurde, gehen die Ansichten 
auseinander. Während Ryder und ich die Hypothese aussprachen, dali die 
Hyperphalangie eine adaptive, phalangenartige Seginentatiou eines üher 
die drei Phalangen hinaus verlängerten Knorpelstrahles sei. huldigt Küken- 
thal der Ansicht, dali die Hyperphalangie sich durch Seihständigwerden der 
doppelten Kpiphysen der Phalangen entwickelt hahe. In Ahweichung nämlich 
von den ührigen Mammalia hahen die Cetacea an beiden Knden der Pha- 
langen und Metacarpalia Kpiphysen [Struthers \xiü\\. Damit würde die 
Spitze der Finger der WalHosse der Spitze der Nagelphalangen anderer 
Säuger entsprechen. Sind die von Lehoucq und Kükenthal heschriehenen. 
oben genannten Ihldungen als Nagelrudimente anzuerkennen, so würde 
dies die' letztgenannte Auffassung, welche derzeit die wahrscheinlichste ist. 
erheblich stützen. 

Das Gehirn ist ausgezeichnet durch seine kugelige Forin. große 
Kürze und erhebliche Hreite. sowie durch die einförmige Anordnung seiner 
zahlreichen tiefen Hauptfurchen und Hauptwindungen in sagittaler Rich- 
tung. Es ist absolut sehr groß. (Juldherg hestinnnte es für eine 1H m 
lange Halaenoptera musculus auf «>7<M> g. und hei anderen Ralaenopteriden 
ist es zweifelsohne noch schwerer, womit das für Säuger höchste Hirn- 
gewicht erreicht wird. Relativ ist es aher hei den großen Arten sehr gering 
im Verhältnis zum Körpergewicht. Bisher liegen hierfür nur Schätzungen 
vor. die für Halaenoptera musculus 1 , 1000 . für Halaena mysticetus gar nur 
1 ergeben. Hei kleineren Arten gestaltet sich das relative Hirngewicht 

36 



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562 



XII. Ordnung: Cetaeea. 



günstiger. Hei Tursiops tursio fand ich e> 1 4!JJ , bei Phocaena ' ,„-. Diese 
massale Ausbildung des (iehinis fordert tiefe Furchen, da diese allein den 
Zutritt arterieller und venöser ( lefäiie zu den tiefer gelegenen Teilen gestatten 
und gleichzeitig diese mit dein Subaraehnoidal-Raum in Kontakt bringen 
konnten zum Zwecke der Abfuhr der Lymphe. Die genannten sagittalen. 
gebogenen Furchen treten in der Dreizahl auf und geben auf der Ober- 
flüche der Hemisphären Anlali zur Bildung von vier Windungen, die man 
mit W. Turner «lie marginale, mediolaterale. suprasylvisehe und sylviseho 
nennen kann. Sie umziehen in konzentrischen Rogen die Fossa Sylvii 
und weisen ihrerseits wieder sekundäre Windungen auf. (iegenüber dem 
Pallium tritt das Rhineneephalon durchaus zurück, entsprechend der Rück- 
bildung des (ieruchsorgans. Dies geht so weit, dafi bei Zahnwalen, z. 13. 

den erwachsenen 
Delphinidae. der 
Nervus olfactorius 
ganz fehlt, bei an- 
deren (Hyperoodom 
i>t er ganz unbe- 
deutend und auch 
im besten Falle bei 
den Bartenwalen 
nur ein zarter Nerv. 
Die (Ytaceen sind 
somit amomatisch. 
höchstens nukros- 
matisch. was sich 
auch äuHert im De- 
fekt des Lohns ol- 
factorius und der ge- 
ringen Ausbildung 
des Lobus hippo- 
campi. 

Dementsprechend 
verhält sich auch das 
periphere tieruehs- 
organ. Es wurde 

bereits hervorgehoben. «laL» dasselbe sich dem Wasserleben angepaßt habe 
und von dem gewohnten Zustand der Säugetiere abweiche, namentlich 
bei den Odontoceti. durch Verlagerung der Nasengänge scheitelwärts. so 
daß sie nicht mehr über der Mundhöhle nach vorn verlaufen, sondern 
vertikal vom Nasenrachengang, bezüglich von den t'hoanen zum Scheitel 
des Kopfes. Hier münden sie durch eine rundliche oder quere Oeffnung: 
das Spritzloch (Spiracnlum) aus. nachdem sie sich kurz vorher zu einem 
Kanal, dem äußeren Nasenranm. vereinigt haben. 

In diesen mündet eine hintere Nebenhöhle, die als olfaktorische Kegion 
anzusehen ist. da in ihr embryonal noch Rudimente von Kthmoturbinalia 
auftreten, zu denen noch Endzweige des Nervus olfactorius ziehen, die 
später (Delphinidae) mit dem Bulbus olfactorius total schwinden |Küken- 
thal|. Starke (iewebsentwickelung im Hereich der äußeren Nase, wodurch 
diese von der Schnauzenspitze nach hinten gedrängt wird, führt gleich- 
zeitig zur Bildung andersartiger Nebenhöhlen. Von diesen ist die vordere 




Fig. 417. Oberfläche der linken HemUphiire von 
Monodon momx'crns, nach W. Turner. Die marginale im), 
mediolaterale (w/i, »u)»rn>ylviwhe k<i und *ylviache (<i Win- 
dung umgeben im Bogen die Ki»iira Sylvii <V.S - >. 



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Otacea. Ki>rperl>uu. 



untere ein abgetrennter Teil des Nasen rau nies. Anders die beiden seit- 
lichen, kurz unterhalb der gemeinsamen äußeren NasenöHnung gelegenen. 
Diese paarigen ..Spritzsäcke" sind spät auftretende Bildungen, die ihr Ana- 
logon finden in seitlichen Aussackungen der äußeren Nase l>ei der Saiga- 
Antilope und bei der Kobbe: Cvstophora cristata Krxl. 

Dieser komplizierte Hau. zu dem noch klappenartige Kalten kommen, 
ist wahrscheinlich nur eine Einrichtung, den Verschluß der Nasengänge 
zu sichern, der beim Tauchen in grobe Tiefen unter erheblichem Druck 
der Wassersäule eine Lebensfrage wird und gewissermaßen automatisch 
wirkt. Fflr seine ausgiebige Ocffnung bei der Exspiration sorgt ein kom- 
plizierter Muskelapparat, l'ebrigens wirkt dem Eindringen von Wasser 
in die Luftwege auch entgegen, daß der Kehlkopfeingang geschlossen 
wird durch den muskulösen Hingwulst des Isthmus naso-pharvngeus, in 
welchen der Kehlkopf hineinragt (s. u). Hei Hvperoodon haben die Nasen- 
gänge durch starke Asymmetrie des Schädels auffallende Umänderungen 

34 — 




Fig. 4 IS. .MediaiiM>hnitt durch den Schädel vom Befomopttra amto-rosfr*/a juv. von 
sii in l .im L't . Da» Rofttrarn int vorne abgeschnitten. &vk Sehüdelhühle; C Conti yliu occi- 
piudi*; Fm Fnraiuen inn^num; fh Hypophy>is-(tnibo; HO Bfwioccipitale; P+ Ps l'tery- 
pAA und Fraaphenoid ; V Vomcr; /' Falatinum ; 7° Tyrnpanicani; SO Supranecipitale; 
F Frontale: .v Xa»ale; A' ICnorpelntaMe; /'.v, HN vordere und hintere (Choene) Na»en- 
Bffaung; .< oben Grenz« de« Ethmoid; m Ifexillottirliinalo; / Na><>turl»inale; 2 und j 
zweiter und dritter medianer KieebwuUt ; * e zweiter und dritter lateraler Kieehwulst. 

erhalten |s. bei Kflkenthal]. Weniger abgeänderte Verhältnisse zeigen die 
Barten wale. Die geräumigen Naseugänge haben noch einen schrägen Ver- 
laut: sie münden durch zwei allerdings sehcifclwärts verlagerte, aber mehr 
nach vorn gerichtete Nasenlöcher aus. die ein schmaler Hautsaum, der 
die knöcherne Naseiischeidewand fortsetzt, scheidet. Nebenhöhlen fehlen, 
auch in dem außerhalb des Schädels gelegenen Teil, den ein kräftiger 
Muskel erweitert: der Verschluß geschieht automatisch. Entsprechend der 
besseren Entwickelung des Nervus olfactorius ist auch die Hegio olfactoria 
weit besser entwickelt als bei den Odontoceti. 

Kflkenthal wies embryonal noch Riechepithel nach auf den Ethmo- 
turbinalia. Von diesen fand ich bei einer T>,MU in langen Halaenoptera 
acuto-rostrata hinter und über dem Maxilloturbinale ein langes Nasoturbinale 
und zwei mediale und drei laterale Kiechwülste (Fig. 41*i. 

Ein .lacobsonscher Knorpel tritt noch auf. auch haben alle Cetaceen 
rudimentäre Stensonsche Hänge. 

SO ' 



564 



XII. Ordnung: Cetacea. 



Das Auge ist verhältnismäßig klein: entschieden rückgebildet ist es 
aber nur bei Platanista: bei einem J.SO m langen Exemplar fand Anderson 
es nur von Erbsengroße, ohne Linse und mit rudimentären Muskeln. 

Von der eigentümlichen Form des Hulbus gibt Fig. 4U» eine 
Vorstellung. Allgemein haben sich die brechenden Medien durch eine 
abgeflachte Cornea und kugelförmige Linse an das Wasserleben ange- 
paßt. Weiter hat das Auge ein bis ans Corpus ciliare reichendes Tapet um 
lucidum fibrosum. Im übrigen zeichnet es sich aus durch Einrichtungen 
zum Schutz gegen den Einfluß des Wassers und gegen die plötzlichen, 
bedeutenden Druckschwankungen beim Tauchen. Auf letzteres zielt ab 
die ungeheuer dicke Sklera und die dicke Lage von Wundernetzen, 
die als elastischer Schlauch den Nervus opticus umhüllen. Hieraus er- 
klärt sich auch wohl der Umfang der geraden und schiefen Augenmuskeln 
und des Musculus retractor bulbi. Solche bedeutende Muskelmasse wäre 
nicht nötig für die Bewegung des Auges: sie bildet vielmehr eine ehistische 
Hülle. Auffallender noch ist bei der Rigidität der Lider, daß an Stelle des 
gewöhnlichen Muse, levator palpebrae superioris und des vereinzelt vor- 
kommenden M. depressor palpebrae inferioris. jeder der vier Musculi recti 

eine sehr starkePortion 
abspaltet, die zu einem 

ge walt i gen muskulösen 
Kegelmantel vereinigt 
als Musculus palpe- 
bralis in die Lider aus- 
strahlen. Auch damit 
wird eine elastische 
Cmhüllung um das 
Auge und seine Nach- 
barteile erzielt. 

A. Pütter meint ein 
hydrostatisches Sinnes- 
organ, das die Zahn- 
wale von Druck- 
schwankungen unter- 
richten soll, in einem 

l- .m ti . i i i ii , abgesprengten Stück 

rig. 41H. HonzoiKAlH'hiutl durch das Auge- einer er- t> • . . 

wachsenen Halncnoptera phywdus, nach A. Pfitter. . Cornea; KeHna ZU sehen, (las 

ch Chorioidea; <v Corpus vitreum; / Linse; »o Xervu* hinter dem Iriswinkel 

opticus; />. Processus ciliares: r Retina; s Sclera; ur Sillens Corpus ciliare liegt. 

corneae; rc Vasn eiliaria; vo Opticiiaschcidc; l'r Venae vorti- Eine eigentliche 

Tränendrüse, Tränen- 
punkte und ein Tränen-Nasengang fehlen. Der Konjunktivalsack. auch in- 
soweit er das Auge bekleidet, wird ausgiebig gegen das Walser, das ihn um- 
spült, geschützt durch das fettige Sekret der Harderschen Drüse, die sich in 
einem Kranz von Einzeldrüsen längs dem Fornix conjunctivae fortsetzt, die 
hier am lateralen Augenwinkel eine Lage einnehmen können, die derjenigen 
der Tränendrüse entspricht. Dazu kommt, als Unikum unter Säugetieren, 
ein unter «1er Conjnnctiva palpebralis liegendes, geschlossenes Stratum von 
..Konjunktivaldrüsen". 

Hedeutende Umänderungen erfuhr das (Jehörorgan in seiner mittleren 
und äußeren Sphäre. In letzterer schwant! die Ohrmuschel. An ihrer 



lutsol 




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Otacea. Kor|*>rban. 



f>65 



Stelle tin«let sich nur eine kleine Oeffnung, *lie sich in «len äußerst engen 
äußeren Gehörgang fortsetzt. Es ist ein teilweise gebogener Kanal, der 
in seinem proximalen Teil von einem Knorpel umhüllt wird (Phocacna, 
Delphinus). oiler «lurch mehrere Knorpelstücke gestützt wird (Physetcr. 
Mystacoceti). Drei (Muriej bis vier |Beauregard| rudimentäre Ohrmuskeln 
ver'tinden sich noch mit ihm. Seil e Leitungsfähigkeit von Schallwellen 
kann kaum bedeutender sein als die der umgebenden Haut mit ihrer Speck- 
schicht. Nach Claudius hören die Cetaccen folgendermaßen. Die Tuba 
Eustachii, die von den Nasengängen zur Bulla ossea zieht, erweitert sich 
kurz vor ihrem Eintritt in diese in einen, bei Mystacoceti einfachen Sack, der 
alier bei Odontoceti in ein System großer lufthaltiger Höhlen sich aus- 
dehnt, die im Bereiche der Augenhöhle und der Schädelbasis den Knochen 
«licht anliegen. Schallschwingungen der Schädelknochen teilen sich der Luft 
dieser Höhle mit. die mit der Paukenhöhle in weiter Kommunikation ist. 
Diese Schwingungen erregen eine Membran, die sich zwischen Trommelfell 
und Hammer ausspannt. Damit werden der Hammer und die weitere Kette 
der Gehörknöchelchen, die sich nur durch ihre Massivität auszeichnen, in 
Schwingung versetzt. 

Das Gebiß ist in all seiner Eigenart ein Resultat der Anpassung 
an das Wasserleben. Zweifelsohne hatten nicht nur die auf dem Lande 
lebenden Vorfahren der Cetaccen. sondern auch die mehr direkten, die 
wenigstens eine antibiotische, vermutlich aber bereits eine durchaus 
aquatile. wenn auch noch litorale Lebensweise angenommen hatten, ein 
heterodontes und «liphvodontes Gebiß. Dies beweisen die alttertiären 
Zeuglodon-Arten. In ihrem Gebiß mit I !j C { P -)- M * waren die I und 
C einwurzelig und von gleichartig spitzer Form. Darauf folgen seitlich 
komprimierte, zwei wurzelige Zähne mit scharfer, mchrzackiger Krone. Von 
diesen zeigen aber die vorderen bereits Vereinfachung, die bei f Zeuglodon 
Osiris Dantes dazu führt, daß der untere erste Backenzahn bereits ein- 
wurzelig ist. Wir sagen ..bereits" im Hinblick auf dasjenige, was : Squalodon 
aus dem Mioeän und Plioeün der Alten und Neuen Welt lehrt Diese 
Form nähert sich erheblich den heutigen Odontoceti. In Verbami mit der 
vermutlich mehr pelagischen Lebensweise und dementsprechender Nahrung 
ist Verlängerung der Kiefer, damit aber gleichzeitig Vermehrung der 
Zähne auf IijCjPjMf eingetreten. Von diesen sind sämtliche Ante- 
ntolarcn einwurzelig und konisch. Nur die sieben Molaren jederseits sind 
noch zwei- bis drei wurzelig und haben eine Krone, die den vorderen ver- 
einfachten Backenzähnen von Zeuglodon gleichen. Wie bei Odontoceten 
ist «las Gebiß also bereits vielzähnig geworden, aber es ist noch deutlich 
heterodonf. auch trägt der Zwischenkiefer noch Zähne, was unter heutigen 
Cetaccen nur noch bei Phocaena und Neomeris vorkommt. Aber «liesc 
Heterodontie ist nur noch eine schwache. Sie zeigt bereits deutliche Ver- 
einfachung, die schon bei + Zeuglodon anhob. Dieser regressive Charakter, 
eine Folge der pelagischen Lebensweise, die «las Gebiß nur noch als Greif- 
organ benutzt, führte zur Homöo<lontie. womit sich Vermehrung der Zahn- 
zahl paarte, die bis zu fast 2*><> Zähnen führen kann (Delphinus longirostris 
*.;;;>, meist aber weit geringer ist. Geschah schließlich «lic Ernährung aus- 
schließlich durch Tintenfische, kleinere Fische und planktonischc Organismen, 
so wurde «las Gebiß auch «lieser Funktion enthoben. So konnte Schwund 
des Gebisses eintreten, der in verschiedenen Stufen statthat. 



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XII. Ordnung: Otarva. 



Wenn ich hierfür einzelne Heispiele nenne, so ist damit absolut keine 
«enetische Heihe «eineint. Aus dem honiodont und polyodont gewordenen 
Gebiß konnte al><> weiterhin in Wegfall kommen: bei Kogia die meisten 
Zähne im Oberkiefer, bei Physeter alle im Oberkiefer, bei Heluga im Alter 
sämtliche Zähne. Hei anderen ging das Gebiß dadurch zurück, daß die 
Zähne zwar noch verkalken, aber nicht mehr durchbrechen bis auf einen 
einzelnen. Solches hat im Unterkiefer von Hyperoodon statt. Auch bei 
Mesoplodon (Fig. 420) tritt nur im Unterkiefer jederscits ein Zahn zutage, 
der eine gewaltige, hauerartige Form bekommt. Hei Monodon (Fig. 421 > 
tun dies nur die oberen Eckzähne, von denen wenigstens einer zum 
enormen Stoßzahn beim Männchen sich ausbildet. Diese und andere Fälle 
ganz ungleichartiger Entwickelung innerhalb der Reihe «ler Zähne bei Odonto- 
ceti sind wohl als lezter Ausfluß der früheren Heterodontie zu betrachten. 

Zu all diesen regressiven Erscheinungen gesellt sich noch die. daß 
alle heutigen Cetaceen monophyodont sind in «lern Sinne, daß zwar noch 




Vif. I'.N». Mesopliidoii I Dioplodon) üechelleiisf», nnrh v. Keiieden und Gervais. 
<* ('ondvlu*: l'O Kxoocipitjilf; / Frontale: / Interinaxillare: / durale; .1/ Maxillare. 
/V Piilatinuin: Pr Parietale: Pt IMerygoid : \ Stpuiioxmu: SO SupratHvipitale: /einziger, 
^mller Zahn im l'nlerkiefer- 

zwei Dentitionen angelegt werden, zuweilen gar Spuren einer dritten 
(prälaktealeii). aber höchstens nur eine ganz oder teilweise durchbricht. 
Hei Mystacoceti hat aber auch das nicht mehr statt. Hier werden noch 
zahlreiche Zähne in jeder Kieferhälfte angelegt, sie verkalken auch noch, 
werden aber bereits in utero resorbiert, bevor der Fötus die Hälfte seiner 
vollen Länge erreicht hat. 

Demgegenüber war ^Zeuglodon diphvodont. Welcher Dentition gehört 
nun das bei Cetaceen funktionierende Gebiß an.' Nach Kükenthal ent- 
spricht es der I.Dentition oder dein Milchgebiß, da lingualwärts von diesem 
Gebiß noch Zahnanlagen auftreten, die als Knospen für Ersatzzähne auf- 



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Cetaeea, KÖcperbat». 



»07 



zufassen .sind. Damit würden die Cetaceen sieh anders verhalten als die 
übrigen Monodelphia. <lie monophyodont wurden. Hei iliesen schwand das 
Milchgebiß und ]>ersistiert die 2. Dentition [LecheJ. Somit ist das letzte 
Wort über das (iehiß der Cetaceen noch nicht gesprochen, auch nicht über 
«las Wesen der Vermehrung der Zahnzahl. Diese hat auch anderwärts statt 
bei Vereinfachung des (iebisses (Priodontes). Meine früher ausgesprochene 
An." ich t, daß sie bei Cetaceen dadurch zustande komme, daß Milch- und 
bleibendes (lebiß nicht nacheinander auftreten, sondern gleichzeitig, nur 
eine einzige Reihe bildend, wird hinfällig durch Kükenthals Entdeckung, 
daß die zwei Dentitionen nebeneinander auftreten, und daß sich ihnen 
gelbst eine labialwärts gelegene, prälakteale Dentition zugesellt. Kükenthal 
erklärt die Vermehrung aus Teilung mehrspitziger Molaren des ursprüng- 
lichen heterodonten (iebisses. Daß solche auch im Vorderteil der Zahn- 
reihe statthaben können, macht Abel für +Sauro<lelphis Rurm., aus dem 
argentinischen Pliocän wahrscheinlich. Kükenthal erkennt aber daneben der 
Zahnleiste das Vermögen zu. 
weiter nach hinten zu sprossen 
und neue Zahnanlagen zu er- 
zeugen. Die Vermehrung der 
Zahnzahl, die bei + Squalodon be- 
reits bis zu »><>- Zähne führt, 
möchte ichaufNeubildungzurück- 
führen. da die hinteren Racken- 
zähne. trotz ihrer hohen Zahl (7 ) 
bei dieser Art, dennoch zwei- 
bis dreiwurzelig sind, demnach 
keiner Teilung anheim tielen. 

Die Rückbildung des (ie- 
bisses führte ich auf Rückbildung 
und endlichen Ausfall der Kau- 
bewegung zurück. Letztere ist 
für Säugetiere unter Wasser kaum 
mit Erfolg durchzuführen. Durch 
stetsausgesprochenere pelagische 
Lebensweise ging sie daher zu- 
rück, damit auch die Kaumusku- 
latur und das Kiefergelenk. Das 
Gebiß wurde ein ausschließlich 
greifendes und blieb so. wenn 
es galt, glatte Reute, wie See- 
hunde und Fische zu erjagen. 
Vielzühnigkeit in den verlänger- 
ten Kiefern konnte hierbei nütz- 
lich werden. Desgleichen Ver- 
längerung der Kiefer auch bei 
Schwund des (iebisses. wenn die 
Nahrung vorwiegend aus Cepha- 
lopoda bestand (Hyperoodon 
z. R.). Wurden kleine Fische, 
Pteropoden, Mysiden, kurz massenweise auftretende pelagische Tiere das 
.Jagdobjekt, so trat excessive Vergrößerung des Maules noch mehr in den 
Vordergrund, wie bei Mystacoceti. 




Fig. 421. Dorsalanaicht de* sjchädeU 
von MoikkIoii nioDOCeroB Intermaxillare / 
zum größten Teil weggebroehen, um die Bumm 
des Linken Stoßzahnes st, und den rechten st 
in toto zu neigen; A' NuftJe, übrige Bezeichnung 
wie in Fig. 420. 



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568 



XII. Ordnung: Cctacca. 



Bei diesen treten die Barten auf: hornige Platten, die sich aus 
dem Schleimhautepithel des Gaumens entwickeln und den (iaumenleisten 
der übrigen Säugetiere zu vergleichen sind. Sie entstehen erst spät und 
wachsen als sichelförmige, wie Blätter eines Buches eng hintereinander 
liegende Platten mit ausgefranstem Innenrande vertikal nach abwärts. 
Um ihnen den nötigen Platz zu gewähren, sind die Unterkiefer stark 
nach außen gebogen. Bei maximaler Entwickelung, wie bei Balaena, 
werden sie Anlaß, daß auch der Schnabel des Oberschädels verschmälert 
und stark dorsalwärts gebogen wird. Mit geöffnetem Maule schwimmt der 
Bartenwal durch das Wasser, das in die Mundöffnung ein- und zwischen 
den Bartenblättern wie durch ein Sieb durchströmend, kleine Tiere zurück- 
läßt, welche beim Schließen des Mundes durch Aufheben der Zunge in den 
Schlund befördert werden. 

Die Zunge ist ein ungefüges Deglutionsorgan. welches durch Kon- 
traktion des in der Kehlhaut liegenden Platysma myoides (Kükenthal] gegen 
den (iaumen gedrückt wird und den Nahrungsteilen nur gestattet, in den 
Oesophagus zu schlüpfen, «las Wasser aber zwischen den Barten austreibt. 

Der Magen der Cetaceen ist ein zusammengesetzter, von dem wir 
annehmen dürfen, daß er sich herleitet von einem einfachen, schlauch- 
förmigen der gut bezahnten Urform rler Cetaceen. Als Kompensation 
dafür, daß wie oben angedeutet, infolge des Lebens auf hoher See. die 
Kaufunktion Aenderung erlitt, herabgesetzt wurde, endlich ganz einging, 
zerlegte sich der Magen in drei Hauptabteilungen. Hierdurch wurde es 
möglich, die mechanische Zerkleinerung der Nahrung, die sonst der Kau- 
funktion zufällt, und einen längeren Verbleib derselben in der verdauenden 
Magenabteilung zu erzielen. 

Die erste Magenabteilung ist eine drüsenlose Ausstülpung des Oeso- 
phagus, sie hat verhorntes Epithel, dicke Muskelwände und die Bedeutung 
eines Kropfes resp. Marerationsmagens. Die zweite Abteilung unter- 
scheidet sich scharf durch zahlreiche tubulöse Drüsen mit Pepsinzellen. 
Dieser Pepsinmugen entspricht der Cardia anderer Säuger. Die dritte oder 
pyloriale Abteilung unterscheidet sich durch den ausschließlichen Besitz 
von Schleimdrüsen. Sie kann sich in mehrere Unterabteilungen zerlegen. 
Bei den Ziphioideen hat sich die erste Magenabteilung lückgebildet 
|.lungklaus]. Mit dem Wiederkäuermagen hat der Cetaccenmagen nichts 
weiter gemein als die ösophageale. pansenartige Ausstülpung und die Ver- 
teilung des Magens in verschiedene Kammern. 

Am Dann fällt dessen verschiedene Länge auf. Sie ist /.. B. bei 
Hyperoodon 4. < .Mnal. bei Phvseter 1 »'».:?. bei Pontoporia nach Burmeister 
gar .'12 mal länger als der Körper. Alle Mystacoccti haben ein nach vorn 
gerichtetes kurzes Coecum. Den Odontoceti fehlt es. mit Ausnahme von 
Platanista. Die Mystacoceti besitzen auch eine Klexura duodeno-jejunalis, 
die als Zwinge Pankreas und Mesenterium commune umgibt: ferner bildet 
bei ihnen, gleichfalls wie beim Menschen, das Colon ascendens, transversum 
und descendens einen nach hinten offenen Bosen. Bei Odontoceti findet 
man dagegen das denkbar einfachste Mesenterium commune, das an der 
Wirbelsäule festgeheftet, sich vom Magen bis zum Rectum erstreckt und den 
gesamten Darmkanal trägt ohne Flexura duodeno-jejunalis und Flexura coli. 

Auch der Atmungsapparat bietet zahlreiche Anpassungen an das 
Wasserleben. Die beiden ungeteilten, sehr elastischen Lungen erstrecken 
sich weit nach hinten, entsprechend dem schiefen Stande des Diaphragma 



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Cetacea, Körperbau. 



569 



Hierdurch wirken die Lungen gleichzeitig als hydrostatischer Apparat, der 
den schweren Vorderteil des Körp ers nach oben hebt. Die namentlich 

Fig. 422. Fig. 423. 




Fig. 422. Querschnitt durch den vorderen Teil 
des Kopfe» von Balm-noplera. nach.J. DeInge, b Knorpe- 
liges Scptum narium mit Votuer; b>t Barte; i Inter- 
maxillare; m Maxillarc; u Unterkiefer, tu Zunge. 

Fig. 42:>. Longitud inaler Vertikalnchnitt durch 
Anlagen zu Hauptbarten von einem Kmbryo von 4,öö m 
Länge von Balaenoptera muwulus L. (Sihbaldii). a Stra- 
tum subcorneum ; AStratum inuco>um ; t Anlage zu Barten- 
scheiben ; «/die ihnen entsprechende Bindegewebsplatte; 
t Horn röhren ,/ deren äußere freien Teile i Bartenhaare); 
fr innere weiche Schicht der Hornröhren ; h verlängerte 
Bindegewelmpapille; / Markxäule: k, i, I embryonale 
Zwischen rabatMii ; « Papille der 8chleimechieht Nach 
T. Tullberg. 




bei Mystacoceti sehr nachgiebige Verbindung 
der Rippen an ihrem vertebralen und sternalen 
Ende gestattet große Ausdehnung der Iirust- 
höhle und damit ausgiebige Inspiration. Hier- 
durch werden die Tiere befähigt, die Atempausen 
außerordentlich zu verlängern. Sie betragen nach 
J. Struthers bei Balaenoptera im Mittel 2 Minute. 
Im Nutfall können aber die Tiere eine Stunde 
und länger tauchen. Sobald das am Scheitel 
gelegene „Spritzloch" der Odontoceti oder die 
Spritzlöcher der Mystacoceti die Oberfläche des 
Wassers berühren, wird die Atemluft mit solcher 
Kraft ausgetrieben, daß über den Nasenlöchern 
liegende Wasserteile mitgerissen werden. Dies 
und Kondensierung des Wasserdampfes in der 
Atemluft in kalten Klimaten. gaben Anlaß zu der 
Kabel vom ..Spritzen" der Walfische, wodurch 
verschlucktes Wasser ausgetrieben werden sollte. 
Zweifelsohne hilft beim Tauchen, welches Ver- 
minderung der Atemzüge heischt, die einzig dastehende Kntwickelung 
Wundernetzen, die einfache, bipolare, arterielle oder venoso-arterielle 





. A 



von 
sein 



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570 



XII. Ordnung: (etacea. 



können und allerwärts auftreten [ Preschet |. Sie gehören offenbar in die 
Reihe regulatorischer Einrichtungen gegen die Asphyxie. Beim Tauchen 
hat ja Sistierung der Respiration statt und damit Verlangsamung des Herz- 
schlages, unter dem Einfluß des Nervus vagus, sowie Yerlangsamung der 
Zirkulation. Der (iewebeatmung gegenüber, die ja nicht aussetzt, werden 
alsdann die arteriellen Wundernetze /.. B. die des Zentralnervensystems von 
Bedeutung. Das solchergestalt ausgedehnte Kanalsystem gestattet • denn 
auch eine außerordentliche Zunahme der Blutiuenge. Uebrigens vertritt 
dies fast spongiöse Gewebe der Wundernetze auch die Rolle des Fettes 
als Füllgewebe und tritt daher verschiedensten Ortes auf. 

Die Körpertemperatur darf als 36— 37°C angenommen werden 
[Guldberg], ist somit geringer, als bei der Mehrzahl der Säugetiere. 

Der Larynx steht nach E. Dubois auf einer viel niedrigen Entwicke- 
lungsstufe. als dies bei Monodelphia der Fall ist. Dennoch nähert er sich 
durch seine Knorpel diesen weit mehr als dem Larynx der Marsupialia. 




Fig. 42-1. Pharynx von l'hoonena im S-hlingakt. Konstruklionäbild (1:2) des 
median durchschnittenen Kopfes, naeh HnnuinghauH. I Arcus palalo-gW*us ; 2 Ori- 
ficiiim tubne KiiHtachii phnryngeum ; 'A Basihyoid; 4 Schleimhautgruhen den Pharynx; 
r> Epiglotti.s; 6 Aryiaenoid; 7 Muskulöser Aren* palato pharyngeus i RingwuUt): 8 Mu«c 
thyreo-hyoideun. 



mit dessen Muskulatur er zwar teilweise übereinstimmt, über dem er aber 
übrigens steht <p. '2'2\). Bei den Odontoceti ist er durch Verlängerung der 
Arytänoidknorpel in Vereinigung mit der verlängerten Epiglottis. zu einer 
langen Röhre ausgezogen, die in den Nasenrachenraum ganz hineinragt. 
Sie wird hier durch einen ringförmigen Musculus palato-pharyngeus 
[v. Baer|, der in der Wand des weichen Gaumens und dessen hinterer 



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Otacea, Körperbau. 



571 



Fortsetzung: den hinteren Gaumenbögen (Arcus palato-pharyngei p. 191») 
liegt, vollständig vom Pharynx abgeschlossen. 

Es heifit. daß wie heim saugenden Heuteljungen der Marsupialia, so 
auch bei Odontoceti durch diese Einrichtung die Nahrung jederseits vom 
röhrenförmigen Larynx vorbeigleiten können, während gleichzeitig geatmet 
wird. Dieser Ansicht, daß das Hineinragen der vorderen Oeffnung des La- 
rynx in den oberen Pharynxraum, Säugetiere, bei denen diese Einrichtung 
bestehe, befähige gleichzeitig zu schlingen und zu atmen, ist Boenning- 
haus mit Entschiedenheit entgegengetreten. Nach ihm schließt das eine das 
andere aus (vergl. p. 202). Die gleiche Lage kommt übrigens dem Larynx 
der Mystacoceti zu. obwohl er noch nicht die röhrenförmige Verlängerung 
zeigt oder wie bei Megaptera und Balaena höchstens angedeutet. Ihr Larynx 
ist aber ausgezeichnet durch einen großen laryngealen Sack, der durch 
Verschmelzung von Homologa der Ventriculi Morgagni entstand und Rück- 
bildung der Cartilago thyroidea hervorrief. Stimmbänder gehen den Ceta- 
ceen ab (vergl. übrigens p. 221 >. 

Die Nieren sind lang, abgeflacht, in sehr zahlreiche Reneuli zerlegt, 
sämtliche Läppchen bleiben getrennt. Eine Capsula adiposa fehlt der Niere. 

Die Testikel verbleiben zeitlebens in der Bauchhöhle. Weit besser 
als durch die stark gewundenen Vasa deferentia läßt sich durch die Lage 
der Testikel beweisen, daß sie bei den Vorfahren der Cetaceen extra- 
abdominal lagen, daß aber bei deren recenten Nachkommen nur noch ein 
unvollständiger Descensus in die Erscheinung tritt, der es nicht weiter 
bringt, als bis zu einer Verlagerung der Testikel an die vordere Rauch- 
wand. Diese üige ist eine durchaus fixierte; sie erfährt keinerlei Aende- 
rung, auch nicht durch die, wie es bei Odontoceti wenigstens scheint — 
periodische Anschwellung der Testikel zur Zeit der Brunst. Die Vasa 
deferentia münden getrennt auf dem Colliculus seminalis und fassen eine 
Vesicula prostatica iCterus masculinus zwischen sich. Glandulae vasis 
deferentis, vesiculares und Cowperi fehlen. Die Prostata nebst Musculus 
compressor prostatae sind gut entwickelt. Dem in der Ruhe S-förmig 
gebogenen, äußerst langen Penis fehlt bei allen Cetaceen ein Penisknochen ; 
trotzdem erscheint er immer wieder in der Literatur. Der erigierte Penis 
wird durch eine Vulva-artige Penistasche: eine weit vor dem Anus liegende 
Ilautöffnung. hervorgestreckt und durch kräftige Musculi retractores penis 
zurückgezogen. Sein Corpus cavernosum nrethrae durchzieht die ganze 
Länge des Penis und bildet an der Spitze desselben eine äußerst kleine 
(ilans. Die Corpora cavernosa penis entspringen direkt oder indirekt von 
den Beckeurudiinenten (Ossa ischii). desgleichen Musculi ischio-eavernosi ; 
auch der Musculus bulho-eavernoMis ist vorhanden. 

Der Uterus ist zweihörnig: die Horner sind ausgezeichnet durch sehr 
weite Ostia altdominalia. Bei den Zahnwalen lte*»t Anus und Vulva in 
der gleichen Hautgrube und sind von einem gemeinschaftlichen Sphincter 
umgeben, bei Mystacoceti sind beide getrennt. Nur ein Junges kommt 
zur Entwickelung. Die diffuse Placenta. die hauptsächlich durch Teil- 
nahme des Amnion zustande kommt, während im Gegensatz zu Cngulaten 
die Allantois klein bleibt, erstreckt sich, wie auch sonst meist der Fall, 
auch in das nicht schwangere Horn. Der Dottersack wird rudimentär. 

Die Trächtigkeit «lauert bei den kleineren Odontoceti ungefähr 
10 Monate, hei den größeren (Orca) etwa l .lahr. Letzteres scheint auch 
die Tragezeit der Mystacoceti zu sein. Das Junge wird sehr ausgebildet 



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r>72 



XII. Ordnung: Cetacea. 



geboren; bei den Bartenwalen erreicht es zum mindesten hei Zahnwalen 
gar 7s °der noch mehr von der Länge der Mutter, welcher es sofort 
folgt, bis daß es die Hälfte der (Jrötle des Muttertieres erreicht [Guldbergj. 




Fig. 42"). Hauchtläcbc der Beckengegend von Balaenoptera nach Abtragung der 
Haut. Nach Figuren von J. Struther* zusammengestellt. Reehterseits ist ein Fenster 
geschnitten in die oberflächliche Aponcuronc bis zum LevatOT ani. Linkt tiefere Lagen. 
A Anus; ap Oberflächliche A|K>neurose: Ii Bulbus urethrae im Corpus spongiosum sich 
fortsetzend; bc Muse. bulbo-cavemosus; C Corpus cavernosiim penis und Cr Crus penis; 
F Femur; n Muse, ischio-eavernosus; la I^evator ani, auf «ler anderen Seite entfernt; 
Im laterale MuskelniRs^e; lp Ligament, «eichen Crus |»eni-, M. bulbo- und iachio- 
cavenifHUs mit I lecken rudi inen t verbindet; Ips Ligamentum |M>st|>elvicum; /' Beeken- 
rudiment. scheint reehterseits durch Aponeurose durch; /".» Penis] r Retractor j>enis; 
rf Fossa reclalis. hinterwärts l>cgrenzt durch Lig. |>ostpelvieum : fm Schwanzmnskulatur; 
sphi Sphincter ani internus; vm vonlere Muskelmasse. 



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Cetarea: Diagnose. Geographincbe Verbreitung. 573 

Diagnose: Die Cetaceen sind durchaus aquatile Tiere mit cylindri- 
schem Körper, dem alle Hautdrüsen fehlen und der höchstens am Kopfe 
noch spärliche Haare besitzt. Er endet hinten in einer transversalen Flosse, 
die ebenso wie eine häutig auftretende Rückenflosse nur aus Bindegewebe 
und Fett besteht. Die Vordergliedmaßen haben äußerlich Flossenform an- 
genommen, die hinteren sind bis auf verborgene Rudimente geschwunden. 
Schädel mit schnabelförmiger Verlängerung des Maxillare und Intermaxillare. 
Aeußere Xasenöffnung scheitelwärts verschoben. Mandibula ohne auf- 
steigenden Ast, so dali der Gelenkhöcker fast oder vollständig in der 
Ebene des Unterkiefers liegt. Wirbel sind nicht gelenkig verbunden. 
Clavicula fehlt. Funktionierende Zähne fehlen entweder oder nur ein 
Gebiii bricht durch, das entweder zahlreiche homodonte Zähne hat oder 
nur einzelne. Magen ist aus verschiedenen Abteilungen zusammengesetzt. 
Mit Ausnahme der Prostata, fehlen aeeessorischc Geschlechtsdrüsen. Des- 
census testiculorum unvollständig, so dali dieTestikel intraahdominal bleiben. 
Uterus bicornis. Placenta adeciduat und diffus. 

Geographische Verbreitung. Es ist begreiflich, daß die Verbreitung der 
Cetaceen weit weniger scharfe Grenzen aufweist, als die der übrigen Säuge- 
tiere: denn da sie beständig im Wasser und zwar — mit wenig Ausnahmen 
— im Meere leben, so kann nur die Temperatur ihrer Umgebung und 
das Vorkommen bestimmter Nahrung ihre Verbreitung beschränken. Dem- 
entsprechend gibt es denn auch Arten, die sich universeller Verbreitung im 
Meere erfreuen, namentlich aus der Familie der Delphinidae z. R. Orca 
gladiator, Grampus griseus. Unter den Phvseteridae kann man diesbezüg- 
lich Phv>eter macrocephalus. den Cachelot nennen: derselbe meidet aber 
die Meere der kalten Zone und seine eigentliche Heimat, strenger noch 
die seines Verwandten Kogia. sind die tropischen Meere. Von Ziphiinae 
ist Hvperoodon dem Nord-Atlantik. Rerardius dem Antarktik eigen, wäh- 
rend Mesoplodon . namentlich aber Ziphius, eine fast universelle Ver- 
breitung hat 

Andere Arten bewohnen ein engeres Gebiet, aber auch hier sind 
im allgemeinen die Grenzen nicht eng gesteckt, da Wanderungen vor- 
kommen, die teils der Nahrung, teils der Fortpflanzung wegen statthaben, 
indem z. R. zum Werfen des Jungen untiefes, geschütztes Küstenwasser 
aufgesucht wird. Auch wird die winterliche Eisdecke der polaren Meere, 
die Tiere nötigen. Aequatorwärts gelegenes offenes Wasser aufzusuchen. 
So meidet von den enger begrenzten Formen Ralaena die Tropen. Ralaena 
glacialis. im Mittelalter das Jagdobjekt der Rasken im Golf von Biskaya, 
ist der südlichste Repräsentant in der nördlichen Hemisphäre, deren gla- 
ciale Meere Ralaena mvsticetus bewohnt. In dem Antarktik findet sich 
Ralaena australis und Neobalaena. Auf den Nord-Pacitik ist Rhachianectes 
glaueus beschränkt, als Reispiel einer lokalen Ralaenide. Von den Ralae- 
nopteriden ist Ralaenoptera reichlich vertreten in den kalten und ge- 
mäßigten Meeren, namentlich der nördlichen Halbkugel. Ralaenoptera 
Schlegeli lehrt, daß dieses Genus auch den Tropen nicht fehlt. Dem 
Arktik gehören ausschließlich an: Monodon monoceros und Delphinapterus 
leucas. 



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f)74 



XII. Ordnung: CVtncea. 



Die Verbreitung der eigentlichen Delphinidae ist vorläufig noch sehr 
unvollständig bekannt, ebenso, wie die Tiere selbst. Die Mehrzahl der- 
selben sind den tropischen, wenigstens den temperierten Meeren eiger.. 
Universelle Verbreitung hat Orca und Grampus. Dann folgt Phocaena 
communis im Norden des Atlantik und Pacifik, er fehlt aber dem Mittelmeer. 
Hier tritt dagegen Delphinus delphis auf. dessen zahlreiche Verwandte 
ebenso wie die verwandten (ienera Prodelphinus und Steno den Tropen, 
teilweise auch der südlichen Hemisphäre vorzüglich angehören. Umgekehrt 
wird die nördliche durch Tursiops und die Mehrzahl der Arten von 
Lagenorhynchus bevorzugt. 

Bereits von Phocaena ist es bekannt, daß er die Flüsse weit hinauf- 
steigt. Eine Anzahl tropischer Odontoceten leben ausschließlich in Fluß- 
mündungen, wie Pontoporia im Delta des Rio Plata. Sotalia im Unterlauf 
von Flüssen in Afrika, Asien und Borneo. Durchaus Huviatil sind Inia 
im Amazonentluß. Platanista im Ganges, Orcella tiuminalis ebendort und 
in anderen Flüssen Süd-Asiens und Horneos. 

Taxonomie. 

Die systematische Behandlung der zahlreichen reeenten Getaceen, von 
denen nur die wichtigsten Formen genannt werden können, möge einge- 
leitet werden durch eine tabellarische Uebersirht auf |>. 576 u. 577. 

I. Unterordnung: Mystacoceti (Bartenwale). 

Zahnlos, da die verkalkten, heterodonten Zahnanlagen bereits fötal 
resorbiert werden. Zwei Reihen Bartenplatten längs dein knöchernen 
Gaumen. Zwei spaltförmige Nasenlöcher (Spritzlöcher), Schädel symmetrisch. 
Maxillare erreicht nur den Processus orbitalis des Frontale. Lacrymale 
klein, selbständig. Maxillo- und Ethmoturbinalia ausgebildet, desgleichen 
der Nervus nlfactorius. Mandibulae im Querschnitt rundlich, nach t außen 
gebogen, nur ligamcutös, nicht durch Symphyse verbunden. Nasalia gut 
ausgebildet, überdachen den Hinterrami der äußeren, knöchernen Nasen- 
öffnungen, die in schräg verlaufende Nasenkanäle führen. Tympanicum 
eine spiralig eingerollte Bulla ossea, die mit dem Perioticum ankylosiert 
ist. Sternum besteht aus einem Stück, womit sich nur die erste Rippe 
verbindet. Darmkanal mit Coeciun und Flexnra duodeno-jejunalis. 

Diese Abteilung uinfnUt die größten und voluminösesten Säugetiere, 
denen man seit 3 Jahrhunderten des Tranes und Fischbeins wegen nach- 
stellt. 

1. Familie: BALAENIDAE. Glattwale. Hostrum schmal und stark ge- 
bogen. Processus coronoideus kaum bemerkbar. Tympanicum rhombisch. 
BauchflUche durchaus glatt. Halswirbel verschmolzen. Bai.akna L. Ohne 
Rückenflosse, Hand pentadaktyl, Barten sehr lang. //. mystirrtus L., der 
Grönlandwal, das wichtigste Jagdohjekt, das Tausende niederländische und 
englische Walfischfänger von Anfang 1600 bis Knde 1700 in den Ge- 
wässern Grönlands vereinigte, die diesen zwar nur bis zu 15 in langen, 
aber übrigens kolossalsten Walfisch (Night Whale, Baieine franchel jagten. 
Im erwachsenen Tiere beträgt fler Kopf mehr als ein Drittel der Körper- 
länge. Die fast 400 schwarzen Bartenplatten jederseits, erreichen bis '2.5 m. 
Ausschließlich in der Nähe des Treibeises der arktischen Seen, wo er sich 



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I. Myfttacoeeii (Bartenwale). 



575 



heutzutage, im Sommer in der Baffinsbucht und nordwärts von der Behring- 
straße aufhält, im Winter aber südwärts längs der Küste Grönlands bis 
ungefähr zum (><>" nordl. Br. und im Ochotskischen Meer bis etwa zum 
55° nordl. Br. vordringt. B. (Eubalaena) «facialis Bonnaterre (biacayensis 
Eschr.). Nur reichlich 12 m lang, wovon etwas mehr als ein Viertel auf 
den Kopf kommt, der wie bei B. mysticetus mit zunehmendem Alter 
relativ sich vergrößert in seiner Kieferpartie. Etwa 2öO schwarze Barten 
bis zu 2 m Länge. Der „Sarde", wie sie ihn nannten, war vom 11. bis 
16. Jahrhundert Jagdobjekt der Basken im Golf von Biscaya, der ersten, 
die dieser Jagd wegen auf die hohe See fuhren, im Atlantik ist der 
„Nordkaper" sehr selten geworden, und wird nur hier und da in den 
Sommermouaten, bei Island und im nördlichen Norwegen, seltener noch im 
Mittelmeer, angetroffen. Vielleicht gehört B. japonica Laeep. im nördlichen 
Pacifik zu dieser Art. Nahe vorwandt ist auch B. australis Desm. vom 
Süd-Atlantik. — Neoualakna Gray mit sichelförmiger, kleiner Rückenflosse, 
Hand vierf ingerig: Barten weiß: gehört mit .V. marginata Gray (anti- 
podarum Gray), einer kleinen Art, dem Süd-Pacifik an. 

2. Familie: RHACHIANECTIDAE (Agaphelidae). Rostrum flach. Kopf 
klein, Barten kurz, Brustflosse lang und schmal wie bei Balaen^ptera, es 
fehlen aber die Rückenflosse und die Bauchfurchen, da nur 2 Kehlfalten 
auftreten. Rhac hianectes Cope. Rh. glaueus Cope. Der „California« 
Gray-Whale" wird bis 15 m lang, besitzt eine scheckige Farbe, grau bis 
schwarz, und bewohnt den Nord-Pacifik bis zum Aequator, wo er nament- 
lich an der amerikanischen Küste erscheint und die Weibchen, um ihr 
Junges zu werfen, in den Wintermonaten in die Flußmündungen eintreten 
[Scammon]. 

3. Familie: BALAENOPTEBIDAE t Furchenwale l. Rostrum flach, Kopf 
klein, Halswirbel getreunt. Zahlreiche Kehl-(Bauch-)falten. Tympanicum ein- 
gerollt, sphärisch. Mandibula mit Processus coronoideus. Hand lang, schmal, 
vierfingerig. Von den zahlreichen Arten sind bisher, namentlich durch 
die norwegischen Fischereien, nur die nord-atlantischen gut bekannt ge- 
worden. Megaptera Gray. Brustflosse V 4 der Körperlänge. Schnabel 
mit Borsten auf kegelförmigen Erhebungen (norwegisch : Knölvhal). Acro- 
mk>n und Processus coraeoideus scapulae rudimentär. M. longimana 
Rud. (boops auct.l bis 15 m Länge, aber sehr voluminös. Nord-Atlantik 
und Japan. 

Balaenopteka Lacep. Die vier nord-atlantischen Arten sind B. 
acuto-rostrata Lacep. (rostrata Fabr.). Bis H m lang. Weiß, mit Aus- 
nahme von Rücken und Brustflossen. Letztere 1 H der Körperlänge. 
325 gelbliche Bartenplatten. — B. borcalis Less. selten bis 15 in lang. 
Brustflossen 1 u der Körperlänge. Blauschwarz: Unterseite bis Anus weiß- 
lich. 330 schwarze Barten mit weißen Borsten. — B. Musculus L. (Sib- 
baldii Gray* erreicht mit 2t» m die größte Länge unter Cctaceen. Ein- 
farbig graublau. Brustflossen 1 7 der Körperlänge, ihre Innenseite und 
Unterrand weiß. Ungefähr 400 schwarze Barten. B. f>hys<ilus L. (mus- 
culus auet.). Höchstens 21 m lang. Brustflossen 1 s der Körperlänge, 
ihre Innenseite weiß: desgleichen die Bauchfläche und die rechte Körper- 
seite, übrigens grau. Die 3<»0 Barten sind grau, mit Ausnahme der ersten 
Reihen rechts, die weiß sind. Die beiden letzteren Arten ernähren sich, 
ähnlich wie die Balaeniden, hauptsächlich von Calanus, Enphausia, Ptern- 



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576 XII. Ordnung: Cctacea. 



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TabellariHchc l'ebereicht der Cctacea. 



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XII. Ordnung: Cctarea. 



poden und ähnlichen Tieren, die anderen mehr von Fischen. Balaenoptera- 
Arten treten auch in der südlichen Hemisphäre auf, auch in den Tropen, 
wie B. Schlt'grfi Flow. 

II. Unterordnung: Odontoceti (Zahnwale). 

Entweder zahlreiche homodonte Zahne oder nur vereinzelte, zuweilen 
mit hetemdontem Charakter, brechen durch, wahrend die übrigen im Zahn- 
fleisch verborgen bleiben oder nicht zur Entwickelung kommen. Keine Barten. 
Nur ein asymmetrisch gelegenes äußeres Nasenloch |Spritzloch;, Nasenkanäle 
vertikal. Nervus olfactorius rudimentär oder fehlend. Im asymmetrischen 
Schädel bedeckt das Maxillare den Processus orbitalis des Frontale. Die 
kleinen Nasalia überdenken die äußeren Nasenöffnungen nicht, sondern 
liegen hinter ihnen. Ethmoturhinalia rudimentär. Mandibula komprimiert, 
geradlinig, ihr Gelcnkköcker nach hinten gerichtet; meist mit langer 
Symphyse. Soweit bekannt, mit Ausnahme von Platanista, ohne Coecum. 
Keine Flexura duodeno-jejunalis. Wenigstens einzelne Rippen artikulieren 
durch Capitulum und Tuberculuni. 

Die zahlreichen Arten können vorlaufig in eine Anzahl Gruppen und 
Familien verteilt werden, wie in unserer Tabelle geschah. Ungenügende 
Kenntnis vieler Arten verleiht ihr aber nur sehr vorlaufigen Wert. Hier 
aollen nur einzelne bekanntere, namentlich aus der nördlichen Hemisphäre, 
genannt werden, für die Charaktere der Familien sei auf die Tabelle ver- 
wiesen. 

1. Familie: PHY8ETERIME. 

1. Unterfamilie: Phyneturinae. Die Schädolasymiuetrie erreicht hier 
ihr Maximum. Zahne des Oberkiefers rudimentär, brechen nicht durch, 
die des Unterkiefers homodont, groß, ohne Email, in einer Furche mit nur 
unvollständiger Verteilung in Alveoli. Schädel mit hohem Fronto-Occipital- 
kamm, vor dem sich subkutanes Bindegewebe anhäuft, mit großen Kavernen, 
die Spermaceti, eine ölige Masse, enthalten. Hierdurch erhalt der enorme 
Kopf eine viereckige, vorn abgeschnittene Form, und kommt das äußere 
Nasenloch, einzig unter Cetaceen. au die Spitze der Schnauze zu liefen. 
Bei Phvsktek L. mit der einzigen Art Ph. macroct'phalus L. erreicht 
das Mannchen 18 m, das Weibchen nur die Hälfte. Allgemein in sub- 
tropischen, namentlich aber tropischen Meeren verbreitet ; wird des Tranes 
und Spermaceti wegen gejagt. Nebenprodukte sind die Zahne und Ambre- 
gris. Letzteres sind Darmkonkremeute, wie die eingebackenen Kiefer von 
Cephalopoden beweisen, welche die Nahrung des Kachelot ausmachen. Koma 
Cray ist ein Miniaturkachelot. K. brfvii't"f>s Blainv. Tropisch und in der 
südlichen Hemisphäre. 

2. Unterfainilie : Ziphiinae. Zähne bleiben im Zahnfleisch verborgen, 
mit Ausnahme von 2 Zahnen im Unterkiefer. Diese ragen, namentlich 
beim Weibchen, bei H Yt'KKOonoN Laeep. vom an der Unterkieferspitzo 
nur eben hervor. //. rostratus Müll. Der Dögling der nördlichen Hemisphäre 
wird trotz seiner verhältnismäßig geringen (»ruße von höchstens 9 m des Sper- 
maceti wegen gejagt. Dies sammelt sich in subkutanen Höhlen des präuasaleu 
Buckels, der seitlich von hohen vertikalen und longitudinalen Kämmen des 
Maxillare gestützt wird. Aehnlich liegen die Unterkieferzähne bei 
ZlPHirs Cuv. und Bkrardk s Duv. Bei Mksopi.odon Gerv. sind sie sehr 



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II. Odontocfiti (Zahnwale). 579 

hoch und spitz und liefen weiter nach hinten (Fig. 420;. Diese Genera 
haben universelle Verbreitung. 

2. Familie: PLATANISTIDAE. 

1. Unterfamilie : PUtanistinae. Plataxista Cuv. P. gangetica Lebeck, 
aus dem Ganges und die 2. Unterfamilie: Iuiinae mit dem südamerikanischen 
Stkxodklphis Gerv. (Pontoporia Gray) .SV. blainvillei Gerv ■. aus dun Delta 
des La Plata und Ixia D'Orb. /. geoffroyensis Blainv. aus dem Amazonen- 
fluß stimmen außer in der durchaus fluviatilen Lebensweise auch in anderen 
Merkmalen, teilweise primitiver Art, überein, wie unsere Tabelle zeigt. 




Fig. 421». Schädel von Platanisla gaugetica. nat. Gr.; nach Anderson. 

.V Squamosum; P Parietale; F Frontale: / Processus jugalis Squamoei; M Maxillare. 
mit der großen C Crista maxillaris; / Inlerniaxillare: Md Mandibula. 

3. Familie: DELPHINAPTERIDAE. Unterscheiden sich von den echten 
Delphinidae außer durch freie Halswirbel, verlängerte Pterygoidea, breite 
Brustflosse, auch durch minder auffällige Merkmale. So ist ihr Corpus 
papilläre so dick, daß sich von ihrer Haut Leder bereiten laßt. Sie sind 
nur in der Arktis verbreitet und zwar Delphixaptkris Lacep. zirkum- 
polar. D. leucOS Pal!., Beluga oder Weißwal, wegen der durchaus weißen 
Farbe. Zähne in beiden Kiefern schräg nach vorn gerichtet, \%, hinfällig. 

MOMODOM L. ist auf den Nord-Atlantik beschränkt. AI. monoceros L. 
Der Naswal ist auffällig durch das Gebiß, das beim Männchen nur linker- 
seits einen Zahn, der seiner Lage nach einem Caninus entspricht, zur Ent- 
wicklung bringt. Derselbe ragt horizontal hervor und erreicht über 2 m 
Länge, somit die Hälfte der Körperlänge (Fig. 421). Selten kommt auch 
der rechte zur Entwiekolung, meist bleibt derselbe im Zahnfleisch verborgen, 
wie beim Weibchen beide. Weitere Zähne treten nur rudimentär auf und 
fallen bald aus. 

4. Familie: DELPHINIDAE. Alle übrigen zahlreichen Genera von Odon- 
toceti kann man vorläufig trennen in: 

1. Unterfamilie : Phocaeninae. Umfassen die kleinsten Cetaceen. Bei 
Nkomkkis Gray, aus dem Indik und von den Küsten Japans fallen einzelne 
Stellen der Haut auf durch quadranguläre Schuppen mit Horntuberkeln. 
Wenigstens Horntuberkel auf der Rückenflosse finden sich auch bei Pho- 
cakxa Cuv., gleichfalls eine Küstenform. Im Nord-Atlantik und Nord- 
Pacifik — aber nicht im Mittelmeer: /*//. communis Cuv. Vonnur 1,5 m 
Länge mit \\ spateiförmigen Zähnen. Jagt namentlich Heringe und andere 
Fische und steigt in manchen Flüssen Europas hoch hinauf. 

2. Unterfamilie: Delphininae. In dieser Familie kann man alle übrigen 
zahlreichen Genera der Odontoceti vorläufig vereinigen. Nur einige be- 
kanntere, namentlich der europäischen Meere, sollen erwähnt werden. 

37" 



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5HU 



XII. Ordnung: Cetaeea. 



Oroa Gray. Auffällig durch die Lohe, schwertförmige Rückenflosse. 
O. gladiato r Bonnat. Schwertfisch; \\ sehr starke Zahne machen diese bis 
zu 10 m lange, starke Tiere, die sehr gute Schwimmer sind und alle Meere 
bewohnen, zu gewaltigen Raubern. Außer Fischen erbeuten sie Robben, 
Phocaena, und in Rudeln vereinigt, greifen sie selbst große Walfische an. 
Nahe verwandt ist Psktdorca Reinh., gleichfalls von universeller Ver- 
breitung, aber überall selten. Globicephaus Lesson. Im Gegensatz zu 
Orca und Pseudorca sind die *-~\\ Zähne auf die vordere Hälfte der 
Kiefer beschränkt. Von verschiedenen Arten tritt nur Gl. melm Traill 
an den europäischen Küsten auf. Ausgezeichnet durch langgestreckte 
Brustflossen mit der grösten Zahl von Phalangen, die vorkommt, und zwar 
im 2. Finger bis 13, im 3. bis 9 Phalangen. Wird auf Island und den 
Faer Oer vielfach gejagt. — Orcklla Gray. Kleine Phocaena-artige Tiere 
m 't H —\\ kleinen Zähnen. O. brevirostris Owen aus dem Golfe von 
Bengalen und den Küsteugewässern weiter östlich. O. fiumittalis Anders, 
ist wohl nur eine Rasse, die ausschließlich in den großen Flüssen dieses 
Gebietes, auch in Borneo, weit von dem Meere entfernt, lebt. Grampus 
Gray, nur mit Zähnen im Unterkiefer im Bereich der Symphyse. G.grist'us 
Cuv. Universell verbreitet. 

Lagenorhynchts Gray, *| Zähne: mit Pterygoidea, die sich in 
der Medianlinie berühren. Zahlreiche Arten in allen Meeren von denen 
im Nord-Atlantik L. albirostris Gray die bekannteste ist. Bildet einen 
Uebergang von den bisher genannten Geschlechtern, mit rundlichem Kopfe, 
ohne eigentlichen Schnabel, zu den nachfolgenden, die alle einen ver- 
längerten Schnabel haben, der sich deutlich durch eine T'-förmige Furche 
vom übrigen Kopfe absetzt. Delphini'S L. Schnabel lang mit \\~*\ 
kleinen, scharfen Zähnen, Gaumenfläche jederseits mit tiefer Furche. Ptery- 
goidea berühren sich, Symphyse kurz. D. delphis L. Schon von alters 
her vom Mittelmeer bekannt und besungen; hat von den bekannten Arten 
die weiteste Verbreitung. Prodklphini's Gerv. Im Aeußeren Delphiuns 
gleichend, unterscheidet sich durch fehlende Oanmenfurchen. Zahlreiche, 
wenig bekannte Arten namentlich in tropischen und südlichen Meeren. 
Tl'Rsiops Gerv. mit mir Zähnen, dementsprechend kurzem Schnabel, 

langen, sichelförmigen Flossen. In europäischen Meeren: T. tursio Fabr. 
— Stkso Gray. Unterscheidet sich sofort durch die runzelige Krone der 
jo-2 7 ^ anne " nfl f ' ie l an H« Symphyse. Im Indik und Süd-Atlantik. 

Vorgeschichte der Cetaceen. 

Mit den im vorhergehenden charakterisierten, ausnahmslos karni- 
voren Cetaceen wurden früher die Sirenia als herbivore Cetaceen vereinigt. 
Wir wissen aber jetzt, daß diese Vereinigung unbegründet ist. Die Sirenia 
bilden eine unabhängige Ordnung. *lie sehr deutliche Beziehungen zu Cngu- 
laten hat. Die rebereinstimmungen mit Cetaceen sind teils konvergenter 
Art, als Resultat des Lebens im Wasser, teils solche, wie sie in mancher 
Hinsicht primitiveren Säugern überhaupt eigen sind. 

Cebrigens sind die Cetaceen durch das Wasserleben viel ein- 
seitiger verändert. Trotzdem läßt sich aus dem häutig nur embryonalen Auf- 
treten von Haaren ausschließlich auf dem Kopfe, die als Sinushaare gerade 
die komplizierteste Sorte sind, schließen, daß die Vorfahren behaart waren. 
Deren Hautdrüsen bildeten sich gleichfalls zurück, bis auf die acinösen 



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Ccliioca. Vorgeschichte 



581 



Konjunktivaldrüsen; denn die Conjunctiva ist doch nur ein Stück ein- 
gestülpter Hautdecke. Trotz aller Spezialisierung ist der Milchdrüsen- 
apparat der eines Monodelphen. Die Ohrmuskeln, - obwohl eine äußere 
Ohrmuschel fehlt — , die Reste hinterer Gliedmaßen, die Andeutung 
früherer Heterodontie und besserer Entwickelung des Kauapparates sind 
lauter Punkte, die beweisen, daß die Cetaceen durch das Wasserleben ab- 
geänderte Nachkommen sind von Säugetieren, die Haare, Hautdrüsen, 
Zitzen, äußere Ohren, vier Extremitäten hatten, somit Landtiere waren. 
Denn Haare. Hautdrüsen, Zitzen, äußere Ohren u. s. w. konnten sich nicht 
bei aquatilen Tieren entwickeln. Im Gegenteil, diese Lebensweise konnte 
nur rückbildend auf diese Organe einwirken. Damit ist die Ansicht wider- 
legt, welche die Cetaceen von aquatilen Promamraalia oder gar von Enalio- 
saurier-artigen Tieren herleiten wollte. 

Ebenso unrichtig ist die Ansicht, daß sie Promammalia überhaupt 
geradlinig entstammen sollten. Der Bau der Milchdrüsen und Zitzen, der 
männliche und weibliche Geschlechtsapparat, das Gehirn, der Larynx, die 
Placenta weisen ihnen ohne Zweifel nicht nur eine Stellung unter den 
Monodelphia an. sondern sprechen auch dafür, daß sie von Säugetieren 
sich herleiten, die bereits Monodelphia waren. Allerdings müssen diese 
Vorfahren weit zurückliegen. Die ursprünglichen Charaktere der Cetaceen, 
die sich mit Mühe aus känogenetischen, durch Anpassungen erworbenen 
Charakteren herausschälen lassen, deuten ja einerseits auf primitive Carnivora, 
andererseits auf Ungulata hin. Zweifelsohne waren lange Zeiträume nötig, 
den Körper so zu verändern und an die neue Lebensweise so vollständig 
anzupassen, wie das tatsächlich geschehen ist. 

Welches Licht werfen die zahlreichen Reste fossiler Cetaceen auf 
unsere Frage V Von diesen verdient in erster Linie + Zeu(Jlodon Owen 
Beachtung. Daß dieses Genus, daß im Eocän offenbar universelle Ver- 
breitung hatte, in die Vorfahrenreihe der Cetaceen gehöre, wird jetzt wohl 
nicht mehr bezweifelt. Um so interessanter ist es daher, daß die ver- 
schiedenen Arten desselben, von denen namentlich +Z, ceioides Ow. aus 
Nord-Amerika in guter Erhaltung bekannt ist, ein heterodontes Gebiß 
hatte, wie folgt: Ii] C} P f M •' *; I und C sind ein wurzelig mit spitzer 
Krone. Dahinter liegen seitlich komprimierte, zwei wurzelige Zähne mit 
scharfer, mehrzackiger Krone. Die Nasenlöcher, auf die Mitte des Rostruin 
verschoben, wurden von den langen Nasalia überdacht. Der Hache Schädel 
hatte Occipital- und Sagittalkamm, tiefe Temporalgruben. ein Frontale mit 
flacher Supraorbitalplatte. welche aber vom Maxillare nicht überdeckt wurde. 
Das Parietale schob sich zwischen Frontale und Supraoccipitale: der Con- 
dvlus occipitalis sprang vor. Die Halswirbel waren von normaler Länge. 
Der Humerus war verlängert, mit Gelenkfurchen am distalen Ende, ein 
verknöcherter Hautpanzer war vorhanden. 

Die Herkunft der +Zeuglodontidae. die auch als * Archaeoceti 
den übrigen Cetaceen gegenüber gestellt werden, liegt noch im Dunkel. 
Der Bau der recenten Cetaceen, der sich eben vollständiger erkennen läßt, 
weist aber auf primitive Condvlarthra. Dort wäre somit auch der Aus- 
gangspunkt der Zeuglodontidae. die sich bereits an das Lehen im Wasser 
angepaßt hatten, zu suchen. Es leidet doch keinen Zweifel, daß wir 
Zeuglodonartige Tiere in den Stammbaum, jedenfalls der Odontoceten auf- 
zunehmen haben. Es wird damit angenommen, daß die Verlagerung der 
äußeren Nasenlöcher, die bereits bei Zeuglodon anhob, weiter fortschritt, 
damit trat Verkürzung der Nasalia. sowie auch des dorsalen Teiles der 



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XII. Ordnung: CcUicca. 



Frontalia und Parietalia ein. Letztere bilden seihst noch bei den recenten 
Phocaeninae ein schmales Band zwischen Frontalia und Supraoccipitale. 
Hand in Hand hiermit bildete sich die schnabelförmige Verlängerung des 
Schädels, die Zeuglodon bereits hatte, mehr aus. Damit nahm die Zahl 
der Zähne zu. die aber gleichzeitig einfacher wurden, teilweise rudimentär: 
das (iebiü wurde somit monophyodont. Die Kaufunktion ging zurück, 
damit schwand der Sagittal- und Oecipitalkamm unter Rückbildung des 
Musculus masseter und temporalis: damit wurde auch die Temporalgrube 
untiefer und kleiner, ging der Processus coronoideus zurück, schwand 
der aufsteigende Ast des Unterkiefers und verlagerte sich der (iclenk- 
höcker in die Flucht desselben. Die Halswirbel verkürzten sich, ver- 
schmolzen endlich: die Hippen verloren mehr und mehr ihre Artikulation 
am Wirbelkörper: der Humerus wurde kürzer, verlor seine kubitale Arti- 
kulation. Damit gingen die Armmuskeln zurück, somit auch die Muskel- 
furchen am distalen Ende des Humerus. 

Diese ..cetoiden" Veränderungen zeigt bereits der mioeäne + Squaloi>on 
(Irateloup. Den vertikalen Nasenkanälen mit ihren ganz nach hinten ver- 
schobenen äußeren Nasenlöchern und dementsprechend verkümmerten Nasalia 
nach ist er bereits ein echter Odontocete. In der Ausbildung der Parietalia, 
mehr noch in den Zähnen, nähert er sich Zeuglodon. Im<ichiß V\ C\ P{ Mf 
sind die Antemolaren einwurzelig und konisch, nur die 7 M sind noch 
mehrwurzelig und haben eine Krone, die den vorderen vereinfachten Backen- 
zähnen von Zeuglodon gleichen. Die Kluft zwischen Zeuglodon und 
Squalodon wird geringer durch den im Miocän Argentiniens neuentdeckten 
+ Prosqualodon Lyd. mit PJ M*— ": die cetoide Neigung zur Vermehrung 
des Gebisses ist hier also noch anfänglicher als bei Squalodon. Sie tritt 
bereits hei + Zeuglodon osiris Dantes, aus dem Eocän Aegyptens, deutlich 
auf mit I;}C{PJM|. gleichzeitig mit Vereinfachung des unteren ersten 
Backenzahnes, der bereits eiuwurzelig ist, was bei Prosqualodon und 
Squalodon bei den 4 ersten der Fall i>t. In der besseren Ausbildung 
der Nasalia. welche die Nasenlöcher noch überdachen, bildet Prosqualodon 
gleichfalls einen Uebergang von Zeuglodon zu Squalodon. 

Historisch treten nach diesen f Squalodoxtwae Odontoceten auf, 
die man den Platanistidac zurechnet: daneben erscheinen im Plioeän Del- 
phinidae und Physeteridae als am meisten spezialisierte Formen. Welcher 
Art der Zusammenhang dieser jfinger-tertiären und recenten Odontoceten 
mit den Squalodontidac ist. ist noch dunkel. Zweifelsohne ist es kein durch- 
aus geradliniger. Die Verschiedenheit der (iruppen, in denen sich die 
verschiedenen recenten Odontoceten zusammenfassen lassen, weist auf Ahnen, 
die jedenfalls am Ende des Miocän. wo nicht früher, bereits geschieden waren. 
Dies wird beleuchtet durch ■ Aroyrocetus Lyd. aus dem Tertiär Argen- 
tiniens, der bezüglich der Kondylcn des Hinterhauptes, bezüglich der Parie- 
talia den Squalodonten sich anschlielit. aber durch die Nasalia, die quadratisch 
sind und die Nasenlöcher überdachen, primitiver ist als diese. Hinsicht- 
lich der homodonten Zähne aber, deren Zahl in einer Kieferhälfte ungefähr 
50 betrug JLydekkerJ, leitet er zu den jüngeren Odontoceti hin, und zwar 
zu den Platanistidae. Ebendahin leitet + Pontoplanodes argentinus Bur- 
meister aus dem Miocän von Argentinien, dessen (iebiü noch weniger 
polyodont ist und nach Abel, den Zahnwurzeln nach zu urteilen, nur 
erst pseudohomodont war: auch durch den langen schmalen Schnabel 
und die enorm lange Symphyse wie bei Platanista. Diese Mischung von 



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Cetacea, Vorgeschichte. 



f>S3 



Merkmalen recenter Odon- 
toceten mit solchen von 
Squalodon und anderen, 
die noch primitiver sind, 
verbietet es einer neuer- 
dings vorgeschlagenen Ver- 
teilung der Odontoccti in: 
Archaeoceti mit den Zeu- 
glodontidae; Mesoccti mit 
den Squalodontidae und 
Euodontoceti mit den üb- 
rigen Odontoceti zu folgen. 

Die Merkmale, derer 
man sich bei der (^Voll- 
ständigkeit der bisher vor- 
liegende Reste bedienen 
kann, sind zu unregelmäßig 
verteilt, als daß sie oben- 
stehende Dreiteilung ge- 
statten. Das Auftreten 
dieser genannten Merk- 
male legt nebenstehende 
tabellarische rehersieht 
dar. 

(iegenfiber den be- 
rechtigten + Archaeoceti 
lassen sich daher nur als 
gleichwertige (iruppe die 
ODONTOCETiaufstellen.Ihr 
werden untergeordnet die 
+ Squalodontidae, + Ar- 

GYROCETIDAE UH(I die 

weiteren Familien, die in 

unserer tabellarischen 
Uebersicht der rccciiten 
Odontoceti genannt wurden 
und in welche sicli die 
wirklich erkennbaren fos- 
silen Reste einreihen lassen. 

Der Mystacoceti 
geschah bisher nicht Er- 
wähnung. 

Rezüglich ihrer Phylo- 
genese erhebt sich zunächst 
die schwierige Frage, ob 
Mystacoceti und Odon- 
toceti monophyletisehen 
Ursprungs sind und sicli 
nur frühzeitig trennten, 
um weiterhin eigene Wege 
zu gehen mit verschie- 



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XII. Ordnung: Otocea. 



dener Ernährungsweise, die ihre tiefgehende Differenz erklärt: oder 
aber ob sie. wie Kükenthal will, diphyletischen Ursprungs sind und 
nur Konvergenz Aehnlichkeit schuf. Zu dem Zwecke muß man trachten, 
sie ihrer konvergenten Merkmale zu entkleiden und den Kern altererbter 
Eigenschaften herauszuschälen. Aber auch die konvergenten Merkmale 
verdienen alle Beachtung. Wenn auch adaptiver Natur, wird doch die 
Richtung und das Maß des Einflusses gleicher Lebensweise bedingt durch 
den Bau des Köri>ers. auf den dieser Einfluß sich geltend macht. Das 
Wasserleben hat aus Pinnipedia, aus Sirenia ganz andere Wesen gemacht 
als aus Cetacea, eben weil der Körperbau der auf dem Lande lebenden Vor- 
fahren ein anderer war. Allerdings ist für einzelne Organe der Einfluß ein 
gleichartiger: in zahlreichen anderen aber ungleichartig. Für Odontoceti 
und Mystacoceti ist diese Ungleichartigkeit aber weit geringer. Nun haben 
zwar nur die Cetaceen sich von den Küsten ganz frei gemacht, um im 
Wasser zu leben, sich fortzupflanzen, Junge zu werfen und zu sterben, 
während die übrigen wasserlebenden Säuger immerhin mehr amphibiotisch 
an die Küste gebunden bleiben: man könnte somit die Konvergenz eine 
tiefgehendere, größere Aehnlichkeit hervorrufende nennen. Mir will aber 
scheinen, daß nur auf Basis blutsverwandten Baues eine Gleichartigkeit 
erzielt werden konnte, wie sie die nachfolgenden Organe, auch in ihrer 
durch das Wasserleben geänderten Form darbieten im Gegensatz zu allen 
übrigen Säugern. 

Ich nenne nur den Magen in seiner beschriebenen Dreiteilung: die Lage 
derTestikel infolge rückgängigen Descensus: den Bau des Gehirns: den Bau 
des Milchdrüsenapparates; die Aenderung der vorderen Extremitäten: das 
Vorkommen von Konjunktivaldrüsen : das Verhalten der mittleren Ohrsphäre. 
Es will mir nicht annehmlich erscheinen, daß diese Spezialisierungen zwei- 
mal in gleicher Weise eingetreten sein sollten auf nicht blutsverwandter 
Basis. Wohl aber bin ich mit Kükenthal der Meinung, daß die Trennung 
der Odontoceti und Mystacoceti eine tiefe ist und von langer Dauer. Leider 
wirft bisher die Paläontologie kein Licht auf diese Frage. Die ältesten 
Mystacoceti, die wir so kennen, daß aus ihnen etwas zu lernen ist. akzen- 
tuieren eben nur noch mehr als die heutigen Balaenopteridae die Punkte 
in denen eben die Mystacoceti überhaupt primitiver sind: die schräg ver- 
laufenden Xasenkanälc. damit längere, horizontale, die Nasenlöcher über- 
dachende Nasalia: größere Länge des Frontale und Parietale in seinem 
dorsalen Teil: getrennte Halswirbel mit verlängertem Zentrum, längeren 
Humerus. 

+ Plesiocetus P. .1. v. Beued.. ein Mystacoeete aus dem Miocän und 
Pliocän. ist in diesen Punkten primitiver, nähert sich auch darin Zeimlodon. 
aber doch nur insofern, als dies eben Annäherungen sind an einen terrestren 
Vorfahren, welcher Art sein Bau auch war. Die Barten können erst nur 
klein gewesen sein. Der Balaenopteriden-Charakter nimmt zu beim inio- 
cänen • Cetotherium Brandt und plioeänen +Herpetocetus v. Bened. 
All diese Tiere, mehr noch jüngere Beste von Balaenopteriden und Balae- 
niden. sind eben, soweit sie sich beurteilen lassen. Mystacoceti. Sie werden 
sich daher sehr früh abgezweigt haben von Tieren, die vermutlich dein 
Zeuglodon nahe standen, und aus denen sich auch die Odontoceti ent- 
wickelten. 



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Ungulata. 



585 



Ungulata. 

Unter dem allgemeinen Nanicn Ungulata faßt man in der recenten 
Fauna eine große Zahl von herbivoren. seltener Omnivoren, placentalen, 
monodelphen Säugetieren zusammen, zu denen die größten Landtiere zählen. 
Trotz ihres verschiedenen Baues stimmen sie zunächst darin überein, 
daß der meist beträchtlich große Körper in der Regel durch hohe Ex- 
tremitäten getragen wird, die ausschließlich zur schnellen Fortbewegung 
auf dem Boden eingerichtet sind und Klettern, (iraben und (Jreifen aus- 
schließen. Zu dem Zwecke wurden, zur Erzielung langer Hebelarme, die 
ursprünglich plantigradcn (Jliedmaßon der Vorfahren derartig aufgerichtet, 
daß sie digitigrad, endlich unguligrad wurden. Hierbei verlängerten sich 
die peripheren Teile der Extremitäten, während die Zehenzahl meist re- 
duziert wurde, wobei aber ein, respektive zwei der mittleren Digiti auf 
Kosten der anderen erstarkten und ausschließlich oder hauptsächlich das 
Gewicht des Körpers tragen. 

Besonders charakteristisch ist. daß. im Gegensatz zu den übrigen 
Säugern die terminalen Phalangen spateiförmig bis dreikantig verbreitert 
sind und statt einer Kralle (Unguiculal, eine Klaue oder einen Huf 
(Ungula) tragen. 

Dies sehr auffällige Gebilde, das von jeher bei systematischer Be- 
trachtung Berücksichtigung fand, ist aus der Kralle herzuleiten (p. 15). 
So ist denn auch zu erwarten, daß es erstens Formen gibt, die wir 
anderer Gründe wegen bereits dem Ungulatenstamm zurechnen müssen, ob- 
wohl sie noch unguikulat sind. Sie stehen der Wurzel dieses Stammes 
noch nahe, wie manche Condylarthra. Typothcriidae und Agriochoerus. 
Zweitens, daß es zwischen ungulaten und unguikulaten Nagelphalangen 
Ucbergftnge gibt, die also genetischer Art sind. Sic gaben Anlaß zum 
Terminus „subungulat". der denn auch wohl, nicht immer glücklich, syste- 
matisch verwendet wurde, z. B. zur Bezeichnung der Hyracoidea und 
Proboscidea. wöhrend doch weit eher die Klauen der Camelidae ein Mittel- 
ding sind zwischen Kralle und Huf. Endlich ist die Möglichkeit nicht zu 
leugnen, daß die Nagelbekleidung eines übrigens echt ungulaten Tieres 
durch tahensgewohnheit, Art des Gebrauches der Extremitäten die reine 
Krallenform behielt oder diese sekundär, etwa aus subungulaten Nageln, 
wieder hervorbildete. Hierbei denken wir an die + Chalicothcriidae, die 
ihrer echten Krallen wegen — begreiflich genug anfänglich den Ma- 
nidac nahegerückt wurden. 

Der Name subungulat wird aber auch rein deskriptiv gebraucht, selbst 
zu systematischer Gruppierung verwendet, z. B. bei Rodentia (Caviidae 
p. 515) in Fällen, wo es sich um Uebergänge zwischen Krallen und Hufen 
handelt, die jedoch nicht genetischer, sondern nur funktioneller Art sind. 
Fälle also, in denen die Nagelbekleidung eines Tieres, das unzweifelhaft in 
den unguikulaten Formenkreis gehört, funktionell hufartig wird. 

Aus alledem erhellt, daß kein übertriebenes (iewieht auf den Unter- 
schied zwischen Huf und Kralle gelegt werden darf. Die systematische 
Verteilung der Monodelphia in Unguiculata und Ungulata gab eben durch 
diese Namengebung Anlaß hierzu. Die Unterschiede beider großen Ab- 
teilungen sind zwar bedeutende, aber keine radikalen und beruhen nicht 
ausschließlich auf dem Bau der Nagelphalangen. Am selben Fuß können 



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f>SK 



l'ngulata. 



beide Nagelformen vorkommen (Procavia); häufiger wenn derselbe sub- 
ungulat ist oder gar Plattnägel trägt (Lemuriden z. Ii.). 

Unzweifelhaft waren (He Vorfahren der l'ngulata plantigrade Tiere 
mit Sölden- und Zehenballen auf der Sohlenfläche. Der Neigung zu seit- 
licher Verbreiterung und dorso-ventraler Abplattung der Nagelphalanx 
entspricht der abgeflachte, halbmondförmige Nagel mit geringer Wölbung 
von rechts nach links, etwa wie ihn die Hyracoidea und Elephanten zeigen. 
Bei Aufrichtung der Extremität kamen die Sohlenballen außer Kontakt 
mit dein Boden; nicht so die Zehenballen. Hatte auffallende Zunahme 
des Körpergewichtes statt, so verschmolzen letztere, wenigstens hinten, zu 
einer elastischen, mit weichem Horn bedeckten Sohlentiäche. Deren 
Elastizität wird erhöht durch ein umfangreiches bindegewebiges Kissen, 
auf dem gleichzeitig die Ventraltläche der mehr oder weniger steil auf- 
gerichteten Digiti ruht, die damit funktionell unguli-plantigrad oder digiti- 
plantigrad sich verhalten (Elephant. Kamele, Rhinoceros). 

In der Mehrzahl der Fälle genügte aber eine beschränktere Sohlen- 
fläche. Dem entsprach die Tendenz der Zehenballen, in das Sohlenhorn 
einzudringen. Letzteres ist durchaus ventral gelagert (s. p. lf>) und wird 
in verschiedenem Maße umfaßt von der Hornplatte des Hufes, die mit 
vorderer Wölbung der Dorsalttäche der Nagelphalanx aufliegt. 

Als weitere Merkmale des Ungulatenstammes gilt, daß die Clavicula 
fehlt; denn unter recenten Ungulaten ist bisher nur eine ganz vorüber- 
gehende Anlage derselben beim Schaf beobachtet [Wiricza], während sie unter 
Fossilen nur von +Mesoreodon und den +Typotheriidae bekannt ist, doch 
dürfte sie auch noch bei anderen primitiven Arten gefunden werden. 
Scaphoid und Lunatum sind niemals verschmolzen. Die typische Zahl der 
Zähne, die stets eine Schmelzbedeckung haben, ist: I :| C } P | M !{ • I, 
0 und P können aber zum Teil rudimentär werden oder fehlen, stets 
aber ist das (iebiß heterodont. diphyodont und für herbivore Diät ein- 
gerichtet. 

Die zahlreichen recenten Formen lassen sich in wohlcharakterisiertc 
(iruppen zusammenfassen. Zieht man aber die ausgestorbenen hinzu, die 
uns stets vollständiger in überwältigender Masse bekannt werden, so werden 
teils diese unterscheidenden Charaktere durch Mittelformen überbrückt, 
teils erscheinen uns neue (iruppen. die. ohne Nachkommen zu hinterlassen, 
verschwanden. Alle diese Reihen konvergieren aber nach dem Eocän zu 
und führen uns zu kleinen Tieren hin, die entweder den Condylarthra 
angehörten oder ihnen näher oder entfernter verwandt waren. 

Der taxonomische Begriff Conoylakthua rührt von Cope her, der 
ihn aber selbst bald enger, bald weiter faßte. Schließlich so weit, daß er 
sämtliche Monodelphia, höchstens mit Ausnahme der Cetaeea. aus ihnen 
herleitete. Dies ist heute nicht mehr aufrecht zu erhalten. Selbst von 
den Ungulaten dürfte nur ein Teil von den Condylarthra, wie sie jetzt 
aufzufassen sind (s. u.). abzuleiten sein. Für andere liegt die Wurzel tiefer 
bei kretaeeischen, trituberkulaten Creodonta. Aus diesen gingen jedoch 
auch die Condylarthra hervor, so daß wir aus den primitiven Creodonta 
einen Cngulatenzweig heraustreten lassen dürfen, der sich weiter ver- 
ästelte. Dieser entspräche dann den Protungulata oder Crungulata, wie 
sie bereits Kowalewski in ideeller Konzeption vorschwebten, wie sie teil- 
weise in Coj>e's Condylarthra. in Marshs Protungulata. in den ..Huftieren 
mit primitiver Organisation" Schlossers eine greifbare Form annahmen. 



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Ctigulata. 



f)K7 



Diese Protunoulata mußten noch verschiedene kreodonte Merkmale 
l»ewahrt hahen. Sie lassen sieh auch mit Berücksichtigung der neuesten Auf- 
fassungen von Osborn. Matthew u. A. folgendermaßen definieren. 

Es waren kleine Tiere mit äußerst kleinem (ichirn, dementsprechend 
kleinem, niedrigem Hirnschädel mit Sagittalkamm : langen Nasalia, welche 
die endständigen Nasenlöcher durchaus überdachten und hinten verbreitert, 
wenigstens bis in die Nähe derOrbitae reichten. Maxillare gestreckt, niedrig: 
Intermaxillare groß; Orbita in weitester Kommunikation mit der Temporal- 
grube; Mastoid deutlich zutage tretend: Alisphenoidkanal fehlt: Schädel nicht 
pneumatisiert. Mandibula ohne vorspringenden Angulus, mit rundem Con- 
dylus. 20— 21 tlioraco-lumbale Wirbel. Ilumerus mit Foramen entepicon- 
dyloideum. mit starken Muskelleisten, breiten, aber untiefen Condyli: Radius 
und Tina getrennt. Carpus mit Os centrale: kleinem Trapezoid und Capi- 
tatum. Feinur mit Trorhanter tertius: Tibia und Fibula getrennt: letztere 
artikuliert mit Talus, kaum oder nicht mit Caleaneus. Talus mit Gelenk- 
kopf für Naviculare und mit deutlichem Hals. ( lelenktläche des Talus für 
die Tibia beschränkt, hinten mit einem Loch (Foramen talii. Oberhalb 
des Entocuneiforme ein Tibiale tarsi (V). Pentadaktyl; Nagelphalangen nur 
erst wenig verbreitert; plantigrad, höchstens semiplantigrad. Zahnreihe ge- 
schlossen Ilj C} P|M$ — 44 Zähne, kurzkronig, C klein, P einfach. M oben 
trituberkular. unten tuberkulo-sektorial. 

Die ursprüngliche Auffassung nahm an, das die Elemente von Car- 
pus und Tarsus serial angeordnet seien, wie folgendes Schema angibt, wobei 
die senkrechten Striche die vertikalen Ciclenkspaltcn andeuten: 

iScaphoitl Lunatum | Triquetnim 

Trapc/.iuni | Trapezoid ! Capitatum ! Haniatiim 
Digitus I Digitus II , Digitus III ; Digitus IV | Digitus V 

Hiergegen hat Matthew neuerdings eingewendet, daß Hand und Fuß der 
«•oeänen Ocodonta nicht serial waren, sondern daß deren Elemente alter- 
nierten. Leiten wir die Protungulata von Creodonta ab. so kann ihre Fuß- 
struktur somit ursprünglich keine seriale sein. Es sei denn, daß man 
rekurrieren wolle auf eine unbekannte Stammform mit serialer Anordnung. 
Die Struktur des Hinterfußes macht diese Annahme nicht unwahrschein- 
lich; für die Hand muß alicr angenommen werden, daß die seriale An- 
ordnung eine sekundär erworbene ist. 

Wie dem auch sei, für die Stammformen der Mehrzahl der Cngu- 
laten dürfen wir die oben am Carpus illustrierte seriale Anordnung als 
Ausgangspunkt annehmen. Hei der bereits angedeuteten Aufrichtung von 
Hand und Fuß. schließlich auf die Nagelphalanx, auf dem Wege von der 
Plantigradie. durch die Digitigradie zur Cnguligradic, bei gleichzeitiger 
Streckung der ersten und zweiten Phalanx der Mittelfinger, werden die 
Seitenringer vom Boden abgehoben, sie kommen außer Funktion und atro- 
phieren in verschiedenem (irade. Infolge der Aenderung der Richtung, 
in welcher jetzt Druck und Zug auf Carpus und Tarsus einwirken, 



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588 



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Ungulata. 



tritt gleichzeitig eine Verlagerung ihrer Elemente ein. Metacarpus und 
Metatarsus II und III erhalten hierbei laterale Hilfsfacetten zur Artikulation 
mit den mehr lateral gelegenen Elementen der distalen Reihe der Carpalia 



phoid, Lunatum. Triquetrum, Capitatum und Hamatum bilden ein Fünfeck. 
Trapezium, L, II. und V. Finger haben Neigung zu Reduktion oder 
totalem Schwunde. Diese Verschiebungen im Carpus stellt das folgende 
Schema dar. 

Scaphoid Lunatum | Tri<|uetrum 

Trapezium | Trapezoid | Capitatum | Hamatum ■< 

(Digitus I) Digitus II | Digitus III | Digitus IV | (Digitus V) ► 

Bereits vor Jahren (1859) wies Bergmann auf den Nutzen der An- 
ordnung in der Hand- und Fußwurzel, wobei ein Knochen der distalen 
Reihe der proximalen sich anschließt mit 2 Flächen, die in stumpfem 
Winkel sich vereinigen und dann vice versa einer (lelenkfuge gegenüber- 
stehen. Sicherung gegen Dislokation wirtl hierdurch erzielt, zugleich aber 
bei der Funktion transversale Spannung der Bänder. Hierdurch wirkt der 
Carpus und Tarsus elastisch und stoßmindernd zwischen Propodium und 
Metapodium. 

Die serialc Anordnung nannte Cope taxcopod: sie findet sich unter 
recenten Ungulaten bei Hyracoidea und Proboscidea ( vergl. Fig. 427 > Ihr 
gegenüber steht die Diplarthrie. Sie äußert sich im Fuß in der Arti- 
kulation des Talus mit dem Naviculare und mit dem Cuboid, während 
bei Taxeopodie der Talus nur mit dem Naviculare. das Cuboid nur mit dem 
Calcaneus gelenkt. 

Weiteres über die Fußstruktur soll bei den einzelnen Ordnungen 
der Ungulaten zur Sprache kommen. Ueber diese gibt die Tabelle auf 
p. 588 *9 eine Uebersicht. 




und Tarsalia. Diese hinwie- 
derum erhalten teilweise me- 
dial gelegene (ielenkflächen 
für die Artikulation mit den 
mehr medial gelegenen Ele- 
menten der proximalen Reihe. 
Mit anderen Worten: die 
distale Reihe des Carpus er- 
scheint nach innen verschoben, 
während die Metacarpalia nicht 
vollständig: mit wanderten. Sca- 



Fig. 427. Skizzen der 
Hand von Ungulaten; nach H. 
F. Osborn; zur Demonstration 
der durch die Pfeile angedeuteten 
Richtung der Verschiebung im 
Carpua und Metacarpus. j Sca- 
phoid ; 4 Lunatum ; s Triquetrum ; 
6 Centrale; 7 Trapezium; & Trape- 
zoid; y Capitatum; 10 Hamatum. 



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Ungulata. Diplarthra. 



Öill 



Stamm der Diplarthra Cope. 

(Ungulata vera). 

Die echten Huftiere im engeren Sinne mit reduzierter Fingerzahl 
und mit der Anordnung des Carpus und Tarsus, die auf voriger Seite 
als Diplarthrie beschrieben wurde, bevölkern in großer Zahl unsere 
heutige Erde und sind zweifelsohne für die menschliche Gesellschaft jlie 
wichtigsten Tiere. 

Sie entsprechen den Ruminants und Pachyderms (i. Cuviers, der aber 
letzteren Procavia (Hvrax) und die Elefanten zuzählte. 

Unsere heutige Verteilung derselben beruht auf «1er Fußstruktur. 
Entweder geht die Achse der Extremität durch die Mittellinie des III. Fingers. 



Fig. 428. Diagramm der Knochen 
der rechten Hand A eines Perisso- 
daktylcn (Pferd), B eines Artindak- 
tylcn (Rind). Die schattierten Teile 
sind diejenigen, die sich von der ur- 
sprünglich itlnffingerigen Hand in 
der definitiven erhalten. Nach Flower. 
s Kcaphoid; / Lunatum; f Triquetrum; 
/ unter td Trapezium; ui Trapczoid; 
C Capitata tu; h Hamatum. Die Ex- 
tremitätenachse ist durch die dicke 
Linie dargestellt. 





und eine Sagittalebene durch dieselbe gelegt, teilt den Finger in zwei kon- 
gruente Hälften: die Extremität ist somit mesaxon. Oder aber die Achse 
fällt zwischen den III. und IV. Finger, die Extremität ist demnach paraxon. 

Die Paraxonia haben fast stets eine paarige Anzahl Finger, stets ruht 
das Körpergewicht, wenigstens in der Hauptsache, auf den gleich starken 
III. und IV. Fingern. Sie heißen darum auch Paridigitata oder Artiodactyla. 
Hei den Mesaxonia dagegen ruht das Körpergewicht ausschließlich oder 
wenigstens überwiegend auf dem III. Finger. Dieser kann der einzig ent- 
wickelte sein. Ist die Reduktion nicht so weit gegangen, so ist der III. 
wenigstens der kräftigste und ist die Zehenzahl mindestens am Hinterfuß 
eine unpaarige. Daher heißen die Mesaxonia gewöhnlich Imparidigitata 
oder Perissodactyla. 

Zweifelsohne hatten Perisso- und Artiodactyla fünftingerige Vorfahren. 
Mit großer Wahrscheinlichkeit gehörten diese den Condylarthra an und 
zwar vermutlich so, daß bereits unter diesen der perissodaktyle bezgl. 



592 



Ungulata: Diplarthra. 



artiodaktyle Vorfahre gesondert war. Ist dies der Fall, so ist die Zu- 
sammenfassung beider großen Gruppen zu dem Stamme der Diplarthra 
eine künstliche; man müßte denn annehmen, daß beider Vorfahren bereits 
diplarthra! waren. Wie dem auch sei. die Scheidung der Perissodactyla 
und Artiodactyla hat bereits im EocÄn Platz gegriffen. Trotzdem äußert 
sich die Verwandtschaft der recentcn Formen in folgenden Charakteren: 

Ulna und Fibula sind unvollständig; Carpalia und Tarsalia sind nicht 
serial angeordnet; das Scaphoid artikuliert mit dem Capitatum, Centrale 
carpi und Clavicula fehlt. Am Gehirn, das makrosmatisch ist, haben die 
großen Hemisphären eine Fissura Sylvii, die von wenigstens drei bogigen 
Windungen unigeben wird. Die Fisstira coronalis und praesylvii ist vor- 
handen, eine Fissura crucialis fehlt Analdrüsen fehlen; desgleichen ein 
Os penis. Die Testes liegen subintegumental und meist in einem Scrotum. 
Die Placenta ist adeciduat, polykotyledon oder diffus. 




Fig. 421). Tuberkulo-seklorialer unterer Molar (A), oberer Molar <C\; heule i 1 » 
gegenseitiger Ijige (ß>. Die primitive Triangel oder vordere Partie der Krone trägt 
oben (Trigon): ProUieonua ipr), Paraconu* (/v») t Metaconua |m|; zwischen und fxt- 
Protoconulu*: zwineben pr und m : Metaconulu*; die hintere Partie der Krone oder der 
Talon hat den Hypoeonus tA). Unten trägt die Triangel (Trigonid): Protnconid (f>rJ\, 
Paraeonid </W), Metaconid (md); da» dahinter liegende Talon id von außen nach 
innen: Hypoconid. Hypocooulid und Kntoconid; nach II. F. Oftborn. 

Ausführlichere Besprechung erheischt das Gebiß im Hinblick auf die 
überwältigend große Zahl fossiler Formen. Sie fordern in erster Linie 
Detailstudium der Backenzähne und dafür eine Nomenklatur, die sich er- 
hebt über die frühere Methode der Beschreibung der Zahnform einer ein- 
zelnen Gruppe ohne Vergleichung mit entfernter stehenden. Empfehlung 
verdient daher die Methode von Cojie. Osborn. Scott, Schlosser u. A., die 
das phylogenetische Element in die Odontographie trug. Sie kam schon 
früher bei allgemeinen Fragen des Gebisses zur Sprache. Ihre Anwendung 
auf die Tngulata diplarthra muß hier Platz finden, wobei wir abermals 
in erster Linie der lichtvollen Darstellung Osborns folgen. Sie geht aus 
vom trituberkularen Zahn, dessen drei Höcker: Proto-. Meta- und Para- 
conus oben eine nach außen offene Triangel < Trigon i und damit den 
trigonodonten Zahn bilden Is. obenstehende Figur». Dieser schneidende, 
sekodonte Zahn entwickelt jetzt den Talon als hintere Portion der Zahn- 
krone. Auf diesem erhebt sich in den oberen Molaren der Hvpoconus. 



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Ungtilau: Diplarthr». 



593 



In den unteren besteht die noch immer offene Triangel (Trigonid) aus 
Protoconid, Paraconid und Metaconid: auf dem Talonid entsteht Hypo- 
und Entoconid sowie Hypoconulid. Da ferner die oberen Molaren zwischen 
Meta- und Protoconus, sowie zwischen diesem und dem Paraconus als 
Zwischenhöcker den Meta- und Protoconulus ausbilden, so liegt damit der 
tuberkulo-sektoriale Zahn vor, der bei dieser Ausbildung oben und unten 
sechs Höcker hat. Entwickelt das Talonid nur einen Höcker, so ist der 
untere Molar nicht sexi-, sondern quadrituberkular. Diese Namen verdient 
die Krone noch mehr, wenn die drei resp. fünf Urhügel des Trigon und 
Trigonid niedriger und in gleicher Höhe mit dem Talon und Talonid zu 
liegen kommen. 

Damit ist die Grundlage gegeben für den bunodonten Zahn, den 
Höckerzahn, wie ihn +Euprotogonia, einer der ältesten Ungnlaten, z. Ii. auf- 
weist. Es sind brachydonte Zähne, somit mit Wurzel und kurzer Krone, 
deren Höcker geeignet sind zum Zerquetschen von Ptlanzenteilen. Die 
weitere Umformung des Ungulatenmolars kann theoretisch hauptsächlich 
in zweierlei Richtung statthaben (vergl. p. 17f> u. Fig. UM). 

(iehen wir von dem Trigon der oberen M mit den fünf Urhöckern 
aus. so kann mit der Verlängerung der Zahnkrone Verschiebung des 
Metaconulus statthaben, der dann als hinterer Innenhöcker imponiert an 
Stelle eines fehlenden Hypoconus. Die Zahnkrone hat dann einen Yorder- 
lobus und Hinteriobus und ersterer von auüen nach innen: Paraconus. Proto- 
conulus, Protoconus: letzterer Metaconus und Metaconulus. Oder aber ein 
Hypoconus tritt auf. womit der Hinteriobus gleichfalls dreihöckerig wird. 
In den unteren Molaren verschmilzt Meta- und Paraconid, so daü von der 
ursprünglichen Triangel (Trigonid) nur eben dieses Verschmelzungsprodukt 
und der Protoconid auf dem Vorderlobus übrig bleibt, auf dem Hinter- 
iobus aber die mehr sekundären Höcker: Hypo- und Entoconid. 

Dies ist die Grundlage zu weiteren Umformungen. Die Höcker ver- 
einigen sich zu Leisten: Jochen, in der Länge oder Quere der Krone und 
machen dieselbe zu einer lophodonten (zygodonteni. Querjoche. wie der 
Tapir z. B. sie zeigt (s. Fig. 440, p. ti()<>). lieiüen Vor- und Nachjoch: Proto- 
und Metaloph. In den oberen Molaren enden sie auüen in einem Längs- 
joch: dem Ectoloph. Damit entstehen zwischen den beiden Querjochen das 
vordere Quertal. hinter dem Nachjoch (Metaloph) das hintere Quertal oder 
die Bucht. Diese Nomenklatur greift mit ihren Präfixen: „Proto- und 
Meta-" zurück auf die primitiven Höcker. Die korrespondierenden Elemente 
im Unterkiefer zeigt das Suffix: -id an, wie die Tabelle auf folgender 
Seite andeutet, die gleichzeitig die Aequivalenz der .loche und Höcker 
< Hügel i darlegt. 

Anfänglich haben die Querjoche in den oberen Molaren einen gerad- 
linigen Verlauf von der Autienwand (Ectoloph) aus, entsprechend einem 
liegenden t; mit langem Mittelschenkel. Sie machen die Zahnkrone zu 
einer ortholophodonten [Schlosser]. Sie können dabei oben auch die 
Zwischenhöcker einbeziehen. In den unteren Molaren aber konstituieren 
sie sich: vorn aus dem vorderen Auüen- und Zwischenhöcker, hinten ans 
dem hinteren Auüen- und Zwischenhöcker. 

Weitere Ausdehnung der Querjoche kann nur durch deren Biegung 
statthaben und zwar so. daü auf den oberen Molaren die Konkavität nach 
hinten und auüen. auf den unteren nach vorn sieht. Setzt sich diese 
Biegung fort, bis daü Verschmelzung eintritt, so bildet der Schmelz eine 

Weber, Sünp-tici«. 



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594 Ungulata: Diplnrthra. 

Unterkief. Oberweier. Unterkiefer. 




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Ungulatn: Diplarthra. 



595 



W-förmige Figur. Das vordere und hintere Quertal werden damit zu 
..Marken" . abgeschlossen. Unten kommt es nicht zu völligem Abschluß 
derselben, woraus die sog. falschen Marken des Pferdes resultieren. Dies 
ist der Weg. den die Perissodactyla gingen: bunodont. ortholophodont 
selenolophodont (Fig. 430). 

Die Artiodactyla bilden eine zweite Reihe, die gleichfalls mit buno- 
donten Molaren anhebt. Die vier Höcker nehmen oben durch divergierende 
Leisten eine Y-Form an, deren Oeffnung nach außen sieht ibunolopho- 
dont). Durch weitere Abrundung entstehen daraus vier Halbmonde mit 
nach außen gerichteter Konkavität (Fig. l'Ml, p. 175). In diesen seleno- 
donten Zähnen können die äußeren Halbmonde zusammenstoßen und 
damit die sog. Außenwand bilden. Auch Ausdehnung der inneren Halb- 
monde kann statthaben, so daß sie gebogene Marken einschließen. Auf 
den unteren Molaren werden wenigstens die äußeren Höcker f\- oder halb- 
mondförmig, mit der Oeffnung nach innen. Auch die inneren Höcker 
können diese Form annehmen (tetra-selenodont) oder zusammenstoßen 
und eine sog. Innenwand darstellen. 

Abgesehen von ungleichem Wuchs der Höcker, oder deren Verschiebung 
lauter wichtige Detailpunkte, worüber dieSpezialliteratur berichtet —-.treten 
weitere Komplikationen dadurch auf. daß neue periphere Höcker entstehen. 

Fig. 430. 1 Molar 
vom Anchitherium , II 
von Merychippu», III 
olierer. IV unterer Molar 
vom Pferd, elph Eeto- 
loph ; md Kntoconid ; esd 
Entostylid; A(A>w)Hiiiter- 
marke; /« Hypontyl ; hv 
Hvpoconu*; hyd Hypo- 
conid; mt Metnconus. 
md Metaconid: mf Mit- 
telfulte; mlpft Meta- 
loph; mts Melawtyl. mts 
in IV muß mtsd Mtta- 
stylid sein ; HÜ Mesostyl : 
pti I'araeonus; pi l'roto- 
eonulus ; p/p/t IVotoloph ; 
pr Protoconu«; prd Yro- 
toconid; ps ParaMyl; 
psd PmnMvIid ; t \vm) 
Vonlermarke : vergl. Ta- 
belle p. .V.M. 

Diese gehen haupt.sächlich vom ursprünglichen Cingulum i Basal wulst), an 
der liasis der Krone aus. Diese Styli (Paraconi. Randgipfel. Schlingen) 
vergrößern die Kauflächc bei Artio- und Perissodaetyla und erhalten ihr 
spezitizierende.s Präfix je nach ihrer Lage is. Tabelle). Hierzu oder unab- 
hängig daneben kann Faltung der Hügel und .loche (Lophii durch deren 
Asymmetrie eintreten. Hierdurch treten namentlich auf der bereits ab- 
genutzten Kaiitläche systematisch wichtige Vorspränge auf wie: Crista 
(Kamm). Sporn (Crochet). (iegensporn | Anticrochet) auf den Rhinoceros- 
molaren und dazwischen Täler, (iruben (Fosette). Vergl. Fig. 441 p. (KM 5. 

Hat, namentlich bei Höhenzunahme der Zahnkrone (Hypselodontie). 
wie bei zeitlich jüngeren Perisso- und Artiodactyla. gleichzeitig Ablagerung 

38« 




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596 Ungulata: Diplartbra.. 

von Zement auf der Zahnkrone statt, so werden die Gruben und Marken 
mit diesem Material gefüllt und es entstehen die Zementinseln, zwischen 
den Sehmelzfalten. Damit ist der plicidente Zahn der Equiden z. B. 
entstanden, in seiner Faltung kompliziert durch die hohe Ausbildung der 
säulenförmigen „Styli", die durch ihren prismatischen Bau Anlaß gaben, 
die Backenzähne auch „prismatische" zu nennen. Sie sind hypselodont. 
erhalten erst spät kurze, geschlossene Wurzeln, so daß diese letzte Speziali- 
sierung des Ungulatenzahnes ihn einem permanent wachsenden nähert: ein 
Zustand, den aber bereits die frühtertiären Toxodontia erlangten. 

Ueber die Terminologie der Ungulatenzähne soll die Tabelle auf 
p. 504 eine Uebersicht geben. 

Trotz der Beschränkung, die ein Lehrbuch auferlegt, darf hier aber 
eine andere Auffassung über die Bestandteile der Zahnkrone nicht ver- 
schwiegen werden, wegen der Bedeutung ihrer Vertreter. Bereits 1*73 
beschrieb Forsyth Major die Außenwand der Molaren, zunächst der Ungu- 
laten, als aus sechs Spitzen aufgebaut. Durch gegenseitige Verbindung 
können sie eine W-Form annehmen oder durch andere Anordnung die Ver- 
schiedenheit der Kaufläche hervorrufen, Gleicher Auffassung begegnen 
wir bei Winge in seiner auf p. 172 erörterten Theorie über die Bildungs- 
weise der Backenzähne. Auf den ursprünglicheren dreispitzigen folgte der 
fünfspitzige Zustand, wozu sich schließlich noch eine sechste Spitze hinzu- 
gesellen konnte. Sie wurden von vorn nach hinten: 1 4 *- 3 genannt. Nach 
Winge stellen diese fünf Spitzen auch die Außenwand des Ungulatenzahnes 
dar: durch Verbindung lieferten sie dessen W-Form. Daraus folgt, daß 
Höcker 1, 2. 3 — nach Winge die ältesten — dem Para-. Meso- und 
Metastyl unserer obigen Tabelle entsprechen, die nach Osborns System 
jüngere Kiemente sind. Höcker 4 und fi entspricht dem Para- und Meta- 
conus. Höcker fi. nach Winge ein jüngster Erwerb der Zahnkrone, dem 
Protoconus. Daraus erhellt der fundamentale Unterschied der Auffassung 
gegenüber der in der Tabelle p. ")!>4) entwickelten, die einstweilen noch 
die Bestätigung durch die Ontogenie zur Seite hat. 

Das ursprüngliche Gebiß der Ungulata hatte die Formel Ii| C{ Pj Mi], 
bildete eine geschlossene Reihe, ohne Diastem, und wurde vollständig ge- 
wechselt, so daß für «las Milchgebiß die Formel id : \ cd | pd { gilt. Hierin 
trat aber offenbar sehr früh eine Aenderung ein. insofern als der 1. Prä- 
molar nur einmal zur Anlage kommt. Was für die Monodelphia im allge- 
meinen gilt, daß die Bedeutung von P, zweifelhaft ist. gilt in besonderem 
Maße für die Ungulata: die Frage nämlich, oli er dem Milchgebiß angehöre 
und nur erst spät auftrete oder alter dem Ersatzgebiß. In letzterem Falle 
wäre sein Vorgänger verloren gegangen und er selbst auch auf dem Wege 
der Rückbildung. Für letztere spricht seine Neigung früh auszufallen oder 
ganz zu fehlen. Das steht jedenfalls fest: gehört er dem Milchgebiß an. 
so erscheint er spät: ist er dagegen ein (ilicd des Ersatzgebisses, so tritt 
er früh auf. häutig zugleich mit M,. Das Gesagte bezieht sich auf den 
oberen P,. es gilt aber auch für den unteren, nur daß hier die Reduktion, 
die offenbar vorliegt, in welchem Sinne man auch «Mo Frage entscheiden 
mag. bereits weiter vorgeschritten ist. 

Im übrigen können die Prämolaren zweierlei Wege einschlagen. Ent- 
weder sie wahren ihren von den Molaren verschiedenen Charakter oder 
sie nähern sich diesen, sie werden molariform: ihre Höcker erhielten durch 
Scott eine eigene mit der der Molaren korrespondierende Nomenklatur. 



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XIII. Ordnung: Perinsodactyla. 



:V.I7 



In letzterem Falle streben also die Backenzähne der Honjodontie zu. 
Diese Aenderung der Prämolaren beginnt beim letzten und schreitet nach 
vorn fort, während Umformung der Molaren am ersten beginnt und dann 
nach hinten sich fortsetzt. Diese Regel Schlossers ist keine durchgreifende, 
trifft aber für viele Fülle zu. 

Mit Verlängerung der Kiefer, auch wohl durch Ausfall von Prämo- 
laren oder Vergrößerung der Canini, verliert sich das (ieschlossensein der 
Zahnreihe. Zahnlose Stellen. Diasteme, treten auf: entweder zwischen den 
Backenzähnen und den Canini. wobei letzterer — namentlich der untere — 
den Incisivi sich anschließen kann; oder der C oder einer der P kommt 
isoliert im Diastem zu liegen. Vielfach hat der Eckzahn Neigung auszu- 
fallen oder den I sich anschließend, deren Form anzunehmen. Anderwärts 
kann er wurzellos, permanent wachsend und von großem Ausmaß werden. 
Seltener nehmen die Incisivi oder einzelne derselben diesen Charakter 
dauernd oder vorübergehend an. 

XIII. Ordnung: Perissodactyla Owen. 

lMe*axonia Marsh). 

Pferde. Tapire und Nashörner vereinigt die moderne Zoologie in 
einer Ordnung auf (Jrund tiefgehender anatomischer Ucbereinstimmung, 
namentlich auch im Bau der Extremitäten und des (lebisses, und diese 
Vereinigung erscheint zwingend im Lichte der Paläontologie. 

Cuvier trennte noch «lie Pferde, die er Solipedes nannte, von den 
Tapiren und Rhinocerossen . die er zusammen mit den Schweinen als 
Ordinaria vereinigte. Alle aber brachte er mit den Proboscidea und Hyra- 
coidea in einer großen Ordnung zusammen, die er als Pachydermes den 
Ruminants gegenüberstellte. Duerotay de Blainvillc unterschied dann 
bereits die fraglichen Tiere als Ongulogrades normaux ä doigts impairs 
von den Ongulogrades normaux ä doigts pairs. Noch stärker erhob 
R. Owen alsdann die Zehenzahl zum Einteilungsprinzip und schied scharf 
die paarzehigen Artiodactyla von den Perissodactyla, unter welchem Namen 
er die. wenigstens im Hinterfuße unpaarzehigen Pferde, Tapire und Rhinoee- 
rosse vereinigte. Dieser Auffassung huldigt man bis zum heutigen Tage. 
Nur legt man dabei mehr und mehr das Hauptgewicht nicht so sehr auf 
die Zahl der Finger und Zehen, als vielmehr auf ihre gegenseitige Länge: 
auf das l'eberwiegen des dritten Fingers und der dritten Zehe: auf das Ver- 
halten von Carpus und Tarsus: endlich auf das mechanische Moment d. h. 
die Art der Cebertragung der Körperlast auf «lie Extremität. Dies spiegelt 
sich wieder in dem Namen Mesaxonia. der darauf weist, daß die Extremi- 
tätenachse durch den driften Finger geht, im Gegensatz zu den paar- 
zehigen Paraxonia. bei denen sie zwischen den und 4. Finger fällt (p. T>5>1). 

Aeußeres und Lebensweise der Perissodactyla ist Übrigens verschieden 
genug. Dies äußert sich auch, trotz aller Ucbereinstimmung, in mannig- 
facher Verschiedenheit im Bau: deutlich bereits im Intcgumcnt. Dasselbe 
erlangt bei den Nashörnern außerordentliche Dicke, bei den indischen 
Arten in dem Maße, daß es in der Schulter-. Rumpf- und Sehwanzgegend 
fast unbewegliche Platten von gegebener Form bildet, die durch dünnere 
Zwischenräume, gewissermaßen (Jelenke. so verbunden sind, daß sie Bewe- 
gungen gestatten. Dementsprechend ist die Behaarung nur eine dürftige 
und unterliegt mit zunehmendem Alter bedeutender Reduktion. Dichteres 



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XIII. Ordnung: Peri«*odactyla. 



Haarkleid hat Rh. sumatrensis : bei Rh. sondaicus zeigt die Haut mosaik- 
artige, mehrseitige Schildchen, denen beim Embryo eine grolie. platte Leder- 
hautpapillc entspricht [de McijereJ. In der Mitte jedes Schildchens steht 
eine oder mehrere Horsten, während seine Peripherie von weiteren Haaren 
umstanden wird. Vom ausgestorbenen Rh. tichorhinus beschrieb .1. F. Brandt 
eine dichte Behaarung, die aus Haaibündeln bestand. 

Auch die dicke Haut von Tapirus bedeckt nur ein dünnes Kleid von 
Haaren in unregelmäßigen (Jruppen von mehr als drei angeordnet. 

Bei den Pferden, deren Haut gewöhnliche Dicke hat. ist die Behaarung 
kräftig; sie kann am Schwanz und am Halse als Mähne ljuba) selbst lang 
werden. Im übrigen ist die Haarstellung unregelmäßig. Während Schweif- 
und Mähnenhaare kaum einem Wechsel zu unterliegen scheinen, hat in 
unseren Klimaten beim Pferd im Herbst Haarwechsel statt, mit reich 
licher Produktion weicherer Haare, die beim Frflhjahrswechsel ausfallen, so 
daß das Sommerkleid dünner ist. 

Als auffallende Epidcrmisbildung erscheint das Horn der Nashörner, 
das aus einer soliden Masse verhornter Epiderraiszellen besteht, welche 
sich auf excessiv hohen Lederhautpapillen, die über das Niveau der Haut 
emporragen, sich bilden. Konisch von Form, mehr oder weniger schwach 
nach hinten gebogen, erreicht es l»ei einzelnen Arten weit über einen 
halben Meter Länge, die aber weniger unter artlichem Einduß stellt als 
vielmehr abhängt von dem Maße, in welchem dieses Horngebilde abgeriel>en 
wird. Es ruht auf dem verschmolzenen Nasenknochen. Tritt ein zweites 
Horn hinzu, so sitzt dieses meist auf den Frontalia. 

Den Pferden eigentümliche Horngebilde sind als Kastanien oder 
Hornwar/.en bekannt. Es sind unbehaarte ovale Hautstellen, an denen 
eine dicke verhornte Epidermis eine starke Entwicklung von Lederhaut- 
papillcn überdeckt. Ihre Lage an der Innenseite der Extremitäten, vorn 

oberhalb des Karpalgelenkes, hinten 
gleich unterhalb der Ferse, schließt 
den oft ausgesprochenen (iedanken aus. 
daß es die Hornbekleidung eines übrigens 
spurlos verloren gegangenen Fingers sei. 
Dies (iebilde fehlt hinten den Eseln und 
gestreiften Pferden. Seine Bedeutung ist 
dunkel; von manchen wird esals Andeutung 
der Ausmündung von gehäuften Haut- 
drüsen aufgefaßt, die aber verloren gingen. 

Da die Equidcn die einzigen Säuger 
sind, deren Extremitäten nur einen Finger 
haben, auf dessen Spitze die Körperlast 
ruht, so muß hier die Nagelbekleidung, 
die wir Huf l'ngulai nennen und welcher 
die Tngulata ihren Namen entlehnen, in 
höchster Ausbildung sich finden. Der 
Fig. 431. 8ohl«nfllcbed« Horn- Hnf Iwstcht. was seine hornigen Teile, 
whilbes vom Pferde; nach I^cisering. den „Hornschuh" anlangt, zunächst aus 

■ Hornwand ; b Kekftrcben ; c Horn- der Wand (Hornwand), die, aus echter 
* H o ? rt ? 11 » 1 ? 9 l"™ §1*!^ Nagelsubstanz aufgebaut, der dorsalen 

ff dessen >ehenkel; r de*«en Strahl- x - i i -i i * 

für,!.,- i miui.-re strahUpaltei: ^ Nagelplatte ungiukulater Sauger ent- 
seitliche strahNpalte; // Hornballen, spricht. Sie ist an ihrer Innenseite von 




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Peri»sodactyla, Körperhau. 



599 



longitudirialen, tiefen Furchen versehen, welche den parallelen, lamellären. 
blutreichen Papillen der bindegewebigen Matrix des Hufes entsprechen. 

Aus der reichen, spezialisierten Nomenklatur der Veterinären kann nur 
hervorgehoben werden, daß diese Lamellen „Fleischblättchen" heißen und 
von der ..Fleisch wand" ausgehen. Der Lederhaut entsprechend, umgibt diese, 
und damit auch die Hornwand, die äußerst kurze, stark verbreiterte, dorso- 
ventral zusammengedrückte Nagelphalanx von vorn und von der Seite, 
mithin deren dorsalen Teil, der distal fast halbkreisförmig endet und aus 
äußerst festem, (lichtem Knochen- 
gewebe besteht. Nach oben geht III 



räum innerhalb des Unter- und Innenrandes ides sog. Tragrandes* der 
Horn wand ausfüllt. Hinten hat sie einen tiefen Ausschnitt von \/-Form. 
in welchem der Strahl eingekeilt ist. ganz hinten jederseits begrenzt durch 
die eingebogenen Ecken der Horn wand, als Eckstieben bekannt. Der 
Hornstrahl, der ebenso wie die Hornsohle aus verhorntem Epithel besteht 
und dem Sohlenhorn der übrigen Nagelbildungen entspricht (s. p. 15), 
geht nach hinten in die Ilornballen über, welche eine leichte Modifikation 
des Integumentes darstellen, tubulöse Drüsen enthalten und den Zehen- 
ballen anderer Säuger beantworten. 

Der Huf genügt den höchsten Anforderungen, die an die Nagel- 
bekleidung eines Fußes gestellt werden kann, der zur Aufgabe hat. ein 
schnellfüßiges Tier zu tragen. Er ist ein schlechter Wärmeleiter, er hat hohe 
Elastizität, er bietet eine sichere Unterlage, da infolge ungleicher Härte der 
hornigen Teile deren Abnutzung ungleich geschieht, woraus eine unebene, 
.sichere Sohlentläche resultiert. Es ist deutlich, daß solch kompliziertes 
Gebilde nicht in einem Gusse entstand. Wir deuteten bereits die äqui- 
valenten Teile anderer Nagelbekleidungen an. Deutlicher wird die Genese 
bei Vergleich der Hufe von Rhinoceros. Tapir und Pferd. Die Hufbekleidung 
des Rhinoceros besteht aus einer nach vorn gewölbten Hornplatte i Horn- 
wand), welche die Dorsalfläche der Nagelphalanx bedeckt, hinten sich ein- 
wärts beugt und das ventrale Sohlenhorn einschließt. Somit ist die Sohlen- 
fläche jedes Hufes vollständig in sich abgeschlossen |Eber| und grenzt an 



Fig. 432. Medianachnitt durch den 
KuÜ de» Pferde«, nach Flower. / Mcta- 
*;arpu»; 2, 3, 4 1. bis 3. Phalanx; 5 u. 6 
Sesamkiutchen ; 7 Sehne dw» Streckmuskels: 
des ol>erfläch liehen ; 0 des tiefen Beuge- 
muskels; 10 Epidermis und I/ederha»t; 
// Horn wand; /.'Hornsohle; ij Hornstrahl. 



die Fleischwand in die Fleischkrone 
über, welche als kranzförmiger Wulst 
die Hufmatrix umgibt und nach oben 
in die Haut sich fortsetzt. Ihre epider- 
moidale Bedeckung unterscheidet sich 
von der Haut durch liedeutcndere 
Dicke: von ihr geht die Basis der 
Hornwand aus. Der Teil des Hufes, 
der auf dem Botlcn ruht, wird be- 
deckt durch die Hornsohle: eine 
dicke Hornplatte, welche den Innen- 




ÜOO 



XIII. Ordnung: IVri*»odactyla. 





Fig. 433. Sohlenflache links von der Hand, 
recht» vom Paß, von Tapirus indicus, nach Murie. 
In der Mitte liegt der Sohlenballen. Die zehen för- 
mige Fortsetzung der Zehenbalien in das Sohlenhorn, 
da* die Unterseite der Hufe anfallt, ist nicht deutlich 



die Zehenbalien, die zu einer großen Sohlenfläche verschmolzen sind. 
Zwischen ihr und der Yentralfläche der steil aufgerichteten Finger Hegt 
ein bindegewebiges, elastisches Kissen von großer Ausdehnung, geeignet, das 

enorme Gewicht des Körpers 
zu tragen. Die Zehenhallen 
dringen nicht in das Sohlen- 
horn, in den eigentlichen Huf 
vor. Dies geschiet wohl heim 
Tapir, wo der Zehenhallen 
in jeden Huf einen beson- 
deren zapfenartigen Fortsatz 
ahgiht, der in die Hornsohle 
sich einschiebend, zwischen 
die eingehogenen hinteren 
Schenkel der Hornwand, den 

Eckstrehen, eingezwängt 
liegt [Eber|. Diesem Fort- 
satz entspricht der „Strahl" 
des Pferdehufs. Letzterer 
ist somit der modifizierte 
Zehenhallen des III. Fingers, 
dessen weiche und sehr elasti- 
sche Hornschicht große Dicke erreicht |Möller. Boas|. 

Aeinöse und tubulöse Drüsen sind wenigstens hei Pferd und Tapir 
gut entwickelt. Anhäufungen von Hautdrüsen, die in einer Ilauteinstülpung 
oberhalb der vier Fußsohlen ausmünden, fand Owen hei Nashörnern, sie 
fehlen aber den afrikanischen Arten, l'ehrigens treten konglobierte Haut- 
drüsen hei Perissodaetyla. soweit bekannt, nicht auf. Wohl legt aber eine 
Grube vor der Orbita bei verschiedenen Arten von ~Protohippus und 
+Hipparion die Vermutung nahe, daß diesen fossilen Pferden eine präorbi- 
tale Drüse zukam, ähnlich wie viele Artiodactyla sie haben. 

Die Milchdrüsen liegen inguinal, schwellen während der Laktation 
euterälmlich an und haben ein Paar Zitzen, die beim Hengst auf dem Prae- 
putium liegen. 

Am Schädel ist das Feberwiegen des Angesichtsteils über den 
Gebirnteil beim Pferde am auffälligsten. Letzterer hat nur bei Tapir und 
Pferd einen Sagittalkamm. der sich beim Pferd an einen hohen Occipital- 
kamm anschließt. Es hat auch ein Interparietale, das mit den Parietalia 
verschmilzt. Ein Ahsphenoidkanal tritt allgemein auf. Die Gelenkgrube 
für den I T nterkiefer ist untief, von vorn nach hinten kurz und konkav, quer, 
aber stark verbreitert. Hinten wird sie, begrenzt durch einen auffallend 
hohen Processus postglenoideus. Der starke Processus posttympanieus ver- 
einigt sich mit dem Proc. paroccipitalis. so jedoch, daß sie an ihrer Wurzel 
«las Mastoid zwischen sich fassen. Hierdurch wird dasselbe entweder 
ganz unsichtbar i Rhinoeeros/ oder es tritt deutlich, aber in geringer Aus- 
dehnung zutage (Pferd, Tapir) (Fig. 4<>. p. 53). Nur bei einzelnen Rhinoceros- 
arten vereinigen sich die langen Processus postglenoideus und posttym- 
panieus in der Weise, daß sie eine Art äußeren Gehörgang bilden. Ein 
solcher wird nur beim Pferd durch das Tympanicum gebildet, wo dieser 
Knochen, ohne es zu einer Hulla zu bringen, stärker entwickelt ist als bei 
Rhinoeeros und namentlich bei Tapir. Hier ist er sehr klein, einigermaßen 



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Perissodnctyla, Körperbau. 



601 



ringförmig und erfährt Verstärkung durch das starke Tympanohyale. Ankv- 
losierung von Tympanicum und Perioticum hat mit Ausnahme von Tapir 
statt, niemals aber mit dem Squamosum. Das Tvmpano-j>erioticum wird 
denn auch an seiner vorderen und medialen Seite vom Basioecipitale und 
Sphenoid geschieden durch einen weiten Spalt, der im Leben teilweise 
durch faserknorpelige Masse angefüllt ist und dem Foramen lacerum. 
Foramen jugulare, Foramen caroticum, Foramen ovale und spinosum ent- 
spricht und demgemäß dem dritten Ast des Trigeminus, dem (ilosso- 
pharyngeus, Vagus, Accessorius. der Arteria carotis interna und der Vena 
juguiaris Aus- resp. Eintritt gewährt. 

Die Orbita fließt bei Rhinoceros und Tapir mit der Temporalgrube 
zusammen, wie überhaupt bei eocänen TJngulata, auch bei Vorfahren des 
Pferdes, die erst am Ende des Mioeän einen Orbitalring erlangen. Dieser 
trennt beim heutigen Pferde Orbita und Schläfengrube durch eine Knochen- 
brücke, welche durch Verbindung des Jochbogens mit dem Processus 
postorbitalis (zvgomaticus* des Frontale zustande kommt. Diesen .loch- 
bogen bildet der Proc. zygomaticus squamosi, der so ungewohnte Aus- 
dehnung hat. daß er am Hinterrande der Orbita sich beteiligt. Das Jugale 
liegt demnach ganz in der (Jesichtsfläche, begrenzt von unten her die 
Orbita. während die vordere Begrenzung das große Lacrymale liefert, 
dessen orbitale Fläche «las Foramen lacrymale enthält und eine so umfang- 



reiche Angesichtstläche hat. daß es mit dem Nasale in ausgedehnte Be- 
rührung kommt und damit Frontale und Maxillare trennt. Demnach ist 
das Maxillare nur auf den Boden der Orbita verwiesen. Von Bedeutung 
ist. daß Hipparion und Verwandte eine präorbitale (mibe hatten zwischen 
Lacrymale und Maxillare. die zweifelsohne einen präorbitalen Drtisen- 
körper, wie er von Artiodactyla als ..Crumen" bekannt ist, beherbergte, 
bei den recenten Pferden aber ganz verloren ging. Das Maxillare ist 
übrigens ein großer Knochen, namentlich in seinem alveolären Teil, ent- 
sprechend der langen Reihe großer Backenzähne, der sich unter das Jugale 
begibt. Mit seinen < iaumenfortsätzen grenzt er hinten an die kleinen 
Palatina, deren Hinterrand namentlich hei Rhinoceros tief ausgeschnitten 
ist. Ihr Vorderrand reicht bei Tapir und Pferden bis zum vorletzten, bei 
Rhinoceros bis zum drittletzten Zahn. Die Ptcrygoidea sind wenig um- 
fangreich, eine Fossa ptcrygoidea fehlt. Der harte Oaumen wird somit in 



bloßgelegt; /'-»Incisi vi; 
C OanimiK; F Frontale; 
/ Intermaxillare; J Ju- 
gale; L Lacrymale; M 
Maxillare; .VXasale. 



Fig. 434. Equu* ca- 
ballus; nach Flower. Die 
Wurzeln der 3 Prä mo- 
laren / 1 und p''- * sowie 
die Molaren »/' J sind 




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(102 XIII. Ordnung: l'erifwodactyla. 

der Hauptsache durch die Maxillaria gebildet. Die Intermaxillaria haben 
hinter ihrem Alveolarrande nur gering entwickelte Gaumenfortsätze, welche 
die Foramina incisiva begrenzen helfen. Bei Tapir tritt früh Ankylosierung 
der Intermaxillaria auf. Erhebliche Verschiedenheiten bieten die Nasen- 
fortsätze der Intermaxillaria dar. Während sie bei Equiden von der Seite 
her die langen knöchernen Nasenlöcher begrenzen und bis an die Nasalia 
reichen, sind sie bei Tapir und Rhinoceros klein und können bei einzelnen 
Arten der letzteren, in Verbindung mit dem Verlust der oberen Incisivi. 
so rudimentär werden, daß sie einander nicht mehr in der Medianlinie 
berühren, so daß die Maxillaria die Nasenlöcher seitlich einschließen. Bei 
den beiden letztgenannten Tieren sind diese überhaupt sehr weit und 
zeigen weitere Besonderheiten der Nasalia. Rhinoceros hat die nach hinten 
verbreiterten Nasalia durch Ankylosierung zu einer umfangreichen triangu- 
lären, gewölbten Platte vereinigt, welche die Nasenlöcher überdacht und 
als starke Basis dient für das Horn. Sie erfuhr bei den ausgestorbenen 
+Elasmotherium und +Rhinoceros tichorhinus hierbei Verstärkung durch Ver- 
knöcherung des Mesethmoid. Letzteres ist auch bei Tapirus der Fall, ob- 
wohl bei ihnen die Nasalia klein sind und weit nach hinten gerückt, so daß 
liier die großen Nasenlöcher bis in die Höhe der Orbitae sich nach hinten 
erstrecken; bekanntlich schließt sich an sie der bewegliche Rüssel. Das 
Lacrymale blieb durch diese Einrichtung in seinem facialen Teile klein, 
hat übrigens einen höckerigen Orbitalrand, der sich bei Rhinoceros, ähnlich 
wie bei Procavia (Hyrax) und Elephas. zu einem bedeutenden Vorsprung 
erhebt, genau vor dem Foramen lacrymale, das hierdurch in zwei Löcher 
geschieden werden kann. 

Alles in allem hat sich Rhinoceros den primitiveren Schädclbau be- 
wahrt: die Equiden haben ihn in manchen Punkten (Orbita, Tympanicuni) 
mehr spezialisiert, in anderen aber, wie Mastoid, In tennaxillare-, Nasale 
wieder primitiver; Tapir steht etwa mitten inne. 

Die Unterkieferhälften sind in einer, bei Tapir langen, Symphyse an- 
kylosiert; der hohe Gelenkkopf ist von vorn nach hinten konvex und kurz, 
sehr lang aber in der (^uere und gestattet in Hauptsache nur Charnier- 
bewegung mit geringer seitlicher Exkursion. Entsprechend der Ausbildung 
des Muse, tcmporalis, der zurücktritt gegenüber dem starken Muse, masseter. 
ist der hintere und aufsteigende Teil des Unterkiefers sehr breit, der 
Processus coronoideus eher schwach, bei Tapir aber hoch. Hier springt 
auch die konvexe Ecke gerundet und einwärts gebogen weit vor. 

Bekanntlich ist der Zungenbeinapparat ausgedehnt verknöchert. 
Abgesehen von Tapir, wo der Apparat einfacher ist, haben die übrigen 
ein starkes (llossohyale. das vom Zungenbeinkörper in die Zungenwurzel 
dringt. Die Thyrhyalia sind groß. Die vorderen Horner haben verknö- 
cherte Epi-, Ccrato- und sehr lange Stylhyalia. die mit dem bereits ge- 
nannten Tympanohyalc in Verbindung treten (Fig. <io, p. 78). 

In der Wirbelsäule fällt die Zahl der thorako-lumbalen Wirbel niemals 
unter 22, indem sie bei Tapir IS thorakale und f> lumbale, bei Rhinoceros 
1H— 20 -f 4- bei Equiden 1*1!» -f- (>-5 beträgt. Die Sakralwirbel 
zählen (5 (Tapir). 4 ( Rhinoceros i oder f> (Equiden). In gleicher Folge ist 
die Zahl der Schwanzwirbel ungefähr 12, 22 oder 17. 

Die Halswirbel sind opisthoeöl. indem ihr Körper hinten ausgehöhlt 
ist zur Aufnahme des konvexen Gelenkkopfes des folgenden Wirbelkörpers; 
dieser Charakter erhält sich, stets mehr abgeschwächt, bis zu den Lenden- 



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Periwodactyt*, Kör|>orbau. 



cm 



wirbeln. Die Opisthoeoelie nimmt zu vom 3. bis 7. Halswirbel: desgleichen 
in der Reihe: Tapir. Rhinoceros, Pferd; sie tritt übrigens bereits bei den 
ältesten Perissodactyla in die Erscheinung [(irix). Rotatorische Bewegung 
der Halswirbelsäule wird hierdurch begünstigt, namentlich bei den Pferden, 
auch schon durch die größere Länge der Wirbelkörper. Deren Fortsätze, 
unter denen Hypapophysen aber nicht fehlen, sind übrigens gering ausge- 
bildet, im Gegensatz zu den großen Processus transversi und spinosi bei 
Rhinoceros. Trotzdem haben auch die Pferde ein auffallend starkes, an 
elastischen Fasern reiches Ligamentum nuchae zum Tragen des schweren 
Kopfes. 

Das Schulterblatt ist lang, schmal, ohne Acromion. mit kleinem Pro- 
cessus coracoideus und niedriger Spina. Am starken, kurzen Humerus fehlt 
ein Foramen entepicondyloideum; der proximale (Jelenkkopf springt nicht 
vor und sieht einigermaßen nach hinten: der distale ist gerade abgeschnitten 
und gestattet nur Winkelbewegung mit Radius und Tina. An diesen 
Knochen bekundet sich bereits die Umbildung, welche die perissodaktyle 
Extremität erfuhr. Stets ist in ihr der III. Finger der stärkste; die Extre- 
mitütenachse geht durch seine Mitte (Mesaxonia) und zerlegt ihn in 2 sym- 
metrische Hälften. Je mehr er der allein funktionierende wird, um so 
mehr erstarkt er nach Länge und Dicke. Hierbei verbreitert sich das 
proximale Ende seines Metacarpus und schiebt die seitlichen Finger zur 



Seite. Von diesen schwindet — Kjg 435 Kig UC) Fig 4i7 



den, in ihrem Mittelstück stark forme; /« Trapezium; /«/ Trai^zoid; m Capi- 
verkümmert. mit dem Radius ver- ,atum; " Hani * tu '»- Flowpr - 
wächst und ihr distales Ende als Teil der karpalen Gelenkfläche des 
Radius erscheint. 

Im Carpua haben Rhinoreros und Tapir noch die gewöhnlichen 
8 Knochenstücke, nur in der oben (p. f>!K)) angedeuteten Weise verschoben: 
bei den Equiden verkümmert aber in der distalen Karpalreihc das Trape- 
zium und ist das Trapezoid hinter das große ('apitat um verschoben. 

In der hinteren Extremität sind die Beckenhälften lang gestreckt, 
die Darmbeinkämme breit und wulstig, die Symphyse, die im höheren 
Alter verknöchert, lang und durch die Pubes und Ischia gebildet. 



historisch gesprochen — erst der I., 
darauf der V., endlich folgen der IV. 
und IL Finger, von letzteren beiden 
aber nur die Phalangen, während die 
Mctacarpalia und Metatarsalia als 
..Griffelbeine'* bestehen bleiben. 




So haben die Tapire vorn 4, 
hinten 3 Finger; Rhinoceros vorn 
und hinten 3; die Equiden nur einen, 
nebst Resten vom II. und IV. Hand 
in Hand mit dieser Reduktion wird 
tlie Stellung des III. Fingers eine 
steilere, wird die Nagelphalanx 




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»>04 



XIII. Ordnung: Perissodaetyla. 



Am stämmigen Femur ist der (ielenkkopf nicht durch eine Einschnürung 
abgesetzt: ein Troehanter tertius charakterisiert die Perissodaetyla. 

Bei Rhinoceros und Tapir ist die Fibula nur insoweit reduziert, 
als sie. verglichen mit der Tibia, ein schlanker Knochen ist: bei den Flui- 
den ist alter nur ihr proximales Stück als gritfelförmiges 
Rudiment vorhanden, ihr Distalende dagegen mit der Tibia 
verschmolzen, deren Malleolus externus darstellend. Die ge- 
wöhnlichen 7 Tarsalk nochen treten auf. doch kann bei Equiden 
Verschmelzung des kleinen Ento- und Mesoeuneifornie ein- 
treten. Im (iegensatz zu den Artiodactvla hat der Talus 
der grotien talo-navikularen Gelenktläche nur eine 
kleine (ielenktläche für das Cuboid. Auch hat er nur eine 
Gelenkrolle, die proximale für die Tibia ist bei den Pferden 
tief ausgehöhlt. Bezüglich der Zehen gilt das oben Gesagte. 
Wie bekannt, ist das Gehirn der Perissodaetyla im Ver- 




Fic. 43S. Talus neben 
von Palneothe- 
rium. t Gelcnk- 
fläch«' fürTihia; 
« für Calca- 
neus ; » für Na- 



riculare; <b für hältnis zum Körper sehr klein. Bei Pferden variiert es er- 
Cuboid. heblich nach der Rasse. Als Mittelzahlen gibt Martin das 

Verhältnis zum Körpergewicht als '/-, :3 bis \: w0 an, beim erwachsenen 
Tapirus americanus bestimmte ich es gar nur auf Dies ist wichtig, 

wenn wir im Auge behalten, datf der Tapir gerade zu den ältesten Säugern 
gehört, der sich vom Miocän ab kaum wesentlich verändert hat und damit 
ein Bild gibt vom fiehirn eines mioeänen l'ngulaten. 




Fig. 439. Schädel von Rhinoceros >ondaicur<; nach Paulli. Die pneumatischen 
Räume sind durch dunklen Ton angedeutet 

Die kurzen, vorn und hinten gleichbreiten Großhirnhemisphären 
lassen das Cerebellum unbedeckt, das unsymmetrisch gewunden ist. Eine 
deutliche Fossa Sylvii. welche die Insula Reili unbedeckt lälJt, wird von 
3 bis 4 Windungen bogig umzogen Fig. 120. p. 12«h. Die dorsalste grenzt 
an die Fissura longitudinalis medialis und heilit daher die marginale (oder 
sagittale i. An sie grenzt ventralwarts die laterale oder, falls diese fehlt, sofort 
die suprasylvische. darauf die sylvische. geschieden durch die Fissura supra- 
sylvia und eventuell lateralis. Das Rhinencephalon ist stets sehr gut ent- 
wickelt und durch die Fissurae rhiuales deutlich abgegrenzt. Es liegt beim 
Pferd unter dem Mantel der Hemisphären: seine seitlich ganz unbedeckte 
Lage bei Tapir deutet auf den primitiven Bau dieses Gehirns. 

Dem makro>niati>chen Gehirn entspricht das hoehausgebildete peri- 
phere Geruchsorgan. Nach Paulli hat das Pferd »J Endoturbinalia mit 



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l'eriflsodnctyla, Körperbau. 



t! Riechwülsten: durch Spaltung entstehen daraus hei Rhinooeros tf, l>ci 
Tapirus 7 Fndoturhinalia mit 8 Riechwülsten. Die Zahl der Fctoturbinalia 
beträgt aber 12 bei Tapirus ainericanus, 2<) bei Rhinocerns sondaicus und 
gar M beim Pferd. Pneumatisierung der Ethmoturbinalia. namentlich des 
langen, eingerollton Nasoturbinale, kann eintreten. Sie hat statt von den 
pneumatischen Kopfhöhlen aus. Diese erreichen ihr Maximum bei Rhino- 
ceros: denn außer den pneumatischen Höhlen, die beim Pferd von der 
Kieferhöhle (Sinus maxillaris) aus in das Frontale und Präsphenoid reichen, er- 
strecken sich bei Rhinoreros solche Höhlen bis ins Parietale. Oecipitale 
und Sipiamosum u. s. w„ so daß nur wenige Knochen ohne diese sind, 
und ähnlich wie beim Flefanten — nur in geringerem Maße die Schädel- 
höhle von lufthaltigen Knochen umgeben wird (Fig. 4;5!i). Dies ist aber ein 
moderner Charakter, da pneumatische Ausdehnung der Diploe bei fossilen 
Vorfahren wie Aceratherium fossiger aus dem Obermiocän durchaus fehlt 
|Osborn|. Sämtliche Höhlen gehen von der Nasenhöhle aus. Das Maxillo- 
turbinale ist doppelt eingerollt, jedoch ungleich und teilweise gefaltet. 

Vom Pferde ist bekannt, daß »las .lakohsonsehe Organ und die 
Stensonsche Nasendrüse eine hohe Ausbildung erreicht: es liegt im Knorpel 
der .lakobsonsrhen Röhre, die längs «lein Knorpel der Nasenscheidewand 
nach hinten verläuft, vorn aber an den Stensonschen Knorpel anschließt, 
der die Foramiua incisiva • (laumenspalte füllt und bis in die Oaunien- 
Häche sieh ausdehnt. An die knorpelige Nasenscheidewand setzen sich 
vorn die beiden Flügclknorpel (Cartilagines alaros) beweglich an. Sic 
stützen als halbkreisförmige Knorpelplatten, die Nasenflügel von innen her 
ohne die hohe Beweglichkeit der Haut der Nasenlöcher und deren Er- 
weiterung zu behindern. Letztere wird gefordert, da auch bei schnellstem 
Atmen, entsprechend der dauernd retrovelaren (intranarialen) Lage der 
Fpiglottis. ausschließlich durch die Nase geatmet wird, l'nter ..falschem 
Nasenloch" oder Nasentrompefe versteht man beim Pferd eine blindsack- 
artige Einstülpung der Haut vom Nasenloche aus in den Raum zwischen 
Intermaxillare und Nasale. Man läßt diese mit der Nasenhöhle kommuni- 
zierende. ä -l()cm tiefe Tasche eine Rolle spielen beim Wiehern oder als 
„Staubfänger. Demgegenüber ist aber hervorzuheben, daß sie in stärkerer 
Ausbildung beim Rhinoreros. besonders aber heim Tapir vorkommt, wo 
sie sich weit nach hinten ausdehnt. Dieser Verlauf widerlegt die etwaige 
Annahme, dali dieses t iebilde bei genanntem Tiere höherer Ausbildung sich 
erfreue infolge der Struktur der äußeren Nase, die bei Rhinoceros an die 
sehr bewegliche prehensile Oberlippe sich anschließt, bei Tapir, zusammen 
mit der Oberlippe, zu einem kurzen aber beweglichen Rüssel verlängert 
ist. an dessen Ende «lie Nasenlöcher sitzen. Auch bei den Equideu ist 
die Oberlippe prehensil. 

Vom Auge ist nur hervorzuheben, daß beim Pferde vom Oberrand 
der ^Hergestellten Pupille 2—4 dunkelfarbige Knötchen, die Traubenkörner: 
Fortsätze der ( -horioidea, herabhängen. Letztere hat ein Tapet um lucidum 
tibrosum. das als schillernde Lage in der unteren Augenhälfte bis zur Ora 
serrata reicht. Die gut ausgebildeten Lider haben eine fibröse Augen- 
lidplatte (Tarsus): die Nickhaut einen großen Knorpel und Nickhautilrüsen. 
Die Tränendrüse liegt beim Pferd dem Orbitalbogen an. 

Von der Trommelhöhle wurde bereits hervorgehoben, daß nur bei 
den Fluiden das Tvmpanicum zu einer unbedeutenden Bulla anschwillt, 
sonst mehr ringförmig bleibt und daher auch nur bei den Pferden einen 



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606 



IX III. Ordnung : Periaaodaetyla. 



knöchernen äußeren Gehörgang bildet. Bei einzelnen Rhinocerosarten 
wird ein solcher vorgetäuscht durch Vereinigung der Processus post-gleuoi- 
deus und post-tympanicus (Fig. 40. p. 5ik An der Eustachischen Röhre 
fällt die pharyngeale Ausmündung in den Nasenrachenraum durch ihre 
Größe, als schräger langer Spalt auf; mehr noch dadurch, daß die Schleim- 
haut der Eustachischen Röhre medial sich zu einem umfangreichen Luft- 
sack ausdehnt. Von den Gehörknöchelchen ist der Stapes dreiseitig, mit 
umfangreichem Kopf: der Hammer erinnert an den der höheren Marsu- 
pialia fDoran]. An den knöchernen äußeren Gehörgang schließt sich der 
knorpelige an, den der ..Ringknorpel" und die Ohrmuschel zusammensetzt, 
letztere besteht abermals aus mehreren Stücken (s. o. p. 147), welche 
die gemeinsame Hautdecke zum äußeren Ohr vereinigt. Muskeln können 
dieses in verschiedene Lage bringen und damit die Form des Ohres 
ändern, während andere Muskeln dessen Lage in toto beeinflussen. 

Das ursprüngliche Gebiii der Ferissodactvla bestand aus l : \C \ Pf M ; 
bunodonten. braehydonten Zähnen mit zementloser Krone. Ein enges 
Diastem zwischen Incisivi und Prämolares trat früh auf. Der eoeäne 
"♦"Phenacodus, der an der Wurzel der Ferissodactvla steht, zeigte Weits 

eine zahnfreie Lücke, die bei weiterer Entfaltung 
dieser Ordnung mit Verlängerung der Kiefer in der 
Vorfahren reihe an Ausdehnung zunahm. 

Oben wurde bereits (p. 51 >3) skizziert, in welcher 
Weise die sexituberktilaren bunodonten Zähne lophodont 
werden und zwar zunächst ortholophodont. Diesen Cha- 
rakter mit seinen 2 Querjochen (Fig. 440 1, dem Proto- und 
Metaloph. die in den oberen Hackenzähnen fast recht- 
winkelig auf dem Ectoloph, der „Außenwand" stehen, er- 
hält sich am reinsten bei den Tapiren. Die Zahnkrone 
ist niedrig, ohne Zement, die Wurzeln früh geschlossen. 

arg« 



Fig. 441. I und 
II oberer Molar von 
der Steile und der Kau - 
fläche, III unterer 
Molar v. Systemodon 
( tapi roid i ; IV oberer . 
V unterer Molar von 
Hyraebyus; narbOs- 
born. — VI oberer 
Molar von Rhino- 
ceros, nach de Blain- 
ville. er Crieta; rlph 
Ectoloph ; gißQtgm- 
sporn; hlphd Hypo- 
lophid: hyl Hypo- 
conulid; me Meta- 
coiiuh; mlph Meta- 
loph; mlphd Metalo- 
phid; f»i Paraconu»; 
ps I'ara»tyl; p'ph 
Protoloph; sp Sporn. 




Flg. 440. Zweiter 
unterer Molar von Ta- 
pi n». 




Auch eine Anzahl heutiger Rhinocerosse hat den Charakter in Hauptsache 
bewahrt, obwohl Faltung des Emails, wodurch der Sporn (Crochet). Gegen- 



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Peri**odactyla t Körperbau. 



«07 



s|K>rn (Anticrochet) und Kamm (Crista) entsteht (Fig. 441 VI ). bereits ein- 
tritt. Sie führte in extremer Entwickelung zur starken Emailfaltung beim 
pleistocänen Elasmotherium (Fig. 442). Analogie mit dem Pferdegebiß 
äußert sich dann weiter darin, daß die braehydonte Krone sich zu einer 
hypselodonten entwickelt, daß Zement sich absetzt auf der Zahnkrone 
(Fig. Ulf>, p. 17t>). Diese il Prozesse spielen in der Stufenreihe der 
Pferde in steigendem Matte eine Rolle; sie machen den Zahn zu einem 
hypselodonten, dessen Krone lange wächst, dessen Wurzel klein bleibt 
und erst spät sich schließt. An die Außenwand (Ectoloph) — entstanden 
aus dem vorderen und hinteren Außenhöcker (Para- und Metaconus) 
schließt sich das Vorjoch (Protoloph) und das „ 
Nachjoch (Metaloph) an: so jedoch, daß sie halb- /->~*fr~r — rv 
mondförmig gekrümint und in der Mitte der Zahn- f^^^^J^ , 
kröne verschmolzen, das ursprüngliche vordere Vi <wy]/) \ 
und hintere Quertal zur Vorder- und Hinter- V 
marke (auch „Kunde" genannt) abschließen. So i >]^** l ' Si '"*s i % 
entsteht ein Zahn, dessen Kaufläche Anklänge \£D^7 \*\ 

bietet an den selenodonten und darum mit /^o<^ $J 

Schlosser als „selenolophodont" bezeichnet werden ^ r 
kann. Weitere Komplikation erfährt die Krone «ccssasoB**^---. 



dadurch, daß der Protoconus als „Pfeiler des Vorderjochs** mit letzterem 
als Schmelzhalbinsel durch engen Isthmus verbunden ist. Als „Pfeiler 
des Hinterjochs" wird der Hypostyl bezeichnet (s. Tabelle p. 5U4 1. der dem 
Hinterjoch als Halbinsel anhängt. Vom Cingulum oder der Peripherie 
der Krone geht außerdem der Parastyl = Eckfalte (vordere Höhenfalte) und 
der Mesostyl — Mittelfalte (mittlere Höhenfaltci hervor. Erstere verbindet 
sich von außen mit dem Paraconus, letztere mit dem Metaconus. Eine 
weitere Schmelzfalte an der Innenseite des Vorjochs liefert den „Sporn". 

Während somit die Tapire, Nashörner und Pferde deutliche Unter- 
schiede in den oberen Molaren darbieten, ist dies im allgemeinen in den 
Unterkiefer-Molaren weit weniger der Fall. Hei den Tapiren treten nur 
zwei Querjoche auf (bilophodont). wozu sich der Hypoconulid (hinterer 
Innenhöcker) als eine Art kleines „Schlußjoch" hinzugesellen kann. Da 
bei den Pferden von der Kronenperipherie aus ein Metastylid. als ..Mittel- 
schlinge", sowie ein Entostylid und Parastylid sich ausbildet und diese Falten, 
ebenso wie das Metaconid als „Vorderschlinge", das Entoconid als „Hinter- 
schlinge" mit dem kurzen, aber breiten, von vorn nach hinten verlaufenden 
Vor- und Nachjoch sich verbinden (s. Fig. 4.'K) IV ), so erfährt die Krone auch 
schmelzfaltige Komplikation. Diese genügt aber nicht, das vordere und 
hintere Quertal zu echten „Marken" abzuschließen. Daher nennt man 
auch die Vorder- und Hintermarke hier „falsche**. 

Im I^aufe der historischen Entwicklung zeigen die drei hintersten 
Prämolares und zwar zunächst der hinterste Neigung, in Größe zuzu- 
nehmen, den Charakter der Molaren anzunehmen und zusammenzurücken, 
während P, Reduktion erfährt, einwurzelig wird und endlich schwindet. 
Auch kann es geschehen, daß er nur im Milchgebiß gebildet wird und 



Fig. 442. Klaxnioiheriuiii sibiricum, nach F. Brandt. 
I oberer Molar; /xi Paraconu*; ml Metaloph; // Proto- 
loph; pr Protoconus: II unterer Molar; hyl Hypolophid; 
mld Metalophid. 




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♦JOK XIII. Ordnung: Periasodactyla. 

als solcher bestehen bleibt (Rhinocerosi. Auch die Canini können rudi- 
mentär werden und schließlich ausfallen (weibliche Pferde i. Gleichem 
Lose fallen namentlich die oberen Canini und Incisivi der Nashörner, bei 
einer Art im Alter alle Incisivi anheim. Ueber die Incisivi der Pferde 
vergleiche die Darlegung auf p. 170. 

An die beweglichen Lippen, von denen die Oberlippe mancher 
Khinoceros-Arten eine Greiflippe ist. schlieiJt sich die Mundhöhle an. deren 
harter Gaumen /ahlreiche Gaumenleisten hat. Die mit filiformen Papillen 
bedeckte Zunge hat beiderseits bis zu 10 12 (Khinoceros umwallte Pa- 
pillen oder deren nur 2 - beim Pferd. Letzteres hat auch Pupillae 
foliatae als Handorgan mit .*'»— in Furchen. Sämtliche Speicheldrüsen, 
namentlich die Parotis, sind gut ausgebildet. Der Magen, der mehr oder 

weniger retortenförmig ist. zeigt stets an 
der ösophagealen Seite, die nach links er- 
heblich ausgedehnt ist. einen umfangreichen 
Abschnitt, der mit geschichtetem ösopha- 
gealem Epithel bedeckt ist. Daran schlieiJt 
sich, wenigstens bei Tapir und Pferd, eine 
schmale Cardiadrüsenregion. mit geknäul- 
ten Drüsen an. Umfangreicher ist die der 
grolien Kurvatur anliegende Fundusdrüsen- 
region mit Labdrüsen. Am pylorialen Ende 
endlich liegen die verästelten Pylorusdrüsen. 
Die Muscularis bildet am Pylorus einen 
kräftigen Sphincter. 

Der Dann zeichnet sich durch seine 
Länge aus, die beim Pferd für das Jejunum 
12 m, für das Ileum in m. für das Colon 
3.;") in beträgt: namentlich aber durch die 
Weite des Coeeum und des Colon, die ein 
Fassungsvermögen von IM) Liter haben 
|Frank|. Letzteres bildet eine lange Schlinge, 
deren Schenkel dicht aneinanderliegen. Aehn- 
liche Verhältnisse bieten die anderen Perissodactvla. nur ist das Coccuni 
mit seiner Spitze nicht nach vom gerichtet wie beim Pferde. Heim Tapir 
beträgt die Totallünpe des Darinkanals ungefähr 2.'J in. Auffallend ist, 
daß von den asiatischen Khinoceros-Arten nur bei Rh. sumatrensis der 
dünne Darm glatte quere Falten hat. ähnlich den Valvulae conniventes des 
Menschen, die anderen aber längere oder kürzere Flocken (Villi). Unter- 
schiede bietet auch die Leber dar. Dieselbe besteht stets aus drei Lapi»en. 
von denen der mittlere in zwei oder mehr Unterlappen verteilt sein kann. 
Der Lobus Spigelii ist klein, zuweilen einzelne Khinoceros-Arten) nur ein 
dünnes Anhängsel. Fin Lobus caudatus ist vorhanden. Die Gallenblase fehlt. 

Der Kehlkopf liegt dauernd intranarial i retrovelar). Unter den 
Perissodactvla zeichnen sich die Peptiden aus durch stärkere Ausbildung 
der Stimmbänder und ihre Annäherung an die Kasis der Kpiglottis. An 
dieser Stelle, oberhalb der Stimmritze, stülpt die Schleimhaut sich bei den 
Pferden zu einer kleinen mittleren „Stimmtasche" aus. Hei Tapir ist sie 
doppelt und weit umfangreicher. Umgekehrt verhält es sich bezüglich der 
seitlichen Stimmtaschen (Ventriculi Morgagni), die gleichfalls oberhalb der 
Stimmbänder nach dem Thvreoid zu sich ausstülpen und bei Pferden weit 




Fig. 443. Schematisierter Me- 
dianschnitt durch den Magen des 
Pferde«; nach Fdehnann lauft 
Oppcli. Ors Oesophagus; /'Py- 
lorus. — Schluiulabtrilung : qner- 
»ehraffiert ; ( 'ardiadriiaciiregion : 
schrägwhraffiert ; Fundusdriisen- 
region: punktiert; Pylonisdriisen- 
region: mit Kreuzen. 



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PcriHnodactyla, DiagnnM. 



609 



ausgei leb n ter sind. Die Lappting <lcr Langen beschrankt sich höchstens 
auf eine untiefe Einschneidung in einen vorderen Spitzen* und hinteren 
Hauptlappen. Außerdem kann der rechte noch einen medialen oder pyra- 
midenförmigen Lappen (Lohns impar) abgehen (Pferd). 

Die Nieren, mit Ausnahme von Rhinoceros, sind ungelappt. Die 
Ductus papilläres der Nieren kanalchen münden teils auf der einzigen Nieren- 
papille aus. die in das Nieren- 
becken hineinragt, teils münden 
sie au.> in einen feinen „Nieren- 
gang", der in das Kopf- und 
Schwanzende der Niere sich fort- 
setzt und damit die Nierenpapille 
fortsetzt ( Pferd i. Die weihliche 
Harnröhre mündet am Eingang 
der Scheide in dieselbe ein, kurz 
hinter deren Vorhof. Die Ver- 
hältnisse heim Hengst zeigt Fig. 
^17 (p. 261 ). Bei letzterem liegen 
die Testikel in einem echten Sero- 
tum. Sie treten aber erst spät 
in dasselbe ein und lange Zeit 
erhält sich die Fähigkeit, dieselben 
in die Hauchhöhle zurückzuziehen. 
Als Abnormität kommt dauernder 
Verbleib einer oder beider Te- 
stikel in der Bauchhöhle Kryp- 
torchidismus) vor. Aehnlich liegen 
die Verhältnisse bei den anderen 
Perissodactyla. nur fehlt jede 
Spur eines Scrotum. Die Testikel 
liegen ziemlich entfernt vom 
äulieren Leistenring unter der 
Haut neben dem Penis und unterhalb der Zitzen. Accessorische Ge- 
schlechtsdrüsen sind reichlich vertreten |Oudemans]. Allgemein kommen 
vor Glandulae vasis deferentis, Gl. vesiculares und ßl. probat icae. Neben 
diexen auch noch III. urethrales. Die ebenfalls allgemeinen Gl. ('ow|>eri 
zeichnen sich bei Pferden durch zahlreiche Ausmündungen aus. Der Fterus 
ist zweihörnig: die Placenta eine diffuse. Vom Pferde ist bekannt, dafl 
anfänglich der Dottersack (Nabelblase) gut ausgebildet ist und durch >eine 
reichliche Vaskularisation es vorübergehend zu einer Dottersacksplacenta 
bringt. Bald tritt aber Schrumpfung ein und das Allantochorion über- 
nimmt die Rolle der Placenta. Regel ist. dali nur ein Junges geboren 
wird, dessen Tragezeit beim Pferde l'J Mondmonate dauert. 

Diagnose: Perissodactyla sind herbivore Fngulata. «leren Extremitäten 
wenigstens hinten unpaarzehig CA oder 1) sind. Das Körpergewicht ruht 
ausschließlich oder in erster Linie auf dem III. Digitus, durch den die 
Extremitätenachse geht (Mesaxooia), die ihn in zwei symmetrische Hälften 
teilt. Der Talus hat nur eine proximale ( ielenkrolle: der Calcaneus 
artikuliert nicht mit der Fibula. Das Femur hat einen Trochanter tertius. 

39 




Fip. 14 l. Schema der Eihäute eine* Pferde- 
Embryo, 2s Tajre nach dem Decken. Der 
Kmbryo lie^i im Aminiuii. ./// Allantoi*; ./. /; 
Amniogenec Cborinn; AT? Nnl>ell>lase; A' Kand- 
zone de* Nal>elbla.senfelde-. ; nach hnnnct. 



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OK) 



XIII. Ordnung: l'eris*odartylii. 



2H— 22 thoraco-lumbale Wirbel. Die Nasalia sind hinten verbreitert, ein 
Alisphenoidkanal ist vorhanden, das Tympanicum klein, ringförmig oder 
mir wenig aufgeblasen. Von den Harkenzähnen, die eine geschlossene 
Reihe bilden und entweder lophodont oder selcnolophodont sind, gleichen 
die hinteren Praetnolares den Molares und haben wie diese eine quadratische 
Form. Der Magen ist einfach, das Coecum groß und weit; eine Gallen- 
blase fehlt. Die Tuba Eustachii hat eine mediale Aussackung, desgleichen 
der Yorhof der Nasenhöhle eine laterale. Die Testikel liegen inguinal, 
zuweilen skrotal: alle accessorischen Geschlechtsdrüsen sind vorhanden. 
Im Uterus bicomis entwickelt sich nur ein Junges mit diffuser Placenta. » 
Zwei inguinale Zitzen. 

Geographische Verbreitung. Die recenten Perissodactyla sind, mit 
Ausnahme eines Teiles der Equiden auf die Tropen und Subtropen be- 
schränkt: ferner auf die Alte Welt, mit Ausschluß der australischen und 
madagassischen Region, mit einziger Ausnahme einiger Arten von Tapir, 
die in Zentral- und Süd-Amerika vorkommen. Die zoogeographische Merk- 
würdigkeit, dab Tapire außerdem nur noch in Malakka. Sumatra und Borneo 
angetroffen werden, verliert alles Besondere im Lichte der Paläontologie, 
die lehrt, daß Tapire früher eine weite Verbreitung hatten im ncarktisehen 
und palaearktischen Gebiet. Dies galt auch für die Nashörner, die früher 
weit verbreitet waren, auch in Europa und Nordamerika: sie starben hier 
aber aus. nachdem sie sich bis zum Diluvium erhalten hatten ('s. u.». 
Die verschiedenen Arten von Rhinoceros, die jetzt in Afrika. Vorder- und 
Hinterindien und auf den drei Großen Sunda-Inseln leben, erscheinen damit 
als Relikten. 

Von den wilden Equiden sind die einfarbigen: Hemionus, Pferd und 
Esel zentralasiatisch und zirkum-mediterran. während die gestreiften Pferde 
Süd- und Zcntral-Afrika bewohnen Während früher wilde Pferde auch der 
neuen Welt angehörten und Nord-Amerika überhaupt wohl die Wiege auch 
der altweltlichen Equiden war, wurde das domestizierte Pferd in all seinen 
Rassen durch den Menschen von Europa aus über die ganze Erde verbreitet. 
Denn auch Süd-Amerika hatte zur Zeit der Entdeckung keine Pferde 
mehr. Trotz neuerdings erhobener Zweifel, besagt die herrschende Ansicht, 
daß die Flächen Süd- Amerikas, obwohl sie in quatemärer Zeit durch zahl- 
reiche Herden von +Equus rectidens bewohnt wurden, erst wieder mit 
Pferden bevölkert wurden, welche die Spanier einführten und welche ver- 
wilderten. Das Pferd starb in vorhistorseher Zeit aus in den Gegenden, in 
denen gegenwärtig das eurasiatische Pferd wieder gut leben kann. Die Ur- 
sache dieser Geschehnisse ist vorläufig ein Problem. Weiteres Studium der 
Geschichte der Haustiere muß lehren, ob das hier Vorgetragene richtig ist. 

Taxonomie. 

Zunächst soll eine Uebersicht Uber die recenten Perissodactyla ge- 
geben werden. Weiter unten sollen dann deren zahlreiche Vorfahren 
und ausgestorbene Verwandte, somit eine vollständige kursorische Ueber- 
sicht über alle als Perissodactyla aufzufassenden Ungulaten folgen, deren 
Familien auf p. <!14 und Bio tabellarisch zusammengestellt sind. 



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Perissodactyla. Taxonomie. 



611 



1. Familie: TAPIRIDAE. Dicht behaarte, vereinzelt lebende, mehr 
oder weniger nächtliche, harmlose Tiere mit abgerundeten Formen. Ober- 
lippe und Nase zu einem beweglichen Rüssel vereinigt; Schwanz sehr 
kurz. Am seitlich zusammengedrückten , nach hinten erhöhten Schädel 
sind Orbita und Temporalgrube in weiter Kommunikation, die Processus 
nasales der Jntermaxillaria erreichen die Nasalia nicht. Diese sind kurz, 
nach hinten stark verbreitert und überdachen in horizontaler Lage die 
weiten Nasenlöcher, die weit nach hinten reichen. Tympanicum klein, 
einigermaßen ringförmig; Processus postglenoideus und posttympanicus be- 
rühren sich nicht. 18 Thorakal-, 5 Lumbal-, G Sakral-Wirbel. Vom 4, 
hinten 3 Finger, durch Ausfall vorn von Finger I, während II klein ist: 
hinten von Finger I und V. Sind mit ovalen Hufen bekleidet (Fig. 433). 
Gebiß l •}- $ ^. Backenzähne brachydont. ohne Zement, bilophodont, indem 
zwei Querjoche auftreten (Fig. 440). P' hat Milchvorgänger. P T fehlt. 
15- größer als C; I 3 kleiner und hinfälliger. Scrotum fehlt, Testes lang- 
oval; eine Vena cava superior. 

Das einzige Genus Tapirus Cuv., mit den Merkmalen der Familie, 
wird zuweilen in zwei Subgenera zerlegt. 

A. Klasmoukathi's (Jill. Das Septum nasale (Mesetbmoid) verlängert sich als 
verknöcherte Platte über die Nasalia hinaus und wird gestützt durch Knochen platten 
von den Gaumenforteätzen der Maxillaria. 7". <K.) Hairdi Gill und Do-ci Gill. Beide 
von Zentral-Arnerika. 

B. Bei allen übrigen erstreckt »ich die Ossifikation des Mcsethmoid nur l>is zum 
Ende der Nasalia. Von diesen leben die einfarbigen 71 amerieanns und T. fi/ncha- 
tus Koulin in Süd-Amerika von (tuiana bis Argentinien, letzterer in den Andes. T. 
induus (». Cuv. Rumpf zwischen den Extremitäten weiß, übrigens schwarz; die größte 
Art. In Ost-Asien von Tengsscrim über Malakka bis Sumatra und Borneo. 

Vom indischen Tapir und von T. americanus ist bekannt, daß das junge Tier 
dunkelbraun ist mit gelben, rundlichen oder verlängerten Flecken. 

2. Familie: RHIHOCEROTIDAE. Schwerfällige, herbivoro Tiere, mit dickor 
Haut und spärlicher Behaarung (p. 597), ausgezeichnet durch 1 oder 2 nasale 
resp. frontale Höraer, aus verhornter Epidermis bestehend. Schwanz mäßig 
lang mit dünner Endquaste. Schädel verlängert, nach hinten erhöht, stark 
pneumatisiert. Jede Trennung zwischen Orbita und Temporalgrube fehlt. 
Tympanicum klein, einigermaßf 11 ringförmig. Processus postglenoideus und 
posttympanicus groß, übrigens ihr Verhalten artlich verschieden. Liter- 
maxillarin auch im alveolaren Teil klein, so daß sie einander median meist 
nicht berühren. Sie sind vollständig von den Nasalia getrennt. Letztere 
sind kräftig, verschmolzen und Uberragen die weiten Nasenlöcher. 19 — 20 
Thorakal-, 3 Lumbal-, 4 Sakral-Wirbel. Die kurzen, stämmigen Extre- 
mitäten enden in 3 Fingern, indem vorn und hinten Finger I und V nicht 
entwickelt ist. Die kurzen Hufe schließen an eine gemeinschaftliche, ver- 
hornte Sohlenfläche an, der ein elastisches Kissen unterliegt. Die Backen- 
zähne P-j--~M-j- ] »hid lophodont, oben mit Ectoloph, gleichartig, mit Aus- 
nahme von P,, der kleiner ist. und früh ausfällt (Fig. 441 1. Incisivi und 
Canini unterliegen vers« hiedengradig der Reduktion. Ohren aufgerichtet, in 
der Nähe des Hinterhauptes, vorspringend. Niere gelappt. Kein Scrotum. 

In welcher Weise namentlich nach Flower und Osborn die fünf recenten 
Vertreter des Sammelgenus Rhinoceros L. sich gruppieren lassen, soll 
hier hervorgehoben werden, da es, in Verbindung mit den weiter unten 
zu behandelnden paläontologischen Erfahrungen, Ausblicke gestattet auf die 
Genealogie dieser Familie. Man kann die drei Gruppen durch generische 

39* 



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6 Ii? 



XIII. Ordnung: Periwodactyla. 



Namen unterscheiden, die nach 0. Thomas, den herrschenden Prioritäts- 
geselzen entsprechend, lauten: 

A. Dickrorhinis G loger. (Ceratorhinus Gray). der laterale 
obere und der mediale untere lncisivus fallen meist aus. Backenzahne 
brachydont, obne Zement. Ectoloph der oberen gebogen, mit kräftigem 
Parastyl. Processus postglenoideus und posttympanicus getrennt. Nasalia 
schmal, vorn zugespitzt. Ein nasales und weit davon entfernt ein frontales 
Horn. Ohne Klauendrüse. Rh. sumatmisis G. Cuv. Die kleinste Art, 
ist in mancher Hinsicht die primitivste. Sie ist denn auch von allen am 
dichtesten behaart : die Haut weniger dick, daher die Faltung derselben 
auch wenig ausgesprochen: das Hinterhaupt schmal, niedrig. In Bornen, 
Sumatra. Malakka. Burmah und Assam. Aus letzterem Gebiet als Rh. 
lasiotis Sei. beschrieben. 

B. Rhinoceros L. s. str. I'^'Cy. Processus postglenoideus und 
posttympanicus verbunden. Nasalia vom zugespitzt. Ein nasales Horn. 
Haut dick, in permanente Falten gelegt-. Mit Klauendrüse. Rh. sotidai- 
cus Desm. (javanicus Cuv.». Backenzähne wie bei Rh. sumatrensis. Er- 
streckt sich von Bengalen über Malakka bis Java. Rh. unicornis L. 
(indicus Cuv.) Backenzahne einigermaßen hypselodont, mit Zementlaire auf 
der Krone: Ectoloph abgeflacht. Parastyl reduziert. Hinterhaupt steil sich 
erhebend. Diese größere Art ist die nördlichste, gegenwärtig auf Assam, 
Bhutan und Nepal beschränkt. 

0. Drkros Gray < Atelodus Pomel). Incisivi und Canini hinfallig. 
Intenuaxillaria berühren sich median nicht. Processus postglenoideus und 
posttympanicus teilweise getrennt. Nasalia vorn rundlich abgeschnitten. Zwei 
nasale Hörner. Dicke Haut ohne bleibende Falten. Rh. bicornis L. Backen- 
zahn* brachydont, aber mit dünner Zementlage. Proto- und Metaloph quer. Ec- 
toloph mit Parastyl. Ganz Afrika von Abessinien bis zum Kap. mit Aus- 
nahme von West-Afrika nordlich vom Kongo. Rh. simus Burch. Backen- 
zähne hypselodont, mit dicker Zementlage. Proto- und Metaloph schräg, 
sonst wie Rh. unicornis. Oberlippe quer abgeschnitten. Zentral- und 
Süd-Ost-Afrika, fast ausgerottet, namentlich südlich vom Sambesi. Nament- 
lich diese und die andere hypselodonte Art Rh. unicornis grasen auf aus- 
gedehnten Flächen, während die drei braehydonton Arten mit ihrer zuge- 
spitzten Oberlippe Zweige zur Nahrung abbrechen. 

3. Familie; EttUIDAE. Hochbeinige, schnellfüßige, dicht behaarte, in 
Herden lebende Tiere, mit mäßig langem, verschiedentlich behaartem 
Schwanz. Schädel in seinem Angesichtsteil verlängert, Orbita durch Or- 
bitalring von der Temporalgrube oberflächlich getrennt. Tympanicum 
etwas aufgebläht, bildet kurzen, äußeren Gehörgang. Processus post- 
glenoideus und posttympanicus getrennt. Intermaxillaria kräftig, ihr Pro- 
cessus nasalis begrenzt seitlich die Nasenlöcher und verbindet sich mit 
den Nasalia. Letztere sind lang, schmal, hinten wenig verbreitert. 18 — 19 
Thorakal-, 5 f> Lumbal-, 5- ii Sakral-Wirbel. An den Extremitäten ist 
nur der 8. Finger ausgebildet und mit einem Huf bekleidet, von den 
übrigen Zehen sind nur die Metapodien II und IV als Griffelbeine erhalten 
(Solidungula früherer Autoren). Gebiß: ij { :t .l 4, |'. Incisivi ausgezeichnet 
durch Vorticfung, richtiger durch vertiefte, seitliche Einfaltung, die mit Zement 
angefüllt und als Marke oder Kunde bekannt ist. Canini beim Weibchen 



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PerifBodurlyla, Taxonornie. 



613 



rudimentär: P, kommt gewohnlieh nur im Oberkiefer zur Entwickelung, 
bleibt al>er klein und füllt früh aus. Backenzähne 'Fig. 430 p. 5t>5) 
quadratisch: beide Außenhüeker bilden im Oberkiefer ,,Außenwand u -Ectoloph. 
Von den gleich großen Innenhöekern verschmilzt je einer mit «lein benach- 
barten Zwischenhöcker zu einem nach rückwärts gekrümmten Querjoch, das 
anfänglich von der Außenwand get rennt ist 'selenolophodont). Dazu kommen 
weitere Komplikationen durch periphere Stvli und Schmelzfaltung ('s. o.). 
Eine Vena cava superior. Niere ungelappt. Testikel liegen im Scrotum. 
Die recenten Equiden lassen sich in zwei Hauptgruppen zerlegen. 

A. Equiden mit Kallositaten (Kastanien) oberhalb des Karpal- und 
unterhalb des Tarsalgclcnkes : die langen Haare des Schwänze» beginnen 
an dessen Wurzel. Ohren kurz, Hufe breit. Eyt TS L. s. str. 

B. Kallositaten nur an der Vorderextremität. Die langen Haare be- 
ginnen erst halbwegs am Schwänze, Ohren meist lang, Hufe schmal, hoch. 
Asixrs Gray. Höchstens mit medianem Kückenstreif und Schulterstreif. 
Hippotigris H. Sm. Wenigstens Kopf, Hals und Vorderrumpf mit dunkeln 
Bändern. 

Will man diese drei zu Subgenera oder gar Genera erheben, so ist 
im Auge zu behalten, daß ihnen dann nur rein deskriptiver Wert zukommt, 
da ihr gegenseitiger phylogenetischer Zusammenhang noch nicht aufgeklärt 
und Zusammenfassung in dem einzigen Genus Eqits vorläufig noch ge- 
stattet ist. 

Eguus caballus L. Das Hauspferd, zu der Rubrik A. gehörig, mit 
langer Mähne. In Zahlreichen Rassen kultiviert, deren Extreme: Pony 
und Karrenpferd um die doppelte Größe sich unterscheiden können: durch 
Zutun des Menschen über die ganze Erde verbreitet und hier und <la ver- 
wildert (Mustangs von Süd-Amerika). Sannen nimmt acht Rassen an: von 
diesen sind E. caballus germanicus, frisius, belgius und sequanus dolicho- 
cephal: asiaticus. africanns, hibernicus. britannicus brachycephal. — Mehr 
Beifall fan«l die Einteilung Francks in eine orientalische Grundform, deren 
Gesichtsschädel zurücktritt gegenüber dein Gehirnschädel. Ihr gehören die 
arabischen, persischen, mongolischen, russisch-ungarischen Pferde an mit kon- 
kavem oder geraden» Profil, quadratischen Backenzähnen und einfacherer 
Schmelzfaltung um die Marken. Der occi.lentalen Grundform gehört dann 
das Pferd der Alpen (norischet, das germanische, flämische Pferd, die Per- 
cheronrasse an. Hier überwiegt der Gesichtsschädel sein Profil ist häufig kon- 
vex (ramsnasig). Backenzähne länger als breit, mit komplizierter Schmelz- 
faltung um die Marken. Vermischung beider Grundformen hatte vielfach 
statt und kompliziert die Frage nach dem Ursprung des Hauspferdes. 

Offenbar leitet sich dasselbe von wenigstens zwei Wildpferden her. 
In welcher Weise ist eine Frage, die neben Zoologie und Paläontologie auch 
die Archäologie zu beantworten hat*). Ob der im Jahre 1876 auege- 
rottete Tarpan aus den südrussischen Steppen hierbei eine Rolle spielte, 
ist leider nicht mehr zu entscheiden, da Verwilderung sowie Bastardbildung 
mit Wildpferden nicht ausgeschlossen ist. Der im Jahre 187!» entdeckte 
E. prznmlski Poljakoff ist nach Noa«k ein kleine« Pony-artiges Wildpferd 



♦» Verpl. z. It. C. Keller, Ahntaimnung der ältesten Haustiere. Zürich 1892. 
A- Ecker. D. europ. Wildpferd u. «lesscn Beziehungen z. domestizierten Pferd. Glnlma. 
1878. .«owie die Schriften von Riltimeyer. Korsyth Major. Wilekenf», Noack, Wort man, 
Nehnnp. Marie Pavlow u. A. 



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«514 



XIII. Ordnung: PeriModactvla. 



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616 



XIII. Ordnung: PemHodactyla. 



der Mongolei, dessen Schädel mit dem einer mittelgroßen deutschen Pony- 
rasse fast absolut Übereinstimmt. Die Färbung des E. przewalski ändert sich 
nach dem Standort, stets aber zeigt sich ein dunkler Dorsalstreif, den 
auch kleinere, hellgefärbte Pferderassen zeigen. Zuweilen ein Schulter- 
streif, wie ihn auch die Esel, aber niemals die Hauspferde, haben. Ferner 
können verwaschene Querbänder an Hand- und Fußgelenk auftreten, wie 
sie ja auch von mausfarbigen Hauspferden bekannt sind und als Rück- 
t schlag nach der ursprünglich gebänderten Zeichnung der Vorfahren ge- 
deutet werden. Im Hinblick auf den Schwanz, dessen Behaarung die 
Mitte hält zwischen Pferd und Esel, in Anbetracht ferner der Mähne, des 
Schulterstreifens und des Fehlens eines Schopfes — lauter Eselmerkmale — 
halt Salensky dieses Wildpferd für eine verallgemeinerte Form zwischen 
Pferd und Esel, die der gemeinsamen Stammform nahesteht. Vielleicht 
verbindet das Diluvialpferd, mit dem nach Noack Przewalskis Pferd viel 
Aehnliehkeit hat, dasselbe mit dem Hauspferd (s. u. p. fi21). 

Unserer Rubrik B. gehören zunächst die Wildesel an, ausgezeichnet 
durch verhältnismäßig lange Ohren, aufgerichtete Mähne, Schwanzwurzel 
mit kurzem Haar, das allmählich länger wird, nur vom „Kastanien", und 
durch ein einfarbiges Haarkleid. Dies ist dunkelrötlich mit hellerem 
Bauche und dunklerem Rückenstreifen bei der größten Art E. (Asi/tus) 
hemiotnts Pall., die in Herden bis zu tausend Stück die Steppen von 
Süd-Sibirien, Turkestan, Mongolien bewohnt. Dieser Dschiggetai ist aber 
ebensowenig wie die übrigen zentralasiatischen Wildesel an einen be- 
grenzten Ort gebunden. Vielmehr wandern sie durch Futtermangel ge- 
trieben in diesen ausgedehnten, aber armen Gebieten. Dessenungeachtet 
kommen verschiedene Rassen vor, die als Arten beschrieben wurden, so 
der Kiang. E. {Asinus) klang Moorer. von Tibet, Kaschmir bis Yarkand. 
Als gute Arten werden meist betrachtet, E. (A.) ottagtr Briss. Der Kulan 
oder Onager, kleiner, heller, nach dem Weißlichen hin; aus Persien, Afgha- 
nistan bis zum nordöstlichen Vorder indien. Als E, (A.) hemipfms Is. Geoff. 
ist der Vertreter in Syrien bekannt. 

Der einzige afrikanische Wildesel /:'. \A.) africamts Fitz. — tacniof>us 
Heugl. aus dem nordöstlichen Afrika ist graufarbig, mit deutlichem, verti- 
kalem, schwarzem Schulterstreifen. Man betrachtet ihn als den Stamm- 
vater des Esels £. iA.) asinus L., der durch Domestikation in Farbe und 
Größe variiert, in manchen Formen aber dem E. afrieanus gleicht. 

Durch gestreiftes Haarkleid unterscheiden sich von den Eseln, die in 
Afrika von SomaJiland ehemals bis zum äußersten Süden verbreiteten sog. 
gestreiften Pferde, die als Hipi'otk«RIS H. Sm. zusammengefaßt werden. 
Diese Herdentiere, die teils Berggegenden, namentlich aber die offenen 
Flächen bewohnen, sind durch fortgesetzte Jagd sehr dezimiert. Vollständig 
ausgerottet ist Equus (//.) quagga (im., der früher Süd-Afrika bewohnte. 
Mit Ausnahme der Extremitäten, des Schwanzes und des Bauches von 
weißlicher Farbe hatte die übrigens rot bräunliche Farbe an Kopf und Hals 
unregelmäßige braune Bänder, die auf dem Rumpfe allmählich schwächer 
werden. - Das am längsten bekannte Zebra E. < //.) zrbra L. aus den Ge- 
birgen der Kapkolonie, von Xamaqua- und Damaralaud unterscheidet sich 
von E. (//.) bitrchrlli Gray durch geringere Größe, intensivere Streifung bis 
zu den Hufen und deren regelmäßige Anordnung in kurzen Querbändern 
auf dem Hinterrücken. Burchells Zebra dehnte sich früher vom Oranje- 
fluß bis Uganda ans. In diesem ungeheueren Gebiete bildeten sich viele 



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Peri**odaetyla: I. Stamm: Titanotherioidea. 



617 



lokale Farbenvarietäten ans, die als Arten beschrieben werden (Chapmani, 
Selmisii, Böhmi etc.). Durch zierliche abweichende Bänderung auf weißem 
Grunde unterscheidet sich E. (H.) grrvyi M. Edw. aus Schoa im Somali- 
land. (Vergl. die genealogische Uebersicht auf p. 623). 

Vorgeschichte. 

Bei dem Reichtum ausgestorbener Formen, worunter ganze Familien, 
die keine direkten Nachkommen hinterließen, muß die Vorgeschichte aus- 
führlicher behandelt werden, als dies bei den bisher behandelten Ord- 
nungen geschah. Am übersichtlichsten wird dies in der Weise geschehen 
können, in welcher die Taxonomie der recenten Formen besprochen werden. 
Hierbei sei auf die synoptische Tabelle auf p. Hl 4 und (Un verwiesen. 



I. Stamm: + Titanotherioidea. 

1. Die Familie der +PALAE08T0PIDAE ist auf das Eocän Amerikas 
und Europas beschränkt. Es waren Tiere, die im Aeußeren dem Tapir 
wohl am nächsten kamen, ihn teilweise aber an Größe übertrafen und 
höhere Extremitäten hatten. Das Volumen des Gehirns, das ja bei allen 
eocänen Säugern klein war, 
war nach Earle bei +Palaeo- 
syops Leidy fast um die 
Hälfte kleiner als bei Tapirus 
und namentlich im Großhirn 
wenig ausgebildet. Vermut- 
lich ist +LAMBDOTHERILM Cope 
aus dem Unteroocän Nord- 
Amerikas die primitivste Form 
der Reihe, die durch Palaeo- 
syops zu +Diplacodon Marsh 
führt. Letztere von der Größe 
eines Rhinoceros, bildet den 
vermutlichen Uebergang zu 
+Titanotherium und hat dem- 
entsprechend primitive Merkmale der Palaeosyopidae verloren : die 2 hin- 
teren oberen P sind molariform, Canini verlängert, mit scharfer Schneide, 
Carpus verlängert, desgleichen Calcaneus u. s. w. 




Fig. 445. Palaeosvöps paludotmx; nach Earle. 
V, n. Gr. 




Fig. 440. Telmatotherium comutum; nach Üsliorn. '/«• 

Zu den neuen wichtigeren Funden im nordamerikanischen Ober- 
eocän (Uinta-Becken) gehört die Bestätigung von Earls Vermutung, dalJ 



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XIII. Ordnung: Peri*.*odactyla. 



+ TELMATOTHEBIUM Marsh mit mehr Wahrscheinlichkeit in die direkte Linie 
der Vorfahren der + Titanotheriidae gehöre. Namentlich eine der jüngsten 
Formen + 7. cormitum Osb. zeigt ein flaches Cranium, lange Nasalia und 
den Anfang nasofrontaler Homer. Gebiß %\ \ % mit verschiedenen be- 
ginnenden titanotheren Charakteren. 

2. Familie: + TlTANOTHERITDAE. Au» dem Oligo-Miocän Nord-Amerikas 
und Europas (Bulgarien, Pikermi ) bekannt, namentlich in vollständigen 
Reihen aus den 60 m dicken oligoeänen Sedimenten der White River Beds. 
die auch als Titanotherium-beds bekannt sind. Diese gewaltigen Tiere 
von Nashorn- bis Elofantengröße mit seitlich vorspringenden nasalen 
Knoehenhömern sind als ungefähr 13 Genera beschrieben, die Osborn sämt- 
lich als +Titaxotherh*m Leidy zusammenfaßt. Sie beanspruchen das volle 
Interesse von Variations-Tlieoretikern, da nach Hatchers und namentlich 
Osborn s Untersuchungen in den verschiedenen Horizonten sich dio teils pro- 
gressive, teils regressive Entwickelung des Schädels verfolgen läßt. Hierbei 
wird der Schädel, zusammen mit dem Körper und den nasalen Knochenzapfen 
grüßer, die Jochbogen weiten sich allmählich aus, die Processus postgle- 
noideus und postt ytnpnnicus vereinigen sich allmählich, der Troehanter 
tertius nimmt zu. Neben diesen, für die Tierart progressiven Aenderungen, 
treten Hand in Hand damit und in kausalem Zusammenhang regressive 
Aenderungen ein: die Zahnreihe geht zurück, die Xasalia werden bei Zu- 
nahme «1er Knochenzapfen schließlich auf kleine Knoten reduziert, das 
Trapezium schwindet allmählich, desgleichen das Cingulum der Präinnlaren, 

die Incisivi werden 
variabel von 2 — 0. 
Auch treten indivi- 
duelle Variationen 
auf, namentlich in 
den beiden letzten 
Punkten nud in dem 
Auftreten und Feh- 
len von P r — 
Dies führte endlich 
zu Tieren, die fast 
ad absurdum spe- 
zialisiert waren, wie 
7". platya-ras Scott 
et Osb. mit extre- 
mer Verschiebung 
der Knoclienzapfen 
nach vorn, was wohl 
zu «leren plötz- 
lichem Untergang 
führte. 

Von europäischen 

Fig. -147. I Titanot hrriiuu trigonocenis II. Tit. J{ t ■ % , is , 

nlatvcern.* 1 • muh II. V (Nlx>rn. . . 

zu wenig bekannt, 

um Schlüsse zu gestatten. Die vollständigsten, obwohl nur Unterkiefer, 
von Pikermi. sind als -'■ Lki-todon Onndry besrhrieben. Schließlich muß 
hervorgeholien werden, daß die Titaimtherioidea in verschiedener Hinsicht 
Aehnlichkeiten mit den Artiodactyla aufweisen, die wohl nicht so sehr 




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PeriNOdftclyln: II. Stamm : Hippoidea. 



Analogien als vielmehr Folgen von — wenn auch Hehr entfernter — Bluts- 
verwandtschaft sind. 

II. Stamm: Hippoidea. 

1. Familie: EdUIDAE. Die fascinierende Geschichte der Pferde kann 
hier nur angedeutet werden: eingehendere Behandlung würde Eindringen 
verlangen in die ausgedehnten Spezialergebnisse der Paläontologie, die 
ganz auüerhall) des Kähmens dieses Buches liegen. Namentlich seit Kowa- 
lewski ist eine umfangreiche Literatur entstanden, die sich an der Hand 
der Struktur des Gebisses und der Extremitäten mit der Genealogie der 
Pferde beschäftigt. 

Gegenüber der Ansicht, dali der Ursprung des heutigen Genus Equns 
ein diphyletischer sei, indem es in Nord-Amerika und unabhängig davon 
in Europa entstanden sei, hat die Ansicht Schlossers Fehl gewonnen, wo- 
nach sich aus +Phenacodus (p. <>91) in Nord-Amerika + Hyracotherium 
i Eohippus) entwickelte. Wir haben also auszugehen von der: 

1. Unterfamilie +Hyrncotheriitiac. Der älteste untereocäue Vertreter 
derselben in Europa und Amerika war +Hyracotherii m Ow. Kleine Tiere 
von Fuchsgröße oder wenig mehr, mit nach hinten offener Orbita; Zähne 
5 J Incisivi meißelföunig, Canini konisch, Backenzähne brach vdont, ohne 
Zementkappe, mit großem Cingulum. Molaren oben sexituberkular-bunodont, 




Fig. 448. Hyracotherium venticoluni Cope; nach Cojie. 4 :> n. Gr., po Processus 
po*torbitali*. nebst oberem \A) und unterem (B) Molar von Hyracotherium vulpieep« 
nach Owen. Für die Krklärung der Zahntuberkel vcrgl. die Tabelle auf p. "j!*4. 



die äußeren Höcker niedrig-konisch, ohne Spur von Meso- und Hypostyl. 
Prämolaren einfacher als die Molaren, P, im Diastem zwischen C und P.,. 
Körperbau und Extremitäten Pferde-artig, vom 4 Finger, von denen der 
5. noch kräftig ist, auch soll Rudiment vom Daumen noch auftreten < Eohippus i. 
Hinten drei Zehen, mit Rudiment des 5.; Ulna und Fibula vollständig und 
frei. Hiervon scheidet Wort man die jüngeren Formen des unteren Eocän 
(Wind River) als ' Pkotokohippi s Wortman ab, die bereits die 5. Zehe 
des Fußes verloren, die äußeren Höcker der oberen Molaren in der Rich- 
tung von Halbmonden ausbildeten, den Anfang eines Mesostyl und Hypo- 
styl und kompliziertere P erhielten. Wortman rechnet hierher das am 
besten bekannten + 1 ' lyracotherinni (Protorohippus) VCtlHcolum Cope. Bei 
dem sich hieran anschließenden + Pachyxolophts Pomel (Orohippus Marsh) 



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620 



XIII. Ordnung: Perii»odactyla. 



sind bereits die pyramidalen Außenhöcker zu niedrigem Ectolopli ver- 
einigt ; die unteren Molaren erlangen 2 Innenhöcker in Form einer Doppel- 
schlinge. Auch + Pachynolophus lebte im Unter- bis Ober-Eoeän der 
nördlichen Hemisphäre und setzte sich in Nord -Amerika in +Epihtppus 
fort, als jüngstem (Uinta) der eocänen Pferde [Wort man]. 

Mit Recht sagt daher Schlosser, „der Pferdestamm hat schon früh- 
zeitig Repräsentanten in Europa sowohl als in Nord-Amerika, doch sind 
nur die neuweltlichen Glieder dieses Stammes von wesentlicher Be- 
deutung, indem die altweltlichen sämtlich früher oder später ohne Hinter- 
lassung von Nachkommen wieder ausgestorben sind. Die europäische 
Reibe ergänzte sich immer wieder durch Einwanderung amerikanischer 
Typen. Erst vom Pliocän an scheint der Pferdestamm in der alten Welt 
weiter entwickelungsfähig geworden zu sein." Mag auch die von Schlosser 
1887 entworfene Reihe in einzelnem Detail nicht mehr stichhaltig sein, den 
Hauptgedanken stützen die neueren Erfahrungen. Sie machen deutlich, daß 
immer wieder neue Einwanderung von Equideu von Nord-Amerika nach 
Eurasien statthatte. Scott legt dies für ^Anchitherium v. Mey. dar, 
dessen ober-mioeäne europäische Vertreter, wie auch Marie Pavlow will, 
ihren Ursprung in Amerika nahmen, da zwischen ihnen und den eben- 
genannten ober-eoeänen Arten von +Pachynolophus kein Bindeglied bekannt 
ist. In Europa fehlt eben die Reihe +Epihippus Marsh, +Mesohippus 
Marsh und +Miohippis Marsh, die im Ober-Eocän der Uinta-Formation 
anhebend, durch das Oligocän und Unter-Miocän direkt zu +Anchitherii m 
führt. Diese Reihe hatte braehydonte Zähne, auf denen erst Anchitherium 

Zement ausbildete. Dieses Genus mit dem 
bereits von Ouvier beschriebenen + A. 
aurcliancnse Cuv. vom Mittel-Miocän Süd- 
und Mittel-Europas und + A. equinum 
Scott reduzierte, im Gegensatz zu den 
übrigen, die Conuli der oberen Backenzähne 
und erhielt tief konkave Außenhücker ; die 
Innenhocker der unteren Molaren gingen 
zurück : die Hufe der tridaktylen Extre- 
mitäten waren verlängert und abgeflacht, 
die röhrenförmige Verlängerung des Pro- 
cessus odontoideus des Epistropheus ging 
selbst weiter als bei Equus. Auch weitere 
Punkte führen Scott dazu, + Anchitherium 
von einer uiitermioeänen Art, von +Mio- 
hippus — angenommen, daß dieses Genus 
von +Mesohippus zu trennen ist und nicht 
vielmehr die jüngeren Arten desselben um- 
faßt - - abzuleiten, zugleich aber als einen 
Seitenzweig zu betrachten, der als weniger 
entwickelungsfähig abfiel und nicht zu Equus 
führte. 

Aehnlich ist wohl nach Osborn +Lamh- 
dotherum Cope aus dem amerikanischen 

Kig. 449. Meflohippu* intenn«dius. Linker Fuß 
und rorhte Hand, letztere mit Rudiment |V) de* 
Mctaearpale V. Nmh H. F. Oslwrn. 




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Perissodactyla: II. Stamm: Hippoidea. (J21 

Unter-Eocän als Seitenzweig von +Hyracotherium zu betrachten, der eben- 
falls nicht in die Linie der Pferde gehört, aber auch nicht zu den ~* Palaeo- 
syopidae, wo er gewöhnlich figuriert. Die genannte Reihe Epi-, +Meso- 
und +Miohipptis führt uns nun an +Anchitheriutn vorbei zu der: 

2. Unterfamilie Equinae. Der Art der Sache nach w ürde bei vollständiger 
Kenntnis der mittelmioc&nen Bindeglieder mit Meso(Mio)hippus jeder Grund 
wegfallen, diese Unterfamilie aufzustellen. Wir vereinigen hierin For- 
men, die vielleicht durch * DesmaTIPPIS Scott eingeleitet werden und 
charakterisiert sind durch einen orbitalen Kuochenring, verlängerte Kiefer, 
so daß ein langes Diastem die mcißelfönnigen Inci.sivi, deren Schmelz seitlich 
eingestülpt ist, von den Pramolaren trennt. In der Mitte des Diastem liegt 
der Caninus. Pramolaren, mit Ausnahme des hinfalligen P,, molariform. 
Backenzähne hypselodont, mit Zementkappe, selenolophodont. Sie beginnen im 
nordamerikanischen Miocän mit +Merychippis Leidy i Protohippus Leidy p.p.). 
Kleine Pferde, ungefähr von Eselgrööe, die funktionell cinfingerig sind. 
Alle drei Finger haben zwar noch komplete Phalangen, aber die lateralen 
berühren den Boden nicht mehr. Carpus und Tarsus sind aber bereits 
„modernisiert" [Schlosser], Radius und Ulna verschmolzen. Auch das Ge- 
biß, wenn auch noch altertümlicher, bewegt sich in der Richtung von 
Equus, dio Emailfalten bleiben einfach, P H wenig größer als P„. Die 
präorbitale Grube (sog. lacrymale), die bei + Mesohippus noch konstant 
war, beginnt zu variieren und zuweilen zu schwinden. 

A B C A H' C 




Fig. 4jU. Linke Hand von vorn und von innen von Anchitherium (A, A), 
Hipparion {fi, B"), Pferd \L\ C); ungrf. n. Gr.; nach Gaudry (aus Boa»), t m Trape- 
zium : t d Trapczoid ; m Capitatum ; u Hamatum. //— J'2.— £>. Mctacarpale. 

Ein Seitenzweig geht wohl zwischen +Mesohippus und +Merychippus 
ab und führt zu + Hipparion Christol und zwar im Ober-Miocän Nord- 
Amerikas, von wo aus diese zierlichen, bis Zebra-großen, dreihufigen Pferde 
in Europa und Asien eindrangen. Sie lieferten hier zahlreiche lokale 
Rassen, rlie als //. gracilt' Kaup. zusammengefaßt werden und wohl große 
Herden bildeten, die sich bis zum Pliocän erhielten. Sie spezialisierten 



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I 



(>•>> XIII. Ordnung: Peri8*odactyla. 

die Schmelzfalten ihrer Backenzähne, ähnlich wie ^ Elasmotherium, derart 
weit über die heutigen Pferde hinaus, daß wir mit Marie Pavlmv an- 
nehmen, müssen, daß sie außerhalb der Stammreiho von Equus liegen. 

An dessen Wurzel liegt +Hiri'll>loN Owen, das +Merychippus wohl 
am nächsten steht. Von +Hippidion sind vielleicht abzutrennen die kleineren 
und zierlicheren, als +Pliohii , pis Marsh p.p. beschriebenen, älter-pliocänen 
Formen, deren Schädel namentlich in den Nasalia mit +Merychippus über- 
einstimmt [Matthew]. Bei +HlrTll>loN Owen sind die Backenzälhne noch 
kürzer als bei Equus, nahern sich übrigens diesem ebenso wie in den 
langen Nasalia und der weit nach hinten reichenden Nasenoffnung. Ex- 
tremitäten wie bei Equus, aber kürzer, namentlich in ihrem metapodialen 
Teil, mit längeren Griffelbeinen und Rudiment von Metacarpus V. +Hip- 
pidion hatte weite Verbreitung in Süd-Amerika (//. nrogaeum Lund u. a.(, 
im Pliocän von Texas. Aus solchen Formen entstanden die amerikanischen 
pleistocänen Vertreter von Eqitk L., die sich in Alaska und Kalifornien 
am längsten erhalten zu haben scheinen (+E. excelsus Leidy u. a. Arten). 
Auch in Süd-Amerika erhielten sich Arten von Equus (+ E. andium Branco, 
"+ redidens Gerv. et Amegh.) bis ins jüngste Pleistocän. Daß sie bei An- 
kunft der spanischen Eroberer ausgestorben waren, ist neuerdings be- 
zweifelt [Wilckens]. Jedenfalls ist das heutige Pferd der Pampas ein 
verwildertes, durch Spanier eingeführtes. 

Die eurasiatischen und afrikanischen Pferde leitet Marie Pavlow 
gleichfalls vom amerikanischen Hippidion ab. Als deren Stammvater be- 
trachtet sie ■ Equus sivalensis Falc. etCautl. aus «lern Ober-Miocän (Pliocän) 
Asiens. Aus ihm entstanden einesteils die asiatischen Wildesel, anderen- 
teils durch +E. natuadicus Falc. et Cautl., die pleistocänen Vertreter 
und die orientalische Kasse von £. caballus L. is. o. p. 613). 

Der europäische Zweig beginnt mit dem ober-pliocänen, mediterranen 
+E. stcuonis Cocchi, der nach Forsyth Major identisch ist mit E. sivalensis. 
Er lieferte in Afrika die gestreiften Wildesel (Hippotigris s. o. p. 61 4 > und 
vielleicht E. (Asinus) africamis. In Europa führte er zu + E. caballus 
fossilis Cuv., welche Art im Diluvium in zahlreiche lokale Kassen aus- 
einanderfiel, darunter auch nach Nehring zur occidentalen Kasse < p. 613) der 
heutigen Pferde führte. 

(S. ncbeiifttehcnde genealogische Skizze.) 

2. Familie: + PaLAEOTHEEUDAE. In Europa entwickelte sich aus Hyra- 
cotherium, vielleicht durch Zwischonkunft von +Pachynolophus Pomel 
(Propalaeotherium I Gorv.l, ein Seitenzweig der Uippoidea, der im oberen 
Encän mit +Palaeotheril'M Cuv. in die Erscheinung tritt und bald darauf 
mit +pALOl > LOTHERirM Owen sein Ende findet, obwohl es Tiere von 
Schweins- bis Rhinocerosgröße waren, die weite Verbreitung hatten. Es 
liegt kein Grund vor zur Annahme, daß sich +Anchilophus Gerv. daraus 
sollte entwickelt haben. 

Der Diagnose unserer Tabelle auf p. 614 sei nur beigefügt, daß Cuvier 
das Genus +Palaeotherium bereits vollständig beschrieb, nach dem Skelet 
restaurierte und ihm einen Rüssel zuschrieb. Es hatte 4 Prftmolaren, die 
aber allerdings schon molarifonn waren, +Palop|otherium nur 3, aber von 
weit einfacherer Struktur als die Molaren. Trotzdem erscheint nach 
Schlosser diese Gattung als ein bedeutend vorgeschrittener Typus; denn 
die Zahnkrone ist schon wesentlich höher als bei +Palaeotherium. die 
Zähne setzen schon Zement an und die Seitenzehen sind schon sehr schmal 



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Genenlogixdie Skizze clor Hippoiilt-a. 



Ü2S 




624 



XIII. Ordnung: Perisaodactyla. 



geworden, fast wie bei +Hipparion. Bei Palaeotherium erreichten dagegen 
die drei Zehen mit distal verbreiterten Hufen noch den Boden und Meta- 
carpus V war noch als Stummel vorhanden. 

Diese Familie liegt ganz außerhalb der Stammreihe der Pferde. 



III. Stamm: Tapiroidea. 

Die heutigen indischen und südamerikanischen Tapire sind die letzten, 
auseinandergerissenen Ueberbleibsel einer langen Reihe von Formen, die 
sich wahrscheinlich von eocilnen Perissodactyla ableiten und gegenwärtig 
vereinigt werden in der: 

1. Familie: TAPIMDAE. Ihr ältester Vertreter im Eocän ist in Europa 
+Lophiodochoeri s Lern., in Nord-Amerika +Systemodon Cope. Nament- 
lich von letzterem sind reichlichere Reste bewahrt, die lehren, daß die 
obere Zahnreihe nur eine Lücke vor dem großen Caninus für den unteren 
Caninus darbot. An letzteren schloß sich der einspitzige P, an, getrennt 
von den übrigen Prämolaren, die trigonodont waren. Die oberen Molaren 
hatten die Außenhöcker durch Querjoche mit den Innenhückom verbunden. 
Daran schließen sich die gleichfalls in ihrer Fußstruktur ungenügend be- 
kannten Arten von +Isectolophus Scott et Üsb. aus dem Eocän Amerikas 

und Europas an. In Europa erscheint der 
erste Vorfahre der eigentlichen Tapire im Oli- 
gocän als +Protapirus Filh. in dessen oberen 
Molaren die Außenhöcker sich durch eine 
Außenwand (Ectoloph) verbinden, nach Art 
der Tapire : auch nähern sich die Prämolaren 
deren Bau. Dieses Genus tritt dann auch 
im Miocän Xord-Amerikas auf [Wortman u. 
Earle], unterscheidet sich aber auch hier von 
den gleichalterigen übrigen Perissodactyla da- 
durch, daß die Präniolaren einfacher bleiben 
als die Molaren. Die Fußstruktur (Fig. 451 ) ist 
fast ebensoweit gefördert als bei dem recenten 
Tapiris L. Bei diesem Genus sind die drei 
hinteren P molariform. Es tritt, im Miocän 
auf, ist hier, desgleichen im Pliocän auch in 
Europa weit verbreitet, im Plcistocäu aber 
nur noch in Nord- und Süd-Amerika und In- 
nach Wortman et Earle. .V Sca- dien. In beiden letzten Regionen erhielt es 
phoid, /Lunatum. /rTriquetrum, sich bis heute in den au f p . 61 i beschrie- 
td Trapezoid, t'C'apitatuni,/* Ha- b Arten, somit als unveränderte Tier- 

matum. //—/ II bis Vttnger. 

form seit dem Miocän. 

2. Familie: + LOPHIODONTIDAE. Ein perissodaktyler Stamm, der den 
Tapiren am nächsten verwandt ist, aber auch innige Beziehungen hat zu 
den +Hyracodontidae, wie aus unserer Tabelle ersichtlich. Das älteste 
eoeäne Genus +Heptoi>on Cope wurde früher zusammen mit den übrigen 
nordamerikanischen Genera +Helaletes Marsh und +Colodon Marsh zu den 
+HELALETIDAE vereinigt. Osborn erkannte dann, daß letztere beide auch 
im europäischen Eocän auftreten und daß sie genealogisch mit dem lange 
bekannten +LOPHIODON Cuv. als Familie der Lophiodoxtidae zu ver- 
einigen sind. Dieses von Cuvier entdeckte Genus mit der Zahnformel 




Fig. 451. Protapirus obli- 
quidens. Linke Hand. V, n. Gr. 



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Perissodactyla: IV. Stamm: Rhinoccrotoidea. 



025 



l \ j| 'j und mit einfachen Prämolaren erreicht in .seinen zahlreichen Arten 
bis mehr als Tapir-Große. Sämtliche Lophiodontidae sind nach unserer 
dermaligen Kenntnis auf das Eocän Europas und Nord-Amerikas beschrankt 
und stehen in genetischem Zusammenhang mit den Tapiren. 

IV. Stamm: Rhinocerotoidea. 

Diese umfangreiche Abteilung der Perissodactyla tritt erst im Mittel- 
Eocän Europas und Amerikas auf und zwar in drei genealogischen Reihen, 
die unsere Tabelle auf p. 615 als Familien benennt. Sie unterscheiden sich 
scharf von den gleichaltrigen Pferden und Tapiren, hangen untereinander aber 
eng zusammen, so daß die Annahme gerechtfertigt ist, daß sie vielleicht 
noch im Unter-Eocän nur eine Familie bildeten. Diese verzweigte sich 
dann aber bereits im Mittel-Eocän in drei Aeste, die durch fortgesetzte 
Spezialisierung stets mehr auseinandergingen. Von diesen erhielten sich 
nur die Rhinocerotidae als Hauptast bis zum heutigen Tage, wahrend die 
Seiteiläste der +Amynodontidae und +Hyracodontidae bereits erloschen. 

1. Familie: +HYRACODONTIDAE. Zweifelsohne ist dies der primitivsto 
Stamm, dessen noch unbekannte Wurzel mit den Rhinocerossen und zwar 
durch +Aceratherium zusammenhing. Er bietet auch in seiner höchsten 
Form +Hyracodon noch innige Anklänge an dieses primitive Nashorn, die 
aber teilweise auf paralleler Entwickelung beruhen. Als primitive Merk- 
male erscheinen die komplete Reihe gewöhnlich gebauter Incisivi und Oa- 
nini, die unveränderten Proportionen der Schädelknochen, namentlich im 
Gesichtsteil. Die Backenzähne bleiben brachydont, die Prämolaren werden 
erst allmählich molariform, doch bleibt das Diastem stets kurz.» Die Zahl 
der Thorako-Luinbalwirbel beträgt noch 26. Dagegen werden die Extre- 
mitäten viel schlanker als bei Rhinoceros, namentlich in ihrem distalen 
Teil; die seitlichen Digiti schwinden und von den droi Testierenden ge- 
winnt der 3. sehr die Oberhand. Wäre die Hyracodonten-Linie am Leben 
geblieben, so hätte sie nach Scott zu monodaktylen Rhinocerossen mit 
Pferdehabitus geführt. So aber starben sie bereits im Oligocän aus, ob- 
wohl sie allerdings waffenlose, dafür aber flüchtige Tiere waren, vielleicht, 
durch Konkurrenz mit den entwickelungsfähigeren Pferden mit gleicher 
Lebensgewohnheit. Die Reihe hebt mit +Hyrao'HYUS Leidy an, dessen 
Backenzähne nur erst wenig den bunodonten Charakter verloren haben. 
Es waren kleine tetradaktyle Tiere aus dem Mittel-Eocän Nord- Amerikas. 
Wahrscheinlich über ^Triplopi \s Cope führte die Reihe zu + Hyracoi>ON 
Leidy. mit dem sie auch endete. Sie schwand im Oligocän Nord-Ainorikas 
und fand in Scott einen ausgezeichneten Monographen. 

2. Familie: +AMYW0D0NTIDAE. Im Gegensatz zu den +Hyracodontidae 
erfuhr diese Familie Spezialisierung. Die auffälligste ist die Umbildung 
der Canini zu großen Hauern. Deren Wurzeln verursachen im Maxiiiare 
dessen Aushöhlung vor «1er Orbita und seine Ausdehnung nach vom. 
Hierdurch verengert sich die Verbindung der Intermaxillaria mit den 
Nasalia, auch gehen die Incisivi zurück. Die großen Molaren worden hyp- 
selodont, die Prämolaren dagegen werden nach Form und Zahl reduziert. 
Plumpe Tiere mit IV- III Digiti, die gespreizt aufgesetzt wurden. Bisher 
sind nur bekannt +Amynoijon Marsh und +Metamyxodon Seott ot Osb. 
aus dem Mittel-Eocän und Oligocän Nord -Amerikas, sowie +CAIH RCO- 
thkrh'M Gerv. aus dem Eocän Frankreichs. Diese Form wird aber von 

Wo bor. Sinket i«ro. 40 



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626 



XIII, Onliiung: PerihMxlactyla. 



anderen den +Astrapotheria (p. 698) untergeordnet. Vielleicht verbirgt sich 
unter + Loi»hioi>ok rhinoceroidts Hütini. auch ein Ainvnodonte [Osborn|. 

3. Familie: RHINOCEROTTDAE. Echte Bhinoceros-artijje Tiere, treten 
zuerst unvermittelt im oberen Eocän oder Oligocän in Europa und Nord- 
Amerika auf und erreichten im Laufe der Zeiten in Eurasien ihre höchste 
Blüte, wo sie sich ja bis heute erhielten. Der Ursprung der recenten 
afrikanischen Arten (Diceros oder Atelodus p. (512) ist noch dunkel, nament- 
lich seitdem die Gepflogenheit Afrika von Europa aus zu bevölkern, allmählich 
besserer Einsicht Platz machte. In Amerika erreichten die Nashörner 
niemals hohe Ausbildung. Sie starben hier bereits im oberen Miocän aus, 
nachdem sie bis zu dieser Zeit in «großen Herden die südlichen Staaten 
bevölkerten, niemals aber in Süd-Amerika vordrangen. Warum sie plötz- 
lich ausstarben, ist dunkel. Daß ihnen Hörner fehlten, kann nicht der 
Grund gewesen sein; denn abgesehen davon, daß deren Bedeutung als 
Waffe vermutlich überschätzt wird, lebten auch in der Alten Welt bis in 
das spate Tertiär hornlose neben gehörnten Arten. Sie war der Tummel- 
platz zahlreicher Arten, die sich in verschiedener Richtung entwickelten: 
einzelne im Pleistocän in so spezialisierter Richtung wie +Elasmotherium 
und Rh. antiquitatis, daß sie zu deren Untergang führten. Die recenten 
Arten leiten sich denn auch von älteren mioeänen und pliocänen Zweimen 
ab. Wir unterscheiden zwei Gruppen: 

A. Klünoceriiine. Obere Backenzahne mit Außenwand (Ectoloph), von 
der das schräge Vor- und Nachjoch ausgeht. Ersteres mit Sporn, letzteres 
mit Gegenspom ; der Kamm kann fehlen. Weitere Schmelzfaltung fehlt. 
In der Jugend meist 4, seltener nur 3 untere Präniolaren, von denen die 
hinteren melariform sind. Vorn 3- oder 4-zehig, wobei aber Digitus V re- 
duziert ist. 

Die zahlreichen Vertreter werden vielfach unter dem Namen Khixo- 
CKROS L. zusammengefaßt: Osborn schlägt aber vor, sechs Stämme zu 




unterscheiden. Bezeichnen wir dieselben durch generische Namen, »o 
treten im Oligocän Europas und Nord-Amerikas nebeneinander +Ackra- 
THKRlt M Kaup und +Di<'EkatherH"M Marsh auf. Letztere waren kleine 
Nashörner mit paarigen, nasalen Hörnern, hinfälligem P, und hohen Extremi- 
täten, die funktionell dreizehig waren. Ihnen schließen sich wahrscheinlich 
auch die als +Ronzothkrh m Aym. beschriebenen Heste aus dem Oligocän 
Frankreichs und Süd-Deutschlands an. Zu "'"AcKRATHKRlt'M Kaup gehören 



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1'eri.ssodactyla: IV. Stamm: Rhinocerotoidea. 

* 



große Nashörner, (leren letzter Repräsentant +A. incisivum Kanp im un- 
teren Pliocän lebte. Sie hatten lange, schmale Nasalia, die dement- 
sprechend höchstens rudimentäre Hörner trugen, ein solches aber auf dem 
Frontale ausbildeten. Neben diesen hochbeinigen, vom tetradaktylen, do- 
lichocephalen Formen treten im unteren Miocän Europas und Amerikas 
kurzbeinige Formen auf mit kurzem, breitem, nicht pneumatisiertem Schädel. 
Von den 3 unteren Prämolaren hat auch der vorderste Neigung auszu- 
fallen. Osborn faßt sie als +Tklockras zusammen, im Hinblick darauf, 
daß die bestbekannte Art ' T. fossiger Cope aus dem Pliocän Nord-Amerikas 
ein terminales Horn auf der Spitze der Nasalia trug. Nur 2,7 m lang, 
erinnert der Habitus an Hippopotamus mit tridaktylen, gespreizten Fingen). 
+ T. brac/iypus Lartet und + 7'. aureliamusis Nouel aus dem Miocan 
Europas schließen sich nach Pavlow hierbei an. Offenbar liegt hier ein 
Seitenzweig vor, entweder von Acoratherium oder von unbekannten afrika- 
nischen Vorfahren. 

Der recente Ceratorhims snmafrensis Cuv. leitet sich vielleicht 
von eiuem 4. Stamm her, der mit +C. sansanirnsis Lart. aus dem Mittel- 
Miocän anhebt und durch dolichocephalen Schädel, Hörner auf den Fron- 
talia und auf der Mitte der Nasalia, welche letztere vorn zugespitzt und 
gebogen sind, sich auszeichnet. 

Im Pliocän tritt Atklodls Pomel auf, dessen ältester Vertreter ~A. 
pachygnathus Wagner so viel L'ebereiiistimmung bietet mit den recenten 
A. siiuiis Burch. und bnomis L. Afrikas, daß hlutsyerwandtschaftlicher 
Zusammenhang angenommen werden darf. In diese Reihe gehört auch 
+A. anliqnitatis Blumb. ~A. (Rh.) tichorhinus Cuv. der Eiszeit, der mit 
dichtem, wolligem Haar bekleidet war, in Höhlen und diluvialen Lagen 
Uber den größten Teil der nördlichen Hemisphäre angetroffen wird und von 
dem eine wohlerhaltene Leiche im sibirischen Eiso gefunden wurde. 

An die orientalischen recenten Nashörner, die oben als Rhixockros 
L. s. str. beschrieben wurden, schließen sich wahrscheinlich als sechster 
Stamm die pliocäneu Arten +Rh. sivalnisis Falc. et Cautl. und +palac- 
ntdtcus Falc. et Cautl. an, die nur aus Indien bekannt sind. 

Aus dieser Darlegung folgt, daß die heutigen Vertreter verschiedenen 
Typen entstammen. 

B. Klasmotheriinne. Backenzähne P -; M $ , wurzellos, prismatisch, 
Schinelzfalten der Joche in eine Reihe gekräuselter Falten gelegt, nach 
Art von Hipparion (Fig. 442 p. 007 u. 135, p. 176'. Der meterlange 
Schädel des einzigen Genus +Elasmothkrilm Fisch, hatte hohe, rauhe, 
pneumatisierte Anschwellung auf den Frontalia, auf der vermutlich ein 
großes Horn saß. Vorn und hinten tridaktyl. Üsborn weist auf die Mög- 
lichkeit, daß + E. sibiricum Fischer aus (lern Pleistocän Sibiriens, Süd- 
Rußlands und des Rheintals von Formen, etwa wie Aceratherium incisivum 
's. o. i abstammte und einen extrem spezialisierten Seitenzweig bildete, der 
seine Backenzähne spezialisierte in der Richtung der Equiden. 



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628 



XIV. Ordnung: Arhodnityla. 



XIV. Ordnung: Artiodactyla Owen. 

iPamxonia Marth.) 

Die große Masse von Huftieren, die heute unsere Erde bevölkern, 
werden auf (»rund des übereinstimmenden Baues ihrer Extremitäten als 
paarzeliige Huftiere: Paridigitata oder Artiodactyla. zusammengefaßt. Auch 
werden sie wohl, im Hinblick auf die Lage der Extremitätenachse, die 
zwischen den stets funktionierenden III. und IV. Finger fällt. Mesaxonia 
genannt. 

Sie treten in zwei Gruppen auf. von denen die eine: die Ruminantia, 
dadurch auffüllig ausgezeichnet ist, daß die Tiere wiederkäuen. Bekannte 
Vertreter sind Rinder. Schafe, Antilopen, Hirsche und Giraffen. Abseits 
von diesen eng zusammenhängenden Tierformen stehen die gleichfalls 
wiederkauenden Kamele und verwandten Tylopoda, die sich in manchen 
Punkten den nicht wiederkauenden Artiodactyla nähern. Diese wurden 
früher den Paehydermata zugezählt. Sie umfassen die Hip]»opotamidae 
und Suidae. die als Nonruminantia vereinigt werden. 

Letztere sind kurzbeinige Formen mit schwerem Rumpf und aus- 
gezeichnet durch ein sparsames borstiges Haarkleid, das bei Hippopotamus 
in Anpassung an die aquatile Lebensweise bedeutende Rückbildung er- 
fährt auch während des individuellen Lebens. Beim Neugeborenen treten 
am Kopf noch Haargruppen auf von 3—5 Haaren: im übrigen zerstreut 
stehende Haare. Ihre Stelle vertreten später dicke Borsten, die vielfach 
tief gespalten sind und den Eindruck von Haarbündeln hervorrufen. Bei 
Sus kommen Borsten vor. die zu dreien nebeneinander, alternierende 
Gruppen bilden, zwischen denen unregelmäßig zerstreut kurze feine Haare 
stehen [de Meijerej. Letztere schwinden beim Hansschwein ganz oder in 
Hauptsache. 

Im Gegensatz zu den Nonruminantia. deren Haarkleid — entsprechend 
der dicken Haut — verschiedengradig Rückbildung erlitt, ist es bei den 
Ruminantia stets dicht, zuweilen wollig. Demselben liegen meist einfach 
gebaute, dicht gedrängte Haargruppen zugrunde, in denen häufig neben 
dicken, markhaltigen feinere, marklose Haare auftreten. Primitivere Zu- 
stände hat dasselbe noch bei Tragulus bewahrt, wo die markhaltigen Haare 
in der Dreizahl auftreten können. Auch bei Tylopoda ist an bestimmter 
Körperstelle der Haarstand noch einfach, auch können isolierte Mittelhaare 
auftreten mit feinen Beihaaren |de Meijere]. 

Hautdrüsen fehlen niemals. Die tubulösen machen sich nur beim 
erwachsenen Hippopotamus und Schwein von den Haarfollikeln frei. Beim 
jungen Schwein münden sie noch ausschließlich in diese, beim jungen 
Hippopotamus noch neben «Uesen. Die zusammengesetzt-tubulösen Drüsen 
dieses Tieres scheiden ein fadenziehendes, schleimiges Sekret von wein- 
roter Farbe ab. Seröser Art ist das wässerige Sekret modifiziert-tubulöser 
Drüsen auf der Muffel Flotzmaul) der Rinder. Oben (p. 2« ff.) wurde ferner 
ausführlich dargelegt, daß bei Artiodactyla am Kopf, Rumpf, am Praeputium 
und an den Extremitäten bald tubulöse. bald acinöse, bald beide zu- 
sammen zu großen Drüsenkörpern sich häufen, die meist fettige, seltener 
eiweißhaltige Sekrete entleeren, welch letztere blau (Cephalophus) oder 
schwarz (Grimmia) gefärbt sein können. Meist haben sie einen spezifischen, 
vielfach einen intensiven Geruch und spielen eine verschiedenartige Rolle 



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Artiodactyla, Körperbau. 



G2<> 



ini Haushalt dieser Tiere. Teils als Excitantia zum geschlechtlichen Ver- 
kehr, oder um die Geschlechter zusammenzuführen, vielleicht auch die 
versprengten Genossen bei solchen Arten, die in Herden leben. Teils hat 
es die Aufgabe, Kontakttlächen benachbarter Hautstellen einzuschmieren. 
Anderenorts ist uns seine Bedeutung vielfach noch dunkel. 

Die Zitzen liegen meist inguinal zu zweien oder vieren, wird ihre 
Zahl größer (bis zu acht) bei Sus, so liegen sie abdominal. Von letzterem 
Genus ist bekannt, daß sich am Aufbau der Zitze die Mammartasche in 
der Weise beteiligt, daß sie ein kurzes Mündungsstück des Hauptausfuhr- 
ganges liefert. 

Der Hornhuf, die sog. Klaue, unterscheidet sich vom Huf der Pferde 
dadurch, daß die dorsale Nagelplatte (s. p. 16) zwar gleichfalls mit nach 




Fig. 4">3. Schädel von Picotylc» juv. A Alisphenoid: CCondylus; EO Exoccipi- 
tale: /' Frontale; Fm Foramen mapnum ; // Foramen infraorbitale; fs Foramen «pheu- 
orbitale; / Intermaxillare; IP Interparietale; / Jupula; •'/ Maxillare; AU Mandioula; 
JA Mastoid; N Nasale; O Orbitosphenoid; /'Parietale; pp Processus paroccipitali*; 
S Squamosum; SO Supraoccinitalc: 7" Tympanicum; // Foramen opticum. Zähne: 
//— .? Inoisivi; C Canini; cd Mikheanini; /*, ,., zweiter bis vierter Prämolar; Af t 
Molaris. 

vorn gerichteter Wölbung die Nagelphalanx seitlich umfaßt, sich hinten 
aber nicht oder nur wenig einbiegt. Hierdurch grenzt der Zehenballen 
an das Sohlenhorn, das in verschiedener, systematisch nicht unwichtiger 
Ausdehnung sich zwischen Hornplatte und Zehenballen lagert. Letzterer 
bedingt eben diese Ausdehnung und beteiligt sich in verschiedenem Maße 
an der Hersteilung der Sohlenflüche. Am ausgedehntesten mit gleichzeitiger 
Ausbildung von elastischen Sohlenkissen bei Tylopoda, die daher ihren 
Namen entlehnen. 

Von eigentümlichen Anhängseln der Haut sind zu nennen: der Brust- 
lappen (Triel. Wamme), der bei Rindern und einzelnen Antilopen als mediane 
Hautfalte vom Halse herabhängt. Ferner die Glöckchen oder Berlocken, 
die als paarige Hautfortsätze bei Ziegen und einzelnen Schweinerassen 
von der Kehlgegend herabhängen. Diese enthalten einen Netzknorpel- 
Streifen und Fasern des Hautmuskels. Nach Bonnet sind es wahrschein- 
lich Rudimente des dritten Kiemenbogens. Ein Fettbuckel tritt auf dem 
N orderrücken beim Zebu und bei den Kamelen auf und stellt sich als 



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XIV. Ordnung: Artiorinctyla. 



eine Fettanhäufung in der Subcutis dar, ähnlich wie bei einzelnen Rassen 
von Schafen und Ziegen in der Steißgegend oder am Schwänze. 

Weit wichtiger sind die Hörner und Geweihe, die bei Ruininantia 
auftreten und die auf p. 1H nach verschiedenen Seiten besprochen wurden. 
Weitere, auch systematisch wichtige Eigentümlichkeiten bei einzelnen Ab- 
teilungen sollen bei diesen zur Sprache kommen. 

Es liegt auf der Hand, dali Tiere von so verschiedener Kopfbildung, 
wie Schwein, Hippopotamus, Rind und Hirsch nicht im Detail des Schädel- 
baues übereinstimmen können, um so weniger, als bei letzteren Hörner 
resp. Geweihe den Schädel beeinflussen. Trotzdem lassen sicli gemein- 
same Punkte auffinden, die ebenso viele Gegensätze zu den Perissodaetyla 
liefern, wie namentlich H. N. Turner. Rütimeyer u. A. nachwiesen. 

Die Nasalia sind nach hinten nicht oder nur in untergeordneter 
Weise verbreitert; die Orbita ist entweder durch einen Orbitalring ober- 
flächlich von der Temporalgrube geschieden, indem die Processus post- 
orbitales des .lugale und Frontale einander berühren, oder diese Fortsätze 
sind wenigstens vorhanden, aber getrennt. Abgesehen von Hippopotamus, 
liegt sonst oberhalb der Orbita ein Foramen supraorbitale für den Austritt 
des Nervus supraorbitalis, das sich mit einer Furche nach vorn fortsetzt. 

Das Lacrymale ist ausnahmsweise sehr gering (Dicotyles) oder nur 
in seinem facialen Teil gut ausgebildet (Hippopotamus. Sus etc.) mit einem 
oder mehreren Foramina lacrymalia. oder sein facialer und orbitaler Teil 
sind gleichmäßig groß bei Ruininantia. Bei ihnen läßt sich aber dies- 
bezüglich eine auch systematisch wichtige Stufenleiter erkennen, indem es 
mit Größenzunahme der Rackenzähne, die eben Raum im Gesichtsschädel 
beanspruchen, und mit Ausbildung von Hörnern und tieweihen an Größe 
zunimmt. Klein ist es daher .bei den hornlosen Tylopoda ohne massigen 
Backenzähne. Geringen Fortschritt macht es bei den hornlosen Tragu- 
liden, bedeutenden bei den geweihtragenden Hirschen, wo es sich weit auf 
die Gesiehtsfiache ausdehnt und verschieden tief ausgehöhlt ist für die 
Aufnahme der auf p. 28 genannten Tränengruben oder suborbitalen Haut- 
drüsen. Es ist eine teilweise papierdünne Knochen platte, die den Ex- 
ethmoidea sich anschließt, mit unvollständiger Yerknöcheruiig. wodurch die 
Ethmoidallüeke entsteht: ein verschieden weiter Hiatus, der am getrockneten 
Schädel in die Nasenhöhle führt. Aehnliche Zustände zeigt das Lacrymale 
auch bei Cavicornia. unter denen es bei Rindern das Maximum seiner Aus- 
dehnung auf dem Gesiehtsschädel erlangt. 

Offenbar steht dies in Verbindung mit «1er Knickung der Schädelachse 
zwischen Vomer und Sphenoid, die bei Ruininantia in verschiedenem (trade, 
am stärksten bei Cavicornia. zur Ausbildung kommt. Hierdurch wird der 
Gesiehtsschädel dem Hirnschädel gegenüber ventralwärts abgebogen. Orien- 
tiert man die basier aniale (tribasilare) Achse horizontal, so wird dabei die 
Nasenöffnung nach abwärts, die (iautnenfiäche nach hinten gerichtet. Rüti- 
meyer, Kober, namentlich aber Stehlin, die sich mit dieser Schädelmeta- 
inorphose. welche sich ontogenetisch verfolgen läßt, befaßten, legen dar. wie 
bei dieser Knickung der Gesichtsschädel gewissermaßen nur durch lockere 
Nähte sich verbindet und die entstehende Lücke durch den facialen Teil 
des Lacrymale angefüllt wird, das dementsprechend an Ausdehnung ge- 
winnt, korrelativ damit dehnen sich die Frontalia nach hinten aus. über- 
dachen die Schädelhöhle, während der parietale und oceipitalc Teil ganz 
nach hinten verlegt wird. Rei Cervinae sind die Parietalia noch umfang- 



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Ariiixh« tyla, Körperbau. 



reicher, bei Cavicornia werden sie zu schmalen Knochenstreifen reduziert, 
die auf den steil aufgerichteten occipitalen Abschnitt des Schädels verlagert 
sind. Sie verschmelzen früh miteinander: noch früher das Interjiarietale. 
wohl meist mit dem Sujuaoroipitale. Auch das Squamosum wird mit diesem 




Prozeß schrittweise basalwiirts <;edrüngt. fiesgleichen erleiden die Sphenoidea 
in allen ihren Teilen Rückgang. Eine Sagittalcrista erscheint nur bei 
Tvlopuda und Tragulidae. Die obwaltende Tendenz der Bevorzugung des 



632 



XIV. Ordnung: Artiodactyla. 



Hirnschädels, wohl im Hinblick auf dessen Bewaffnung, äußert sich hei 
Ruminantia auch in der breit-quadratischen Form des Basioccipitale, die 
auch den Nonruminantia zukommt, im Gegensatz zum abgerundeten, 
schmalen Basioccipitale der Perissodactyla, das zwischen den großen Fora- 
mina lacera posteriore eingeklemmt liegt. Letztere .sind bei Artiodactyla 
eher klein zu nennen. Foramen ovale, rotundum und opticum sind ge- 
trennt. Das Pterygoid ist an seiner Basis nicht durchbohrt durch den 
Canalis alisphenoideus für die Arteria carotis externa, auch fehlt eine Fossa 
pterygoidea (ectopterygoidea). «He nur bei Suidae zustande kommt, aber 
ganz ausnahmsweise so, daß die Crista pterygoidea, die an der Wurzel 
des Processus zygomaticus squamosi anhebt, nicht in einen Fortsatz endet, 
wie bei den übrigen Artiodactyla, sondern sich zu einer Platte erhebt, an 
der eine Pterygoidplatte des Alisphenoid sich beteilig., die darauf mit dem 
Pterygoid sich verbinden. 

In der otischen Region fällt die Kleinheit des Petrosum Perioticum) 
auf: Regel ist. daß es frei bleibt. Das Tympanicum ist in verschiedenem 
Maße zu einer meist länglichen Bulla aufgeblasen, sie ist aber nur bei 
Rindern und Hirschen hohl, bei Nonruminantia, recenten Tylopoda und Tra- 
gulidae mit blätterigem K nochenge webe angefüllt. Das tympanicum ver- 
längert sich stets zu einem verhältnismäßig langen, knöchernen äußeren 
Gehörgang, der bei Hippopotamus eingeklemmt liegt zwischen Processus 
posttympanicus und postglenoideus. Aehnlich beim Schwein, nur fehlt hier 
letzterer Fortsatz und tritt hierfür der Hinterrand der Fossa glenoidea ein. 
Nur bei Ruminantia tritt das Mastoid deutlich zutage: ihm benachbart der 
meist lange Processus paroeeipitalis. der seinerseits an die Bulla reicht, mit 
der sich das Tympanohyale verbindet. Der knöcherne Gaumen ist lang, das 
Intermaxillare hat Neigung zur Rückbildung, entsprechend dem Rückgang 
oder totalen Schwund der oberen Incisivi. Selbst bei den Schweinen er- 
reichen die übrigens langen Fortssitze die Frontalia nicht. Ihr Rüssel wird 
durch Knorpelteile, die dem Kthmoid angehören, gestützt, sowie durch 
ein Os praenasale. 

Das periphere Geruchsorgan ist stets gut ausgebildet, namentlich 
die Ectoturbinalia können äußerst kompliziert und zahlreich werden, so 
bei Cervidae bis 20 und mehr. Sechs ist die gewöhnliche Zahl der 
Riechwülste, acht bei Suidae. Das Nasoturbinale ist wenigstens in seinem 
hinteren Teile einfach aufgerollt, in der Mitte und vom häutig pneuma- 
tisiert. Pneumatisierung des Schädels spielt überhaupt eine wichtige Rolle: 
die hierbei auftretenden verschiedenen Zustände hat Paulli neuerdings 
ausführlich dargelegt. Sie spielt auch eine Rolle im Knochenzapfcu vieler 
Cavicornia. L'eber diesen Auswuchs des Frontale und den aualogen 
Rosenstock der Hirsche wurde oben <p. 20) gehandelt. Die Fossa glenoidea 
liegt ganz auf der Wurzel des Processus zygomaticus des Sqamosum; sie 
ist quer verbreitert und gestattet namentlich bei Ruminantia ausgedehnte 
seitliche Verschiebung cp. 73 u. 17f»}. Hinten begrenzt sie ein erhöhter Rand, 
der zu breitem Processus postglenoideus werden kann. Das Maxillarc 
richtet sich in der Stärke seines alveolaren Teils nach dem Maß der Backen- 
zähne: bei Antilopen kann es eine Grube aufweisen zur Aufnahme der 
maxillaren Hautdrüse. Abgesehen von Hippopotamus ist die Mandibel zier- 
lich gebaut, hat einen hohen Ramus aseendens mit querem Gelenkkopf, 
hohem oder niedrigem (Suidae) Processus coronoideus und abgerundeter 
Ecke. Beide Unterkiefer sind durch Symphysenknorpel verbunden, der 
nur in der breiten Symphyse von Hippopotamus verknöchert. 



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Artiodactyla, Körperbau. 



6*5 



Die Zahl der thorako-lumbalen Wirbel beträgt nur 19. die der 
Sakralwirbel ist eine verschiedene, ist aber meist 4, ausnahmsweise 3, 
häufiger 5— (?. Die Schwanzwirbel variieren zwischen 6- 7 (Moschus) 
und 24 (Sus.). Mit Ausnahme von Suinae sind auch hier, wie bei Perisso- 
dactyla, «1er S. — 7. Halswirbel opisthoeöl, jedoch in verschiedenem Grade. 
Nur unbedeutend bei Hippopotamus; unter Ruminantia am schwächsten bei 
Tragulidae; vollkommen bei Tylopoda, Cavicornia und Cervidae und zwar 
in der genannten Reihenfolge stets zunehmend. Abgesehen von Suinae und 
Tragulidae, wo er konisch ist, ist sonst der Processus odontoideus des Epi- 
stropheus halbmondförmig ausgehöhlt. Eine Clavicula wurde bisher nur 
beim Schaf als ganz vorübergehende Anlage angetroffen [Wiricza]. 

Wichtiger sind die Unterschiede in den peripheren Teilen der Ex- 
tremitäten. Hei allen recenten Formen sind sie paarzehig und haben 4 
oder 2 Zehen. Das Gewicht des Körpers ruht gleichmäßig auf Finger 
resp. Zehe III und IV, zwischen welchen die Extremitätenachse hindurchgeht. 
Die Zehen liegen als kongruente Gebilde, also paraxon, jederscits neben ihr. 

Zweifelsohne hat sich dieser Znstand allmählich aus dem fünffingerigen 
herausgebildet. Heroits im ältesten Tertiär sind aber Paraxonia und Mes- 
axonia geschieden. 

Pei Hippopotamus hat die Fußform noch viel Primitives bewahrt 
und erinnert an Perissodactyla (Tapir >, indem namentlich der III. Finger 
länger ist als der IV. Pei den übrigen 
Artiodactyla sind beide gleichlang, womit 
gleichzeitig die Reduktion der tetradak- 
tylen Hand (und Fuß) beginnt. Diese 
hat statt indem sich die Mittelfinger 
durch Streckung der Metacarpalia und 
Phalangen so weit vom Hoden erheben, 
daß die Seitenfinger, die im Wachstum 
zurückbleiben, denselben allmählich nicht 
mehr erreichen wie bei Suhlen. In noch 



Fijr. 455. Hand vorn Srhwein; 45» > Edel- 
hirsch: 457 Kamel, nach Klower. Ä Radius; 
U Tina; s 8caphoid; / Lunatum; c Tri»]uetruiii; 
td Traix-zoid; m Capitatum; // Hamatum; 
w. Rudimente von Metacarpale // u. /' I V» 456 45 1 

bedeutenderem Maße geschieht dies bei Tragulidae, wo die II. und V. 
Metapodien nur noch als Griffelbeine sich erhalten mit vollständigen, wenn 
auch kleinen Fingern resp. Zehen. Hei den Ruminantia geht dieser Prozeß 
weiter und führ zunächst dazu, daß die Metapodien des III. und IV. 
Fingers zu dem langen Kanonenbein i Canon) verschmelzen. Abgesehen 
von Kamelen und Giraffen, bei denen Seitentinger und -Zehen vollständig 
schwinden, erhalten sich sonst meist die Phalangen von Finger und Zehe II 
und V, wenn auch in Resten. Die zugehörigen Metacarpalia bleiben dagegen 
nur zuweilen (Telemetacapalia) distal bestehen, während die Metatarsalia 
distal vollständig schwinden. Proximal dagegen erhalten sich beide inso- 
fern als sie auch dort, wo sie ganz zu fehlen scheinen, mit dem Kanonen- 
bein verschmelzen. Heim Schaf z. H. erhalten sich zuweilen, namentlirh 
im Vorderfuß, neben dem proximalen Ende der Kanonenknochen die Ru- 




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XIV. Ordnung: Arliodactyla. 



dimente von Metaearpale II und V. Auch das embryonale Kind hat 
4 Metapodicn, von denen nach Meftam Metacarpale II und Metatarsale V 
am ehesten mit den benachbarten Knochen proximal verschmelzen. Mit 
der Reduktion der lateralen Finder reifen der III. und IV., also die 
beiden überwiegend oder ausschließlich funktionierenden auf die karpalen 
res]), tarsalen Tragstücke derselben hinüber und gewinnen hierdurch mehr 
Raum für ihre proximalen (ielenkcnden. die an Umfang zunehmen. Diese 
Umwandlung hat Kowalewsky y eine adaptive genannt, insofern sie eine 
Adaptation ist an die Forderung erhöhter, Schnellfüßigkeit, die längere 
und somit kräftigere Hebelarme in (iestalt von Phalangen -Endgliedern 
heischt, die zwar in Zahl abnahmen, in Länge aber zunahmen. 

Wichtige Veränderungen erfährt Carpus und Tarsus. Dieselben 
stellen die folgenden Schemata übersichtlich dar. Sie lehren, daß mit 
Atrophie der Seitentingcr bei den Ruminantia das Trapezium verloren geht 

Hippopotaiiuis Sus Dicotylcs Hyomoschu.« Cervua. Bos Camelus 

" — ' — *f tr — I - •< tr - I - IC tr —I - sr tr - l - SC tr ~ ' ~~J C 

V-yd,-, ^-<--«-< x-tens ^£sm ^-<r" 

B- &&&& 

In diesem Schemata sind die gelenkigen Verbindungen der Carpalia und Tarsalia. 
Mctacarpalia und Mctatarsalia durch Linien angedeutet; Verschmelzung der Knc*chen 
durch: ■+- und durch Vereinigung. Im Carpus (oberste Keilte) bedeutet: ? Capitatum; 
h Haniatum; / Lunatum; sc Scaphoid; t Trapezium : tJ Trapezoid; tr Triquetrum. 
Im Tarsus (unterste Reihe): Ca Calcaneus; rb Cuboid: C/, //, /// Ento-, Meso-, Keto- 
cuneiformc; « Naviculnre; ta Talus; //, ///. //', V die bezüglichen Finger von Hand 
und FulJ. Die eingeklammerten haben ihre Verbindung verloren und treten nur in 

Resten auf. 

und das Trapezoid und Capitatum verschmelzen, ausgenommen bei Tylo- 
poda. Im Tarsus bleibt aber Cuneiforme I stets bewahrt, während einer- 
seits Cuboid und Naviculare (Scaphoid). zun» ..Navieulo-cuboidcum" LScapho- 
euboideum"). andererseits Cuneiforme II und III verschmelzen. Bei Hyo- 
moschus können selbst diese 4 Stücke ankylosieren, während bei Tragulus 
nach Roas Cuneiforme II und III dies tun mit dem proximalen Ende 
von Metatarsale III. Hingegen bleiben bei Tylopoda und Nonruminantia 
die Karpal- und Tarsalelemente getrennt. 

Wie bei Perissodactyla. erfährt die Ulna bei den Pecora Reduktion 
in ihrem mittleren Stück: ihr Oleeranon bleibt zum Muskelansatz erhalten, 
ihr distales Ende beteiligt sich, mit dem Radius verschmolzen, an der Rildung 
des Radio-Karpalgelcnkes. Komplet ist sie aber mit dein Radius verschmolzen 
bei Kamelen, vollständig und frei bei Hippopotamidae. Suidae und Traguli- 
dae. Ausgedehntere Rückbildung erlitt die Fibula, die nur bei Suidae und 
Hippopotamidae vollständig und frei ist. Schon bei Tragulidae verschmilzt 
ihr distales Ende mit der Tibia und bei den Pecora und Tylopoda stellt 
sie proximal nur mehr einen (iriffel dar. der auch fehlen kann, distal aber 



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Artiodactyla, Kör|H-rl>au. ß35 

Qbernimnit sie als Os malleolare die Funktion eines Malleolus externus. 
Dem Huinerus fehlt ein Foramen entepicondyloideum, dem Femur ein 
Trochanter tertius. 

Mit dem Caleaneus artikuliert die Fibula oder ihr Rest. Der Talus 
ist gefurcht und hat eine proximale und distale (ielenkrolle: erstere für 
die Tibia i*t tief ausgehöhlt, letztere in geringerem Malie. aber im Cegen- 
satz zu den abgestutzten Facetten für Xaviculare und Cuboid der Perisso- 
daetyla, mit einer medialen und einer lateralen konvexen Fläche für die 
genannten Knochen versehen. Nach hinten gehen diese über in eine kon- 
vexe (ielenkhache für den Caleaneus. Fr spielt eine große Holle im 
Sprunggelenk und damit bei der Bewegung des Fußes überhaupt. Hei 
dieser ist folgendes zu beachten: Seaphoid. Cuboid und Cuneiforme II 
und III verbinden sich amphi-arthrotisch. fest untereinander und mit den 
Metatarsalia. Hei den .schnellfüßigen Pecora wird dies 
noch besser erzielt durch Verschmelzung zu einem Scapho- 
cuboid. desgleichen durch Ankvlosierung von Cuneiforme 
II und III: was sein Maximum bei Ilvomosehus und Tra- 
gulus erreicht. Mit diesem fest verbundenen Knochen- 
komplex artikuliert Talus und Caleaneus. die ein Doppel- 
gelenk bilden. Namentlich der Talus auch mit dem 

Fig. r>8. Talus von Helladotherium, nach (iaudry. 
/ (ideiikfläehp für Tibia; cc für Calcaiicu*; n für Navii-ulari>; 
cb für Cuboid. 

l'nterschenkel. Dem Talus ist die Fähigkeit bedeutender I^ageveränderung 
eigen, so daß bei Streckung des Fußes der Unterschenkel ihn vor sich her- 
schiebt und in den Tarsus drängt, während Heugung seine I*age wieder lockert. 

Das Cehirn hat den Ungulatentypus. Das Kleinhirn wird wenigstens 
zum Teil überdeckt von den großen Hemisphären, deren Fossa Sylvii von 
:\ konzentrischen Windungen umzogen wird: der sylvischen, suprasylvischcn 
und marginalen, getrennt durch den Sulcus suprasylvii und lateralis. Meist 
wird die marginale Windung, die an die mediane longitudinale Scissur 
grenzt, durch einen medio-lateralen Sulcus in die marginale s. str. oder sagittalc 
und in die laterale Windung zerlegt (p. 1 *?«»). Komplikation können diese 
Windungen erfahren durch sekundäre transversale Furchen. Stets ist das 
Riechzentrum außerordentlich entwickelt: dies äußert sich im Cmfang des 
Bulbus olfactorius und seiner Fortsetzung in den Lobus hippocampi, die 
durch die Fissurae rhinales gegenüber dem Hcmisphärenmantel abgegrenzt, 
diesem als umfangreiche basale Masse unterliegen. 

Wir wissen aber, daß ein umfangreicheres (Jehirn erst eine verhältnis- 
mäßig neue Erwerbung der Artiodactyla ist. im (iegensatz zu ihren ter- 
tiären Vorfahren (s. p. 11(5). Diesen primitiveren Zustand wahrte sich noch 
llippopotamus. wo ich das Verhältnis des Hirngewichtes zum Kör|>er- 
gewicht wie l:.'HOö fand, somit nach den großen Balänopteriden das un- 
günstigste bekannte Verhältnis. 

Auch durch ihr peripheres ( icruchsorgan bekunden sich die Artio- 
dactyla als stark osmatische Tiere trotz der, ursprünglichen Verhältnissen 
entsprechenden geringen Zahl von nur f> Endoturbinalia bei den Rumi- 
nantia mit 6 Riechwülsten. Schweine verhalten sich diesbezüglich mehr 
wie die Perissodactyla mit bis zu x Endoturbinalia. Außerordentlich zahl- 



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631» 



XIV. Ordnung: Artiodactyla. 



reich werden die Ectoturbinalia. weiter ist charakteristisch die Pneumati- 
sierung der Ethmoturbinalia. die entweder eine selbständige ist oder in 
Zusammenhang steht mit der Pneumatisiernng benachbarter Schädelknochcn 

[Paulli]. Letztere Erscheinung tritt 
bei Hippopotamus und den Suidae 
sehr zurück, auch bei kleinen Ru- 
minantia. wie die Tragulidae. die 
nur einen Sinus maxillaris haben, 
während sie bei großen Formen. 
Kind z. B.. die Mehrzahl der Schädel- 
knochen einbegreift. Das Maxillo- 
turbinale ist im allgemeinen groß 
und doppelt gewunden. Autfällige 
Veränderung erfährt die Nase bei 
Antilope saiga mit kurzen Nasaliii, 
so daß die Lacrvmalia sich an 
der Bildung des Vorderrandes der 
knöchernen Nasenlöcher beteiligen: 

Fig. 4.">it. Schädel vom Schaf, von 
oben gesehen, nach Paulli. 1'neuinatiM.he 
Höhlen / im Nasale, i, j u. 4 im I^iery- 
male und FronHile; %m Sinus maxillaris. 
F Frontale; i Inlermaxillare; /Jugale; 
/ Laerymale; m Maxillare; n Nasale. 

hieran schließt sich die rüsselartige, aufgeblähte Nase an. In geringerem 
Maße rindet sich diese Einrichtung auch bei Pantholops. 

Das Gebiß, das stets heterodont und diphvodont ist. zeigt grolie 
Verschiedenheiten nach Form und Zahl der Zähne. Für die ältesten 
Formen galt die Zahnformel P-{ M3. die auch noch für das recente 
Genus Sus gilt. Diese 44 Zähne bilden eine geschlossene Reihe, sind 
braehydont. ohne Zementbedeckung, haben geschlossene Wurzeln, waren an- 
fänglich trituberkular. wie beim untereoeänen +Pantolestes, bald aber quadri- 
tuberkular und bunodont. Reduktionen, die das Gebiß erfuhr durch Ausfall von 

Zähnen: ferner sekun- 
däre Veränderungen, in- 
dem einzelne wurzellos 
wurden und permanen- 
ten Wuchs erhielten Ca- 
nini mancher Ruminan- 
tiai andere wenigstens 
hypselodont wurden mit 
spätem Schluß der 
kurzen Wurzeln Rovi- 
dae): Entstehung von 
Diastemen durch Ver- 
längerungder Kiefer und 

Fig. 46a Gehia von Su» nttatas. anderes mehr, das eine 

Rolle spielt bei vielen 

Formen, die sich bis heute erhielten oder bis in die Neuzeit ihrer Bifite 
entgegengingen, wird allmählich zur Sprache kommen. Für den Augenblick 



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Artiodactyla. Körperbau. 



637 



haben wir für die Form der Backenzähne vom bunodonten Zahn auszugehen. 
Dies lehrt nicht nur die Paläozoologie, auch embryolbgische Untersuchungen, 
wie die von Taeker, denen zufolge die Ontogenese der bunodonten Non- 
ruminantia und der selenodonten Ruminantia im wesentlichen ein über- 
einstimmendes bunodontes Initialstadium erkennen läßt. Nicht minder 
wichtig ist, daß Taeker den Beweis liefern konnte, daß im Unterkiefer 
die Zeitfolge des Entstehens der Koniden auf den Molaren in L'eberein- 
stimmung ist mit Osborns Bezeichnungsweise (p. 179 u. 592). So entsteht 
zuerst der Protoconid und neben ihm der Metaconid. darauf Para-, end- 
lich Hypoconid. Auch im Oberkiefer herrscht im allgemeinen Parallelis- 
mus der Ontogenese mit der Trituberkulartheorie von Cope und Osborn, 
doch ist die Zeitfolge des Auftretens der Coni nicht in allen Teilen in 
Harmonie mit den paläontologischen Schlüssen. Ks entsteht zuerst der 
Paraconus, alsdann der Metaconus. Auf diesem Zweihöckerzahn entsteht 
darauf in P 4 der Protoconus, weiterhin der Hypoconus. In P, erst «1er 
Ilypoeonus. Dieser dreigipfelige Zahn bleibt bestehen bei Sühlen, traguliden 
und zahlreichen tertiären Artiodactyla, bei allen übrigen erscheint schließ- 
lich auch der Protoconus, wodurch P ;H ebenso wie P 4 moluriform wird*). 

Die 4 Coni des bunodonten Zahnes stehen sich paarweise gegenüber 
und liefern durch Erhöhung zu Pyramiden die quadrituberkularen, buno- 
donten Molaren der ältesten Saiden (+ Achaenodon. * Elotherium. sowie 
einzelner primitiver Ruminantia); bald fügen sich 1 bis 2 Zwischenhöcker 
hinzu ' T Hyothcrium u. a>. Gleichzeitig werden die Höcker stumpfer und 
niedriger und durch weitere Zunahme der Xebenhöcker entsteht daraus 
der Warzenzahn der modernen Schweine (Fig. 133 p. 17f>). 

Auf dem anderen Wege, der zum selenodonten Zahne führt, bilden 
die Außenhöcker der oberen Molaren bei primitiveren Formen nach außen 
offene V. die sich weiterhin zu Halbmonden abrunden. Meist vereinigen sie 
sich, springen hier faltig vor und bilden eine ..Außenwand" (Fig. 133). Die 
Innenhöcker bleiben noch konisch, werden V-förmig, darauf Halbmonde, 
die sich schließlich mit den äuße- 
ren Halbmonden verbinden und 
alsdann eine Marke oder Insel 
umschließen. Auch kann vom Cin- 
gulum ein Pfeiler zwischen den 
inneren Halbmonden entstehen und 
daneben ein weiterer. An diese 

Komplikation kann sich lang- 
dauerndes Wachstum der Krone 
anschließen, die hypselodont wird, 
ihre kurzen Wurzeln erst spät 
schließt und durch weitere Aus- 
bildung der Pfeiler und durch 
Zcmentablagcrung schließlich zu 
den prismatischen Zähnen der Bo- 
vidae führt. Aehnliche Umbildung 
erfahren die unteren Molaren, die 
aber stets schmäler sind. Ihre Halbmonde öffnen sich nach innen. Hier 
stoßen die inneren meist zusammen und bilden eine ..Innenwand". Pfeiler 

•> Dali die Höcker der Praemolaren durch Scott eine eigene Nomenklatur er- 
hielten, wurde auf p. 5!HJ hervorgehoben. 




Fig. 401. Vcrtikal*cbnitt in nat. (»r. 
durch einen Molaris; nach Gaudry. a von 
Trogocerus amalthaeuR, b vom Rind. / 
Schmelz, 2 Cement, .? Dentin, 4 Zahnhöhle. 



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6:w 



XIV. Ordnung: Artiodnctyla. 



entstehen an <ler Außenseite, die endlich bei Bovidae lappige Fortsätze 
haben und gefälteltes Email. 

Die typische Zahl !{ der I erhalt sich noch bei einzelnen Suiden. 
bei anderen hat Ausfall von I, (Dicotyles) oder von I, und I, statt (Pha- 
cochoerusi. Achnlich bei Hippopotamidae, wo der älteste pliocäne "^Hexa- 
protodon noch ijl. Hippopotamus nur noch i hat. Diese Reduktion 
namentlich der oberen Antemolaren wird bedeutender bei Ruminantia. 
Hei sämtlichen erhalten sich die Incisivi im Unterkiefer. Oben aber hat 
progressives Schwinden in dieser Folge statt, wie nach Mayo und Hoff- 
mann auch die Ontogenese lehrt durch die verschiedenen Grade der Re- 
duktion an der Zahnleiste an den Stellen, wo später Zähne fehlen. Erst 
schwindet I,. darauf I„ I 3 , weiterhin folgt P, schließlich C. 

Im Zwischenkiefer treten nur bei Tvlopoda noch .'i I im Milchgebiß 
auf, während das erwachsene Tier nur noch I ; , hat : bei Tragulidae und 
Pecora werden aber die oberen I nur ganz vorübergehend angelegt. Die 
Canini fehlen nur im Oberkiefer mancher Ruminantia, unten nehmen >ie bei 
Tragulidae und Pecora die Gestalt eines I an und schließen sich an die In- 
cisivi an wie namentlich die + Oreodontidae lehren [Scott]. Häutig wird vor- 
züglich der obere ein wurzelloser Zahn, der bedeutende Größe erlangen kann 
und namentlich beim Männchen eine tüchtige Waffe wird, besonders bei 
solchen, denen ein Geweih abgeht (Moschus, Hydropotesi oder bei denen es 
nur gering entwickelt ist (Cervulinae). Nur bei Xonruminantia kommen noch 
|P vor. doch wird bereits unter Suidae ihre Zahl auf i reduziert (Babi- 

rusa i. Allgemein ist ihre Zahl meist bei Ruminantia sind es Pl '' ' ''' bei 

recenten Tvlopoda ?l 1,1 l '\ Stets weichen die P von den Molaren ab: denn 
werden sie molariform. so bleiben sie doch stets einfacher. Es ist weiter 
ein Attribut aller Artiodactyla. gleichgültig ob sie bunodont oder selenodont 
sind, daß der letzte Milchmolar verlängert ist. der Form nach aber den 
permanenten Molaren gleicht; der vorletzte Milchmolar ist aber ein ver- 
längerter Zahn von komplizierterem Typus als der letzte Milchmolar oder 
die 2 folgenden permanenten Molaren. Im erwachsenen Gebiß ist anderer- 
seits der letzte obere P fast immer einfacher als der 1. M und niemals 
komplizierter oder länger. Die Zahl der Molaren ist stets hat M ^ 
einen dritten Lohns. Die Umbildungen der anfänglich «|uadrituberkular- 
bunodonten Molaren wurde bereits skizziert. Hier sei nur hervorgehoben, 
daß den höheren Anforderungen der Kaufunktion der bunodonte Zahn 
der Suidae entspricht durch Bildung von Zwischenhöckern, nur ausnahms- 
weise wurde er lophodont. Diese Richtung schlugen anfänglich auch die 
Ruminantia ein, die .loche lagerten sich aber in der Längsrichtung des 
Zahnes, nahmen V-, darauf Halbmondform an, mit oben und unten ent- 
gegengesetzter Konvexität. Dies entspricht der Kaubewegung, wobei die 
Kiefer von rechts nach links resp. umgekehrt übereinander geschoben 
werden. Dabei wirken die Halbmonde am günstigsten zum Zerkleinern 
der Nahrung (p. 175). 

Am Eingang zur Mundhöhle fallen die Lippen im allgemeinen nicht 
gerade auf durch große Beweglichkeit, wie sie ihnen bei Giraffe und Tv- 
lopoda eigen ist und zum Greifen von Zweigen und Blättern dient. Bei 
Rindern bildet die bis zu den Nasenlöchern haarlose Oberlippe eine durch 
seröse Drüsen feuchte Fläche, die als Muffel (Flotzmaul) bekannt und bei 
anderen Cavicornia nur angedeutet ist. An dieser Stelle liegt bei Suidae 



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Artiodactyla, Körperbau. 



639 



die Rüsselseheibe, die durch pränasalen, verknöcherten Knor]>el des Kthmoid 
(Hüsselknochen) gestützt wird. Hei manchen Kuininantia, namentlich Giraffe, 
und Elch, hat die Schleimhaut der Wangen zahlreiche große, meist ver- 
zweigte Papillen. 

Allgemein kommen (laumenleisten (Staffeln) vor. von denen bei 
Rindern Iiis zu 18 auftreten, deren Hinterrand gezackt ist: außerdem be- 
sitzt der harte (iaumen vorn die (iaumenpapillen. auf denen der Nasen- 
gauraengang (Ductus Stenonianusi ausmündet, der Mund- und Nasenhöhle 
verbindet. 

Der weiche Gaumen fällt beim Schwein durch seine Kürze auf. so 
daß die Epiglottis sehr leicht die pravelare Lage annimmt (s. p. 201), 
ebendort wurde die Bursa pharyngea des Schweines erwähnt (Fig. 153), 
von der sich auch beim Heb Andeutungen finden. Hierher gehören auch 
die Aussackungen de* weichen Gaumens, welche die Kamele zur Brunst- 
zeit aufblähen und aus dem Maule hervortreiben. Hippopotamus hat eine 
retrovelare (intranariale) Epiglottis, wie bei einem tauchenden Tiere auch 
nicht anders zu erwarten ist. 

Die Zunge ist bei Kuininantia. denen obere Incisivi fehlen, ein 
wichtiges Organ zun» Abreiben von Gras. Zweigen und anderem Futter 
und dementxprechend beweglich, vorstreckbar, derb und vorn zugespitzt 
Vielfach verhornen die nach rückwärts gekehrten, spitzen Papillae filiformes, 
die den Zungenrücken bedecken. Dazwischen liegen Papillae fungiformes. 
Auf dem hinteren Zungenrücken finden sich bei Cervidae und Bovidae 
über 40, wenigstens aber 10 Papillae vallatae in zwei Reihen: bei Tylo- 
poda treten sie beiderseits in einer Reihe von drei bis vier auf. von be- 
deutender Größe: bei Traguliden verschmelzen sie zu einem schräg ge- 
lagerten Spalt beiderseits. Ein Paar rindet sich bei Suidac. Hier erreichen 
die Papillae foliatac bedeutende Größe, während sie bei Ruminantia sehr 
zurücktreten oder ganz fehlen. 

Allgemein hat der Magen Neigung zu Komplikation. Dies äußert 
sich bereits bei Suidae: unter diesen ist er bei Phacochoerns noch einfach, 
beim Schwein hat er bereits eine 
linksseitige Cardiatasche (Saccus coecus). 
Komplizierter ist der Hau der Schleim- 
haut. Fig. 4V>'2 zeigt ihre Verteilung 
in Regionen. An die Einmündung des 
Oesophagus schließt sich eine Fort- 
setzung von dessen drüsenlosem Epi- 
thel an. Die drüsentragende Schleim- 
haut bildet links die (ardiadrüsen- 
region, die mit ihren tubulösen Drüsen 
auch den Blindsack bekleidet. Eiweiß- 
verdauung liegt der linken Magenhälfte 
nicht ob, wohl nur Anfeuchten und 
Erweichen des Futters. Die Pepsinbil- 
dung besorgt die Fundusdrüsenzone, die 
rechtsseitig an der großen Kurvatur liegt 
und Magendrüsen mit Haupt- und Bc- 
legzellen hat. Die Pylorusdrüsenregion 
hat verzweigte tubulöse Drüsen. Bei Dicotyles erfährt die linke Magen- 
hälfte weitere Komplikation, indem die ösophageale Abteilung an Aus- 




Fijr. 4*V2. Magen von Su* scrofa. 
Quer>ehrnffiert : .Schlundahteilunir; 
whrägschraffiert : Cardiadrüsenzone; 

funktiert: Fundusdrüscn ; Kreuze: 
yloru*»drü*en. ^Oesophagus; /'Pylo- 
rus. Nach Edelmann (aus Oppcl). 



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H40 



XIV. Ordnung: Artiodactyla. 



dehnung zunimmt und sich in zwei Abteilungen einschnürt, von denen 
die linke zwei blindsackartige Anhänge zeigt. Auch Hippopotamus hat 
links Blindsackbildung mit Schleimhautfalten und Muskeleinlagerung. 

Mit der unter Säugern bei Ruminantia einzig dastehenden Ein- 
richtung des Wiederkauens verbindet sich Komplikation und besondere 
Einrichtung des Magens, die bei Pecora ihr Maximum erreicht. Die 
folgende Darstellung gilt für die Pecora; das primitivere Verhalten bei 
Tylopoda und Tragulidac soll bei diesen angedeutet werden. 

Der Wiederkäuermagen besteht aus drei Hauptabteilungen. Die 
erste (Yordermagcn Boas) umfaßt den Pansen (Rumen) und den Netz- 
magen (Haube. Reticulum. Ollulat, der in dieser Form und Bedeutung 
bei Tylopoda nicht vorkommt. Der Netzmagen ist eine Ausstülpung des 
Pansen und mit ihm in offener, weiter Verbindung. Letzterer ist als 
kropfartige Aussackung des Oesophagus aufzufassen, wofür auch der 
seltene Befund von Schleimdrüsen, die den Oesophagealdrüsen gleichen 
(Zimmermann), spricht. In den Pansen mündet die Speiseröhre. Von 



dieser Einmündung zieht eine durch zwei 




Fig. 403. Schema de> Magen*. A eine» Came- 
liden, Ii eine»* gewöhnlichen Wiederkäuen», C von 
Tragulu». d Dünndarm ; h Hinterniagen; //'/ Netz- 
magen; m Mittelmagen; o Oesophagus: r Schlund- 
rinne; v Vordennagnn. - Nach lioas.; 



Scbleimhautfalten begrenzte 
Rinne < Schlundrinne) bis an 
die Oeffnung der zweiten 
Hauptabteilung (Mittelmagen 
Boas). Diese, der Blatter- 
magen (Psalter. Omasus, 
Buchmagen) ist ebenso wie 
Pansen und Netzmagen drü- 
senlos, mit Pflasterepithel be- 
kleidet und außerdem in hohe 
Falte gelegt. Er darf wohl 
von der dritten Abteilung 
(Hinterinagen Boas): dem 
Labmagen (Abomasus). der 
Cylinderepithel. Pepsindrüsen 
und eine weiche Schleimbaut 
hat. abgeleitet werden. Hier- 
für spricht, daß er bei Tylo- 
poda noch auf primitiver 
Stufe steht, insofern er sich 
vom Labmagen nur durch 
geringere Ausbildung der 

Drüsen, initiale Falten- 
bildung. aber nicht äußerlich 
abhebt [Boas|: und bei Tra- 
guliden ist er so unbedeu- 
tend, daß er meist als feh- 
lend angegeben wird. Die 
Einmündung der Schlund- 
rinne in dieses Magen kom- 
partiment betrachte ich als die 



ursprüngliche, die sich zu einem Spalt (resp. zu einer Rinne) auszog durch 
Aussackung der ersten ösophagealen Abteilung, die darauf bei weiterer 
Ausdehnung einerseits den „falschen Netzmagen" [Boas| der Tylopoda, 
andererseits den Netzmagen der übrigen Ruminantia abschnürte. 



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Artiodactyla, Körperbau. 



641 




Das flüchtig gekaute Futter fällt zunächst in die ganz oder fast 
ganz drüsenlose erste Abteilung, wo es unter Zutun von Mikroorganismen 
einer Gärung, und unter dem 
Einflüsse von Wärme und Feuch- 
tigkeit einer Mazeration unter- 
worfen wird, an der sich z. B. 
beim Rinde zahlreiche Infusorien 
mechanisch beteiligen können. 
So vorbereitet wird es regur- 
gitiert. nochmals gekaut und 
gleitet dann abermals den Oeso- 
phagus hinab. An dessen Ein- 
mündung haben sich aber jetzt 
die beiden Lippen der Schlund- 
rinne geschlossen, so daß das 
Futter zum Blättermagen ge- 
leitet wird. In diesem wird aus 
dem Speisebrei ein großer Teil 
der Flüssigkeit ausgepreßt, die 

in den Labmagen abfließt 
und hier resorbiert wird. Der 
Blättermagen ist aber nicht 
nur Fxsiccationsmagen [Fllen- 

bergerj. seine zahlreichen 
rauhen Blätter verreiben die 
Futterteile noch weiter, so daß 
sie nur in feiner Form in den 
Labmagen gelangen, wo die 
chemische Verdauung statthat. 
Im Säuglingsalter ist Pansen 

und Netzmagen klein, so daß die Milch fast vollständig sofort in die 
letzte Magenabteilnng fließt. 

Der Nutzen des Wiederkäuermagens für herbivore Tiere, deren 
wesentlichster Schutz vor Feinden in der Flucht liegt, ist deutlich. Schnell- 
füßig erreichen sie die Futterplätze, füllen durch schleuniges Weiden ihren 
Pansen und können sich jetzt nach sicherem Orte zurückziehen, um dort 
weiterer Verarbeitung des Futters obzuliegen. 

Der Darm ist ausnahmslos sehr lang — bei einem erwachsenen 
Ilippopotamus fand ich ihn über i>0 m, bei Camelus 30 m lang — was be- 
sonders für den Dünndarm gilt, der beim Kind bis 45m, beim Schwein 10 m 
erreicht, während das Colon bei ersterein ca. 5> m, bei letzterem 8 in beträgt. 
Das Colon, das spiralig in der Kbene des Mesenteriums aufgerollt ist, stellt 
zusammen mit dem Dünndarm die sog. Darmscheibe dar. von »leren Bande 
die Sehlingen der dünnen Gedärme in Guirlanden herabhängen (Fig. 104 
p. 20!»). Auch bei den Suiden sind die Dünndarmschlingen im Halbkreis 
angeordnet. Das stets einfache Coccum ist bei Suiden kurz und fehlt bei 
Ilippopotamus ganz. 

Der viellappigen Leber fehlt nur bei Tvlopoda, bei der Mehrzahl der 
Hirsche und individuell bei (iiraffen die Gallenblase. 

Mit Ausnahme von Hyomoschus. fehlen dem Larynx Ausstülpungen 
besonderer Art. Die Trachea gibt wohl meist einen rechten eparteriellen 

W<-hrr, Sftu*ftiCTP. 41 



Fig. 464. Magill vom Schaf, nach Carua 
und Otto. / Pansen; „> Netzmagen. In diese 
beiden Abteilungen, die in weiter Verbindung 
sind, öffnet sieb der Oesophagus j, wie die 
eingeführte weille S>nde 4 zeigt. Die schwarze 
Sonde dringt durch die Schlundrinne 5 in den 
Blättermagen 6 und darauf in den Labmagen 
7; S Anfang des Dünndarm*. 



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042 



XIV. Ordnung: Arti<*lnc«yln. 



Bronchus ab. der zum Vorderlappen der rechten Lunge zieht. Diese be- 
steht meist aus vier bis fünf läppen, links aus drei. Nur bei Hippo- 
potamus verteilt sich jede Lunge in einen kleinen vorderen und einen weit 
größeren hinteren Lappen. Hei Tvlopoda findet sich außerdem ein linker 
bronchialer, eparterieller Bronchus. 

Im Herzen vieler Ruminantia kommt Verknöcherung vor im Septum 
ventriculornm : an Stelle dieses ..Herzknochens" tritt bei Suidae Knorpel auf. 

Der linke primitive Venenstamm ist zu einem kleinen Stamm redu- 
ziert. Die Vena azygos fehlt: die Vena hemiazygos mündet direkt oder 
indirekt in die Vorkammer. 

Die Niere ist glatt, ohne Lappenbildung bei Suidae und kleinen 
Ruminantia. Im allgemeinen tritt aber mit Größenzunahme Verteilung in 
Lappen ein. zuweilen nur oberflächlich, so bei Hippopotamus und bei 
Rovidae. 

Die Testes liegen stets extraabdominal, inguinal und. mit Ausnahme 
von Hippopotamus. in einem Scrotum. Von akzessorischen Geschlechts- 
drüsen kommen bei Nonruminantia Glandulae vesiculares. prostaticae, 
urethrales und Cowperi vor. An dieses Verhalten schließen sich von 
Ruminantia einerseits die Tvlopoda dadurch an. daß ihnen zwar die 
(ilandulae vesiculares fehlen, andererseits aber die Glandulae urethrales 
zu Prostatae sich fortentwickeln. Letztere fehlen den übrigen Ruminantia, 
da sie nur (ilandulae urethrales haben, sie besitzen aber andererseits 
Glandulae vesiculares. (ilandulae vasis deferentis fehlen allen Artiodactvla 
|.L Tb. OiulemansJ. 

Der lange Penis hat in Ruhe eine S-förmige Riegung; die Präputial- 
öffnung sieht, mit Ausnahme «1er Tylopoda, nach vorn. Ueber die Mus- 
kulatur von Penis und Praeputium, sowie über das fadenförmige Ende der 
Eichel s. p. 2<>0 u. >>(> >. Ein Os penis fehlt stets. 

Stets ist der Uterus zweihörnig. Bei Ruminantia entwickeln sich em 
bis zwei Junge, bei Suidae zahlreiche, bei Hippopotamidae eins. Die 
Placenta ist stets adeciduat; bei Nonruminantia diffus, desgleichen bei 
Tvlopoda und Tragulidae. während sie sonst bei Ruminantia polykotyledon 
ist (Uotylophora) (p. 2!«). 

Diagnose: Die Artiodactvla sind paarzehige Ungulaten. bei denen die 
Extremitätenachse zwischen den III. und IV. Digitus fällt (paraxon). Auf 
diesen ruht das Körpergewicht, sie sind daher stärker als die lateralen II 
und V, die meist reduziert sind, zuweilen bis zu gänzlichem Schwunde. 
Femur ohne Trochanter tertius: Calcaneus artikuliert mit Fibula oder derem 
distalem Rest. Talus hat eine proximale und distale Gelenkrolle, er arti- 
kuliert mit Naviculare und Ouboid fast zu gleichen Teilen. 19 Thorako- 
Lumbalwirbel. Canalis alispbenoideus fehlt, Ursprünglich I j C \ P[ M ;j. 
Obere I und obere C haben Neigung zu schwinden, desgleichen P,. Unterer 
C erhält sich, wird aber meist incisiviform. Rackenzähne bunodont oder 
sclenodont. Magen einfach oder kompliziert, Coecum verschieden, Gallen- 
blase fehlt zuweilen. Zwei oder mehr inguinale, nur ausnahmsweise ab- 
dominale Zitzen. Testes skrotal. Placenta diffus oder polykotyledon. 



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Artirxlactvla, Systematik. 



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XIV. Ordnung: Artiodactyla. 



Leicht lassen sieh die recenten Arten in größere Gruppen vereinigen. 
Anders wird es, wenn wir die fossilen Formen in den Kreis der Betrach- 
tung ziehen. Scott, ein genauer Kenner derselben, nennt sie ..almost the 
despair of the niorphologist. So manifold are the forms. which this puzzling 
group ha.s assumed and so variously are the characteristics of its minor 
jjroups comhined, that the confusion seems hoj)eless". Bei ganz vorwiegen- 
der Berücksichtigung der recenten Formen erhalten wir die tabellarische 
Uebersicht der recenten Familien wie sie p. <i43 zum Ausdruck bringt. 

(S. Tabelle auf p. M'.i.) 

In der nachfolgenden taxonomischen Behandlung werden die recenten 
Gruppen jedesmal den Ausgangspunkt bilden. Von dieser Basis breiteren 
Wissens aus sollen dann die fossilen Abteilungen besprochen werden, die 
sich enger oder entfernter hieran anschließen lassen. Hierbei wird sich 
herausstellen, daß von den Xonruminantia nur die + Elotheriidae in Nord- 
Amerika indigcn zu sein scheinen. Die Wiege der übrigen stand vermut- 
lich in der Alten Welt. 

Die recenten selenodonten Artiodactyla verteilen sich in zwei Haupt- 
stämme. Erstens, die Tvlopoda. die in Nord-Amerika ihren Ursprung 
nahmen und dort bis zum Miocän reicher Blüte sich erfreuten. Scott 
macht es wahrscheinlich, daß alle indigencn, dem Tertiär Nord-Amerikas 
angehörigen Selenodonten den Tvlopoda angehörten. Alle übrigen waren 
Einwanderer von der Alten Welt aus. jSomit die ausgestorbenen ^Anthra- 
cothcrioidea und die Repräsentanten der zwei Hauptstämme recenter Seleno- 
dontia: die Pecora und Traguloidea. Letztere beiden nahmen wohl ihren 
LTrsprung aus alttertiären Dichobunoidea, ebenso wie die Tvlopoda aus 
dem amerikanischen Aequivalent der Dichobunoidea: den + Homacodontidae 
(Pantolestidae). Diese Betrachtung führt zu folgender tabellarischer 
Uebersicht: 

/. Nonruminantia. 
I. Unterordn. Suoidea. 

//. Ruminantia. 



1. Farn. HlPPOPOTAMIDAE. 

2. Farn. Slidak. 

3. Farn. Ei.othkriidae. 



II. Unterordn. Tylopoda. 



1. Farn. Camelidae. 

1. Unterfam. Camelinae. 

2. Unterfam. Leptomcrycinae. 

2. Fam. Oreodoxtioae. 

1. Unterfam. Orcodontinae. 

2. Unterfam. Agriochoerinae. 

3. Fam. Homacodontidae. 

( 1. Fam. Cervipak. 

III. Unterordn. Pecora. J l >. Fam. Bovidak. 

\ 3. Fam. Girakkhmk. 

IV. Unterordn. Traouloidea. 
V. Unterordn. Dichobunoidea. 

VI. Unterordn. Anthracotherioidea. 

Die in vorstehender Tabelle genannten Abteilungen und Familien 
sollen jetzt eine nähere Besprechung erfahren. Der Uebcrsichtlichkeit wegen 
soll sich an dieselbe jedesmal eine kurze Betrachtung anschließen über 
die wichtigsten paläontologischen Tatsachen, namentlich insofern sie einiges 



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I. Nonruminnntia, Hippopotaniidae. 



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Licht werfen auf die Genealogie. Später sollen dann kurz die Ab- 
teilungen der Artiodaktyla folgen, von denen kein Repräsentant in der 
recenten Fauna angetroffen wird. Für kurze Diagnosen sei auf die Ueber- 
sicbt auf p. <543 verwiesen. 

I. Unterordnung: Nonruminantia (Snoidea). 

Meist plumpe, kurzbeinige Tiere, von deren Hautdecke bekannt ist, 
daß sie Neigung bat zu besonderer Entwickelung des Panniculus adiposus. 
der eine Speckschicht, bildet. Der Hauptsache nach ist sie mit Borsten 
bekleidet, die äußerst spärlich werden können. Hörner oder Geweihe 
fehlen durchaus, auch scheinen konglobierte Hautdrüsen am Kopfe zu 
fehlen. Zitzen inguinal oder abdominal. Am gestreckten Schädel ist die 
Orbita nach hinten offen: ein Foramen ovale im Alisphenoid; harter 
Gaumen lang: Tvmpanicum verwächst früh mit Squamosum und bildet 
einen langen Meatus auditivus externus, der eingezwängt liegt zwischen 
Processus postglenoideus und posttympanieus. Die Halswirbel sind nicht 
oder kaum (Hippopotamus) opisthocöl: der Epistroplieus hat einen konischen 
Processus odontoideus. An den kurzen, viertingerigen Extremitäten sind 
Ulna und Fibula vollständig, Metacarpi und Metatarsi frei, ein Kanonen- 
bein kommt nicht zur Ausbildung. Canini stets vorhanden, desgleichen 
wenigstens ein. meist drei obere Incisivi. Backenzähne nach bunodontem 
(neobunodontem Stehlini Typus gebaut. Magen in verschiedenem (trade 
mit kompliziertem Bau, stets ohne Schlundrinne und ohne Fähigkeit des 
„Wiederkauens". Coecuni mittelgroß, einfach. Placenta diffus. 

Diese Abteilung, früher auch als Artiodactyla pachydermata bekannt, 
erhielt von Kowalewsky den Namen Bunodontia gegenüber den Sikuo- 
doiitia genannten selenodonten Artiodactyla. Wenn es auch seine Berech- 
tigung hat. von bunodonten Artiodactyla zu sprechen, so läßt sich doch der 
Terminus nicht mehr in obiger Schärfe aufrecht erhalten, da beide Stämme 
nicht durch das Gebiß so scharf sich scheiden und fossile Formen (Dicho- 
bunidae z. B.) Febergänge darstellen. 

I. Familie: HlPPOPOTAMIDAE. 

Die Flußpferde sind amphibiotisch lebende, gut schwimmende 
und tauchende Tiere, deren plumper Rumpf auf kurzen Extremitäten 
ruht, indem die 4 Zehen sich spreizen und eine umfangreiche Sohlen- 
flache darstellen. Iufole der Lebensweise, die letzteres heischte und 
keinen Wert legte auf schnelle Fortbewegung, ist hier, einzig unter 
Artiodactyla , Reduktion des Fußes nur insofern angedeutet , als die 
Seitenzehen '_' und 5 kürzer sind als die übrigen, aber noch voll funk- 
tionieren, nicht verschmachtigt sind und voll mit ihren Karpal- resp. Tar- 
salstücken artikulieren. Auch sind die Zehen nur erst wenig aufgerichtet. 
Daß der 3. Finger der Hand durch Prävalenz an Mesaxonie erinnert, wurde 
auf ]>. <533 hervorgehoben. Bau von Tarsus und Oarpus zeigt unser Schema 
auf p. 634: ein Centrale fehlt. Die in der Jugend hellfleischrote, später 
schiefergraue Haut trägt dicke Borsten dicht nebeneinander auf Ober- und 
Unterlippe, auf den beweglichen Ohren, spärlicher ahf der dorsalen Flache 
des Kopfes und Rückens bis zur Schwanzspitze. Vielfach sind die Borsten 
gespalten und machen dadurch den Eindruck von Haarbündeln. Beim 
jungen Tier erscheinen an ihrer Statt Lanngo-artige, dichtere Haare, die 



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r»4<> 



XIV. Ordnung: Artiodaclyla. 



sich am Kopfe bis zu 5 gruppieren können, sonst vereinzelt stehen. Neben 
ihnen münden .selbständig tobulöse Drüsen aus, die ein bedeutendes Ausmaß 
orreichen, ein fadenziehendes, schleimiges Sekret liefern, dfm nnrnnil ein 
weinroter Farbstoff beigemengt ist, von eigener Art, der mit Blutfarbstoff 
nichts zu schaffen hat, dem Tier aher zu der Sage verhalf, daß es Blut 
schwitze. 

Am Kopf fallt der gewaltige Schnauzenreil auf, sowie das Fehlen von 
pneumatischen Hohlen, Lehrdens ist der Schädel langgestreckt, hat eine 
Sagittahrista, eine kleine Bulla auditiva, teilweise mit Knocheublattrhen 
angefüllt, lange Processus paroccipitales und den Beginn einer hinteren 
Orbital wand, gebildet durch den Processus postorbitalis des Frontale, wo- 
durch die Orbitae mit ihrem vorspringenden Rande fast röhrenförmig er- 
scheinen. Die rinnenartige Fortsetzung' des Foramen supraorbitale der 
Suidae und Ruminnntia fehlt, auch ist der faciale Teil des Lacrytnnle am 
Orbitalrand eingeschnürt. Entsprechend rlen wurzellosen, großen Incisivi 
und Canini sind die Knochenteile, in denen sie wurzeln, angeschwollen. 
Die Zahl der thorakalen Wirbel betrögt 15, der lumbalen 4, der sakralen 6, 
die der Schwanzwirbel 12 — 13. Ursprünglich hatte das Gebiß IjC J Pj Mij, 
wie dies bei den pliocUnen Arten Indiens der Fall war, deren (> Incisivi 
Anlaß gab, sie Hexaprotodon zu nennen. Bei den afrikanischen und euro- 
päischen Arten ging dieser hexaprotodonte Zustand in den tetraprotod^nten 
über mit | 1 |z. B. Hippopotamus amphibius). Individuell und mit zu- 
nehmendem Alter reduziert sich bei dem Zwerg-Hippopotamus von Liberia 
die Zahl der unteren I auf einen jederseits. Die unteren nach vorn ge- 
richteten I und die Canini, namentlich die unteren, sind wurzellos und 
wachsen bestandig. Durch Einfaltung der Außenhöcker auf den oberen, 
der Innenhöcker auf den unteren Backenzahnen von P 3 an, erhalten dieselben 
durch Abnutzung eine Kleeblattform. Die Langsachse des ungeheuren 
Magens ist langsgerichtet und besteht aus drei Abteilungen: die fc,eber 
ist in der Quere verlängert, aber sehr einfach gebaut; am Darmkanal, der 
zwischen 50 und 60 m lang ist, fehlt ein Coecum; die Niere ist gelappt. 

Hippopotami's L. Einziges Genus mit den Merkmalen der Familie, 
nachdem man //. librrirnsis Mort. von West-Afrika (Liberia) seines gene- 
rischen Ranges als ChoeropsIS Leidy wieder enthoben hat. Diese kleinste 
Art ist durch den Wegfall der unteren äußeren I sehr spezialisiert, in 
anderen Punkten ist sie generalisierter als H. amphibius L. mit I » ; so in 
dem Gehirnteil des Schädels, der verhältnismäßig viel starker über den Gesichts- 
teil überwiegt, womit gleichzeitig die Frontalia erheblich verlängert sind und 
die Orbitae mehr in der Mitte liefen als bei H. amphibius. Bei diesem 
grenzt auch das Lacrymale an das Nasale, bei H. liberiensis trennt beide 
das Frontale. H. amphibius L. war früher in den Flüssen und Seen 
Afrikas, südlich von der Sahara, verbreitet, jetzt aber an vielen Orten, 
namentlich im Süden ausgerottet. 

Vorgeschichte. 

Wie die fossilen Formen sich in obengenannten Punkten verhalten, 
hat jüngst noch F. Major dargelegt. Ks erhellt daraus, daß dieselben 
vom Obermiocän ab 'sich alle dem Genus Hippopotamus unterordnen. Am 
besten bekannt sind Formen aus dem Obermiocän Vorderindiens (Siwaliks), 
so +//. {Hrxopro/odon) sivalrusis Falc. et Cautl., + iravaddiens Falc. 
et Cautl., mehrere pleistocäne (von Nerbada), wie +//. iTttraprotodott) 



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I. Niiiiruniiiinntiu: Suidac 



047 



palatitidiius Falc. et Cautl.. die einen Verwandten im Pleistocän Javas 
und Suinatras hatten |E. Dubois|. 

Sie starben hier aus. ebenso in Europa, wo im l'nterplioeän Italiens 
+ //. hif>f*oiintsis (iaudrv auftrat |vergl. Stehlin| und ^ //. major Owen, 
der noch spezialisierter war als II. amphihius L. und sich durch ganz 
Europa von England ab südwärts bis zum Pleistocän erhielt. Der genannte 
Hippopotamus vom Unterplioeän Italiens ( asiuo. schließt sich in der 
generalisierten Form der Molaren, im Verhalten der Canini eng an + //. 
mittut us Cuv. an. den F. Major vom Pleistocän von Cypern bekannt 
machte und der nur die geringe (Iröße eines Schweines erreichte. In 
mancher Hinsicht schlieft er sich an II. liberiensis an. der aber bezüglich 
des Lacrymale z. H. primitiver sich verhält und sich wohl von noch unbe- 
kannten nordafrikanischen Vorfahren herleitet. 

Zoogeographisch bedeutsam ist das Auftreten von Ilippopotamus- 
Arten im Pliocän oder Quartär von Madagaskar. Ihr Hau ist derart, daß 
F. Major zum Schlüsse kommt, daß Ilippopotami aus Asien in Afrika ein- 
wanderten zur Zeit, als sie noch die Charaktere der Siwalik-Arten trugen, 
darauf nach Madagaskar vordrangen, hier diese Charaktere behielten und 
im Pleistocän ausstarben, in Afrika aber sich weiter spezialisierten zu 
den heutigen Formen, 

(iegenüber diesem genealogischen Zusammenhang, der mit dem Ober- 
mioeän anhebt, herrscht noch Dunkel bezüglich der weiter zurückliegenden 
Vorgeschichte. Daß +Merycopotamus Falc. et Cautl. aus dem Ober- 
Miocän Indiens als Endform. die nur Analogien mit Hippopotamus dar- 
bietet, außerhalb derselben fällt, darf angenommen werden. Ebenso ist die 
Auffassung Stehlins wahrscheinlich, daß die Hippopotamiden durch uns noch 
unbekannte mioeäne und oligoeäne Zwischenstufen an die + Choeromoriden 
aus dem Mittel- und Ober-Eocän Europas sich anschlössen, speziell an 
Formen, wie + Acotherulum (ierv. und +Choeropotamus Cuv. 

Der Schädel derselben zeigt mit dem von Hippopotamus Ueberein- 
stimmung in den Processus paroceipitales. in der Bulla auditiva, im Bau der 
Gelenkfläche für den Cnferkiefer. in der Anlage einer hinteren Orbitalwand 
durch den Processus postorbitalis u. s. w. Auch rekapituliert nach Stehlin 
der 3. P im Milchgebiß von Hippopotamus noch Zustände der +Choero- 
moriden. Nach dieser Ansicht erscheinen die Hippopotamidae als Seiten- 
zweig, der sich bereits im Mittel- oder Ober-Eocän vom Stamme der Suiden 
abzweigte. 

2. Familie: SüIDAE. 

Im allgemeinen mittelgroße Tiere mit beweglichem, kurzem Rüwsel, 
dessen scheibenförmiges Vorderende (Rüsselscheibe) die endständigen Nasen- 
lücher tragt und durch eine Knorpeleinlage gestützt wird, die meist zum Rüssel- 
knochen i Os praenasale) verknöchert. Das wenig dichte, häufig dünne Haar- 
kleid besteht hauptsächlich aus Borsten, die überall oder wenigstens an ein- 
zelnen Körperteilen [de Meijere] in alternierenden Gruppen von dreien stehen, 
zwischen denen zerstreut kleinere Haare sich finden. Beide haben acinöse 
Drüsen; tubulöse kommen nur an den Borsten vor. Von gehäuften Haut- 
drüsen kamen die Karpaldrüsen, der präputiale Nabelbeutel der Schweine, 
die Rückendrüse von Dicotvles, bereits auf p. 28 u. 29 zur Sprache. 

Der Schädel ist auffällig charakterisiert durch seine Keilform. Die- 
selbe bildet sich während der individuellen Entwicklung allmählich aus, 



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648 



XIV. Ordnung: Artiodactyla. 



zunächst im Gesichtsteil, woselbst sie erhöht wird durch Verlängerung der 
Schnauze, die ihr Maximum l»ei Su» barbatus und namentlich bei S. longi- 
rostris erreicht. Weiterhin erstreckt sich die Keilfonn auch auf den Hirn- 
sehädel durch Pneumatisierung der Frontalia, Parietalia und Supraoccipi- 
talia. Stets ist die Orbita nach hinten ganz offen, obwohl das Frontale 
einen kurzen Processus postorbitalis hat. Charakteristisch ist die Rinne, 
die sich an das Foramen supraorbitale anschließt. Das Lacrymale ist taxo- 
nomisch wichtig, namentlich für das Uassenstudiuni. Auffallend ist es bei 
Dicotyles in seinem facialen Teil verkümmert, so daß Frontale und Jugale 
einander am Orbitalrand begegnen, auch fehlen die Foramina lacrymalia, 
die sonst meist in der Zweizahl auftreten. Sie münden am Orbitallande, 
von wo aus das Lacrymale so weit auf das Gesicht sich ausdehnt, daß 
zuweilen das Frontale außer Kontakt kommt mit dem Maxillare. Das gilt 
auch für das Intermaxillare. Die Verlängerung der Schnauze fallt doch 
in Hauptsache dem Maxillare zu. Dipser Knochen ist an der Alveole des 
Caninus angeschwollen, namentlich bei Mannchen, wo dieser große Hauer 
dauernd wachst. Der lange und schmale harte Gaumen endet hinter 'lern 
letzten Molar und spielt hier zusammen mit den Pterygoidea eine wichtige 

Rolle für dio Artkenntnis. Das Tym- 
panicum verschmilzt mit dem Squa- 
lnosum uud ist zu einer zusammen- 
gedrückten Bulla auditiva aufgebiaht, 
welche Knochenblattchen anfüllen. 

Die Wirbelsäule hat ineist 14 t.horn- 
kale, 5 — 6 lumbale, 4 — 5 sakrale und 
7—24 Schwanzwirbel. 

Von den oben (p. 633 i bereits an- 
gedeuteten Umformungen der meist 
schlanken Extremitäten sei hier noch 
hervorgehoben, daß in Hand und Fuß 
Zehe II und V weit kürzer sind als 
die III. und IV. und kaum mehr funk- 
tionieren, da sie gewöhnlich den Boden 
nicht mehr berühren. Sie sind denn 
auch auf dem Tarsus nach hinten ver- 
schoben. Bei Dicotyles schritt die Re- 
duktion im Fuß woiter vor. indem Meta- 
tarsale III und IV proximal zu einem 
Kanonenknochen verschmolzen sind r 
während Zehe V bis auf ein kurzes 
Stück des Metatarsale geschwunden und 
bei Dycotyles torquatus mit Metatar- 
sale IV verwachsen ist. 

Die Weich teile kamen oben bereits 
zur Sprache. Coecum stots vorhanden, 
cularc; c 1 Kntocunei forme: /' Fortsatz Abweichend von den übrigen Ungulata, 
des Metatarsale III; /» de* Metatarsale kann die Zahl der Jungen beim Wild- 

IV ; s ncaamlcnocnen. , , . . . « , , • . 

schweiu bis auf 4—6 und beim dome- 
stizierten noch höher steigen. Dement- 
sprechend hat letzteres 8 — 10 Mammae, deren Zahl bei Dicotyles nur zwei 
betragt. Das typische Gebiß beträgt bei Sus I-$ CJ P}M j, kann aber, 





Fig. 105. Tarsus und Metatareus 
von hinten. I von Su« scrofa. II von Dico- 
tyles labint us ; nach Leuthardt. ca Cal- 
caueus; / Talus; tb Cuboid: n Nävi 



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I. Nonrtiminautia: Suidac. 



<>49 



mit Ausnahme der Canini, in allen Teilen Reduktion erleiden, wie weiter 
unten erhellen wird. 

1. Unterfamilie: Suinac. Facialer Teil des Lacrvmale ausgedehnt : V. 
Zehe vollständig, alle Metatarsalia frei. Rüekendrüso fehlt: wenigstens vier 
Zitzen, Maijen mit einfachem Blindsack. Bei recenten Formen sind die oberen 
Molaren na eh hinten in zunehmendem Matte länger als breit, was bei den 
Vorfahren mit deren geologischem Alter mehr zurücktritt: die Prämolaren 
werden nicht molariform. Beim Männchen sind die oberen Ganini nach 
außen und aufwärts gebogen, die unteren sind dreiseitig im Querschnitt. 

Sie sind auf die alte Welt beschrankt und fehlen hier nur in 
Australien, Neu-Seeland und auf kleineren Inseln, wobei wir absehen von 
der Verbreitung durch Menschenhand. Dali trotzdem manche Insel von 
ihnen bewohnt wird, erklärt sieh aus ihrer Fähigkeit, weite Strecken 
schwimmend zurückzulegen. 

Fig. 4uT». Umriß der linken oberen Mo- 
laren. I von Cebochoerus minor, II von tsus t 
scrofa. woran« die Zunahme der Länge im Ver- » 
hältni* zur Breite hervorgeht. Nach Stehlin. ',-CJ 
' , n. Gr. 

Man kann fünf recente Genera unterscheiden. Von diesen ist Sis L. 
das im allgemeinen primitivste, mit engein Anschluß an die Vorfahren. Im 
Gebiß I i{ C } P } M j{ wird P, nur einmal angelegt: er bricht gleichzeitig 
mit M, durch jNehring] und hat Neigung auszufallen: die Spezialisierung 
der Molaren geschieht durch fortgesetzte tiefere Kerbung der Haupthügel. 
Von den lncisivi spielen , '' u die Hauptrolle, ''J* nehmen nach außen 

schnell ab, I„ kann schließlich selbst in Wegfall kommen. Die langen 
unteren I stehen horizontal und konvergieren. Haarkleid borstig, nament- 
lich auf Kopf- und Dorsalseite des Rumpfes lang. Occipitalgegend des 
Schädels hoch aufgerichtet, nach hinten steil abfallend. 

Die zahlreichen Arten, über deren Wert die Meinuniren sehr ausein- 
andergehen und die der Mehrzahl nach wohl nur lokale Rassen sind, lassen 
sich mit F. Major auf S. barbatus, verrucosus, vittat us und scrofa be- 
schranken. Nach der Form des Querschnittes des mftnnliehen unteren Eck- 
zahnes, die ein kurzer Ausdruck ist für andere Unterschiede im Gebiß und 
Schädel, lassen sie sich in zwei Gruppen verteilen. Repräsentant der einen 
ist Xus scrofa L. Die schmelzlose llinterseite des unteren C ist schräg 



Fi«. -1<>7 Querschnitt durch den männlichen 
unteren Kckzahn I von Su* scrofa. II von Sus verruco- 
sus; nach Stehlin. a Außen-, h Hinten-. / Inuenfaeette. 
Schmelzbelag durch dickeren Contour angcgclien. 



gestellt und breiter als die Außenseite. Dieses Wildschwein ist über den 
Westen der Alten Welt verbreitet: Europa, das mediterrane Afrika, in Asien 
bis Tibet und bis zum Amur. 1 •> — 18 Wochen nach der Brunstzeit, vom 
November bis Februar, wirft das Weibchen 4-6 Frischlinge, die wie bei 
allen Wildschweinen auf dunkelbraunem Grunde weiße Likngsst reifen und 
Flecken haben. Zu dieser Gruppe gehört X. vittatus Müll, et Schi., aus- 





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(;.*>() 



XIV. OnliMin^r: Artiodarlyla. 



gezeichnet durch eine von der Wange zum Halse verlaufende weiße Binde, 
mit kürzerem, höherem Schädel und kürzerem facialen Teil des Larrymale. 
Sumatra, Java, Cochinchina. Forniosa in verschiedenen Varietäten, von denen 
.S". leucomystax Temm. in China und Japan, .S'. andainavmsis Blyth von 
den Andamanen, .S*. cristatits Wagn. von Vonlerindien selbständigere sind. 

Der Scrofa-Typus tritt somit auf «lern eurasiatischen Kontinent, östlich 
bis Japan, dann in Java, Sumatra, den Andamanen und im mediterranen 
Gebiete auf. Ferner erscheint er unvermittelt als S. fnipunisis Less. et 
Garn, und .S*. niger Fins« h in Neu-Guinea. Dali diese aber verwilderte 
Hausschweine seien, oine Ansicht, die von Rütimever bis Stehlin wiederholt 
ausgesprochen ist, ist auch zoogeographisch annehmlich. Zweifelsohne lieferte 
der Scrofa-Typus die Hausschweine, die jetzt über die ganze Erde verbreitet 
sind. Nathusius unterschied zuerst eine ,,europaeus*'-Reihe von einer „indicus"- 
Reihe. Erstere führen wir auf S. scrofa, letztere auf S. vittatus zurück. Von 
altcrsher hat dann Vermischung beider domestizierter Formen stattgehabt, 
namentlich durch Einführung von Nachkommen von S. vittatus nach Süd- 
Europa. 

Repräsentant der zweiten Gruppe ist .S'. verrucosus Müll, et Schi. Die 
schmelzlose Hinterseite des unteren C ist weit schmaler als die Außenseite 
und quer zur Langsachse des Schädels gestellt (Fig. 4(57). Der Schädel ist 
langgestreckt; Molaren bieten primitiveres Verhalten. Die Gesichtshaut hat 
Neigung, warzenartige Verdickungen zu bilden, denen eine Rauhigkeit auf 
den Nasalia entspricht: der Joch bogen springt stärker vor und ist einiger- 
maßen augeschwollen. Diese javanische Art wird in Celebes durch den 
kleinereu .S". celcbrnsis Müll, et Schi, und durch dessen nahen Verwandten 
.S". philipphunsis Meyer vertreten. Sie haben kaum Artbererhtignng. 
Schon eher .S'. barbatits Müll, von Borneo mit insularen Varietäten von 
den Palawan- und Calainianes- Inseln und .S*. longirostris Nehring von 
Borneo und Java. Die Verrueosus-Gruppe ist demnach südost-asiatisch und 
dehnt sich von Java Iiis zu den Philippinen aus mit Ausbildung insularer 
Formen. F. Major hält den Vcrrucosus-Typus für den primären und den 
palaark tischen Scrofa-Typus für den abgeleiteten, da der Eckzahn der 
ersteren mehr den ursprünglichen Typus bewahrt und diesbezüglich geringere 
geschlechtliche Differenzierung eingetreten sei, als bei der Scrofa-Gruppe 
mit stärker differenziertem männlichen Eckzahn. Stehlin meint aber nach- 
weisen zu können, daß diese geschlechtliche Differenzierung bereits bei 
rPalaeochoerus im Oligocän auftrat und zwar, was den Querschnitt des (' 
anlangt, ganz im Sinne von S. scrofa. Ferner, daß der Vcrrucosus-Typus 
in Europa erst im oberen Pliocän mit +Sus strozzi erscheine, während der 
Scrofa-Typus hier weit älter sei. 

Zweifelhaft ist die Stellung von PoRCl l.A Hodgs. aus der Waldregion 
von Bhutan, Nepal bis Assam. Die einzige Art P. salviana Hodgs., nur 
von Hasengrnße, schließt sich so eng an Sus an, daß sie vielfach nur 
als eine Zwergform derselben zu betrachtet ist [Garson]. Solange aber 
nicht nachgewiesen ist, daß hier ein verkümmerter Zweig von Sus vor- 
liegt, steht die Möglichkeit offen, daß es ein alter Zweig ist, der selbständig 
die Hauptcharaktere des recenten Genus Sus erlangte. Letztere Annahme 
ist um so wahrscheinlicher, als in t Sus punyabiensis und +Sanitherium 
Schlagintweiti auch fossile Zwergformon vorliegen. 

Aehnlich dürfte sich Potamochokri s Gray verhalten, der deutliche 
Anklänge an die Verrueosus-Gruppe darbietet und sich nach F. Major 




I. Nonruminantia, Suinac. 



6.M 



hauptsächlich nur unterscheidet durch stark vorspringende Jochbogen und 
beim Mannchen durch eine hornartige Protuberans der Haut vor dem Auge, 
der eine Rugosität des Nasale unterliegt. Beides ist auch bereits bei S. 
verrucosus angedeutet: nach Stehlin waren aber dieser und Potamochoerus 
bereits im Pliocän getrennt. Dieses Genus hat ausgesprochene Neigung 

i» p verlieren, auch sind die M einfacher. Nach F. Major kommt P. 
larvatus F. Cuv. in Madagaskar vor, während Afrika vier andere Species 
besitzt, von denen die westafrikanische P. porcus L. (penicillatus Schinz) 
die bekannteste ist. Die madagassische Art muß ebenso wio der im 
Pleistocftn ausgestorbene Hippopotamus von Afrika eingewandert sein 
[Blanford]. 

Weit selbständiger steht Bahirissa Lesson mit dor einzigen B. ba- 
biritSSü L. (alfurus Lesson) von Oelebes und Buru. Der ., Hirscheber" ist 
ausgezeichnet durch große Hauer, von denen die oberen außer Kontakt mit 
den unteren kommen und, nach oben wachsend, die Haut der Oberlippe 

durchbohren und sich Hann krümmen. Im Gebiß ISO} PJM3 verlieren ' * 

j * « •» 1,1} 

allmählich ihre Schuielzbekleidung, werden hvpselodont und erhalten offene 
Wurzeln mit permanentem Wuchs [Stehlin]. 

Phacochoekis Cuv. hat ursprünglich I-J C | P£Mj{. Allmählich 
schwinden die I, auch die vorderen P. Die Eckzähne bleiben; eigentüm- 




Fig. -MS. Vollständige Backenzahnreihe eines erwachsenen Phacochoeru* ; nach 
Owen. In nat. Gr. »«' i»t vollständig abgenutzt. 

licher ist der Bau der Molaren. Durch fortgesetzso Einkerbung und Aus- 
bildung von sekundären Elementen der Zahnkrone, während die Haupt- 
hügel zurückgehen, entsteht ein hvpselodonter, komplizierter Zahn. Dies 
erfährt in geringerem Maße M,. der zuerst abgenutzt wird und ausfällt: 
an seine Stelle tritt M 2 und schließlich der langgestreckte M :1 , der dann an P 4 
reicht. Schließlich fällt auch dieser letzte P aus und M 3 bleibt allein 
übrig. Außer einem Paar inguinaler Zitzen treten 2 Paar abdominaler auf. 
Ph. africanus (im. bewohnt den größten Teil Afrikas, südlich von der 
Sahara bis zum Sambesi : südlicher schließt sich Ph. at'thiopicus L. an. 
Die Tiere haben die (iewohnheit, fressend und grabend auf den Karpal- 
gelenken herumzurutschen, wodurch Karpalschwielen entstehen. Diese er- 
worbenen Schwielen treten schon beim Embryo auf, woraus Leehe schließt, 
daß diese erworbene Eigenschaft vererbt wird. 

2. l'nterfamilie Dicotvlinae. Facialer Teil des Lacrvmale und dessen 
Tränenlocher fehlen. Im Fuß ist die V. Zehe nur durch ein Rudiment des 
Metatarsale vertreten Fig. 405 ). Metatarsale III und IV proximal ver- 
schmolzen. Kückendrüse vorhanden: zwei inguinale Zitzen. Magen mit 
paarigem Blindsack. Molaren kaum verlängert, die hinteren Halbmonde 
noch sehr deutlich. Prämolaren von vorn nach hinten in steigendem Maße 
molaTiform. Obere C kaum nach außen gebogen. 



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XIV. Ordnung: Artiodaiiyla. 



Das einzige, auf Amerika beschränkte Genus DlCOTYLEs Cuv. hat 
demnach M. die auf einem Stadium stehen geblieben sind, welches dem 
oligocäner Formen der Alten Welt entspricht. Die Vergrößerung der Kau- 
fläche ist erreicht nicht durch Verlängerung der M, sondern durch Verän- 
derung der P [Stehlin]. In der Zahnformel I 3( P i{ M * ist oben I, aus- 
gefallen, da der fehlende Zahn nicht I ? ist [Nehring]. Dieser ist kleiner 
als I,. Die weiteste Verbreitung hat /). tajaen L. itoniuatns Cuv.). 
l'eher Amerika von Arkansas bis Patagonien sich ausdehnend. Kaum art- 
lich verschieden hiervon ist D. angulatus Cope in Nord-Amerika. Auf 
Zentral- und tropisch Süd-Amerika ist beschränkt D. labiatits Cuv. 

Vorgeschichte. 

Unsere Kenntnis von der Geschichte des Stammes der Suidae ist erst 
in ihrem Anfang. Der neueste Versuch auf diesem Gebiete führt Stehlin 
dazu, für den altweltlichen Hauptstamin einen genealogischen Zusammen- 
hang nachzuweisen, der mit dem unteroligoeänen + Propalaeochoerus 
Stehl. (= Choeromorus simplex Filh.. Hyotherium typum Lyd.) beginnt, 
um durch + Palaeochoerus Pom. aus dem Unter-Miocän, ferner durch 
+ Hyotherium Meyer un<l zwar H. Sömmeringi 'Meyer zu dem ober- 
mioeänen + Sus palaeochoerus Kaup zu führen. Diese über Nord-Europa 
verbreitete Form umfaßte mehrere Kategorien, welche zunächst Stamm- 
väter der Sus scrofa-Reihe wurden, ferner Stammväter von Potamochoerus. 
der bereits im Pliocän sich abgetrennt hatte, sowie endlich der Sus major- 
Gruppe. Diese Gruppe erscheint im Ober-Miocän in grollen Formen, die 
als -i-S. antiquus Kaup und +.S*. major Gerv. bekannt sind und hauptsäch- 
lich im Mittelmeergebiet verbreitet waren. 

Bezüglich der Genealogie der Verrucosus- Gruppe bestehen ver- 
schiedene Möglichkeiten; zwei drängen sich zunächst auf und harren 
weiteror Entscheidung: entweder stammt die Gruppe von ' Palaeochoerus 
und ging ihren eigenen Weg oder sie zweigte sich gleichfalls von +S. palaeo- 
choerus ab und erwarb erst im Pliocän den aberranten Typus der Canini. 
Jedenfalls erscheint sie in Euro|»a zuerst im Pliocän als "> S. Strozzi 
Menegh. Ob überhaupt die Umbildungen von ' S. palaeochoerus in obigem 
Sinne in Europa statt hatte, kann hier nicht näher erörtert werden. 

Außer den Rahmen dieses Werkes fallen auch zahlreiche andere Genera 
und Spccies, worüber die Literatur berichtet. Hier kann nur angedeutet 
werden, daß Babirussa und Phacochocrus wahrscheinlich bereits im Oli- 
goeän, wo nicht früher, vom Hauptstamin sich abspalteten. Wir ließen 
denselben in der alten Welt mit +Propalaeochoerus beginnen, falls man 
diese oligoeänen Formen vom unter-mioeänen ■+ Palaeochoerus Pom. 
trennen will. Letzteres Genus hat auch bei Männchen noch kurzkronige 
obere C. während die unteren anfangen hypsclodont zu werden. Dies 
ist bei + Hyotherium Meyer vollzogen, während bei Sus auch die oberen 
C diese Umformung erfuhren. 

Dunkel ist der Zusammenhang mit den coeänen Artiodactyla, die 
nach ihrer bunodonten Zahnstruktur sich den Nonruminantta, insonderheit 
den Suidae anschließen. Welcher Art ihre Verbindung mit Palaeochoerus 
war. ist vorderhand fraglieh. Das erste Anrecht hat dabei vielleicht 
+ Choeromorus Kiitiiu. (Ch. helveticus Piet. et Humb.). Es sind dann 
weitere K'Iiof.romoridae. auch wohl als ' Hyotheriinae vereinigte 
Formen zu nennen, die einerseits, wie oben angedeutet, durch + Aco- 



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I. Xoiintminantia. Suinne, Vorgeschichte. 



therui.um (ierv. und f Choeropotamus Cuv. zu Hippopotamus hinführen, 
andererseits Formen absahen wie + ('EBocitoERrs (ierv. die bereits im 
Eonin erloschen. 

Der verbreiteste Snidc des europäischen Mittel-Miocän ^ Listriodon 
Meyer und zwar +/.. splnidcus Mey.. der sieh durch die Jochstruktur 
seiner M zu allen altweltlichen Suidae in Gegensatz setzt, hatte buno- 
donte Vorläufer im t'ntermioeän |Stehlin] und trennte sich vor-oligoeän 
vom llauptstamm ab. vielleicht in Verbindung mit +Douochoeris Filii. 
Dunkler ist die Genese von +Choerotiierium Filh. 

In der Neuen Welt schlieft sich der inioeäne + Bothrolabis Cope 
durch seine Backenzähne an 1 Palaeochoerus an: durch die Struktur seiner 
Eckzähne zielt er aber bereits nach + I)icotylf.8 Cuv. Dieses Genus tritt 
mit /). strus C ope denn auch bereits im Pliocän Nord-Amerikas auf 
und setzt sich in die heutigen Arten fort. ' Platyooxus Le Conte er- 
scheint als ein modifizierter Seitenzweig, der im Pleistocän ausstarb. 

Fraglich erscheint die rückwärtige Verbindung. Bestand diese mit 
der altweltliehen Stammreihe, so nmli die Trennung wenigstens im Üli- 
goeän stattgehabt haben. 



3. Familie: i ELOTHERTIDAE. 

Dieser Stamm der Artiodactyla starb ebonso wie der der Anthraeo- 
therioidea bereits im Miocän aus. Seine Verwandtschaft mit recenten Xon- 
ruminaiitia ist eine so entfernte, daß mir eine gemeinsame Abstammung von 
einem frtdi-eoeanen Vorfahren angenommen werden kann. Die Erinnerung 
an diesen lelit nainentlirh noch in Hippopotamus fort. Außer Fra^ r e ist 
Verwaudtsi haft mit Carnivora. Zu dieser Ansieht verleitete das Gebiß 
I |{ C { P J M ;{ durch die raubtiei ähnliche Form der 1 und (', die teilweise 
konisch sind, sowie die der P durch ihre kompresso, scharfe Krone. 

Durch Scott sind wir genau unterrichtet über +Ei.othkkh m Pom. 
lEntelodon Avm.l, da-s zuerst im L'nfei-Mioeiiii Europas und später als 
~ Archaeothei ium Leidv im Oligo- 
cän Nord - Amerikas aufgefunden 
wurde. AtnScIiiidel ist derSchnauzen- , 
teil laug gegenüber dem kurzen ^ 
Gehirnschädel; in dessen Höhle 
paßt bei einem G5 cm langen 
Schädel kaum die Faust. Hieraus 
erhellt das minimale Maß des Ge- 
hirns. Die Orbita ist weit nach 
hinten verlagert und hinterwärts 
durch den Processus postorbital is des 
Frontale geschlossen, der den gleich- Fip. 4H9. Elothcrium ingen* Lcidy ; 

namigeu Fortsat/, des Jugalo er- »«^ Scott. ' „ n. Gr. 
reicht. Letzteres bildet einen weit vorspringenden Jochbogen und steht 
einzig unter l'ngulata da durch einen rätselhaften, großen, nach abwärts 
gerichteten Fortsatz, wie er ahnlich vielen Xenarthra zukommt. Am La- 
crymalo ist der orbitale Teil klein, der facialo groß. Das Tympanicum ist 
zu hohler Bulla aufgeblasen. Auffallend ist der schwere Unterkiefer jeder- 
seits durch zwei Fortsätze: einen stärkeren hinter der Symphyse, einen 
schwächeren unterhalb P T , der mit dem Alter zunimmt. Vielleicht sind 




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(554 



XIV. Ordnung: Artiodactyla 



es Muskelansatze in Verbindung mit der Gewohnheit des Tieres, die Scott 
wahrscheinlich macht. daß es mit seinen unteren C Wurzeln ausgrub. 

Die Wirbelsäule hat 18 thorakale, <J lumbale, 2 sakrale und wenigstens 
15 kaudale Wirbel. Auffallend für früh-miocane Artiodactyla ist die Didac- 
tylie «1er Extremitäten, wobei nur Finger um! Zehe III und IV erhalten 
blieb. Uebrigens war die Reduktion, wie Fig. 470 zeigt, eine inadap- 
tive: sie äußert sich nicht in proportioneller Weise im Unterarm, indem 
hier zwar Verschmelzung von Radius und Ulna statthat, aber mit Erhal- 
tung der Naht zwischen beiden, auch bleibt der Radius vollständig. 
Die Fibula gar wird zwar reduziert, bleibt aber vollständig und frei. Die 
Incisivi werden von innen nach außen größer, sind einigermaßen spatel- 
formig, und die inneren getrennt: (' groß, die Pramolaren in verschie- 
dener Weise isoliert: die Molaren bunodont mit 4 Haupt- und einem 
vorderen Zw ischenhöcker. 

Eocftne Vorfahren von +Elotherium sind 
bisher unbekannt. Von ihnen müssen sich aber 
Formen abgezweigt haben, die aus dem 
Eorftn Nord -Amerikas als + AcHAENODON 
Cope und dem naheverwandten +Parahyi s 
Marsh bekanut sind. Sie können nicht die 
Vorfahren sein von +Elotherium, da sie, z. B. 
mit nur 3 Pramolaren, spezialisierter sind 
als letzteres Genus. Wohl aber erscheinen 
sie als Zweig des Hauptstammes, der in 
+Elotherium kulminiert [Scott] und vielleicht 
in Tkthaconodon Lvd. einen Repräsen- 
tanten in Indien hatte (Siwaliks). 

Wenn oben auf Beziehungen zu Hippo- 
potamus gewiesen wurde, so können diese 
nicht direkter Art sein, da die hohe Spe- 
zialisierung von +Elotherium, z. B. der Ex- 
tremitäten, solches direkt abweist. Wohl 
aber spricht manches im Schädel für ent- 
fernte Blutsverwandtschaft. 



Fig. 470. Klotherium ingens I^eidy. Rechte 
Hand und Kuß; nach Scott. n. <ir. Im Kuß: 
< ii Calcaneu* ; ta Talu*: n Naviculare; c Ectocunei- 
fonne; <A C'uboid. In der Hand: s Scaphoid; / 
Lunatum; tr Triquetrum ; td Trapczoid ; < Capi- 
tatum; h Hamatum. 




Nicht unwahrscheinlich ist das amerikanische • Elotherium ein Ein- 
wanderer von Europa her. Erwähnt sei, daß Schlosser das Genus den 
Anthraeotherioidea zurechnete. 



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Ruininantia: II. Tylopoda, Körporbau. 



H55 



liuniinaiitia. 

In unseren synoptischen Tal)ellen auf p. 043 u. 044 werden fünf 
recente (irup]>eii von Fngulaten und vier ausgestorbene unter dem Namen 
Ruininantia zusammengefaßt. Ebendort wurde ihnen verschiedener taxo- 
noinischer Wert zuerkannt im Hinblick auf die Selbständigkeit ihrer Stellung 
in der Reihe. Ihre Verwandtschaftsgrade sind denn auch teilweise so 
lockere und entfernte, daß bei ihrer Vereinigung als Ruininantia diesem 
Regriff kein anderer systematischer Wert zuerkannt werden kann, als daß 
er der Tatsache Ausdruck verleiht, daß in einer «Anzahl Merkmalen diese 
Süugergruppcii übereinstimmen, Gegenüber diesen Merkmalen der Rluts- 
verwandtschaft stehen aber so viele l'nterschiede als Zeugnisse der langen 
Trennung mancher Gruppen und ihrer nur entfernten Rlutsverwaudtschaft. daß 
dem Terminus Ruininantia nicht der gleiche taxonotnisehe Wert, wie etwa 
dein Rcgriffe Xonruminantia, zukommt. Dieser rnterordnung haben wir 
vielmehr als gleichwertige Unterordnungen gegenüber zu stellen die: Tylo- 
poda. Pecora. Traguloidea. : Dichobunoidea und Anthracotherioidea. 

Wenn wir sie als Ruininantia zusammenfassen, so geschieht es. weil 
die.«e Tiere, von denen die recenten Vertreter meist hochbeinig, mit 
schlankem Körper, und dicht behaart sind, ferner auch keine Anlage haben 
zu besonderer Ausbildung des Panniculus adiposus. in folgenden Punkten 
übereinstimmen. 

Am mehr oder weniger gestreckten Schädel ist die Orbita hinten 
durch einen Knochenring geschlossen: der faciale und orbitale Teil des 
Lacrymale ist gleichmütig . grob. Seine totale Größe nimmt aber zu mit 
der Ausbildung von Hörnern und Geweihen und mit der Größenzunahme 
der Itackenzähne. Häufig entsteht durch seine unvollständige Verknöcherung 
eine antorbitale Lücke. Daneben kann eine anforbitale (Tränen-) Grube 
auftreten für eine Hautdrüse. Die in verschiedenem Grade statthabende 
Knickung der Schädelachse wurde auf p. 030 ausführlich besprochen. Das 
Mastoid tritt deutlich zutage hinter der Rulla auditiva, die sich verschieden 
verhält s. Tabelle auf p. 043). In den Extremitäten verschmelzen die 
Metapodien III und IV zum Kanoneuknochen. Aus primitiverer Zahn- 
form bildete sich alsbald das selenodonte Muster hervor ip. 037». das An- 
laß gab. sie auch Selenodontia zu nennen. 

Die recenten Formen haben ferner einen komplizierten Magen mit 
Schlundrinne. die Wiederkauen möglich macht. Die Placenta ist seltener 
diffus, meist ]>olykotyledon. 

Die verschiedenen Unterordnungen und Familien, mit Einschiuli der 
ausgestorbenen, sollen im nachfolgenden kurz besprochen werden. Für 
die Febersicht über dieselben sei namentlich auf die Tabelle auf p. 044 
verwiesen. 

II. Unterordnung: Tylopoda. 

Fnter den Ruininantia zeichnen sich die Tylopoda oder Cameloidea 
durch eigentümlichen Hau der Füße und durch die Schenkel, die frei 
gegenüber dem eingezogenen Hinterleib hervorragen, sofort aus. Sie 
unterscheiden sich ferner durch eine Anzahl Merkmale, die teils primitiver 
Natur sind, teils Folge von Anpassung an die Lebensweise. 



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XIV. Onlmmp: Artiodactyla. 



Das Haarkleid ist rauh, lang und besteht aus Ilaarbüudeln, in denen 
sich je ein stärkeres Haar befindet, das auch wohl isoliert stehen kann. 
Konglobierte Hautdrüsen finden sich nur in der Ohrgegend. 

Der hornlose, niedrige Schädel mit gerader kranio-fäeialer Achse ist 
langgestreckt, namentlich in seinem vorderen Teil, der gleichzeitig seitlich 
eingeschnürt ist. Obwohl das Intermaxillare. namentlich in seinem (laumen- 
teil. der nur kleine Foramina incisiva hat. gut ausgebildet ist und lange 
Processus nasales besitzt, bleiben diese trotzdem weit entfernt vom Fron- 
tale, infolge bedeutender (iröUe des Maxillare. Dieses bildet fast allein den 
(iesichtsteil des Schädels, da das Lacrvmale nur einen kleinen facialen Teil 
hat und das Jugale klein ist. Die Verschmälerung des (iesiehtsschädels 
äußert sich auch in dem nach vorn stark verschmälerten Gaumen, in der Kon- 
vergenz der Zahnreihen, und in der vertikalen Stellung der Ptervgoidea. 

Die in der Mitte des Schädels gelegene Orbita hat einen geschlossenen 
Knochenring durch Vereinigung der Processus postorbitales von .Jugale und 
Frontale. Der .lochbogen ist schwach und kurz. Die Temporalgrube wird 




Fip. 471. I^ama ^lama. ./ Aliaphenoid : bo Bulla oseea; C Coiulylus; /•' Fron- 
talis / Intermaxillare; J .liigale; L Laerymale; M Maxillare; ms Mastoiil; .V Nasale; 
O Orhitnsphenoiri : Ott Obröffiiung; F Parietale; Fi I'ulat inum ; />/> Processus paroori- 
pitalis; Ft Plcrvguid; . Imifivi; <v C'aniiii; , , Backenzähne. 



namentlich durch die Schuppe des Sipiamosum gebildet, die das Parietale 
zurückdrängt, während auch die Ausdehnung des Frontale beschränkt ist. 
Am Aufbau des Schädeldaches beteiligt sich das Supraoecipitale. F.ine Sagittal- 
crista kommt vor. Das Tvmpanicum ist zu einer blätterigen Bulla aufge- 
blasen. Hinter der kleinen Fossa glenoidea liegt ein hoher Processus 
postglenoideus. während der Processus paroceipitalis sehr unbedeutend 
ist. Hin Alisphenoidkanal fehlt. Im (iegensatz zum queren Condvlus 
des Unterkiefers der übrigen Ruminantia ist er sphärisch, der Processus 
coronoideus gerade und der Angulus vorgezogen. 



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II. Tvlo|Mxln, Körperbau. 



♦>f>7 



Im allgemeinen schlicht sich der Schädelbau 



in vieu 



ii Punkten dem der 



Perissodactvla an. jedoch nicht im peripheren (ieruehsorgan. «las nach Art 
der Ruminantia 5 Fndoturbinalia mit <» Richwfllsten besitzt «durch Spaltung 
des 2. Endoturbinale;. Die Kctoturhinalia sind zahlreich. Die pneuma- 
tischen Höhlen beschränken sich hauptsächlich auf den orbitalen Teil des 
Schädels, und treten im maxillaren Teil, entsprechend dessen Verengerung, 
ganz zurück. 

Die Wirbelsäule hat 12 thorakale. 7 lumbale, 4 sakrale und IM bi> 
20 kaudale Wirbel: von diesen sind die cervikalen charakterisiert durch 
undurchbohrte Processus transversi. so daß die Alleria vertebralis einen 
ungewohnten Weg nimmt <s. j». «7). Bei den recenten ist der Processus 
odontoideus des Kpistropheus verbreitert und dorsal ausgehöhlt nach Art 
der Pecora. 

Radius und t'lna verschmelzen distal, häutig auch proximal: die Fibula 
reduziert sich proximal auf einen minimalen Fortsatz der Tibia. distal er- 
hält sich das Capitulum fibulae und artikuliert mit Calcaneus und Tibia. 
Von Fingern und Zehen erhält sich nur der II. und III., deren Metapodien 
verschmelzen. Dieser starken Re- 
duktion entspricht das auf p. (534 dar- 
gestellte Schema vomCarpusundTarsus. 
indem sich in crsterem Trapezoid und 
Capitatum, in letzterem Naviculare 
ündCuboideum getrennt erhalten. Das 
distale Knde der Metapodien hat keine 
(ielenkkiele. sondern ist glatt, auch 
weicht das Fiitercnde der Kanonen- 
knochen etwas auseinander, so daß 
die Zehen gespreizt werden beim Aut- 
setzen auf den Hoden. Abweichend von 
den übrigen Diplarthra wird aber nicht 
das Fnde der Nagelphalanx, sondern 
die .'5 Phalangen zugleich aufgesetzt, 
die dementsprechend verbreitert und die 
3. klein und rundlich ist. nicht spatei- 
förmig, Sie hat denn auch keinen 
eigentlichen Huf zu tragen, sondern 
einen kleinen Nagel mit gekrümmter 
Hornwand. Diese Digitigradie. die bei 
der Körpergröße eine breitere Sohlen- 
tläche heischt, hat excessive Ausbil- 
dung der Sohlenballen hervorgerufen. 




Fig. 472. Längsschnitt durch die 
Hand von Lama i Aucheninl glaina. / 
Metacarpus; j, j, 4 die \\ Phalangen; 5 
Horn wand; ö Hornnohle; 7 elastische* 
bindegewebiges Kissen. 



Deren hohe Elastizität und Fälligkeit 
der Verbreiterimg eignet sich besonders zum (leben auf losem Wüstensand. 

Das (iebiß ist insofern noch primitiv, als im Zwischenkiefer wenigstens 
ein Zahn (I H ) im erwachsenen Zustand bestehen bleibt, desgleichen P t . 
Im Milchgebiii tritt wenigstens di 1 und di- auf. Auch bleibt der l'nter- 
kiefereckzahn caniniform und durch kurzes Diastein von den Schneide- 
zähnen getrennt, der obere ist scharfschneidig und hakig gebogen. Die 
Formel des (iebisses lautet, insoweit das Milchgebiß angeht, vermutlich: 

3 1 1 — 3-4 1-2.3 

Dil V\ P ! 1 M 
1-2-3 1 1-34 1 -2-3 

Weber. SButfoucrr. 4-J 



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»558 XIV. Ordnung: Artiudactyla. 

wobei die kleineren Zahlen «las Milchgebiß darstellen. Die Molaren er- 
halten früh geschlossene Wurzeln: haben oben 4 Halbmonde und flache 
Außenwand, unten 2 Halbmonde und Hache Innenwand; Styli (Hänichen) 
und Schmelzfaltung der Marken tritt zurück. Im Gegensatz zu der Mehr- 
zahl der übrigen Ruminantia ist der Mittelmagen röhrenförmig, fast ohne 
Matter und mit kurzen Drfisenschläuehcn besetzt (s. p. «»40). Im Rumen 
ist die Wand durch zahlreiche Scpta mit sphwikterischer Muskeleinlagc in 
Zellen verteilt, in welche der flüssige Mageninhalt eintritt. Das Coecum 
isi kurz und einfach, (lallenblase fehlt. Die Oberlippe ist gespalten und 
dient bei der Aufnahme der Nahrung. 

Die Tylopoden stehen einzig da unter Säugern durch die ovale Form 
der Blutkörperchen. 

Ihre Präputialtasche sieht nach hinten, so daß sie retromeniugent 
sind. Glandulae vesiculares fehlen, die Glandulae urethrales bilden aber 
eine Glandula prostata. Die Placcnta ist diffus: nur ein Junges wird ge- 
worfen: die Zahl der funktionierenden Zitzen ist 2. 

Taxonomie. 

Iu der heutigen Fauna sind nur zwei Genera bekannt: 

Camehs L. I>C'}P|Mi{. Große Tiere mit schlichtem, rauhem 
Haar, buschigem Schwanz, breiten Füllen, deren beide Finger fast voll- 
standig verbunden sind zu einem gemeinschaftlichen elastischen Kissen. 
Ohren kurz. Mit einem oder zwei huckeiförmigen Fettanhäufungen im 
subkutanen Gewebe des Rückens. 

Nur eine wilde Art, C. bactriattus L., ist vom westlichen und un- 
wirtlichsten Teil der Wüste Gobi, Zentral-Asien, bekannt. Domestiziert ist 
aber das zweihöckerige Trampeltier von Peking bis zur Krim verbreitet 
und schon seit Alters als Zug- und Reittier gehalten. Zweifelsohne ist 
es von dorther ausgeführt und entwickelte sich zur einhöckerigen Rasse, die 
als C. dromedarius L., Dromedar, in Nord-Afrika und in den trockenen 
Distrikten Indiens als Last- und Reittier benutzt wird. Als artlicher 
L'nterschied gilt in erster Linie der einzige Fettbuckel. Dieser ist aber 
abhangig vom Ernährungszustand und nur ein ganz sekundärer Charakter 
(wie der Fettsteiß der Schafe u. s. w.). auch erscheint er in seiner ersten 
Anlage zweihöckerig [Lombardini]. 

Lama G. Cuv. Dieses durchaus neuweltliche, auf den westlichen und 
südlichen Teil Süd-Amerikas beschränkte, meist Aichenia Iiiig. genannte 
Genus hat I J[ C } P { M j|, indem der erste, fast caniniforme Praemolaris des 
Kamels fehlt, häufig auch der vorderste untere P. Weiter unterscheidet 
es sich durch langes, wolliges Haar, Fehlen eines Fettbuckels, kurzen 
Schwanz, schmale Füße, deren Zehen weniger verbunden sind und jede 
einen selbständigen Zehenballen hat. In manchen Hinsichten haben sie 
sich weniger weit, vom mioeänen, mit Camelutt gemeinsamen Stammvater 
entfernt; diese geringere Spezialisierung ist zum Teil aber Begleiterschei- 
nung der geringeren Größe. Nach O. Thomas' Revision können nur L. hita- 
nachus Mol. und L. vieugna Mol. als wildlebende Formen gelten. Beide 
sind braun gefärbt: das kleinere Vieugna lebt nach Art einer Gemse im 
Hochgebirge von Peru und Bolivia. Das Huanaco bewohnt die Hochflächen 
der Andes und die Ebenen von Patagonien bis Tierra del Fuego. Diese 
Herdentiere, welche die sonderbare Gewohnheit haben ihren Mist an be- 



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II. Tylopoda, Vorgeschichte. 



stimmten Orten bis zu großen Haufen abzusetzen, haben sehr geschätztes 
wolliges Haar. Dies führte zur Domestikation von I,. huanachus, woraus 
dann das als Lasttier gehaltene L. glanin L. und das kleinere /.. pncos L., 
das seiner Wolle wegen gezüchtet wird, entstand. 

Vorgeschichte. 

Der Hau der Tylopoda lehrt, da Ii sie einen sehr selbständigen Zweig 
der Kuininantia bilden, der von den übrigen sich früli abgetrennt und 
viele altertümliche Merkmale bewahrt haben mub. Dem entsprechen die 
paläontologischen Resultate, die namentlich ( ope, Scott und Wortman er- 
zielten und welche deutlich machen, da Ii dieser Stamm in Nord-Amerika 
seine Heimat hatte, es hier zu hoher Hlüte brachte, jedoch im Diluvium 
erlosch, vorher aber einen Zweig iLama) nach Süd-Amerika sandte, einen 
anderen nach Asien, wo er zuerst im Pliocän der Siwaliks als Genus 
Camelus auftritt. 

Nach Wortman und Scott lälit sich der Stamm mit Sicherheit zurück- 
verfolgen bis auf +Protylopus Wortm. aus dem Ober-Eocän (UitlU). 
Dieses Tier, von der Grübe eines Hasen, hatte \\ ('] I'} M;* in geschlossener 
Reihe: die oberen Molaren tretraselenodont, die Prämolaren einfach, mit 
zunehmender Komplikation nach hinten. Der Schädel zeigt bereits Lama- 
Charakter in seinein zuges|)itzten. verschmälerten Schnauzenteil, doch lassen 




Fig. 473. l'rotylopus |wtcnH>ui. nach Skxrtt. 



<lie Processus postorbitales die Orbita hinten noch offen, auch ist die 
Hulla tvmpani noch klein und hohl. Radius uml l'lna verschmelzen im 
Alter in der Mitte: von den 4 Fingern sind die lateralen reduziert. Die 
Fibula ist zu einem Knochenfaden verkümmert, mit dickem, malleolarem 
Fnde. Auch Zehe II und V erfuhren Reduktion bis zu Knochen fäden. 

Eng schlieft sich hieran das oligoeäne - Pokbrotherium Lcitly. 
das bereits die Grübe eines groben Schafes von zierlichem Hau hatte. Seine 
Abänderungen liegen durchaus in der Richtung recentcr Kamelidcn. So 
sind die lateralen Finger und Zehen nur noch Knötchen. Offenbar waren 
aber die verschiedenen bekannten Arten noch unguligrad (Fig. 474). Das 
Gebiß zeigt die ersten Anfänge von Diastemen zwischen C, P, und P,: die 



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XIV. Ordnung: Artiodiutyla. 




Molaren nehmen einen Anlauf zur Hypsolodontie und werden länger. Die 
Canini sind aber noch caniniform. die Bulla tyinpani füllt sich mit Knochon- 
hlättchen. 

Diesen Charakter fanden die Canini an zu verlieren hei dem unter- 
miocänen 4 Protomeryx Leidy Kioinphotherium Cope), wo sie gebogen und 
scharf werden, auch sehliebt sich der Orbitalring, verlängert sich der Schädel, 
erhält der Condylus mandihulae sphärische Form, lieht die Digitigradie 
an. was zu Reduktion der Nagelphalangen führt und haben weitere Um- 
formungen statt, die sich hei + Protolabis Cope aus dem Mittel-Miocän 
noch weiter aeeentuieren und zum oberniiocänen "* Procamelus I/eidy führen. 
Die :i bekannten, den Individuen nach sehr zahlreichen Arten charakterisieren 
sich durch eleu Verlust von 1 1 I - im erwachsenen Tier, wogegen die B noch 
vollzählig sind. P 1 aber bereits sehr zurückgeht: auch sind die Metapodien 
teilweise zu Kationenknochen verschmolzen. Auf eine Eigentümlichkeit 

der unteren Molaren hin meint Wortman, dal« Pr. 
grneiiis Leidy am Ende des Miocän nach Süd-Amerika 
wanderte und dort der Stammvater von Lama wurde. 
Eine andere Art. vielleicht + Pr. onidnitnlis Leidy. 
transformierte sich in +Pliauchenia Cope. Hier fehlt 
bereits P s was zu Camelus L. führt; + anifrittimts 
Wortm. scheint sich wenigstens generisch von diesem 
tienus nicht trennen zu lassen. Erscheint zuerst im 
Pleistocän Nord-Amerikas, um bereits im Diluvium aus- 
zusterben. Weiterer Untersuchung ist vorbehalten, ob 
das paläarktische Kamel erst dementsprechend spät von 
Amerika einwanderte. In diesem Falle gehörten die als 
- C. sivalfN.tis Falc. et Cautl. u. a. beschriebenen Beste 
aus dein Pliocän Indiens nicht in die direkte Vor- 
fahrenreihe der heutigen Kamele. Sie unterscheiden 
sich denn auch durch eine vertikale Leiste an der 
vorderen äußeren Ecke der unteren Molaren, die Lama 
zukommt und wie oben angedeutet + Procamelus grtnilts. 
Dies würde für Einwanderung von + Procamelus 
sprechen. 

Ein Seitonzweig von 'Procamelus führt schließ- 
lich zu den pleistocänen (Jenera + Camelops Leidy 
und ~Eschatius Cope. beide aus den Vereinigten 
Staaten: während namentlich Ameghino plioeäne und 
pleistoeäne Formen aus Süd -Amerika beschrieb, die 
zum Kreise von Lama L. gehören. 
Alle bisher genannten (iesehlechter der Camelinae. die mit Proty- 
lopus anheben, hatten mehr oder weniger innigen Zusammenhang und 
lassen sich mit den weiter unten näher angedeuteten + Leptomerycinae 
zur Familie der Camelidae vereinigen. So weit bekannt ist sie ihrem 
Ursprung nach nord-amerikauisch und läfit sich vermutlich von der primi- 
tiven Unterordnung der +Homacot>ontii>ae herleiten. Diese ist gleichfalls 
amerikanisch, hat aber ihr auch zeitliches Aeipiivalent in Eurasien in den 
U)iehobunidae, aus denen die Pecora und Tragulidac hervorgingen, die 
hauptsächlich altweltlich, Immigranten nach Amerika sandten. In diesem 
Kontinent gingen aber aus den 1 Homacodontidae neben den Camelidae 
andere Zweige hervor, die bald in diesem, bald in jenem Punkt Anklänge 




Fip. AU. Hand 
und Füll von l\k-- 

brotberitun, nach 
Wortman. 



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II. Tylopoda. Vorgeschichte. 



an die Cumeliriae aufweisen und zu der Ansicht Scotts führen, datt .sämt- 
liche tertiäre Selenodonten Nord-Amerikas, soweit sie nicht eingewandert 
sind, zusammenhängen und sich als Tylopoda (s. 1.). auch wohl Cameloi- 
dea genannt, vereinigen lassen. 

Uebersichtlich soll der Zusammenhang der wichtigsten Formen, deren 
Kenntnis wir namentlich Leidy, Cope und in jüngster Zeit Wortman und 
hauptsächlich Scott verdanken, nachfolgend dargelegt werden. Da es sich 
um Formen handelt, die von jüngerer nach älterer Zeit rückläufige Linien 
bilden, welche stets mehr konvergieren, so verflüchtigen sich der Art der 
Sache nach die scharfen Grenzen, die eine Definition wünscht und welche 
die jüngeren, daher extremeren Formen leicht gewähren. Dieses deskriptiv- 
systematische Febel nimmt zu in dem Matte, als wir uns dem Eocän 
nähern, mehr noch in diesem selbst, wo die Wurzel der Stämme liegt, 
und zwingt, der ganzen Unterordnung eine weitere Fassung zu geben, wie 
in folgender Febersicht. 

Recente und fossile Tylopoda (Cameloidea). 

Schädel bat Neigung, sich nach vorn zuspitzend zu versehmälern, 
trotzdem bleibt Interraaxillare vollständig und hat kleine Foramina ineisiva. 
In der Gesiehtsfläche tritt Lacryraale und Jugale zurück. Harter Gaumen 
nach vorn verschmälert, Backenzahnreihen konvergierend. Foramen infra- 
orbitale nach hinten verschoben. Orbita nach vorn verlagert, in Verbin- 
dung mit der Ausdehnung des Squamosum, wahrend Frontale zurücktritt in 
seiner Beteiligung an der Bildung des Schädeldaches. Fossa glenoidea 
klein, hat grollen Processus postglenoideus. Angulus mandibulae häufig 
ausgezogen. 

Nur das proximale Gelenkende der Metapodien hat Kiele; Cuboideum 
und Naviculare im Tarsus, Trapezoid und Capitatum im Carpus fast stets 
getrennt. Ecto- und Mesocuneifonne verschmolzen. Zahl der Digiti V/V 
bis II II. Incisivi und Canini gehen nur ausnahmsweise ganz verloren, 
häufiger wird der untere C incisiviform: an seine Stelle tritt dann P ,. 
Molaren braehydont, erst in den jüngeren Cainelinae mäßig hypselodont; 
der hintere innere Halbmond der oberen M entsteht aus dem Metaconnlus. 
Prämolaren einfach, schneidend, häufig verlängert, erfahren bei jüngeren 
Formen Reduktion. 

1. Stamm: CAMELIDAE. 

1. Familie: (amelmue. Hals verlängert sich, seine Wirbel verlieren 
Durchbohrung der Processus transversi. Die Bulla tympani füllt sich mit 
Knochonblättchen, der Condylus mandibulae wird allmählich sphärisch, der 
Angulus mandibulae springt hakig vor. Mit zunehmender Digitigradie re- 
duzieren sich die Nagelphalangeu zu Knötchen. Im Tarsus ist Cuboid und 
Naviculare. im Carpus Trapezoid und Capitatum getreunt. Im Zwischen- 
kiefer erhält sich wenigstens I :{ , der untere C bleibt caniniform. 

Diese Reihe, die im heutigen Camei.is und Lama kulminiert und 
mit +Protylopus anhebt, wurde oben ausführlicher besprochen. Dort wurde 
angedeutet, daß sie sich vermutlich auf die Homacodontidae und zwar speziell 
auf +Bl*NOMERYX Wortm. zurückfuhren läßt, Wenn dies ho ist, erscheint 
r Lkptotrauulus Sc. et Osb. (Parameryx Marsh. Wortm.) als spät-eoeäner 
iSeitenzweig, der im Üligocän mit + Hyi«krtragi;li;k endigte. 



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XIV. Ordnung: A rtiodaetyla. 



2. Familie: "^LepUtmerycinae ' Hypertragulidae Cope). Hals kurz, seine 
Wirbel, soweit bekannt, gewöhnlich; Bulla bleibt hohl: Condylus mandibulae 
in die Quere verlängert. Unguligrad. Obere I können ausnahmsweise 
totalen Schwund erfahren. Untere I niederliegend, untere C incisivifomi, 
P t caniniform, tritt an seine Stelle. Hand mit vier funktionellen Fingern, 
von denen Metacarpus II und V äußerst dünn ist, III und IV nicht ver- 
schmolzen sind. Auffallend ist die Verschmelzung von Trapezoid und 
Capitatum. Metatarsale III und IV bilden einen Kanonenknochen, mit 
dem sich die griffeiförmigen proximalen Reste von Metatarsale II und V 
verbinden. Cuboid und Naviculare verschmolzen. 

In mancher Hinsicht ähneln Vertreter dieser Familie, namentlich der 
am längsten bekannte + Lkptomervx Leidy aus dem Oligocän, so sehr 
den Tragulinen der alten Welt, daß sie bisher mit diesen vereinigt wurden. 
Bereits Rütimeyer vermutete ihren Zusammenhang mit den Tylopoda. 
Diese Ansicht vertritt die moderne amerikanische Forschung, indem eocäne 
Formen, wie + Camklomkry.\ Scott und der nahe verwandte "LkpTOK Kodon 
Wortm. einerseits mit den oligocänen Endgliedern + LKPTOMKRYX Leidy und 
+ Hvpixoi>rs Cope zusammenhängen, andererseits nahe Beziehungen zu 
+Protvlopus, der Stammform der Camelinae habun. 

Ein Streben nach Analogie mit den Pecora ist nicht zu verkennen. 
Auffallend äußert sich das nach Matthew bei "t-Hvpisoiu s Cope, einein äußerst 
kleinen Artiodaktylen, der durch seine großen Augenhöhlen, den umfang- 
reich aufgeblasenen Bullae osseae, den brachy« ephalen Schädel u. s. w. an 
die Antilope Madoqua erinnert. Ist femer Scotts Ansicht richtig, so wird 
dieses am auffälligsten bei + Protockras Marsh aus dein Oligocän, der 

für ein Bindeglied zwischen Pe- 
cora und Tragulina galt. Er 
nähert sich diesen durch das voll- 
ständigeFehlen der oberen I, durch 
die Knochenzapfen auf Scheit el- 
und Stirnbeinen, sowie durch 
vertikale Knochenplatten auf den 

Oberkiefern, von denen das 
Weibchen nur die Protuberanzen 
auf den Parietalia besitzt. Der 
ganzen Reihe der Tylopoda im 
weitesten Sinne fehlen aber 
solche Protuberanzen. Näheres 
Zusehen deckt aber gegenüber 
dieser Aehnlichkeit, die sich auf 
Fig. 47.x Protocera« celer, nach Scott. dfm iSc . ha(lp | beschränkt und nur 

an höhere Pecora erinnert, aus- 
schließlich Uebereinstimmung mit +Leptomerycidon. speziell mit + Leptoreodon 
auf; +Protoceras stellt somit eine spezialisierte Seitenlinie dar. 

2. Stamm: +0RE0D0NTIDAE. 
1. Familie: +Oreodontinae. Schädel bleibt primitiv, seine Achse gestreckt. 
Hirnschädel kurz gewölbt: Lacrymale mit antorbitaler Grube, Orbitalring 
fast oder ganz geschlossen. Bulla tympani hohl, Condylus mandibulae in der 
Quere verlängert. Processus transversi der Halswirbel durchbohrt. Hand 
bleibt primitiv, anfänglich 5 Metacarpi, die sämtlich mit Carpus verbunden 




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II. Tylopoda, Vorgeschichte. 



sind, später schwindet Cnrpale I und bat schließlich Verschiebung statt 
und zwar hat Tapitatum Neigung «ich unter Scaphoid zu schielten. Fuß tetra- 
daktyl mit Andeutung eines Hariux. Auch scheint, nach Mesoreodon zu 
urteilen, eine Clavieula vorhanden gewesen zu sein. Die unguligraden 
Hufe sind klein, symmetrisch, flach. Gebiß geschlossen I i{ <.' } P J- M j|. 
Untere C sind meisiviform, an ihm Stelle tritt I',, der caniniforni wir<l. 
M tetraseleüodont, P einfach. 




Fig. 47t». Orcodon culbertsoiii. ? n. Gr. nach Scott, m Maxillare; »IXasaJc; 
/ Lacryraalc; / Frontale; / Jugalo; P Parietale; .S* Squamoaum; pg Processus post- 
glenoideu»; T Tympanicum ; Pp Processus paroccipitalis. 



An der Wurzel dieser primitiven Artiodactyla, die ungefähr Sehaf- 
grftße erreichten und im Miocän ausstarben, steht + Protoreoi>ON Sc. et 
Gab. Alle Charaktere der Oreodontinae befinden sich noch im' Anfang, 
auch haben die oberen Molaren noch den 
B. Höcker (Protoconulus); die Orbitae sind 
hinten offen, die Hirnhöhle ist kleiner. Der 
Daumen ist noch größer, die I . Zehe hängt 
dem Ento-cuneiforme noch an. Nach Scott 
spaltete sich dieses Geschlecht in einen 
Zweig, der seine oberen I verlor und mit 
+ HYOMERYX bereits im tlinta-Eocän ausstarb. 
Der andere Zweig behielt die I und bildet die 
Reihe + Grkodon Leidy, + Epohkouon Marsh., 
^MeSOREODONScoU, +Mkrvcochorris Leidy, 
um als +MKRYCHYt s Leidy im Ober-Miocftn 
auszusterben. Hohe Entwicklung erreichte 
dieser Stamm im Mittel -Oligocftn, in den 
Oreodonbeds des ,, White River*' mit mancher 
Spezialisierung. So bei Merycochoerus, wo 
der harte Gaumen weit nach hinten ver- 




Fig. 477. 
choerua major. 



Fuß von Agrio- 
Nach Wort mau. 



/ Tibia; fb Fibula; a Talus; c Cal- 
caneua: r*Cuboid; n Navicularc; 
cn 2- 3 Me»o- n. Kctocuiieifornio; 
//- V 2.-5. Zehe. 



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(»64 



XIV. Ordnung: Artiodactyla. 



längert ist und der Joch bogen auffallend massiv wird. Bei Mesoreodon 
verbindet sich mit. einem starken Zungenbeinapparat, der einzig unter be- 
kannten Artiodactyla ein Glossnhyale bat, ein verknöcherter Schildknorpel 
des Larynx. Dies halt Scott für ein dem Männchen eigenes Stimmorgan. 

'2. Familie: ~ , ~Agriochocrinac, unterscheiden sich durch gestreckten Hirn- 
schadel, konvexes Lacrymale. Fehlen eines Orbitalrings, zahnlose Inter- 
maxillaria, Diastem zwischen C und I', durch molariformen P ( , namentlich 
aber durch die seitlich zusammengedrückten Nagelphalangen, die zwingen, 
eine krallenartige Nagelbekleidung und Digitigradie anzunehmen. Diese 
Abweichung von den Artiodactyla geht aber nicht weiter als bis zu den 
Phalangen (Fig. 477 j. 

AoKloCHOKKl M Leidy aus dem Miocän verrat im übrigen einen, wenn 
auch vielfach auffallend spezialisierten Bau, der sich an den der Oreodon- 
tinae anschließt. Dies wird noch deutlicher durch den Zusammenhang 
von Agriochoerus mit +Phota(jkiochoehcs Scott aus dem Uinta-Eocän, 
der in Protoreodon (paradoxicus Scott), demnach mit einem Vorfahren der 
Oreodonten nahe verwandt ist. 

3. Stamm: +H0MACOD0NTTDAE. 

Oben wurde auf p. *»*>« > bei der Frage nach der Vorgeschichte der 
Camelidae darauf hingewiesen, daß vermutlich an der Wurzel ihres Stamm- 
baumes die +Homacodontidae sich fanden. Zweifelsohne hat diese Gruppe 
eoeäner Artiodactyla Nord- Amerikas innige Beziehungen zu den euro- 
paischen +Dichobunoidea. Vorläufig ist es aber sicherer, sie als parallele 
Formen zu betrachten, die wohl an ihrer weiter zurückliegenden Wurzel 
zusammenhangen mögen, selbst aber zwei Stamme bilden. Von diesen sollen 
die Dichobunoidea weiter unten besprochen werden. Die Homacodontidae 
Pantolestidae) müssen aber hier Erwähnung finden, da sie in die Ge- 
nealogie der Camelidae (Cope, Wortman] und damit vielleicht in die Ge- 
nealogie aller indigener norelamerikanischer Selenodontia gehören [Scott]. 

Sie heben im Mittel-Eoeän (Wasatch) mit +Trigonoucstes Cope 
1 Pantolestea Cope) an. Hierunter werden wahrscheinlich nicht zusammen- 
gehörige Formen zusammengefaßt. Dem Gebiß nach handelt es sich um 
Tiere, die am nächsten an die Condvlarthra sich anschließen, noch creo- 
donte Merkmale bewahrten und in manchen Formen an Primaten in 
weitestem Sinne erinnern. Dieser niedrigen, generalisierten Stellung entspricht 
«las Gebiß mit einfache«, zusammengedrückten Prämolaren mit schneidender 
Spitze und hinterem und vorderem basalem Höcker: mit Ausnahme des 1. 
sind sie zweiwurzelig. Die unteren M sind tuberkulo-sektorial, indem sich 
an das vordere Trigonid ein Talonid anschließt, aul welchem Hypo- und 
Entoeonid auftreten können. Die oberen M sind fütifhöckorig. 

+Homacoih>x Marsh aus dem oberen Eocän (Bridgen hat bereits 
quadratische M, von denen der 1. und 2. sechs. Tuberkel, der 3. fünf hat. 
Von diesen sind die Haupthöcker pyramidal und liefern durch Abnutzung 
Andeutung eines selenodonlen Musters. 

Als direkter Nachkomme von +Homacodon darf nach Wortman 
+BlNOMKRYX Wortm. aus dem Ober-Eoeän (Uinta) gelten. Er wurde oben 
bereits als Stammform der Tylopoda erwähnt. Die progressiven Verän- 
derungen seines Gebisses I ■ G } P J M j in der Richtung der Tylopoda 



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III. Pecora. 



äußern sich in dem Wegfall des unteren P, in dem mehr selenodonten Cha- 
rakter der unteren P, namentlich de» vierten, in der Halbmondform der 
äußeren Höcker der oberen M u. s. w. Letzteres ist bei +Diehobune weniger 
der Fall (p. 688): auch ist hier der vordere Hocker des Trigonid der 
unteren M vorhanden, der bei Bunomeryx fehlt. Dennoch bedarf das Maß 
der Verwandtschaft zwischen diesen beiden wichtigen Stammgenera weiterer 
Aufklarung. 

Von diesen drei reichverzweigten Stammen der Tylopoda haben sich 
demnach nur Camelus und Lama bis in unsere Zeit erhalten. 



III. Unterordnung. Pecora. 

Nach Ausschluß der Kamele und Traguliden fast man die übrigen 
Kuminantia somit die Hirsche, Rinder. Antilopen und Giraffen unter obigem 
Namen zusammen. Man nennt sie auch wohl Cotylophora im Hinblick 
auf die polykotyledone Placenta. Es sind die Ungulata. die heute ihre 
Blütezeit erleben: modernisierte Endglieder von Stämmen, die weit zurück- 
reichen, nach ihrer Wurzel stets mehr konvergieren, aber auch heute noch 
in ihrem Bau. trotz aller Verschiedenheit, die Merkmale inniger Bluts- 
verwandtschaft zur Schau tragen. 

Ihr Haarkleid ist meist anliegend und besteht aus alternierenden 
Gruppen von mehr als. drei Haaren, zuweilen im Bau verschieden, die 
sich zur Bildung von unechten Bündeln, z. B. beim Rind, vereinigen 
können. Allgemein treten tubulöse und acinöse Hautdrüsen auf, die sich 
vielfach zu Drüsenkörpern anhäufen können. Am häutigsten vor den 
Augen, wo sie als sub- oder antorbitale Drüsen oder Drüsensücke in einer 
Grube des Lacrymale liegen. Gegen deren verwerfliche Bezeichnung als 
Tränengruben istH. N. Turner bereits 18f>l aufgetreten. Drüsenanhäufungen 
finden sich ferner unter dem Auge (maxillare), hinter den Ohren (postauri- 
kulare). in der Leistengegnd (inguinale), an den Extremitäten als sogenannte 
..Bürsten" oder zwischen den Hufen als Klauendrüsen (vergl. p. 28 u. 21)). 

Die Zahl der funktionierenden Zitzen schwankt zwischen 2 und 4, 
doch können auch weitere Zitzenrudimente auftreten. 

Am Schädel fällt das niedrige, breite, senkrechte, selbst überhängende 
Hinterhaupt auf. Die Occipitalia überschreiten den Occipitalkamm resp. 
die Lamhdanaht nicht oder kaum. Der parietale Teil ist gleichfalls nach 
hinten gedrängt und in verschiedenem Grade verschmälert durch Aus- 
dehnung der Frontalis die meist ein Paar Apophysen tragen (Hornzapfen, 
Uosenstock p. 18). Ein Sagittalkainm fehlt. Die Orbita ist verschiedentlich 
nach hinten verlagert, springt über die Seitenwand des Schädels vor. und 
wird hinten durch einen Knochenring abgegrenzt, entstanden durch Ver- 
schmelzung der Processus postorbitales des Frontale und Jugale: vorn 
durch das Jugale und Lacrymale. Dessen facialer Teil ist groß, häutig 
ausgehöhlt. Ueber ihm liegt bei vielen eine Ethmoidallücke (Gesichtslücke), 
die Maxillare und Nasale trennen kann. Letztere beide berühren sich sonst. 
Als Regel grenzt an das Nasale auch das Intermaxillare, das schwach 
ist, zahnlos und große Foramina incisiva hat. Das Tympanohyale liegt 
deutlich zwischen Mastoid und Tympaniciun. das zu einer großen oder 
kleinen Bulla ausgedehnt ist. Der Cnterkiefer hat einen querverlängerten 



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liiii; 



XIV. Ordnung: Arlioduclyla. 



Condylus und einen abgerundeten Angulus. Die Zahl der Endoturbinalia 
ist i> mit ») Riechwülsten. Von thorakalen Wirbeln sind 13, seltener 14, 
von lumbalen gewöhnlich b\ seltener ö oder 4. von sakralen meist « vor- 
banden; die kaudalen schwanken ungefähr zwischen !> und 20. Die Hals- 
wirbel sind ausgesprochen opisthococl, ihre Processus transversi von der 
Arteria vertebralis durchbohrt: der Processus odontoideus des Epistropheus 
ist verbreitert und dorsalwärts ausgehöhlt. Die Scapula hat eine aus- 
gedehnte knorpelige Suprascapula. Die Ulna ist stets reduziert und liegt 
hinter dem Radius, der mit dem Triquetrum artikuliert. Das Lunatum 
ruht zu gleichen Teilen auf dem Capitatum und Hamatum: Trapezoid und 
Capitatum sind verschmolzen (p. (534). Das distale Ende der Fibula bildet 
ein selbständiges Os malleolare, das mit der Tibia artikuliert. Cuboid un<i 
Naviculare bilden ein Knochenstück, das mit den verschmolzenen Cunei- 
formia II und III artikuliert: Cuneiforme I fehlt. Die Metapodien III 
und IV bilden den Kanonenknochen: II und V stehen außer Gelenkung 
mit Carpus und Tarsus und sind in verschiedenem (irade unvollständig. 
Mit Ausnahme von Giraffa, sind die distalen Kiele der Gelenkrollen der 
Metapodien vollständig, also auch auf die Vordertiache ausgedehnt. Vorder- 
und Hintergliedmaßen gleich lang. 

Im Gebiß I g C n , 1 PäMjj fehlen die oberen I stets, der obere C 
sehr häutig; die unteren I sind spateiförmig und niederliegend, der untere C 
den I angeschlossen und ihnen gleichend. Kein P ist caniniform. Sie 
bilden mit den Molaren eine geschlossene Reihe, die von den Vorderzähnen 
durch ein weites Diastem getrennt ist. Sic sind molariform, somit sämt- 
lich echt tetraselenodont, indem der f>. Höcker (Protoconulus) den Vor- 
fahren verloren ging. Die Backenzähne bleiben braehydont oder werden 
in verschiedenem Grade hypselodont. indem sich die Wurzeln erst spät 
schließen und endlich den Zahn dem prismatischen Typus zuführen können. 

Der typisch gebaute Wiederkäuermagen mit seinen vier Abteilungen 
wurde auf p. 630 ausführlich behandelt. Die Leber ist stets einfach, ver- 
hältnismäßig klein: die Gallenblase fehlt bei der Mehrzahl der Cervidae, 
zuweilen bei Giraffa und unter Cavicornia nur bei Cephalophus. 

Die Placenta ist stets eine polykotyledone, daher die Unterordnung 
auch Cotylophora heißt: die Zahl der Kotyledonen ist aber eine geringe 
bei Cervidae, eine große bei Cavicornia und den Giraffen. Die Zahl der 
Jungen steigt nur bei Hydropotes auf 5, ist sonst eins oder zwei. 

Wir zerlegen die recenten Pecora in drei Familien, über deren ge- 
nealogischen Zusammenhang, nach Behandlung der drei Familien, einige 
Vermutungen geäußert werden sollen. 

1. Familie: CERVIDAE 
(Cervicornia). 

Schlanke, hochbeinige Wiederkäuer mit kurzem Schwanz und anliegen- 
dem Haar. Durch starke Ausbildung der suborbitalen Hautdrüse (Crumen) 
entsteht meist eine Grube auf dem ausgedehnten facialen Teil des Lacrymale. 
Dieses hat am Orbitalrand zwei übereinanderliegende Tränenlöcher. Eine 
Ethmoidallücke trennt es vom Anschluß an das Nasale. Auch das Jugale 
dehnt sich weit aus auf die Gesichtstläche, während das Maxillare hier 
zurücktritt Dessen Alveolarfortsatz ist niedrig, entsprechend den braehy- 
donten Rackenzähnen. Die Pneumatisierung des Schädels tritt sehr zurück» 



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III. Pecora, Cervidnc 



im 



beschränkt sich auf Lacrvmale, Maxiliare und die vonlere Partie des Fron- 
tale, begibt sich al>er nicht in den Rosenstock. Dieser trägt das Geweih, 
das auf p. 1« ausführliche Besprechung erfuhr. Die Punkte, die uns hier 
interessieren gibt nebenstehende Fig. 47(> wieder. Es fehlt nur wenigen 
Arten (Hydropotes. Moschus) und ist mit Ausnahme vom Rentier auf das 
Männchen beschränkt. Entsprechend ihrer Ausbildung, erstrecken sich die 




Fig. 47b\ Geweih von /. Coaasus; 2. Furciter; 3. Axis; 4. Rusa hippelaphus; 
5. Sika; 6. Dama; 7. Ale«; S. Capreolus; 9. Rangifer; 10. Sieben Entwicklungastadien 
von Cervus elaphus. In allen Fig. bedeutet: weiß: Stange; schwarz: Augensproß und 
darüber der Eissproß bei Rangif er <o) und den drei letzten Stadien von C. elaphus (w); 
gestrichelt: der Mittelsproß; punktiert: der Hintersproß. Zum Teil nach Röng; 6, 7 
und 9 nach der Auffassung von C. Hoffmann, der Drehung der Stange annimmt. 

Frontalia nach hinten, so daß die parietale Zone auf einen schmalen 
Streifen reduziert wird. Die Orbita ist groß, seitwärts gerichtet Das Inter- 
maxillare klein. Die Bulla tympani meist klein, hohl. Im Gebiß § \ | J 
fehlt nur selten der obere 0. Wenigstens der erste obere M ist braehyo- 
dont; den dünnen Wurzeln gegenüber setzt sich die Krone durch einen 
verdickten Wulst ab. 

Taxonomie. 

1. Unterfamilie: M08CHINAE. Geweihlos. Dem Lacrvmale fehlt eine 
suborbitale Grube; es hat nur einen Tranenkanal. Processus nasalia dea 
Intermaxillare reicht weit an das Nasale. Die oberen C des Manneben 
sind beständig wachsende, große Hauer. Vom Metaearpus und Metatarsus 
II und V siud nur die distalen Enden vorhanden, welche ziemlich kräftige 
Digiti (Afterzehen t tragen. Konglobierte Hautdrüsen treten beim Männchen 
auf dem Schwanz (wie bei manchen Hirschen), auf den Schenkeln und als 
Mosrhusbeutel kurz vor der Präputialöffnuug auf. Eine suborbitale Drüse 
fehlt. Die Moschustiere wurden immer wieder den Tragulinen zugerechnet, 
wenigstens sah man Schwierigkeiten, dem Beispiel Flowers, Rütimeyers u. A. 
zu folgen und sie den Cervidao anzuschließen. Die Abweichung von diesen, 
auch insofern als die Moschustiere eine Gallenblase und einen fadenförmigen 
Anhang der Urethralöffnung des Penis haben, gab Garrod gar Anlaß, sie 
den Bovidae zu nähern. 

Offenbar ist die einzige Gattung Mnsciiis L. eine altertümliche 
Form. 3f. moschiferus L. vom Hochgebirge des Himalaya und Zentral- 
Asiens wird des Moschus wegen gejagt. Im nordöstlichen China tritt J/. 
sifanicus Büchn. auf. 



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XIV. Ordnung: Artiodactyla. 



1 



2. Fnterfamilie : CERVINAE. Die erbten Hirsche lassen sich mit Brooke 
nach dem Verhalten der Metapodien in zwei Gruppen verteilen. Hiermit 
soll nichts ausgesagt werden Uber deren genetischen Zusammenhang. Dieser 
bedarf weiterer Forschung. Im folgenden kann nur eine flüchtige Ueber- 
sicht über die etwa li><> fossilen und recenten Arten gegeben werden: im 
übrigen sei auf das neue Werk Lydekkers hingewiesen. 

a) Tki.kmktacarpalia. Die Metacarpalia der Seitenfinger sind proxi- 
mal reduziert auf einen nodulären liest, der meist mit den zum Kanonen- 
knochen verschmolzenen Meta- 
carpale III und IV verschmilzt. 
Das distale Stück und die Pha- 
langen sind aber gut ausgebildet. 
Meist (ausgenommen Capreolus, 
Alces und Hydropotes) setzt 
sieh der Vomer soweit nach 
hinten fort, daß er das hintere, 
knöcherneNasenloch teilt [Garrod]. 
Es scheint, daß diese Gruppe 
eine „langballige" [Nitsche] 
Klauenform hat, d. h. der lang- 
gestreckte Zehenballen dehnt 
sich bis in die Sohlenspitze aus 
und beschrankt das Sohlenhorn 
auf einen schmalen Saum [Eber]. 

Hydropotes Swinh. (Hy- 
drelaphus Lyd.) mit der einzigen 
ost-chinesischen Art ff. inermis 
Swinh. Geweihlos, Männchen 
mit großem Eckzahn. Bulla 
tympani groß. Lacrymale mit 
tiefer Grube. Kleiner als das 
Reh. Backenzahne hypselodont. 

Cariaous Gray. Unter 
diesem Namen, nach Lydekkers 
neuestem umfangreichem Werke 
über die Hirsche richtiger unter 
dem Namen Mazama Rafin., wer- 
den die Hirsche zusammengefaßt, 
die ausschließlich der Neuen Welt 
angehören. Ihre zahlreichen Arten werden nach dem Bau der Geweihe in ver- 
schiedene Gruppen mit subgenerischen Namen zerlegt. Dieses hat eine primi- 
tive Forin bei Coassi s Gray, da es nur kleine Spieße darstellt. Dies sind 
kleine Hirsche von Süd-Amerika. Bei FlRtlFER Gray, von der Westküste 
Süd-Amerikas, erscheint ein Augensproß. Der gleichfalls südamerikanische 
Blast« x KKi s Gray erhält dazu einen Hintersproß. Bei den genannten 
können die (' fehlon. Daß sie etwa eine genealogische Reihe bilden, ent- 
sprechend der komplizierteren Geweihform, soll nicht behauptet werden. 
Weitere Komplikation erfahrt dieselbe bei den nordamerikanisehen Arten, 
von denen Cariacus virginianus Bodd. die bekannteste ist. — Trotz ver- 
schiedener osteologischer Eigentümlichkeiten, steht wahrscheinlich der 
Miniaturhirsch PuDUA Gray aus «Jen chilenischen Andes dem Subgenus 
Cnassus nahe. 



h 



Fig. 477. Sihlcnf lache de* Fußes: I vom 
Reh, „langhallig"; II vom Edelhirsch „kurz- 
ballig". A Zehenballen; s Sohlenhorn; h Horn- 
M-huh. Nach Kber. 




III. Pecora, Ccrvidae. 



Von der Alten Welt gehört der telemetakarpalen Reihe an Capreo- 
LL's H. Sm. Das Geweih, da« den Kopf kaum um das Doppelte überragt, 
hat eine rauhe, körnige Stange mit kurzem Mittel- und HintersproÜ, ein 
Augensproß fehlt (Fig. 47(5). Keine Eckzähne. 

C. caprcolus L. (C eaprea Gray). Das Reh. Durch Bildung weiterer 
Hintersprossen entsteht im Anschluß an den ebengenannten „Sechser' 4 der 
„Achter 1 ', und als höchste Stufe der „Zehner". Dessen Gehörn besteht 
aus der Mittelsprosse, einer Endgabel und einer hinteren Xebengabel. In 
einzelnen Fallen können alte Weibchen in vorgerückt ein Alter Geweih- 
bildung zeigen, nber nur von unbedeutender Größe. Solche „gehörnte 
Ricken'' sind zu unterscheiden von stärkerer Geweihhildung bei hennaphro- 
ditischen oder pseudo-hermaphroditischen Individuen mit männlicher Rich- 
tung [Boas]. Anderer Art ist der Einfluß von Kastration, der beim Damm- 
hirsch beobachtet wurde [Fowlerj. 

Die Brunstzeit füllt in den Juli und August: daß trotzdem erst 
im Mai ein bis zwei, ausnahmsweise drei gefleckte Junge geworfen werden, 
steht in Verbindung mit der anfanglich äußerst langsamen Entwickelung 
lies Embryo. Falls C. pygargus Pall., das Reh Nord- und Zentral- Asiens, 
eine eigene Art ist, so ist das gewöhnliche Reh vom Mittelmeer bis zum 
58° n. Br. Uber Europa bis Persien verbreitet. 

Zirkumpolar ist Rangikkk H. Sm. Beide Geschlechter mit oberen 
Eckzähnen und Geweih, dessen lange, gebogene Stange einen, wenigstens 
;iuf einer Seite verzweigten Augensproß und darüber einen verzweigten 
Eissproß trägt. Die Stange selbst endet mit mehreren Zacken. A*. taraii- 
dus L. Rentier, wild und gezähmt. Aus «lern Pleistocän Europas bis zu 
den Pyrenäen und Alpen bekannt. — Alikk H. Sm. A. machlis Ogilby. 
Elen. Größte Hirschart mit ungeheurem Geweih in (testalt einer flachen 
Schaufel mit geteiltem Rande. Ihre untere Abteilung entspricht dem ver- 
breiterten Mittelsproß, ihre größere obere dem verbreiterten Stangenende. 
Nach dieser Auffassung fehlt ein Augensproß (Fig. 47<>>. Eckzähne fehlen. 
Suborbitaltaschen klein. Die breite, viereckig abgerundete Oberlippe und 
stark verbreiterte Nase mit großen Nasenlöchern über der Unterlippe herab- 
hängend. Verbreitungsgebiet wie beim Renntier, aber südlicher bis in 
Süd-Skandinavien, Lithauen, wogegen es früher weiter verbreitet war. 

Sehen wir ab vom Rentier und Elen, die dem nördlichsten Teil der 
nördlichen Hemisphäre angehören, so kommt der Alten Welt von telemeta- 
karpalen Hirschen nur Capreolus und Hydropotes zu, alle übrigen gehören 
ausschließlich der Neuen Welt an. Dies wird noch auffallender, wenn 
wir auf die Verbreitung der plesiometakarpalen Hirsche achten. 

b) Plesiometacarpalia. Die Metacarpalia der Seitenfinger persi- 
stieren proximal als griff eiförmige Knochen. Der Vomer setzt sich nicht 
nach hinten fort, um das hintere Nasenloch zu teilen; das Intermaxillare ver- 
bindet sich fast stets mit dem Nasale [Garrod]. Soweit bekannt, ist die 
Klaue „kurzballig", d. h. der Zehenballen geht bereits im zweiten Drittel 
der Klauensohle in das Sohlenhorn über, aber ohne scharfe Grenze [Eber]. 

Unter ihnen bilden die Cervixina eine kleine, auf Südost-Asien be- 
schränkte Gruppe, charakterisiert durch auffällig langen Rosenstock, der 
leistenartig über die Orbita zieht, und durch kleines Geweih, das entweder 
unverzweigt ist oder nur einen kurzen Augensproß hat. Orbita und Lacry- 
tnale sehr groß, letzteres mit großer, runder Grube für die ausgedehnte 
autorbitale Drüsentasche. Das Männchen hat einen weit vorragenden E< k- 



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XIV. Ordnung: Artiodnctyla. 



zahn. Sie unterscheiden sich ferner durch das Fehlen von Phalangen in 
den lateralen Digiti ( Afterzehen f. In Nord- und Ost-China ist diese 
Gruppe kleiner Hirsche vertreten durch Elaphoüis A. M. Edw. mit un- 
verzweigtem Spieügeweih; im südlichen China, namentlich aber im ganzen 
südöstlichen Asien durch CerVULUS filainv. mit verzweigtem Geweih. Von 
den etwa sechs beschriebenen Arten ist C. niunljac Zimm. von Kaschmir 
über Indo-Ohina. Vonlerin«lien, Ceylon und die Großen Sunda-Inseln ver- 
breifet. 




Fig. 47S. Schädel vom erwachsenen Cervulu» muntjac. <$. 



Alle übrigen Hirsche stellen eine homogene Abteilung dar, die man 
als Cervi-s L. zusammenfassen kanu. Ihr Geweih erhebt sich stets über 
die niedere Stufe einer Gabel. Im übrigen bietet es Verschiedenheiten 
dar, ebenso wie die Körpergröße, Farbe, oberen Canini, ,,Bürsten'* an den 
Extremitäten u. s. w., die Aulali wurden, die überaus zahlreichen Vertreter, 
welche die Alte Welt bewohnen, in Gruppen zxi zerlegen, denen man gene- 
rische Namen zuteilte. Die wichtigsten derselben, sowie ganz einzelne Arten 
sollen genannt werden. Ckkvi s L. p. p. Das tieweih hat oberhalb der Augen- 
sprosse eine zweite: eine .,Eis>prosse", ferner eine Mittelsprosse, geteilte 
Hintersprosse, die mit dem gleichfalls geteilten Stangenende die Krone bildet. 
Obere C vorhanden. Im oberen Drittel des Hinterlaufs eine Bürste; Unter- 
seite des Schwanzes mit Drüsen. In Europa und Klein-Asien: C. elaphus L. 
Edelhirsch. Lebt in Rudeln: Brunstzeit September und Oktober: im Mai 
wird ein, selten zwei einfarbige Junge geworfen. Im ersten Winter wird das 
Mannchen | Hirschkalb) ein Spießer oder Hirsch vom 1. Kopf, im zweiten: 
Gabelhirsch, dann Sechsender, indem zum Augensproß der Mittelsproß ge- 
kommen ist. Beim Achtender tritt der Hintersproß, beim Zehnender der 
Eissproß hinzu. Der Fortschritt der Endenzahl ist mit den Jahren kein 
regelmäßiger, einzelne Stufen können übersprungen oder wiederholt werden 
[Blasius). Zerteibing des Stangenendes führt zur Bildung der Krone und 
schließlich zum Zwanzigender und weiteren der Jagersprache. Der nord- 
afrikanische C. barbarus Bennet ist eine Varietät. Von außereuropäischen 



III. Pecora, Ccrvidae. 



Arten ist zu nennen: C. canadtnsis Erxleb. als einziger ple8iometakarpa!er 
Hirsch der Neuen Welt, außer den zirkumpolaren Rangifer und Alces. 

Dama H. Sm. Geweih mit Augensproß, Mittelsproß und flacher End- 
schaufel, die vielleicht den Hintersproß enthält, mit nach hinten gerich- 
teten Enden. Oberer C fehlt. Backenzähne kurz. /). dama Ii. Dam- 
hirsch, bewohnte im Plcistocäu auch das südwestliche Europa bis Belgien, 
heutzutage nur die Mittelmeerläudcr, von wo er in Nord-Europa eingeführt 
wurde. 

In diese Reihe von Hirschen gehört +(,'. belgrandi Lart. aus dem 
Mittol-Pleistoran Deutschlands, Frankreichs und Englands, und die ver- 
schiedenen lokalen Formen von +C. giganttus Blumenb. aus dem Pleisto- 
cän Europas, der mit «lern Diluvialmenschen zusammen lebte. Sein hori- 
zontales Schaufelgeweih umspannte über 3 in. • Axis H. Sui. Kosenstock 
Uber der Orbita abgeplattet, Oeweihstange gebogen, mit Augensproß und 
nach hinten gedrehtem Mittelsproß. Oberer O nur beim Männchen vorüber- 
gehend vorhanden: Backenzähne hvpselodmit. A. axis Erxl. Weißgefleckter 
Hirsch Vorder-Indiens. Ihm schließt sich eng an Risa H. Sm. Beide 
Geschlechter mit 0: Stange weniger gekrümmt. Siidostasiatiseh. Die größte 
Art: A\ aris/o/e/is hat die weiteste Verbreitung auf dem Festlande und 
als R. i-qitina Cnv. in Borneo und Sumatra mit verschiedeneu insularen 
Rassen im indo-australischeu Archipel. Z. B. A*. hippdaphus Cuv. von 
Java bis Timor und den Molukken, R. kuhlii Müll, et Schi, von der Insel 
Bawean, die sich an die bekannte kleine R. porcitta Zimm. von Vorder- 
indien anschließt. Weniger deutlich ist die Stellung von PsEt daxis Gray 
mit zahlreichen Arten in China und Japan: RroERvrs Hodgs. von Südost- 
Asien und von ElaphTJU's A. M. Edw. , dessen einzige chinesische Art 
E. davidiamis A. M. Edw. von Nord-China durch eine gerade Geweih- 
stange sich auszeichnet, die einen langgestreckten Augensproß nach hinten 
abgibt und nach Lydekker zweimal im Jahre gewechselt werden soll. 

Geographische Verbreitung. Das absolute Fehlen der Hirsche in 
Afrika südlich von der Sahara ist eine oft hervorgehobene Tatsache. 
Weiter kam oben schon zur Sprache, wie nacli der Weise von Gruppierung 
der Hirsche nach Brooke. die telemetakarpalen auf die Neue Welt be- 
schränkt sind, mit Ausnahme von Capreolus und Hydropotes. sowie von 
Rangifer und Alces. welche beide letztere der horealen Zone der Alten 
und Neuen Welt angehören. Umgekehrt sind die plesiometakarpalen Hirsche 
altweltlich: denn der Wapiti. Cervus canadensis, ist zweifelsohne ein junger 
Immigrant in Nord-Amerika. Abgesehen hiervon bewohnen im übrigen die 
Arten von Cervus eine breite Zone vom Mittel meergebiet bis Japan, in 
der übrigens auch Capreolus auftritt. Ferner im Westen Dama, im Osten 
Pseudaxis. In Süd-Ost-Asien schließt sich hieran Ccrvulus und Rusa. 
Unnötig ist es, hervorzuheben, daß Australien, Neu-Guinea und Madagascar 
Hirsche fehlen. 

Bezüglich der historischen Verbreitung ist anzunehmen, daß die 
Hirschfamilie in Eurasien aus tertiären Paläomeryciden ihren Ursprung 
nahm, von hier aus in Nord-Amerika einwanderte, von wo die Verbreitung 
nach Süd -Amerika statthatte. Rätselhaft bleibt es. warum solche Ein- 
wanderung nicht nach Zentral- und Süd-Afrika statthatte, es sei denn, 
daß man annehmen wolle, daß der Bestand an gleichartig lebenden Herden- 
tieren wie die Antilopen, keine Hirsche aufkommen ließ. 



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(172 



XIV. Ordnung: Artiodattvla. 



Vorgeschichte 

Die Familie der Hirsche ist zweifelsohne eine Wiederkäuergruppe, 
deren Blütezeit im Pleistocän anhob und heute ihr Maximum erreicht hat. 
Ihre letzte Modernisierung äußert sich namentlich im (ieweihschmuck. der 
in der Tat vielfach mehr den Eindruck macht eines nutzlosen Schmuckes, 
welcher große Anforderungen an die Produktionsfähigkeit des Körpers stellt, 
als den einer tauglichen Waffe für den geschlechtlichen Kampf. Die Tendenz 
zu dieser Ausbildung hebt im Pleistocän an. Zu dieser Zeit waren manche 
der obengenannten Gruppen weiter verbreitet als heute. Da aber das 
Geweih als ein fast ausschließlich männliches Gebilde, das noch dazu 
im selben Individuum Altersunterschieden unterworfen ist, nur beschränkten 
Bestimmungswert hat, welcher vielmehr in erster Linie dem weiblichen 
Schädel zukommt, so ist bei der Seltenheit dieser die Forschung noch lange 
nicht abgeschlossen, um so weniger als nur selten festzustellen ist, ob 
die fossilen Formen tele- oder plesiometakarpal waren. 

Interessant ist. daß von Crrvux cauadensis diluviale Reste in 
Europa und Asien gefunden sind: damit erscheint dieser einzige nord- 
amerikanische plesiometakarpale Hirsch als ein Einwanderer von Europa 
aus. Capreolus tritt bereits im Ober-Miocän Frankreichs {+C. Mathc- 
rotiis Gerv.) und Griechenlands (-* G\ Pcntelici Gaudry) auf. 

Wichtiger ist, daß die alt weltlichen plesioinetacarpalen Cervulina. 
die auch heute noch als primitive Hirsche erscheinen und in Süd-Amerika 
dem Schädelbau und primitiven Geweih nach durch Coassus vertreten 
werden — obwohl diese allerdings telemetakarpal sind — , Vorläufer im 
Ober-Miocän Europas, Asiens und Nord- Amerikas haben: In Nord-Amerika 
+ Blastomeryx Cope und +COSORYX Leidy: in Europa Formen, die man 
des gegabelten Geweihes wegen zu Cervulüs stellt, wie + C. dieranocerus 
Kaup. An Cervulüs muntjac erinnert ferner das Geweih mit langem 
Rosenstock von +Dicrocerus Lart. aus dem Ober-Miocän Mittel-Europas, 
bereits mit 3 unteren P und kräftigen Sekundärleisten auf den oberen M. 
Nach Schlosser wechselte + D. rlcgatis Lart. sein kräftiges Geweih öfters. 
+ D. furcatus Hensel sein schwächeres jedenfalls sehr selten. 

+ Dicrocerus Lart. gehört bereits den iniocänen + Palaeomerycidae 
Schlossers an. Diese gliedern sich nach ihm in + Amphitraoulus Pom. 
mit noch 4 unteren P und + Dremotherium E. Geotf. mit nur 3. Beide 
aus dem Unter-Miorän, teilweise selbst Oligocän Mittel-Europas: geweihlos. 
Lacrymale ohne Grube, keine Ethmoidallücke. C lang, vordere P klein 
und schmal, hintere verlängert: M braehydont. auf der Rückseite der 
Außenwände der unteren M erscheint zuerst die Palaeomeryxfalte. Diese 
ist namentlich charakteristisch für die mittel-miocänen Arten von +Palaeo- 
meryx Meyer. Daß bei ihnen Geweihe auftraten, legte Schlosser jüngst 
dar. Nicht aufgeklärt, jedenfalls aber nicht gleichartig, ist die Fußstruktur. 

Die + Palaeomerycidae bilden den Ausgangspunkt der Hirsche, bei 
denen die Krone der Backenzähne höher, deren Styli stärker, die P kom- 
plizierter und molariform wurden, während die C. zurückgingen, nament- 
lich mit Zunahme der Geweihe. 

2. Familie: BOVIDAE 
(Cavicornia). 

Diese für die Jetztzeit charakteristische Gruppe von Artiodactyla kenn- 
zeichnet sich durch Hörner, die als bleibende Hornscheide einem Knochen- 



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III. Pecora, Bovidae. 



zapfen aufsitzen, der als Apophyse des Frontale erscheint. Wie er aufzu- 
fassen und welcher Art seine Entwicklung ist, wurde auf p. 20 auseinander- 
gesetzt (vergL Fig. 479). Nur ausnahmsweise fehlt diese Waffe: zuweilen 
bei einzelnen lokalen Rassen mehr als Abnormität durch Züchtung, ferner 
beim Weibchen von Saiga, Tetracerus. Neotragus, Mufflon u. s. w. Perio- 
discher Wechsel der Hornscheide ist nur von Antilocapra bekannt, mag 
aber früher häutiger gewesen sein, wofür das Abwerfen der ersten Horn- 
scheide beim jugendlichen Rinde vielleicht spricht. Auch findet hier und 
da periodisch stärkerer Wuchs, der vielleicht mit der periodisch erhöhten 
geschlechtlichen Funktion in Verbindung steht, Ausdruck in Wulst- oder 
Ringbildung an der Basis der Hörner. 

Konglobierte Hautdrüsen kommen 
namentlich als antorbitale, mit entsprechen- 
der Vertiefung des Lacrymale, und als 
Inguinal taschen zur Ausbildung. 

Gazellen, Schaf, Ziege, Rind, Gnu 
u. s. w. geben ein Bild des sehr verschie- 
denen Körperbaues nach Form und Größe. 
Keine Abteilung bietet denn auch so viele 
Schwierigkeiten bei der Zusammenfassung 
in Gruppen, welche die Uebersichtlichkeit 
über die zahlreichen Arten fordert. 

Der Schädel charakterisiert sich durch 
Knickung seiner Achse, die auf p. (530 aus- 
führlich erwähnt wurde und sich äußert in 
einer winkeligen Abbiegung des postfrontalen 
Teiles des Hirnschädels gegenüber «lein Ge- 



Fig. 479. Schematicher Längsschnitt durch 
das Horn eines Cavicorniere. ch knöcherner, teil- 
weise pneumatisicrter Hornzapfen de« Frontale: 
d Lederhaut; r Lederhautpapillen und interpapillare 
Epidermis; e Epidermis; c Ilornscheide. 




sichtsschädel. Hiermit hält Schritt der Uebergang des Parietale in die Occi- 
pitalfläche, wodurch ein Hinterhaupt entsteht, dessen Charakter im Extrem 
bei Rindern ausgeprägt ist, indem das Frontale bis auf dasselbe sich aus- 
dehnt. Das Lacrymale verbindet sich meist mit dem Nasale und hat nur 
ein Tränenloch an der Innenseite des Orbitalrandes. Ethmoidallücken treten 
im allgemeinen mehr zurück. Gewöhnlich hat das Maxillare eine große 
Ausdehnung auf der GesichtsHäche : das Intermaxillare ist klein, zahnlos; nur 
selten trennt sein Processus nasalis Nasale und Lacrymale. Das Tym- 
panicuni bläht sich in sehr verschiedenem Maße zu einer meist hohlen 
Bulla auf, verschmilzt mit dem Petrosum und liefert einen äußeren 
Gehörgang. 

Im Gebiß Ij}C8P}Mj fehlen obere I und die Canini stets: die 
P sind molariform und bilden mit den M eine geschlossene Reihe. Seltener 
sind sie niedrig mit dünnen Wurzeln und durch einen Wulst von der 
Krone abgesetzt (Cephalophus- und Strepsiceros-Gruppej; meist sind sie 
echt hypselodont, und zwar sind es Säulenzähne, deren Prismen fast ohne 



W h« r 



43 



<m4 



XIV. Ordnung: Artiodactyla. 



Hals in die Wurzeln übergehen. Sie können niedriger sein mit schlanken 
kantig komprimierten Säulen (viele Antilopen, Ziegen), oder die hohen 
Säulen werden cvlindrisch (Rinder). Stets sind die Zähne echt tetra- 
selenodont. • 

Hand und Fuß verhalten sich im Carpus und Tarsus wie die Mehrzahl 
der Cervidae, bezüglich der Metacarpalia wie die plesiometakariwden Hirsche, 
d. h. Metacarpale II und V erhalten sich in deutlichen proximalen Resten. 
Das gilt namentlich für die hochbeinige Antilope Hippotragus und für 
den mioeänen +Tragocerus [Gaudrv]. 

Im allgemeinen verwächst aber Metacarpale II mit dem sehr voll- 
ständig ossifizierten Kanonenknochen, während Metacarpale V als kurzer 
Griffel mit dem proximalen Ende desselben artikuliert. Die distalen Reste 
stellen 2 -.'i unregelmäßige Knötchen dar, die im Huf (Afterklaue) liegen, 
der jederseits am distalen Mctacarpusende sich findet. Im Fuß ist die 
Reduktion nur insofern vorgeschritten, als die proximalen Reste der Meta- 
tarsalia noch weiter schwinden und fast ganz mit dem Metacarpale III 
und IV verschmelzen. 

(legenüber der Hirschfamilie braucht von inneren Organen nur her- 
vorgehoben zu werden, daß die Gallenblase fast niemals fehlt, und daß 
die Placenta zahlreiche Kotyledonen hat. 

Taxonomie. 

Sämtliche Cavicornia hangen genetisch innig zusammen, jedoch so, 
daß unter den Antilopen die primitiveren Formen zu suchen sind, aus 
denen die Ziegen. Schafe, und als extremster Zweig die Rinder hervor- 
gingen. In welcher Weise, bedarf aber trotz solcher Vorstudien, wie die 
Rlitimeyers, deren Gedanken uns namentlich leiten werden, noch weiterer 
Beleuchtung. 

Es ist Gebrauch geworden, die bohlhörnigen Wiederkäuer in Rinder, 
.Schafe und Ziegen, sowie Antilopen einzuteilen, denen die Namen: Bovinae, 
Oviuae oder Caprinae und Antilopinae entsprechen. Hierbei werden 
dann die Gemsen den Antilopen zugerechnet, wahrend andere aus ihnen 
eine weitere Abteilung der Rupncaprinae machten. Annehmlicher ist die 
Auffassung Flowers und Lydekkers, der auch Sclater und Thomas folgen, 
ebenfalls die Antilopen in Gruppen aufzulösen, denen man dann taxonomisch 
den Wert der übrigen verleiht. Betrachtet man sie ferner sämtlich als 
Unterfamilien der Bovidae, so hat diese Gleichwertigkeit auf dem Papier 
wenigstens den Vorteil, daß sie unsere derzeitige Unfähigkeit bekundet, 
dieselbe zu größeren, genealogisch zusammengehörigen Gruppen zu ordnen. 

Im nachfolgenden können aus der großen Masse nur einzelne Formen 
hervorgehoben werden, für weitere Details sei verwiesen auf die Werke 
Flowers und Lydekkers und namentlich das Antilopenwerk von Thomas 
und Solater. 

An die Basis stellen wir die Tragi nae, die wir zerlegen in die 
1. Unterfamilie RrPlCAPRiNAE. Kleine oder mittelgroße, mehr oder 
weniger gemsenartige Tiere: ihre Hörner sind kurz, an der Basis bohl, mehr 
oder weniger konisch und zurttckge bogen, an der Basis geringelt, einander 
genfthert, hinter den Orbitae gelegen. Lacrymale mit Grube, keine Eth- 
lnoidallücke. Zahne niedrig, mit schlanken, kantig komprimierten Säulen. 
Rcpicapra Blainv. Hochgebirgsform des südlichen Europas von den Pyre- 
näen bis zum Taurus und Kaukasus. R. ruficapra L. ftragus Gray), 



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III. Pwora, Bovidae. 



«75 



Gemse, lebt in Herden bis zu 30 Stück, Männchen mit postaurikularer 
Brunstdrüse: ein Junges wird im April oder Mai geworfen. Wird auf 
den Bergketten Vorder-Indiens, bis China, Japan und Sumatra durch Ne- 
Morhakdis H. Sin. mit verschiedenen Arten: in Nord-Amerika durch Ha- 
FLOCKKl's H. Sm. vertreten. In Indo-China und Zontral-Asien erscheint 
an ihrer Statt «1er größere BlbORCAS Hodgs. mit größeren Hörnern. 

2. Unterfamilie: Blbalinae. Grotte Tiere, die vorn höher als hinten 
sind. Hörnor einfach- oder doppelt gebogen, an der Basis genähert. Sub- 
orbitale Drüse und Grube im Lacrvmale klein. Afrikanische Antilopen, 
von denen Damaliscis Sei. & Thom. wohl die ursprünglichere, die durch 

palaeindicus Falc. (Antilope palaeindica Falc.) im Pliocan von Vorder- 
indien vertreten war. Heute in verschiedeneu Arten, namentlich im tro- 
pischen Afrika, von denen J). Hang Heugl. bis Sennar reicht. Aehnliche 
Verbreitung haben die zahlreichen Arten von Bi liAhls Guv. (Alcelaphus 
Blainv. . Bekannt durch ihre merkwürdige Kopfform mit breitem Flotz- 
maul, schoptig behaartem Gesieht. Kinderhabitus und Pferdeschwanz sind 
die Gnus Connochoktks Lichtenst.., von denen C. gnu Ziiniu. Südafrika 
bewohnt; ('. tanrimis Burch. von» Vaal-Fluß bis zum Kilimandscharo und 
C. albojiibatns Thom. nördlicher bis zum Viktoria-N vansa reicht. Wahr- 
scheinlich gehört auch der aus Tiergarten bekannte Bohklaphi's Blainv. 
(Portas H. Sin.; hierher. Die einzige Art, Ii. tragocnmflns Pall. (pictus 
Pall.) Vorder-Jndiens, war ebendort im Pleistocan durch +ti. naniadiats 
Kütim. vertreten. 

Es ist gebräuchlich, die Bubalinao und Kupicaprinae scharf zu 
trennen, ja letztere ganz von den „Antilopen" zu entfernen. Wir meinen 
aber mit Kütimeyer, daü die bisher bekannt gewordenen ältesten, gleich- 
zeitig nördlichsten Antilopen hierher gehören und sich einesteils an Dama- 
liscus, anderenteils an die Kupikaprinen anschließen. Hier ist gemeint 
KTragocercb Gaudry aus dem Mioeän des südlichen Europa, mit niedrigen, 
einfachen Backenzähnen: Lacrymalia, welche das Nasale berühren, mit drei- 
kantigen, nur beim Mannchen vorhandenen Hornzapfen. Wichtig ist, daß 
Boselaphus Ausblicke bietet nach den Rindern; weit mehr tut dies Oon- 
nochoetes seiner osteologischer Merkmale wegen. Diese Ansicht Rütimeyers 
findet eine neue Stütze in den Weichteilen, die auch Lönnberg dazu führen, für 
Gnu und das Rind einen gemeinsamen Ursprung anzunehmen. Vielleicht 
kommt der Gruppe der Traginae überhaupt eine mehr zentrale Stellung 
zu, von der einerseits die Caprovina (s. u.), andererseits die übrigen An- 
tilopen ihren Ursprung nehmen. So wird +Tragocerus gewöhnlich in die 

3. Unterfamilie Hippotraoinae gestellt. Es sind dies-große Antilopen 
mit behaartem Flotzmaul, ohne Antorbitaldrüse. Lacrvmale ohne Grube, 
Ethmoidallücke klein. Backenzähne hypselodont, mit massiven, cylindrischen 
Prismen. Hörner lang, Uber oder hinter der Orbita. Sie sind säbelförmig 
nach hinten gebogen bei Hippotraocs Sundev., fast gerade in der Flucht 
der Nase bei Oryx Blainv. oder außerdem mit einer spiraligen Drehung 
bei Addax Rafin. Letzteres Genus mit einer Art über Afrika und Arabien, 
die übrigen mit verschiedenen Arten Uber ganz Afrika verbreitet. Oryx 
hat in +Palaeory.\ Gaudry einen braehydonten Vorläufer im Miocftn und 
Pliocftn Süd-Europas bis Persien. 

4. Unterfamilie: OEPHALOPHINAE. Kleine Tiere mit langgestrecktem, 
schmalem Schädel, Antorbitaldrüse sehr groß i's. p. 28), Lacrymale mit 
dementsprechend umfangreicher Grube. Nur die Männchen mit kleinen, 

43- 



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«76 



XIV. Ordnung: Artiodactyla. 



konischen, weit nach hinten verschobenen Hörnern. Ethmoidallücke fehlt. 
Backenzähne brachydont, Krone durch Wulst scharf von der Wurzel ab- 
gesetzt, Zahnprismen abgerundet, Basalsäulen nur angedeutet. Mittlere 
Schneidezahne sehr breit. Cephalophis H. Sm. Tropisches und süd- 
liches Afrika mit zahlreichen Arten. In Vorder-Indien: Tetraceros Leach 
mit einem zweiten Paar kleinerer vorderer Hörner. 

5. Unterfamilie: Oreotraginae Rütim. (Neotraginae Sei. et Thom.l. 
Kleine Tiere mit großer Antorbitaldrüse und dementsprechend großen Gruben 
auf den kurzen Lacrymalia: meist Ethmoidallücke. Gesichtsschadel und 
Froutalzone kurz. Nur die Männchen mit kurzen, fast geraden, auf dem 
Orbitalrand wurzelnden Hörnern. Backenzähne mit kurzen, scharfkantigen 
Prismen, I nach außen allmählich in Breite abnehmend. Nach Sclater und 
Thomas gehören hierher die afrikanischen Genera Oreotragus A. Sm., 
Oi'rebia Laurill., Raphkeris H. Sm., Nesotragis v. Düb., Neotraois 
H. Sm., Maüoqi a Ogilby. 

6. Unterfamilie: Cervicaprinae Sei. et Thom. Große oder mittel- 
große, südlich von der Sahara lebende Tiero, mit nackter Schnauze, ohne 
antorbitale Drüsen und Gruben im Lacrymale. Bulla tympani groß. 
Uehrigens bieten die Tiere mancherlei Verschiedenheit auch in den Hörnern, 
die nur beim Männchen vorkommen, groß oder mittelgroß sind, nicht ge- 
dreht. Cübus A. Sm., Cervicapra Blainv.. Pelea Gray. 

7. Unterfamilie: Antilopinae Sei. et Thom. Der Sprachgebrauch nennt 
die hochbeinigen, mittelgroßen Antilopen, die wesentlich an die Wüsten- 
gebiete Afrikas, Europas und Asiens gebunden sind, Gazellen. Daneben haben 
sie auch Vertreter in den Steppengebieten. Sie haben mioeäne Vorläufer in 
+ Gazella depcrdila Gerv. Süd-Europas bis Persien und in zahlreichen pliocanen 
Formen, die bis England (+G. anglica Newt. i und Indien reichten. Am 
Schädel ist die Parietalzone ausgedehnt, Frontalzone kurz. Gesichtssehädel 
kurz, Lacrymale niedrig, meist mit Grube, Ethmoidallücke meist vorhanden. 
Pnoumatische Räume treten ganz zurück. Hornzapfen solide. Backenzähne 
oft hoch, aber mit scharfkantigen, zusammengedrückten Säulen. I steil, 
mittlere breit. Gazeixa Blainv. Die etwa 30 Arten sind hauptsächlich 
paläarktische Wüstentiere. Sandfarbe herrscht vor: die zurilckgehogenen. 
meist leierförmig gestellten Horner sind beim Weibchen stets schwächer 
und können hier selbst fehlen. Nur einzelne erstrecken sich längs Ost- 
Afrika bis Sansibar, nachdem die südafrikanische G. euchore Spamn. zum 
Geuus Antidorcas Sundev. erhoben ist. Verwandte ostafrikanische Genera 
sind Ammodorcas Thom., Lithocraxu s Kohl und Dorcotraüls Noack. 
Süd- und westafrikanisch ist Aepvceros Sundev. Uober ganz Vorder- 
indien verbreitet ist Antilope Pall. Nur das Männchen hat lange, diver 
gierende, cylindrische Hörner. A. cervicapra Pall. 

Die geringe Ausbildung der Nasalia, ihre nach hinten verlagerte 
Insertion und die Weite der knöchernen Nasenöffnung, die allen Gazellen 
eigen ist, erreicht ihr Maximum bei den Rüsselantilopen 1 ' : Pantholops 
Hodgs. aus Zentral-Asien, namentlich aber bei Saiga Gray. Bei letzterer 
sind die Weichteile der Nase aufgebläht. .V. tatarica L. bewohnt die 
Steppen Asiens und Südost-Europas, im Plcistocän aber Mittel -Europa 
bis England. Diese eigentümliche Reduktion der Knochen des Schnauzen- 
teils, die sich auf Nasale und Intermaxillare ausdehnt, findet sich ahnlich 
bei Madoqua (s. o.). 

8. Unterfamilie: Tragelaphinae Sei. et Thom. Falls wir den isoliert 
stehenden Boselaphus, der oben schon zur Sprache kam, nicht hierher 



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III. Pecorn, Hovidne. 



(577 



rechnen, so entspricht diese Snbfatnilie der Strepsiceros-Gruppe Rütimeyers. 
Diese großen Tiere haben fast gleich lange Extremitäten. Dem Lacrymale 
fehlen Gruben, kleino Ethmoidallücke vorhanden. Frontalzone kurz, nicht 
pneumatisiert, Hörner meist nur beim Mannchen, hinter der Orbita, einander 
{renähert, gewöhnlich spiralig gedreht, mit Kiel, der bei der Supraorbital- 
rinne anhebt und gewöhnlich die Hornbasis umgreift. Nach Ausschluß des 
indischen Boselaphus sind die übrigen Genera charakteristisch für Afrika, 
südlich von der Sahara. Es ist zu nennen Tragelaphis. Blainv. Durch den 
pliocänen + Palaeort'as iorticornis Ayin. aus Frankreich, dem im Miocän 
P. lindermaycri Wagn. in Süd-Europa vorausging, wird dieses Genus mit 
Ureas Desm. verbunden. O. canna Desm., die größte Antilopenart, auch 
die Weibchen gehörnt. Süd- und Ost-Afrika. Tragelaphus naher stehen: 
Strepsiceros H. Sm. und Limnotragts Sei. et Thom. 

Bezüglich der geographischen Verbreitung der vorhergehenden, häufig 
als Antilopen zusammengefaßten Tiere, kann die kurze Bemerkung genügen, 
daß. abgesehen vom nordamerikanischen Haplocerus, sämtliche Antilopen 
auf die alte Welt beschrankt sind, ihr Hauptgebiet in Afrika haben, in 
Australien ganz fehlen und ihre östliche Grenze in Japan, den Philippinen 
und mit Nemorhaedus sumatranus im Indo-malavischen Archipel in Sumatra 
finden. 

9. Unterfamilie : Bovinae. Große, plumpgebaute Tiere mit nacktem 
Flotzmaul, ungefurchter Oberlippe, ohne antorbitale Drüse, langem rundem 
Schwänze, meist nur mir Endquaste. In der Mehrzahl der Falle hat 
wenigstens das Männchen eine Wamme. Vier funktionierende Zitzen. Der 
Schädel, dessen Achse stark geknickt ist, charakterisiert sich nach Rüti- 
meyer ganz wesentlich durch die Ausdehnung der Stirnzone auf die Scheitel- 
region, indem das flache Frontale sich von der Nasengegend, die Augen- 
itnd Schädelhöhlen überdachend, über die Temporalgrube bis zum Oecipital- 
kamm ausdehnt. Hierdurch liegen die Horazapfen weit hinter der Orbita, 
seitwärts auf einem breiten Kamm, durch den das frontale Schadeldach in 
das senkrechte Hinterhaupt Übergeht: hier finden sich die schmalen Parietalia, 
die früh mit Supraoccipitale und Interparietale verschmelzen. Die Pneu- 
matisiemng des Frontale ist sehr ausgedehnt bis auf den genannten , t inter- 
cornualen 4 " Kamm und bis in die Homzapfen. die somit lufthohl sind, wie 
bei der Antilopenabteilung Traginae. Die Hornzapfen sind nach auswärts 
gerichtet, cylindrisch oder von vorn nach hinten abgeplattet, dreieckig im 
Querschnitt. Ihnen entspricht die Form der Hornscheide, die glatt ist, 
höchstens mit Ringelung an der Basis, als Ausdruck erhöhter Wachstums- 
phasen. Horner haben beide Geschlechter, die Männchen höchstens etwas 
starker. Durch Domestikation kann ihre Stellung steil nach oben oder 
nach unten gerichtet sein, auch können sie verkümmern oder ganz fehlen. 
Da aber wohl zweifellos die Kinder von gehörnten Antilopen abstammen, 
kanu z. B. das Hausrind nicht abgeleitet werden von hornlosen Rassen. 

Das Tympanicum ist aufgebiaht zu einer zusammengedrückten Bulla, 
die früh mit Perioticum und Squamosum verwachst und das Tympanohyale 
einschließt. Das Maxillare ist hoch für die großen hypselodonten Backen- 
zähne mit hohen cylindrischen Prismen, akzessorischen Säulen und Schmelz- 
faltung. Gebiß wie bei den übrigen Cavicornia. Lacrymale groß, ohne 
Grube, Ethmoidallücke fehlt. 



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678 



XIV. Ordnung: Artiodaetyln. 



Rütimeyer hat auf Grund seiner klassischen Studien die Rinder in 
die Gruppen Bubalina, Bisontina, Bibovina, Taurina zerlegt, die in mancher 
Beziehung vier Stufen darstellen von ursprünglicher zu extremer Form, wie 
das Hausrind sie darbietet im Schädelbau. Sie entsprechen auch heute 
noch am besten den Tatsachen. Bibovina und Taurina lieferten sehr wahr- 
scheinlich das Material, aus dem die Formen entstanden, die wir heute 
,,Hausrind" nennen und dem Linneschen Bos taurus entsprechen. Das ist 
aber ein Sammelbegriff, für den es keine einzelne Stammform gibt. Der 
Ursprung der europäischen Hausrinder muß als ein diphyletischer ange- 
nommen werden, solange nicht ganz andere Beweise hiergegen, als dies 
bisher mannigfach geschah, ins Feld geführt werden. Jedenfalls ist es 
gerechtfertigt, die Vertreter der Bibovina und Taurina als Bos zusammen- 
zufassen. Unter diesem Genusnamen will mau aber vielfach alle Bovina 
vereinigen, also auch die Bubalina und Bisontina, die - - soweit jetzt zu 
beurteilen — außerhalb der Genealogie des Rindes stehen und Seitenzweige 
bilden. Legt man aber den Genera einen phylogenetischen (Tedanken zu- 
grunde und faßt man sie nicht als formale Zusammenfassungen zu deskrip- 
tiven Zwecken auf, so hat man die Rinder in drei Genera zu zerlegen. 

Bi'Balds H. Sm. (Buffelus Rütim. pp.j. Repräsentant der Bubalina, 
die durch abgerundetes Hinterhaupt, Parietale, das hinter den Hörnern 
von oben nbch sichtbar ist, den Antilopen noch am nächsten stehen. Schnauze 
breit, Schwanz mittellang mit Endquaste. Haarkleid sparsam, im Alter 
größtenteils hinfällig, Hörner an der Basis dreieckig im Querschnitt, mit 
Querleisten in der basalen Hälfte. Asiatische Büffel mit von oben nach 
unten zusammengedrückten Hörnern. Vomer und Choanenöffnung nach 
hinten verschoben und durch Vomer in zwei Hälften verteilt. 

B. bubalus L. Im orientalischen Gebiet wild, halbwild und domesti- 
ziert in verschiedenen Rassen; entweder mit ungeheuren Hörnern, als Ami 
bekannt, oder mit niederhängenden Hörnern oder hornlos. Identisch hier- 
mit ist die Rasse der Sunda-Inseln, der Karbau (Buffelus sondaicus Rütim. i. 
Der indische Büffel ist eingeführt in Aegypten, Italien, Ungarn, Süd-Ruß- 
land. Als ausgestorbene Rassen betrachtet Lydekker + B. palaeindicus 
Falc. aus dem Pliocän Indiens, Sumatras und Javas, pallasii Baer, 

aus dem Pleistocän Nord-Deutschlands. — + B. platyccrus Lyd. aus dem 
indischen Pliocän (Siwaliks) nähert sich durch seine flache Stirn, weit ge- 
trennte, vollständig dreieckige Hornzapfen mehr dem + B. triquetricornis 
Rütim. aus dem südindischen Pliocän. Dieser hat seinen nächsten Ver- 
wandten im Mindoro-Büffel oder Tamarao der Philippinen: B. mindorensis 
Heude. 

Der benachbarte, Celebes bewohnende B. def>ressitornis H. Sm., der 
gewöhnlich zum Genus Anoa H. Sm. erhoben wird, ist als eine insulare 
Form zu betrachten, die selbst Degenerationserscheinungen darbietet: an 
der anderen Seite aber auch manches Primitive bewahrt hat, was Rütimeyer 
dazu führte, ihr den Namen Probubalus zu geben, doch darf nicht aus 
dem Auge verloren werden, daß eben die kleine Körperform dem Schädel 
manches Primitive aufdrückt, was eigentlich juvenil ist. Bezüglich seiner 
jetzigen Beschränkung auf Celebes ist wichtig, daß E. Dubois Anoa-Reste 
im Pleistocän Javas meint gefunden zu haben, die er +/?. santeng Dub. nennt. 

Neben dem eingeführten B. bubalus hat Afrika auch indigene 
Büffel, die sich unterscheiden durch kürzeren, spitzen Schnauzenteil, nicht 
nach hinten verlagerte Choanenöffnung und Vomer, weniger platte Hörner, 



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III. Pecora, Bori.lue. 



«79 



die namentlich beim Mäuschen mit dem Alter an der Basis anschwellet] : 
B. caffrr Sparrm. Mifc verschiedenen lokalen Rassen, von denen die typische 
Form aus Süd- oad Ost-Afrika, mit eiuer nördlichen, bis Nubien und Abys- 
sinien sich ausdehnenden Form: B. aequinoctialis Blyth., und B. pnmilus 
Turum aus dem Westen, die bekanntesten sind. 

Boi den Bisontina lauft der Occipitalrand mitten durch das Parietale, 
so daß die Parietalzone in ein auf der Schadelflache liegendes und in ein 
größeres Stück zerlegt wird, das mit der Hinterhauptschuppe früh ver- 
schmilzt. Hörner rund. Schultergegend buckelig gerundet, höher als der 
Hinterteil. Schwanz rund mit Endquaste, Haarkleid dicht wollig, namentlich 
vorn, mit Kinnbart. Bison H. 8m., in Nord-Amerika B. americanus Gm., 
fast ausgerottet. In Mittel-Europa früher allgemein verbreitet B. bonasus 
L.: der Wisent, jetzt auf den Caucasus und Lithauen beschrankt. Eine 
verwandte Form +Ä sivalensis Falc. aus dem Pliocän Indiens und Javas 
spricht für eine frühere weitere Verbreitung. Derselbe soll auch zum Bos 
(Poephagus) gmnninens L. hinfuhren. 

Die Vertreter der Bibovina und Taurina vereinigen wir zum Genus Bos 
L. Charakterisiert durch weitere Ausdehnung des Frontale, runde Hörner, 
gleiche Höhe vorn und hinten. Sie fehlen in Amerika und Afrika. Die 
östlichen, auf das südliche Asien beschrankten Formen erscheinen auf dem 
Kontinent als B. gaurus H. Sm. und B. frontalis Lamb. Ersterer, der 
Gaur, mit einwärts gekehrten Hornspitzen, bewohnt die bewaldete Hügel- 
region der Vorderindischen Halbinsel bis Malakka. Der Gayal, B. frontalis Lamb.. 
mit gespreizten Hörnern, ist hauptsächlich nur domestiziert aus gleichem 
Gebiete bekannt [Blanford|. In Indo-China, Malakka, den Großen Sunda- 
Inseln lebt B. sondaicus Schleg. et Müll., der auch domestiziert ist. 

Nur domestiziert bekannt ist B. indicus L.; der Zebu mit Buckel, 
lieferte alle Hausrinder-Rassen Asiens und Afrikas, soweit sie nicht den 
Büffeln angehören, vom mittelafrikanischen Sanga, mit ungeheuren Hörnern 
bis zum Zwergrind Japans. 

Wahrscheinlich gehört in diese Reihe auch der Grunzocbse oder 
Yak B. grunninens L., der gewöhnlich zum Genus Poephagis Gray er- 
hoben wird, da er einen langbehaarten Schwanz hat, lange Haare an den 
Flanken und Unterschiede im Schädel. Bewohnt die Hochgebirge Zentral- 
Asiens und ist hier auch domestiziert. 

Als westlichste Form darf vielleicht +B. flatus Pom. aus dem Pliocän 
Süd-Europas betrachtet werden. Im übrigen ist dem Westen die Reihe 
der Taurina eigen, falls nicht +B. namadicus Falc. aus dem Pleistocän 
Indiens und einige verwandte Formen hierher gehören. Sie ständen dann 
dem pleistocänen primigenius Bojan. nahe. Letzterer, der Auerochs, 
lebte in ganz Europa und wurde nach Nehring und Schiemenz erst 1G27 
in Polen definitiv ausgerottet. Wir dürfen ihn nach Rütimeyer als den 
Stammvater der Primigenius-Rasse von B. taurus L. ansehen, die im 
Flachlande Europas, namentlich Nord-Deutschlands und Hollands, vertreten 
ist. Die Brachyceros-Rasse Englands, eines Teiles der Schweiz und Süd- 
Europas, dürfen wir vielleicht von indischen Rindern herleiten. C. Keller 
meint selbst Bos sondaicus dafür ansehen zu dürfen. Insoweit sie nicht 
Kreuzungsprodukte sind, lassen sich die übrigen Rassen einer der beiden 
genannten unterordnen. 

Ueber die Beziehung der Rinder zu Antilopen, von denen sie doch 
wohl ihren Ursprung nahmen, wurden oben bereits einige Hinweise ge- 
äußert bezüglich eines Konnexes mit Formen wie Connochoetes. 



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080 



XIV. Ordnung: Artiodactyla. 



Bezüglich der geographischen Verbreitung der Bovinae ist wichtig. 

daß sie Australien und .Süd-Amerika ganz fehlen, in Nord-Amerika nui 
durch Bison americanus vertreten sind. Im entsprechenden Teil Europas 
kommt nur der jetzt fast ausgerottete Bison bonasus vor. Oestlich schließt 
sich ihm Bos grunniens an. Afrika besitzt nur Bubalus in mehreren Arten. 
Süd-Ost-Asien hat den reichsten Bestand. Es hat sowohl Vertreter von 
Bubalus als auch von Bos, die sich bis auf die Großen Sunda-Inseln aus- 
dehnen. Auf den Philippinen und auf Celebes erscheinen als Relikte 
früherer kontinentaler Verbindung Formen von Bubalus. 

H». Unterfamilie: Ovibovinak. Nach den neueren Untersuchungen Lönn- 
bergs muß Ovihos Blainv. eine besondere Stellung zugewiesen werden, da eine 
Unterordnung unter die Schafe oder Rinder unzulässig ist. Die einzige Art 
O. moschatus Ziinm. hat gemischte Charaktere, die darauf weisen, daß diese 
Tierart einen selbständigen Seitenzweig der Cavicornia darstellt. Der 
Moschusochse hat die Größe eines kleinen Rindes, ist dicht und lang be- 
haart ; Muffel behaart, aber ohne vertikale Furche, antorbitale Drüse vor- 
handen, vier Zitzen, Frontoparietalfläche verhält sich wie bei Antilopen, 
also Parietale gut ausgebildet. Die ganz lateralen Hornzapfen anfanglich 
nach außen, schließlich vertikal nach unten gerichtet. Dementsprechend 
sind die Homer mit sehr verdickter Basis nach unten, mit ihrer Spitze 
nach oben und vom gerichtet. Orbita stark vorspringend, Lacrymale mit 
Grube. Im Pleistocän zirkumpolar bis Frankreich, Rußland, Kentucky ver- 
breitet, jetzt auf Grönland und das arktische Amerika bis zum 60° n. Br. 
beschrankt. 

11. Unterfamilie: Caprovinae. Schließen sich durch Budorcas eng 
an die obengenannten Traginac an. Am Schädel ist die Frontoparietal- 
fläche winkelig gebogen, indem sie an der Grenze des Frontale geknickt 
ist, so daß das Parietale zum Hinterhaupt abfällt. Auf der Knickung 
sitzen die Horn/.apfen, die meist zusammengedrückt und dreieckig im Quer- 
schnitt sind: sie wurzeln über der Augenhöhle. Lacrymale ausgedehnt, 
mit oder ohne Grube, je nachdem Antorbitaldrüsen vorhanden sind oder 
fehlen. Backenzähne hypselodont, mit scharfkantigen, komprimiorten Prismen. 
Muffel behaart, mit vertikaler unbehaarter Furche von den Nasenlochern 
zur Oberlippe. Schwanz kurz und flach. 

Die beiden Genera Capra und Ovis. Ziege und Schaf in weiterem 
Sinn, erscheinen erst spät, da der älteste Rest von Ziegen, der plioeäne 
+ Hemitragns sivalensis Lyd. aus Vorderindien stammt und Reste von 
Schafen nur aus dem Pleistocän bekannt sind. 

Capra L. Horner seitlich komprimiert, linsenförmig auf dem Querschnitt, 
nach hinten gebogen oder spiralig gedreht. Spalt förmige Gesichtslücke, 
Tränenöffnung meist am Rande dor Augenhöhle. Antorbitale Drüse und 
Grube im Lacrymale fehlt. Klauensäcke, wenn vorhanden, jnxir an den 
Vorderextremitäten. Backenzähne weniger hypselodont. In zahlreichen 
Arten in den Hochgebirgen Asions: sparsamer in Kuropa, von diosen be- 
wohnt C. I lbex) ibt .x L., der Steinbock die Alpen. Er hat wenig abgeplattete. 
na«h hinten gebogeno Hörner. deren Vorderrand regelmäßige Querwülate 
hat. Dio Steinböcke der Pyrenäen, des Kaukasus und Himalaya werden 
artlich abgetrennt. C. (fb?x) sibirica Mey. dehnt sich von letzterem Wohn- 
gebiet bis Sibirien aus. Dem Kaukasus gehören femer an C. cylindricomis 
Blyth. und C. caucasica Güld. 



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III. Pccora, Bovidae. 



Von den verschiedenen Hausziegen stammt die europaische 6". /urrush., 
die über die ganze Erde verbreitet ist, wohl von der westasiatischen C. tirga- 
grus Gm. ab. Gehörn bogenförmig, mit Knoten an der Vorderkante und 
konvergierenden Enden. Außerdem wurden Hausziegen gewonnen aus 
C. falconeri Wauu. aus dem nördlichen Vorder-Indien und Afghanistan. 
Nie lieferte die Angora- und Kaschmirziege, auch aus (..*. jnnlaica H. Sin. 
vom Himalaya [C. Keller]. 

Ovis L., die Schafe haben die Hörner nach hinten und außen gedreht, 
mit Richtung nach außen. Homzapfen dreiseitig auf dem Querschnitt, 
Vorderfläche flach, äußere konvex. Nasalia breit, gewölbt Stirne ein- 
gesenkt. Lacrvmale mit. Grube für Antorbitaldrüse. Tranenöffnung nach 
innen vom Orbitalrand. Ethmoidallücke fehlt. 

Gehören der Alten Welt an: denn Amerika hat nur O. canadt'tisis 
Shaw iO. cervina Desm.) als einzige Art in den Hocky -Mountains, die sich 
au gleichartige Wildschafe von den Höhen Zentral-Asiens anschließt, wie 
O. nivicola Eschsch. von Kamtschatka und Sibirien, O. Poll Blyth u. a. 
Als Stammväter der verschiedenen Hausschafe betrachtet Keller: 0.{Ammo- 
tragus lihth] tragelaphns Desm. von Nord-Afrika, von ziegenartigem Habitus, 
mit langer Haargarnitur an Kehle, Brust und Vorderbeinen. Das einzige 
Wildschaf Afrikas, dem die Hausschafe Afrikas entstammen und das offen- 
bar eingeführte „Torfschaf" der neolithischen Pfahlbauten. Ferner O. musimon 
Schreb. Mufflon. Weibchen hornlos; auf Sardinien beschrankt, lieferte 
durch Züchtung Hassen von Hausschafen Nord-Europas, die als O. aries 
L. bekannt sind, unter welchem Sammelnamen aber die süd- und mittel- 
europäischen Schafe, auch in ihren extremen Formen, wie Merinos und 
Norfolkschaf, einbegriffen werden müssen. Diese sind wohl Züchtungs- 
produkte von (). tirkal Brandt ans den Stoppen von Turkestan, Trans- 
kaspien uud Persien. Erst durch Züchtung wurde das bleibende Woll- 
kleid erworben, das die Wildschafe nur im Wiuterpelz und in weit be- 
scheidenerem Maße haben. 

12. Unterfamilie: Antii.ocaprixak. Trotzdem es sich, ähnlich wie 
bei Ovibos, nur um eine Art handelt, verlangt deren Eigenart auch klassi- 
fikntorischen Ausdruck durch Erhebung zu einer selbständigen Unterfamilie. 
Andere geben ihr gar den Wert einer höheren Kategorie und betrachten 
sie gleichwertig mit den Familien der Cervidae, Bovidae, Giraffidae. Für 
uns ist es ein Tier, das engere Beziehungen hat zu den Antilopen, wenn 
fliese auch weit entlegen sein mögen, so daß es. auch durch geographisches 
Isoletuent, seinen eigenen Weg verfolgte. Auf diesem behielt es eine An- 
zahl seiner primitiveren Merkmale, erlangte daneben aber ihm eigene. 

Demnach charakterisiert sieh Antilocapra Ürd durch einen Schädel, 
der insofern antilopenartig ist, als das Parietale ausgedehnt auf dem Schädel- 
dache liegt und das Frontale auf die supraorbitale Gegend sich beschränkt. 
Hier sitzen denn auch die vertikalen, zusammengedrückten Hornzapfen, die 
durchaus solide sind, wie denn auch die intereornuale Strecke des Fron- 
tale nicht lufthaltig ist. Lacrvmale groß, mit Grube, grenzt an Ethmoid- 
lücke. Afterhufe fehlen. Backenzähne hypselodont, ohne Wulst. I lang- 
gestreckt, unter sich gleich. Charaktere namentlich der Gazellen wiegen 
vor; Beziehungen zu Cervidae sind nur sehr entfernt, und ganz allgemeiner 
Art, wenn man meinte, engere sehen zu dürfen, so geschah das wohl 
unter dem Einfluß unrichtiger Auffassung des Gehörns, in welchem man 
Aehnlichkeit mit dem Geweih des mioeänen Cervideu +Dicrocerus Lart. 
glaubte sehen zu dürfen. 



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C.82 



XIV. Ordnung: Artiodactyla. 



Die komprimierte Hornscheide von Antilocapra ist nach hinten ge- 
bogen, gibt aber, einzig unter Cavicornia, eine Zacke nach vorn, die aber 
am Hornzapfen höchsten« der Andeutung einer Hervorragung auf dessen 
scharfen Vorderrande entspricht. Auch wird sie jahrlich abgeworfen (s. 
p. 21). 

Die einzige, auf die Prärien Nord-Amerikas beschrankte A. atnrri- 
cana Ord, Pronghorn-Antilope, ist ihrer Genealogie nach unbekannt; wenn 
sie Beziehungen hat zu + Palakomeryx Meyer, so sind diese wohl nicht 
direkter Art. Kaum mehr ist im Augenblick zu sagen bezüglich einer 
näheren Verwandtschaft mit + Blastomkryx Cope, ein Genus, das nahe ver- 
bunden int mit dem europäischen +Palaeomeryx, somit auch wohl aus Europa 
stammt und viel Uebereinstimmung hat mit Cervidae, bei denen es denn auch 
bereits genannt wurde. Neuerdings hält Matthew es für möglich, daß der 
pleistocäne ±Capromkryx furcifer Matth, einen Uebergang bilde zwischen 
Antilocapra und dem miocänen BlaHtomeryx. 

3. Familie: GntAFFIDAE. 
( Vellericornia). 

Beim Entwerfen einer Charakterisierung der heutzutage ausschließ- 
lich afrikanischen Giraffen konnte man sich bisher nur an die allgemein 
bekannte Giraffe halten. Unzweifelhaft ist sie aber eine Exzeßform, die 
am Ende einer Reihe steht. Neben paläontologischen Funden war daher 
die neuerliche Entdeckung von Okapia von großer Bedeutung. Die Be- 
schreibungen von R. Lankester, namentlich aber von Forsyth Mtgor. werfen 
daher neues Licht auf diese Abteilung, trotzdem Weichtcilc von Okapia 
bisher noch nicht bekannt sind. 

Die Giraftidae haben ein dichtes, kurzes, geflecktes oder teilweise 
gestreiftes Haarkleid. Konglobierte Hautdrüsen fehlen. Der Schädel hat 
eine gestreckte Achse, die Parietalzone ist lang ausgedehnt, die Orbita 
nach vorn gelagert, oberhalb der Molaren. Wenigstens zwei frontale 
Hornzapfen sind vorhanden, wozu sich weitere Protuberanzen gesellen 
können, die sämtlich von behaarter Haut dauernd überzogen sind i Vellcri- 
cornia). Lacrymalc groß, das sich durch Pncumatisicrung stark aufblähen 
kann, so daß die Tränenlöcher obliterieren; ihm fehlt eine Grube. Eine 
Ethmoidallllcke ist vorhanden, diese schließt sich bei Männchen von Giraffa, 
erhält sich aber bei Okapia und beim Weibchen von Giraffa capensis. 
Der Condylus des Hinterhauptes springt weit vor und gestattet bedeutende 
Streckung I Dorsalflexion ) des Schädels. 

Im Gebiß \ \ C? Y\ M§ fehlen die oberen C. die unteren haben 
durch einen Einschnitt eine einigermaßen zweilappige Krone. Backenzähne 
brachvdont, obere ohne innere Styli. Laterale Digiti fehlen vollständig. 
Gallenblase fehlt meist. 

Taxonomie. 

Das braehydonte Gebiß, namentlich aber eigenartige Auffassung des 
Gehörns, führte Kütimcver dazu, die Giraffen den Cervidae anzureihen und 
nahe Beziehungen spoziell zu Ahes zu suchen. Die Uebereinstimmungen 
sind alter nur sehr allgemeiner Art und deuten höchstens auf einen — auch 
historisch gesprochen — sehr entfernten Zusammenhang. Dazu kommt, 
daß die zwei recenten Genera engen Anschluß an inioeftne Arten bieten 



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III. Peoora. Giraffidac. 



683 



und nötigen, sie als einen selbständigen Zweig der Ruminantia zu be- 
trachten, der engere Verwandtschaft mit den Cervidae haben mag. 

Okapia R. Lank. Die Hornzapfen der zwei frontalen Horner sitzen 
ausschließlich auf dem Frontale. Ein medianes Horn fehlt. Wurzel derXasalia 
nur median angeschwollen. Ethmoidalllicke bleibend. Pneumatisierung des 
Frontale unbedeutend. Vorder« Extremitäten kaum langer als die hinteren. 
Hals von normaler Lange. Ohren lang. O. johnstoni Sei. Hinterglied- 
maßen bis zum Sprunggelenk sowie Vorderarme quergestreift. Hals und 
Rumpf einfarbig braun. Mahne fehlt. O. librechtsi F. Maj. hat im Weibchen 




Fie. 480. Okapia liebrechui F. Maj. Mannchen. ' / s n. Gr.; nach Forsyth Major. 
/ Frontale; t Intermaxillarc; / Jugale; / Lacrymale; m Maxillare; n Xaxalc; / Parie- 
tale; s Squamosum. 

kleine, konische, vertikale Hörner, im Männchen größere, nach hinten ge- 
richtete, etwas komprimierte, deren Spitze nackt war. Beide aus der 
Waldregion Zentral- Afrikas (Semliki). 

Giraffa Zimmerm. Frontale Hörner schieben sich während der Ent- 
wicklung teilweise vom Frontale über die Kran/naht auf das Parietale, 
werden also fronto-parietal. Außerdem wenigstens ein fronto-nasales medianes 
Horn. Alle mit behaarter Haut bedeckt. Ethmoidallücke schwindet, wenigstens 
beim Mannchen. Die Pneumatisierung erreicht das Hinterhaupt und die fronto- 
parietalen Hornzapfen. Hals und Vnrderextreinität stark verlängert. Was 
die Hornbildung angeht, so schließt sich Okapia am nächsten an G. ca- 
pensis Less., da hier nur eine mediane naso-frontale Anschwellung zustande 
kommt: im Gebiet zwischen Oranjefluß und Zambesi. Bei G. canichpar- 
dalis L., vom Aequator bis zum 15.° n. Br„ findet sich ein deutliches 
medianes Horn, außerdem können sich bei ihr zwei occipito-parietale Er- 
höhungen zu Hörnern entwickeln und die „fünfhörnige" Giraffe (O. Thomas] 
hervorrufen. Ferner gaben Farbenverschiedenheiten Anlaß zur Aufstellung 
weiterer sog. Arten. 



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«84 



XIV. Ordnuog: Artiodactyla. 






Fig. 4SI. Schädel von Sivathorium giganteum 
von vorn, \ g n. Gr.; nach Kaironer. o Orhila. / Fron- 
tale Hörner; / geweihartige parietale Hörncr. 



Vorgeschichte. 

F. Major hat überzeugend nachgewiesen, daß Okapia eine inter- 
mediäre Stellung einnimmt zwischen den recenten Ciiraffcn und dem ober- 
miocäncn +Samotherium F. Maj. sowie dem nalieverwandten + Palaeo- 
TRAGU8 (Jaudrv aus Süd-Europa bis Persien. Hei Samothcrium waren 

die Weibchen hornlos, 
fingen aber an. Hörner 
auszubilden : beim Männ- 
chen saßen die Hornzapfen 
über der Orbita auf dem 
Frontale, während bei Oka- 
pia deren Verschiebung 
nach hinten beginnt und 
bei (iiraffa bis zum Parie- 
tale fortschreitet. Die Pneu- 
matisierung des Frontale 
ist ferner bei Samothcrium 
noch unbedeutender. Hals 
und Vorderbeine sind nicht 
verlängert. Palaeotragus 
hat seinerseits nicht un- 
wahrscheinlich Beziehun- 
gen zu den Antilopen. 
Von + Helladotherium (iaudry ist nur ein bornloser Schädel aus 
dem Obermiocän von Pikermi bekannt. 

Als Seitenzweig der (Ürafl'cn mit Antilopencharakteren dürfen die 
+ Sivatheriixae gelten. Frontale nach hinten ausgedehnt, mit entsprechend 
weit nach hinten verschobenen Hornzapfen, teilweise geweihartig und 
pneumatisiert vom ausgedehnten Frontalsinus aus. Außerdem treten weitere 
Protuberanzen auf. Backenzähne braehydont. 

Von den fa.st ausschließlich aus Vorderindien bekannten mioeänen 
und plioeänen Arten schließt sich +Hydaspitherium Lyd. noch am nächsten 
an die Antilopen an. 

Unbekannt ist noch, welcher Art die Bekleidung der Hornzapfen 
von -> Bramatherium Falc. und +Sivatherium Falc: et Cautl. war, ob- 
wohl man das Skelet des letzteren, das Elen an (iröße übertreffenden 
Tieres genau kennt. 

Ohne Zweifel stammen alle diese Tiere, ebenso wie die (iiraffen von 
hornlosen Formen ab. Weiterhin ging aber die Hornbildung verschiedene 
Wege und kann daher Winke geben über Verwandtschaft. So erscheint 
Okapia bereits des (iehörns wegen als eine primitivere Form. Das schließt 
aber nicht aus. daß bei (iiraffa auch wieder Rückbildung gerade in dieser 
Richtung eingetreten sein kann vom sog. fünfhörnigen zum zweihörnigen 
Zustand recenter Formen. Hieraus würde dann folgen, daß Okapia nicht 
in der Vorfahreillinie von (iiraffa liegt, vielmehr als ein naheverwandter 
Seitenzweig erscheint. 

Die Hornbildungen der (Jiraffe kamen bereits oben zur Sprache 
(]). 22). Dort wurde angedeutet, daß den zwei Haupthörnern, die auf der 
fronto-parietalen Naht liegen, spater aber mehr auf das Parietale sich ver- 
schieben, ferner daß dem medianen, weit niedrigeren Horn, das der fronto- 



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IV. Traguloidca. 



68") 



nasalen Naht aufsitzt, ein Os'cornu zugrunde liegt. Erst spät, zuweilen 
niemals, verschmilzt es endgültig mit dem bezüglichen Schädelknochen. Als 
konischer, stumpfer Körper ist es von der behaarten Haut Aberzogen. Nach 
0. Thomas finden sich außerdem Andeutungen von zwei Hinterhörnern 
auf der occipito-parietalen Naht, aber ohne Os cornu, die nur beim Männ- 
chen der nördlichen Giraffa camelopardalis, namentlich bei der sog. fflnf- 
hörnigen Hasse gut atisgebildet sind. 

Vieles spricht dafür, daß die behaarten Hörner Rückbildungen sind 
von bei Vorfahren höheren Zuständen. Vergleichung reeenter und fossiler 
Vertreter der Giraffen lehrt ungefähr folgendes: 



., 2 oceipitale Hinter- 

hran, a thrr,um hön , w |d fckf konhc|| 

2 parietale Hinter- 
hörner, geweihartig 



Sivtitherium 
Giraffa 
Samothertum 
Okacin 
llrlladothiriu tu 



Mit 
O 



2 oecipito-parietale 
nicdrigeHinterhörncr 

2 niedrige oceipitale 
Fortsätze 

2 niedrige oceipitale 
Fortsätze 



ohne 
Oh 
cornu 



2 parietale konische 
Hauplhörner 

2 frontale koni.«che 
kleinere Hörner 

2 fron lo- parietale 
Haupthürner 

2 frontale Horner 
2 frontale Hörner 



I mediane« fron - 
to-naaales Horn 



Mit 
Os 
cornu 



1 medianes pa- 
rietales Horn 



Die Möglichkeit besteht, daß namentlich die 2 parietalen Hinterhöiner 
von Sivatlieriuni auf ihren geweihartigen „Sprossen" otler „Enden" perio- 
disch sich erneuernde Hornscheiden trugen; desgleichen Samotherium. 



IV. Unterordnung: Traguloidea. 

Diese zierlichen, kleinen, auf die Alte Welt beschränkten Wieder- 
käuer bilden einen Seitenzweig der Ruminantia, der wahrscheinlich bereits 
im Eocän sich abtrennte und bis heute in seinen spärlichen Repräsentanten 
noch manches Primitive bewahrt hat. 

Im anliegenden Haarkleid treten in der Jugend noch Gruppen von 
3 Haaren auf, später wird die Zahl der Haare meist größer, die alter- 
nierende Gruppierung bleibt aber bewahrt [de Meijere|. Von konglohierten 
Hautdrüsen treten solche auf nackten oder dünnbehaarten Stellen am Kinn 
otler weiter nach hinten in tler Kehlgegend auf. 

Am Schädel äußern sich zweierlei 'Gruppen von Merkmalen, die nach 
Rütimeyer einesteils als Folge der geringen Größe, somit frühen individuellen 
Wachstumsstillstandes sind, anderenteils als Kennzeichen vom Stillstand 
der Stammes-Metamorphosc gelten dürfen. Unter letztere, die somit Zeug- 
nisse geologischen Alters sind, fallen die gestreckte nietlrigc Hirnhöhle; 
die Ausdehnung des Supraoccipitale auf das horizontale Schädeldach: Aus- 
dehnung der Parietalzone. damit Beschränkung des Frontale auf tlen vorderen 
Schädelteil, namentlich zur Bedeckung der Orbitae und der Nasenhöhlen. 
Diese sind sehr ausgedehnt und enthalten ;"> Endoturbinalia mit 6 Riech- 



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!S*tf 



XIV. Ordnung: Artindactrla. 



Wülsten und ein eingerolltes Kasoturbinale: außerdem treten 7 Ectoturbi- 
nalia auf (Tragulus javanicus [PaulliJ). Die pneumatischen Räume treten sehr 
zurück und beschränken sich auf den hintersten Teil des Maxillare, Lacrymale 
und Jugale. Die Gaumenfläche ist breit, vorn nicht verengert; die Reihen 
der Backenzähne nicht konvergierend. Vom Lacrymale ist der faciale Teil 
ausgedehnt, ohne Grube und ohne Gesichtslücke mit einem facialon Tränen- 
loch. Die Intermaxillaha sind schwach, zahnlos, mit großen Foramina 
incisiva: die Bulla tympani groß, mit gitterigem Knochengewebe gefüllt. 

Auffallend ist die Größe der hinten durch einen Knochenring ge- 
schlossenen Orbitae, die in der Mittellinie des Schädels zusammentreffen, 
so daß nur ein dünnes Knochenseptum sie scheidet und die Foramina optica 
zu einem medianen unpaaren Loche verschmelzen. Dies ist ein bleibender 
Jugendzustand des Schädels, den auch namentlich die kleinen Hirsch- und 
Antilopenarten vorübergehend aufweisen. Hiermit in Verbindung steht die 
Ausdehnung des Orbitosphenoid auf der Schädelkapsel. Der Schädel ist 
hornlos, er hat eine Sagittalcrista und seine cranio-faciale Achse ist gerade. 
Der zarte Unterkiefer hat einen kurzen Processus coronoideus und einen 
schmalen Condylus. 

Fascien und Sehnen haben große Neigung zu Verkiiöcuerung: so 
die Bänder des Beckens, namentlich aber die Fascia lunibalis, die ein 
dünnes Knochenschild bildet. 

Das Gebiß der recenten Arten hat die Formel 1§C \ Vf f Mi{. Der obere 
C ist beim Männchen ein großer, säbelartig gebogener Hauer. Untere I 
spateiförmig, der C ihnen gleichend und anlagernd. Ein ausgedehntes Dia- 
stem zwischen C und P. Letztere einfach, schneidend, P 4 mit starkem Innen- 
tuberkel, der oben einen Halbmond bildet. P, tritt wenigstens unten bei 
fossilen Formen noch auf. M braehydont, der f>. Tuberkel fehlt. Auf den 
unteren haben die vorderen Halbmonde eine nach hinten verlaufende 
Kammleiste [Schlosser). ' 

An den Halswirbeln sind die Processus spinosi gut entwickelt, der 
Processus odontoideus ist abgeplattet konisch, ähnlich wie bei den Schweinen. 
Die Zahl der Thorakalwirbel beträgt Li, die der lumbalen (>, der sakralen 
f>, der Schwanzwirbel bis zu LI. 

Radius und Ulna sind getrennt: das Lunatum ruht fast ganz auf 
dem Hamatum und hat nur lateralen Kontakt mit dem Capitatum. Tra|>e- 
zoid und Capitatum verschmelzen zu einem Knochen; mit diesem das 
Trapeziuin. falls es nicht fehlt, (p. <>.'U). Die lateralen Finger sind reduziert 
al>er noch vollständig, wenigstens die Metapodien. Von letzteren können 
die medialen verschmelzen. Das untere Ende der Fibula verschmilzt fast 
stets mit der Tibia. Cuneiforme II, III, Naviculare und Cuboid ver- 
schmelzen. Die medialen Metatarsi bilden Kanonen knochen, die lateralen 
sind zart, aber vollständig. Die distalen Kiele der Metapodien sind nur 
auf die HinteiHSche beschränkt und die hinteren Gliedmaßen erheblich 
verlängert. 

Der Magen unterscheidet sich von dem der Pecora nur durch einen 
rudimentären Blättermagen |Boas|. Eine Gallenblase ist vorhanden. Das 
Coecum ist einfach. Im Larynx ist der Schildknorpel sackförmig ausgedehnt. 

Nach den Eihäuten zu urteilen, ist die Placenta diffus. Die Wand 
des trächtigen Uterus scheint aber nach Kölliker bei Tragulus eine höhere 
Differenzierung zu erfahren, als bei gewöhnlicher Placenta diffusa. 

Ein Junges wird geworfen. 



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IV. Traguloide* 



i;*7 



Taxonomie. 

Die recenten Arten gehören 2 Genera an; von diesen ist der aut 
Ost-Afrika von Senegambien bis ztun Kongo beschrankte Hyomoschus Gray 
gewissermaßen als ein Relikt zu betrachten, da ei sich so eng an das 
miocäne + Dorcatherii m Kaup anschließt, daß er gewöhnlich damit ver- 
einigt wird und unter letzterem Namen, welcher der ältere ist, in der 
Literatur erscheint. Letzteres Genus hat aber P^ f während die Zahnformel 
von Hyomoschus lautet I" C } PjjMf]. Hyomoschus hat ferner Intermaxillaria, 
welche das Nasale nicht erreichen. Nur die Metatarsalia vereinigen sich 
spät zu Kaiioncnlcnocheu, auch bleiben die lateralen Digiti besser ausge- 
bildet, als bei dem folgenden Geschlecht. Nur eine Art: H. aquaticus 
Ogilb.. der größte heutige Tragulide: braun mit weißen Streifou und Flecken. 

Traiu-m s Pallas. Intermaxillaria erreichen die Nasalia; Metacarpalia 
und Metatarsalia ankylosieren ; Zahnformel wie Hyomoschus. Diese kleinsten 
heutigen L'ngulaten sind mit der Art + 7V. sii'alt'Hsis Lyd. aus dem Pliocän 
Indiens bekannt. Ebendaher aus dem Pleistocän auch 7V. meminna Erxl., 
der heute noch über ganz Vorderindien und Ceylon verbreitet ist. Auf 
den Großen Sunda-Inseln lebt TV. napu F. Cuv. und 7V. javanicus Gmel., 
die sich außerdem bis Cnchinchina im Norden und Tenasserim im Westen 
ausdehnen. Ix»kal tritt 7'r. Stanlrytinus Gray in Malakka und Java, sowie 
7V. nigricans Thom. in den Philippinen auf. Das heutige Verbreitungs- 
gebiet ist also ein sehr beschränktes. 

Vorgeschichte. 

üben wurde die Meinung ausgesprochen, daß die Traguliden nebenden 
flbrigen Ruminantia als selbständiger Zweig bis ins Eocän zurückreichen. 

Es wurden aber auch andere Auffassungen geäußert. Eine betrachtet 
sie als Zweig der Hirsche, wenn auch nicht mehr in dem Sinne wie früher, 
als man sie zu den Moschiden in nahe Beziehung brachte. Wir wissen 
jetzt, daß Moschus ein Hirsch ist, wenn auch ein primitiver. Eine andere 
Ansicht hält die Traguliden nicht für primitiv, aber für vereinfachte Ru- 
minantia. die sich von diesen abzweigten, nachdem die Tylopoden dies 
getan hatten [Boas]. Dies läßt sich wohl nicht mehr aufrecht erhalten, 
seitdem sehr wahrscheinlich geworden ist. daß die Tylopoden nur an ihrer 
weit entlegenen Wurzel mit den altweltlichen Ruminantia zusammenhängen 
und ihr ganzer Stammbaum in Amerika sich entwickelte (p. 059): seit- 
dem ferner die gleichfalls oben besprochene Annahme nahe Hegt, daß 
+Leptomeryx, der als Tragulide und als Bindeglied derselben galt, kein 
Tragulide ist. 

Viel näher liegt die Annahme, daß Lcptomervx zusammen mit andoren 
nord-amerikanischen Formen die Familie der Leptomerycidac bildete und 
dem Tylopodenstamme angehört. Damit ist für die Traguliden die Alte 
Welt als Wiege angewiesen. Wir sahen, daß die recenten mit Dorca- 
therium Kaup jedenfalls bis ins Mittcl-Miocän Europas zurückgehen. 
Dieses Genus mit Il|C}PfM3 erreichte in +/). JVaui Kaup aus dem 
Mittel- und Ober-Miocän und Pleistocän Deutschlands und Frankreichs bis 
Rehgröße. 

Wenn +Cryptomeryx Schloss. und + Lophiomeryx Pom. mit ge- 
trennten Metatarsalia. von denen die lateralen vollständig, aber reduziert 
sind, hierher gehören, so reichen die Traguliden bis ins Ober-Eocän Frank- 



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6HH 



XIV. Ordnung: Artiodartyla. 



reichs. Die M haben hier aber noch oben einen f>. Höcker (ProtoconuhiM 
zwischen Para- und Metaconus, unten fehlt aber noch die Kammleiste auf 
dem vorderen Halbmond | Schlosser |. "HiELocus Aym. ist wohl auszu- 
schließen aus der Stammreihe der Tragulinen. da seine Fußstruktur weit 
weniger einfach ist <s. u.). 



V. Unterordnung: Dichobunoidea. 

Von besonderer Bedeutung für die (»enealogie der Ruminantia. jedoch 
wahrscheinlich mit Ausschluß der Tylopoda im weiteren Sinne, sind die auf 
das Eocän und untere Miocän Europas beschränkten +I)ichobunoidea. die 
mit den -^Anoplotherioidea stammesgeschichtlich enger zusammenhängen. 
Letztere bilden aber einen früh in der Fußstruktur spezialisierten Seifen- 
zweig. der ohne Einfluß blieb auf die jüngeren Artiodaetyla. 

Heide sind charakterisiert durch den niedrigen, namentlich im parietalen 
Teil gestreckte Hirnschädel mit niedrigem Sagittalkamm. und durch das kleine 
Jugale, so daß der starke .Jochbogen hauptsächlich durch den Processus 
zygomaticus des Maxillare gebildet wird. Der faciale Teil des Maxillare ist 
demnach sehr ausgedehnt, um so mehr, als das Laerymale klein i>t. Ihm 
fehlt eine (irube. Ebensowenig sind Ethmoidallücken oder Andeutungen 
von Hörnern vorhanden. Das große Intermaxillare grenzt ausgedehnt an die 
langen schmalen Nasalia, die ihrerseits mit den» Maxillare sich verbinden. 
Orbita meist hinten offen. Tympanicum zu einer mit gitterigem Kiiochen- 
gewebe gefüllten Bulla aufgebläht. Cavitas glenoidea eben, mit starkem 
Processus postglenoideus, nur durch schmalen Raum vom Pr. jwsttvmpani- 
cus getrennt. Unterkiefer mit rundlichem (ielenkkopf; durch Ausdehnung 
des aufsteigenden Astes und des Angulus an Pferde erinnernd, (iebiß 
I ^ ('} P j- M ;-{■ geschlossen, höchstens Lücken zwischen den vorderen P 
und zwischen diesen und C. Obere M fünfliöckerig, bunodont und buno- 
selenodont. Reduktion der Seitenzehen verschiedenartig. 

a) Anoplotherinae. Obere M fünfhöckerig, entsprechend deii fünf Cr- 
hügelu der Trigonodontie, somit mit vorderem Zwischenhügel. Außen- 
tuberkel selenodont. P, nähert sich dem Charakter der M. l'ebrige 
P einfach, Zahnreihe geschlossen. C einigermaßen den I ähnlich. Extre- 
mitäten kurz. Digiti III und IV ungefähr gleichgroß. Digitus II nicht er- 
heblich kleiner, schräg gestellt. Hieraus schließt man. daß die drei funk- 
tionierenden Zehen von Hand und Fuß durch Hautbrücken verbunden waren 
und die Anoplotherien befähigten in sumpfigen (legenden zu leben. ~Ano- 
I'Lotherium Cuv. Vorn Rudiment von Metaearpus I und V, hinten von 
Metatarsus I. Etwa von Tapirgröße. Oberes Eocän Europas. Aus gleicher 
Lage, die teilweise noch mehr spezialisierten (ienera + Diplobune Rütim. 
und +1)acrytherium Filh. 

b) Dichobunidae. In ihren Anfangsgliedern zeigt diese Abteilung primi- 
tivere, weniger spezialisierte Verhältnisse. Das gilt zunächst für die Reihe 
+ Dichobune Cuv., + Rhagatherium Pict., wo nach Schlosser die oberen 
M noch keine Halbmonde, sondern im Querschnitt nahezu kreisrunde 
Höcker haben; unten noch ein deutliches Paraconid. P von einfachem 
Bau. In den oberen Molaren tritt außer «lern fünfhöckerigen Trigonid: 



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V. Dichobunoidea. 



689 



Paraconus. Protoconulus, Protoconus. Metaconulus. Mctaconus, noch ein 
hinterer Innenhöcker auf (Hypoconus). Die zwei Seitenzehen reduziert, 
aber vollständig. 

Eine zweite Reihe iXiphodontinac Srhloss.) hat in + Xiphodon- 
therium Filh. ( Amphimeryx Pom.) ihren primitivsten Vertreter von kleiner 
Statur, dessen Molaren nur erst Andeutung von Halbmonden haben. An 
ihn schließen sich + Xiphodon Cuv. und + Dichodon Owen an. Gleich- 
falls eoeän. alter jünger als Xiphodontherium. auch haben ihre Höcker 
Halbmondform angenommen. Sie nähern sich darin den Selenodontia, dal.» 
der Hypoconus weggefallen ist und somit nur die fünf Hügel des Trigonid 
vorhanden sind. 



Den Dichobunidae gehören ferner die + Caenotheriinae an. mit 
+ Plesiomeryx Gervais, die bereits im Unter-Miocän erloschen. 

Als Ausgangspunkt der altweltlichen Kuminantia betrachtet Schlosser 
die + Gelocinae mit echt selenodonter Bezahnung, zu einem Kanonen- 
knochen verschmolzenen Mctapodien III und IV. sowie mit Rückbildung 
der lateralen Digiti. Hierher gehören unter anderen + Gelocus Aym. aus 
dem I nter-Miocän Europas. Er wird vielfach den Traguliden untergeordnet. 
Im Hinblick auf die starke Reduktion der lateralen Finger haben wir aber 
diesbezüglich bereits unseren Zweifel ausgesprochen. Das gilt dann noch 
in erhöhtem Maße für 4 Prodremotherium Filh.. der weitere Speziali- 
sierung in der Richtung der Hirsche erfuhr. Trotzdem haben wir wohl 
unter den Gelocinae. jedenfalls unter den Dichobunoidea, die Vorfahren der 
altweltlichen Ruminantia zu suchen. 



Wet.or. Saugetiere. 44 



Fig. 4s:t. 



Fig. 482. 




Fig. 483. Gelocus. Carpus und Meta- 
earpus nach Kowalewski. /+< Ver- 
schmolzenes Traj>ezoid und Capitatum; 
h Unruatum; II— V die entsprechenden 
Metacarpalia. 



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090 



XIV. Ordnung: ArtiodactylA. 



VI Unterordnung: +Anthracotherioidea. 

Im oberen Eocän treten kleine Artiodactyla auf, die namentlich in 
Europa, spärlicher in Nord-Amerika, vereinzelt auch in der Siwalik-Fauna 
Indiens sich bis zum Miocän erhalten. Sie müssen nach Schlosser ihren 
Ursprung genommen haben zur Zeit, als die selenodonten und bunodonten 
Artiodactyla noch nicht geschieden waren, aus einem Stamm, aus dem die 
Anoplotheridae und Suidae hervorgingen. 

Der niedrige Schädel mit Sagittalkamm hat sehr lange Parietalia: 
Alisphenoid mit Foramen ovale. Tympanicum zu hohler Bulla aufgebläht 
mit äußerem (iehörgang, der in schmalem Kaum zwischen Processus post- 
glenoideus und posttvmpanicus liegt. Mastoid rudimentär. Schnauzenteil 
verlängert mit facialer Ausdehnung des Jugale und Lacrymale. letzteres 
ohne (irube: .Jochbogen schmal: Orbita hinten offen. Wenigstens 19thorako- 
lumbale Wirbel. Processus odontoideus des Epistropheus konisch. Tina 
und Fibula vollständig, frei. Verschmelzung im Carpus und Tarsus hat 
noch nicht statt. Verschiebung nur erst im Anfang und dann in inadap- 
tivem Sinne. Kiele auf den distalen (ielenkrollen der Metapodien fehlen 
noch. Digitus III und IV Oberwiegt durchaus. II und V in beschränktem 
Matte reduziert. I weit erheblicher bis zu vollständigem Schwunde (Vj. 
(iebiü I !j (' j Pj M ij mit spateiförmigen I. 0 meist klein, durch Diastem 
getrennt. P einfach. P 4 einigermaßen molariform, Pr„ Hegen Isoliert im 
Diastem. M bunodont, bunolophodont, die oberen mit vorderen Zwischen- 
höckern (Protoconulus), mit Umformung in Halbmonde (selenolophodont . 
endlich tetralophodont. 

Spalten sich in drei Stämme, von denen wir nur drei repräsentative 
Genera nennen wollen. 

+ Anthracotherium Cuv. Habitus schweineartig. Obere M mit 
fünf Hügeln, von denen oben die äußeren V-förmig werden. P 4 zwei- 
höckerig. C groß. Namentlich im Oligocän in zahlreichen Arten in Europa, 
Nord-Amerika und Indien. + Ancodü8 Pom. (Hyopotamus Owen). Eocän 
und Oligocän Europas. Miocän Indiens und Nord-Amerikas. Namentlich 
die Arten aus letzterem Lande sind durch Scott ausführlich bekannt und 
wichtig geworden durch ihre pentadaktylen Extremitäten, während Anthra- 
cotherium für tetradaktyl gilt. Hei Ancodus ist zwar Metatarsale I ein 
kleiner, plantarwärts verschobener, mit Cunciforme I verbundener Rost. 
Metacarpale I aber verhältnismäßig groß, mit dem Trapezium artikulierend. 
Capitatum artikuliert hauptsächlich mit Scaphoid. Vomer nach hinten ver- 
längert, wie bei vielen telemctakar palen Hirschen. 1 sj>atelförmig; C klein, 
der untere einem I ähnlich. Obere M mit niedriger Krone, fünfhöckerig, 
äußere Höcker sind tief konkave Halbmonde, äußere Styli vorhanden. 
Scott hebt die vielen Beziehungen zu den Oreodontidae, speziell +Proter- 
oreodon hervor. 

Als Seitenzweig darf gelten der plioeäne ('.') +Merycopotamus Cuv. 
Indiens, dessen obere M nur vier Höcker haben, die sämtlich tiefkonkave 
V-Form haben. Die Anthracotherioidea entstanden wohl in Europa, wan- 
derten nach Nord-Amerika und starben ohne Nachkommen aus. 



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XV. Ordnung: Condylnrthra, Körperbau. 



691 



XV. Ordnung: + Condylarthra. 

Die vorausgehende Behandlung der recenten und ausgestorbenen 
Ungulaten und die kurzen Andeutungen über ihre Vorgeschichte führten 
uns immer wieder bis ins Eocän zurück. Ein Konvergieren in rückläufiger 
Richtung war dabei nicht zu verkennen. Allgemein hat sich denn auch 
die Ansicht Copes Hahn gebrochen, daß die Urungulaten, Protungulaten, 
die bereits frühere Autoren, wie Kowalewsky und Marsh, um nur sie zu 
nennen, theoretisch konzipiert hatten, innerhalb der Condylarthra zu suchen 
seien. Es waren dies kleinste Tiere, die im untersten Eocän Nord-Amerikas 
(Puercoi auftraten und namentlich in jüngster Zeit durch Osborn und 
Matthew kritische Sichtung erfuhren. Im Mittel-Eocän starb bereits die 
große Masse derselben aus, ohne Nachkommen zu hinterlassen; andere 
aber wurden die Ahnen der Perissodactyla, Artiodaetyla, vermutlich auch 
der +Litopterna, +Chalicotheriidae und anderer Abteilungen. Die +Amblypoda 
hatten wenigstens nahe Beziehungen zu ihnen, da sie sich früher, wohl 
schon in der Kreide, selbständig abzweigten von dem Hauptzweig, der die 
Condylarthra und die späteren ochten Ungulaten lieferte. 

Neben diesem ungulaten Hauptzweig erscheint aber im Unter-Eoeän 
ein unguikulater. dem die späteren Carnivora entstammten. Beide hängen 
im Pucrco noch so innig zusammen, daß die Annahme sich aufdrängt, 
daß diese beiden Zweige aus einem Stamme sproßten, der unguikulat war 
und ein kreodontes Gebiß hatte, kurz, die Tiere umfaßte, die wir Creodonta 




Fig. 484. Phenacodu* primaovus Cope; nach H. F. Onborn. 



nannten. Ans diesen generalisierten kretaeeischen und früh eoeänen Creo- 
donta gingen dann einerseits mehr geradlinig die spezialisierten Creodonta 
hervor, die auf p. f>38 als Vorläufer der Carnivora genannt wurden, in 
welche sie ohne scharfe Grenze übergehen; andererseits aber die Ungulaten 
im allerweitest en Sinne: Tiere somit, deren Nagclphalangen die seitliche 
Kompression verloren zugunsten einer Abflachung derselben, herbivore Diät 
annahmen und dementsprechende Veränderung im ( iebiß und Skelet erfuhren. 

Berechtigt die bisherige Spärlichkeit der Reste zu einem Schlüsse, 
so waren die Condylarthra in Europa nur spärlich vertreten. Unser 

44» 



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692 



XV. Ordnung: Condylarthra. 



Wissen beruht daher in erster Linie auf den Ergebnissen amerikanischer 
t Fprschcr. 

Hiernach hatten die Condylarthra einen kleinen, niedrigen Schädel, 
in dessen Mitte die nach hinten weit offene Orbita lag, der Sagittalkamin 
war niedrig. Soweit bekannt, waren 15 thorakale und h — t> lumbale 
Wirbel vorhanden: die hinteren der ersteren hatten Querfortsätze, die in 
eine Zygapophyse gespalten waren und in einen Gelenkfortsatz für das 
Tuberculuin eostae. Ilumerus mit Foramen eutepicondyloidcum. Feniur 
mit Trochanter tertius: Radius und Tina, Tibia und Fibula vollständig ge- 
trennt. je gleich lang. Die Fibula artikuliert mit dem Talus, berührt den 
Calcaneus aber kaum. Der Talus hat einen verlängerten Hals, mit einer 
distalen GelenkHäche nur für das Xavieulare. Damit liegt eine seriale An- 
ordnung der Tarsalia vor. 

Bekanntlich stellte Cope an den primitiven Cngulatenfuß die Forderung 
serialer Anordnung. Nun legte aber Matthew dar. daß bei den Creodonta 
weder der Tarsus noch der Carpus serial war <;p. f>S7). In letzterem hatte 
vielmehr Alternieren statt, indem Lunatum und Haniatum. Scapho-centrale 
und Cai)itatum artikulieren. Jetzt trat Verschmelzung oder Absorption des 
Ontrale und Vergrößerung des Capitatum ein. das sich unterhalb des Lu- 
natum ausdehnt und dieses schließlich vom Haniatum trennt. Damit ist 
der seriale Zustand der Condylarthra oder primitiven Ungulaten erreicht, 
der dann aber als ein sekundärer erscheint gegenüber den nicht serialen 
Creodonta. die wir als Vorfahren betrachten. Ob aber auch der Tarsus 
diesen Prozeß durchmachte, erscheint Osborn zweifelhaft. Er betrachtet ihn 
vielmehr als Erbstück eines uns noch unbekannten Kreodontcn mit serialem 
Tarsus. Die Zahl der Digiti war :*» — f>; sie waren plantigrad oder digitigrad, 
die lateralen Digiti bei den digitigraden Formen dem Ausmaß nach reduziert. 
Die Nagclphalangen derart seitlich zusammengedrückt, daß sie zwischen 
Krallen und Hufen standen, oder dorso-ventral abgedacht und vollständig 
hufförmig waren. C.ebiß IijC|P'M;j. Zähne in geschlossener Keihe. 
C klein; Hackenzähne braehydont: P einfach, der vorderste ein einfacher 
Kegel: M trigonodont oder vierhöckerig, bunodont oder selenodont. 

Die am besten bekannte Familie der Condylarthra ist die der 
f Phenacodontidae mit dem berühmten +Phenacodus Cope, von welchem 




Fig. -IS.'). 



Fig. IM). 



Genus ein vollständiges Skelet 
von + Ph. primaevus Cope 
vorliegt (Fig. 4H4i. Ks war 
offenbar ein schnellfüßiges, di- 
gitigrades Tier: hauptsächlich 
drei Zehen i II, III. IV > ruhten 
auf dem Hoden, von denen der 



Fig. 4HT). Linke Hand von 



nach Osborn. j Scaphoid; 4 Lu- 
natum; 5 Triquetrum; 7 Trajw- 
£i 11 111 : A Traj»ezoid; 9 Capitatum; 
to. Haniatum. 




Fig. 186. Rechter Füll von 
Euprotogonia pucreeneis Cope; 
nach Matthew, t Talus; c Cal- 
caneu«; s Scaphoid; cb Cuboid; 
C, C\ C Feto-, Meso-, Fjitocunoi- 
forme. 



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Condylarthra, Taxononiie. 



693 



mittlere (III) bedeutend verlängert war. Sie hatten verbreiterte Nagel- 
phalangen, während die weit kürzeren lateralen mehr zusammengedrückt 
waren, wie sämtliche Nagelphalangen bei +Euprotogonia Cope, einem 
älteren Phenakodontiden aus dem „Torrejon", der unzweifelhaft der Alme 
war von Phenacodus. Seine Digiti erreichten noch sämtlich den Hoden, 
die C'arpalia alternierten noch, während sie bei Phenacodus serial sind, auch 
war wohl noch eine Centrale vorhanden. Kurz, Matthew kommt zum Schluß, 
daß alle Punkte, in denen Euprotogonia von Phenacodus sich unterscheidet, 
dieses Genus den Creodonta nähert oder der hypothetischen Gruppe, aus 
der Creodonta und Condylarthra ihren Ursprung nahmen. 

Zweifelsohne ist die Reihe der Pferde durch +Hyracotherium ent- 
weder aus den Phenacodontidae hervorgegangen oder wenigstens mit 
diesen eng verwandt und aus einem weiter zurückliegenden gemeinsamen 
Vorfahren entstanden. 

Zweifelhaft ist zur Zeit der Ursprung der Artiodactyla. Sehr wahr- 
scheinlich muß er auch unter den Condylarthra gesucht werden, vielleicht 
in der Familie der +Mioclaenidae, wo Selenodontie anhebt. Die Mio- 
claenidae starben aber — nach dem Wenigen, was man bisher von ihnen 
weiß — früh aus. ohne daß man den Anschluß an die + Pantolestidae 
nachweisen kann. Diese aber, die mit + Pantolestes Cope iTrigonolestes 
Cope< im Mittel-Eocän auftreten, waren wohl die Vorfahren von +P>uno- 
meryx und damit der nordamerikanischen selcnodonten Artiodactyla. Aus 
dieser Reihe gingen auch wohl die ~Dichobunidae hervor, die nach Europa 
einwanderten und die alt weltlichen Selenodontia entstehen ließen (S.p.Ö88). 

Neben den Phenaco- 
dontidae und Mioclae- 
nidae kommt der dritten 
Gruppe der Condylarthra: 
den H Meniscotheriidae, 
besondere Bedeutung zu, 
einerseits, weil sie viel- 
leicht die Vorfahren waren 
der recenten Hyracoidea: 
andererseits, weil es nicht 
unwahrscheinlich ist, daß 
die rätselhafte Familie der 
f Chalicotheriidae (s. u.) in 
näherer genetischer Be- 
ziehung zu ihnen stand. 



Fig. 4S7. Hyrat'OfM 
nodale; nach Marsh. Kochte 
Hand: A' Radius; C't'lna; s 
iScaphoid; l Lunatum; CrTri- 
quetrum; P Pisi forme; / Tra- 
pezium; /v/Trnpezoid und pro- 
ximal das Centrale; c Capita- 
tum; h Hamatiim. — Rechter 
Füll; C Caleaneus; / Talus; 
cb Cuboid; n Naviculare; cb 
Cuboid; c. c l , c 1 Feto-, Moso-, 
Entocunei forme; * tibialea 
Sesambein. 




694 



XV. Ordnung: CondyUrthra. 



Die Meniscotheriidae waren plantigrade Tiere von der ungefähren 
Größe von Procavia (Hyrax) mit fast geschlossenem, vollständigem Gebiß, 
buno-selenodonten Molaren und Prämolaren, von denen die hinteren trituber- 
kular, der letzte sogar molariform werden kann. Im Hinblick darauf, daß 
sie im Unter-Eocän ( Wasatch) lebten, haben die Backenzähne somit sehr frttli 
den Ungulatencharakter angenommen und eilten damit ihrer Zeit voraus. 
Hand und Fuß sind mesaxon, indem der III. Digitus vergrößert ist und 
der perissodaktyle Charakter sich auch äußert • in bedeutendem Ueber- 
wiegen von Digitus II, III, IV gegenüber den weit kleineren Digiti I und 
V. Die Nagelphalangen stehen zwischen Unguiculaten und Ungulaten und 
könnten subungulat genannt werden. Bei + Meniscotherium Cope gleicht 
der Carpus und Tarsus am meisten dem von Euprotogonia. mit kleinem 
Capitatum, Lunatum teilweise in Berührung mit Hamatum u. s.w. (Matthew]. 
+ Hyracops Marsh hat aber nach Marsh eine echte taxeopode (seriale< 
.Struktur, mit großem Capitatum und weiteren unguikulaten Merkmalen: 
Centrale carpi. einen Knochen zwischen Entocuneiforme und Naviculare. 
der vielleicht als Tibiale (Epicunciforme) gelten darf (s. p. 114); «ler Cal- 
caneus hat eine Facette für die Fibula, der Talus ein Loch (Foramen 
astragalij auf seiner tibialen Facette. 

Eine unverkennbare Aehnlichkeit mit Meniscotherium tragen die 
+ Pleuraspidotheriidae Lemoine zur Schau. Dem untersten Eocän 
Frankreichs angehörig, sind sie älter als die Meniscotheriidac und auch im 
Bau primitiver. Dies gilt namentlich für den niedrigen, gestreckten Schädel 
mit hohem Sagittalkamm . großen Intcrmaxillaria und Kasalia, die koni- 
schen I. C und P, von gleichartigem Charakter. Untere M fflnfhöckerig. 
obere mit vier V-förmigen Höckern. Pentadaktyl: Nagelphalangen seitlich 
zusammengedrückt, al>cr mit endständiger Verbreiterung. Hierher gehört 
+ Pleüraspidotherium Lemoine und +Orthaspidotherium Lemoine. 
die nach Obigem also vielleicht in die Genealogie der Ancylopoda gehören. 



XVI. Ordnung: Ancylopoda. 

Nichts illustriert besser die Schwierigkeit, wie die Reste dieser aus- 
gestorbenen Abteilung zu deuten seien, als die Geschichte von + Chalico- 
therium Kaup. Von diesem Fossil, das ein Tiere von der Größe eines 
Bären war. wurden 1 *2ö im Ober-Miocän von Eppelsheim Nagelphalangen ge- 
funden, die Cuvier als Pangolin gigantrsque, somit als einem Riesenschuppen- 
tier angehörig, beschrieb. Zähne, von denen wir jetzt wissen, daß sie hierzu 
gehören, fand Kaup und nannte «las Tier, dem sie entstammten. 

+ CHALICOTHERIUM. Extremitäten, die Lartet 1W7 entdeckte, schrieb er 
als +Macrotiierium einem „Edentaten" zu, während er später Zähne und 
«len Schädel einer verwandten Form als ^Anisodon in die Nähe von 
Anoplotherium brachte. Erst später legten namentlich Filhol und Forsyth 
Major dar. daß die Reste, die teils Edentaten. teils Ungulaten zugeschrieben 
wurden, zusammengehören. Cope grfliulete dafür «lie Familie der Ancy- 
lopo<la, während andere «lie Chalicotheriidae den Pcrisso«lactyla unter- 
ordnen. 



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XVI. Ordnung: Ancylopod« 



Jedenfalls handelt es eich 
um einen in mancher Hinsicht 
primitiven Zweig der Ungu- 
nsten, der in Europa, Asien 
und Amerika im Miocän und 
Pliocän verbreitet war. 

Die größte Schwierigkeit 
bereitete die Natur der Nagel- 
phalangen, die echt unguikulat 
sind gemäß ihrer lateral zu- 
sammengedrücktenForm,erhöht 
durch ihre Spaltung, wie wir sie 
gerade von einzelnen Unguiku- 
laten mit großen Krallen kennen. 
Für letzteren Besitz spricht 
auch, daß Chalicotherium seine 
Krallen „einziehen" konnte, je- 
doch nicht durch Hyperexten- 
sion der Nagelphalangen wie 
bei den Felidae, sondern der 
ganzen Digiti, wie aus den 
Metacarpo- resp. Metatarso- 

phalangealen Gelenken hervor- A rwhlt . Hand . , scaphoid l. , ; tr Tri- 
geht. Dies erweckt den Ver- quetrum ; td Trapotoid ; c Capitatum ; h Hainatum ; 
dacht, daß die Krallen scharf H Ttile de * rechten Fußes; ««, ca Gelenk facetten 
waren, vielleicht zum (iraben d( * ™<*™**> < b c » noid ; - N»vlcularc; CTaln». 
dienten und aufgerichtet ge- 
tragen wurden bei der Bewegung, die nach dem einen digitigrad. nach dem 
anderen unguligrad war. Andererseits legt die Tatsache, daß Hand und 
Fuß tridaktyl waren und daß der IV. Finger den II. und III. übertraf, 
den Gedanken nahe, daß das Tier etwa wie Myrmecophaga, auf dem Außen- 
rande der Füße sich stützte. .Jedenfalls schließen die Phalangen die Chali- 
cotherien von den Perissodactyla aus. An der anderen Seite geht aber der 
unguikulate Charakter nicht über die Phalangen hinaus. Dies gilt ja auch 
für + Agrioehocrus, der gewissermaßen ein unguikulater Oreodonte ist 
(s. p. liiigj. 

Bereits der Carpus und Tarsus hat bei Chalicotherien durch seine 
Diplarthrie einen ungulaten Charakter. Der Schädel war durch sein breites, 
niedriges, über die Kondylen vorspringendes Hinterhaupt, durch den Sagittal- 
kamm. die nach hinten weit offene Orbita, das starke Mastoid primitiv. 
Mehr sekundärer Art waren die schwachen Intermaxillaria und Nasalia, 
welche letztere aber weit vorragten : desgleichen die umfangreiche, gestreckte 
Bulla tympani. Der Meatus auditivus externus war nach unten weit offen. 
Im Gebiß \\ C; Pij Mjf- gehen im Alter die schwachen I und C verloren. 
P einfach. M buno-selenodont. 

Hierher gehören + Macrotherium Lart. und + Chalicotherium 
Kaup als bekannteste Genera aus dem Miocän Europas. Das letztere 
Genus tritt auch im Pliocän Asiens und im Miocän Nord -Amerikas auf. 
Schlosser hält aber diesen Stamm, der im Oligocän mit + Schizotherium 
Gaudry anhebt, für einen europäischen, der somit nach Amerika ein- 
wanderte. Obwohl eoeäne Vorläufer unbekannt sind, entwickelt Osborn 




Fig. 488. Chalicotherium; nach Gervai*. 



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690 



XVI. Ordnung: Ancylopoda. 



den Gedanken Schlossers weiter, daß «1er Stammvater unter den +Menis- 
cotheriidae zu suchen sei, somit unter den eocünen Condylarthra Nord- 
Amerikas. 

Ameghino verteidigt die Ansicht, daß die ■ Homalodontheriidae. 
die bald den 'Toxodontia, bald den +Astrapotheria untergeordnet werden, 
ihren Platz in der Nahe der Chalicotheriidae zu suchen hätten und dem- 
nach den Ancylopoda angehörten. Damit erhielte diese Ordnung einen 
weiteren Umfang. Der bekannteste Vertreter ist ~Homalodontherium 
Huxl. Die vollkommen geschlossene Zahnreihe 1$ C} P^ Mjj, in welcher 
weder die I noch die C sich besonders auszeichnen, vielmehr dreieckig, 
klein sind, mit Cingulum, gab Anlaß zum Namen. Die Backenzähne haben 
Wurzeln und verhältnismäßig niedrige Kronen. Ihre abgenutzte Kautiäche 
hat einen Rhinoeerostypus. die oberen P sind fast molariform. Der Kau 
von Hand und Fuß macht die systematische Stellung, die Ameghino diesem 
Tiere gibt, wahrscheinlich. Die Carpalia und Tarsalia alternieren. Die 
proximale Gelenkttäche des Talus ist flach, weiter erinnert an Condylarthra 
sein ausgesprochener Hals mit einem Gelenkkopf für das Naviculare. Im 
Gegensatz zu Chalicotherium war Hand und Fuß i>cntadaktyl: treffend ist 

aber die Uebcreinstimmmung der gespaltenen 
Nagelphalangcn. die allerdings flacher sind und 
Ameghino zu der Ansicht führen, daß sie Hufe 
trugen, die dorsal äußerst zart, ventral aber sehr 
dick waren. Wahrscheinlicher erscheint, daß die 
Nagelbekleidung krallenförmig war. Man sollte 
meinen, daß nur scharfe Krallen es nötig machten, 
Finger und Zehen „eingeschlagen" zu tragen. 
Daß dies aber wie bei Chalicotherium geschah, wird 
nahe gelegt durch die dorsale Ausdehnung der 
korrespondierenden Gelenkfläche der Metapodien 
und ersten Phalangen. Auch stimmt mit Chali- 
cotherium überein die Größe des lateralen Fingers, 
trotzdem es bei Homalodontherium der V.. bei 
Chalicotherium der IV. ist. Letzteres Geschlecht 
erscheint überhaupt bezüglich seiner Fußstruktur 
und seines Gebisses sekundär stark geändert. 

Neben + //. Cunninghami Flow, aus früh- 
tertiären Lagen Patagoniens (Santa Cruz-Lagen) 
von der Größe eines Hhinoceros, beschrieb Ame- 
ghino verschiedene andere, worunter auch kleinere. 
LunatiVmT tr Triquetram; P Eine etwas weiter vorgeschrittene Form ist +Col- 
Pisiformc; t Trajxv.iuni ; td ponoN Burm. aus etwas jüngerer Schicht Argen- 
Hmn"um c ' a I ,itat " m; h tiuiens. Ebendaher, jetzt aber aus Schichten, die 
ainatum Ameghino der Kreide zurechnet, erwähnt er 

+Asmodeus Amegh.- S. Roth bringt in dessen Nähe, als gleichfalls kreta- 
ceisches Fossil ~Periphraonis S. Roth. 

Ist die Altersbestimmung richtig, so ist die Bedeutung dieser Funde 
nicht zu verkennen, ebensowenig als von Genera, wie +Tsotemnus Amegh.. 
+Leontinia Amegh. die gleichfalls als kretaeeische Vertreter ganz neuer 
Familien der Ancylopoda aufgeführt werden. 




Fig. \m. Rcvhte Hand 
von Honuüodon tberium ; nach 
Ameghino. .V Scaphoid; / 



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XVII. Ordnung: Litopterna. 



f>!>7 



XVII. Ordnung: 'Litopterna. 

Die letzten Jahrzehnte haben eine eigene Welt von aberranten Un- 
gulaten-artigen Tieren ans den tertiären l.agen Süd-Amerikas ans Licht 
gebracht. So weit bis jetzt bekannt, sind sie ohne Einfluß geblieben auf 
unsere heutige Fauna, da sie keine Nachkommen hinterlassen zu haben 
scheinen. Wir müssen uns daher hier mit einzelnen Andeutungen be- 
gnügen und auf die paläontologiseh" Literatur verweisen, um so mehr als 
die Auffassungen nicht nur über den Wert der Arten oder Genera, viel- 
mehr noch über den ganzer Familien sehr auseinandergehen und die syste- 
matische Stellung einzelner derselben vorläufig noch sehr verschieden be- 
urteilt wird. 

Unter diesen auf das Tertiär Süd-Amerikas beschränkten Abteilungen 
erinnern die -^Litopterna Ameglünos noch am meisten an Perissodactvla. 
so selbst, daß Ameghino sie als Vorläufer der Perissodactvla betrachtet. 
Letztere nennt er daher Stereopterna und vereinigt sie mit den Lito- 
pterna zu den Perissodactvla. Richtiger ist es aber wohl, sie als einen 
selbständigen Stamm der Ungulata aufzufassen, der vielleicht aus + Menis- 
cotheriidac (Condylarthra) hervorging. In mancher Beziehung bildete er 
eine Parallele zu den Perissodactvla, .-eine tiefere Entwickelnngsstufe gibt 
er aber zu erkennen durch den kleinen Hirnschädel mit 
kleinem Gehirn, durch die geringe Komplikation der Zahn- 
krone, die seriale Fußstruktur u. s. w. Daneben treten aber 
eigentümliche Spezialisierungen auf. 

Die Litopterna waren digitimade. hochbeinige, teilweise 
zierliche Tiere, deren ä. 4. meist aber :J Digiti, die bis auf 
einen reduziert sein können, verlängert waren, wobei stets 
der III. überwiegt und in sich selbst symmetrisch ist. Eine 
Clavicula fehlt, der Humerus ohne Foramen entcpicondyloi- 
deum. Femur mit drittem Trochanter. Carpus und Tarsus 
serial ita.xeopod): der Talus artikuliert nur mit dem Navi- 
culare. der ( alcaneus hat eine tibiilare Facette, die oft groß 
wird. Das Gebiß hat Neigung zu Reduktion im vorderen 
Teil, übrigens haben alle Zähne Wurzeln und sind wenigstens 
die Molaren lophodont oder selenodont. 

Aus der großen Zahl, namentlich durch Ameghino aus 
dem Tertiär Argentiniens beschriebener Genera, die zu ver- 
schiedenen Familien vereinigt sind und in schreiendem Gegen- 
satz stellen zu der Armut an Ungulaten der dortigen heutigen 
Fauna, seien die f Proterotheriidae Amegh. hervorgehoben. 
Es waren kleinere Tiere, deren Spezialisierung bereits im Ge- 
bi|j mit liC'yPjMij anhebt. Neben Reduktion der I und 
C steht der Fortschritt der P. von denen die hinteren bereits 
den M ähneln, welche braehydont sind, unten mit 2 Halb- 
monden, oben mit W -förmiger Außenwand. Die Orbita war 
durch einen Knochenring geschlossen. Auffallender ist die 

Fi<f. 41)2. Linker llintcrfuÜ von Thontherium <-ro|»idaUini 
Amrgh.; nach Amo^hinn. 1 .. n. (ir. < Ctdcnneur»; / Tain*; /' Fa»vtt<> 
für di«; Fibula: n Naviculare; ,b Cuboid; e Kctocundfornio: m Mrta- 
tarsalc 11. 





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69H 



XVII. Ordnung: Litopterna. 



Spezialisierung »1er Extremitäten, die hei + Proterotherii ? m Amegh. tri- 
«laktyl ist nach Art tridaktvler Pferde, abgesehen vom serialen Carpus und 
Tarsus und bei +Thoatherium Amegh. totalen Schwund der lateralen Digiti 
aufweist, somit vollständigere Reduktion als bei Pferden. 

In der Familie der +Macraithenidae bildeten die Zähne eine <ie- 
schlossene. vollständige Reihe, indem die Zahl der I und C keine Reduktion 
erfuhr. Letztere waren den I ähnlich. Die Molaren und hinteren molari- 
formen Prämolarcn waren buno-selenodont. jedoch mit Eigentümlichkeiten 
in der Struktur. Soweit bekannt, waren es funktionell tridaktvle Tiere, 
ohne auffälliges Uehei wiesen des III. Digitus. Offenbar waren die Hufe 
klein: überhaupt machen die Finger den Eindruck, als ob sie gespreizt 
aufgesetzt wurden und damit eine breite SohlenHäche lieferten. Die Fibula 
war in ausgedehnter Verbindung mit dem Calcaneus. 

Die ersten hierher gehörigen Reste, die Darwin entdeckte, beschrieb 
Owen als +Macrauchenia. da die Halswirbel an Kameliden erinnerten, 
auch durch das Fehlen einer Durchbohrung der Processus transversi für 
die Arteria vertebralis. 

Am auffälligsten ist die Verlagerung der äußeren Xasenöffnung. Sie 
liegt bei +Oxyodontherium Amegh.. einem Tier von Tapirgröße, fast 
noch normal. Hei + Scalarrinitherium Amegh. ist sie bereits nach 
oben und hinten verschoben. Bei + Macrai'CHENIA Owen, der jüngsten 
Form aus dem Pliocän Argentiniens endlich, liegt sie oberhalb der kleinen, 
hinten breit knöchern begrenzten Orbita und bildet eine ovale Oeffnung. 
während vor ihr die Intermaxillaria und Maxillaria in der Mittellinie sich 
vereinigen. Dementsprechend erfuhren die Nasalia schrittweise Reduktion. 




Fig. 493. Mairauehenia pataehonica; narh Bravard; von oben gesehen, * , n. Or. 
ii Natale; m Maxillare: / Frontale. 



Die Nasengänge bilden, wie bei Zahnwalen, senkrechte Kanäle. Die> 
führte Burmeister zu der Annahme, daß die Tiere einen Rüssel trugen. 
Hierfür würden auch die tiefen (iruben auf den Frontalia sprechen, die 
vielleicht Rüsselmuskeln zum Ursprung dienten. Die am längsten und 
nach vollständigen Skeleten bekannte Art: +.1/. pataehonica Owen er- 
reichte die (Iröße eines Kamels. 

+A8TRAPOTHERIIDAE Amegh. Ob diese Familie hierher gehört, wie 
Zittel will, oder ob sie eine eigene Unterordnung bildet, wie Ameghino 
annimmt, ist vorläufig noch fraglich. Letzterer Ansicht huldigt auch 
Lydekker. doch vereinigt er mit ihr die • Honialodontheriidae. denen wir 
einen Platz bei den • Anevlopoda anwiesen. 



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XVIII. Ordnung: Amhlypoda. 



69<» 



Im repräsentativen Genus + Astrapotherium Burin. erinnert die aus- 
gedehnte, in Verbindung mit den kleinen Nasalia nach hinten verlagerte Nasen- 
öffnung, «He Ameghino zu der Vermutung brachte, daß das Tier einen Rüssel 
hatte, an die Macrauchenidae. Das Cebiß Ii; C}PJM;] erfuhr Reduktion 
in den Antemolaren. Die Hauer-artigen vordersten Zähne des Oberkiefers 
betrachtet Lydekker als I. M lophodont, P einfach. In der Fußstruktur 
fällt der Talus auf, der auch 



mit dem Cuboid gelenkt. 
Manches weist auf Planti- 
gradie und auf Beziehung zu 
den + Amhlypoda hin [Ame- 
ghino |. Diese ungeheuren Un- 
gulaten treten im unteren 
Tertiär Argentiniens auf. 



Fig. -404. Maerauchcnia pa- 
lacbouica. Um den Schädel sind 
die Weichteile dargestellt, wie ttie 
vermutlich sich verhielten. Nach 
l!nrmei*ter. 




XVIII. Ordnung: Amblypoda Cope. 

Diese ausschließlich auf das Eocän Nord-Amerikas und mit einzelnen 
Arten auch auf das Europas beschränkte primitivste Ordnung der L'ngu- 
laten steht in engstem genetischen Zusammenhang mit den Condylarthra. 
Dies erhellt am besten daraus, daß Osborn, ihr letzter Monograph, dem 
wir hier folgen, der Auffassung huldigt, daß die +Periptyehidae. die ge- 
wöhnlich als vierte Familie den Condylarthra untergeordnet werden, als 
bunodonte Abteilung der Amblypoda zu gelten haben. Trotzdem dürfen 
die Amblypoda nicht einfach als Zweig der Condylarthra angesehen werden. 
Ihre ältesten V ertreter +Peryptychus und +Pantolambda schließen vielmehr 
eng an primitive Creodonta an. können als ungulate Creodonta gelten, deren 
Vorfahren unter kretaeeischen Trituberculata zu suchen sind, unter denen auch 
Zahnformen sich finden, die den Zähnen der Amhlypoda zum Ausgangspunkt 
hätten dienen können. Somit erscheinen die Amhlypoda als ein Seiten- 
zweig der mesozoischen Creodonta, der dicht neben dem der Condylarthra 
abging und in fortgesetzter Spezialisierung sich in echt ungulater. aber 
durchaus selbständiger Weise durch das ganze Eocän fortentwickelte, dann 
aber ohne Nachkommen ausstarb. In gewohnter Weise nahm dabei die 
Körpergröße schnell zu. trat Spezialisierung des (lebisscs. Ausbildung von 
Hörnern u. s. w. auf. Diese Auffassung weicht daher nur in Nebensäch- 
lichem von der Schlossers aus dem Jahre IHK? ab. als er den Amblypoda 
eine Stellung anwies, seitlich und selbständig von den Hyraeoidea. Artio- 
u nd Perissodactyla. 

Als gemeinsame Charaktere lassen sich angeben: 

Pentadaktyle. planfigradc oder subdigitigrade Fußstruktur, ohne be- 
sonderes Ceberwiegen eines Digitus. Carpalia und Tarsalia alternieren, die 



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700 



XVIII. Ordnung: Amldypod». 




Carpalia aher nur insofern, als das Capitatum nur wenig vergrößert ist. 

so daß Lunatum und Capitatuni in Berührung bleiben. Tarsus diplarthral. 

indem der Talus mit Xaviculare und Cuboid in Oelenkung ist: er ist 

breit, niedrig, mit einem Foramen tali und in Berührung mit einem „Ti- 

biale tarsi". Endphalangen breit, Molaren stets brachydont. mit dreieckiger 

Krone, trituberkular mit Aenderung der Tuberkel in bunodonter, seleno- 

donter oder lophodonter Richtung, Oehirn äußerst klein, mit glatten 

Hemisphären und umfangreichem Lohns olfaetorius. 

1 . Als erste und primitivste Formen erscheinen im basalen Eocän 
Kord-Amerikas (Puerco und Torrcjon) die +TALIGRADA Cope. Kleine Tiere 

mit einein geschlosse- 



neu Gebiß mit 44 
Zähnen, runden Eck- 
zähnen, trituberku- 
laren oder trigono- 
donten Molaren, die 
bei ■» Periptychus. 



Fig. lit."». Pnntolnmlxlrt 
tmthmodnn Cope; mich 
Ordiorn. 1 . ii. l?r. / In- 
termaxillarc: n Nasal»-: 
mMiixttlare; m, Mnstoid. 

dem bekanntesten Vertreter der + Periptychidae Cope. bunodonter. 
Charakter, bei + Pantolambda Cope selenodonten Charakter annehmen. 

Letzteres Genus, die Familie der +Pantolambdidae Cope dar- 
stellend, ist in Skeletteilen genügend bekannt, um darzulegen, daß es einer 
der primitivsten l'ngulaten war. mit zahlreichen kreodonten Merkmalen. So 
der äußerst kleine Hirnschädel mit Sagittalkamm. Kleine Orbita in 
weitester Kommunikation mit der langen Temporalgrube. Langen, nach 
hinten verbreiterten Nasalia. die in ausgedehnter Berührung sind mit den 
Intermaxillaria. wodurch das knöcherne Nasenloch durchaus endständig ist. 
Auch der bedeutende Cmfang des Mastoid gehört hierher. Wie bei Creo- 
donta sind am Humerus die Muskellei>ten. am Femur die Trochanteren. 



Fig. 4!»fi. A. Diagramm von M '-' und 
M" von l'antolamlxla eavieinetus ; nach O*- 
Uorn. B. Oberer M von Coryphodon ; nach 
Matthew. f>$ I'nrnstyl ; />/ l'riitoconulus un<i 
!>r Protoconan; bilden in H den Protoloph 
(Vorjoch). /»r ParnconiH und mt Metaconu*. 
den Kctoloph I AulJenwand); ms Moostyl; mi 
Metaconulu». 



darunter auch der Trochantcr tertius. stark ausgebildet. Der Humerus hat 
ein Foramen entepicondyloideum und ist im FJlenhogenuelenk so nach aus- 
wärts gedreht, daß die Hand dieser Bewegung folgen mußte. Carpus mit 
freiem Centrale. Talus mit Hals, obwohl er mit Xaviculare und Cuboid 
artikuliert. Dies sind bereits genug Hinweise auf ilie Richtigkeit der Auf- 
fassung Copes, daß die Ungtllatcn aus Creodonta ihren Ursprung nahmen. 

2. Auf die Taligrada folgen zeitlich die + PANT0D0NTA Cope. Auf 
das Cntereocän beschränkt und bisher nur durch +Coryphodon Owen 




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XV11I. Ordnung: Amblypuda. 



701 



vertreten, sind sie besser als +C0RYFHODONTIDAE Owen bekannt. Ver- 
mutlich entstanden sie in Nord-Amerika, während einzelne Arten ihren 
Weg nach Europa fanden, wo sie von Frankreich und England bekannt 
;ind. Die etwa 12 amerikanischen Arten entwickelten sich in getrennten 
[leihen, die nach Osborn vielleicht Differenzierungen waren, als Ausfluß 
verschiedener Lebensbedingungen in der Ebene, im Sumpf oder im 
Hochland. 

Verglichen mit Pantolambda, erfuhr ihr Gebiß insofern progressive 
Aenderung. als die Molaren lophoselenodont und die Canini gröber werden. 
Dabei geht deren runde Form über in eine dreieckige, endlich in eine 
seitlich zusammenge- 
drückte. Wohl in Ver- 
bindung mit der hauer- 
r.rtigen Ausbildung der 
Eckzähne, gehen die 

Fi^f. 497. Pnntnlninlxln 
l'iilliinixloi) ; nach Oslmrn. 
' n (Jr. Links; Linke 
Ii and: rCupitalnm; et Cen- 
trale ; // HaiiniMiiu; / Lu- 
iiattnn ; p Pisiformr ; * Sea- 
l>h»id; td Trnpcznid ; tm 
Tra|*»ziuni; fr Trinuetrum. 
Hechts: Linker Fuß; «Cal- 
« anciiM r, ■ , Knto-, Mc- 
*(>-, Krtoeunciforine ; cb Cu- 
Uoid; /' Faretlp für Fibula; 
fi Fortunen talij / Talus; 
'// Tibiale tarsi. 

Intermaxillaria zurück, welche die Nasalia nicht mehr erreichen. Auch 
verliert der Schädel seinen Sagittalkamm und wird schließlich verbreitert. 
Er wird pneumatisch, was Schritt hält mit der Zunahme in Körpergröße, 
die der eines Tapirs oder Rindes gleichkommt. Die Parietalia erhalten 
Anfänge von Hörnern. 

Hand und Fuß werden semiplantigrad. dabei schwindet das Kommen 
entepicondvloidemn. der Troehanter tertius. das Centrale carpi. das sich 
mit den Scaphoid vereinigt. Der Talus verliert seinen Hals und dehnt 
r eine tibiale (ielenkHäche horizontal aus. 

:». Die dritte Unterordnung, die • DlNOCERATA Marsh, treten ausschließ- 
lich im Mittel- und Ober-Eocän Nord-Amerikas auf. Zeitlich folgen sie somit 
auf die Pantodonta. Auch sonst liegt die Annahme nahe, sie von letzteren 
herzuleiten. Doch war bisher noch kein direkter Vorfahre nachzuweisen, 
obwohl die eine Corvphodon-Art hierin, die andere darin sich den Dino- 
eerata nähert. 

Obwohl diese größten Landtiere der Eocän-Zeit. die Rhinoceros und 
Elefant an (irößc gleichkamen, das auffallend kleine Oehirn (Kig. '.»:? p. llbi 
ihrer Vorfahren bewahrten,, erfuhren sie anderweitig mannigfaltige Speziali- 
sierung, die teilweise mit Rückbildung anderer Organe gepaart ging. Als 
auffalligster primitiver Charakter erscheint die weitere Ausbildung der 
rudimentären, parietalen Knochenzapfen der Coryphodontidae zu großen 
Hörnern. Daneben treten Knochenprotuberanzen auf den Maxillaria auf. 
desgleichen trugen die Krontalia supraorbitale Knochenzapfen, die auch 




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702 XVIII. Ordnung: Amblypoda. 

bereits bei Coryphodon angedeutet sein können. Endlich können auch 
die Nasalia, die nach hinten verkürzt sind und denen vorne kurze Prä- 
nasalia sich verbinden können, niedrige Auswüchse tragen. Mit Recht 
entlehnte Marsh, der diese Tiere monographisch bearbeitete, dieser viel- 
seitigen Bewaffnung den Namen Dinocerata. Dem Umfang des Schädels 
entspricht seine ausgedehnte Pneumatisierung. Ihn zeichnet ferner au> 
ein Alisphenoidkanal : Intermaxillaria, die zwar noch die Nasalia er- 
reichen, in ihrem Kieferteil aber stark reduziert und zahnlos sind. Da» 
Gebiß ist demnach I !) C j P M ij, obere P fast molariform. M lopho- 
dont: untere I und C klein, letztere incisiviform. obere C lange, scharfe 

Hauer, die weit 
über den Unter- 
kiefer herabhän- 
gen der dement- 
sprechend verti- 
kal nach abwärts 
gerichtete Fort- 
sätze bildet: auch 
hat der Unter- 
kiefer im Gegen- 
satz zum ur- 
sprünglichen 
Verhalten der 

Amblypoda 
einen sehr nied- 
rigen. aufsteigen- 
den Ast des Un- 
terkiefers.desscn 

Fig. 498. DiiKK-eras mirabile Marsh; nach Marsh. ' „ n. Gr. <»<?lenkkopf nach 
/Frontale; / Intennaxillnrc; / Laorymale; m Mnxillaro; m l mg- hinten sieht. Wie 
xillarer Knochenzapfen ; n Natale; / Parietale; />' parietaler Knochen? bei ('orvohodon- 
zapfen ; , Squamosum. (i(lue . ftj h|t Fo _ 

ramenentepieon- 

dyloideuui. Trochanter tertius und ein freies Centrale carpi. Der Talus ist 
ohne Hals, seine tibiale Gelenkttäche sehr verbreitert, flach. Abweichend 
artikuliert aber die Fibula nicht mehr mit dem Calcaneus. Hand und FuU 
subdigitigrad, ähnlich wie bei Elefanten. 

Die Gattungen +Uintatherium Leidy. +Dinoceras Marsh und 
+Tinoceras Marsh vertreten diese Unterordnung. 




XIX. Ordnung: Toxodontia. 

Im Tertiär Süd-Amerikas fallen zahlreiche, wohlerhaltene Reste von 
Ungulaten auf. die mehr noch als die +Litopterna von den Ungulaten der 
übrigen Erde auffällig sich unterscheiden und nach unserer jetzigen Kennt- 
nis eine getrennte Stellung einnehmen. 

Sie erscheinen in zwei Formcnkreiscu: den ^ TYPOTHERIIDAE, die un- 
verkennbare Anknüpfungspunkte an die Hyracoidea haben, daneben Merk- 



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XIX. Ordnung: Toxodontia. 



70:5 



male, die den Rodentia so sehr parallel gehen, daß sie Anlali gaben, sie 
als Stammväter der Rodentia. wenigstens als nahe Verwandte derselben zu 
betrachten. Weder das eine noch das andere läßt sich aber beweisen. 

Der zweite Formenkreis, die + TOXODONTIDAE, haben den Ungulaten- 
Charakter stärker ausgesprochen, mit Anklängen an Perissodactyla: diese 
sind aber ganz allgemeiner Art. 

Der gegenseitige Zusammenhang der beiden Kreise ist weiterer 
Untersuchung bedürftig. Zittel — und ihm folgt neuerdings Ameghino. 
der sich am ausgedehntesten mit diesen Tieren befaßt hat meint den 
diesbezüglichen derzeitigen Stand unserer Kenntnisse am besten zum Aus- 
druck zu bringen, indem er sie zu den zwei Unterordnungen der Typo- 
theria und Toxodontia erhebt. Lydekker dagegen vereinigt beide als Toxo- 
dontia. indem er meint, in 1 Trachytherus ein Bindeglied zwischen beiden 
zu erkennen. (Vergl. die Tabelle auf p. f>HX.) 

Als primitivste Abteilung erscheint die Familie der -* Protypotheriidae 
Amegh. Plantigrade Tiere, wenig größer als Procavia (Hyraxi mit penta- 
daktylen Gliedern, die in wenig abgeflachten Nagelphalangen endigen, die 
Mitte haltend /.wischen Krallen und Hufen (sog. subungulat); mit Centrale 
carpi. serialen Carpalia und opponierbarem 1. Digitus. Humerus mit 
Poramen entepicondyloideum. Femur mit Trochanter tertius. Radius und 
rina. Tibia und Fibula ineist getrennt: letztere artikuliert mit Caleaneus. 
Diesem primitiven Hau entspricht auch der niedrige. Hache Schädel mit 
Sagittalkamm. kleiner Hirnhöhle, großen Nasalia, welche das endständige 
Nasenloch gleichmäßig überdachen. Intermaxillaria groß. Orbita mit 
Processus postorbitalis des Frontale, übrigens in weiter Kommunikation 
mit der umfangreichen Temporalgrube. Diese hat einen weit abstehenden, 
hoch gelegenen, dicken .lochbogen. Weitere strukturelle Aehnlichkeit mit 
den Hvracoidea bietet namentlich der Unterkiefer, (iebifi geschlossen: 
I * C J P 5 M •:{. M wurzellos mit schräg eingebuchteter Innenwand, wodurch 
sie in einen schrägen Vorder- und 
Hinterlappen verteilt werden. Hintere 
P niolariform. vordere einwurzelig, 
elliptisch. Eckzähne den seitlichen 
Incisivi ähnlich: von diesen überwiegt 
das innere Paar über die übrigen. Sie 
haben sämtlich noch Wurzeln. 

Diese Merkmale gelten in erster 
Linie für die primitivste Form : ^Pro- 
typotherii'M Amegh. aus dem älte- 
ren Tertiär Argentiniens. 

Fig. 4SW. PwhyruciiK typu* Amegh.; 
nneh Ameghino. AafffilUg das blusig 
aufgrtrielxiie Maatoid auf der l>or*al fläche 
des HintiT^ohädels. 

Unter den + Hegetotheriii>ae 
Ameah. ( Pachyrucidae Lyd.) tritt die 
Tendenz zutage, unter Reduktion der 
lateralen I die medialen hypertrophisch 
zu entwickeln. Hei Hegetotherium 




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7<>4 



XIX. Ordnung: Toxodontia. 



Amegh. hat «las (iebdi zwar noch 44 Zähne, über oben ist Ii- bereits 
groli. wurzellos, gekrümmt, aber ringsum mit Emailmantel : I-, I ' nn<l C 
sind fast funktionslos. desgleichen ist unten I ,. (' und P, rudimentär. 
Til»ia und Fibula proximal und distal verschmolzen, letztere verliert <ie- 
lertkung mit Calcaneus. Von diesem Tier etwa von Kaninchengrölie ent- 
fernt sieh einen Schritt weiter in der Spezialisierun«; + PachyrüCUS Amegh. 
mit nur noch Ii C ü P \ Mjj. Sämtliche Zähne wurzellos, die mittleren I 
grotf. gekrümmt den unteren I, und ., opponiert. Der Schädel wird breiter, 
die Orbita. der postorbitale Fortsatz des Frontale grötfer. Die habituelle 
Aehnliehkeit mit ilem Schädel mancher Nagetiere wird noch auffallender 
dadurch, daß über dein Tvmpanicum. das eine kleine Rulla und einen 
nach außen und oben gerichteten (iehörgang bildet, ein durch Pneumati- 
sierung aufgeblasenes Mastoid sich bis auf die DorsalHäche des Schädels 
ausdehnt, in der Art. wie etwa Chinchilla und Pedetes es hat. Im (Jcgen- 
satz zu den Sagetieren ist der Condylus des Unterkiefers aber fast rund- 
lich und sind die beiden Unterkiefer in der Symphyse verschmolzen. Hei 
einzelne:) Arten schwindet das Foramen entepieondyloideuni. Hand fünf- 
fingerig. ohne Centrale, Nagelphalangen fast hufartig. Fuli viertingerig 
[Ameghtno|. Lydekker hebt nachdrücklich viele Fehereinstimmungen in 
der Wirbelsäule mit Kodentia hervor. 

Letzterer Parallelismus tritt mehr zurück bei der jüngsten Form, «lein 
jung-tertiären und pleistocänen ♦ Typotherium Brav. Einzelne Merkmale 



von Pachyrueus accentuieren sich mehr, so die Reduktion des (iebisses, 
das nur l\ (';; Pf M hat. der postorbitale Fortsatz wird grölier: anderer- 
seits aber sind Radius und Flna. Tibia und Fibula getrennt; in der fünf- 
hngerigen Hand sind die Nagelphalangen abgeplattet, aber untief gespalten: 
der Fuli hat nur vier ungulate Zehen. Die Verwandtschaft zwischen 
Typotherium und Pachyrueus liegt somit nicht in direkter Linie. 

Alle bisher genannten (ienera haben weiter als gemeinsamen Besitz 
eine Clavicula, einen Talus mit (ielenkkopf für das Naviculare und eine 




/ Interniaxil- 

lare;/.Iugalp. 

/- I^acryniale; 

.'/ Mnxillnre; 

.V Nasale; X 

St|uainoi*um ; 
Incirivi; /> 
Prämolare*; 

m.. Molare-* 



nach (Jrrvais. 



Fig. ."><""'. 
TvjM>therinin 

erfotatnnt; 



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XIX. Ordnung: Tnxn.lontiii. 



:<>:> 



ausgehöhlte (lelenktiäche für die Tibia: Nagelphalangen. die mehr oder 
weniger deutlich ihre Bildung aus unguikulaten noch verraten. Diesen 
*" Typotheriidae gegenüber zeichnen sich die weit grölieren ~Toxo- 
doxtidae aus durch das Fehlen einer (Maviciila. Hand und Fuß sind 
tridaktyl mit ungulaten Nagelphalangen. Carpus und Tarsus alternieren, 
die oberen M sind annähernd dreieckig. 

Der nagerähnliche Charakter der Typo- 
theriidae ist hier geschwunden, statt dessen 
ist in den allgemeinen Zügen ein Fngulaten- 
charakter nicht zu verkennen. 

Auch hier lassen sich wieder bei den 
jüngeren Formen Spezialisierungen erkenne»» 
gegenüber <len älteren, die primitiver sich 
verhalten. An der Wurzel stehen die - Neso- 
dontinae, durch tNesodon Owen repräsen- 
tiert. Das (iebiti ist noch vollzählig, ge- 
schlossen und aus Zähnen bestehend, die 
wenigstens der Mehrzahl nach noch kurze 
Wurzeln haben. Das Femur hat noch einen 
•bitten Trochanter und die tridaktylen Fübe 
waren plantigrad. 

Ilei den ~ Xotodontinae sind alle 
Zähne wurzellos mit permanentem Wuchs. 
Dies gilt auch für die ' Toxodontinae. von denen das Skolet von ~ Toxo- 
don Owen aus dem jüngsten Tertiär und Pleistocän Argentiniens vollständig 
bekannt ist. Auf das Milchgebiii mit Wurzelzähnen : di *' de \ f dm } folgt 
das definitive mit wurzellosen, prismatischen Zähnen IJfJ P * J M !J |S. 
Roth |. Die unteren M sind zusammengedrückt mit drei Falten an der Innen- 
wand. Der Trochanter tertius ist geschwunden. Hand und Fuli digitigrad. 




Fiß. 502. Toxodon Burmeistcri (Jicbcl; nach Burnieister. 



Die Reste von + Trachytherus Amegh. sind vorläufig noch zu 
spärlich, um die Stellung dieses Tieres festzustellen, dennoch meint 
Lydekker, daß es vielleicht als der direkte Vorfahre von Typotherium 

Woher, Stagatim. 45 



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Fi>r. ."»Ol. Kau fluche von Mo- 
laren von Toxodontia. a Typo- 
therium. 2. rechter ol>crcr M; ti. 
Vtr.-b Toxodon platensis, 2. rechter 
oberer M ; 1 . n. Gr. - < Toxodon 
imbricatiii«. 2. rechter oberer M; 
V, n. Gr.. nach Lydekker. 



7(Mi 



XX. Ordnung: Hyracoidea. 



gelten dürfe und einer Form entstamme, die mit Nesodon mehr oder 
weniger verwandt gewesen sei. Wäre dem so. so wäre die Beziehung 
der Typotheriidae und Toxodontidae eine engere. Doch aucli so gestatten 
gemeinsame Züge im Gebiß, die Aushöhlung des verlängerten harten 
(iaumens. der auffallend hohe Unterkiefer, seine verschmolzene Symphyse 
mit kanalartiger Aushöhlung, der schwere, hohe Jochbogen, der nach auf- 
wärts gerichtete äußere Gehörgang u. s. w„ diese beiden Gruppen als 
divergente Zweige eines gemeinsamen Stammes anzusehen, der vermutlich 
an seiner entlegenen Wurzel mit den Hyracoidea zusammenhing. Die 
geographische Beschränkung letzterer auf Afrika, der Toxodontia auf Süd- 
Amerika ist keine Schwierigkeit. Das Vorkommen eines Chrysochloris-artigen 
Fossils in Süd- Amerika | Scott | ist nur ein neues Glied in der Kette von 
Tatsachen, die einem früheren Zusammenhang Süd-Amerikas und Afrikas 
das Wort reden. Auch wird bei den Hyracoidea hervorgehoben werden, 
daß Ameghino meint. Vorläufer dieser Ungulaten im ältesten Tertiär Argen- 
tiniens entdeckt zu haben. 



XX. Ordnung: Hyracoidea. 

Eine geringe Zahl kleiner Pflanzenfresser, die in mehrfacher Hinsicht 
sehr selbständig stehen, werden als Hyracoidea vereinigt und gegenwärtig 
allgemein den Ungulaten im weiteren Sinne zugezählt. Dies geschieht 
namentlich auf Grund des Baues ihrer Extremitäten, von denen früher 
schon is. p. (V.M.)) angedeutet wurde, dali sie den sog. taxeopoden Zustand 
der primitiven Ungulaten bewahrt haben. Während sie anfänglich den 
Hodentia angefügt wurden, in erster Linie wegen oberflächlicher Aehnlich- 
keit ihrer oberen Schneidezähne mit Nagezähnen, erkannte bereits G. Cuvier 
die Uebereinsthnmung ihrer Backenzähne mit denen von Rhinoceros. Er 
stellte sie daher zu seinen Pachydermes, welche Rhinoceros. Tapir, Pferd. 
Elefant und Schwein umfaßten. Von da ab blieb den Hyracoidea bei der 
Mehrzahl der Autoren eine Stelle in wechselnder Nähe der Perissodactyla. 
wobei sie vielfach zu der Ordnung Lamnungia Iiiiger erhoben wurden. 
Cope brachte sie. zusammen mit den Elefanten, als Subungulata in Gegen- 
satz zu den Ungulata vera. Welches weitere Licht die heutige Wissen- 
schaft auf diese primitive Ordnung wirft, soll aus folgendem erhellen. 

Die Hyracoidea sind Tiere reichlich von Hasengröße, die wir nach 
dem Vorgange 0. Thomas' zu einem Genus vereinigen, dessen gebräuch- 
licher Name Hyrax Hermann dem älteren Procavia Storr weichen muß. 
Den gedrung enen Körper bedeckt ein dichter Pelz, dessen Haare in Gruppen 
bis zu 1:"> angeordnet sind. Meist ungleich in Dicke, stehen sie in eigenen 
Follikeln, können aber unechte Bündel dadurch bilden, daß mehrere Haare 
in eine Hautgrube eingesenkt sind. Die acinösen Drüsen sind meist klein, 
tubulöse kommen nur sparsam vor. Außer an den gebräuchlichen Stellen 
im Gesicht, ragen Tasthaare auch auf den Flanken, auf Brust und Rücken 
als vereinzelte, steife Haare aus dem Pelz hervor. Von demselben hebt 
sich ferner eine Flocke abweichend gefärbter Haare auf dem Rücken, in 
der Höhe der Lendenwirbel ab. In ihrer Mitte findet sich eine rundliche, 
nackte Stelle, die Anlaß gab. von einer Rückendrüse zu sprechen. Jedoch 
irrtümlich: sie fehlt ebenso wie Analdrüsen. 



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Hyrncnidm. Körperbau. 



707 



Die Milchdrüsen entleeren sich, je nach der Art, entweder nur durch 
zwei inguinale Zitzen oder sie erstrecken sich weiter nach vorn und haben 
autier vier inguinalen auch noch zwei axillare Zitzen. 

Die Endphalangen der 4 Finger der Hand, die Iiis zum Nagel häutig 
verbunden sind, tragen keine eigentlichen Hufe, sondern nur breite, halb- 
mondförmig gebogene Nägel. äußerlich denen des Menschen ähnlich, welche 
das Endglied nur von oben decken und von der Fingerbeere überragt 
werden. Mikroskopische Untersuchung zeigt mir aber, daß sich an den dor- 
salen Plattnagel ein Sohlenhorn ansehließt, das die Fingerspitze überdeckt 
und erst ventral in das Epithel des Fingerballens übergeht. Dies gilt 
auch für die 2 äußeren Zehen des Fußes. Die innere aber ist beweglich 
und hat einen scharfen Nagel, der die Nagelphalanx umgibt in einer Forin. 
die Oeorge mit dem Schneckenhaus von Scaphander lignarius vergleicht. 
Die zugehörige Nagelphalanx ist einzig dastehend unter Säugern — 
der Uinge nach bis nahe an ihre Ilasis gespalten in ein dorsales größere.» 
und ventrales kleineres Stück. Diese Einrichtung verleiht dem Nagel 
grobe Festigkeit der offenbar zur Pflege des Haares, zum Kratzen u. s. w. 
dient und dafür die von den übrigen Nägeln durchaus abweichende 
Form hat. bezüglich der Nägel überhaupt ist im Auge zu behalten, daß 
die Ilyracoidea plantigrad sind und auf der ganzen Sohlenfläche ruhen, 
deren Elastizität erhöht wird durch stark entwickelte Sohlenballen. Die 
Anordnung dieser macht es möglich, daß der aufgesetzte Fuß durch Luft- 
verdünuung sehr fest haftet und das Tier befähigt, an fast senkrechten 
Felswänden hinaufzuklettern. 

Am Schädel fällt der massive Kieferteil gegenüber dem kurzen 
Schnauzenteil, der seitlich zusammengedrückt ist. auf. ferner die perpen- 
dikuläre Hinterhauptsschuppe. An sie schließen sich zwei Parietalia an. 
die jederseits die Temporalgruben mit einer Temporalleiste begrenzen, 
welche Leiste als Processus orbitalis sich fortsetzt. Zwischen den Parie- 
talia liegen 1 oder J Interparietalia. deren Größe, Form und Selbständigkeit 
verschieden sich verhält 
je nach Alter und Art. 
Die 2 Frontalia bilden 
das Dach der Orbita 
und grenzen vorn an 
die breiten, aber kurzen 
Nasalia. die meist eine 

Ecke des I^acrvmale 

berühren. Letzteres 
liegt als kleiner Knochen 
am inneren Winkel der 
Orbita zwischen Maxil- 
lare und Frontale und 
bildet hier, ähnlich wie 
bei Elefant und Khino- 
ceros. einen Vorsprang. 
Die Tränenöffnung liegt 
orbital entweder zwi- 
schen Maxillare und 
Licrvmale oder sie durchbohrt letzteres am AuUenrand. Das Maxillare 
verbindet sich derart mit dem Frontale, daß letzteres von der Berührung 

45 • 




Fig. "»OH. Prora via capeiwift, n. <ir. 



Tos 



XX. Ordnung: Hymcoiden. 



mit dem Intcriliaxillare ausgeschlossen ist. Dieser Knochen ist fast rhom- 
bisch utlil umfaßt jederseits den größten Teil des Foraiuen incisivuin, 
dessen Hinterland das Maxillare abschließt. Am (Jauinen. der Iiis zum 
letzten Backenzahn reicht, beteiligt sich wesentlich das Palatinuin. das 
zwischen den Alveolarfortsätzen nach vorn reicht bis ungefähr zur Mitte 
des 4. Backenzahnes. Die an ihrer Basis dicken Ptervgoidea bilden deut- 
liche Ptervgoidgruben. Palatinuin und Maxillare stellen den Hoden der 
Orbita dar. Nach unten wird diese Höhle durch das .Jugale. nach hinten 
durch dessen Processus orbitalis begrenzt. Letzterer nähert sich oder 
verbindet sich gar bei anderen Arten mit dem bereits genannten oberen 
Orbitalfortsatz, der — merkwürdig genug vom Parietale ausgeht und 
an dessen Basis nur bei einzelneu Arten auch das Frontale sich beteiligt. 
Rr formiert eventuell einen Orbitalring. Auch das Jugale weicht da- 
durch vom gewöhnlichen Verhalten ab. daß es die Außenseite der Cavitas 

glenoidea fttr das rnterkiefer^elenk darstellt. Sie 
ist in der Quere erweitert und gestattet seitliche 
Gleitbewegung des Unterkiefers. Hinter ihr Heut 
ein bedeutender Processus postglenoideus. Das 
Tvmpanieum. das mit dem Petrosum nur lose 
verbumlen ist. ist einesteils aufgetrieben zu einer 
Haschenförmigen. dünnwandigen Bulla ossea, 
anderenteils bildet es nach außen von der Ver- 
dickung, welche das Trommelfell trägt, einen 
engen, kurzen, knöchernen äußeren (lehörgang. 
Er verläuft zwischen Processus postglenoideus 
und posttvmpanicus. Zwischen ihm und dem 
langen Processus paroccipitalis ist, wie bei Hhino- 
ceros. Elephas, HippopOtamus die Pars mastoidea 
des IVtrosum nur angedeutet. Ein Canalis ali- 
sphenoideus ist vorhanden: Foramen lacerum und 
caroticum sind vereinigt: Foramen rotundum und 
ovale selbständig: das Foramen oi)ticum durch- 
bohrt das Orbitosphenoid. 

Fig. "►öl. Procavta empensis, 1 ,. WutralrlaVhe 
des Schädels, a Alisphntinid; i>o Baflioccipitale; bs Hasi- 
sphenoid; < Condyliis; <^C'avitA8 glonoidoa; i Intcrmaxil- 
lare: / Jugale; »', Maxillare; / Parietale; // Palatinuin; 
f>t Pterygoid; s Spiaiu<>*um; / Tympanicuni. 

In der Schäilelhöhle ist die Fossa olfactona klein. Trotzdem schließt 
sich an die schräg gestellte Land na cribrosa ein umfangreiches Siebbein 
an. das nach Paulli 4 Endoturbinalia hat mit f> Riechwülsten, die der 
Form nach denen der Insectivora sehr ähnlich sind. Außerdem sind 
4 Ectoturbinalia vorhanden und ein einfach eingerolltes Nasoturbinale. 
Hinter diesem tritt das gleichfalls einfach eingerollte Maxilloturbinale be- 
deutend zurück. Die Pneuinatisierung des Maxillare. Nasale. Frontale, 
Lacrvmale geht von einer Ocffnung aus unter dem Nasoturbinale. 

Wiederholt wurde vom Unterkiefer die Aehnlichkeit seines hinter 
der Zahnreihe gelegenen Teiles mit dem der Perissodactyla hervorgehoben. 
Derselbe zeichnet sich durch Breite und Höhe aus. wogegen namentlich 
der symphysiale Teil äußerst niedrig ist. Der Condvlus mandibulae ist 
(pter verlängert (Fig. f>03). 




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Hyraeoklen. Kürperbau. 



TOD 



Das Zungenbein erheischt wegen seines durchaus abweichenden 
Baues, über den die Meinungen geteilt sind, weitere Aufklärung. 

Zur Zeit erscheint mir das Basihyale als eine dorsalwärts konkave 
knöcherne Platte, an die sich lateral wÄrt« auch beim erwachsenen Tier 
. eine ausgedehnte Knorpelplatte anschließt. Mit beiden verbindet Bich jeder- 
seits ein stabföriniger Knochen, der wohl dem Hypohyale entspricht und 
an seiner Spitze ein knorpeliges Ceratohyale trägt, das aber auffallender- 
weise sich mit dem der anderen Seite verbindet und so einen Stützapparat 
darstellt, der einem paarigen Os entoglossum funktionell entspricht, auch 
von (ieorge als solches aufgefalit wird. Diesem Zungenbeinbogen gehört ein 
dem Schädel anliegendes, von .1. F. Brandt entdecktes Knöchelchen an. das 
wohl als Stvlohvale aufzufassen ist. Das hintere Horn wird vertreten durch 
einen hinteren Fortsatz der genannten Knorpelplatte, der liganientös mit 
dein Schildknorpel sich verbindet und damit als Thvreohvale sich ausweist. 

Die Wirbelsäule hat. je nach der Art. im Mittel * 2* » 21 thorakale 
und 7 - 9 lumbale Wirbel: der K». ist der antiklinische (diaphragmati>che 
Wirbel. Von den 5-7 Sakral-Wirbeln verbinden sich J mit dem Ilium. 



Fig. 505, Procavia capeiiM;«. Link*, 
rechte Handwurzel: / Trapczium; Traj>czoul ; 
s ('apitatuin; 4 Hamatiim; 5 Kcaphoid; 6 Lu- 
natum; 7 Triqueiruin; <v Centrale; II— VI, bis 
. r >. Metaearpale. Hecht*, linke Fußwurzel: 
/ C'alcaneus; .• Tain-; .? Navieulare; 4 Cuboid; 
5 Feto-, 6 Me*oeuncifi»rine. Nach I'ourhet u. 
Bcaaregard. 



Im kurzen Schwanz spielt die Wirbelzahl zwischen 4 und *: er ragt denn 
auch nicht hervor. Der Processus odontoideus epistrophei ist abgeflacht, 
konisch. Wie allgemein den recenten l'ngubtten. fehlt eine Clavicula. auch hat 
die Scapula die den Fugulaten eigene, lang-dreieckige Form mit einer Spina, 
die in ihrer Mitte am höchsten ist und der ein Acrotnion fehlt. Dem ge- 
streckten Humerus. dem ein Foramen entepicondyloideum abgeht. schließen 
sich Radius und Tina gut ausgebildet an. die fast gleichlang sind und 
nur bei alten Tieren ankylosieren. Die Hand bewahrte den Charakter 
primitiver, eoeäuer. plantigrader rngulata, indem die Carpalia noch in 
serialer Anordnung sind, entsprechend dem Schema, das wir für den taxeo- 
l><Mlen Zustand auf p. f>*7 gegeben haben. Nur die Metaearpalia weisen 
bereits eine laterale Verschiebung auf. Das Centrale carpi. das unter recenten 
l'ngulaten nur noch bei Klephas vorhanden ist. liegt zwischen Trapezoid. 
Scaphoid und Lunatum. Namentlich der I. Finger ist stark verkürzt durch 
Verlust der Phalangen, von denen höchstens noch die erste angedeutet 
ist durch eine knorpelige Masse, er liegt denn auch unter der Haut ver- 
borgen und trägt keinen Nagel. Dies ist nicht der Fall mit dem gleich- 
falls verkürzten V., der wie die übrigen Finger :> Phalangen hat; von 
diesen ist der III. nur wenig länger als die beiden übrigen. Durch ihn 
läuft die Extremitätenachse wie bei den Perissodactyla. Das Becken ist 
schmal: die langen, schlanken Femora haben der Trochanter tertius nur 
angedeutet. Gewöhnlich ankylosiert die gut ausgebildete Fibula nur proxi- 
mal mit der Tibia. Sie artikuliert mit dem Talus. 




71(1 



XX. Ordnung: Hyracoidrn. 



Auch im Fuß finden wir noch den taxeopoden Zustand bewahrt, 
insofern als der Talus distal ausschließlich auf dem Naviculare ruht, der 
Calcaneus ausschließlich auf dem Cuboid und das Calcaneo-cuboid-Gelcnk 
zuweilen unter dem Niveau des Talo-navikular-Gelenkcs liefet. Im Hin- 
blick auf die Verschiebungen, die der primitive taxeopode Fuß erleidet, 
um zum Fuß der recenten Ungulaten zu werden, ist es wichtig, daß nach 
Oshorn bei Procavia (Dendrohyrax) arboreus der Talus bereits mit breiter 
Facette mit dem Cuboid artikuliert, somit nicht mehr taxeopod. sondern 
diplarthral geworden ist im Sinne von Cope (Fig. 427 p. iV.Nb. 

Vom Hallux ist keine Spur mehr vorhanden und Metatarsale V ist 
nur durch einen kleinen Nodulus vertreten, so daß nur 3 Zehen entwickelt 
sind, von denen die innere (II.) die obengenannte gespaltene Nagelphalanx 
hat. Die Endglieder «1er übrigen Zehen ebenso wie die der Finger sind 
abgeflacht und haben einen verdickten, rauhen oder schief abgestutzten End- 
rand wie die Nashörner und Elefanten. 

Gegenüber den Ungulaten zeichnet sich das Gehirn durch Armut 
an Windungen aus. deren es nur 2 longitudinale gibt, welche die Länge 
der Hemisphären haben. Die erste bildet die marginale Windung insofern 
sie zwischen der medialen longitudinalen Scissur und einem longitudi- 
nalen Sillens liegt, der sich bis zum Hemisphärenende erstreckt. Er bildet 
die obere Grenze einer 2. Windung, die als untere (irenze einen Sulcus 
hat, welcher kurz vor der Fossa Sylvii (?) beginnt und bis zum Hinter- 
ende der Hemisphäre reicht. Eine unterbrochene antero-posteriore Furche 
teilt diese Windung in einen oberen und unteren Abschnitt. Zwischen 
der 2. Grenzfurche und der Fissura rhinalis. welche ein sehr umfangreiches 
Rhinencephalon abgrenzt, liegt eine große Partie des Mantels, welche durch 
2 vertikale Fissuren in 3 Windungen zerlegt wird. Die vorderste dieser 
Fissuren hat nach Lage und Richtung einigermaßen den Charakter einer 
Fossa Sylvii |W. Turner |. Die Hemisphären bedecken das Mittelhirn. 
Sie haben also, abgesehen davon, daß im Gegensatz zu Fngulaten. eine 
Fissura splenialis fehlt. Merkmale, die auf eine Hirnform primitiver Vn- 
gulaten deutet. 

Unbedingt ist das Gehirn makrosmatisch; dem entspricht auch der 
Bau des peripheren Geruchsorgans, der oben bereits dargelegt wurde. 
Ein Jacobsonsches Organ und Stensonsche Gänge sind vorhanden. 

Vom Auge ist hervorzuheben, «laß die Nickhaut umfangreich ist und 
eine Hardersche Drüse sich ihr anschließt. Am Hinterrande der Orbita 



liegt die große halbmondförmige Glandula lacrymalis. Bezüglich des Ge- 
hörorgans wurde bereits hervorgehoben, daß das Tympanicum eine Bulla 
und einen äußeren Gehörgang bildet. Letzterer hat die Gestalt eines 
knöchernen Halbcylinders. an den das äußere Ohr. sich anschließt, dessen 
Muschel aus «lern Pelz hervorragt. 



ii I 




Cnterkieferhälfte von Pro- 
cavia capensis, von der 
Kaufläche aus ge*ehen. 




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Hyratoid»«. Körjwrbau. 



711 



Das Caviim tympani schliefet die Gehörknöchelchen ein, die nach 
Doran noch am ehesten an die des Pferdes erinnern. Dies tut aucli die 
Tuba Eustachi!. Ihr pharyngeales Ende ist eine lange Spalte, derartig 
schräg orientiert, daß die beiderseitigen Spalten sich mit ihrem dorsalen 
Ende berühren in /\ förmiger Anordnung. Noch auffälligere Aehnlichkeit 
mit den Perissodactyla bildet das Diverticulum. der zu einem ..Luftsack" 
ausgestülpten medialen Wand der Eustachischen Röhre. Er wirkt vielleicht 
wie beim Pferd als Resonator für die grunzenden und gellenden Töne, 
welche die lebhaften Hyracoidea ausstoßen. 

Das Gebiß, das früher mißverstanden wurde, hat nach neueren 
Untersuchungen, namentlich von F. Lataste. M. F. Wood ward und Adloff, 
in der 1. Dentition 2 (3| obere und ;l untere I, sowie Canini. von denen 
namentlich die unteren sehr klein sind. Nur die oberen erhalten sich eine 
kurze Zeit in der 2. Dentition indem sie dem 1. Prämolar dicht anliegen, 
als kleine stiftförmige Zähnchen. Die Formel des Milchgebisses lautet dem- 
nach '*!' Ir'tr'Trd' l't rl'!l 4 - wo, » ci 'las Auftreten von zweifei- 

id) in,, id ind t Hirt. m<1 : , mil, 

haft ist. 

Im bleibenden (iebiß wird im Zwischenkiefer nur id,, der im Milchgebiß 
ein Wurzelzahn war mit flacher, spatelförmiger Krone, ersetzt durch einen 
immerwachsenden, halbzirkelförinig gebogenen Zahn, der Anlaß gab, 
die Hyracoidea den Rodentia zuzurechnen. Er weicht aber vom oberen 
Schneidezahn der Rodentia darin ab. daß er dreiseitig prismatisch ist und 
die zwei nach vorn gekehrten Seiten, die sich in einer Längskante treffen, 
mit Email bedeckt hat. Hierdurch wird das Zahnende zugespitzt. Die 
Schärfe dieser Zuspitzung ebenso wie die der Iüngskante ist nun beim 
Männchen eine erheblich stärkere als beim Weibchen und bietet somit einen 
Sexualcharakter dar |(). Thomas]. Uebrigens werden die oberen Schneide- 
zähne auch nicht als Nagezähne gebraucht, da die Tiere mit denselben 
Kräuter einfach abbeißen. Die 2 unteren Schneidezähne, von denen der 
innere der kleinere ist. sind schräg nach vorn gerichtet und haben an 
ihrer meißeiförmigen Krone in der Jugend drei bis vier Einkerbungen. 

Im bleibenden (iebiß, das erst spät auftritt mit der Formel !' . 01 ' 1-4 »!' 1 
hat starke Abnutzung der Prämolaren statt und Hand in Hand damit der 
Ausfall von P, , dem P 2 und selbst P 3 folgen kann, sowie deren funk- 
tionelle Vertretung durch die allmählich sich entwickelnden Molaren. Dies 
ist namentlich bei den hypselodonten Zähnen der Fall. Es zeigt sich näm- 
lich, daß neben dieser Form der Backenzähne bei anderen Arten die 
braehydonte Form auftritt. Dementsprechend gleichen die Kronen bald 
mehr denen von Rhinoceros, bald mehr denen von + Palaeotherium. Oben 
haben sie ein Außenjoch und zwei Querjoche, unten zwei nach innen 
schauende halbmondförmige Joche. Die ersten Prämolaren, deren früher 
Ausfall bereits verzeichnet wurde, sind der Form und Größe nach redu- 
ziert. Letztere nimmt überhaupt in der Rackenzahnreihe nach hinten zu, 
nur ist der letzte Molar wieder kleiner. 

Das Milchgebiß, dessen primitivere Züge in der Zahl der Incisivi und 
in der Form der oberen, in dem Vorhandensein von Canini und in der 
Geschlossenheit der Zahnreihe sich sofort aufdrängen, lassen sich auch in 
den Prämolaren erkennen. Gegenüber den Reduktionserscheinungen, die 
der erste P. bereits weniger der zweite zeigt, gleicht der 1. Milchprämolar 
den übrigen. 



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1VJ 



XX. Ordnung: Hyracofdca. 




Die Hyracoidea haben somit ein Ciigulatengebiß. das nur in seinem 
vorderen Teil sekundäre Aenderung erlitt, insofern, als die oberen Incisivi 
eine außergewöhnliche Form annahmen, was auf die übrigen Incisivi und 

Canini einwirkte. Das Milchgebiß 
unterlag aber diesem KinHußkaum 
und bewahrte sich viele primitive 
Züge. 

In der Mundhöhle fallen die 
zahlreichen, in zwei Reihen ge- 
stellten (iaumenleisten durch ihre 
Größe auf : nicht minder, daß auf 
dem Zungen rücken jedwede, mit 
bloßem Auge sichtbare Bildung 
vnii Papillen fehlt. Nur auf den 
Seiten der Zunge treten zu hinterst 
Pupillae foliatae in erheblicher Zahl 



Fig. 507. Pnx'Ävia cn|>en&ir>, Dwnv 
kanal. nach Fknrer. </ Dünndarm (tu 
kurz ilarge.stcllt); / Ileum; </« wahre« 
Coecum; e blindsaeklörmipe Anhange 
< 'olon ; r Rectum. 

auf und davor spärliche Papillae fungiformes. Von Speicheldrüsen finden 
sich umfangreiche Parotiden. Glandulae submaxillares und sublinguales. 

Der von außen fast einfache, retortenförmig erscheinende Magen /.er- 
fällt nach («eorge in einen cardialen Abschnitt, der nach links blimlsaek- 
artig vorragt, mit dickem, drüsenlosen Epithel, dicker Muskel wand und 

Von diesem etwas abgeschnürt liegt 
dichtgedrängten tubulösen Drüsen und 
weicher Schleimhaut. Kr erinnert somit an den Magen der Perissodactyla. 
Wiederkauen, das immer wieder dem Klippschliefer vindiziert wird, ist 
also ausgeschlossen. Auf den langen Dünndarm folgt ein sehr volumi- 
nöses Coecum. Auffallender ist aber, daß das Colon eine Strecke weiter 
sich plötzlich erweitert und hier von zwei verhältnismäßig langen, spitz 
zulaufenden überzähligen Coeea versehen ist. die bei keinem anderen 
Säuger vorkommen. Der viellappigen Leber fehlt eine Gallenblase, Das 
in früherer Zeit zu medicinischen Zwecken benutzte ..Hyraceuin" ist der 
eingetrocknete, mit "Urin vermengte Darmkot. 

Dali die Hyracoidea sich darin der großen Masse der Säugetiere an- 
schließen, daß ihre Epiglottis intranarial (retrovelan liegt, hat Howes nach- 
gewiesen. Die Cartilago thyreoiden zeichnet sich durch ihre Kürze, 
daneben aber durch die Länge ihres Cornu posterius aus. In der Trachea 
haben neben einzelnen unvollständigen Tracheairingen die meisten eine 
vollständige Ringform. Die Luftröhre teilt sich einfach in die beiden 
Haiiptbronchien. die nach ihrem Eintritt in die Lungen, diese weiter durch 
ziehen, unter Abgabe kleinerer Aeste. Die rechte Lunge hat vier Lapjien. 
von denen einer der Lobus diaphragmaticus ist. die linke hat drei. 

Vom Blutgefäßsystem verdienen die von Hyrtl entdeckten arteriellen 
und venösen Wundernetze in den Extremitäten hervorgehoben zu werden. 



demnach mechanischer Funktion, 
rechts der pyloriale Abschnitt mit 



Hyracoidci. Körperbau. 



713 



Ferner. daß die Vena azygos nicht, wie gewöhnlich, in die Vena cava 
anterior ausmündet, sondern (Brandt, GeorgeJ entweder in die Cava posterior 
oder direkt ins Herz. 

Die durchaus ungelappten Nieren stimmen mit den Perissodactyia 
in dem Vorhamiensein von nur einer Nierenpapille Oberem. An den Ure- 
teren fällt die hohe Einmündung in den Scheitelteil der Blase auf. 

Von den Testikeln ist seit langem bekannt, daß ihre Lagerung 
nötigt, die Hyracoidea den Testiconda zuzurechnen, dali sie somit hierin 
mit den Elefanten unter den rngulaten übereinstimmen. Es fehlt jede 
Andeutung dafür, dali früher bei ihnen Descensus testiculi sollte bestanden 
haben: ein Serotum und Inguinalkanal ist nicht vorhanden, die Arteria 
und Vena spermatica entspringen aus der Arteria und Vena renalis und 
ziehen geraden Wegs zu den Testikeln. Diese sind 
hinter den Nieren an einer Peritonealfalte, die als 
Pliea diaphragmatica aufzulassen ist. aufgehängt. 
Die Vasa deferentia. eingeschlossen in einem straff 
zum Sinus urogenitalis ziehenden Bande, das den 
Ureter überkreuzt, haben einen geschlängelten 
Verlauf und knäueln sich kurz vor ihrer Ein- 
mündung auf, haben hier aber keine Drüsen |I,ons- 
kv|. so daß keine Glandula vasis deferentis vor- 
liegt. -Wohl aber kommen große verästelte Glandulae 
vesiculares vor [Oudemans|, desgleichen mit ihnen 
verbundene paarige kleine Glandulae prostatae und 
Cowpersche Drüsen. Ganz isoliert sind die Hyra- 
coidea durch die tagerung des Veru montanum an 



Fip. 508. Dauernde I^ge des Testikols. schwanzwärt* 
von der Niere bei Procavia eapensi*», Embryo von 1(5.5 cm 
Iüfipc von Nase zum Aimn. nr Arteria renalis; <is Arteria 
spermatica; « laterale Arterie der>elbcn; *• Epididymis; vd 
Vns deferens; ve Vena epididymidi*; vs Vena sp'ermatica. 




der Dorsalseite des Endteiles der Pars musculosa urethrae [Oudemans|. 
Dem hängenden, nach hinten gerichteten Penis mit stumpfer Eichel fehlt 
ein Penisknochen. 

Der Uterus ist zweihörnig. das Ovarium liegt in einem offenen Eier- 
stockszelt. Infolge Einmündung der Urethra weit oberhalb der Vulva 
statthat, ist somit ein langer Canalis urogenitalis vorhanden. Da seine Aus- 
mündung zusammen mit dem Anus in einer Hautgrube liegt, wird der Ein- 
druck einer falschen Kloake hervorgerufen, beide sind aber tatsächlich getrennt. 

Die Placenta ist deciduat und gürtelförmig; 2—3 .hinge, ausnahms- 
weise nur 1, werden in einem Wurfe geboren. 

Diagnose. Die Hyracoidea sind primitive, plantigrade. kletternde, 
herbivore Ungulaten von kleiner Körperform, mit taxeopoder Hand und 
Fuß und Centrale carpi. Am Femur ist ein Trochanter tertius angedeutet. 
Die Extremitätenachse geht durch den 3. Finger. Gebiß heterodont, diphyo- 
dont mit permanent wachsendem, dreikantigen oberen Schneidezahn: 
Backenzähne lophodont. Magen einfach. Coecum groß, außerdem 2 Blindsäcke 



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714 



XX. Ordnung: Hyrncnidca. 



am Colon. Tuba Kustachü mit Luftsack. Tcstikel intra-abdominal. Uterus 
bicornis. Placenta deeiduat und zonal. 

Geographische Verbreitung. Die Hyracoidea beschränken sieh in der 
Jetztzeit ausschließlich auf die mittleren und südlichen Teile von Afrika, 
vom Senegal im Westen. Abyssinien im Osten an: ferner in Syrien, 
Palästina und Arabien. Sie bevorzugen trockene, felsige (legenden, in 
denen sie mit großer (Gewandtheit herumklettern, meist in großer Zahl, 
wobei dann ein Tier die Wache hält und die Kolonie warnt, bei (Gefahr 
in die Felsspalten sich zu verkriechen. Auch die Felsen bewohnenden 
Klippschliefer, die auch unter dem irrtümlichen Namen Daman bekannt 
sind, erklettern gelegentlich Bäume. Dies ist die ausschließliche (Gewohn- 
heit der Wälder bewohnenden Formen, wie Procavia dorsalis, arborea etc.. 
die auch als Dcndrohvrax zusammengefaßt werden. 

Taxonomie. 

Nachdem (>. Thomas nachgewiesen, daß weder das Interparietale, 
noch die Vollständigkeit oder Fnvollständigkeit des Orhitalrinires , noch 
die Hypselodontie oder Brachydnntie der Backenzähne, noch die Zahl der 
Rippen, noch endlich die der Zitzen durchgreifende Merkmale bieten um da- 
nach verschiedene Genera zu unterscheiden, erscheint, es ratsam, die — 
je nach der Auffassung etwa 14 — H> Arten als Procavia Storr Hvrax 
Herrn. ) zusammenzufassen. 

Wissenschaftlich am längsten bekannt — durch die Untersuchungen 
von Pallas — ist Pr. capnisis Pall. Auf die Südspitze von Afrika be- 
schränkt ist sie leicht kenntlich am schwarzen Dorsalfleck, den sie mit /V. 
sJloatta Gigl. von Abyssinien teilt: beide sind nahe verwandt und hvpselodont. 

Bereits in der Bibel wird Pr. syriaca Schrei), erwähnt. Diese 
kleine in Syrien und Arabien vorkommende Art mit hypselodonten Backen- 
zähnen gehört zu der Abteilung mit gelbem (oder weiUeun Kückenfleck. 
Die Zähne der genannten Arten erinnern au die von Khinoi en>s. der 
Fuß ist taxeopod. Demgegenüber haben braehydonte, an Palaeot herium 
erinnernde Backenzähne, nur 2 inguinale Zitzen und eine Artikulation des 
Talus mit dein Cuboid (falls dieses Merkmal durchgreifend ist!) die Arten: 
Pr. Ptnini Thom.. validns True, ttrborcns A. Sm.. dorsalis Fräser. Diese 
auf Bäumen lebenden, gleichfalls afrikanischen Arten, werden mit einigen 
anderen auch unter dem Namen Dkndkouvrax (Gray vereinigt. Wirklich 
durchgreifende Unterschiede gibt es hierfür aber nicht. 

Vorgeschichte. 

Im Hinblick auf die Fußstruktur leitete Oope die Hyracoidea von 
den + Condylarthra ab und betrachtete sie als wenig veränderte, wenn 
man will, höhere (Glieder seiner < Taxenpoda. Dieser (Gedanke, der auf 
der richtigen Ueberlegung beruhte, daß die Hyracoidea durch ihre planti- 
grade, serialc Fußstruktur generalisierte Ungulaten seien, wurde immer 
wieder ausgesprochen und speziell die ' Meniscotheridae als vorväterliche 
Abteilung aus den ('ondylaithra angewiesen. Der Name Hyracops Marsh 
deutet denn auch auf die Aehnlichkeit der Fxfremitäten dieses Menisko- 
theriden mit denen von Procavia. Fossile Reste, welche die weite Kluft 
zwischen den eoeäneu • Condylarthra und den recenten Formen fiber- 



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XXI. Ordnung: Protxwcidea. 



715 



brückten, wurden bisher aus der Alten Welt aber nicht bekannt. Daß in 
dieser Hinsicht jeder Tag diese Lücke ausfüllen kann, lehren die neuerlichen 
Funde im Untertertiär Aegyptens, die unerwartete Auskunft über die 
Genealogie der Elefanten lieferten (s. p. 720). 

Aus der Alten Welt, und zwar aus dem Pliocän von Samos, wurde 
bisher nur «las von Gaudry als + Isptodon grarcus Gaudr. beschriebene 
und von ihm zögernd den Rhinocerotidae zugerechnete Fossil bekannt. Nach 
übereinstimmenden Angaben von Schlosser. Osborn und F. Major handelt es 
sich aber um einen Hyrakoideen, der + Pliohyrax Osb. heißen muß. Be- 
züglich der Genealogie der Hyracoidea lehrt er aber nur. daß diese Gattung 
einen Seitenzweig darstellt, der die heutigen Hyracoidea an Größe weit 
übertraf und aus Afrika nordwärts wanderte. 

Eine andere Frage ist, ob die Wiege «ler Hyracoidea nicht in Süd- 
Amerika stand. Hei den + Toxodontia wurde bereits die Möglichkeit 
eines wenn auch weit entlegenen Zusammenhanges mit dieser Ungulaten- 
Abteilung erörtert. Die auffallende Aehnlichkeit des Unterkiefers beider 
Abteilungen ist wiederholt hervorgehoben. Unter den +Tvpotherien finden 
sich pentadaktyle. plantigrade. subungulate Formen mit serialer Fußstruktur 
und Centrale carpi. Wenigstens der mittlere obere I ist wurzellos mit 
permanentem Wuchs. Unter den +Toxodonten geht ferner die Clavicula, 
der Trochanter tertius und das Foramen cntcpicondyloideum verloren. 

Bekanntlich sind, soweit wir bis jetzt wissen, die + Toxodontia aus- 
schließlich südamerikanisch. Von Bedeutung ist daher, daß Ameghino eine 
ganze Reihe von Fossilen aus Ablagerungen, die er für kretaeeisch hält, 
beschrieben und zur Familie der * Archaeohyracidae vereinigt hat. Der 
Beschreibung von + .-/ rcluieohyrax nesodontoides Amegh. aus dem Jahre 1 X'l l 
fügt er die Bemerkung bei, daß es fast sicher sei. «laß aus dieser Art die 
+ Toxodontia ihren Ursprung genommen hätten. Jedenfalls ist derzeit die 
Vermutung gestattet, daß engere Beziehungen zwischen den Hyracoidea und 
+ Toxodontia bestehen. 



XXI. Ordnung: Proboscidea. 

Eine durchaus eigenartige und isolierte Stellung unter den Ungu- 
laten nehmen die heutigen Elefanten ein. Sie können denselben denn 
auch nur untergeordnet werden, wenn der Begriff Ungulaten weit gefaßt 
wird. Hierin bringen auch «lie fossilen Verwandten, insoweit man sie bis 
vor kurzem kannte, nur wenig Veränderung. 

Erst neuerdings werfen frühtertiärc Reste aus Patajzonien und aus der 
Lybisehen Wüste einiges Licht auf die Genealogie der Elefanten, ohne daß 
dadurch vorläufig ein engeres Band zu anderen Ungulaten-Abteilungcn zutage 
träte. So fehlt denn auch der Grund, sie etwa mit Hyracoidea und Amblypoda 
zu einer höheren Abteilung der Subungulata zu vereinigen. Ihre Nagelbe- 
kleidung, die hierzu Anlaß gab. ist eben teilweise eine Folge der primitiven 
Fußstruktur, die aber bei den Elefanten daneben deutliche Anpassungen au 
das bedeutende Körpergewicht zur Schau trägt. Auch in anderen Organen 
zeigen sich neben primitiven manche durchaus spezialisierte Einrichtungen. 

(ileich die Hautdecke hat sich durchaus entfernt von ihrem ursprüng- 
lichen Zustand. Das äußerst spärliche Haarkleid der heutigen Elefanten 



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7Hi 



XXI. Ordnung: l»rolx»»cidoa. 



ist der Rest eines besser entwickelten ihrer Vorfahren. Es. setzt sich nach 
Möbius namentlich aus weicheren Flaumhaaren zusammen, die zwar weit 
entfernt, aber immerhin dichter stehen als die mehr borstenartigen Grannen- 
haare, die am Schwänze zu langen Horsten auswachsen und eine Art dünner 
Schwanzquaste darstellen. Vom Mammut aus der Eiszeit Eurasiens wissen 
wir, daß es weit dichter behaart war durch dichtgedrängt stehende Flaum- 
oder Wollhaare, zwischen denen dickere Grannenhaare gleichfalls nicht fehlten. 

De Meijere konnte in der dicken Haut keine tubulösen Drüsen ent- 
decken, acinöse nur an den Augenlidern, wo sie in den Haarfollikeln aus- 
münden. Trotz dieser Armut an Hautdrüsen tritt eine konglobierte Drüse 
in der Wangengegend auf, in der Nähe des hinteren Augenwinkels, die zur 
Brunstzeit stärker funktioniert. 

Die beiden Zitzen sind brustständig. 

Der unförmlich große Schädel ist ein klassisches Beispiel für die 
langdauernde Zunahme des Umfanges des Schädels durch Pneumatisierung 
der Schädelknochen zu Zwecken, die ohne jeden Zusammenhang sind mit 
der Größenzunahme des Gehirns. Der für letzteres benötigte Raum ver- 
größert sich kaum nennenswert. Das allmähliche Wachstum der Stoßzähne, fer- 
ner die schweren Backenzähne fordern aber Zunahme der Kiefer. Der Rüssel 
verlangt ausgedehnte Ursprungsflächen für seine Muskulatur. Unter dem 
Einfluß dieser Forderungen werden namentlich die Intermaxillaria und der 
alveolare Teil der Kiefer groß, tritt Verlagerung der Nasenöffnung nach 
hinten ein, wodurch die Lage der Nasenkanäle eine fast senkrechte wird. 
Die Nasalia werden demgemäß kurz, die Stime äußerst breit. In der Mehr- 
zahl der Knochen, welche die Schädelhöhle umgeben, entfernt sich hierbei 
die äulierc Wand von der inneren. An Stelle der zwischenliegenden Diploe 
treten weite Luft höhlen auf. die durch zahlreiche, meist lotrecht auf der 
Wandfläche stehende Knochenblätter in zahlreiche zellige Räume verteilt 
werden. Diese pneumatischen Höhlen dehnen sich auch auf den Gesichts- 
schädel aus bis in die Nasalia. Maxiilaria. Intermaxillaria. Palatina, Vomer 
und Ethmoid. Allmählich schwinden die Nähte zwischen diesen Knochen 
und damit auch die Grenzen zwischen ihren pneumatischen Höhlen. 

Erst am jugendlichen Schädel erkennt man die Ausdehnung des 
Supraoccipitale in der Richtung nach vorn. Im Gegensatz zu den übrigen 
Knochen wird sein medialer Teil nicht pneumatisiert. Hierdurch entsteht 
am Hinterkopf eine tiefe Grube für den Ansatz namentlich des Nacken- 
bandes (Ligamentum nuchae» und der Nackenmuskulatur, die entsprechend 
dem Gewicht des Kopfes außerordentlich stark sind. Das Supraoccipitale 
bildet zusammen mit den umfangreichen Parictalia den größten Teil des 
Schädeldaches: letztere auch die Seitenwand der Schädelhöhle. Hieran 
beteiligt sich ferner das Squaniosiun. Dem Parietale gegenüber tritt das 
Frontale zurück. Es bildet das Dach der Augenhöhle, sein Processus 
postorbitalis ist aber zu gering, als daß «lie Orbita nicht in weiter Kom- 
munikation bliebe mit der Temporalgrube. Als weitere Abweichung von 
den Ungulata vera bildet das Jugulare nur die Mitte des .Jochbogens. 
auch fehlt ein Processus postglenoideus und paroccipitalis. Ein Processus 
posttvmpanicus dehnt sich aber bis zur rundlichen Fossa glenoidea aus 
und umfaßt damit einen knöchernen äußeren Gehörgang. An seiner 
Bildung beteiligt sich das Tvmpanicum nur unbedeutend. Dieses vereinigt 
sich früh mit dem Petrosum und bildet eine Bulla mit medialer Furche 
für die Garotis interna. Das kleine, undurchbohrte Lacrymale liegt am 



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l'roboscidea, Körperbau. 



717 



Orbitalrand und hat einen Fortsatz, ähnlich wie Proeavia. Foramen condy- 
loideam und Alisphcnoidkanal fehlen. Die Unterkieferhälften mit hohem 
aufsteigenden Ast, rundlichem Condylus und massivem alveolaren Teil 
verschmelzen zu einer verlängerten, einigermaßen röhrenförmigen Symphyse. 

Am auffallendsten ist am Schädel die Lage der Nasenkanäle, deren 
Richtungsachse ungefähr einen Winkel von 4f>° mit der Horizontalen 
bildet. In sie führt die hoch auf den Schädel verschobene, in die Quere 
sehr verbreiterte, von vorn nach hinten kurze Apertura nasalis externa. 
Cebcr die Muscheln soll unten gehandelt werden. Hier sei nur ange- 
deutet, datt die Pneumatisierung der Schädelknochen von der Nasenhöhle 
ausgeht und daß somit die Schleimhaut, welche sämtliche Lutträume aus- 
kleidet, der Schleimhaut der Nasenhöhlen angehört. 

Von den schwach opisthocölen Halswirbeln hat der Kpistropheus 
einen konischen Pro- 
cessus odontoideus; der ,i .\ < ■- U 
siebente hat jederseits 
eine Facette für die 
l. Hippe und undurch- 
bohrte Querfortsätze. 
Sein Processus spinosus 
ist sehr lang, was auch für 
die vorderen der li> bis 
20 Thorakal wirbel gilt 
und Folge ist der starken 
Ausbildung des Liga- 
mentum nuchae. Es 
sind 3 Lumbal-, 4 Sa- 
kral- und bis zu 31 
Schwanzwirbel vorhan- 
den. Alle postcervi- 

Kig. 509. Hlephas 
iodteas. Läiigsschiiiit durch 
eine gefrorene Hand. U 
l'lna; /- Lunatum; C Capi- 
tatum; Metncarpalc 
III; /, //. /// Phalangen 
de« 3. Fingern; elastisches 
Polster. An das distale 
Hude von schliclit sich 
ein .Sesam knochen an; da- 
hinter liegen die Beuge- 
muskcln. An der Vonler- 
seite die Sehnen der Streck- 
muskeln. 




kalen Wirbelkörper haben flache Epiphysen. Eine Clavicula fehlt: der 
Processus coraeoideus ist klein und das Acromion hat einen nach hinten 
schauenden Fortsatz, wie bei manchen Nagern. Aehnlich wie bei anderen 
Säugern von enormem Körpergewicht (Megatherium, Dinoeerata etc.). sind 
die Ossa ilei in transversaler Richtung auffallend stark ausgebildet und ist 
das Acetabulum nach unten gerichtet. An den langen Extremitäten fällt 
die Länge des Humerus. namentlich aber des Femur auf. wodurch das 



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71« 



XXI. Ordnung: Proboscidea. 



Kniegelenk niedriger als sonst und außerhalb der Hautdecke der Rumpfes 
frei sichtbar zu liegen kommt. Am Humerus fehlt ein Foramen entepi- 
condyloideum: die Clna ist vollständig entwickelt, der Radius liegt zu ihr 
in fixierter pronierter Stellung. 

Auf p. ;V.H> wurde bereits auf die primitive Natur des Handskelets ge- 
wiesen. Diese äußert sich in der Anwesenheit von fünf Digiti. Ferner in der 
serialen Anordnung der Carpalia. Daß diese eine primär taxeopode. nicht eine 
sekundär erworbene ist, wie man behauptet hat. folgt aus ihrem ganzen 
Bau, namentlich aber aus dein Auftreten eines Centrale carpi, das erst 
beim jungen Tier mit dem Scaphoid verschmilzt, l'ebrigens bleiben alle 
Carpaiia getrennt. Das Trapezoid ist lang, metakarpaleartig. Die seriale 

Anordnung der Carpalia erleidet 
nur insofern eine Trübung, als das 
Lunatum sich bis auf das Trapezoid 
verschoben hat. Diese Cebersehie- 
bung radial wärts ist aber gerade 
die inverse, die man bei Diplarthra 
beobachtet (s. p. ;V.M)i und wohl 
nur Folge der starken Ausbildung 
der Clna gegenüber dem Radius, 
während ja sonst bei Ungulaten 
das Cmgekehrte statthat. 

Fig. 510. Frontal ansieht des Car- 
pus einf» erwachsenen Klephafi indieus. 
^Scaphoid; J Lunatum; CTriquelrum; 
T Trapezium; Td Trapezoid; C Capi- 
tat um; Ii Hamatnm. //— /'Mctacar- 
pale II V. 

Das Femur ist ohne Trochanter 
tertius; Tibia und Fibula sind ge- 
trennt. Auch der Tarsus ist serial i kondylarthral im Sinne Copes) gebaut, 
indem der Talus nur mit dein Naviculare artikuliert. Der Talus ist 
übrigens niedrig, mit Hachen (ielcnkflächen : die Fibula artikuliert mit dem 
Calcaneus. Auch hier erinnert die Form des Entocuneiforme an ein 
Metatarsale. 

Aeußerlich erscheint Hand und Fuß plantigrad. Es hat aber erheb- 
liche Aufrichtung vom Hoden statt gehabt, so daß die Richtung der Meta- 
carpalia nur wenig von der Vertikalen abweicht. Die 2. und Pbalange 
ruhen noch auf dem Roden, die 1. zum Teil, sie sind aber viel zu schwach, 
das Körpergewicht zu tragen. So hat sich in der Sohlenfläche ein 
elastisches Kissen subkutan entwickelt, das ausschließlich aus elastischem 
(iewebe besteht. Hiergegen lehnen sich die digitigraden Finger, so daß 
ein Zustand entsteht, den man digitiplantigrad nennen kann. Die Nagel- 
phalangen sind äußerst kurze, stark in die Quere verbreiterte Skeletstücke. 
Am Daumen, namentlich aber am Hallux, können sie ganz fehlen: be- 
sonders ersterer reicht nicht mehr bis an die Haut, so daß der ent- 
sprechende Nagel (bei Elepbas indicus) ohne Beziehung ist zu einer unter- 
liegenden Nagelphalanx. 

Die Nägel (Hufe), die am I. und V. Digitus fehlen können, springen 
nur wenig vor. sind von rechts nach links schwach gewölbt, liegen proxi- 




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Probosci.len, k'ör[xrl>HU. 



710 



malwärts in einem halbmondförmigen Falz der Haut und sind nach dem 
Hoden zu gerade abgerieben. Hier schließt sich an sie die verhornte 
Sohlenhaut, welche sämtliche Finger einer Extremität zu einer Masse ver- 
einigt, ähnlich wie bei Rhinoceros. An die Mesaxonia erinnert, daß die 
Extremitätenachse durch den III. Digitus geht, indem dieser der längste ist. 

Die Anpassung der Extremitäten an das enorme Körpergewicht, die 
in den Klumpfüßen, in den breiten Darmbeinen, in der Stellung der Gelenk- 
pfanne des Heckens zum Ausdruck kommt, äußert sich nicht minder auf- 
fällig in der senkrechten Stellung des langen Humerus und des noch 
längeren Fcmur, wodurch die Winkelstellung der Segmente der Extremi- 
täten eine unbedeutende wird '\ergl. p. II;"». 

Das (iehirn erreicht unter Lmdsäugetieren das höchste absolute 
tiewicht: vom indischen Elefanten ist eins von f>480 g bekannt geworden. 
Da aber das Körpergewicht dieses Individuums :UMH kg betrug |Oisp]. 
so ist die Ratio von Hirn- und Körpergewicht doch nur l:f)t>0. Das lang 
fortgesetzte Wachstum des Gehirns dieser erst spät erwachsenen Tiere 
verdient hervorgehoben zu werden. Seine Hemisphären zeichnen sich aus 
durch starke Lobi temporales, wodurch dieselben hinten sehr verbreitert sind. 
Die Fissura Svlvii ist tief, die Furchung des Pallium sehr kompliziert. 
Ihr gegenüber fällt um so mehr das primitive Merkmal auf. daß das Klein- 
hirn fast ganz unbedeckt ist. 

Dem kleinen Aujre fehlt ein Tränenapparat: Tränendrüse. I'uncta 
lacrvmalia und ein Tränenkanal durchaus, eine Hardersche Drüse ist aber 
vorhanden und öffnet sich auf der Fläche des dritten Augenlides. Ebenso 
wie das obere Augenlid durch einen Levator palpebrae geöffnet wird, so 
geschieht dies mit dem unteren durch einen Depressor palpebrae, der zu- 
sammen mit den Musculi reeti und obliqui entspringt und am Tarsal- 
knorpel des Lides sich ansetzt. 

Als auffälligstes Merkmal darf die äußere Nase gelten, die zusammen 
mit der Oberlippe in einen langen, aus Muskeln aufgebauten Rüssel von 
großer Kraft und Beweglichkeit ausgezogen ist. Er wird von zwei Kanälen 
durchzogen, die sich in die beiden Nasenkanäle fortsetzen. Wie gewöhn- 
lich setzt sich die Scheidewand dieser letzteren aus Vomer und Mesethmoid 
bestehend, nach außen als Scptum cartilagineum fort, das außen zugespitzt 
vorspringt und die alinasalen Knorpel trägt. Diese und die von ihnen 
entspringenden transversalen Muskelfasern beteiligen sich an der l'mwan- 
dung einer sackförmigen Ausweitung der Basis der Rüsselkanäle, die ver- 
mutlich zur Aufnahme von Wasser dienen. Bekanntlich trinkt ja der 
Elefant indem er seinen Rüssel mit Wasser füllt und dies in die Mund- 
höhle spritzt. Hierbei mag die Ausweitung als zeitweiliges Reservoir eine 
Rolle spielen, da nicht anzunehmen ist, daß Wasser in die eigentlichen 
Nasenkanäle dringt. Die Richtung dieser Kanäle bildet ungefähr einen 
W inkel von 40° mit der Horizontalen des Schädels, wie er im Leben ge- 
tragen wird. 

Heim indischen Elefanten finde ich im vorderen Nasenraum ein ein- 
fach gewundenes Maxilloturbinale mit unbedeutender Einrollung. Die me- 
diale Reihe der Ethmoturbinalia besteht aus fünf Riechwülsten, von denen 
der hinterste durch Teilung in drei sich zerlegt hat. so daß 7 Riechwülste 
vorliegen. Daß der erste 'vorderste*: das Nasoturbinale, sich nicht wie 
sonst, durch andere Lagerung und nur unbedeutend durch größeres Aus- 
maß auszeichnet, mag Folge sein der Verkürzung und Aufrichtung der 



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720 



XXI. Ordnung: l'mbosndea. 



Nasengänge, verursacht durch enorme Ausbildung des intermaxillaren und 
maxillaren Teils des Schädels zur Aufnahme der Stoßzähne. 

Neben diesen Endoturbinalia finden sich zahlreiche Ectoturhinalia. 
von denen Paulli bei Elephas africanus U» antraf. 

Die abgeflachten Ohrmuscheln erreichen namentlich beim afrikanischen 
Elefanten außergewöhnliche Größe. 

Von den Gehörknöcheln erlangt der Hammer die bedeutendste 
Größe unter Landsäugetieren. Nach Doran bietet er einzelne V ergleichs- 
punkte mit den Rodentia, was auch für den Amboß gilt. 

Außerordentliche Spezialisierung erfährt das Gebiß der recenten 
Elefanten. Es läßt sich aber ungezwungen vom ursprünglichen Verhalten 
ausgestorbener Verwandten herleiten, die diesbezüglich alle Uebergänge 
darbieten. Diese hatten in jedem Kiefer einen Ineisivus von bedeutender 
Größe, mit bandförmiger, somit unvollständiger Schmelzbedeckung. Zu- 
weilen fDinothcrium) konnte der obere I. zuweilen der untere fehlen, 
letzteres ist auch bei dem heutigen Elefanten der Fall. Hier findet 
sich im Oberkiefer ein bei der Geburt völlig ausgebildeter, verhältnis- 
mäßig kleiner, aber bereits stoßzahnartiger I. der nach 
dem ersten Jahre abgeworfen wird. Nach innen von 
dessen leerer Alveole erscheint gegen das zweite Jahr 
der definitive I. der. von persistenter Pulpa stets weiter 
wachsend, beim afrikanischen Elefanten bis zu 3 m 
lang werden kann und schließlich für seine Alveole 
Platz im Oberkiefer suchen muß. Diese Stoßzähne, 
die allein an ihrer Spitze einen bald abgeriebenen 
Schmelzüberzug haben, liefern das beste Elfenbein, auf 
dem Querschnitt ausgezeichnet durch strukturelle An- 
ordnung, wie die sich schneidenden Kurven auf dem 
Deckel einer Taschenuhr. 

Die recenten Arten haben in jedem Kiefer nur 
sechs Backenzähne — Canini fehlen durchaus — die 

Fig. '»11. a) Rechter Milchinci>>ivn.i von Elepha.« afri- 
canus; nach Pohlig. b) Linker abgeworfener Milchim-Mvu» 
von E. imliciiH; nach Corse. 

von vorn nach hinten in Größe und Komplikation zunehmen, niemals 
gleichzeitig in Funktion sind, einander vielmehr während des Lebens des 
Individuums von vorn nach hinten folgen, indem nach Abnutzung eines 
vorderen der hintere an die Reihe kommt, wobei jedesmal nur einer und 
das vordere Stück des darauffolgenden in Gebrauch sind. Letzterer ist 
dies stets mehr in dem Maße, als der vordere mehr abgeschliffen wird. 
Die drei letzten Backenzähne sind die wahren Molaren, die drei vorderen 
aber die Milchmolaren 2. 3 und 4. denen zuweilen ein vorderster rudi- 
mentärer sich zugesellt, so daß die typische Formel der Backenzähne: Pd }M : 
lautet. Bei recenten Elefanten werden nämlich die drei resp. vier Milch- 
molaren nicht vertikal ersetzt. Dies geschah wohl bei Dinotherium und ein- 
zelnen Mastodonten. bei denen auch noch Milchmolar 1 besser entwickelt 
war. hinsichtlich dieses und des 2. Milchmolaren; sie hatten somit zwei 
kleine, meist funktionslose P oben und unten. 




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IVoboscidea, Körj>erbau. 



721 



Hei den primitiveren Formen hatten die Hackenzähne eine geschlossene- 
Wurzel und niedrige Krone mit 2—3 groben, mit dickem Schmelz über- 



Fig. 512. Diagramme 
von Stücken von Backen- 
zähnen zur Darstellung, wie 
die Querjoche allmählich 
höher werden, schließlich 
einen lamellären Charakter 
annehmen und wie die Täler 
zwischen ihnen »ich mit Ze- 
ment (j, gestrichelt» füllen 
und den Schmelz i/. weill 
zwischen doppelti'in Kontur) 
bedecken. Da» Dentin (*| ist 
durch zerstreute Striche ange- 
deutet, a Mastodon ameri- 
canus . b Stegodon ganesa; c 
Elephas insignis; d E. pla- 
nifron»; e E. hysudricus; f 
E. indicus; nach Oupe. 




deckten Querjochen (Dinotherium), die späterhin zahlreicher werden (Masto- 
don>. übrigens aber den lophodonten Typus bewahren. Hei noch späteren 
Formen wird die Krone höher, während sich die Wurzel stets später 



Fig. .*> 13. Backen- 
zahn von Eleph&s 
indicus im Median- 
schnitt. Der Vor- 
derteil der Krone 
ist ben ii- schräg 
abgekaut. Die 
Schmelzlamellen, 
zwischen denen da* 
gestrichelt darge- 
stellte Zement liegt, 

reichen bis zur 
Wurzel. Das Den- 
tin ist punktiert 
angegeben. 




schlieft, auch nimmt, namentlich in den hinteren Zähnen, die Zahl der 
Querjoche zu. Gleichzeitig auch ihre Höhe, so dlfi sie einen lamellären 

Weber, Summiere. . K> 



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722 



XXI. Ordnung: Probostidea. 



Charakter annehmen. Die zwischen diesen Dentinlamellcn stets tiefer 
werdenden Täler füllen sich erst in der Tiefe, spater ganz mit Zement- 
So besteht schließlich der Zahn des Mammut und indischen Elefanten aus 
bis zu 37 Deritinlamellen mit dünnem Schmelzüberzug, die durch dicke 
• Zementschichten miteinander verbunden sind. 

Die Elefanten sind ausschließlich herbivor und nähren sich von 
Blättern und zarteren Zweigen, die mit dem Rüssel gepflückt und dem 
Munde zugeführt werden. Dessen Eingang ist auffallend eng. Dem harten 
Gaumen fehlen Gaumenleisten. Vorn hat er die beiden Oerfhungen der 
Stensonschen (länge. Der Isthmus faucium ist gleichfalls äußerst eng. Ealls 
•die I^age der Epiglottis gewöhnlich eine retrovelare (intranariale» ist. so 
nimmt sie offenbar .sehr leicht eine prävelare (extranariale) an. Zwischen 
ihr und der Zungenwurzel, überwölbt durch den weichen (iaumen und die 
Arcus palato-pharvngei, ist eine ..pharyngeale Tasche" beschrieben worden 
|\Vatson): falls sie kein Kunstprodukt ist. hat sie übrigens nichts gemein 
mit der auf p. \W erwähnten Bursa pharyngea. 

Die dicke Zunge ist mit zarten Papillae filiformes und vereinzelten 
P. fungiformes bedeckt. Sie hat ungefähr sechs im Halbkreis orientierte 
umwallte Papillen und am Zungenrande Papillae foliatae. 

Neben den gewohnten Mundhöhlendrüsen kommt den Elefanten auch 
eine Buccaldrüse zu in der Schleimhaut an der Kieferecke. 

Der einfache, verlängerte Magen hat eine Drüsenanhäufung an der 
kleinen Kurvatur. Die Darmlänge schwankt nach den Angaben bedeutend: 
sie mag für den dünnen Darm etwa 5)— 11. für den dicken etwa :">— 7 m 
betragen. Ein langes, sacculiertes Coecum ist vorhanden. Nach Forbes be- 
steht die Leber aus 3 Lappen; ihr fehlt eine Gallenblase. In dem außer- 
ordentlich umfangreichen Thorax liegen die Lungen als zwei einfache Säcke, 
von denen der rechte bei E. indicus einen unpaaren Lappen trägt. 

Als primitivere Anordnung erhalten sich zwei obere Vcnae cavae. 
Die unregelmäßig- ovalen Nieren zeigen verschieden zahlreiche, unvoll- 
ständig abgegrenzte Lobuli. 

Der ventralen Fläche der Nieren liegen zeitlebens die Testikel an 
(Fig. 223 p. 2(59). Sie sind mit dem Nebenhoden in einer dicken Peri- 
tonealfalte eingehüllt, die, am Hilus der Niere fixiert, nur geringe seitliche 
Verlagerung der Testikel zuläßt. Jede Andeutung fehlt, daß etwa bei Vor- 
fahren Descensus testiculi statthatte. Die in einer Peritonealfalte einge- 
schlossenen Vasa deferentia schwellen zu einer Ampulle an, ehe sie zu- 
sammen mit den umfangreichen Glandulae vesiculares ausmünden. Weit 
kleiner sind die beiden Glandulae prostaticae. I'rethraldrüsen fehlen [Oude- 
mansj. Cowpersche Drüsen sind vorhanden; desgleichen eine Vagina mas- 
culina, aber in äußerst verschiedenem Grade der Ausbildung. 

Der lange Penis, dem ein Penisknochen fehlt, liegt in nicht erigiertem 
Zustande in doppelter S-förmiger Biegung in der weiten Penisscheide. die 
sich weit nach vorn öffnet. Er hat eine echte, durch das Corpus caver- 
nosum urethrae gebildete, subeylindrische Glans. 

Der weibliche Geschlechtsapparat hat zu verschiedener Auffassung 
Anlaß gegeben. An ihm fällt zunächst der äußerst lange Urogenitalkanal 
auf, dessen Urogenitalöffnung nach unten und einigermaßen nach vorn 
gelichtet ist. so daß der Urin auch in dieser Richtung entlassen wird. 
Hei der Kopulation wird aber diese Oeffnung nach hinten verlagert und 
kommt unterhalb des Anus zu liegen. Am proximalen Ende des Uro- 



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Probo-eiden, Tnxononüc. 



723 



genitalkanals. dort wo die Ureteren in ihn eintreten, hat derartige Ver- 
engerung statt, dab Eindringen des Penis in den nächsten Abschnitt, in 
die eigentliche Vagina, ausgeschlossen ist. In diese Vagina münden die 
beiden rternskanäle ineist so. datf si. sich kurz vorher zu einem gemein- 
schaftlichen Kanal vereinigen, der mit einfacher Mündung in die Vagina 
sich öffnet und somit einem kurzen Corpus uteri entspricht. Damit wäre 
der Uterus ein Uterus bicornis. jedoch mit der Besonderheit, dal* seine 
beiden Hörner äußerlich über eine längere Strecke zu einem Strang ver- 
einigt sind. Ferner scheint im virginalen Zustande vollständige Trennung 
bestehen zu können, so da Ii ein Uterus duplex vorliegt |\Vat>on). 

Die definitive Placenta ist deciduat. zonal, jedoch mit Villi an den 
Polen des evlindrischon Chorion. Die Tragezeit dauert ungefähr 22 Monate. 
Ein vollkommenes Junges wird geboren und saugt mit dem Maule 
IChapman]. 

Diagnose. Die recenten Proboscidea sind spärlich behaarte, herbivore 
Ungulata. deren Nase und Oberlippe einen langen beweglichen Rüssel bildet. 
Die digitigraden Extremitäten haben fünf, zu einem Klumpfuß vereinigte Digiti 
mit kleinen Hufen: Carpalia und Tatsalia sind serial angeordnet: erstere 
enthalten in der Jugend ein freies Centrale. Tibia und Fibula. Ulna und 
Radius sind vollständig und unverschmolzen, letzterer ist dauernd proniert. 
Clavicula, Foramen entepicondyloideuni und Trochanter tertius fehlen. Im 
(JebilJ I /, C;; IM; ; \ M; ; ;. werden die olieren I gewechselt: die hleiben- 
ilen sind permanent wachsend, konisch und haben eine bald abgeriebene 
Schmelzspitzc. Von den sechs Rackenzähnen in jeder Kieferhälfte sind 
die drei vorderen die Milchmolaren. Nur je zwei sind gleichzeitig in (ie- 
brauch: nach Abnutzung hat Ersatz von hinten her statt. Sie sind groß, 
bestehen aus hohen, mit Schmelz bedeckten Dentinlamellen, zwischen 
denen Zement sich ablagert. Magen einfach. Sacculiertes, langes Coecum. 
Zwei Venae cavae anteriores. Testes abdominal: Uterus bicornis: Placenta 
deciduat. zonal. Zitzenpaar pektoral. 

Taxonomie. 

Xur zwei Arte» erhielten sich bis in die Jetztzeit in der Alten Welt. 
Sie gehören dem Genus Elkphak L. uii, das Falconer in die zwei Sub- 
genera Et'KLKPHAS mni LoxonoN geteilt hat. Zu orstereni rechnet man K. 
uuiicus L. mir fünf Hufen vorn und vier hinten, konkaver Stirn, mittel- 
groüen Olirmuseheln und fingerförmiger Verlängerung der dorsalen Hüsselspitze. 
Die sechs Backenzähne haben von vorn nach hinten 4, 8, 12 -13, 12 bis 
14, 10 — 18, 18 — 24 parallele, schmale Dentinlaniellon. Diese in Indien 
gezähmte Art bewohnt die Waldregion von Südost-Asien, sowie Ceylon 
und Sumatra, die Exemplare in Bornen sind eingeführt und verwildert. 
Die insulare Form von Sumatra wird zuw eilen als eigene Art : E. Suma- 
tra» us Schleg. betrachtet. 

Zum Subgenus Loxodon gehört E. a/ricauus L. mit nur drei Hufen, 
konvexer Stirn, sehr großen Ohren, zwei gegenübergestellten Lippen am 
Rüsselende. Die Backenzähne haben von vorn nach hinten 3, t>, 7, 7, 

46« 



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724 



XXI. Ordnung: Probowidea. 



H, 10. somit weit weniger zahlreiche rautenförmige Lamellen mit dickem 
Sehmelzüherzng. Er bewohnt die Waldgegenden Afrikas südlieh von der 
Sahara. 

Vorgeschichte. 

Bis vor kurzem beschränkte sich die Kenntnis von der Vorgeschichte 
der Proboscidea in groben Zügen auf folgendes. 

Sie treten zuerst im Miocän der Alten Welt auf. von wo sie nach 
Nord- und Südamerika wandern, um erst im Diluvium auszusterben bis 
auf die 2 Arten, die sich in der Alten Welt erhielten. 

Als primitivste Formen, trotz ihrer bereits eingetretenen Speziali- 
sierung, dürfen die 1. ^Dixotheriidae gelten. 

Hei dem einzigen bisher bekannten (ienus +Dixotherium Kaup 
mit der Zahnformel I fl C J{ Vi M ;{ sind die unteren I große, nach 
rückwärts gekrümmte Stoßzähne. Im Milchgebiß erscheint Pd s . :) und ,. 
welche beiden letzten in gewohnter Weise vertikal ersetzt werden durch 
Pn und P 4 . Diese beiden funktionieren zusammen mit den .'i Molaren. 

Sämtliche Hackenzähne sind kurzkronig. mit 
geschlossener Wurzel und hilophodont, nur 
M, und der hinterste Milchmolar sind tri- 
lophodont. im übrigen tapirähnlich » tapiroid); 
Zement fehlt in den Tälern zwischen den 
Querjochen, (legenüber den Elefanten unter- 
scheidet sich der Schädel namentlich durch 
einfacheren Hau des intermaxillaren Teiles, 
dem Stoßzähne fehlen. Er ist ferner ur- 
sprünglicher durch flacheren Hirnschädel 
und die nach hinten vorspringenden Con- 
dyli. Die Lage der Nasenöffnung spricht 
für einen Rüssel. Soweit die übrigen 
Skeletteile bekannt sind, stimmen sie in 
den Hauptzügen mit denen der Elephan- 
tidae überein. +1). gigantcum Kaup aus 
«lern oberen Miocän und Pliocän von Europa 
Fig. 514. Dinotherium gi- und Asien übertraf die heutigen Elefanten 
ganteum Kaup., narh Kaup; an (iröße und bildete einen Seitenzweig. 
nat * Gr " der ohne Nachkommen ausstarb und von 

+ PYROTHERIUM t s, unten) herstammt. 
2. Elephaxtidae. Ij oder , l , C;; P» — MiJ. Fehlen die Prämolaren, so 
bleiben die Milchmolaren: 1**1 * J * i"l in Funktion: der gewöhnliche 
vertikale Wechsel derselben fehlt also. Niemals treten mehr als :» Hacken- 
zähne gleichzeitig in Funktion, die allmählich, nach Abnutzung, von hinten 
her ersetzt werden. Sie haben wenigstens :5 Querjoche, mit Quertälern, 
die sich in verschiedenem (irade mit Zement füllen. Sie sind also lopho- 
dont oder tapiroid. oder aber die Querjoche lösen sich in zitzenförmige 
Hügel auf und sind bunolophodont oder mastoid. 

Man unterscheidet nach dem (iebiß vom oberen Miocän ab 
+Mastodox, +Steoodox und Elephas. die eigentlich nur. solange das 
Skelet in Zukunft nicht das (Jegenteil lehrt, als 3 Entwickelungsstadien 
erscheinen, von denen das letztere bis in die (legenwart sich erhielt. 
+Stegodon ist auf das Plio- und Pleistocän Ost-Asiens beschränkt. +Ma- 




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Proboacklen, Vorgeschichte. 



stodon erscheint im Obermiocän bis Pliocän der Alton Welt und erhielt 
sich in der Neuen Welt bis zum Pleistocän. 

Gleichzeitig mit +Dinotherium erscheint +Mastodon Cuv. als Vor- 
läufer der Elefanten in Europa und wanderte von hier nach Nord-Amerika. 
Die zahlreichen Arten werden zuweilen verschiedenen Genera zugeteilt je 
nach dem (irade der Spezialisierung. Zu den ursprünglichsten gehören 
die Arten, bei denen oben und unten noch die I vorhanden und mit lon- 
gitudinalem Schmelzbande versehen sind, auch die P noch auftreten, somit 
vertikaler Zahnwechsel statthat, z. H.+J/. angustidens Cuv. Weiterhin gehen 
die unteren I verloren, die oberen nehmen dagegen an Größe zu und in- 
tfuenzieren auf die Form des Schädels, der höher wird. Die Hackenzähne 
«ler ursprünglicheren Formen haben 
niedrige Kronen mit .'» oder 4 Reihen 
von Höckern imastodonti oder Jochen 
(taptroid). Die Täler zwischen letzteren 
sind höchstens in der Tiefe mit Zement 
angefüllt, auch können sie zementfreie 
unregelmäßige Tuberkel enthalten. Bei 
der jüngsten Form +Af. americanus Fjg . r , i:)< m«,,,^,,, «„^»lidens 

Cuv.. die in Nord-Amerika noch mit Cuv., 1 J0 nat. (ir. 
dem diluvialen Menschen zusammen- 
lebte, ist das Schmelzband der oberen I undeutlich, die unteren I fallen 
in der Jugend aus. Die Immigranten nach Süd-Amerika erhielten sich nur 
in der Pampasformation. 

Den Uebergang zu Elephas bildet +Stegodon Falc. bei dem die 
unteren I fehlen, die oberen sehr groß werden ohne Sehmelzband und die Quer- 
joche der Hackenzähne zahlreicher werden mit wenig Zement in den Tälern. 

Querjoche und Zement nehmen zu bei Elephas L. Die Joche werden 
Lamellen, zwischen denen die Täler sich mit Zement füllen. Die Wurzeln 
schließen sich erst spät, so daß die Zahnkrone lange wächst, hoch wird und 
lang. Somit funktionieren nur 2 zu gleicher Zeit, auch fällt Ersatz der Milch- 
molaren aus. Das Genus erscheint zuerst im Pliocän Indiens (+E. plani- 
frons Falc. et Cautl.). daraufhin in Europa (+E. meridionalis Nestii. 

In diese Reihe, die unter Loxodon Cautl. fällt, gehört wahrscheinlich 
auch der recente E. africanus L. Von den zahlreichen Arten, die auch in Nord- 
Amerika einwanderten, um dort im Diluvium auszusterben, sei +R antitjuus 
Falc. genannt wegen seiner weiten Verbreitung im älteren Diluvium 
Europas, mit der Zwergrasse +£. tut litcnsis Falc. aus Malta, dem kleinsten 
Elefanten von nur ungefähr 1,50 m Höhe. Der recente indische Elefant 
schließt sich an ausgestorbene vorder-indische Formen an, auch an den 
Mammut ~"E. primigenius Hlumenb., der in der Diluvialzeit über Nord- 
Asien, Europa, bis südlich von den Alpen und dem Kauka-sus, auch in 
Nord-Amerika bis Mexiko verbreitet war und zweifelsohne mit dem vor- 
historischen Menschen zusammenlebte. Er war gegen die niedrige Tempe- 
ratur durch ein dichtes Haarkleid geschützt, wie ganze Kadaver, die man 
im sibirischen Eise eingefroren fand, beweisen. So zahlreich waren die 
Herden, daß seine Stoßzähne noch jetzt, namentlich von den sibirischen 
Inseln in den Handel gebracht werden. 

Das Vorstehende führt die Geschichte des Elefantenstammes nur bis 
zum Miocän und bis auf bereits große und spezialisierte Geschöpfe zurück, 
ohne weiteres Licht auf deren Herkunft zu werfen. Da oberflächliche 




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726 



XXI. Ordnung: Proboftddea. 




Uebereinkunft mit +Amblypoda eben nur konvergenter Art ist, blieben 
die Ahnen unbekannt, höchstens konnte man die Vermutung aussprechen, 
daß diese unter den +Condylarthra zu suchen seien. Von 2 Seiten her 
fällt nun auf diese einiges Licht. 

Zunächst beschrieb Ameghino aus dem unterteil Tertiär, oder nach 
seiner Zeitbestimmung, aus der oberen Kreide Argentiniens Zähne und 
Unterkiefer verschiedener Tiere von bedeutender Größe als Genus -^Pyro- 
therium Amegh. Dieses charakterisiert sich durch einen beständig wach- 
senden Stoß- 
zahn im Unter- 
kiefer, ö— 6 
kurzkronige 
Backenzähne 
mit Wurzeln, 
die sämtlich bi- 
lophodont sind 
und mit denen 
von Dinothe- 

rium weiter 
darin überein- 
stimmen, daß 
die Joche zahl- 

Fijc. 516. Pyrotheriuni Soromioi Amegh.. nach Ameghino, 1 4 lMt.Gr. rc j c j, e kleine 

Tuberkel tragen, wie bei Dinotherium vor der Abnutzung und daß bei 
l)eiden die oberen nach vorn, die unteren nach hinten konvex sind. 

Zweifelsohne liegt in * Pyrotheriuni ein Ungulate vor. an den sich 
die Proboscidea anschließen. An der anderen Seite leitet Ameghino 
Pyrotheriuni, durch unvollständig bekannte Reste, die er +Propyrotiie- 
rium Amegh.. -('ari.ozittema Amegh. u. s. w. nennt, von bunodonten 
süd-amerikanischen "H'ondylarthra ab und behauptet damit, daß der Stamm 
der Proboscidea süd-amerikanischen Ursprungs sei und von hier aus in 
Afrika einwanderte. (legen letztere topographische Auffassung läßt sich an 
und für sich nichts einwenden, da die Anzeichen sich stets mehren, daß 
vielleicht . in kretaeeischer Zeit Süd-Amerika und Afrika in Verbindung 
standen. Sie wird auch nicht widerlegt durch neue Funde von Andrews 
im Untertertiär Aegyptens, die ebenwohl Anlaß gelten zu einer anderen 
phylogenetischen Herleitung der Proboscidea. 

Ks handelt sich zunächst um das vielleicht eoeäne +Moeritherium 
Andr. Die Zahnformel I ] (',', P | Mf: kennzeichnet die Art: .1/. lyottsi Andr.. 

deren obere mittlere I zu 
Stoßzähnen vergrößert sind, 
während die M liunolophodont 
sind. Dies Tier, reichlich von 
Tapirgröfie. liegt vielleicht in 
der Vorfahrenreihe der Pro- 
boscidea. Ueber seine Ab- 
stammung herrscht noch Dun- 
kel, solange nicht das Skelet 
näher untersucht ist. Ameghino 
leitet es von seinem „kreta- 
ceischen" +Cephanodi's ab. 




pm 



fr 8 

Fig. .'>17. Moeritheriuni 
(jaumeuHäthe; nneh Andrews. 



lyoim Andr« 



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XXII. Ordnung: Siienia. 



727 



Dies ist aber ebenso hypothetisch, wie die Ansicht Andrews, dali es viel- 
leicht aus einem noch unbekannten Zweig der +Amblypoda entsprungen 
sei. Jedenfalls haben wir es mit einem eocänen oder oligocänen afri- 
kanischen, vermutlichen Vorfahren der Probo^cidea zu tun. deren Genea- 
logie bisher nur bis zum Miocän reichte. An ihn schlieft sich aus 
jüngerem Horizont ^Palaeomastodox Andr. an mit der Art +P. liead- 
nclli Andr.. der ein kleinerer, mehr generalisierter Vorfahre von +J/ax- 
todon augustidrns zu sein scheint, welcher Proboscidier auch im Unter- 
miocän Aegyptens auftritt. 

Weniger deutlich ist bisher die Stellung von + Hradythrriutii gravi 
Andr. aus der gleichen Ablagerung, obwohl Anzeichen da sind, daß er 
Dinotherium sich nähert. 

Das Problem der Herkunft des Proboscidierstammes ist damit von 
2 Seiten her seiner Lösung näher gerückt. 



XXII. Ordnung: Sirenia. 

Die ausschließlich im Wasser an den Meeresküsten, in Flußmündungen 
oder in Flüssen lebenden, herbivoren Sirenia wurden früher allgemein als 
Cetacea herbivora den echten Cetaceen, die dann Cetacea Carnivora hießen, 
zugerechnet. In der Tat hat die aquatile Lebensweise, die aber bei den 
Sirenia niemals eine pelagische ist. manches hervorgerufen, was an die 
Cetaceen erinnert. So den spindelförmigen plumpen Körper, der allseitig 
durch eine dicke Specklage abgerundet ist und der hinteren Extremitäten 
entbehrt, während die vorderen zu einer Art Flössen umgeformt sind. Auch ist 




Fijr. ")IS. Manama latirn»tri- nach Muric. ./ Anus; /' Öffnung der PtMiistawhc. 

eine Schwanzflosse als horizontale Exkreszenz der Haut, ohne innere 
Skeletteile, vorhanden, doch ist sie nur bei Halicore in zwei Flügel aus- 
gezogen, einigermaßen wie bei Cetaceen. bei Manatus aber spateiförmig 
mit breitem Ansatz. Ferner fehlt ein Hals, aber im Gegensatz zu Ceta- 
ceen. ist der Kopf durch eine ventrale Kehlfurche deutlich vom Rumpf 
altgesetzt. Einzelne innere Organe bieten gleichfalls Aehnlichkeiten mit 
denen der Cetaceen dar: genauere Untersuchung lehrt, daß «lies aber auf 
Konvergenz beruht und daß die wesentlichen Verschiedenheiten von den 
Cetaceen teilweise gleich zahlreiche Annäherungspunkte an den Stamm 
der Ungulaten sind. 

De BlainviUc betrachtete die Sirenia denn auch bereits als in das 
Wasser gegangene Elefanten. In der Tat sind sie als den Cngulaten an- 



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728 



XXII. Ordnung : Sirenia. 



gehörige Tiere aufzufassen, die sich an das aus.schließliche Leben im 
Wasser anpaßten um! dementsprechend veränderten. 

Diese Anpassung und Aenderung äußert sicli sinnfällig im Integuinent: 
am auffälligsten durch die Reduktion des Haarkleides, das beim Embryo 
noch als dichtes Kleid angelegt wird. Die Mehrzahl dieser rudimentären 
Ilaaraulagen wandelt sich aber nach Kükenthal um in dichtgedrängte Epithel- 
zapfen, welche eine innige Verbindung von Epidermis und Corium bewerk- 




Fig. 510. Haut vom Rücken eines Em- Fig. 520. Dasselbe von einem Em- 

bryo von Halicore (lugung von 99 cm bryo von 162 cm Länge. Nat. Gr. Nach 

Kückenlänge. Vergr. x 4. Kükenlhal. 

stelligen und bei Manatus als Grübchen erscheinen. Sie entsprechen Hei- 
haaren, die als solche nicht zur Ausbildung kommen. Nur ein geringer 
Teil der Haaraniagen bringt es zu wirklichen Haaren (Haupthaare. Küken- 
thal». die bei Halicore in größerer, bei Manatus in geringerer Anzahl be- 
stehen bleiben, von seidiger Heschaffenheit sind und am Kopfe dichterstehend 
zu Horsten oder Sinushaaren werden. Hezüglich der in historischer Zeit 
ausgestorbenen Khytina läßt sich den Herichten Stellers entnehmen, daß 
die Haut eine dicke, borkige Epidermis hatte, mit reduziertem Haarkleid, 
<las aber auf den Extremitäten noch gut erhalten war. 

Mit den genannten Sinushaaren verbinden sich anfänglich acinöse 
Drüsen, die aber später zurückgehen, wie auch tubulöse Drüsen fehlen 
[Kttkenthal]. Die Reduktion der integumentalen Teile geht also in keinerlei 
Hinsicht so weit wie bei Cetacea. Das beweist auch das Vorkommen von 
Arrectoros pili an den Sinushaaren. Ferner, dafi Nagelbildungcn noch auf- 
treten und zwar in maximo 4 Nägel an dem 2.— 5. Finger bei Manatus. 
Doch kann es nicht wunder nehmen. daß sie als immerhin rudimentäre 
Gebilde variabel sind nach Mali und Zahl, und bei Manatus inunguis ganz 
fehlen sollen. Auch Halicore hat keine Nagelrudimente mehr. 

Die brustständige Milchdrüse mit fast axillarer jederseitiger Zitze ließ 
wohl die Phantasie der alten Seefahrer in diesen Tieren Sirenen sehen 
und wurde damit Anlaß zum Namen der Ordnung. 

Am Skelet, das aus sehr kompaktem Knochengewebe besteht, weicht 
der Schädel durchaus von dem der Cetaceen ab und nähert sich in gene- 
ralisierter Weise den l'ngulaten; in manchen speziellen Punkten teils den 
Proboscidea. teils den Perissodactvla. in anderen endlich den Artiodactyla. 



Sirenia, Körperbau. 



r>S) 



Die Schädelhöhle ist fast cylindrisch. Ein sehr weites Koramen magnum gibt 
Zugang zu der cerebellaren Höhle, die weit ist und hinter der cerebralen liegt. 
Die kleine Fossa olfactoria zeigt eine hohe Crista galli. Das Supraoecipitale 
ist zwar groß und erstreckt sich weit nach vorn, trennt aber die Parietalia 
nicht, welche sich in einer Sagittalnaht vereinigen und das Dach der Fossa 
cerebralis bilden. Der Raum zwischen Supraoecipitale. Exoccipitale und 
Squamosum wird nur teilweise ausgefüllt durch das Perioticum i Petrosum >, 
mit welchem sich das Tympanicum zu einem Petrotympanicum vereinigt, so 
jedoch, daß das Tympanicum als solider Halbring erscheint, der weder eine 
Hulla auditiva noch einen knöchernen äußeren (iehörgang bildet. An der Vor- 
derseite des Petrotympanicum, zwischen ihm und dem Alisphenoid. bleibt 
ein sehr weites Foramen lacerum anterius. durch welches der Nervus 
maxülaris und die Carotis interna tritt. Ein Foramen ovale und ein 




Flg. 621. Halicore dugung / Intet maxillare; .1/ Maxillarc; AT Nasale: / 
Jugale, /'Frontale: /'Parietale; S Squamosum: T Tympanicum; C Condylus mandi- 
dibulae; f* Processus coronoideus; Ä Schräg abgestutzte Fläche für die hornige Reib- 
platte; ;—5 Molares. 

Canalis caroticus fehlt, wie denn das Alisphenoid undurchbohrt ist 
und ein Teil der Nerven durch die Fissura sphenorbitalis zieht. Andere 
passieren das Foramen lacerum posterius: der Nervus opticus geht durch 
ein selbständiges Foramen opticum. Auffallend ist, daß wie beim Ele- 
fanten das Foramen condyloideum fehlt oder durch eine Rinne er- 
setzt ist. Vom Squamosum entspringt ein langer, starker Processus 
zygomaticus. dem sich das Jugale anschließt, das den vorderen äußeren 
Teil des Rodens der Augenhöhle darstellt. Sein Processus post- 
orbifalis strebt dem gleichnamigen Fortsatz des Frontale zu und 
vereinigt sich ausnahmsweise bei Manatus senegalensis mit ihm und 
umrandet damit knöchern die Orbita. An dieser Umrandung beteiligt sich 
«las Lacrymale nur ganz unbedeutend, da es ein äußerst kleiner, bei Ma- 



?:$<> 



XXII. Ordnung: .Simiia. 



natus selbst in Rückbildung begriffener Knochen ist, der als andnrclibohrte 
Platte erscheint, die mit benachbarten Knoclien verschmelzen kann. Phy- 
logenetisch «richtig ist. 
ß ft dal* es, wie bei l'ngu- 

laten. mit dem Jugale 
sich verbindet [Hart- 
laubj. Die Intcrmaxil- 
laria bleiben stets ge- 

t rennt. Mit ihrem 
Schnauzen teil bilden sie 
eine Art Schnabel, der 
hinten und seitlich vom 
Maxillare gestützt wird 
und sich schräg nach 
unten abdacht, am auf- 
fälligsten bei Halicore, 
wo er beim Männchen 
die Stoßzähne trügt 
und au seiner rauhen 
M und Hache mit einer 
Hornplatte bedeckt ist. 
Die bedeutenden Nasen 
fortsetze der Inter- 
maxillaria divergieren 
nach hinten und nähern 
sich be/.w. erreichen 
die Ürbitalfortsätze der 
Frontalia. Sie begren- 
zen zusammen mit den 
Maxiilaria vorwiegend 
die Nasenhöhlen, deren 
auliere Oetfnung nach 
oben verschollen ist. 
einigermaßen in der Art, 
wie bei Tapiren. Hier- 
bei werden die Nasalia 
in Mitleidenschaft ge- 
zogen, wobei sie rudi- 
mentär werden, gclllielilich ganz fehlen Halicore . Verschiedene Stufen des 
Rückganges lassen sich erkennen, wenn wir die fossilen Vorfahren be- 
rücksichtigen. Reim oligocänen *Halitherium überwölben sie noch dachartig 
den hintersten Teil der üulieren Nasenöffnung und vereinigen .».ich in 
einer medianen Naht. Rei Manatus ist nur noch ein Rudiment der 
Nasalia geblieben, das dem Krontale anliegt i'Fig. 523 IL if24). 

An der Rildung de* langgestreckten Gaumens beteiligt sich das l'a- 
latinum nur geringfügig, um so ausgedehnter der Processus palatinus 
des Maxillare. das vorn mit dem Schnauzenteil des Intermaxillare ein sehr 
geräumiges Foramen incisivum begrenzt. 

Der Unterkiefer hat eine lange Symphyse, welche abgeschrägt ist 
und dem abgedachten Intermaxillare entspricht, demnach bei Halicore be- 
deutend verlängert und mit einer Reiheplatte bedeckt ist. Er hat einen 




Fig, RS. SchiiilH Vinn Mniiatu* liitimstm von 
drr Ventral Hache; Dich \V. Vrolik. A Aliaphenotd; BO 
BftKi«K - ci|)iial<' ; BS Bansphenoid ; C CondyluK occipitM; 
F.O Kx<x-cipitalc; / Intcrninxillaro; /Jupal«-; m .M axillar«*; 
P IVirofuiii ; /'/ I'alaiimiin ; .THqnajtKMtua: t Tympan ienm. 



Sirtnia, Körperbau. 



7;;i 



breiten, nach vorn gerichteten Processus coronoideus. einen starken Gelenk- 
kopf und einen verdickten, etwas eingebogenen Angulus. 

Die Wirbelsäule ist gleichförmig gebaut, da eine Verbindung der 
rudimentären Heckenknochen mit der Wirbelsäule nur durch dünne Liga- 
mente geschieht und somit ein Sacrum fehlt. Damit fehlen auch Sakralwirbel, 



Fig. 523. 




Fig. "»23. Nasengegend von Halitherium ; nach Le|>«ui*. par Parietale; fr 
Frontale; frorb ( hbitalfortnatz de* Frontale; ?■ Vomer; im Intcrmaxillare; nas Nasale. 

Fig. ")24. Dasselbe von einem jungen Manatut> *enegalen*in. Bezeichnung 
wie oben. Nach Hnrtlaub, 1 , nat. Gr. 

doch läHt sich immerhin der Wirbel, mit dessen Querfortsätzen die Rudi- 
mente der Iba sich ligamentös verbinden, als Sakralwirbel bezeichnen. 

Es ist bei Manatus der 2f>., bei Halicore der 20. .'11. der Reihe. 
Auf ihn folgen zusammengedrückte Schwanzwirbel, welche untere Rogen 
tragen und bei Manatus zu etwa 22 - 24 an der Zahl — große Quer- 
fortsätze halten, die aber den hintersten Wirbeln fehlen. Rei Halicore 
fehlen sie nur dem letzten der etwa 26 Schwanzwirbel. 

Von den präsakralen Wirbeln tragen bei Manatus 17. bei Halicore IM — 19 
Rippen. Letztere Art hat 4-ä. Manatus 2 Lumbalwirbel. Manatus steht 
ferner mit Choloepus Hoft'manni dadurch einzig da. dafi nur 6 Halswirbel 
vorkommen. Sie sind ebenso, wie die 7 von Halicore. durchaus un ver- 
schmolzen. Die Wirbelepiphvsen fehlen nicht, erscheinen aber spät und 




Fig. .">2.">. .Manul ii- latiroMris rochier Ann mit Schulterblatt, nach W. Vrolifc. 
'/ Acromion; . Ptooossuw coronoideus: r Radin*; // Tina; s Seaphoideum: /Lunatum; 
t Triquetruiu; /. -\ 4 die l distalen OarpaJia; / /* 1. Ihm f>. Finger. 



732 



XXII. Onliiung: 8irotiia. 



verschmelzen schnell mit den Centra, was wichtig ist im Hinblick auf das 
Vorkommen gut ausgebildeter Epiphysen bei +Halitherium | Howes & Harri- 
son|. Im Gegensatz zu Cetaceen sind die Wirbel durch Zygapophysen 
verbunden und haben die Centra (ielenkfacetten für <lie Artikulation des 
Köpfchens der Rippen. 

Trotz der großen Zahl der Rippen erreichen bei Manatus nur 3, zu- 
weilen nur 2 das Brustbein, bei Halicore verbindet sich das 1. Paar mit 
dem Manubrium sterni. die 3 folgenden Paare mit dem rudimentären 
Corpus sterni, welchem sich ein längeres Xiphistcrnum anfügt. 

Eine Clavicula fehlt. Wie bei Cetaceen, ist die vordere Extremität 
tiossenartig geworden, indem Oberarm, Unterarm. Hand und Finger in 
einer gemeinschaftlichen Hautbedeckung verborgen liegen. Weiter geht 
aber die Uebercinstimmung nicht: denn der kurze Humerus, mit vor- 
springenden Fortsätzen, mit einer bicipitalen Furche aber ohne Foramen 
entepicondyloideum. artikuliert dauernd mit den beiden Vorderarmknochen, 
die gleich lang und meist an beiden Enden verschmolzen sind. 

Pro- und Supination sind damit aufgehoben, nicht aber Flexion und 
Extension im Ellbogengelenk. Der Carpus besteht aus den gewöhn hohen 
7 Knochen, von welchen Scaphoid und Lunatum verschmelzen, und bei 
Halicore in der distalen Reihe alle 4 Knochen. Das Pisiforme wird nur 
unbedeutend angelegt. Stets sind ;"> Finger vorhanden, von denen der 
Daumen 2 oder nur 1 Phalanx hat. während an den übrigen Fingern die 
normale Zahl von 3 Phalangen, zuweilen durch Verschmelzung scheinbar 
verringert oder aber umgekehrt mit einer Phalange vermehrt sein kann. 
Ob diese Vermehrung nicht aus einer Epiphyse der bestehenden Phalangen 
entstanden (Howes & Harrison] ist. oder ob nicht eigentliche Phalangen 
vorliegen, sondern nur Ossifikationen der distalen Epiphyse der Nagel- 
phalanx JLeboucq) ist nicht ausgemacht. Von einer Hyperphalangie. wie 
bei Cetaceen. mit zahlreichen supernumerären Phalangen ist hier also 
keine Sprache. 

Von einer hinteren Extremität ist Hei recenten Sirenia nur ein Rest 
des Beekengürtels geblieben, der bei Halicore aus einem verlängerten 
Knochenstab, bei Manatus aus einer breiten Knochenplatte besteht. Er 
liegt ventral von der Wirbelsäule, ihr einigermaßen parallel, jedoch nach 
vorn geneigt und konvergiert mit dem der anderen Seite. Er verbindet 



sich durch Ligament mit dem Querfortsatz des letzten präkaudalen Wirbels 
und entspricht damit in seinem dorsalen Teil einem Ilium. Hält man im 
Auge, daß bei +Halitherium noch ein Femur auftrat und ein deutliches 
Acetabulum. so daß sein immerhin rudimentäres Recken noch aus Ischium. 
Pubis und Ilium bestand, so darf wohl aus der Tatsache [Krauss], daß bei 
Halicore in der Jugend «las Recken, dem ein Acetabulum fehlt, aus 2 un- 




Kig. ~>2f>. Linke Backeii- 
hälfte von 1. Halicure, 2. Hali- 
theriutn, nach Oiaudry. / Ilium. 
p Pubis; is Iitchium, cg Ace- 
tabulum. 



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Sir«-nia. KürjxrWmi. 



gleichen, durch Knor|>el verbundenen Knochen bestellt, geschlossen werden, 
daß diese gleichfalls dein Ilimn und Iscliimn entsprechen, die weiterhin 
verwachsen. Von ihm entspringt jederseits das Corpus cavernosum penis. 
der Musculus i>chio- cavernosus und Muse, retractor penis. In dieser 
wichtigen Beziehung zun» Geschlechtsapparat, die Ursache ist. daß dieses 
Rudiment heim Männchen weit starker ist, als heim Weibchen, liejjt wohl 
auch der Grund, ebenso wie bei den Walfischen, daß es sich überhaupt 
erhielt. Von Anlagen von freien Gliedmaßen ist bisher noch nichts be- 
kannt geworden. Das mioeäne +Halitherium hat aber offen bar noch hintere, 
wenn auch kleine Gliedmaßen besessen. 

< irund verschieden von eleu Cetaceen ist das (iehirn. Zunächst durch 
seine Form, die hoch und seitlich zusammengedrückt ist. wobei die Hemi- 
sphären das Cerchellum fast ganz unbedeckt lassen. Auch durch die An- 
wesenheit gut entwickelter Bulbi olfactori. die nach oben gekehrt sind, 
entsprechend dem vertikalen Stand der Siebplatten. Sie stempeln das (ie- 
hirn, in Verbindung mit anderen Teilen, wenn auch nicht zu einen» 
inakrosmatisehcti. jedenfalls nicht zu einem anosmatischen. Endlich unter- 
M-heidet es sich durch die Armut an Furchen. l'nter diesen reicht die 
Svlvische fast bis zur Kante des Mantels der Hemisphären und teilt sich 
hier in einen vonleren und hinteren Schenkel. Sie ist bei Manatus inun- 
^'iiis die einzige Furche |Beddard|. Hei Manatus latirostris kommen nach 
.Murie nocJi Bogenfurchen hinter und vor der Sylvischen vor: sie sind 
ebenso wie eine etwaige Fissura coronalis in ihrer Deutung noch unsicher. 

Dies gilt auch für das Verhalten der Kthmoturbinalia. die jedenfalls 
einfach gebaut sind, desgleichen das Maxilloturbinale. Das Jacobsonsche 
Organ ist groß und mündet in die Stensonschen (iänge. Nach auswärts 
von diesen lie«t eine Nasendrüse. Pneumatische Höhlen fehlen dem 
Schädel. Die Nasenlöcher finden sich als miergestellte, halbmondförmige 
Schlitze am Hude der stumpfen Schnauze oder sind etwas nach oben 
verschoben. 

Die Sirenen zeigen in der Form ihres Labyrinthes eine funktionelle 
Annäherung an die Cetaceen, indem die Schnecke, obwohl sie nur wenig 
über l' ? Windungen hat. gegen das Vestibulum und die halhzirkel- 
f öi in igen Kanäle überwiegt und zugleich das runde Fenster größere 
Dimensionen annimmt. Doch ist das Gehörorgan für das Hören in der 
Atmosphäre eingerichtet, wie das funktionierende Trommelfell anzeigt 
|('laudius|. Bei den Cetaceen gelangen die Schallwellen nur durch das 
Wasser zum (iehörorgan (s. bei Cetaceen). Das Vestibulum und seine 
Bogen erfuhr weitere Atrophie. Die ( iehörknöchelchen zeichnen sich vor 
denen aller Säuger durch ihre Größe, ungefüge Form und Kompaktheit 
ihrer Struktur aus und venlecken hierdurch etwaige Formverwandtschaft 
mit den gleichen Gebilden anderer Säuger; nur hebt Doran die Achnlich- 
keit des vierseifigen Stapcs mit dem der Rinder hervor, der bei ' Halithe- 
rium noch deutlicher ist. Das äußere Ohr ist stark reduziert. 

Das Auge zeigt nicht die verdickte Sclera der Cetaceen, höchstens 
nach dem hinteren Augenpol zu: auch kommt eine Membrana nictitans 
vor mit einem Knorpel und der Ausmündung der Harderschen Drüse. 
Eine Tränendrüse vermißte Murie. Er fand einen Muse, retractor bulbi 
und levator palpebrae. Ein Tapetum lucidum fehlt |Kapp|. 

Der Eingang znr Mundhöhle ist zunächst ausgezeichnet durch die 
abgestutzte Schnauze mit zwei seitlichen, herabhängenden Oberlippen und 



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7:*4 



XXII. Ordnung: Sirenia. 



einem, namentlich bei Manatus vorgewulsteten präinaxillaren Abschnitt. 
Ferner durch die Hornplatten, welche die abgeschrägte Partie des Inter- 
maxillare und den ihr entsprechenden svmphysialen Teil des Unterkiefers 
bedeckt und namentlich bei Halicore stark ausgebildet ist. Diese Horn- 
platten, die einzigen Triturationsorganc. worüber die zahnlose + Rhytina ver- 
fügte, unterstützen das Erfassen und Zerreiben der Nahrung, die bei 
Rhytina ausschließlich aus Algen bestand. Diese bilden auch wohl die 
wichtigste Nahrung von Halicore. während die tiuviatilen Manatusarten 
wohl hauptsächlich Monokotylen abweiden. 

(tanz auffallende. z.T. von anderen Säugern durchaus abweichende Ver- 
hältnisse zeigt das (iebiii. Manatus hat im erwachsenen Zustand nur Hacken- 
zähne. Von diesen funktionieren gleichzeitig bis zu s. meist aber nur 5 — IS in 

Fip. "»27. Sohema- 
tischi- Darstellung der 

Ilewegungswci«; der 
Xahnreihc bei ihrem 
ff horizontalen Ziihn- 
Wechsel. Schraffierung 
Itcdeutet: Resorption; 
j Punktierung =» Neubil- 
dung der knöchernen 
Zwischenwände [o re»|>. 
<i'\ der Alveolen, m* 4 
I.— 5 Molar, in der oUtcii 
Reihe bereit* etwa* nach 
vom verschoben. Nach 
Hnrtlimb. 

jeder Kieferhälfte. Fortwährend fällt aber der jeweilig vorderste aus und wird 
vertreten durch den hinter ihm liegenden. Dies wird dadurch erzielt, dati 
eine beständige Verschiebung der Zahnreihe von hinten nach vorn statt 
hat unter beständiger Neubildung von Zähnen an deren Hinterende. Da- 
bei erleiden die Alveolenwände auf ihrer Vorderseite Resorption, während 
sie durch Neubildung auf ihrer Hinterseite diesen Verlust decken, ihre 




* i ' - 



.1/, IA .»/, 

! i 



Kig. "»28. Unterkiefer eines Kmhryo von Halicore dugung von 1C>2 cm Rückcn- 
liingc, n. Gr. Von der Kaufliiche gesehen. Nach Kükcnthal. 

ursprüngliche Dicke bewahren und Verschiebung der Zahnreihe möglich 
machen | Hartlaub |. Solchen ..horizontalen Zahn Wechsel* 4 lernten wir auch 



Sireiii», KOr|H-rlwui. 



7.55 



vom Klefanten kennen, dort war aber die Neubildung von Hackeuzähnen der 
Zahl nach begrenzt. Hei Manatus ist sie unbegrenzt, zum mindesten bringt 
sie e> l»is zu 20 Zähnen in jedem Kiefer |Thomas & Lydekker|. Diesem 
Gebiß ging aber nach Kükenthal embryonal ein Gebiß vorab, in welchem 
unten .5 Iucisivi. 1 Caninus und mindestens l\ Prümnlaren in Anlage auf- 
treten. Im Oberkiefer wurde bisher nur Anlage von ."> Incisivi erkannt, sowie 
oben und unten in diesem Stadium Molares. Wir dürfen daraus den 
Schluß ziehen, daß die direkten Vorfahren von Manatus ein Gebiß hatten 
mit I J. mindestens P^ und M ;', J. Dies schließt gut an die Formel 
für den oligocänen +Prorastonius: I :j C j P J M } an. Hei den rceenten 
Manatusartcn hatte also Rciluktion der Antemolaren statt; gleichzeitig aber 
außergewöhnliche Vermehrung der Zahl der Hackcn/.iihne. Offenbar ist dies 
kein primitiver Charakter, da die fossilen Vorfahren 1 Halitherium und 1 Pro- 
rastomus keine Spur eines solchen beständigen Nachwuchses von Hacken- 
zähnen zeigen |0. Thomas & Lydekker|. Derselbe ist aber ein zweck 
mäßiger Erwerb für Tiere, die sich von Algen und anderen Wasserpflanzen 
ernähren, denen reichlich Sand beigemengt ist. der die Käuflichen abreibt. 

HaJicore hat im Zwischenkiefer jederseits 1 Incisivus. der alsbald, 
noch während des Kmbryonallebens |Kükenthal|. vertreten wird durch 
einen Krsatzzahn. welcher sich beim Männchen zu einen Stoßzahn ent- 
wickelt mit permanentem Wuchs, und weit aus der Alveole hervorragt: 
beim Weibchen aber in derselben verborgen bleibt und ein Wurzelzahn 
ist. Dahinter folgen *> «> Hackenzähne, die anfänglich (^uerjoche haben 
wie bei Manatus. bald aber sich abnutzen und im weiteren Wüchse sich 
zu wurzelten Stiften umbilden, die sich mit Zement umkleiden und 
schließlich bis auf die letzten ausfallen. Der Unterkiefer unterscheidet 
sich hiervon nur durch die auf dem abgeschrägten Stück auftretenden vier 
Zahnanlagen, die unter der Hornplatte liegen, in unverhältnismäßig weiten 
Alveolen. Von diesen Anlagen ist die erste die stärkste. Ihr Zahn hat 
eine Pulpahöhle. entspricht somit vielleicht dem unteren Stoßzahn von 
^Dinotherium |I,cpsins|. Dieses Zahnrudiment gehört der ersten Dentition 
an. Nach Kükenthal ist es vermutlich der einzige, bisher bekannt gewor- 
dene I. falls es nicht ein (' ist. Die drei darauffolgenden Zahnanlagen 
sind als P aufzufassen, die es bis zur Verkalkung bringen und lingual 
deutlich Ersatzzahnanlagen haben. Da aber alle Antemolaren. mit Aus- 
nahme der oberen Stoßzähne, resorbiert werden, spielt auch hier Reduktion 
eine große Holle. Diese erreichte ihr Maximum bei Rhytina. Sie äußert 
sich aber nicht nur in der Zahl der Zähne, sondern auch in deren Form. 
Der eoeäne ~Prorastomus hatte Prämolaren die einen reduzierten seleno- 
donten Typus aufweisen, vergleichbar dem fossilen Artiodaktylen +Meryco- 
]>ntamus |I,vdekker|. Weitere Febereinstimmung mit den Artiodaktylen 
war. daß der letzte Milchmolar den permanenten Molaren gleicht, während 
der vorletzte verlängert ist und komplizierter, als die übrigen Hacken- 
Zähne. Die zusammenhängenden Querleisten von +Halitherium und Manatus 
sind ein Schritt weiter in der Reduktion, deren Fortsetzung bei Halicorc 
und ■■ Rhytina bereits hervorgehoben wurde. Die Sirenia sind somit 
diphyodonte Tiere, deren Gebiß progressiv Reduktion erfuhr. 

Die Hedeckung des Vorderendes des knöchernen Baumens 
und des entsprechenden Symphysenteiles des l'nterkiefers mit Horn- 
platten wurde bereits hervorgehoben. Die wenig vorstreckbare Zunge 
erstreckt sich bis an das Hinterende dieser Hornplatten. Namentlich ihr 



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73<i 



XXII. Ordnung: Sirenin. 



Vorderende ist gleichfalls mit verhornten, rückwärts gekrümmten Papille :i 
besetzt: ihre HinterHäche hat zahlreiche, /.erstreute Papillae vallatae. Die 
Papillae foliatae bilden eine grofie Papillenplatte beiderseits an der Wurzel 
der Zunge. Speicheldrüsen sind gut ausgebildet. Alles durchaus abweichend 
von Cetaceen. Das gilt auch für den sehr auffallend gebauten Magen. 
An den Oesophagus schlieft sich bei Manatus der Cardiamagen an mit 
starker Museularis. In der Mueosa liegen tubulöse Drüsen mit Beleg- 
zellen. An der linken Seite besitzt der Cardiamagen einen aecesM>rische:i 



Blindsack, dessen Wand lange Drüsenröhren enthält, die durch Sammel- 
gänge ausmünden: in ihrem j^eripheren Teil Hauptzellcn. im übrigen Be- 
legzellen führen |Pilliet et Boulard). Der Cardiamagen geht mit starker 
Einschnürung in den Pvlorusmagen über, der schwächere Muskulatur hat. 
Pylorusdrüsen und jederseits einen blimlsackartigen Anhang von gleichem 
Hau wie der Pvlorusmagen. von dessen Anfang sie sich ausstüljien. 
Hei Halicore erscheint der Cardiamagen weniger gestreckt, der kardiale 
Hlindsack ist weniger abgeschnürt und mehr eine einigermaßen ausge- 
stülpte Drüsenverdickung in der Nähe der Einmündung des Oesophago : 
im übrigen gleicht der Magen von Halicore dem von Manatus. sowie 
dem von f Rhytina nach Stellers Beschreibung. 

Der Darmkanal ist äußerst lang. Hei Halicore übertrifft er l.'hnal. 
bei Rhytina gar 20 mal die Körperlänge. Auffallender noch ist die Länge 
des Colon : bei Manatus ist es nur wenig kürzer als der Dünndarm, bei 
Halicore. mehr noch bei Khytina. übertrifft es den Dünndarm bedeutend 
an Länge. Letzterer enthält zahlreiche Peyersche Haufen. Halicore hat 
«las Coecum zugespitzt: bei Manatus besteht es aus einer medianen, weiten, 
rundlichen Tasche, jederseits mit einem fingerförmigen Anhängsel, welche 
sich dicht nebeneinander und zusammen mit der medianen Tasche in das 
Ileum öffnen (Fig. f>30). 

Vom Herzen ist seit langem bekannt, daß besonders bei Halicore 
der apikale Teil der beiden Ventrikel durch eine tiefe Kluft getrennt wird. 
Das arterielle System entwickelt umfangreiche Wundernetze, was wohl in Be- 
ziehung zum Tauchvermögen steht. Die Arteria infraorbitalis. die Arterien 
der Cervikal- und Brustgegend bilden an erster Stelle diese Wundernetze: 
sie finden sich auch in der Lenden- und Schwanzgegend und haben alle 
einen arteriellen und venösen Teil [Stannius|. Es finden sich zwei obere 
Hohlvenen. Neben den Wundernetzen »larf als weitere funktionelle Ceber- 




Fig. :>2!i. Magen 
von ManatiiK im I ,;m i - ■ 
schnitt ; nach Murie. 
0 Oesophagus; / Ac- 
ee*sori*eher Blindsack 
de* Cardiamngens i; 
j einer der hlind*nek- 
artigen Anhänge de* 
l'ylorumnagen* 4. ,i 
Duodenum. 



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Sircitin. Kürporlmu. 



IM 



einstimmung mit «Ion Cetaceen der äuUerst .schräge Stand «les Zwerchfells 
gelten, wodurch es den Lungen möglich wird, sich weit nach hinten 
in der Leiheshöhle bi> zu der Höhe des Anus auszudehnen. Die Lungen 
sind lange, unverteilte, schmale Säcke, in denen die Bronchi so oberfläch- 
lich längs der Pleuraseite verlaufen, dati ihre Knorpelringe durchschimmern 
[Yrolik]. 



Fig. :>.*>. Mnnn- 
11» iminguia;nach 
liciUlnni Cl'oc- 
cum; DD ieinc 
Divertikel; / Ile- 
um, über welche« 
eine Mem-ntcriiil- 

fnlte < /) »«ich 
beugt. 




Die Trachea teilt sich unmittelbar hinter der Cartilago erieoidea 
in die beiden Bronchi, welche vollständig geschlossene Knorpelringe ent- 
halten. Mit den Cetaceen hat der Larvnx nichts gemein ; nach den über- 
einstimmenden Resultaten von Home. Owen. Yrolik, Stannius und Murie 
weist er große Verwandtschaft auf mit dem der Ruminantia. Die Epi- 
glottis liegt retrovelar. 

Die Nieren sind bei Halicore glatt, bei Manatus oberflächlich ge- 
lappt, aber niemals in Reneuli verteilt wie bei Cetaceen. 

Vom männlichen (ieschlechtsapparat ist derzeit noch so wenig be- 
kannt, dati sich nicht mehr sagen lätit, als daß die Testikel abdominal 
liegen in der Fossa hvpogastrica [Murie|. Ob aber eine Verlagerung der- 
selben bereits Platz gegriffen hat und ob andere Merkmale eines früher 
stattgehabten Descensus, der etwa, wie bei Cetaceen, rückgängig wurde, 
sich finden, ist unbekannt. Auch bezüglich der accessorischcn ( leschleehts- 
drüsen lätit sich mit Sicherheit nur sagen, da Ii (ilandulae vesiculares vor- 
handen sind, die mit denen der Equiden Achnlichkeit zeigen sollen. Der 
Penis ist ohne Penisknochcn und in ein Praeputium und Penistasche zu- 
rückziehbar. Der Cterus ist zweihörnig. 

Nach P. Harting und VV. Turner ist die Placenta adeciduat. anfäng- 
lich mit diffusen Zotten, die sich später aber, dem einen Eipole näher, 
gürtelförmig anordnen. 



Die Sirenia sind groüe, plumpe, cvlindrisch geformte, her- 
bivore Säuger. Durch ausschließliches I^ben im Wasser erfuhr das Haar- 
kleid Reduktion bis auf zerstreut stehende Haare, «lic am Kopfe zu Horsten 
ausgebildet sind: wurden die Vorderextremitäten tiossenarlig, gingen die 



47 



73« 



XXII. Ordnung: Sirenia. 



Iiiuterextremitäten verloren, erhielt der Schwanz eine horizontale Flosse. 
Tynipanicum ringförmig. Foramen opticum un<l Foramen sphcnorbitale 
getrennt. Lacrvmale undurchbohrt. Clavicula fehlt, Gebiß diphyodont; 
Antemolaren reduziert: Zahl der Molaren vermehrt, teilweise mit Tendenz 
zu Vereinfachung und Ausfall, mit Andeutung, daß sie von modifiziert 
selenodontem Typus abzuleiten sind. Zwei hrustständige Zitzen: Testikel 
abdominal: l'terus bicornis: Placenta adeciduat: görtelförmig; unipar. 

Geographische Verbreitung. Von «len recenten Vertretern ist «las Genus 
Ilalicore mit seinen verschiedenen Arten auf das Rote Meer, die Küsten 
Australiens, den Indischen Archipel Iiis zu den Philippinen, auf die Küsten 
des Indik bis zur Straße von Mocambique, sowie auf die tropisch und sub- 
tropisch gelegenen Inseln dieses Ozeans beschränkt. Die Arten des Genus 
Manatus finden sich in den Flüssen und Flußmündungen an der Westküste 
Afrikas, ungefähr vom DJ." N. Br. bis zum 10.° S. Hr. (M. senegalerifis). 
Von den beiden amerikanischen Arten lebt M. innnguis in den Flüssen 
Brasiliens. M. latirostris in der Karaibischen See und an den amerikanischen 
Kisten des Atlantik von Florida bis Nord-Brasilien. 

Taxonomie 

Keclmen wir die erst seit kurzem ausgerottete Stellersche Seekuh 
hinzu, so verteilen sich die recenten Sireniii naturgemäß in drei nach Bau. 
Lebensweise und geographischer Verbreitung getrennte Familien. 

1. Familie: MaNATTDAE. Das funktionierende Gebiß besteht nur aus 
Molaren, die durch horizontalen Znhnwechsel einander in unbeschränkter 
Zahl vertreten, infolge beständiger Xeubilduug am Hinterende der Zahnreihe 
und Ausfall des jeweiligen vordersten Zahnes. Sie sind tukerkular-zwei- 
jochig. Schwanzflosse sputeiförmig. Lacrvmale rudimentär. Intermaxillare 
wenig herabgebogen. Magen mit zwei ('oeca am pylorialen Teil: der Car- 
diamagen mit Drüsenblindsack. ('oceum mit zwei fingerförmigen An- 
hängen. Sechs Halswirbel. Mit oder ohne Xagelrudimeuteti. Hauptsächlich 
fluviatil und lakuster. Das einzige Genus Manati s Storr mit den Merk- 
malen der Familie enthält zwei südamerikanische Arten, von denen .1/. lati- 
rostris Harlan die Küsten Amerikas von Florida bis 'Nord-Brasilien und 
die Antillen: JA itiutiguis Natt., durch Fehlen der Nagelrudimente und 
osteologische Unterschiede ausgezeichnet, die Flüsse Brasiliens bewohnt. 
Der altweltliche Vertreter M. Senegal ensis Desm. kommt an der atlan- 
tischen Seite Afrikas vom HJ." X. Br. bis 10. 0 S. Br. vor. 

2. Familie: HALICORIDAE. Intermaxillare beim Männchen mit einem 
Stoßzahn mit permanentem Wuchs, beim Weibchen in der Alveole ver- 
argen. 5 — g Molaren, die stiftförmig werden und sich mit Zement um- 
kleiden. Schwanzflosse in zwei Zipfel ausgezogen. Pylorusmagen mit 
zwei (.'oeca, Cardiamagon mit großer Drüsenverdickung. Coecum einfach. 
7 Halswirbel. Keine Nagelrudimente. Lacrvmale deutlich. Intermaxillare 
stark herabgebogen, »yinphysialer Teil des Unterkiefers stark abgeschrägt. 
Marine Tiere, die sich von Algen nähren. 

Nur ein Genus, Halicoke Iiiig., mit den Merkmalen der Familie. 
Die bekannteste Art ist AA duguilg Krxleb. an der Küste des lndik <s. o. i. 



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Sirenia, Taxmioinie. Vorgenobirhte. 



73!) 



Auf «reringe Unterschiede liin hat man die im Koten Meer lebende Hali- 
< nr«> als //. tabcrnaatli Rüpp. et Sömmr. und die au den Klinten Australiens 
und Xeu-Gnineas lebende als //. ansiralis Owen abgetrennt. 

3. Familie: ~RHYTINIDAE. Zahnlos. Schwanzflosse in zwei Zipfel aus- 
gezogen. Pylorusmagon ohne Coeen. Coenun einfach. 7 Halswirbel. 
Kopf und Vorderextremitaten klein. Zwischenkiefer groß, mäßig herab- 
gebogen. Marin, von Algen sich nährend. 

Khvtixa Uli«,'. Stellersche Seekuh : r A7/. gig/is Ziinm. Wegen ihrer 
borkigen Haut auch als Borkentier bekannt, lebte in Kamtschatka und 
den Rehrings-Inseln und wurde auf letzteren 1741 durch Steller entdeckt 
uixl beschrieben, aber noch in demselben .Tahrhunderf ausgerottet, wenn 
auch einzelne Exemplare noch länger lebten und nach Nordenskiöld selbst 
noch im .Iahte 1804 das letzte gesehen wurde. Diese ungeschlachten, bis 
S ui langen Tiere weideten in Herden die Tangwiescu ab. 

Vorgeschichte. 

Cnsere vorstehende Behandlung der wichtigsten anatomischen Merk- 
mal«,' war eine durchlaufende Widerlegung der Ansicht, daü die Sirenia 
den ('etaeeeu zuzurechnen seien, wie dies früher sehr allgemein geschah. 
Aber bereits Forscher, wie de Rlainville, später R. Owen u. A.. deren 
Blick nicht an der Oberfläche hängen blieb, erkannten, dali beide Ab- 
teilungen zu scheiden sind, l'nsere Zeit tut dies in richtiger Erkenntnis, 
dali die Aehnlichkeiten beider Ausfluli sind der Lebensweise, die in 
mancherlei Punkten übereinstimmt. Denn wenn auch die Cetaceen karni- 
vore Tiere sind, die sich vom Lande ganz frei gemacht haben, während 
die Sirenia als Herbivora durchaus an dessen Nähe gebunden sind, so 
hecinflutite dennoch deren amphibiotische I^cbensweise ihren Körper der- 
art, dati manche Aehnlichkeit mit den Cetaceen hervorgerufen wurde oder 
zur Ausbildung kam. Als solche sind zu nennen: Schwund der hinteren 
Extremitäten. Ausdehnung der Lungen nach hinten und damit sehr schräger 
Stand iles Zwerchfells, Ausbildung von Wundernetzen. Schwund der Ohr- 
muschel, der tubulösen Hautdrüsen, des Haarkleides. Letzteres geschah 
aber bereits in ganz anderer Weise als bei Cetaceen. so auch andere 
Keduktionserscheiiiungen. die das Oehörorgan. die Yorderextremität. die 
Nasenhöhle, das (iebili erfuhren. 

Andere Organe, wie (iehirn. (iebili, Wirbelsäule. Schädel. Magen. 
I^irvnx. männlicher (ieschlechtsap parat. Zitzen, sind nach grundverschiedenem 
Typus gebaut, so dali man nicht sagen kann, dali der Unterschied der 
('etaeeeu und Sirenia darauf beruhe, dali die Vorfahren der ersteren vor 
längerer Zeit sich dem Wasserlcbcn anpaliten und dementsprechend tief- 
greifender modifiziert wurden. Die Modifikation ging eben auch von 
anderer Basis aus. 

Oben wurde bereits wiederholt angedeutet, dati auch die recenten 
Sirenia in einzelnen Organen l'ngulatenmerkmale bewahrt haben. So der 
Larvnx. der männliche (ienitalapparat, die Nasenhöhle, die au Tapire er- 
innert, die Form der Molaren. Beddard erwähnt auch eine elefantine Be- 
sonderheit am (iehirn. Spezialisierung hat aber andere rebereinstiinmungen 
verwischt. 

Reiche Funde von Fossilen zeigen nun. dali früher die Sirenia reicher 
vertreten waren, auch geographisah ausgedehnter, und dati diese Reste 

47- 



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XXII. Ordnung: Sinnin. 



die generalisierten rngulatenmerkmale stets deutlicher aufweisen, je weiter 
wir zurückgehen. 

Hei +Prora8Tomu8 ()«.. dem ältesten bekannten Vertreter mit +/ J ro- 
rastouitts sircnoidt-s Ow. aus dem Eocän von Jamaika, waren die Nasen- 
löcher noch kleiner und mehr nach vorn gelagert, der Schnauzenteil des 
Intcrmaxillare klein, gestreckt und demnach ebensowenig wie der sym- 
physiale Teil des t'nterkicfers \orn abgeschrägt. Im (Jebiß funktionierten 
I ; • * 0 }. mit langem oberem Caninus. und 2 Hackenzähne: 1*1 M J. von 
denen die vorderen einwurzelig waren und die hinteren längsgerichtete .loche 
hatten. Daß diese bei + I'rorastomus vcronnisis Zigno aus dem Eocän 
von Ober-Italien sozusagen rudimentär selenodont sind, wurde bereits her- 
vorgehoben. In dem neuerdings aus dem Mittel-Eocän Aegyptens bekannt 
gewordenen * Eosiren Andr. waren von den drei oberen I die mittleren 
zu abwärts gerichteten Stoßzähnen umgebildet. (' waren vorhanden, doch 
vermutete Andrews, da Ii sie zusammen mit den lateralen I abgeworfen 
wurden. Von den X Backenzähnen waren die 4 M bilophodont. jedoch 
mit hunolophodmitcm Charakter, und hatten doppelte Wurzel: die 4 I* 
mit einfacher Wurzel. Nach Zittel bilden - Halitherium Kaup Oligo- 
cäm. + Metaxytheriitm Christo! (Miocäni, ^Felsinotherium Capellini 
<Pliocän eine ziemlich geradlinig zu Ilalicore führende genealogische 
Reihe, in welcher sich die Tendenz zur Reduktion der Backenzähne. Eck- 
zähne und unteren Schneidezahne, sowie die Umbildung eines Paares der 
oberen zu Stoßzähnen deutlich kundgibt. Diese letzteren haben >ich bei 
Rhytina noch am längsten erhalten, wie die Alveolenreste andeuten, während 
übrigens die genannte Tendenz zu Zahnlosigkcit führte. Auch ^Miosirex 
Dollo aus dem Miocän Belgiens mit I { P % M {. von denen der letzte 
obere einfach reduziert i>t. zeigt darin den Weg. den die Molaren von 
Halicore nahmen. 

Das bereits von + Halitherium hervorgehobene Becken mit Gelenk- 
pfanne und mit Kcmtir weist den Weg der Reduktion der Hinterextremität, 
die also bereits im Oligoeän in vollem (lange war. Wir können somit 
bezüglich der (ienealogie der Sircnia nicht weiter gehen, als dati wir 
ihnen unbekannte Ahnen vindizieren, die dem rngulatenstamme ange- 
hörten, und zwar dem Zweige, aus dem auch die Proboscidea hervor- 
gingen, und daß sie sich wohl seit dem Eocän mehr und mehr dem vor- 
wiegenden Leben in Flüssen, Seen. Flußmündungen und schließlich dem 
littoralen Meere anpaßten. 



Primate«. 

Die Besprechung der beiden letzten Ordnungen der Säugetiere: der 
Halbaffen und Affen, fordert an erster Stelle eine Erläuterung des vor- 
stehend gebrauchten Namens „Primates". Seine Anwendung ist eine mög- 
lichst verschiedene gewordene. Linn6 faßte hierunter die Affen, I^eimiren, 
Faultiere und Fledermäuse zusammen. Nachdem die Fledermäuse und 
Faultiere aus diesem Verbände gelöst waren, trennten andere, wie A. Milne 
Edwards, die Prosimiae von den Affen und dem Menschen und wandten 
nur auf letztere den Namen Primates an. Andere, wie E. Selenka. ver- 
stehen unter Primates gar nur die Anthropomorphen und den Mensch. 



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Primnl«*. l>iH<rinw«>. 



741 



Unter oh waltenden Umständen ist es wohl ratsam, den Terminus 
Primates als Ordnungsnamen fallen zu lassen und ihn nur in begrifflich 
weiter Fassung auf Herstamme anzuwenden, die trotz aller Verschiedenheit 
ein verwandtschaftliches Hand vereinigt: in einem Sinne also, wie wir oben 
von Ungulata sprachen. 

Auch deren verschiedene Stämme kann man nur zum geringsten 
Teile voneinander ableiten: wohl aber konvergieren sie nach weit zurück- 
liegenden Ahnen, deren Zusammengehörigkeit eine engere wird in dem 
Maße, als wir uns ihrem Ausgangspunkt nähern. Aehnlich verhält es sich 
mit den Primates, nur sind hier die divergierenden Stämme weit weniger 
zahlreich. Es handelt sich um :J Hauptstämme: die Prosimiae. die Affen 
der Alten und die der Neuen Welt. Ihre jetzige Trennung datiert von 
lange her, schärfte sich aber zu durch verschiedene Spezialisierungen unter 
dem Einfluß von Klima, Lebensgewohnheiten. Nahrung. Sic brachte ur- 
sprünglich gemeinschaftliche Eigenschaften zum Schwinden, schwächte sie 
wenigstens ab oder verdeckte sie. 

Am tiefgreifendsten sind die Unterschiede, welche die Prosimiae 
gegenüber den Affen der Alten und der Neuen Welt aufweisen, während 
die beiden letzteren trotz aller Verschiedenheit enger zusammengehören. 
Allgemein kommt dies auch in der Systematik zum Ausdruck, indem sie die 
Prosimiae oder Lemuridae abtrennt von den Affen, die dann Primates 
oder Anthropoidei heißen. Wir möchten für letztere den alten Namen 
Simiae wieder in Anwendung bringen, in dem Sinne, wie er auch durch 
(Webe). A. Milne Edwards. Schlegel und viele Andere vor und nach ihnen 
gebraucht wurde, um so mehr als der Name Anthropoidei vielfach im 
Sinne von Anthropomorphae gebraucht wird. Was hier Simiae genannt 
wird, heißt bei Winge Ceboidei. 

Die Beachtung der wichtigsten Merkmale gestattet folgende Diagnose 
für die als Primates zusammengefaßten Tierstamme zu entwerfen. 

Die Primates sind plantigrade. pentadaktyle Tiere, deren Nagel- 
phalangen meist Plattnägel (Ungulae) tragen, seltener an einzelnen Digiti und 
nur ausnahmsweise an sämtlichen Krallen oder Kuppennägel. Das Gebiß 

IK'j P'IIlMJl'J). das stets einen vollständigen Zahnwechsel hat, erfahrt nur 
selten Reduktion im antemolaren Teil. Die Molaren sind tri-, quadri- oder 
quinquetuherkular, selten mit Querjochen. Pollex und Hallux als Regel oppo- 
nierbat. Clavicula stets vorhanden: ein freies Centrale carpi. meist Scaphoid 
und Lunatum getrennt. Orbita mehr oder weniger nach vorn gerichtet, 
wenigstens mit Orbitalring: Bewegung der Kiefer orthal. Magen mit seltener 
Ausnahme einfach: Flexura duodcno-jcjunalis und Coeeum vorhanden. Phyto- 
phag, omnivor. selten insektivor. Uterus bicornis oder simplex: Placenta 
diskoidal und deciduat oder diffus, megallantoid und adeciduat; Clitoris 
durchbohrt oder undurchbohrt Penis pendulus. Testes extraabdominal, 
skrotal oder subintegumental stets postpenial. Höchstens 4 bruststandige, 
seltener abdominale oder gar inguinale Zitzen. Zahl der Jungen selten 
mehr als eins, das mehr oder weniger hülflos geboren wird. 



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742 



Will. Ordnung: Pro*imiae. 



XXIII. Ordnung: Prosimiae. 



Die Prosimiae sind sämtlich Itaumhcwohncr und der Mehrzahl nach 
Nacht-, wenigstens Dämmerungstiere. von kleinerer oder mittlerer Körper- 
grobe, mit langem, schlankem Rumpf und meist langem Schwänze, der aber 
bei den Lorisinae rudimentär werden kann: er ist aber niemals ein 
(ireifschwanz. In der Regel ist die hintere Extremität die längste, bei 
Indrisinae selbst in auffallender Weise. Im übrigen treten die Extremitäten 
frei aus der Hautbedeckung des Rumpfes hervor, wie auch die Arten es 
zeigen und außerdem noch die Elefanten. Kamele und Eaultiere. Der 
Kopf ist bald rundlich, bald gestreckt, mit verlängerter Schnauze. 

Stets ist das Haarkleid «licht, oft wollig und besteht beim erwachsenen 
Tier aus (i nippen von mehr als :» Haaren, die häutig unechte Bündel 
darstellen. Schuppen, hinter denen dann .'» Haare stehen, sind nur vom 
Schwänze von Tarsius fuscus Fischer bekannt, bei Tarsius spectrum L. 
fehlen sie bereits und sind die Haare unregelmäßig verbreitet. Der Pelz 



ist häutig lebhaft gefärbt und hat Neigung zu Variabilität, ferner zu Farben- 
unterschieden in den verschiedenen (ieschlechtern: so ist bei Lemur ma- 
caco L. das Männchen schwarz, das Weibchen rot gefärbt. Karpale 
Vibrissae [Beddanl], mithin längere Haare in geringerer Zahl, die ober- 
halb des Daumens, an der radialen Seite des Vorderarms, nach Art von 
Sinushaaren vom Nervus radialis innerviert werden, treten ziemlich all- 
gemein auf. Sie fehlen bei Loris und Perodicticus. Mit ihnen verbinden 
sich umfangreiche acinöse Drüsen. Hiervon zu scheiden ist ein Fleck 
horniger Exkreszenzen an «ler Radialseite des Vorderarms von Hapalemur. 
dem eine Drüseninasse unterliegt. Hei Lemur catta wird dieser Fleck 
durch eine Stelle härterer Haut vertreten |Iteddard|. 

Im übrigen sind acinöse und tubnlöse Drüsen in der Haut vor- 
handen, konglobieien sich aber weiter nicht, so dati denn auch Anal- 
driisen fehlen. 

Die Zitzen verhalten sich verschieden: nur ein Paar pektorale haben 
die Indrisinae und die meisten Arten von Lemur. nur ein Paar inguinale 
Chiromys; ein Paar pektorale und ein Paar abdominale die Lorisinae und 




Linker Arm von 
Hapalemur irri- 
»pii« J . von dl i 
Iiitienxeiti •; uut-li 
Rlaml Simon. 
/. Zitate; v Vi- 
brisMae;/ Stelle 
mit Homex- 



kreszenzen. 



Fijr. :.31. 



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ProMiniae, Körperbau. 



74H 



<ialaginae. bei denen auch - jiektorale auftreten können. Hei Tarsius ist 
«las pektorale Zitzenpaar fast axillar, das abdominale kurz vor dem After 
gelegen. Verschiebung auf die Schulter hat bei Hapalemur statt (Hg. 531). 

Verschiedene kleine madagassische Lemuriden. wie Opoleinur. Chiro- 
gale. haben nach (irandidicr die ( iepHogenheit, während der ('» Monate langen 
trocknen Jahreszeit in eine Art Winterschlaf zu verfallen und vom Fette 
zu zehren, das sich vorher verschiedentlich in ihrem Körper, namentlich 
in der Schwanzwurzel. angehäuft hatte und diese enorm ausdehnte. 

Weiter verdient hervorgehoben zu werden, daß (i. Ituge von Xyeti- 
cebus und Loris Reste eines Marsupialapparates beschrieben hat. Es 
handelt sich um abdominale Integumentalfalten beim Weibchen dem 
Männchen fehlen sie in (lestalt einer unbehaarten, in querer Richtung 
bogenförmig angeordneten Integumentalstreeko. die wenig vertieft vor der 
Symphyse liegt und in einem proximalwärts konkaven Bogen seitwärts 
sich erstreckt. Im Hinblick hierauf darf ich wohl erinnern, dati ich von 
beiden (Jeschlechtern von Chiromys-Einbryoiien einen eigentümlichen Ilaut- 
muskel beschrieb, der vielleicht mit einem Muse, sphineter marsupii zu 
vergleichen ist. Reddard hält auch eine longitudinale Falte bei Lemur catta. 
die jederseits längs «1er Rauchwand läuft, für das Rudiment einer Reutelfalte. 

Von Fallschirmbildungen findet sich höchstens bei Propithecus eine 
Andeutung zwischen Rumpf und Annen. 

Deutlich vorrät sich die arborikole Lebensweise in der Struktur der 
Extremitäten. Daumen und 1. Zehe Hallux sind stets opponierbar und 
meist groß: die 4. Zehe des Fußes ist die längste: die 2. trägt stets eine 
Kralle. Rezüglieh des letzteren Punktes ist folgendes zu beachten. Es 



Fig. 532. Fip. 533. 




ist aller (irund vorhanden, anzunehmen. daß die Prosimiae von ungui- 
kulaten Tieren herstammen, somit ihre Nagelbekleiduug von Krallen. 
Diese Form erhielt sich noch, mit Ausnahme des Pollex, der einen Platt- 
nagel trägt, an allen (iliedmaßen von Chiroinys. Allerdings macht Peters 
mit Recht darauf aufmerksam, dati bei näherem Zusehen die Nägel von 
Chiroinys weniger den Krallen Falculae) als den Kuppennägeln (Tegulaet 
angehören, insofern sie an der unteren Seite eine offene tiefe Rinne bilden 
und nur etwas mehr, als es vielfach bei den Affen der Fall ist. zu- 
sammengedrückt erscheinen. Die gleiche Form erhielt sich ferner an der 
zweiten und dritten Zehe von Tarsius. sowie an der zweiten Zehe aller 
übrigen Prosimiae. Somit läßt sich behaupten, dati bei den Prosimiae 
wenigstens die zweite Zehe des Fußes eine Kralle trägt. Dies erklärt 
sich vielleicht daraus, daß bei Anwesenheit eines großen, gegenüberstell- 



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744 



XXIII. Ordnung: Piwimiar. 



baren Hallux die Rolle der zweiten Zehe eine ganz untergeordnete ist: sie 
ist denn auch kleiner. Die übrigen Zehen — mit Ausnahme von Chiromys 
und der dritten von Tarsius — verbreiterten aber ihre Nagclphalanx. womit 
sich gleichzeitig ihre Kralle zu einem Nagel abflachte. Das gilt auch Ata 
die Hand, wo gleichfalls die Redcutung des Index zurücktreten konnte, 
wie bei Lorisinae. wo er bei Loris und Nycticebus klein, bei Perodicticus 
rudimentär und völlig nagellos. geworden ist. 

Syndaktylie kommt nur bei Indris an der zweiten bis fünften Zehe 
vor, deren erste Phalange durch Haut verbunden sind. 

Der Schädel ist bei der Mehrzahl der Halbaffen in seinem facialen 
Teil mehr oder weniger nach Art des Raubtierschädels verlängert, bei 
Chiromys und Tarsius kurz und namentlich bei letzterem überhaupt ab- 
gerundet. Ein Sagittalkamm ist deutlich ausgesprochen bei Nycticebus. 
schwächer bei Lemur und Lepilemur: den Indrisinae fehlt er. Die Augenhöhle 
ist mehr nach vorn gerichtet und stets von einem knöchernen Orbitalring 
umschlossen, der durch die Processus ]>ostorbitales von Frontale und 
.lugale gebildet wird, hinter dem aber die Orbita in weiter Verbindung 
bleibt mit der Temjtoralgrube. Nur bei Tarsius wird unter den recenten 




Fig. 534. Schädel von Lemur macaco. i Inciaivi; ("Canini; / Praemo- 
larea; m Molares. 

Prosimiae diese Verbindung reduziert auf einen schmalen Spalt: die 
Fissura orbitalis inferior, indem wie bei den Affen der orbitale Teil des 
•lugale und Frontale stark verbreitert ist und das Alisphenoid. sich ver- 
längernd, emporsteigt bis zur Rerührung mit dem Frontale. All dieses 
ist aber bereits bei anderen Prosimiae vorbereitet, die sich darin eben im 
besonderen den platyrrhinen Affen nähern. Auch findet die monströse Ent- 
wiekelung der Orbita von Tarsius, übrigens ein ganz sekundärer Vorgang, sein 
abgeschwächtes Analogon bei den Lorisinae. Sie war von Einfluß auf den 
Hau der Nasenhöhle und auf das Verhalten der Foramina optica (s. p. 47). 
Im übrigen Hau schlielit sich aber die Orbita von Tarsius an die nicht 
madagassischen Prosimiae an. zunächst hinsichtlich der (iegend des Lacry- 
male. Von dieser heißt es in den Lehrbüchern, daß sie einen wichtigen 



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Prosimiae, Körperbau. 



745 



Unterschied abgebe zwischen Prosiniiae auf der einen, den Affen und dem 
Menschen auf der anderen Seite, insofern bei letzteren das Foramen lacry- 
male innerhalb der Orbita. bei Prosimiae außerhalb derselben im facialen 
Teil des Lacrymale liege. F. Major hat aber nachgewiesen, daß bei 
orientalischen und afrikanischen Halbaffen der faciale Teil des Lacrymale 
auf ein Minimum reduziert ist. so daß das Foramen lacrymale vorn be- 
grenzt wird durch das Maxillarc und daß die größte Reduktion des 
Lacrymale überhaupt gerade bei diesen kurzsehnauzigen Prosimiae auftritt. 
Bei den madagassischen hat aber verschiedengradige Verlängerung des 
facialen Teils des Lacrymale statt und damit kommt das Foramen lacry- 
male in diesen und auf die (iesichtsfläche zu liegen. Dies geht Hand in 
Hand mit der Verlängerung des (iesichtsschädels. 

Im allgemeinen gilt diese als primitives Merkmal, ob auch für die 
Prosimiae, ist fraglich; auch im Hinblick darauf, daß nach F. Major bei 
+Adapis aus dem Eocän Frankreichs Lacrymale und Fossa laerymalis in der 
Orbita liegen. Es zeigt sich ferner, daß das Os planum (s. p. f>H>, der 
Teil des Ethmoid also, der nach verbreiteter Ansicht nur beim Menschen 
und den Affen in der Orbita zutage treten soll, auch bei Prosimiae auf- 
tritt und zwar gering ausgebildet dort, wo das Lacrymale umfangreich ist. 
umfangreicher, wo das Lacrymale klein ist, somit hei den orientalischen 
und afrikanischen Arten und bei Microcebus. 

Nicht minder wichtig ist das Verhalten des Tvmpanicum und seiner 
Umgebung. Die Beobachtung von Hagenbach und Hyrtl. daß an der 
Bildung der Bulla tympani der Leinuriden das Tvmpanicum sich nicht be- 
teiligt, wurde neuerdings durch H. Wingc und Forsyth Major bestätigt und 
festgestellt, daß. abgesehen von Tupaja und Ptilocercus, wo ähnliche Ver- 
hältnisse vorliegen, dieses Verhalten einzig unter Säugetieren sei: weiter 
aber, daß nur bei den madagassischen Prosimiae die Bulla durch einen 
Auswuchs des Petrosum gebildet wird und allmählich den knöchernen 
Ring des Tympanicum, der nach seiner Bildung kaum wächst, ganz um- 
faßt. Dadurch kommt er schließlich, abgeseher. von einer Verbindung mit 
dem Squamosum. frei in die Bulla zu liegen. Wichtig ist. daß F. Major 
das gleiche Verhalten für +Adapis nachwies. Bei sämtlichen afrikanischen 
und orientalischen Prosimiae aber beteiligt sich das Tympanicum am Auf- 
bau der allerdings meist kleinen Bulla tympani. Ihr medialer Teil wird 
wieder vom Petrosum geliefert, ihr lateraler aber, der mit dem medialen 
verschmilzt, ist der lateralwärts ausgewachsene Annulus tvmpanicus. 

Der knöcherne Gaumen ist verlängert, hinten häufig verdickt und 
namentlich bei Microcebus. C'hirogale und Opolemur nach Art der Mar- 
supialia und mancher Jnsectivora gefenstert. Auch hat das Palatinum 
Neigung zu pneumatischer Aufblähung, was bei madagassischen Lemuriden 
dazu führen kann, daß die hintere NascnöHnung verengt und der ganze 
Boden der Orbita dadurch in Beschlag genommen wird. Pneumatisierung 
des Mastoid bat bei Lorisinae und (Jalaginac statt, bei den Lemuridae 
Madagaskars höchstens in ganz geringem (irade. am bedeutendsten noch 
unter diesen bei Lepilemur. Von weiteren pneumatischen Räumen findet 
sich ferner allgemein ein Sinus maxillaris und bei größeren Formen, wie 
Lemur. Chironiys, ein Sinus frontalis. 

Das Siebbein schließt sich nach Paulli sehr eng an den Insektivoren- 
typus an. Es bildet 4 Endoturbinalia mit f> Riechwülsten, indem die 
Basallainelle des zweiten Endoturbinale in '2 Blätter sich spaltet. Die 



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740 



XXIII. Ordnung: Prwimiao. 



Ectoturbinalia sind reduziert. Uebcrhaupt sind die Ethmoturbinalia von 
einfacher Form; das Nasoturbinale einfach eingerollt, die Lamina cribrosa 
schmal, mit wenig zahlreichen löchern, die bei Tarsius gar auf ein Ix>ch 
reduziert sind, durch welches die Riechnerven in die Nasenhöhle dringen. 
Bei den Prosimiae überhaupt hebt Reduktion des peripheren (ieruchs- 

organs an, die dann bekanntlich bei Affen 
weiter fortschreitet. Das Maxilloturbinale 
verhält sich verschieden: bei den Lorisinae 
scheint es allgemein doppelt eingerollt zu 
sein, bei den Lemurincn eine wenig ein- 
gerollte Knochen platte. Je nach der Länge 
der Schnauze, sind die Nasalia langgestreckt 
oder kurz und schmal. 

Das Foramen rotundum und die Fis- 
sura sphenoidalis bilden gewöhnlich nur 
eine Oeffnung für den Durchtritt des I. 
und II. Astes des TriReminus und des 
Oculomotorius, Trochlearis und Abducens. 
Das Intermaxillare ist im allgemeinen 
klein, namentlich dort, wo die oberen In- 
cisivi klein sind oder fehlen, wie bei Hapa- 
lemur und Lepilemur; trotzdem reicht es 
bis zum Nasale. Dieser Knochen ist vom 
I^acrvmale getrennt durch das Maxillare. 
Ein Interparietale tritt häutig auf: ein 
eigenes Foramen caroticum an der Basis 
cranii kann fehlen. Die Unterkiefer- 
hälften sind nur ausnahmsweise knöchern 
verbunden. Ihr Oondylus befindet sich nur 
bei Chiromys im gleichen Niveau mit der 
KauHäche der Backenzähne: bei den übrigen 
reicht er höher und artikuliert mit einer 
seichten Fossa glenoidea. hinter welcher 
häutig ein groüer Processus postglenoideus. 
liegt. 

Die Zahl der Thorako lumbalwirbel 
ist 1« — 24, wobei die Zahl der Lumbal- 
wirbel Ins auf !> steigen kann, tiewöbn- 

Fifj. r>35. Rechte Hand von Chiromys 
madagascariensi*. Ä Radius; J/l'lna; / Seapboid 
und damit ligaiuentöx verbundene» Lunatum: i 
Triqurtruni; j Piciforuic; 4 Centrale; 5 Trapezium; 
6 Trapezoid : ; Capitatum; x Hamatum. 




lieh sind Ii Sakralwirl)cl vorhanden, bei Indris 4. Es handelt sich hierbei 
um mehr als einfache Zahlenunterschiede. Deutliche Anzeichen liegen vor 
von Verkürzungserscheinungen am Rumpfe, die vom Becken ausgingen, 
insofern dieses sich kopfwärts verschob und damit die Rumpfwirbelsäule 
weniger segmentreich machte. Wir haben es somit mit einer Erscheinung 
zu tun. die von Affen und dem Menschen namentlich durch E. Rosenberg 
bekannt wurde (p. und in ähnlicher Weise auch bei Prosimiae nach- 



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Frosimiae. Körperbau. 



747 



weisbar ist [G. Rugc|. Hierbei bewahrten die Lorisinae, die auch in 
mancher anderen Hinsicht die ursprünglicheren Formen sind, am meisten 
den ursprünglichen Zustand, wie er sich kenntlich macht durch hohe Zahl 
der Thorako-lumbalwirbel (21 — 25). Diese sinkt bei Lemur. Galago. Tar- 
sius. Chiromys auf 15>. Die Schwanzwirbelzahl spielt zwischen 6 (Lorisi, 
bis 27 (Lemur) und 2* (Propithecus). Wo der Schwanz nicht reduziert 
ist, treten Sparrknochen auf. 

In Verbindung mit den ebengenannten Verkürzungserscheinungen 
am Rumpfe, gleichzeitig aber auch in Verbindung mit der arborikolen 
Lebensweise, durch welche die vordere Extremität wesentlich ihrer Stütz- 
funktion enthoben und «1er Thorax entlastet wird, stehen Umformungen 
am Thorax, wie wir ihnen noch ausgesprochener bei den Affen begegnen 
werden. Zunächst verlor er seine ursprüngliche schmale Kielform, zu- 
erst in seiner vorderen Partie. Der dorso-ventrale Durchmesser des 
Thorax nimmt also zu. der transversale ab. Dies geschieht in verschie- 
denem Grade: am wesentlichsten und auch auf die hintere Thoraxpartie 
sich ausdehnend so, daü der Thorax mehr eine Fafiform annimmt, bei 
den Indrisinae. also gerade bei den Formen, welche die Gewohnheit haben, 
auf dem Boden auf den Hinterextremitäten sich zu bewegen, während 
die Arme über dem Kopf getragen werden. Bereits lHbT> fiel St. George 
Mivart diese Thoraxform auf. durch Maasse wies dann neuerdings G. Rüge 
diese Verhältnisse genauer nach. 

Die Clavicula ist stets gut ausgebildet: der Humerus hat, mit Aus- 
nahme von Perodicticus. ein Foramen entepicondyloideum. Der stets freie 
Radius dreht um die Tina. Im Carpus ldciben Scaphoid und Lunatum 
stets un verschmolzen, meist auch 



das Centrale (ausgenommen Ha- 
palemur, Lepilemur und einzelne 
Arten von Indris und Avaiiis). 
Ueber die Finger wurde oben 
bereits berichtet. Ein radialer 
Sehnenknochen tindet sich z. B. 
bei Perodicticus und Chiromys. 

liegen über dem weiten 
Recken der Lemurinae haben 

Fig. ">30. Tarsus von I>emur. 

Fig. 537. von Galago, von der 
Dorsalwit«-. Nai-h St. Georg.- Mivart. 
a Tal Um; c ( 'alraiHMis ; s Naviculare; 
ib Cuboid; e Knto-, m Moo-, ec Feto- 
cuneiforme (verpl. Fig. 89 p. 112). 



Fig. f>36. 



Fig. ä37. 





die nicht -madagassischen Prosimiae ein enges Recken: die Schamfu^e 
wird durch die Schambeine dargestellt. Am Femur ist meist ein Tro- 
chanter tertius angedeutet, der in der Crista fjlutaea liegt, gewöhnlich 
aber klein bleibt. Nur bei Tarsius ist die Fibula in ihrer distalen 
Hälfte mit der Tibia verschmolzen, sonst ist sie stets frei und pronierbar. 
Das Entocuneiforme ist gerundet und gestattet durch Sattelgelenkverbindung 
mit dem Metatarsale ausgedehnte Abduktion und Opposition des Hallux. 
Einzig dastehend unter Säugern ist die Art der Verlängerung des FutJes 



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748 



XXIII. Ordnung: Proeimiae. 



bei manchen Arten. Sie wird nicht wie sonst durch Verlängerung der 
Metatarsalia erzielt, sondern durch Verlängerung des Calcaneus und Navi- 
culare. Diesbezüglich erreicht Tarsius (Fig. H9 p. 112) das Maximum, 
weniger auffällig ist diese Bildung bei Galago (Fig. f>37). Sie fehlt aber 
auch madagassischen Lemurinen nicht, wie Chirogale fureifer und Micro- 
cebus zeigt. 

Das Gehirn hat verhältnismäßig kleine Großhirnhemisphären, die das 
Cercbellum zum großen Teil unbedeckt lassen, in der Stirnpartie zuge- 
spitzt sind und nur sparsame Gyn und Sulci haben. Letzteres gilt 
aber gewissermaßen nur für den mittleren Zustand: denn die größten 
Arten, wie die Indrisinae. haben furchenreiche Großhirnhemisphären, die 
sieh an die der Affen anschließen. Hierfür spricht auch das Auftreten 
eines Sulcus centralis und der Fissura parieto-oeeipitalis lateralis (Affen- 
spaltei. Ferner die ziemlich allgemein vorkommende Fissura calcarina. 
Kleine Formen dagegen, wie Chirogale und Tarsius. haben fast glatte He- 
misphären, wie die kleinen Affen der Neuen Welt. Hierbei spielt offenbar 
die Körpergröße eine Rolle. Die absonderliche Form des Tarsiusgehirns 
mit seiner Verschmälerung vorn und starker Entwickelung der Occipital- 
und Temporalgegend unterlag wohl dem EinHuß, welchen die vordere Partie 
der Schädelhöhle durch die monströse Ausbildung der Augen erfuhr. 

Gegenüber den Affen unterscheidet sich im allgemeinen das Gehirn der 
Prosimiae durch bedeutendere Größe der Lobi olfactorii, die häufig erheb- 
lich aus dem Gehirn hervorragen: durch geringere Entfaltung des Frontal- 
lappens, durch Kürze der Hemisphären des Großhirns, so daß das Cere- 
bellum z. T. unbedeckt bleibt. Aber auch letzteres Merkmal liefert keinen 
durchgreifenden Charakter, durch den sich das Gehirn von dem der Affen 
unterscheiden würde und zugleich an niedere Formen sich anschlösse, da 
bei Indrisinae die Hemisphären durch kaudale Verlängerung das Cere- 
bellum bedecken [Elliot Smith]. Die übrigen Merkmale sind nur Unter- 
schiede gradueller Art gegenüber den höheren Affen, die bereits innerhalb 
der Prosimiae ungleichartig sind. Alle Untersucher kommen denn auch zu 
dem Schluß, daß neben Kennzeichen niederer Säuger deutlichste Anklänge 
an den Hirnbau der Affen vorliegen. 

Vom peripherischen Gcruehsorgan wurde bereits hervorgehoben, daß 
sichtliche Anzeichen der Reduktion da sind. Auch das zentrale Geruehs- 
organ, in erster Linie der Lobus olfactorius, ist — verglichen mit echt 
makrosmatischen Säugern ■ zurückgegangen: beides aber nicht so, daß 
wir die Prosimiae nicht mehr den Makrosmatikem zuzählen dürften, wenn 
sie auch auf der Grenze zu den Mikrosmatikern stehen. Bezüglich des 
Geruchsorgans sei weiter nur noch hervorgeholten, daß die endständigen 
Nasenlöcher mehr oder weniger nicrenförinig sind, mit der Konvexität 
nach außen. 

Da die Mehrzahl der Prosimiae nächtliche, wenigstens Dämmerungs- 
tiere sind, so erlangten die Augen dementsprechende (iröße. namentlich bei 
Tarsius. Chiromys und den Lorisinae, weit weniger bei den übrigen, 
namentlich bei Leinur-Arten, die Tagestiere sind. Die Nebenorgane des 
Auges: Lider. Drüsen und Augenmuskeln, geben nur Anlaß zu der Be- 
merkung, daß von Muse, retractor bulbi nur ein Rudiment sich rindet an 
der lateralen Seite des Nervus opticus Th. Oudemans]. Daß in Son- 
derheit bei den großäugigen Arten die Annen nach vorn gerichtet sind, 
wurde bereits erwähnt. 



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Pmimiae, Körperbau. 



741» 



Die Ohrmuscheln sind stets gut ausgebildet, namentlich hei den 
ausschließlichen Nachttieren, wie Chiromys, Tarsius und den Lorisinae. 
Bekannt ist. daß die der letzteren der Ohrbildung der Affen sich an- 
schließen durch Oröße. Wölbung der Concha, Einrollung des Helix und 
Faltenbildung. Auffallend groß sind die nackten Ohren von Tarsius und 
dadurch ausgezeichnet, daß die Muschel 4 bogige Querleisten hat. von 
denen die unterste sich zu einem freien Läppchen erhebt. Dies erinnert 
an Zustände, wie sie ähnlich unter Chiroptera auftreten; mit vielen dieser 
hat Tarsius auch die Größe und Selbständigkeit des Tragus gemein. 

Nach Dorans Untersuchung bilden die nicht madagassischen Pro- 
simiae bezüglich der Konfiguration der Gehörknöchelchen wieder eine 
Einheit und schließen sich näher an die amerikanischen Affen an. Die 
madagassischen Formen zeigen mehr Verschiedenheit, namentlich der 
aberrante Chiromys. 

Die Bulla tyinpani kam bereits zur Sprache. Sie fällt bei Tarsius auf durch 
ihre gestreckte Form und das Foramen caroticum, das auf ihrer Höhe liegt. 

Das (lebiß besitzt Eigentümlichkeiten, wodurch es zum Teil an In- 
sektivoren erinnert. Abgesehen von Chiromys. dessen spezialisiertes <ie- 
biß weiter unten im systematischen Teil behandelt werden soll, ist die 
gewöhnliche Zahnformel der Prosimiae l!C}P:{M;{ oder mit Zuziehung 
des Milchgebisses nach I^ches Untersuchungen und in Winges Schreibweise 
12.1-234 

H I ¥r, rw- Bei Indrisinae sinkt die Zahnformel auf 15 C« PS Mi«, doch 
12.1-234 

gehen die Ansichten darüber auseinander, ob im Unterkiefer I, oder C 
fehle. Für den Schwund des letzteren spricht wohl, daß er im Milch- 
gebiß noch angelegt wird, aber nur rudimentär, woraus I^eche schließt, 
daß nur zu erwarten ist, daß sein Nachfolger im Ersatzgebiß fehlt. Bei 
Lepilemur fehlen im erwachsenen Zustand die oberen I ganz, im Milch- 
gebiß tritt aber Id. noch als kleiner Stift auf. In solcher rudimentären 
Gestalt erscheint er auch noch, nach Peters, im erwachsenen Zustand des 
nahe verwandten Mixocebus canieeps. Wie diese Rückbildung allmählich 
vor sich gegangen sein kann, zeigt Hapalemur simus, wo der äußere I 
ganz, der innere teilweise einwärts vom C liegt. Beide sind sehr klein. 
Bei II. griseus liegt wenigstens schon der äußere I vom C verdeckt. 

Fig.öiiS.ObereYurder- * ,g ' 53 °' 



Andeutung dieser Verlagerung und Rückbildung trägt auch bereits Lcmur 
brunneus (Beddard] zur Schau. Im übrigen ist Regel, daß die oberen I klein 
und durch ein medianes Intervall oder Diastem getrennt sind. Dies fehlt nur bei 
Tarsius, wo die inneren dolchförmigen, großen I einander berühren (Fig. f>42). 
Sind die I ungleich groß, so ist der innere der größte: dies gilt auch für 
Tarsius. bei dem der äußere I fast rudimentär ist. Die Canini sind groß 



zähne von / PerodiclieiiH; 
-» Nycticebus ; j Ix>ris; 
nach St. (Joiirge Mivart. 
/ Incisivi; . Caninut». 




J 



Fi«. 530. Vorderende 
der Mandibula von Lc- 
mur maeaco. / Incifdvi; 
C Caninu«; P I'raemo- 
lari*. 



750 



XXIII. Ordnung: l'rosinüae. 



und mehr oder weniger spitz. Die Prämolarcn haben ein Cingulum. das 
hinten zu einem Talon sich vergrößert. Sie haben bis zu 3 Haupthöcker 
und 2 oder 3 kleinere scharfe Nebenhöcker. Die oberen Molaren sind 
bei Tarsius sämtlich trituberkular. Im übrigen sind wenigstens die beiden 
hinteren drei- oder vierhöckerig, wobei der hintere Innenhöcker klein bleibt 
oder fehlt; der vordere dagegen hat meist \/-Yorm und verbindet sich mit 
den beiden Außenhöckern. Hierdurch wird der trituberkulare oder quadri- 
tuberkulare Charakter trikonodont oder bunolophodont. 

Unten stehen die Incisivi dicht gedrängt: sie sind lang, seitlich zu- 
sammengedrückt und horizontal geneigt. Die Canini schließen sich ihnen 
eng an und sind ihnen in Form und Lage gleich. 

Dieser antemolare Zahnapparat, der in seiner Lage an manche In- 
sectivora erinnert, ist in seiner Gesamtheit gegen das zahnlose Intervall der 
Zwischenkiefer gerichtet. Vergleich mit Fossilen lehrt, daß er erst ein 
späterer Erwerb ist, der vielleicht eine Holle spielt beim Reinigen des 
weichhaarigen Pelzes, ähnlich wie die kammförmigen I von Galeopithecus. 
Außer Chiromys geht er auch Tarsius ab. Hier fehlt das obere intermaxillare 
Diastem (Intervall), auch hat Tarsius einen unteren I verloren, von dem 
nur noch ein Schmelzkeim angelegt wird [I^cclie]. Die Stellung des 
einzigen unteren I und des großen C ist eine vertikale. Im Milchgebiß 
erinnert aber ihre Stellung nach Leche an die der übrigen Prosimtae. 

Im Unterkiefer ist der erste P (I\,) caniniform, die übrigen P gleichen 
den oberen. In den M sind meist die Höcker durch Querbrücken ver- 
bunden oder sie bilden 2 längsverlaufende Halbmonde. Dieser Zustand 
ist aus einem tuberkulo-sektorialen. wie ihn Tarsius zeitlebens bewahrt, 
abzuleiten. Genannte Zahnforni entstand aus einer mit den 3 primitiven 
Höckern, von denen der Innenhöcker meist reduziert ist. während der 
Talon 2 Höcker entwickelte, welche den vorderen nicht nachstehen. 
Bleibt der innere Vorderhöcker, so tritt er mit dem äußeren in Verbindung 
und die Zahnkrone erhält die y -Figur der Insektivorenzähne. 

Bezüglich der Mundhöhle fallen an deren Dache, entsprechend der 
zum großen Teil aus Insekten bestehenden Nahrung, deutliche Gaumen- 
leisten auf. Deren Zahl beträgt selbst bei Tarsius trotz der geringen 
Ausdehnung des Gaumens noch 11. Die Zunge ist bekannt durch die 
starke Ausbildung der Unterzunge. Im übrigen ist ihre Oberfläche mit 
Papillae filiformes und dazwischen zerstreuten Papillae fungiformes bedeckt. 
Ein Meyersches Kandorgan scheint allgemein aufzutreten. Die Papillae 
vallatac, wenigstens 3 an der Zahl, sind in einem nach vorn offenen 
Dreieck angeordnet. 

Der Magen hat eine mehr oder weniger ausgesprochene Retortenform 
ohne weitere Komplikationen. 

Dem Darm fehlt niemals ein Coecum. gewöhnlich von mittlerem 
Ausmaß, ist es häufig hakig gebogen oder hat Neigung zu spiraliger 
Drehung. 

Die Länge des Darmes ist eine sehr ungleiche. Wichtiger ist. daß 
der Dickdarm ein sehr verschiedenes Verhalten darbietet bei den ver- 
schiedenen Arten [van Loghein]. Den einfachsten Zustand zeigt Tarsius 
(vergl. Fig. H»l, p. 20*). wo der Dünndarm über der Flexura duodeno- 
jejunalis in ein nur wenige Millimeter langes transversales Colon übergeht, 
das sofort durch die Flexura coli in ein kurzes, gerade zum After ver- 
laufendes Stück umbiegt, welches potentia das Colon descendens und 



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Protumiae. Körperbau. 



751 



Rectum enthält. Der postcökalc Teil des Darnies ist also auffallend kurz. 
Derselbe erfährt Verlängerung bei den übrigen Arten, jedoch in ver- 
schiedener, teilweise gradueller Weise. Hei (lalago und Microcebus z. B. 
durch Ausbildung eines kurzen Colon transversum und descendens; bei 
Lemur in verschiedenem Grade bei den verschiedenen Arten durch Bildung 
einer Schleife, deren Spitze die Flexura coli dextra darstellt. Diese Schleife 
kann derart auswachsen, dati sie sich abermals umknickt. Endlich erfahrt 
die f olonschleife weitere Komplikation bei Perodicticus. namentlich aber 
bei Propithecus. indem sie; während der Entwicklung des Individuums sich 
spiralig einrollt, bei Propithecus (Fig. f>40) in dem Maße, daß sie eine 
Scheibe konzentrisch angeordneter Dann Windungen darstellt, welche an 
die Darmscheibe iFig. 1<54 p. 'JO\h der Ruminantia erinnert. Zur Zeit 
fehlt jede Einsicht in den Zusammenhang dieser postcökalen Verlänge- 
rung des Darmes mit der Nahrung. Diese besteht aus Früchten, Blättern: 
die meisten Arten genießen nebenher Insekten. Eidechsen, junge Vögel 
und dergleichen. 



Fig. 540. Propithe- 
cut diadema. Ventralan*icht 
des Colonlabryrinths, von 
welchem man nur die ven- 
trale Ktage der „Darm- 
Ncheibe" sieht. Nach van 
Loghem. I> Duodenun) ; 
R Rectum; C Coeeum. Bei 
-f Grenz»' zwischen Colon 
undCoeciim;" undftdie zwei 
IJmkehrungftpunktc; l>ei b 
kehrt dor Dann altemiaU 
um und eilt nach einein 
haltien Kreise in die dor- 
sale Ktage der Darmscheibe. 




Die Leber schließt .sich nach (J. Ruges Untersuchung an die Leber 
niedriger stehender Säuger, andererseits an die der Platvrrhinen an. Ersteres 
gilt namentlich für die Lorisinae. Deren primitivem, indifferentem Ver- 
halten nähert sich dann Tarsius am meisten, während Chiromys und die 
Lemurinen sich weiter entfernten, was sich darin ausspricht, daß die Leber 
ihre (ilockenform mit starker Ausdehnung ihrer Abschnitte beckenwärts, 
verliert, breiter und flacher wird. d. h. in dorso-vent raier Richtung sich 
stärker entfaltet, während ihre Höhenausdehnung abnimmt. Verkürzung 
des Rumpfes in Verbindung mit rmfangszunahme des Thorax und Ab- 
dachung des Diaphragma gegenüber dem ursprünglich schmalbrüstigen, 
kiclförmigen Thorax mit konvexerem Diaphragma, spielt hierbei eine Rolle. 



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7»2 



XXIII. Ordnung: rrraimifir. 



Beständig tritt in deutlicher, selbständiger Entfaltung der Lobus centralis, 
der rechte und linke Seitenlappen und der Hohlvenenlappen auf. Von 
diesen zeichnet sich der letztgenannte gegenüber den Affen durch seine 
Selbständigkeit aus. Eine Gallenblase ist stets vorhanden und liegt häufig 
tief im Leberparenchym eingeschlossen. 

Vom Kehlkopf ist die retrovelare 'mtranariale) Lagerung der Epi- 
glottis hervorzuheben. letztere ist nach (iöppert bei Lorisinae noch ein 
bedeutendes Gebilde, das aber innerhalb der Prosimiae seine Auflösung er- 
fährt in den medialen sekundären Epiglottisknorpel und in die beiden lateralen 
Wrisbergischen Knorpel, die kranialwärts den Eingang in die Morgagni sehen 
Taschen, die stets vorhanden sind, überlagern. Die Epiglottis ist bei 
Lemur basal so gelagert, daß es zur Bildung eines median gelegenen Re- 
cessus kommt, gewissermaßen eine Vorbereitung zu einem medianen Kehlsack 
zwischen Epiglottis und Schildknorpel. Solcher ist aber von Prosimiae nicht 
bekannt. Wohl aber meint Forsyth Major aus dem Bau des Unterkiefers 
des erst in junger Zeit ausgestorbenen +Mcgaladapis Madagaskars schliefen 
zu dürfen, daß demselben ein Brflllapparat zukam, etwa wie bei Mycetes. 

Bei Indris. der in Madagaskar bekannt ist für sein von anderen 
Lemuridcn abweichendes lautes Geheul, kommt sonderbarerweise ein dorsal 
gelagerter Kehlsack vor. der hinter dem Cricoid durch eine OefTnung 
innerhalb der beiden ersten Tracheairinge mit dem Larynx kommuniziert, 
übrigens aber zwischen Trachea und Oesophagus liegt [A. Milne Edwards]. 
Auffallenderweise wird ein ganz gleich gelagerter Sack von Hühnereigröße 
von „Lemur varius" nur durch Otto beschrieben. Außerdem ist ein gleich- 
artiger Sack nur noch von Ateles. aber bereits seit Cuviers Zeit, bekannt. 

Die Lunge ist stets gelappt, meist so, «laß rechts vier, links drei 
I«appen auftreten, ihre Zahl steigt aber bei Tarsius, nach Burmeister, rechts 
auf sechs links auf fünf. Rechterscits hat der Bronchialbaum einen epar- 
teriellen bronchialen Bronchus in Aebys Nomenklatur. 

reber die I-agerung des Herzens wird einiges zur Sprache kommen 
bei dem gleichen Organ der Affen. Vom Blutgefaßsystem ist zu berichten, 
daß an den Extremitäten arterielle und venöse diffuse Wundernetze auf- 
treten, wie sie auch von den Xenarthra bekannt sind. Zunächst bei den 
Lorisinae. somit den kleinen afrikanischen und orientalischen Prosimiae. 
die tagsüber aufgerollt auf Baumästen, dieselben fest umgreifend, schlafen 
und nur nachts ihre trägen Bewegungen ausführen. Es ist aber gewagt, 
diese Wundernetze eben mit dieser trägen Bewegung in Verbindung zu 
bringen, wenn wir erwägen, daß W. Vrolik sie auch bei Tarsius entdeckte, 
der allerdings über Tag gleichfalls sich ruhig verhält, nachts al>er in 
weiten Sprüngen sich bewegt 

Die Prosimiae gehören zu den Säugern mit bleibendem Descensus 
testiculi, d. h. nachdem die Testikel einmal aus der Bauchhöhle heraus- 
getreten sind und ihre definitive Lage neben resp. hinter dem Penis ein- 
genommen haben, behalten sie weiterhin unabänderlich diese Lage in 
einem mehr oder weniger deutlichen Scrotum. Diese Einrichtung muß 
bei ihnen schon lange bestehen, da einmal die Testikel früh die Bauch- 
Höhle verlassen, ferner das Scrotum bei verschiedenen Arten nicht mehr 
durch die Verlagerung der Hoden erst entstellt, sondern bereits aus 
eigener, unabhängig gewordenen Skrotalanlage mit der gepaart geht Modi- 
hkation der Hautdecke durch warziges Aeußere, Drüsenreichtum, glatte 
Muskulatur, kurz durch alle Eigenschaften der Area scroti (p. 271). Stets 



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Prosimiae, Kör|>crhnii. 



7f>;i 



ist ein Cremastersack vorhanden, nur »lurch «len Muse, transversus, zuweilen 
auch noch durch den Muse, obliquus internus gebildet. 

Von aeeessorisehen (ieschlechtsdrüsen fehlen die (Glandulae vasis 
deferentis. Im Gegensatz zu »len Simiae mflnden hei den Prosimiae die 
Glandulae vesiculares nicht in «las 
Vas deferens aus. sondern mit 
eigenen Mündungen auf dem Veru 
montanum. Einzig Chiromvs weicht 
hiervon ab durch Fehlen der Glan- 
dulae vesiculares. Prostatadrüsen 
sind stets vorhanden. 

Der Penis, der wie bei den 
Simiae ein Penis i>endulus ist. hat 
in der Mehrzahl der Prosimiae 
einen Penisknochen. 

Wichtig sind die Unterschiede 
des weibliehen (ieschlechtsapparates 
von dem der Simiae. Der Uterus ist 
zweihörnig und die Clitoris wird stets 
von der Urethra durchbohrt, nur bei 
Chiron) vs mündet die Urethra etwas 
unterhalb der Mitte in die Vagina 
ein. Aber trotzdem tritt auch hier 
die Clitoris ventralwärts von derOeff- 
nung des Cannlis urogenitalisi Schei- 
deneingang) «lurch eine selbständige 
Oeffnung nach außen. 

Die allgemein vorkommende 
Placentaform ist die einer diffusen, 
adeciduaten mit groüer Allantois; 
deren Beteiligung oder Nichtbetei- 
hgung an der Bilduug und Vas- 
cularisierungder Placenta (Chorion) 
ist aber noch unbekannt. Vorläu- 
fig scheint sich aber dieser Pla- 
rentatvpus scharf zu scheiden von 

dem der Affen sowohl als von dem der Insectivora, wodurch sich 
Prosimiae. insoweit ihre Placentation bisher bekannt ist, sowohl 
den Affen als den Insectivora unterscheiden. Wichtig ist daher, 
nach Hubrecht Tarsius sich eine primitivere Placentation bewahrt 
Sie ist diskoidal und deciduat und zeichnet sich in ihrer ersten Entwicklung 
«lurch «len Besitz eines Bauchstiels aus, wie er bisher nur vom Menschen 
und den höheren Affen bekannt wurde. 

Als Regel wird nur ein Junges geworfen, «las in einem «1er Uterus- 
hörner seine Entwicklung durchläuft. Es wird behaart geboren un«l 
klammert sich an der Mutter fest: bei «len Lemuren umgreift es hierbei 
die Lendengegend. 

Diagnose. 

Die Prosimiae sind baumbewohnende Dämmerunijs- oder Xachttiere 
mit insektivorer, frugivorer oder omnivorer Diät, dichter Behaarung un«l 

Weber, Süugetiere. 48 




Fig. Ml. Weibliche OrogenitalnrgftM 
von Stcnop*. Nach W. Vrolik. u I rcthrn 
kommt aii« der ^«öffneten Blase und mün- 



det i 
{im 



lurch die Clilori* nnch aulien. 7' 
J Rectum; beide abgeschnitten. 



Va- 

«lie 
von 
«lali 
hat. 



754 



XXIII. Ordnung: Prosimiae. 



langem Schwanz, der niemals ein Greifschwanz ist. Analdrüsen fehlen. 
Zitzen meist ein Paar pektorale, häutig daneben ein Paar abdominale 
ausnahmsweise nur ein Paar inguinale. Pollex und Hallux stets oppo- 
nierbar, ersterer stets mit Plattnagel: 2. Fußzehe hat stets eine Kralle, 
4. Zehe die längste. 2. Finger der Hand klein, zuweilen rudimentär. 
Frontale und .lugale bilden Orbitalring: durch deren Zunahme und durch 
die des Alisphenoid kann die weite Verbindung mit der Temporalgrube 
zu weiter Fissura orhitalis. nach Art der Platyrrhina. reduziert sein. 
Foramen lacrymale außerhalb der Orbita. Tympanicum entweder freier 
Halbring in Itulla auditiva, oder es beteiligt sich am Aufbau der 
letzteren. Foramen rotundum meist mit Fissura sphenoidalis vereinigt. 
Interparietale häutig vorhanden. Unterkieferhälften meist unverschmolzen. 
Foramen entepicondyloideum fehlt nur Perodicticus. Centrale Carpi meist 
frei. Trochanter tertius gewöhnlich vorhanden. Kleinhirn wird nur unvoll- 
ständig von den Großhirnhemisphären bedeckt, die bei mittelgroßen und 
grotfen Formen nach Affentypus gefurcht sind, Gebiß meist 1 1 C } P l M : \: 
obere I klein, mit Intervall. Untere I und der incisiviforme C geneigt. 
M drei- oder vierhöckerig. Magen einfach; Coecum vorhanden. Testikel 
skrotal: Glandulae vasis deferentis fehlen: Glandulae vesicularcs mfinden 
auf Veru montanum. Penis pendulus. mit Penisknochcn. Uterus bicornis; 
Clitoris von der Urethra durchbohrt. Placenta entweder diffus, megallan- 
toid und adeciduat, oder diskoidal und deciduat In der Regel wird nur 
1 Junges geworfen. 

Geographische Verbreitung. In der Jetztzeit haben die Prosimiae 
eine engbegrenzte Verbreitung. Hauptsächlich bewohnen sie Madagaskar, 
wo sie ungefähr die Hälfte der dort lebenden Säuger ausmachen und 
überall .sich finden, selbst in kleinen Waldungen. Auf Madagaskar be- 
schränkt sind die Chiromyidae. Indrisinae. Lemurinae und Microcebinae. 
kurz all die Halbaffen, deren Tympanicum frei in der Bulla auditiva liegt. 
Hei allen übrigen zeigt das Tympanicum das gewöhnliche Verhalten und 
diese finden sich in der äthiopischen und orientalischen Region und zwar 
in deren tropischem, bewaldetem Teil. Es sind die Galaginae. die an der 
Ostküste Afrikas bis Natal vertreten sind und in verschiedenen Arten 
auch in Zentral- und West-Afrika vorkommen. Hier, und zwar an der Gold- 
küste, Kalabar und Kamerun leben ferner zwei Arten von Perodicticus. 
einem Vertreter der Lorisinae. die übrigens durchaus orientalisch sind. 
Ks sind Loris gracilis im Südosten von Britisch-Indien und Ceylon: Nyc- 
ticebus tardigradus in mehreren Varietäten von Java. Sumatra. Cochin- 
rhina bis Bengalen. Die Tarsiidae endlich sind beschränkt auf die Großen 
Sunda-Inseln. Savu, Celebes und die Philippinen. Diese Verbreitung der 
Halbaffen über Afrika südlich von der Sahara. Madagaskar, Süd-Indien. 
Ceylon, den indo-australischen Archipel bis Celebes. den Timor-Archipel 
und den Philippinen gab Anlaß, an eine frühere I^andverbindung dieser 
getrennten F.undorte zu denken, an einen untergegangenen Kontinent 
Lemuria. dessen Randgebiete bestehen blieben, während er in der Haupt- 
sache zum Indischen Ozean einsank, aus dem noch als seine Bruchstücke 



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I. Unterordnung: Taraiidae. 



755 



die Amirantcn. Komoren, Seychellen und Mauritius hervorragen. Bezüg- 
lich dieser Frage sei auf p. 310 und weiter unten auf p. 761 verwiesen. 

Taxonomie. 

Mit Zugnmdelegung der neueren Untersuchungen von H. Winge, 
Forsyth Major u. A. lassen sich die Prosiiniae, wie in der auf p. 756 folgenden 
tabellarischen Uebersicht geschehen ist, nach einzelnen Hauptmerkmalen 
in größere und kleinere Gruppen zerlegen. Hierbei wurde das Genus 
Tarsius durch Erhebung zu einer Unterordnung besonders hervorgehoben, 
um klar zu legen, daß es neben manchen Spezialisierungen, die weiter 
unten näher angegeben werden sollen, in anderen Punkten auf der Bahn 
der Affen sich bewegte. Aehnlich nämlich wie einzelne auf p. 765 zu nennende, 
fossile Formen, zeigt auch Tarsius Anknüpfungspunkte an die Affen und liefert 
damit den Beweis für den genetischen Zusammenhang der Prosiiniae und 
Simnie. Die reconten Vertreter beider haben sich aber übrigens vom ur- 
sprünglichen Zustande, jeder in seiner Weise, entfernt, und da der gemein- 
same Ursprung ein weit entlegener ist, ist auch die Divergenz eine be- 
deutende. Tarsius aber ist unzweifelhaft eine primitive, in mancher Hin- 
sicht altertümliche Form, die eben dadurch in einzelnen Punkten den Affen 
sich nähert. So im Bau der Placenta. von der die glänzende Untersuchung 
Hubrechts nachwies, daß sie durchaus von der der übrigen Prosiiniae ab- 
weicht. Tarsius darum aber aus dem Verbände der Prosiiniae zu lösen 
und den Simiae anzuschließen, verbietet allein schon der Bau des Tarsus. 
Derselbe ist der hüpfenden Bewegung angepaßt, nicht aber, wie sonst stets 
durch Verlängerung des Metatarsus, sondern durch Verlängerung von Cal- 
caneus und Naviculare, die einzig dastehen würde, wenn sie nicht auch 
Galago und auf erster Stufe Chirogale besäßen, also äthiopische und mada- 
gassische Prosimiae. 



I. Unterordnung: Tarsiidae. 

Die auffällige Vergrößerung der Orbita, zusammen mit der vertikalen 
Haltung des Kopfes übten tiefgreifenden Einfluß auf den Schädel aus, wie 
er sich in analoger Weise bei den Affen äußert. Die Orbita dehnte sich 
durch e.vcessive Größenzunahme der Augen unter dem Einfluß der nächt- 
lichen Lebensweise außerordentlich aus; dadurch vergrößerte sich der or- 
bitale Fortsatz des Frontale und Jugale, unter Beteiligung des Alisphenoid 
zu einer postorbitalen Platte, welche die Temporalgrube von der Augen- 
höhle scheidet, bis auf eine weite Fissura orbitalis. Gleichzeitig wurde 
hierdurch die Interorbitalbreite eingeengt, wodurch das periphere Geruehs- 
nrgan Bückbildung erlitt, die sich auch in der reduzierten Siebplatte 
äußert, deren Löcher auf eins reduziert werden. Damit ging auch das 
Uhinencephalon zurück, wie überhaupt die vordere Hinipartie, woran sich 
kaudale Ausdehnung der Hemisphären anschloß, die übrigens nach Elliot 
Smith ausgesprochenen Lemuriden-Charakter besitzen. Hierdurch und durch 
die vertikale Haltung hatte Verschiebung des Foramen inagnum und der 

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75(5 



XXIII. Ordnung: Prwimino. 



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II. Unterordnung : Lemuridae. 



757 



Hinterhauptskondylen nach vorn statt, wodurch der Verlauf der Carotis 
interna ein von den Pro.siiniern abweichender wurde und dem der Affen sich 
anschließt, wahrend die Trommelhöhle mit der der nichtmadagassischen 
Prosimiae übereinstimmt. 

Im Gebiß I L ] C \ P * M }f{ haben die I ursprüngliche Form; sie 
bilden oben eine geschlossene Reihe, und der einzige untere steht vertikal 
(s. oben p. 750 >. Die C sind caniniform, die H tuberkulo-sektorial. Glied- 
maßen lang. Tibia und Fibula distal ankylosiert : Calcaneus und Navi- 
culare stabförmig verlängert 'Fig. 8i», p. 112): 
2. und 3. Zehe des Fußes mit Krallen, sonst 
zugeschärfte Plattnagel. Zwei inguinale und 
2 pektorale Zitzen. Placenta scheibenförmig 
deciduat : ein Junges wird geworfen. 

Das auf die ostindischen Inseln be- 
schränkte Genus Tarsits Storr erreicht kaum 
die Größe einer Ratte. Der gerundete, groß- 
äugige Kopf hat große, nackte Ohren. Sie 
leben zu Paaren in Waldungen, wo sie bei 
Nacht springend auf Bäumen sich bewegen, 
unterstützt durch die scheibenartig verbrei- Fig. 542. Tarsius Urem» 

terten Enden von Finger und Zehen und den grxl. Schädel von vorn. Nach 
verlängerten Fuß. Sie nähren sich von In- Buriue,ster - Vi Gr 
sekten, Reptilien u. dergl. T. tarsius Erxl. (T. spectruiu GeoffrA Su- 
matra, Borneo, Java, Banka und Billitnn. Durch längere Haare am 
Schwanz, die in der Dreizahl hinter Schuppen stehen, unterscheidet sich 
T. Just us Fisch, von Savu, Uelebes, Saleyer, Sangir und den Philippinen. 




II. Unterordnung: Lemuridae. 

Die Vertreter in Madagaskar unterscheiden sich von den äthiopischen 
und orientalischen, wie in der Tabelle angedeutet, durch anderen Bau der 
tympanalen Gegend. 

1. Familie LEMüRINAE. Dick wollig behaarte Tiere, höchstens von 
Fachagröße und sehr variabeler Färbung, Schnauze meist lang. Hinter- 
extremitäten mäßig länger als die vorderen. Schwanz lang, buschig be- 
haart. Processus spinosi clor letzten thorakalen und der lumbalen Wirbel 
nach vom gerichtet. Im typischen Gebiß: 1 1 C \ P ;} M i|. von denen die 
oberen I rudimentär werden oder ausfallen können. Es lassen sich 2 Ab- 
teilungen unterscheiden. 

Die 1. Gruppe: die Lkmirks, gruppieren sich um Lemur und 
haben einen normal gebauten Tarsus. Hierher gehört Lkmir L. 
Schnauze nach Art eines Fuchses verlängert, Schwanz wenigstens von 
halber Körperlänge. 2 pektorale Zitzen. I I C } P £ M jj. Obere I klein, 
aber gleich groß. P— ist fast bis auf das Ausmaß der vorderen P redu- 
ziert. An den oberen M ist die hintere Spitze des Talon verkümmert, 
nach innen von der vorderen ist das Cingulum slark vergrößert. Ueber 
die Umgrenzung der Arten, die auf Madagaskar und die Komoren be- 
schränkt sind, gehen die Ansichten auseinander, infolge der Variabilität 
des Haarkleides, das auch dem Geschlechte entspricht. So ist bei />. via- 
caco L. das Männchen schwarz, das Weibchen rot mit weißen Sehnnrr- 



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758 



XXIII. Ordnung: Prosimiac. 



und Ohrhaaren. Die auffälligste Variabilität im Haarkleid zeigt aber 
motigoz L.. zu der nach A. Milne Edward» und Grandidier zahlreiche, 
als Arten beschriebene Varietäten gehören. Eine der am häufigsten ein- 
geführten Arten ist L. catta L. : sie ist weniger als die übrigen an Bäume 
gebunden und hat einen schwarzgeringelten grauen Schwanz. Bei L. 
brun nciis hat Abnahme der oberen T statt und beginnt Verlagerung der 
äußeren I hinter den C. 

Bei Hapai.EMi R Is. Genff. mit 2 pektoralen und 2 inguinalen Zitzen 
geht dieser Prozeß weiter und führt bei //. grist'us Gooffr.. mehr noch 
bei H. simus Gray dazu, dali der äußere I ganz, der innere 1 teilweise 
hinter dem oberen C liegt, P* int breit : obere 51 unterscheiden sich von 
denen von Lemur durch unbedeutendes Cinguluin. Centrale Carpi fehlt. Letz- 
teres ist auch der Fall bei Lepilemir Is. Geoff., bei welchem Genus die 
oberen I ganz fehlen oder rudimentär sind. Die «twa 7 Arten sind kleine 
Tiere mit kleinem Interuiaxillare, kurzer .Schnauze und aufgeblähtem 
Mastoid, wodurch sie sich von den übrigen Lemurinae unterscheiden. Der 
»Schwanz ist kürzer als der Körper. An 51 2 und -2- ist die hintere Talon- 
spitze rudimentär, das Cingulum bildet aber eine niedrige Spitze; 51-2- ist drei- 
spitzig; P 4 kaum verkleinert. 

In diese Gruppe gehört endlich noch Mixooebis Pet. 

Die 2. Gruppe : die Chirogalei galten früher als madagassische Ver- 
treter der afrikanischen Galaginae, wegen der gemeinsamen Verlängerung 
von Naviculare und Calcaneus. Sie haben aber dieses auffällige 51erkmal 
auch mit den Tarsiidae gemein, woraus hervorgeht, daß dieso Anpassung an 
die hüpfende Bewegung, obwohl einzig unter Prosimiao vorkommend, kein 
Beweis direkter Zusammengehörigkeit ist, sondern als Erbstück aufzufassen 
ist, daß bei einzelnen Arten unabhängig von einander zur vollen Ausbildung 
kam, am geringsten noch bei den Chirogalei. Es weist also höchstens auf 
eine nähere Beziehung dieser zu den Galaginae. Von diesen trennt sie 
auffällig [F. Major, Winge] der Bau des Tympanicum. 

Hierher gehören die kleinsten Lemuridae: die auf Madagaskar beschränk- 
ten Genera Chirogale E. Oeoffr., 51icROCEnrs In. Geoff. und Opolemir Gray. 
Sie haben gemeinsam kurzen, gerundeten Schädel mit großen Augen, lange 
Hinterextremitäten mit verlängertem Fuß, langem Schwanz und großen 
Ohren. Im Gebiß IS C} P$ 51 g ist I» größer als I* ; P* kleiner als 
51 '. Bezüglich der M und der Fensternng des harten Gaumens besteht 
Verschiedenheit. Das Mastoid ist nicht aufgebläht. 51iVroeebus und Opo- 
lemur häufen während der guten Jahreszeit namentlich im Schwanz Fett 
an und verbrauchen es während der Trockenzeit, wahrend welcher sie in 
torpidem Zustande sind. 

2. Familie IKDRI31NAE. Ausschließlich arborikole Tiere 5Iadagaskars 
mit langen Hinterextremitäten, mit denen sie auf dem Boden, teilweise 
durch weite Sprünge, sich fortbewegen, während die Arme über den 
Kopf gehalten werden. Letztere haben mehr oder weniger deutlich 
eine an eine beginnende Fallschirmbildung erinnernde Hautfalte. Alle 
Finger behaart, die des Fußes bis zur 2. Phalanx durch eine Spanuhaut 
verbunden, mit Ausnahme des sehr großen Hallux. Daumen wenig oppo- 
nierbar, Schwanz verschieden lang. 2 pektorale Zitzen. Coecum groß, 
spiralig aufgerollt. Gehirn groß. Am Thorax übertrifft der transversale 
Durchmesser den dorso-ventralen bedeutend. 8 — i) Lumbal- und bis zu 
4 Sakralwirbel. Nach der gewöhnlichen Deutung hat das Gebiß I« C£P| MI}, 



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II. I* n teronl nung: I.*imiridae. 



75!> 



nach anderer I jf C 



}. Im Milc hgebiii Id | Cd -}• Pd i| ist der untere C rudi- 
mentär (p. 749 1. Diese Familie umfaßt die grüßten Prosimiae. Unter 
ihnen ragt durch eine Rumpfgrüße von reichlich <>0 cm Indris E. Geoffr. 
(Lichanotus Iiiig.) hervor, mit rudimentärem Schwanz, kurzen Ohren, 
auffallig großen Gliedmaßen. Obere I fast gleich. Centrale carpi fehlt. 
Nur eine Art /. brcvicaudatus Genff. mit verschiedenfarbigem langem, 
wolligem Pelz. Propitheccs Benn. Die etwa 8 Arten mit zahlreichen 
Unterarten und Varietäten haben gemeinsam ein seidenartiges, langes 
Haarkleid, langen Schwanz. Die inneren oberen I überragen die äußeren 
und sind nur durch ein geringes Intervall von einander getrennt. Der 
Carpus hat noch ein freies Centrale. Dies fehlt abermals bei der abge- 
leiteten Form Avahis Jourd. i Microrhvnchus Jourd.). Die einzige, dicht- 
widlig behaarte Art A. tauiger Gm. mit mehr als kürperlangem Schwanz, 
kleinen verborgenen Ohren, kurzem Gesichtsschädel, langer, schräger Sym- 
physe des Unterkiefers, der hinten hoch und breit ist. Innere I. durch 
breites Intervall getrennt, sind kürzer als die äußeren. 

Familie CHIROMYINAE. Das einzige Genus Chiromys G. Cuv. 
(Daubentonia E. Geoff. ), wurde früher des Gebisses wegen den Rodentia 
zugerechnet. Es hat die Formel 1 | C } t P ,', M \ ; die 1 sind nagezahnartig mit 
bleibendem Wuchs von 
persistierender Pulpa aus 
und nur an der Vorder- 
seite mit Schmelzbedeckung. 
Die erste Dentition Id ; Cd ,* 
Pdi ist aber nach Form 
und Zahl der Zähne mehr 
lemnrartig: Winge deutet 
jedoch den unteren Nage- 
zahn als C. Trotz ihrer 
G reiße werden die vorder- 
sten Zähne nicht eigentlich 
zum Nagen gebraucht, 
wohl aber zum Beißen von 

Löchern um weicher 
Fruchtteile innerhalb der 
Schale, um desMarkes inner- 
halb des Rohres, um der In- 
sekten unterhalb der Kinde 
habhaft zuwerden.wobeider 
lange, dünne Mittelfinger 
(Fig. 535.) mithilft. Der Ge- 
lenkkopf des Unterkiefers 
liegt in gleichem Niveau mit 
der Kaufläche der niedrigen 
Backenzähne, mit undeut- 
lichen Höckern. Processus coronoideus rückt nach vorn in Verbindung mit 
der Zunahme des Muse temporalis und Masset er. Abgesehen von dem 
Hallux mit Plattnagel, besteht die übrige Nagelbekleidung aus Krallen, 
die aber noch mehr den Charakter von scharfen Kuppennägeln tragen. 
Die einzige, als Ay-Ay bekannte Art: Ch. madagascaritusis Gm. von Son- 
nerat in Madagaskar entdeckt, ist ein Nachttier von Katzengröße mit 




Fig. f>43. ChiromvB madagaseariensis. 3 \ n. Gr. 
Schädel: (' Condvlus; /*' Frontale; / Intermaxillare: 
J Jugale; /. Lacrymale; M Maxillarc; .V Nasale: OÖ 
Ohröffming; /Parietale: S ^uamosum. — Unterkiefer: 
C Condy hl* mandibulac; fe Processus coronoideiis ; / 
Incisivi ; / Praemolare* ; .1/ Molares. 



7f)U 



XXIII. Ordnung: Prommiae. 



rundem Kopf, großen nackten Ohren und buschigem Schwanz, das in 
Bambusgebüschen lebt. 

Die folgenden zwei außerhalb Madagaskars lebenden Familien haben 
den Bau der Trommelhöhle gemeinsam. 

4. Familie: ÖALAOINAE. Kleine, auf das tropische, waldreiche Afrika 
beschrankte Lemurideu, denen früher die Chirogalei angereiht wurden. Sie 
haben mit diesen die stabförmige Verlängerung von Calcaneus und Navi- 
culare gemein, nur starker ausgebildet und nähern sich hierin Tarsius. 
doch ist die Fibula nicht mit der Tibia verwachsen, auch hat die 3. Zehe 
einen Plattnagel und ist ebensowenig wie die 2. zurückgebildet. Dem- 
entsprechend sind die Hinterextremitäten weit langer als die vorderen. 

Das einzige Genus Galago E. Geoff. mit den Subgenera OTOLKMtR 
Ooqu., Otolicnis Iiiig. und Hkmiualacjo Dahlb. hat 1 3 C ■} P J M -J. Die 
oberen I sind klein mit hinterer Cingulumspitze: der obere 1. P ist cani- 
Jiiform und von der Größe von Mi.. Uebrigens sind die M mehrspitzig 
mit starkem Cingulum. Das Mastoid ist zu einem Hohlraum aufgebiaht, 
der mit der Trommelhöhle kommuniziert. Der 1*2. und 13. thorakale Wirbel 
hat den Processus spinosus nach vom gerichtet. Die dichtbehaarten Tiere 
haben einen langen, buschigen Schwanz, große einander genäherte Augen, 
große häutige Ohren mit faltbarem Hinterrande, 2 pektorale und 2 ingui- 
nale Zitzen. Am bekanntesten ist Galago (Otolicnus) galago Schreb. längs 
ganz Ost-Afrika von Abvssinien bis Natal. Hemigalago mit der Art 
//. Dnnidojfi Fisch, findet sich an der Westküste und in Zentral-Afrika, 
und andere Arten. 

5. Familie: LORISINAE. Unterscheiden sich sofort durch die fast 
gleichlangen Extremitäten, den kurzen oder fehlenden Schwanz, normalen 
Tarsus, nur 2 pektorale Zitzen, kleine Ohren, kurzen oder rudimentären 
Zeigefinger. Im Gebiß I \ C J P \ M \ ist PI kleiner als Ml. Die oberen 
M haben starkes Cingulum. 2 äußere Hauptspitzen mit kleiner Zwischen- 
spitze und 2 mit diesen alternierende innere Spitzen; die unteren M sind 
fünfspitzig. Die Processus spinosi der Thorako-lumbalwirbel sind nach 
hinten gerichtet. Es sind durchaus auf Bäumen lebende Nachttiere mit 
langsamer Bewegung, begleitet von sicherem (Triff «1er kräftigen Glied- 
mußen, die den meist plumpen, dichtbehaarten Körper »ragen. Sie nähren 
sich von Früchten und kleinerem Getier und bewohnen das tropische 
Indien mit Einschluß der Großen Sunda-lnseln und West-Afrika. 

lieber die Reduktion der oberen 1 bei den 8 Genera gibt Fig. 538 
Aufschluß. 

PKKorm-n« i s Beim, hat an Stelle des Zeigefingers einen nagellosen Vor- 
sprung, namentlich bei \Arctocrbits) calabarcnsis Smith von Alt-Kalabar. 
Einen etwas längeren Schwanz hat P. potto Bosman von Sierra Loonc. 

Unter den 2 orientalischen Genera zeichnet sich Loris E. Geoff. 
• Stenops Kühl' mit der einzigen Art L. gracilis E. Geoff. vom Festlande 
und von Ceylon durch schlankeren Rumpf, längere Gliedmaßen und außer- 
ordentlich große Augen aus. Ihre dementsprechend großen Orbitae redu- 
zieren die Interorbitalbreite auf ein Minimum. Obere I klein, aber gleich. 
Der kleine Index hat noch 3 Phalangen, ebenso wie bei Xvctickms E. Geoff. 
Dessen obere innere I sind größer als die äußeren, die häufig wegfallen. 
Die einzige Art, A'. tnrdigradus L., verbreitet sich von Bengalen über 
Cochinchiua. Malakka bis Sumatra und Java und bietet dementsprochende 
Farbenvarietäten. 



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l'rosiniiac, Vorgeschich t o. 



761 



Vorgeschichte. 

Die oben angegebene heutige \'erbreitung der Prosimiae ül>er die 
äthiopische, madagassische und orientalische Region, somit über das ganze 
Tropengebiet von West-Afrika Iiis zu den Philippinen. Uelebes und dem 
Timor-Archipel im Osten gab bekanntlich Anlaß, an eine frühere Luid- 
verbindung dieser zerstreuten Fundorte zu denken, an einen unterge- 
gangenen Kontinent Lemuria. dessen Randgebiete nur bestehen blieben. 
Was weiter über ihn zu sagen ist. wurde oben angedeutet. Für die Pro- 
simiae ist aber nicht aus dem Auge zu verlieren, dafi aus der heutigen 
Verbreitung noch nicht die Entstehung der Prosimiae in diesem ..Lemurien" 
folgt. Die paläontologischen Tatsachen lehren vielmehr, dali den heutigen 
Prosimiae verwandte Tiere im Kocän auch in Europa und Nord-Amerika 
lebten. Es waren zahlreiche Formen, teilweise identischen Genera angehörig, 
die aber mit dem Ende des Eocän. höchstens im Oligocän. vom Schauplatz 
verschwinden. Vermutlich, daß sie aus der holarktischen Region in die 
äthiopisch-orientalische auswanderten, so daß die heutigen Vertreter Nach- 
kommen sind, die sich namentlich in Madagaskar weiterentwickelten. 

Bei dem großen Zwischenraum zwischen den eoeänen und neogenen 
Formen dürfen uns die großen Unterschiede zwischen ihnen nicht wunder 
nehmen und erklärt sich daraus die sehr verschiedene Beurteilung, die sie 
erfuhren. Die eoeänen Vertreter erhob Filhol zur Gruppe der +Pachy- 
lemuriens. Schärfere Begrenzung gab ihnen Schlosser, der sie als Unter- 
ordnung der +Pseudolemuridae zusammenfaßte „die gewissermaßen den 



Fig. 544 Schädel 
v. Adapi* pari.sieu*ia 
C'uv. ; nach Filhol, 
*/, a. Gr. Danehrn 
l'iiterkiefer von der 
Kaufläche 
( iamlrv. 





Uehcrgang vermitteln zwischen den echten Affen und den eigentlichen 
Leinaren, aber gleichwohl weder mit den einen noch mit den anderen in 
einein direkten genetischen Verhältnisse stehen". Er teilte sie in die 
Familie der +Hyopsodi(iae und +Adapidae, betrachtet sie aber nicht als 
Ahnen noch lebender Typen der Halbaffen, zweifelt aber nicht an ihrem 
Zusammenhang mit Affen Schlosser stützte sich dabei namentlich 

auf Adapis. daß dieser aber engere genetische Beziehungen zu den 
recenten Prosimiae hat. wies Loche überzeugend nach, der auch zu dem 
Schiasse kam. daß Adapis ein wirklicher Halbaffe ist. + Adapis hatte die Zahn- 
formel Ij;CiP£-£M{£ und im Milchgebiß: C} P^J- Die Reduk- 
tion der prämolaren Reihe, infolge deren die Prosimiae nur 3 2 P haben, 
äußert sich bei Adapis nicht nur im Milchgebiß, sondern auch bei Adapis 
magnus in der beginnenden Reduktion von P,. Auch überbrückt nach 



7ß2 



XXIII. Ordnung: Prosimiae. 



Leche das Milchgebiß die Kluft zwischen den typischen* I und C von 
Adapis und den pfriemenförmigcn, mehr oder weniger horizontalen der 
recenten Prosimiae. Mit Indrisinae hat ferner Adapis gemein die .starke 
Ausbildung der Fossa mylohyoidca. Das gilt namentlich für -"vi. pari- 
sirnsis G. Cuv.: die /weite Art r . l. Magnus Filh. ist in mancherlei Hin- 
sicht weiter differenziert. Neben Adapis sind aber noch eine Reihe anderer 
eocäner Formen zu verzeichnen, bezüglich deren man im Zweifel verkehrt, 
ob sie den Prosimiae oder den Simiae sich anreihen, oder ob sie die 
Wurzel bilden, aus der beide hervorgingen. Endlich besteht bezüglich 
anderer Formen, die neben ihnen Platz fanden. Zweifel, ob sie überhaupt 
mit Primaten im weitesten Sinne etwas zu schaffen haben. 

So stellte Cope in die Vorfahrenreihe der Prosimiae und zwar 
speziell von Chiromys, -+Mixodecteb Cope aus dem Untercocän Nord- 
Amerikas. Matthew und später Osborn haben es aber wahrscheinlich ge- 
macht, daß dieses Geschlecht unter die Rodentia gehört (s. p. öOfl). Das 




Fig. f>45. Rechte Uutcrkiffrrhälft« von Pelycodus frugivorus Cojie. von innen; 
nach H. F. Osborn. ? , n. Gr. 

gilt auch, nach Schlosser und Forsyth Major, ffir ^Plesiadapis Gerv. und 
+Protoadapis Lern. i]». öl Ii. Noch weiter geht F. Major, der auch 
+Pelycodu8 Cope den Rodentia zurechnet und zwar den Lagomorpha, 
während andere, wie noch neuerdings Schlosser und Osborn, ihn unter 
die Primaten aufnehmen und an ihn wichtige Betrachtungen knüpfen. 

t'ntcr den obwaltenden Umstünden erscheint es somit ratsam, vorläufig 
die als primitive Primaten anzunehmenden Formen mit Osborn als 
+ MESODONTA Cope zusammenzufassen: ein älterer Name, der umfassender, 
aber übrigens synonym ist mit Schlosseis Pseudoleinuridae. Sie lassen 
sich als primitive Primaten charakterisieren mit ■ J!, C zuweilen ver- 
größert, P[ \ 3 * t — M| l\. Obere M tri- bis sexituberkular. untere tuber- 

kulo-sektorial (quinqiie- bis quadrituhcrkular). Foramen lacrymale inner- 
hall» oder außerhalb der Orbita. die in weiter Kommunikation ist mit der 
Temporalgrube. mit oder ohne Orbitalring. Humerus mit Foramen ente- 
picondyloideum. Die gegenseitige Verwandtschaft der ö eoeänen Stämme 
des holarktischen Gebietes ist noch dunkel. Namentlich Osborn nimmt 
in Nord-Amerika 3 Familien an. 



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Prosimiae, Vorgeschichte. 



703 



1. Familie: + HYOPS0DONTIDAK Schloss. C j Pj M^ = 44. Zahnreihe 
nicht gedrängt I und C normal, letztere beim Männchen wenig vergrößert. 
Obere M weiden von trituberkular sexituberkular und quadratisch, mit zu- 
nehmendem äußeren Cingulum. 
dadurch von quinque-, iiuadri- 



Cntere M verlieren Paraconid und werden 




Fig. .">4H. 
H. F. üsboru. 



Hyopsodus pauhw Leidy, nach 



tuberkular; Hypoconulid vor- 
handen: scharfe Spitze auf Ta- 
lonid und Trigonid. Orbitalring 
fehlt. Foramen lacrymale inner- 
halb der Orbita oder an ihrem 
Rande. Crista sagittalis. soweit 
bekannt, niedrig. Eocän Nord- 
Amerikas. + Hyopsodus Leidy. 
Jede Andeutung eines tympa- 
nalcn knöchernen äußeren Ge- 
hörganges fehlt Von diesem 
Genus liegen die vollständigsten Schädelreste vor. Hierher wird auch 
+Sarcolemur Cope (Antiacodon Cope) gerechnet 

2. Familie: + NuTHAÄCTIDAE Osb. (Limnotheridae Marsh). I* \'i CjPf 
Mij =40. Offenbar werden die oberen I auf 2 reduziert P bleiben be- 
stehen, aber ihre Wurzel erfährt Vereinfachung. Krone der M niedrig, 
mit niedrigen Höckern, oben dreieckig bis quadratisch, werden von tri- 
tuberkular allmählich sexituberkular. Die unteren erinnern an die der Affen 
durch den breiten, niedrigen, höckerigen Talonid. Neben + Notharctub 
Leidy aus dem Mittcleocän, gehört hierher der ältere + Pelycodus Cope 
mit unvcrknöcherter Symphyse der Unterkiefer, oberem dreieckigem, tri- 
tuberkularem M, mit rudimentärem Hypoconus. Auf p. 508 wurde erwähnt, 
daß Forsyth Major Pelycodus zu den Rodentia zahlt. Cope, Osborn halten 
ihn aber für einen Primaten und Schlosser weist auf die Aehnlichkcit mit 
dem von ihm beschriebenen obereocänen (?) Affen Crvptopithceus sidero- 
olithicus Schloss. 

3. Familie: " AN APTOMORPHID AE Cope. Repräsentant dieser Familie ist 
neben zweifelhaften Genera, wie +\Vashakius Leidy, +Palaeacodon 
Marsh der vielbesprochene +Axaptomorphus Cope aus dem Unter- und 
Mittcleocän Nord-Amerikas. Sein Gebiß: KCjPj-'-Mf zeigt deutliche 
Reduktion nicht nur in den P, sondern auch in der quer-verbreitertcn 



Fig. 547. Anaptomorphu» homun- 
cuIur Cope. Schädel teilweise aus den 
beiden Seiten rekonstruiert. */,. / La- 




crvmale; / ForniiK-n lacrymale?; / Fora- 
minn infraorbitalia. Nach H. F. Osborn. 



Form des M. was wohl im Zusammenhang steht mit der ausgesprochenen 
Brachycephalie des Schädels. T'ebrigens sind die M trituberkular. unten 
mit erhöhtem Trigonid. reduziertem Paraconid und fehlendem Hypoconulid. 
C mittelgroß. Orbita weit, mit großem Processus orbitalis des Frontale f?); 



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7^4 



XXIII. Ordnung: I'rowminc. 



Lacrvniale hat die Pars facialis breiter, als die Pars orhitalis und das Foramen 
lacrvniale liegt vermutlich extra-orbital vor dem Orbitalrande. Der Unter- 
kiefer ist auffällig hoch, seine Symphyse unverknöchert. Durch den Species- 
namen + A. hotuuncuhis Cope für den am vollständigsten bewahrten Rest 
von Anaptomorphus wollte Cope ausdrücken, daß derselbe „der am meisten 
affenähnliehe Lemuride ist. welcher bis jetzt bekannt wurde und wahr- 
scheinlich die Familie vergegenwärtigt, aus welcher die anthropoiden Affen 
und der Mensch abzuleiten sind". Cope weist ferner auf eine Anzahl 
Aehnlichkeiten des Anaptomorphus mit Tarsius. „welcher vielleicht der 
nächste Verwandte unter den Lcmuriden ist". Diese Gedanken führte 
Hubrecht weiter aus, indem er. wie wir oben (p. 7;">ö/ sahen, auf die engen 
Beziehungen von Anaptomorphus zu Tarsius weisend, letzteren durch Keim- 
blase und Placentation scharf von den Prosiiniae (..Lemures") trennt und 
mit den Affen eng verbindet. 

Uebrigens gehen die Ansichten über Anaptomoqihus noch sehr aus- 
einander, üsborn ordnet ihn den Mesodonta unter und findet, daß die 
sehr spezialisierte Familie der Anaptomorphidae entfernt den lebenden 
Tarsiidae ähnelt, hält es aber für einen vorzeitigen Schluß, dieselben in 
die gleiche Familie zu setzen, da sie geologisch und geographisch so weit 
getrennt sind. Hei einer erneuten Untersuchung des Schädels, findet er 
das Lacrvniale wie bei Lemurinen, woraus allerdings noch nicht folgt, daß 
er nun auch ein Lemurine sei. Winge vereinigt Tarsius und Anaptomor- 
phus, denen er Necrolemur hinzufügt, zu der Gruppe der Tarsiini und 
erhebt diese mit den Adapini zu den Tarsiidae. die er als erste Abteilung 
der Halbaffen den Lemuridae gegenüberstellt. Auch für Leche steht 
Anaptomorphus dem lebenden Tarsius näher als irgend einem anderen 
Halbaffen. 

Gleichartig mit den .-i amerikanischen Familien der Mesodonta treten 
im Focän Europas die Microchoeridae und Adapidae auf. 

4. Familie +Adapidae. Ks sind dies vielleicht parallele Formen zu 
den Notharctidae. von denen sie sich unterscheiden durch einfachere 
obere M und durch das Fehlen eines äußeren Cingulum. Zahlreiche gut 
erhaltene Reste des Genus +Adapis G. Cuv. aus dem Eocän Frankreichs 
und der Schweiz, stellen aber ferner fest, daß sie eine geschlossene Zahn- 
reihe haben, deren Formel bereits auf p. 701 zur Sprache kam. Obere M 
rhombisch, quadrituberkular; die unteren haben die Höcker durch Joche 
verbunden. M„ mit Talonid. Der mäßig gestreckte Schädel hat einen 
hohen Sagittalkamm, breite Schädelhöhle. Orbita mit vollständigem fronto- 
jugalem Orbitalring, aber in weiter Verbindung mit der Orbitalhöhle. 
Foramen lacrvniale liegt nach Forsyth Major gänzlich innerhalb der Orbita. 
der auch feststellte, daß das Tympanicuiu ein vollständig freier Ring ist. 
unabhängig von der Bulla tynipani, genau so wie bei den madagassischen 
Lcmuriden. Die übrigen Skeletteile schließen sich trotz ihrer größeren 
Plumpheit an die der Lemuren an. Gehirn verhältnismäßig groß, furchen- 
los. Die oben erwähnte Ansicht Leches. daß Adapis ein echter Halbaffe 
sei. erhält durch Forsyth Majors wichtigen Fund am Tympanicum Be- 
stätigung und deutet auf genetische Beziehungen zu den madagassischen 
Lemuriden. 

In die Nähe gehören auch vielleicht die sparsamen, als + Caenopithe- 
cus Rütim. beschriebenen Reste aus dem Schweizer Focän. 



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I'rosi in ine, Vorjrcwh ich to. 



."). Familie: + MlCROCHOERIDAE hat ilic Merkmale des 'einzigen, mit 
Sicherheit hierher gehörigen Genus + Microchoeri*s Wood iXecrolemur 
Kill», i. das offenbar engere Verwandtschaft hat mit den + Hyopsodontidae, 
so jedoch, daß diese die weniger modifizierten Formen darstellen. Im 
Gebiß I ',,7 (■ 1 I', ' , 1 M I I I tritt unten nur ein 1 rudimentärer I auf. 
auch peht nach Loche P { innerhalb des Formenkreises dieses Genus auf 
ein funktionsloses Rudiment zurück: die oberen M sind soxituherkular. 
i|iiadratisch. Am mäliig gestreckten Schädel, mit niedrigem Sagittalkamni, 
hat die weite Orbita einen Orbitalring. Nach Forsyth Major nähern sich 
die Arten von Michrochoerus aus dem oberen Eoeän Frankreichs den 
(ialaginae. 

Wie bereits hervorgehoben, verschwinden die + Mesodonta mit dem 
Oligocän vom Schauplatz. Damit fehlen uns vorläufig Bindeglieder mit 
den reeeiiteu Primaten. Aus <len Bemerkungen, die obiger Skizzierung 
der ;") Familien eingeffochten sind, erhellt aber zur Genüge, daß mannig- 
faltige Beziehungen zu den Primaten bestanden haben. Ich erinnere an 
■ Anaptomorphus, der noch unverkennbare Beziehungen zu Tarsius verrät, 
beide aber haben neben Anknüpfungspunkten an die Prosimiae auch solche 
an die Simiae. Ich erinnere ferner an +Adapis und an seinen Zusammen- 
hang mit den madagassischen Lemuriden. an ^Microchocrus. der nach 
(ialaginae hinweist. Ferner scheinen entfernte Beziehungen zwischen 
+ Pelyeodus und den Affen zu bestehen. Hieraus erhellt zur Genüge, daß 
«ler Vereinigung besagter Formen zur Gruppe der +Mesodonta oder 
+ Pseudolemuridae, gegen die Forsyth Major z. B. bereits 1S04 seine 
Stimme erhob, höchstens der Wert zukommen kann, provisorisch eine 
Anzahl zum Teil ungenügend bekannter Formen zusammenzufassen, von 
denen weitere Forschung klarzustellen hat, welche von ihnen den Pro- 
simiae. welche den Simiae angehören. Vermutlich werden dann andere 
übrig bleiben, die sich zu den heutigen Primaten verhalten werden, wie 
die + Condylarthra zu den Fngulata. oder wie die + Creodonta zu den 
Carnivora. Jedenfalls kommen wir zu dem Schluß, daü aus einer oder 
mehreren der Formen, die oben provisorisch als Familie der +Mesodonta 
figurieren, und die ihrerseits wieder vermutlich von primitiven Insectivora 
sich herleiten, die heutigen Prosimiae ihren Ursprung nahmen. Nament- 
lich Madagaskar wurde durch insulare Isolierung für dieselben ein Zentrum 
spezifischer Ausbreitung i vergl. p. 307). Doch gingen auch hier einzelne 
Formen zugrunde. 

Hierbei denken wir in erster Linie an das in Madagaskar von For- 
syth Major endeekte Genus ~ Meoaladapis F. Maj.. das Kiesenfonnen mit 
bis zu 'M\ cm Schädellänge umfaßte. Vorläufig ist am besten bekannt 
+ warfagascarit hsi's F. Maj. mit 2f> cm langem Schädel. Die kleineu 
Orbitae mit Orbitalring aber in weiter Kommunikation mit «ler Schläfen- 
grube, deuten auf ein Tagetier, und aus dem Bau des Unterkiefers ver- 
mutet F. Major, daß Megaladapis, etwa wie die Brüllaffen, einen umfang- 
reichen Kehlsack hatte. Trotz vieler Besonderheiten handelt es sich um 
einen Lemuriden. der die heutigen an Größe bedeutend übertraf und 
speziell Chirogaleus und Propitheeus sich näherte. Er starb offenbar erst 
vor kurzem aus, da er mit Moa, Dodo und anderen erst vor kurzem ver- 
schwundenen Tieren zusammenlebte. Wichtiger ist eine andere Riesen- 
form aus dem Pleistocän Madagaskars, die Forsyth Major zur Familie der 
»-Nesopithecidae Maj, erhebt und einstweilen durch +Nesopithects 



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7(>u* XXIII. Ordnung: Protiimiae. 

F. Maj. vertreten wird. Der kleine + A f . australis F. Maj. und der 
größere +.V. Robert i F. Maj. (= Olobilcmur F. Maj.) haben nach ihrem 
Entdecker verschiedene Merkmale der madagassischen Lemuriden, darunter 
auch den für diese so charakteristischen Bau der Bulla. Ferner eine 
hinten offene Orbita mit Orbitalring. Bei N. australis erinnert das Lacry- 
male an Propitherus, bei N. Roberti aber liegt Lacrymale und Foramen 
lacrymalc durchaus in der Orbita und verhalten sich wie bei der Mehrzahl 
der Cercopithecidae und einzelnen Cebidae. Bei «lieser Art ist ferner das 
Profil besonders steil und sind die Orbitae nach vorn gerichtet. Der 
Mischcharakter äußert sich auch im (Jebiß mit der Formel: If C] V\ 
M \ = 34. Die oberen I haben die Form wie bei Cercopithecidae und 
sind nicht durch ein Intervall getrennt. Die unteren stehen vertikal; ob 
jederscits nur einer vorkommt oder aber zwei, während der C fehlt, ist 
mehr noch als bei Indrisinae zweifelhaft. Die Molaren haben ein Muster 
wie die der Cercopithecidae. Da auch andere Knochenteile denen der Affen 
gleichen, läßt F. Major die Frage offen, ob Xesopithecus die Affenmerk- 
male unabhängig erlangt habe, ob er also der höchstentwickelte Lemuride 
oder der niedrigste Affe sei. 



XXIV. Ordnung: Simiae. 

(Anthropoidea Miv„ ("eboidei Wingc.) 

An die Spitze der Tierreihe stellen wir die Affen der Neuen und 
der Alten Welt, sowie den Menschen. Und wenn letzterer auch durch 
psychische Eigenschaften durch eine tiefe Kluft von den Tieren, auch von 
den höchstentwickelten Affen, getrennt ist. so muß er doch seinem Körper- 
hau nach diesen zugeteilt werden. 

Der Art der Sache nach legen wir hier den Schwerpunkt auf den 
Bau der Affen, und werden uns nur hier und da Ausblicke auf den 
Menschen gestatten, dessen Körperbau das Objekt der Anthropotoinie ist. 

Zahlreiche Merkmale haben die Affen mit den Prosimiae gemein, 
andere sind ihnen eigen, vielfach aber so, daß sie nicht gleichmäßig über 
alle Oruppen verteilt sind. Steigt man von den niedrigsten südameri- 
kanischen Affen bis zu den Anthropomorphen empor, so ist in manchen 
Organen ein stufenweiser Fortschritt zu erkennen. Derselbe ist aber nicht 
derart, daß er uns berechtigte, eine geradlinige Entwickelung der höheren 
Formen aus den niederen anzunehmen. Auch hier handelt es .sich viel- 
mehr um verschiedene Zweige, die vom Hauptstamm in verschiedener 
Höhe abgingen und dementsprechend auf primitiverer Stufe stehen blieben 
oder in ihrer Weise sich einseitig weiterentwickelten. 

Zweifelsohne war die ursprüngliche Körperform klein, mit Extremi- 
täten, von denen die hintersten die längsten sind, wie beides bei den 
Hapalidac noch der Fall ist. Bereits bei den altweltlichen Cercopithecini 
nimmt die Körpergröße und die Armlänge derart zu, daß letztere der 
Beinlänge wenigstens gleichkommt. In noch erheblicherem Maße ist dies 
bei den Hylobatidac und den grolien Anthropomorphen der Fall, deren Arm- 
länge die Beinlänge um ein bedeutendes übertrifft. Beiderlei Tendenz geht 
ziemlich parallel nebeneinander her. Regellos ist die Länge des Schwanzes. 



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XXIV. Ordnung: £imiac Körperbau. 



7<>7 



Unter den amerikanischen Affen ist er meist von Körperlänge, nur aus- 
nahmsweise sinkt er auf die halbe wie bei Hrachyurus, dafür bildet er sich, 
einzig unter Affen, nur bei den amerikanischen in der Familie der Mycetini 
zu einem Greifschwanz aus und ist dann charakterisiert durch eine.nackte. 
mit feinem Tastgefühl begabte Stelle an der Ventralseite des Schwanz- 
endes. Uebrigens gebraucht auch das Genus Ccbus seinen langen Schwanz 
als (Jreifschwanz. indem er sich spiralig um einen Zweig rollt, ohne daß 
er eine nackte Hautstelle hat. 

Der Kopf ist bald rundlich, bald in seinem Gesichtsteil nach Art 
einer Hundeschnauze verlängert. 

Sämtliche Affen sind gute Kletterer und meist Baumbewohner, seltener 
zwischen Felsen sich aufhaltend. Dem entspricht der Hau ihrer Extremi- 
täten mit der Pronation und Supination fähigem Vorderarm, f> Fingern, 
von denen der dritte der längste ist, und opponierbarem Daumen. Letz- 
teres ist aber keine durchgreifende Kegel. Hei den Altwelt-Affen ist er 
zwar stets opponierbar. aber klein und fehlt bei Colobus ganz. Unter 
den Xeuwelt-Affen ist er rudimentär oder ganz fehlend, und stets nagellos 
bei Ateles; groß ist er namentlich bei Cebus. jedoch nur noch in beschränktem 
Maße der Opposition fähig, da es sich namentlich um ausgiebige Abduktion 
handelt. Auch diese vermindert sich bis zum totalen Schwunde bei den 
übrigen. Im Fuß ist aber die 1. Zehe stets opponierbar. gut ausgebildet 
und mit einem Plattnagel ausgerüstet. 

Heim (Sehen auf dem Hoden treten sie mit allen Vieren auf der vollen 
Sohlhaehe auf. Inwieweit die Anthropomorphen hiervon abweichen, soll 
bei diesen behandelt werden. Die Fähigkeit letzterer, aufgerichtet auf den 
Hinterextrcmitäten zu gehen, kann aber auch anderwärts vorkommen, so 
beim (Senus Ateles. 

Syndaktilie ist nur von Callithrix. Cercocebus und von Hylobates 
syndaetylus bekannt. Hei ersterem sind am Fuß die Zehen, bei letzterem 
nur die 2. und Zehe durch Haut verbunden. 

Die Sohlentläche von Hand und Fuß ist stets nackt. Entsprechend 
der Ausbildung der Sohlen-, Finger- und Zehenballen und des Tastsinnes 
in diesen treten Tastlinien, wie in der Hand des Menschen, deutlich zu 
Tage. Desgleichen auf der nackten Stelle des Greifschwanzes, wie ihn 
die amerikanischen Mycetini besitzen. 

Die Hornbekleidung der Nagelphalangen ist bekanntlich die eines 
Plattnagels, häufig aber die eines Kuppennagels, somit mit starker Kon- 
vexität von hinten nach vorn und von rechts nach links: letzteres z. H. 
auffällig bei Ccbus. Echte Krallen besitzen aber nur noch die Ilapalidao 
t Arctopitheei). mit Ausnahme an der ersten Zehe (Hallux). 

Das Haarkleid setzt sich nach de Meijere meist aus einfachen 
Gruppen von ;>. 4 oder ;*> gleichartigen Haaren zusammen. Deutliche 
Dreihaargruppen in alternierender Anordnung besitzt z. H. Midas auf dem 
Kücken und dem Schwänze. Sie erhalten sich noch hier und da bis zu 
den Anthropomorphen und dem Menschen hinauf, wo sie noch auf dem 
Kücken, auf den Extremitäten, z. H. des Fötus, auftreten können; ver- 
einzelt auch auf dem Handrücken des Menschen. Gewöhnlich sind aber 
die Konstituenten einer Haargruppe, zahlreicher, behalten aber die An- 
ordnung in alternierenden Reihen bei. die aber schließlich auch verschwin- 
det durch Verschmelzung benachbarter Reihen. Schließlich kann zer- 
streute Stellung der Haare ohne jede Anordnung eintreten: so an einem 



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XXIV. Ordnung: SiiuUe. 



Teil der Kopfhaare von Drang Utan. Cliiiupan.se und Mensch. Weitere 
Besonderheiten am Kopfhaar des Menschen fallen außerhalb des Rahmen> 
unserer Aufgabe. Die bedeutende Länge, die es bei manchen Rassen 
desselben erreicht, könnte ein sekundärer Krwerb sein; es findet übrigen» 
sein, wenn auch sehr bescheidenes. Analogon im langen Kopfhaar mancher 
Affen, z. B. Drang Utan, Ateles. im Schopf von Cebus-Arten u. s. w. 

Anderen Charakters ist die Mahne von Midas. da es sich nicht nur 
um langes Kopfhaar handelt, sondern auch um langes Haar im Nacken 
und um das (iesicht. Solche Bartbildung tritt auch anderwärts auf: am 
auffallendsten in alten Mannchen von Mvcetes seniculus. Damit ist aber 
die Frage nicht erledigt, ob nicht der Hart des Menschen als ein pro- 
gressives, sekundäres Geschlechtsmerkmal aufzufassen sei. wie A. Brandt will 
— und nicht als ein direktes Erbteil — wofür sein spätes Auftreten während 
der Geschlechtsreife und sein Fehlen bei manchen Rassen sprechen würde. 

Durch langes Rumpfhaar zeichnet sich Colobus aus. Selten tritt 
wolliges Haar auf wie bei Lagothrix. Brachytelcs. 

Die Färbung des Haares ist eine sehr verschiedene. Auffallende 
Färbungen fehlen nicht, wie die weißen oder blauen Flecken im < iesicht 
von Cereopithecus. Geringelte Färbung des Schwanzes, wie bei manchen 
Lemuridcn, tritt nur bei Hapalidae auf. 

Durch Farbenunterschiede gemäß dem Geschlecht sind namentlich die 
Arten von Mvcetes ausgezeichnet. 

Andere Färbungen entstehen durch Pigmentierung der Haut, die 
durch dünne Behaarung oder Haarlosigkeit an umschriebenen Hautstellen 
sichtbar wird, so im (iesicht vieler Affen. Bei Cvnocephalus kann es 
hierbei zu Bildung von Gesichtsschwielen kommen, deren häufig rote oder 
blaue Färbung auf verschiedenartiges Durchscheinen von subepithelial ge- 
lagertem Pigment beruht. Gesäßschwielcn. d. h. verhornte, nackte Haut- 
stellcn, die den Sitzhöckern des Sitzbeins (Tubera ischii) entsprechen, 
kommen bei einer großen Zahl der Altweltatten vor, die danach tyloglut 
genannt werden, im Gegensatz zu den atylen. denen solche Hornschwielen 
abgehen. Auch diese können durch rote Färbung auffallen, desgleichen 
die Anal- und Genitalgegetid, die während der Brunst bei den Weibchen 
mancher Arten enorm aufschwillt. 

Tubulöse und acinöse Drüsen kommen allgemein vor. Erstere, die 
nur Sch weiß absondern, münden als Regel in die Haarfollikel; sie machen 
sich aber bereits bei Cvnocephalus, Cereopithecus von diesem unabhängig. 
Andererseits ist aber z. B. beim Drang l'tan noch das ursprüngliche Ver- 
halten bewahrt [de Meijere], teilweise auch noch beim Menschen, obwohl 
an nackten Hautstellen die tubulösen Drüsen durch eigene Schweißporen 
ausmünden. Zusammenrücken von Hautdrüsen an bestimmten Hautstellen 
kann auftreten, eigentliche gehäufte Drüsen fehlen aber. 

Die Milchdrüsen treten stets nur in einem brustständigen Paar auf. 

Der Schädel steht zunächst sichtlich unter dem Einfluß der im 
ganzen umfangreichen Hirnmasse. Namentlich beim jungen Tier äußert 
sich dies in dem Umfang und der Rundung des Himschädels. Sein mehr 
dolichocephaler Charakter tritt aber namentlich bei Altwelt-Affen mit Zu- 
nahme des Alters zurück, wobei vielfach die anfängliche Prognathie bei 
weiterer Zunahme der Kiefer in einen gestreckten Gesichtsschädel 
übergeht. Nur selten wird die anfängliche Rundung des Himschädels 
verdeckt durch einen Sagittal- und Occipitalkamm. Am stärksten kommen 



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Simiae. Körperbau. 76« > 

dieselben Ihm alten Männchen der Anthroponiorphen entsprechend der 
starken Ausbildung des Musculus temporalis für den schweren l'ntei- 
kiefer — zur Entfaltung, weit schwächer sind sie schon hei den Cyno- 
cephalidae: den amerikanischen Affen fehlen sie ganz. Weiter verbreitet 



Fig. ">48. l'apio 

porenritts, er- 
wachsenes Männ- 
chen. C Canini; 
f Frontale ; i In- 
terinaxillare;/ln- 
cij»ivi; /' Jngale; 
m M axillare; M 
Molares; « Nasale; 
o Ompitale; /> 
Parietale: /'l'rae- 
molares; j 
inosnm. 




ist hei den Alt weit- Affen ein anderes Merkmal der Anthroponiorplien, das sich 
gleichfalls mit dem Alter mehr accentuiert: die Supraorbitalwülste des Frontale. 

Das Hinterhauptsloch liegt im hinteren Drittel der Schädelbasis und 
sieht nach hinten und unten. Der Winkel, den es mit der Schädelbasis 
bildet, ist ein kleiner (s. p. 43), jedoch innerhalb der Affen verschiedener. 
Auffälliger noch ist die Verschiedenheit des Neigungswinkels der Ebene 
der Hinterhauptsschuppe. Durch bedeutende Entfaltung der Oroßhirn- 
hemisphären überlagern diese das Cerebellum und das Rieehhirn. demgemäß 
überlagert auch die Fossa cerebralis. sowohl die Fossa olfactoria als auch 
die Fossa cerebellaris. Ungefähr in dem Maße der Ausdehnung der (Iroß- 
hirnhemisphären nach hinten, ist die Stellung des Supraoccipitale eine 
mehr oder weniger horizontale. 

Aber auch diesbezüglich herrscht Verschiedenheit unter den Affen, 
die nicht ihrer systematischen Stellung entspricht. So übertrifft z. H. der 
tiefstehende Chrysothrix den Menschen bedeutend in der Heteiligung des 
Supraoccipitale an der Bildung der Schädelbasis, während bei weit höher- 
stehenden Affen, wie Hylobates, die MinterhauptsschupjK? fast vertikal 
aufgerichtet ist (vergl. p. Entsprechend der geringen Ausbildung der 

Lobi olfactorii. sind die Fossae olfactoriae klein. 

Die Augenhöhlen sind nach vorn gerichtet und von der Temporal- 
grube getrennt durch ein Knochenblatt, das aus der Vereinigung von 
Frontale. Jugale und Alisphenoid entsteht, so daß Orbita und Temporal- 
grubc nur noch durch die Fissura orhitalis inferior oder spheno-maxillarÜB 
in Verbindung stehen. Am wenigsten vollständig ist dieser Abschluß bei 
Nyetipithecus. 

Durch diese starke Entfaltung des Alisphenoid sind Foramen rotun- 
dum und Fissura orhitalis superior getrennt. Die genannte laterale Seiten- 
wand der Orbita wird bei den Neuwelt-Affen überwiegend von der Orbital- 

Wfbn, Säugetier«. 49 



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770 XXIV. Ordnung: Siraiac. 

platte des .lugale gebildet, bei den Altwelt-Affen tritt hierbei Frontale und 
Alisphenoid mehr in den Vordergrund. Man hat genieint, hierin einen 
leicht ersichtlichen Unterschied zwischen beiden (iruppen zu besitzen, sich 
darin äußernd, daß bei den amerikanischen das Squamosum das Frontale 
nicht berührte, infolge einer Nahtverbindung zwischen Parietale und .lu- 
gale. Die Altwelt-Affen aber sollte die Squamoso-Frontal-Naht charakteri- 
sieren, (ianz abgesehen davon, daß letztere Nahtverbindung auch durch 
Verbindung des Alisphenoid mit dem Parietale aufgehoben sein kann, wie 
beim Menschen, und daß diese Sutura spheno-parietalis unregelmäßig auch 
bei Anthropomorphen auftreten kann, hat namentlich F. Major nachgewiesen, 
daß es sich überhaupt nur um eiu mehr oder weniger handelt. Von den 
Prosimiae ab waltet die Tendenz ob. die Ausdehnung des Parietale nament- 
lich von vorn her einzuschränken durch Ausdehnung des .lugale, Frontale, 
Alisphenoid und Squamosum. Die Phase der bedeutenden Ausdehnung 
des Parietale herrscht bei den Neuwelt-Affen vor, während bei der Mehr- 
zahl der Altwelt-Affen das Umgekehrte statthat und die Beteiligung des 
Squamosum an der Bildung der Seitenwand des Schädels bedeutender 
wird. Die postorbitale Gegend der Neuwelt-Affen zeichnet sich ferner da- 
durch aus, daß die Orbitalplatte des .lugale durch ein verhältnismäßig 
weites Foramen zygoniatico-orbitale |.Ioseph| (For. zygomatico-temporale) 
durchbohrt ist. Sie ist als letzter Rest der früheren weiten Kommuni- 
kation zwischen Orbita und Temporalgrube zu betrachten, von der die 
Fissura orbitalis inferior ein auffälligeres Ueberbleibsel ist. Allerdings 
tritt ein Gefäß und Nerv durch dieses Foramen zygomatico-orbitale. aber 
diese benötigen nicht ein derartig weites Loch, das überdies durch eine 
echte Membrana orbitalis mit glatten Muskeln geschlossen wird. Ihr ent- 
spricht bei Altwclt-Affen höchstens ein feines Gefäßloch. 

Das Lacrymale und die Fossa lacrimalis liegt in der Orbita, meist 
aber so dicht am Rande, daß hier und da. namentlich bei Mycetes und 
Ateles, Neigung besteht zu Verschiebung auf das Antlitz, so daß bei ihnen 
die Fossa lacrymalis ebensogut extraorbital genannt werden kann [F. Major). 
Ihre vordere Begrenzung erlangt die Fossa durch das Maxillare wie beim 
Menschen, so auch bei Anthro]K>morphen und den meisten Platyrrhinen, 
obwohl vollständige Umschließung durch das Lacrymale zuweilen bei der- 
>elben Art daneben vorkommen kann. Das gilt auch für Katarrhinen mit 
kurzem Gesicht, wie Semnopithecus, Colobus: bei großer Schnauzenlänge 
(Cynopitheeus. Papio) fangt das Lacrymale an sich auf das Gesicht aus- 
zudehnen mit Beginn einer präorbitalen Lage der Fossa lacrymalis. 

Bereits auf p. 49 wurde hervorgehoben, daß verschiedene Affen sich 
dadurch auszeichnen können, daß das Praesphenoid von der Teilnahme an 
der Bildung der Schädelhöhle ausgeschlossen wird durch basale Vereinigung 
der Frontalia. Sie liegen dann zwischen Mesethmoid und den Orbito- 
sphenoidea. Diese Anordnung ist die herrschende l>ei Catarrhina. die aber 
ebenso wie dem Menschen auch dem Orang Utan und manchen Platyr- 
rhina fehlt. 

Unter letzteren können bei einzelnen Arten, wie bei Tarsius, die 
Sehnervenlöcher sich bis auf eine unbedeutende Scheidewand nähern. 

Das Alisphenoid hat einen großen Processus pterygoideus. der in 
verschiedenem Grade getrennt ist vom Pterygoid (Processus entoptery- 
goideus). Damit variiert die Weite der Fossa ptcrygoidea. Ein Canalis 
pterygoideus fehlt. 



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Simiac, Körperbau. 



771 



Ein Vergleich mit dem gut entwickelten periphercu Geruchsorgan 
eines makrosmatischen Säugers lehrt, daß dieses Organ hei den Alfen 
zurückgcbildct ist. Zwei Hauptfaktoren haheu hierbei umformend auf <lie 
Nasenhöhlen eingewirkt. Größenzunahme des Gehirns — der hervorragende 
Charakter der Affen — namentlich auch des Stirnhirns. führte dazu, dali 
die Schadelhöhle sich Ober, oder dorsalwärts von den Nasenhöhlen aus- 
dehnen mußte. letztere kamen damit in verschiedenem Grade unter die 
Schädelhöhle zu liegen, woraus wieder folgte. daß die Sichplatte eine 
horizontale Lage einnahm. 

Zweitens rotierten die Augen gewissermaßen von der Seitenfläche 
des Schädels auf dessen Vorderfläche. Damit hatte Verlagerung der 
Orhitae nach vorn statt, wodurch namentlich die obere Partie der Nasen- 
höhlen eingeengt wurde. Dies äußert sich bekanntlich in der geringen 
Breite des Ahstandes des Innenrandes der beiden Orhitae voneinander 1 ). 
Ks wird daher fälschlich auch wohl von dem schmalen Interorbitalseptuni 
gesprochen, das beide Orhitae trenne. Wie unrichtig dies ist. erhellt 
doppelt aus der wichtigen Entdeckung E. Fischers, daß bei Affen embryonal 
ein echtes Interorbitalseptuni auftritt, wie es von Reptilien seit langem 
bekannt ist und dementsprechend zwischen dem hintersten Bezirk der 
beiden Orhitae liegt. 

Dieser Befund liefert eine neue wichtige Stütze für die auf p. ;">H 
erörterte Ansicht, daß der Säugetierschädel den tropidobasischen zuzu- 
zählen sei. Ob dieses Septum interorbitale ein direktes Erbstück sei von 
Ahnen mit gering entwickeltem Geruehsorgan, das sich auf die Affen fort- 
erbte und damit deren Herkunft von niedrig organisierten Säugern doku- 
mentiert, oder ob hauptsächlich durch die obengenannten Faktoren das 
Geruchsorgan zurückging und damit die gewissermaßen latent gewordene 
Fähigkeit, ein Septum interorbitale zu bilden, von neuem erwachte, lassen 
wir mit Fischer ruhen, bis neue Data vorliegen. Mir scheint der Rück- 
gang des Geruchsorgans annehmlicher. Für den Haushalt der Tiere konnte 
er schadlos geschehen, da die für binokulares Sehen günstigere Stellung 
der Augen neue Vorteile schuf. Bei manchen Tätigkeiten ließen sich die Tiere 
jetzt nicht mehr durch das niedrigere Gertichsorgan, sondern durch das höhere 
Sehorgan leiten, z. B. im Geschlechtsleben. Darauf darf vielleicht bezogen 
werden, daß gehäufte Drüsen, die sonst im Geschlechtsleben der Säuger 
vielfach eine Rolle spielen, nicht zur EntWickelung kamen (vergl. p. 2i>), 
wohl aber sichtbare Geschlechtsunterschiede, wie die schreienden Farben 
im Gesicht vieler Affen: die namentlich zur Brunstzeit intensive Färbung 
des Hodensackes, der l : mgebung des weiblichen Genitals u. dgl. m. 

Jedenfalls ist das periphere Geruchsorgan wenig entwickelt und 
stempelt die Affen zu Mikrosmatikern. wie beim Geruehsorgan zur Sprache 
kommen soll. Vom Ethmoid sei daher hier nur erwähnt, daß es stets ein 
Os planum in der Augenhöhle bildet. Von Bedeutung ist ferner dos 
Mesethmoid insofern, als die knorpelige Scheidewand der Nasenhöhlen bei 
den Neuwelt-Affen breit, bei denen der Alten Welt schmal ist. was auch 
der systematischen Verteilung in Platyrrhina und Catarrhina (s. u. p. 7*3) 
zugrunde liegt. Es treten aber Zwischenformen auf. unter ersteren Eriodes. 

1) Dal! da« verschiedene Mab* der Interorbitalbreite und ihr Verhältnis zur 
Kreit« 1 de* Gericht« in der Orbitalre^ion ein wichtiges Moment i*t l»ei phylogenetischen 
Ketrarhtungen über die gegenseitige Stellung der Alfen zueinander und gegenüber 
niederen und höheren Menachenra^cn. hat G. Schwalbe dargelegt. 

49* 



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772 



XXIV. Onlming: Siinia<\ 



unter letzteren Scmnopithecus [\Vinge|. Die Xasalia variieren nach Breite, 
namentlich aber nach I»ünge. entsprechend der Schnauzcnlänge. und nahen 
ausgesprochene Neigung zu ankylosircn. Sie umschließen eine ovale 
Nasenötfnung zusaimnen mit den Intermaxillaria, welche gewöhnlich die 
Maxiilaria hiervon ausschliefen. Die Naht zwischen Interniaxillare und 
Maxillare schwindet meist früh, erhält sich aher hei den Catarrhina wenig- 
stens bis in ein hohes Alter. 

Das Petrosum beteiligt sieh an der Bildung des Foramen ovale, das 
nur ein Ausschnitt im Alisphenoid ist. Der Canalis carotieus ist stets 
vorhanden und weit, entsprechend dem l'mfang der Carotis interna, welche 
wieder durch die Grölie des Gehirns bedingt wird. Mit dem Petrosum 
verbindet sich das Mastoid. das zwischen S<]uaniosum und Exoccipitale zu- 
tage tritt. Ihm fehlt aber ein Processus mastoideus. wie der Mensch ihn 
hat. wohl infolge der Bedeutung des Musculus sterno-cleido-mastoideus 
bei der aufrechten Haltung und der Rotation des Kopfes. 

Bei den amerikanischen Affen behält das Tympanieum mehr oder 
weniger seine ursprüngliche Ringform, indem es nur einen äußerst kurzen 
äulieren Gehörgang und zusammen mit dem Petrosum eine nur gering- 
fügig aufgeblähte Bulla ossea liefert. Bei den Altwelt-Affen verlängert 
es sich dagegen zu einem langen äulieren (iehörgang und verbindet sich 
andererseits plattenartig mit dem Petrosum zur Cmwandung der Trommel- 
höhle, die aber niemals eine aufgeblähte Bulla darstellt. 

Ein Processus posttympanicus fehlt. Ein kleines Tympanohyale be- 
sitzen jedenfalls die Catarrhina: das Stylohyale scheint nur bei Hapalidae 
verknöchert zu sein. 

Die Fossa glenoidea ist tiach: stets hat sie einen Processus post- 
glenoidcus und häutig ist ein Foramen glenoideum vorhanden. Der Pro- 
cessus paroccipitalis ist stets rudimentär. Die Zahl der Foramina condv- 
loidea anteriore kann bis auf drei steigen. Anlangend die Pncumatizität 
des Schädels, so fehlt nach Paulli ein Sinus maxillaris nur bei Semno- 
pithecus. Er dehnt sich beim Orang Ctan in die Basis cranii aus. Ein 
pneumatischer Raum im Stirnbein tritt bei Cebidae auf. Pneumatisierung 
des Mastoid ist eine Eigentümlichkeit des Menschen. 

Die Cnterkieferhälften ankylosieren sehr früh zu einem hohen sym- 
physialen Teil, der aber nach hinten abfällt, so dali jede Kinnbildung 
fehlt. Die Länge des horizontalen Unterkieferastes variiert natürlich mit 
der Länge des Gesichtsteils des Schädels; der aufsteigende Ast ist im allge- 
meinen breit, mit mehr oder weniger abgerundetem Angulus. in der Quere 
verbreitertem Condylus und gut ausgebildetem Processus coronoideus. 

Die Zahl der Thorako-lumbalwirbel übersteigt 20 nicht und beträft 
meistens die der Rippen ist gewöhnlich 12— 13 und höchstens 15 Paar. 
Im (iegensatz zum Menschen ist die Wirbelsäule als Ganzes gerade ge- 
streckt. Inwieweit S-förmige Krümmung angedeutet ist und weitere Be- 
sonderheiten sollen bei den einzelnen Gruppen behandelt werden. An der 
Bildung des Sacrum, das stets schmäler und weniger konkav ist als beim 
Menschen, beteiligen sich aufier den zwei Sakralwirbeln zwei oder drei 
psendosakrale. die mit ersteren ankylosieren. Die Zahl der Kaudalwirbel 
fällt von 33 (Atelesi und 32 (Scmnopithecus) auf ö— 4 bei den Anthro- 
pomorphen. Bei solcher Reduktion fehlen Hypapophysen. die sonst stets 
vorhanden sind [Flowerj. 



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Simine. Körperbau. 



773 



Die Clavicula ist bei allen kräftig entwickelt, desgleichen Acromion 
und Processus coracoideus. Das Schulterblatt ist aber nur bei den Anthro- 
pomorphen auffälliger verbreitert. Dein Humcrus fehlt normalerweise ein 
Foranicn entepicondyloideum bei allen Affen der Alten Welt, bei denen 
der Neuen aber nur den (ienera Ateles. Mycetes und Hapale. Radius 
und l'lna sind der Pronation und Supination fähig, bei den tiefer stehen- 
den Formen aber nur in beschränktem MaUe. Letztere zeichnen sich auch 
aus durch größere Länge des Oberarmes. 

Im Carpus, der mit Ausnahme der Anthropomorphen mit beiden 
Vorderannknochen artikuliert, fehlt eine Centrale nur beim (Jorilla und 
Schimpanse, bei denen es mit dem Scaphoid verschmilzt. Scaphoid und 
Lunatum siml stets getrennt. Sehr allgemein liegt in der Sehne des 
Musculus Hexor carpi radialis ein sogenanntes radiales- Sesambein, und 
/war dem Scaphoid und Trapezium verbunden. Allgemein erfreut sich 
das Pisiforme einer bedeutenden Länge. Leber die Länge der Finger 
wurde oben gehandelt und hervorgehoben, daß der Index niemals rudi- 
mentär ist. der Daumen aber meist klein sei. Ist er, wie gewöhnlich, 
opponierbar, so äußert sich dies in der distalen (Jelenktläche des Trapezium, 
mit welcher er ein Sattelgelenk bildet. Die Nagclphalangen sind mehr 
oder weniger dorso-ventral zusammengedrückt, entsprechend ihrer Horn- 
bekleidung. die einen Kuppen- oder Plattnagel bildet. Oben wurde bereits 
gesagt, dati nur die Hapalidae 
l Krallenaffen ) davon abweichen, in- 
dem sie, mit Ausnahme des Hallux. 
Krallen tragen; bei ihnen über- 
wiegt dementsprechend die laterale 
Kompression, erreicht aber nicht 
den Orad der typischen rnguiku- 
laten. Abgesehen von den Hapa- 
lidae. deren Hecken noch schmal 
und gestreckt ist, namentlich auch 
das Iliuin, tritt bei den übrigen 
Affen Verbreiterung zunächst der 
Pubes ein. Verkürzung der Sym- 
physe stellt sich erst bei den höch- 
sten Formen ein. Weiterhin ver- 
breitert sich auch das Ilium. Die 
Sitzbeine zeichnen sich bei den Alt- 
welt-Affen aus durch stark verbrei- 
terte Sitzbeinhöcker (Tubera ischii), 
denen die Gesäßschwielen entspre- 
chen. Heide Hildungen fehlen nur 
den Anthropomorphen und sind 
bei den Hylobatiden nur gering 
entwickelt. Der Pfannenknochen 
erscheint nach Leche nur in re- 
duzierter Form und kann bei ver- 
schiedenen Arten in verschiedener 
Weise mit einem der drei Hecken- 
knochen verschmelzen, aber so. 
daß das Schambein fast ausnahmslos vom Acetabulum ausgeschlossen ist. 




Fijr. •"i4!>. Linker Fuß de* Gorilla; 
nach Topinard. r Caleaueu« : « Talus; cb 
Cuboid; e Fx to-, m Meso-, en Kntoeuneiformc. 



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I 

I 

774 XXIV. Ordnung Simiae. 



Dem Fcmur fehlt ein Trochanter tertius; sein Hals ist gewöhnlich 
kurz. Tibia und Fibula sind stets getrennt. Die Hinterextremität endet in 
einen anatomisch echten Fuß. der, oberflächlich betrachtet, namentlich bezüg- 
lich seiner Funktion, vom anthropozentrischen Standpunkt aus an eine Hand 
erinnert und dadurch Anlaß gab, die Affen im Gegensatz zum Menschen 
(Bimana). (Juadrumana zu benennen. Dieser Name ist durchaus zu ver- 
werfen. Die Unterschiede vom menschlichen Fuß betreffen nur relative 
Verhältnisse, die bei den Anthropomorphen noch zur Sprache kommen 
sollen. Hier genügt es, auf die meist geringere Größe des Hallux zu weisen, 
besonders aber auf seine größere Beweglichkeit und Fähigkeit der Ab- 
und Adduktion bei den Arten, die den Fuß zu einem Greiffuß macht, 
ohne daß er aber hierfür Muskeln hätte, die dem Menschen fehlten. 
Diese und andere Eigentümlichkeiten verlor der Menschenfuß und erwarb 
dafür andere, infolge seiner Gewohnheit, das Körpergewicht ganz auf die 
hintere Extremität zu verlegen, als er das Baumleben aufgab. 

Vom Muskelsystem sei nur an die auf S. H7 kurz behandelte Haut- 
muskulatur erinnert, die sich vom Platysma myoides ableitet und als 
mimische Muskulatur höhere Differentiation erlangt als bei irgend einem 
Tier und bei den Anthropomorphen an die des Menschen sich anschließt. 
Damit wird das Gesicht der Affen ausdrucksvoller als bei anderen Tieren 
und ein Spiegel der seelischen Zustände. 

Vom Gehirn läßt sich im allgemeinen nur sagen, daß es seinem 
Volumen nach groß ist, stets geringe Entfaltung der zentralen Teile des 
Geruchssinnes aufweist und daß stets die Großhirnhemisphären das Cero- 
bellum überdecken; bei einzelnen kleinen südamerikanischen Affen selbst 
in dem Maße, daß sie darin alle Tiere und den Menschen übertreffen. 
Im übrigen bietet es mancherlei Unterschiede in den verschiedenen Ab- 
teilungen dar. Als die auffälligste darf gelten, daß es bei Hapalidae und 

Chrysothrix fast furchenlose Großhirnhemi- 
sphären hat. da nur eine deutliche FissuraSyl- 
vii und eine oberflächliche Vertiefung im Tem- 
porallappeu besteht. Hierbei darf man aber 
nicht aus dem Auge verlieren, daß es sich um 
eichhörnchengroße Tiere handelt, die gerade 
ausgezeichnet sind durch die eben genannte 
enorme Ausdehnung der occipitalen Teile 
der Hemisphären, so daß sie das Cerebel- 
lum nach hinten weit überragen und die 
Hinterhauptschuppe ganz in eine horizon- 
tale Lage hinter das Foramen magnum 
drängen. Die Großhirnrinde erlangt solcher- 
gestalt große Flächeuausdehnung auch ohne 
Faltung. Von ihrem mikroskopischen Bau ist 
allerdings nichts bekannt. Das Gehirn aller 
übrigen Affen hat aber gewundene Hemisphären. Der Windungsreichtum 
steht aber, wenn wir von den Anthropomorphen absehen, dem vieler Kar- 
nivoren. wie Hund und Katze nach, namentlich was die Ausbildung von 
Xebenfurchen angeht. Konstant lassen sich drei Furchen nachweisen, durch 
welche die Hemisphären in vier Lappen verteilt werden. Von diesen Grenz- 
furchen tritt am frühesten die Fossa Sylvii auf. welche Grube durch Ueber- 
wallung seitens ihrer Umgebung zur Fissura Sylvii sich schließt. Sie be- 




Fig. :>.">0. Gehirn von Chry- 
sothrix sciureus von der rech- 
ten Seite. N. Gr. / Orbitalf lache: 
> Temporallappen; j Sulcus tein- 
porali» superior; 4 Fissura Sylvii; 
j Sulcus iuterparitalis; 7 Sulcus 
centralis. 



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Siniiae, Körperbau. 



77f> 



grenzt von hinten her den Frontallappen gegenüber dem Teinporallappen. 
Die Grenze gegenüber dein Parietallappen liefert der Sulcus centralis 
(Sulcus Rolando}. Er rindet zwar sein Hoinologon in dem Sulcus coro- 
nalis der Carnivora, ist aber in der Art seines Auftretens charakteristisch 
für die Alfen. Weit mehr ist dies der Fall mit der Grenzfurche zwischen 
Parietal- und Occipitallappen. Die Fissura parieto-oceipitalis ist eine den 
Affen eigene Bildung in (iestalt einer transversalen Furche, die nur den 
lissencephalen Affen fehlt und von der Oberfläche der Hemisphäre in die 
mediale Kante derselben einschneidet Diese „Affenspalte", die auch wohl 
Sulcus-oecipitalis transversus heißt, tritt beim Menschen nur auf der me- 
dialen Hemisphärentläche auf, auf der lateralen ist sie meist verwischt. 
Dehnt sie sich auf letzterer weit nach unten aus, so hilft sie die Grenze 
des Temporallappens gegenüber dem Occipitallappen abstecken. Der Tem- 
porallappen ragt in der Regel mehr oder weniger bedeutend vor und wird 



vom Sulcus teinporalis superior durchzogen, der einigermaben parallel zur 
Fissura Sylvii verläuft, daher auch wohl Parallelfurchc heißt, auch auf fast 
windungslosen Hemisphären noch auftritt und selbst bei Hapalidae als 
schwacher Eindruck bemerkbar ist. 

Gradatim bilden sich bei Semnopitheci, Hylobates und endlich bei An- 
thropomorphen die Merkmale aus. die das Menschengehirn auszeichnen. 
Zunächst nimmt das absolute Hirngewicht zu. trotzdem wird das Verhält- 
nis des relativen Hirngewichts für die Anthropomorphen ungünstig wegen 
der enormen Körperzunahme. Infolge des hohen Hirngewichts ist aber für 
den Menschen da« absolute sowohl als auch das relative Gewicht dos Ge- 
hirns sehr günstig. In ersterem wird es nur vom Elefanten und den großen 
Cetaceen übertroffen, in letztcrem nur von den kleinsten südamerikanischen 
Affen, die mit einem geringen Körpergewicht ein relativ sehr hohes Hirn- 
gewicht paaren. Weiter ist Zunahme des Stirnlappens zu kontieren, der 
seine Zuspitzung am ventralen Ende verliert und seine Konkavität dort, wo 
er der Orbitalttäche aufliegt. Am Hoden der Fossa Sylvii tritt ferner Furchung 
auf, während die Affcnspalte zurücktritt. Endlich hat allgemeine Zunahme 
der Nebenfurchen statt mit gleichzeitiger Abnahme ihrer Symmetrie. 




von der Seite. 
N. Gr. / Sulcus 
frontalis; / Sulcus 
intcrparietalis; o 
dessen Vereini- 
gung mit ps Fis- 
sura parieto-occi- 
pitalis; //Sulcus 
praccenlralis in- 
ferior; p.\ Sulcus 
praccenlralis su- 
perior; r Sulcus 
centralis; s Fis- 
sura Sylvii ; so 
Sulcus orbiuüis; 
/ Sillens teinpo- 
ralis superior; T t , 
71 erste u. zweite 



Fig. 551. Ge- 
hirn von Papio 



Teinporalwin- 
dung. 



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77«; 



XXIV. Ordnung: Himiae. 



Oben wurde bereits theoretisch auf die Faktoren gewiesen, die dazu 
führen mußten, daß das periphere Oeruchsorgan Reduktion erfuhr. Auch 
der zentrale Teil desselben, das Rhinencephalon. bleibt so zurück. daß es 
das Oehirn zu einem mikrosniatischen stempelt. Offenbar ist dies bei den 
Anthiopomorphen in höherem Maße der Fall als bei dem anderen Äußersten 
der systematischen Reihe: den Hapalidae. Von der Nasenhöhle wurde 
hervorgehoben, daß ihr oberer Teil äußerst kurz und schmal sei, auch 
dort. wo. wie bei den Anthiopomorphen und dem Menschen, die Inter- 
orbitalbreite größer erscheint: es handelt sich dann eben um Pneumati- 
sierung der inneren Wand der Orbita. Die horizontale Lage der Sieb- 
platte und ihre Verkürzung bedingt die vertikale Stellung der Etlnno- 
turbinalia. von denen bei Platvrrhina noch drei auftreten. Bei den Alt- 
weltaffen variiert ihre Zahl sehr, betragt aber höchstens 4. obwohl sich 
embryonal wohl mehr anlegen, aber wohl nie die Zahl "> überschreitend. 
Am stärksten äußert sich die Reduktion der Muscheln im Rückgang des 
Nasoturbinale der Catarrhina, der ein fast vollständiger sein kann. Deut- 
liches Zeichen für den geringen Wert des (»eruchsorganes. der nicht allein 
durch Raumverhältnisse und Aenderungen im Schädelbau hervorgerufen 
wird, sondern auch bionomische Ursachen haben muß, äußern sich ferner darin, 
daß Ectoturbinalia höchstens in rudimentärem Zustande vorkommen, endlich 
darin, daß die Form der Ethmoturbinalia vereinfacht ist zu Hachen, nicht 
mehr eingerollten oder gefalteten Platten. Das Maxilloturbinale ist klein 
und doppelt eingerollt bei den Platvrrhina und Hylobates. Die Katarrhinen 
haben ein dreieckiges, plattenförmiges Maxilloturbinale; bei den niederen 
Formen unter ihnen steht das (ieruchsorgan auf der niedersten Stufe 
unter Affen. 

Bezüglich der äußeren Nase wurde auf p. 771 bereits hervorgehoben, 
daß im allgemeinen bei den Affen der Neuen Welt die knorpelige Nasen- 
scheidewand sich durch bedeutendere Dicke auszeichne vor der schmäleren 
der Altweltaffen. Dies beeinflußt den Stand der Nasenlöcher, die bei 
letzteren wie beim Menschen nach abwärts sehen. Sie heißen daher Ca- 
tarrhina im (iegensatz zu den neuweltlichen Platyrrhina, deren Nasen- 
löcher nach außen schauen. Uebrigens unterscheidet sich bei letzteren 
auch die Nasenwurzel durch größere Breite. Während das Nasenskelet 
aus denselben Knochen und Knorpeln besteht wie beim Menschen, hat 
nur letzterer eine prominente Nase, allerdings in verschiedenem Clradc je 
nach der Rasse. Dies w ird bedingt durch die Ausdehnung der Oberkiefer, 
die geringe Weite der äußeren Nasenöffnung, die Form der Nasenknorpel, 
namentlich aber dort, wo das (iesicht menschenähnlicher wird, durch die 
Kleinheit und die geringe Prominenz der Nasalia. Dies gilt auch für den 
den Semnopithecinac angehörigeti Nasalis larvatus. Dessen ungeheure 
Nase (s. Fig. f>:">4> fällt daher mehr unter die Kategorie der Rüssel- 
bildungen. 

Von der Umwandung der Trommelhöhle und dem verschiedenen 
Verhalten des äußeren (iehörganges wurde bereits auf p. 772 gehandelt. 
Bezüglich der Oehörknöchelehen läßt sich aus Dorans Untersuchungen 
hervorheben, daß die Anthropomorphen sich in diesen mehr dem Menschen 
als den adrigen Affen nähern, die ihrerseits mit der Mehrzahl der nie- 
drigeren Säuger übereinstimmen, namentlich in den geraden, wenig diver- 
gierenden Schenkeln des Steigbügels. 



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Simiae, Körperbau 



777 



Das äußere Ohr kam bereits auf p. 147 zur Sprache. Abgesehen 
von den Anthropomorphen. schlieft es sich enger an die Halbaffen 
überhaupt an niedere Säuger an, deren Ohrmuschel mehr oder weniger 
spitz endet und am Hinter-' lateralen)Rande nicht eingerollt ist. Solche 
Einrollung, wie sie von der ganzen Helix des Menschen bekannt ist. be- 
schränkt sich auf den medialen Rand der Muschel. Hei Cercopithecidae 
kann sie ausgiebiger werden, während gleichzeitig die Muschelspitze niedrig 
wird und am lateralen Rande tiefer zu liegen kommt. Sie schwindet bei 
Hylobates ganz, dessen Ohr Oberhaupt das Maximum der Vereinfachung 
erfuhr. Auch das Ohr der Anthroponiorphen erlitt erhebliche Reduktion, 
die. was z. B. Anlagerung an den Kopf anlangt, weiter ging als beim 
Menschen. An seinem eingekrempelten Helix läßt sich aber meist noch 
die ursprüngliche Mnschelspitze nachweisen: häutig nur noch durch eine 
Anzahl konvergierender stärkerer Haare, die dem Haarzipfel an der 
Muschelspitze primitiver gebauter Ohren entsprechen und auch noch beim 
Menschen auftreten können | Schwalbe. Wallis]. 

Eine Anzahl Merkmale mehr negativer Art charakterisieren das 
Auge. Demselben fehlt ein Tapetum lucidum, ferner ein Musculus re- 
tractor bulbi. womit wohl in V erbindung steht die geringe Ausbildung 
der Membrana nictitans, die sich auf eine mehr oder weniger prominente 
Caruncula lacrvmalis reduziert, aber wohl niemals eines kleinen Blinz- 
knorpels entbehrt, auch finden sich noch Reste der Harderschen Drüse. 

Die Zunge ist gewöhnlich mit zarten Papillae filiformes bedeckt, 
zwischen denen Papillae fungiformes zerstreut vorkommen, häufig nach der 
Zungenspitze zu zahlreicher werdend. Papillae foliatae sind allgemein vor- 
handen. Die Zahl der umwallten Papillen beträgt meist drei, die in Dreiecks- 
form mit nach vorn offenem Winkel angeordnet sind; sie kann aber auch 
bis auf acht steigen. Bei den Anfhropomorphen erlangt die Anordnung 
durch Vermehrung der medianen Papillen eine Y-Form. Eine eigentliche 
l'nterzunge fehlt, die Plica sublingualis kann aber umfangreich werden. 

In der Mundhöhle fällen an derem Dach die t Jaumenleisten auf. deren 
Zahl einigermaßen in Verbindung steht mit der Länge des knöchernen 
< iaumens. 

Unter den Altwelt-Affcn sind die Cercopitheeinae im Besitz von 
echten Backentaschen, die gegenüber dem Vestibulum ons abgegrenzt 
werden durch eine obere und untere laterale Schleiinhautfalte. Diese 
Falten treten deutlich bei Semnopithecinae auf und dürfen vielleicht als 
Rudimente von Backentaschen gelten. Ehlers traf sie auch bei Anthro- 
poniorphen an, wo sie in der Höhe der Eckzähne zwischen Wangen- 
schleimhaut und Ober- und Unterkiefer sich entfalten. Solche Schleim- 
hautduplikatur kann auch beim Menschen auftreten [Favaro|. Daß sie zur 
Abgrenzung der Backentaschen gebraucht wird, ist kein Grund, in ihrem 
Vorkommen Andeutung etwaiger Backentaschen bei den Vorfahren, die 
<lann verloren gingen, zu erblicken. Die Backentaschen der Cercopitheei- 
nae sind weit eher ein Erwerb eben dieser Tiere in Verbindung mit 
ihrer Nahrungsweise. 

Das Gebiß ist stets heterodont und diphyodont. Bei sämtlichen 
Affen ist die Zahl der I in jeder Kieferhälfte zwei, von denen ziemlich 
allgemein angenommen wird, daß sie dem 1. und 2. I der drei I ent- 
sprechen, die man im ursprünglichen Gebiß antrifft (vergl. übrigens E. 
Rosenberg l«t>o). Sic sind meiliclförmig und die unteren stets vertikal 



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77* 



XXIV. Ordnung: Simuic. 



gestellt mit Ausnahme der Pithecinae. wo sie nach vorn geneigt sind. 
Dies ist auch der Fall mit den oberen bei verschiedenen Cebidae. Die 
Canini sind stets caniniforin, überragen aber bei Hapale die Incisivi nicht 
und zeichnen sich nur selten durch bedeutende (Jröße aus, wie bei Cyno- 
ccphalus. dessen bleibender Eckzahn stark hervorragt. Er verursacht ein 
Diastem zwischen dem unteren C und ersten Prämolar, dessen Breite ab- 
hängt vom Ausmali des oberen C. Ist der. übrigens stets kleinere untere 
C von einigem Umfang, so ruft er ein Diastem zwischen dem lateralen 
oberen I und dem C hervor. Im allgemeinen erfreuen sich die Männchen 
eines stärkeren C. 

Die Zahl der Hackenzähne wechselt nach den (iruppen: bei den Hapa- 
lidae ist sie: P jj und M H. bei den übrigen amerikanischen Alfen: P jj M j. 
bei allen Altwelt- Affen P i M jj wie beim Menschen. Die Formel für die 
Backenzähne wäre somit in Wittges Schreibweise hei den Hapalidae ] ' 3 \-^ „ 
für die Cebidae H*l ;; !, für die Altwelt- Affen ;; ; J « :. Es sind stets 
Tuberkelzähne, deren Bau und Wechsel — letzterer ist übrigens stets ein 
vollständiger — uns bei den einzelnen Abteilungen näJier beschäftigen wird. 

Mit Ausnahme der Semnopithecinae ist der Magen einfach, mehr 
oder weniger retorlenförmig. höchstens mit Verschiedenheiten in der Aus- 
dehnung der Cardia nach rechts, die bei Hapalidae eine bedeutende ist 
und auf Vergrößerung der Fundnsdrtisenregion abzielt. Eine Cardia- 
drüsenregion mit Drüsenschläuchen, also ohne Belegzellen, kann auftreten 
z. B. bei Cercopitheeus und Cercocebus [8alomon|. Den langgestreckten 
Magen der Semnopithecinae zeichnen zwei Muskelbänder aus. die ungefähr 
der großen und kleinen Kurvatur entsprechen und von denen letzteres von 
der Cardia bis zum Pylorus zieht Aehnlich wie im menschlichen Colon, 
quellen zwischen denselben zahlreiche Aussackungen hervor, die nach Zahl 
und Umfang am bedeutendsten sind am kardialen Teil des Magens. Kleiner 
und sparsamer werden sie im pylorialen Teil, der überhaupt sich verengernd 
zuläuft und gleichzeitig eine spiralige Drehung macht. Man bringt diesen 
Bau in Zusammenhang mit der Nahrung der Semnopitheci. die wenigstens 
ganz vorwiegend aus Blättern und jungen Trieben besteht. 

Der Darmkanal verhält sich zur Körperlänge im Mittel wie l:f> * 
und folgt in den Hauptzügcn der vom Menschen bekannten Anordnung. 
Zunächst fällt gegenüber den Prosimiae die Ausbildung des Colon trans- 
versum auf. das zusammen mit dem Colon ascendens und descendens 
stumpf hufeisenförmig das Ileuni umgibt. Schleifenbildung oder gar Ein- 
rollung des Colon transversum fehlt. Seine erst geringe Iünge bei 
Hapalidae entspricht der niedrigen Stellung dieser Abteilung. Auch die 
Flexura sigmoidea des Colon descendens tritt erst bei Altwelt-Affen auf. 
Diese haben auch eine deutliche Ausbildung der Haustra über das ganze 
Colon und drei Taeniae longitudinales. von denen bei Hylobates eine vierte 
auftritt. Drei Taeniae sind auch bei südamerikanischen Affen die Regel, 
obwohl deren Orientierung abweicht von der des Menschen. 

Das Coecum bildet bei Altwelt-Affen einen einfachen konischen Blind- 
sack, der nur bei Hylobates und den Anthropomorphen einen Processus 
vermiformis trägt, in welchem sich lymphoides (iewebe aufhäuft und der 
im Wachstum gegenüber dem übrigen Coecum zurückbleibt. Weniger ein- 
heitlich ist das Coecum der Neuwelt-Affen. Zwar fehlt hier stets ein 
Wurmfortsatz, aber im übrigen ist es bei Afeles wie bei den Catarrhina 



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Simiae, Körperbau. 



77U 



beschaffen, bei den übrigen ein hakig gebogenes, mehr oder weniger sich 
verengerndes Rohr. 

Alle haben eine Flexnra duodeno-jejunalis und ein kurzes Mesen- 
terium commune. Im übrigen bietet aber das Mesenterium Unterschiede 
dar, die außerhalb unseres Kahmens fallen [vcrgl. Klaatsch, v. Loghem]. 
Sie äußern sich namentlich in der allmählich erworbenen, sekundären 
Fixierung des Colon an die hintere Rauchwand im Hereich des Me.>oduo- 
denum. 

Von der Leber laßt sich nach G. Ruges Untersuchungen im allge- 
meinen sagen, daß sie bei den Affen der Neuen Welt eine Mittel- 
stellung einnimmt zwischen der Leber der Halbaffen und der der Altwelt- 
Affen. Bei letzteren entfernte sie sich schrittweise vom ursprünglichen 
Zustand durch Reduktion der I^ppcnbildung, Abnahme des kranin-kaudalen 
und Zunahme des dorso-ventralen Durchmessers. Dieses Flacherwerden 
der Leber, das namentlich bei Anthropomorphen in die Augen springt, 
wurde auf p. 2 lf> in Verbindung gebracht mit der geringen Konvexität 
des Diaphragma, die ihrerseits wieder in Konnex steht zur Umformung 
des Thorax. Die Rückbildung der Lappen äußert sich auch im linken 
Stamm- und Seitenlappen, sowie im Hohlvenenlappen: hiermit verbindet sich 
kompensatorisch stärkere Ausbildung des rechten Stamm- und Seiten- 
lappens. Eine (iallenblase ist stets vorhanden und am Lobus centralis 
dexter. ventral von der Leberpforte gelagert. 

Die ursprüngliche Organisation der Hapalidae und Cebidae äußert 
sich auch im Kehlkopf, insofern ihr Epiglottisknorpel, nach Göppert. noch 
den Zusammenhang bewahrt hat mit den \V risbergschen Knorpeln: bei den 
übrigen Affen besteht dieser Zusammenhang nicht mehr. Auch in anderen 
Teilen zeigt der Larynx der ersteren Anklänge an den der Prosimiae. 
Kohlbrugge kommt zu dem Resultat, daß den Affen die wahren Stimm- 
bänder des Menschen fehlen insofern, als die entsprechende Schleimhaut- 
falte, welche die kaudale Begrenzung des Morgagnischen Ventrikels bildet, 
nicht wie beim Menschen nach innen in den Hohlraum des Larynx mit 
scharfem Rande hereinragt, welcher durch den Luftstrom in Schwingung ver- 
setzt wird. Die wahren Stimmbänder der Affen sind nach oben gerichtet, 
ragen nicht vor. auch hat der Musculus thyreo-arytaenoideus, der beim 
Menschen die Spannung, I^ige und Form der Stimmbänder regelt, keine 
Beziehung zu ihnen. Hat endlich der Arytänoidknorpol einen Processus 
vocalis. was meist nicht der Fall ist. so inseriert das Stimmband nur aus- 
nahmsweise, wie beim Orang-Utan | Kohlbrugge], an diesen, sonst an die 
Spitze des Arytänoid. womit Aenderung seiner Spannung und I-age gleich- 
falls aufgehoben ist. Hierin ist die Einförmigkeit der Stimmbildung der 
Affen zu suchen. Sekundär kann auf ihre Verstärkung und Modulation 
einwirken die Ausbildung von Kehlsäcken, die häutig, namentlich im männ- 
lichen tieschlecht, in bedeutender Entfaltung auftreten. Ganz für sich 
steht der bereits auf p. 22?> hervorgehobene dorsale Kehlsack von Ateles. 
Im übrigen sind die Kehlsäcke von zweierlei Art. Bei den Anthropo- 
morphen und bei Mylobates syndactylus sind es Ausstülpungen der Mor- 
gagnischen Ventrikel, somit laterale Kehlsäcke. Aber nur beim letztge- 
nannten sind sie symmetrisch, bei den Anthropomorphen kommt als Regel 
nur einer zu besonderer Entwicklung. In welchem Umfang das beim 
alten Orang-Utan-Männchen der Fall ist. zeigt Fig. 170 p. 222. Der Kehl- 
sack aller übrigen Affen ist ein unpaarer. medialer, der zwischen Epiglottis 



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7H0 



XXIV. Ordnung: Simioe. 



und Thyreoid hervortritt und in einer Aushöhlung des Hyoid Platz finden 
kann, bei Mycetes (Fig. 177 p. 2'23) in dem Maße, daß der Zungenbein- 
körper die Gestalt einer Knochenblase annimmt. Uebrigens kann bei ver- 
schiedenen Arten ein Kehlsack fehlen |Cuvier|, am auffälligsten ist die? 
bei Hylobates. wo nur H. syndactylus, bekannt durch seine starke Stimme, 
hiermit versehen ist. 

Als vierte Art von Kehlsackbildung hat die von Mitlas rosalia zu 
gelten, wo Cuvier eine mediale Ausstülpung der Kehlkopfschleimhaut 
zwischen Cricoid und Thyreoid antraf. 

Der Bronchialbauni hat einen rechtsseitigen eparteriellen Bronchus, 
der aus dem Bronchus entsteht. Die Zahl der Lungenlapi>en ist rechts 
meist vier, links drei bis zwei. Außerdem hat die rechte Lunge einen Lobus 
subpericardiacus i L. impar s. azygos), der aber bei den Anthropomorphen 
Reduktion erfährt oder, besser gesagt, in ilic Lunge aufgeht, so aber, daß 
sein Bronchus sich noch am Bronchialbaum nachweisen läßt |Aebv|. Er 
verlor seine Selbständigkeit infolge einer Reihe von Veränderungen, die 
der Thorax, das Diaphragma, die Pleura erfuhr und bei den Anthro- 
pomorphen, wo sie ihr Maximum erreichen, näher beleuchtet werden sollen. 

Vom Blutgefäßsystem genügt hervorzuheben, daß es der Hauptsache 
nach dem vom Menschen bekannten Verhalten folgt Die Abweichungen 
gelten mehr Detailpunkten; unter diesen tritt die Gefäßverteilung der 
Ilinterextremität in den Vordergrund, wie auch nicht anders zu erwarten 
ist, da beim Menschen die Hinterextremität das einzige lokomotorische 
Organ ist. das die gesamte Körperlast zu tragen hat. Dementsprechend 
nehmen Knochen und Muskeln zu. ihrem Nahrungsbedürfnis genügt die 
Arteria saphena nicht mehr, wie dies noch bei Hapalidae der Fall ist. 
Bei ihnen sind die Arteria tibialis antica und postica äußerst schwache 
Muskelzwcige der Art. fcmoralis. die allmählich erst an Bedeutung gewinnen 
und beim Menschen zur vollen Entfaltung kommen, zusammen mit den 
Arteriae glutacae und der Arteria peronea. Starke (ilutäal- und Waden- 
muskeln sind ja ein Merkmal des Menschen. „Les fesses n'appartienent 
qu'ä riiomme". 

Wundernetze, wie sie an den Extremitäten mancher Prosini iae vor- 
kommen, fehlen den Affen durchaus. Ihnen kommt sämtlich nur eine 
Vena cava anterior zu. 

Allgemein hat Descensus der Testikel statt, und zwar ist dies offen- 
bar bereits eine solch alte Einrichtung, daß wenigstens in vielen Fällen der 
Processus vaginalis total obliteriert oder zum mindesten so verengt ist «laß 
ein Zurücktreten der Testikel in die Bauchhöhle ausgeschlossen ist. Aller- 
dings bleibt bei anderen die Kommunikation zeitlebens offen |Frankl|, 
namentlich bei jungen Affen ist dies häutig der Fall, die dann den Tes- 
tikel in die Bauchhöhle zu ziehen vermögen. Auch der Cremaster erfuhr 
hiiufig Reduktion, insofern er nur ans longitudinalen Fasern des Musculus 
transversus abdominis besteht und nur eine geringe Anzahl Muskelfasern 
enthält. Bei anderen ist der Cremastersack kräftiger und erfreut sich der 
Beteiligung des Muse, obliquus internus, dessen Fasern bei Semnopithecus 
selbst den einzigen Creiuastermuskel liefern. Auch in anderen Teilen 
zeigen sich schwankende Verschiedenheiten. So kann bei hoher Lage der 
Testikel eine Chorda (lubernaculi auftreten; eine Skrotalanlage fehlt den 
Catarrhina meist, bei den Platyrrhiua kommt sie hier und da vor. Das 
Scrotum ist ein postpeniales: bald ein sitzendes, seltener ein hängendes. 



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Siniiae. Kor{K>rbaii. 



Von accessorischen Geschlechtsdrüsen fehlen den Männchen stets 
Glandulae vasis deferentis. Alle haben Glandulae vesiculares, die entweder 
einfache oder verästelte Drttsenschläuche sind, ferner eine gut entwickelte, 
einen einzigen Körper darstellende (ilandula prostat ica, die aber bei 
einigen Arten aus zwei verschiedenen, übereinanderliegenden Abteilungen 
besteht, (ilandulae urethrales als vermutliche Homologa der Littreschen 
Drüsen des Menschen scheinen noch reduziert aufzutreten (Otidemans]. 

Im Parenchvm der Prostata liegt die kleine Vagina masculina (Ute- 
rus masculinus). Der Penis ist ein sog. Penis pendulus, d. h. er hängt 
frei vom Schambogen herab, während zwischen seiner dorsalen Wurzel 
und dem Heckenrande ein Ligamentum Suspensorium penis ausgespannt 
ist. Daneben kann ein Musculus levator penis auftreten. Die ursprüng- 
liche Duplizität der Corpora cavernosa penis erhellt bei vielen zeitlebens 
aus einer medianen longitudinalen Scheidewand, bei anderen wird sie un- 
vollständig bis zum vollständigen Schwunde. Das Corpus eavernosum 
urcthrae endet in einer meist konischen Eichel, die ein Os penis enthält, 
dessen AußmatS sieh einigermaßen regelt nach der (iröße des Penis, die 
eine sehr verschiedene ist. Ein Praeputium ist vorhanden: die Musculi 
ischio- und bulbo-cavernosi bieten nichts Auffallendes. 

Die Ovarien liegen niemals in einem Tentorium. 

Abweichend von den Prosimiae ist der Uterus ein Uterus simplex und 
ist die Clitoris nicht durchbohrt: «las will sagen, das die Urethra dorsal- 
wärts von der Clitoris im Vestibulum vaginae ausmündet. Die enorme 
Clitoris von Ateles und Mycetes, die einem Penis täuschend ähnlich sieht, 
ist aber an ihrer Dorsalseite gefurcht. Eine »lein Hymen des Menschen 
entsprechende Schleimhautfalte am Scheideneingang ist von verschiedenen 
Affen bekannt. Die Schamspalte wird jederseits von den kleinen Scham- 
lippen umgeben: die großen kommen, wenn überhaupt, meist nur zu 
geringer Entfaltung. 

Diese Teile, sowie die Umgebung der weiblichen Geschlechtsorgane 
überhaupt schwellen zur Hrunstzeit bei manchen Catarrhina enorm auf. 
auch hat Menstruation statt. 

Der Embryo ist durch eine scheibenförmige Placenta mit dem Uterus 
innig verbunden. Ys hat ferner einen kleinen Dottersack, der zwar früh 
vaskularisiert wird, aber niemals eine Dottersackplacenta bildet: zwar bei 
Hapalidae umfangreicher zu sein scheint, aber niemals die Keimblase aus- 
füllt. Auch ist charakteristisch der auch vom Menschen bekannte ..Haft- 
stiel", an welchen) der Embryo aufgehängt ist und durch den die Vcnac 
omphalo-mcsenterieae. spater die Utnbilikalgefäße in das Mesoderm des 
Chorion und seiner Zotten treten. Die Allantois dagegen bleibt nur ein 
entodermales. gefäßloses Rudiment. Hieraus geht bereits hervor, daß die 
Affcnplacenta. die wir namentlich durch Selenka und. was die höheren 
Formen anlangt, neuerdings auch durch Strahl näher kennen, mancherlei 
cänogenetische Prozesse zeigt. Zum Teil sind sie wohl Folge der früh- 
zeitigen Verwachsung des stark wuchernden und früh Zotten treibenden 
Troplioblastes | Hubrecht | der Eiblase mit der hochentwickelten Uterus- 
wand. Hierdurch entstand <lie primäre Discoplaccnta [Selenka |. die bei 
amerikanischen Affeti die einzige Placenta ist und bei allen Arten sich 
vorrindet. Daneben entsteht aber bei den Cercopithecidae eine sekundäre 
Discoplacenta. indem mit der Vergrößerung der Fruetitblase das Chorion 
mit der gegenüberliegenden Uteruswand in Berührung kommt, mit ihr 



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7«2 



XXIV. Ordnung: Simiae. 



verschmilzt und ein zweites oder sekundäres Zottenfeld bildet. Zwischen 
ihm und dem primären bleibt das übrige Chorion glatt. Bei Hylo- 
batidae und Anthropomorphen tritt an Stelle der sekundären Disco- 
placenta nur transitorisch während der ersten Schwangerschaftsmonate ein 
Zottenäquivalent auf. Bei der Geburt werden nach dem Embryo die Ei- 
häute und die Decidua ausgestoßen. Abgesehen von den Hapalidae. die 
bis zu drei Jungen werfen, wird bei anderen als Regel nur ein Junges 
geboren, das zwar behaart und sehend, aber hilflos zur Welt kommt und 
die Sorge der Mutter beansprucht. 



Die im vorhergehenden nach Bau und Verbreitung näher charakteri- 
sierten Allen lassen sich in zwei Hauptabteilungen verteilen. Es geschieht 
dies auf Grund einer Anzahl Merkmale, die zwar taxonomisch wertvoll sind, 
aber keineswegs eine absolute Trennung rechtfertigen, etwa in der Weise, 
daß die zahlreichen Berührungspunkte der beiden Abteilungen nur kon- 
vergenter Art seien. Zweifelsohne hängen die beiden Abteilungen an 
ihrer Wurzel zusammen: den Grad ihrer Blutsverwandtschaft hat aber 
weitere Forschung noch darzulegen. Offenbar datiert aber die Trennung 
der beiden Hauptstämme weit zurück; ihr redet denn auch die geogra- 
phische Trennung das Wort. 

An der Hand einiger Charaktere läßt sich die auf p. 7*:? entworfene 
tabellarische Uebersicht geben über die Unterordnungen und weiteren 
Abteilungen der Allen. 

Wollten wir auch dem Menschen einen Platz in dieser Tabelle an- 
weisen, so hätte dies, anatomischer Gründe wegen, am ehesten in dem 
Kreise der Catarrhina zu geschehen. Hierbei wäre aber gleich im Auge 
zu behalten, daß er zweifelsohne zu den heutigen Anthropomorphen nur 
entferntere Verwandtschaftsbeziehungen hat: sie gehören nicht in seine 
direkte Genealogie, sind vielmehr als Parallelformen zum Menschen zu 
betrachten. Die Hylohatiden stehen seiner Genealogie weit näher. 

Wenn ferner in unserer Tabelle eine gewisse Stufenleiter von den 
Hapalidae zu den Anthropomorphen ausgesprochen ist. so ist damit nicht 
gesagt, daß diese Stufenleiter etwa von den Anthropomorpha durchlaufen 
wurde. In einzelnen Punkten kann sich eine Hapalide weiter entfernt 
haben vom Ursprünglichen, als eine Anthropomorphe. Das gilt gleicher- 
weise für den Menschen. Der hohen Differenzierung seines Gehirns, seines 
Sprachorgancs. seiner Hand halten nicht alle anderen Organe Schritt. 
Vieles weist vielmehr darauf, daß der Mensch sich manches Ursprüngliche 
gewahrt hat und daß sein Stammbaum weit zurückreicht. So erklärt es 
sich, dali er in einzelnen primitiveren Merkmalen (Geruchsorgan z. B.) An- 
klänge selbst an die Ccbidae bietet. Sie weisen darum noch nicht auf 
engere Verwandtschaft, sondern sind eben nur Zeichen der Stammesver- 
wandtschaft überhaupt, von der der eine Stamm dieses, der andere jenes 
primitive Merkzeichen hinübergerettet hat bis in diese moderne Zeit. 



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Simiac. Systematische t>lkT*icht. 7^3 



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7*4 



XXIV. Ordnung: Simiae. 



I. Unterordnung: Platyrrhina. 

In vorstehender tabellarischer Uebersicht erfuhren die südamerika- 
nischen Affen bereits eine genügende Charakterisierung. Der Art der 
Sache nach wurden hierbei die Unterschiede, welche die Hapalidae und 
Cebidae trennen, mit Nachdruck an das Licht gezogen. Unrichtig wäre 
es. hierdurch zu viel Schatten zu werfen auf die vielfachen Ueberein- 
stimmungen, die zwischen beiden bestehen, namentlich wenn wir dabei 
primitivere Vertreter der Cebidae. wie Callithrix. ins Auge fassen. Es 
wird dann deutlich, dali beide Familien an ihrer Wurzel eng zusammen- 
hängen. In welchem Grade, bleibt weiterer Forschung vorbehalten, sobald 
diese sich in ausgedehnterem Maße, als es bisher der Fall war. auch die 
Kenntnis der Westaffen wird angelegen sein lassen. Bisher wurden diese 
den Ostaffen gegenüber stiefmütterlich behandelt. 

I. Familie: HAPALIDAE. 

Als niederste Abteilung der südamerikanischen oder Westaffen halten 
die Hapalidae zu gelten. Es sind dies kleine, «licht behaarte, gesellig 
lebende, eichhornartige Tiere, mit buschigem, häutig geringeltem Schwanz, 
der wenigstens so lang ist wie der Körper, aber niemals ein Greifschwanz 
ist. Der runde Kopf hat ein nacktes Gesicht, große, für Affen weit von- 
einander entfernte Augen und Ohren, deren dichte Haarbedeckung häutig 
ebenso wie am Nacken verlängert ist. auch kann die Oberlippe eine Art 
Schnurrbart zieren. 

Die Hinterextremitäten sind länger als die vorderen. Mit Ausnahme 
der ersten Zehe des Fußes, die einen Plattnagel trägt und verkürzt ist, 
haben alle Nagelphalangen scharfe, gekrümmte Krallen, weshalb sie auch 
Krallenaffen genannt werden (»der Arcfopitheci im Hinblick auf eine Aehn- 
lichkeit mit den Krallen der Hären. Die Frage, ob dies ein primitiver 
Zustand sei. insofern als die Krallen ein Erbstück unguikulatcr Vorfahren 
wären, oder aber eine Rückbildung aus früheren Plattnägeln, wurde oben 
bereits für die Prosimiae (p. 74.5) zur Sprache gebracht. Sie läßt sich 
zur Zeit schwer entscheiden, ist vielleicht auch nicht von solcher Bedeu- 
tung, wenn man erwägt, dali der Unterschied gegenüber den Cebidae nur 
ein gradueller ist. namentlich wenn man in Betracht zieht, daß unter diesen 
bei Lagothrix und Brachyteles die Nägel sehr stark komprimiert und 
zugeschärft sind. Tatsachen, wie sie uns die Ungulaten lehrten ip. .V\> . 
mahnen überhaupt zu Vorsicht und scharfer Kritik in dieser Materie. Da> 
hier vielleicht Reduktion vorliegt, wird wahrscheinlich durch die Tatsache, 
daß der Daumen lang, aber nicht opponierbar ist und in der Ebene der 
übrigen Finger liegt, während ei - bei den übrigen Affen und den Prosimiae 
ausgedehnter Abduktion und Opposition fähig ist. Er kann aber auch 
bei diesen Rückbildung erfahren bis zum völligen Schwunde. Dies wird 
wohl mit dem Gebrauch der Hand in Zusammenhang stehen. So läßt 
sich denken, dali bei den Hapalidcn diese Rückbildung, wenn dieser Aus- 
druck überhaupt gestattet ist. in anderer Bahn sich bewegte, und die 
Extremitäten mit scharfen Krallen ausrüstete, im Hinblick auf eine andere 
Art des Kletten», die mehr der der Eichhörnchen z. B. gleicht. Abgesehen 
vom llallux. sind die Zehen kurz, die Tarsalknochen aber verlängert, der 
Talus einigermaßen karnivoreiiartig. Ein Foramen entepicondyloideum fehlt. 



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I. Unterordnung: PlatyrrhiiuL 



785 




Am glatten Schädel, dem Muskelkämme und Supraorbital wfilste ganz 
abgehen, zeichnet sich die Occipitalgegend aus durch ihre Verlängerung 
nach hinten infolge der außerordentlichen Ausdehnung der Großhirn- 
hcmisphären in caudaler Richtung. Hierdurch nimmt die So,uama occi- 
pitis eine horizontale Lage an und ist gleichzeitig das ilinterhauptsloch 
mehr basal wärt s verschoben, als bei anderen Affen. Das Parietale ist sehr 
groß: sein vorderes Ende geht über das gering entwickelte Alisphenoid 
hinweg und verbindet sich mit der Orbitalplatte des Jugale. Letzterer 
Knochen liefert denn auch in Hauptsache 
die Orbitalplatte, die vom Foramen zvgo- 
matico-orhitale s. o. p. 770, durchbohrt 
wird. Das Tympanicum bildet keinen 
äulieren (iehörgang. so daß das einiger- 
maßen ringförmige Tympanicum das 
Trommelfell an der Außenfläche fies 
Schädels sehen läßt. Nach einwärts 
ankvlosiert es mit dem Petrosunr. beide 
bilden, hier einigermaßen angeschwollen, 
die Trommelhöhle. 

Die Wirbelsäule hat 1!> Thorako-lum- Fig. r>:>2. Mi«las Gooflroyi n. Gr. 
balwirbel. 3 Sakral- und bis ZU 2f) Kaudal- £ Fronudo; / Inlcnnaxillare; m 

Wirbel. Die Zahl der Kippen beträgt 13. MttX,llare; V * Wt>: p Par,eta,c - 

V«m Gehirn wurde bereits die auffallende Ausdehnung des occipitalen 
Teiles hervorgehoben, wodurch das ("erebellum sehr ausgiebig überdeckt 
wird. Abgesehen von der Fissura Sylvii und rhinalis, ist die Oberfläche 
der Hemisphären glatt; letzteres ist allerdings wenig auffallend, wenn man 
die geringe Größe der Tiere beachtet. Da sie aber mit ihrem geringen 
Körpergewicht ein hohes Hirngewicht verbinden, so daß das Verhältnis 
des letzteren zum ersteren z. Ii. bei Midas wie 1 : 26 werden kann , so 
übertreffen sie hierin den Menschen (p. 117). 

Das Gebiß läßt sich durch die Formel IJ * C| P; ; ; M| ;; wieder- 
geben. Die Gesamtzahl der Zähne: 32 stimmt somit mit der der Altwelt- 
affen überein, aber nicht die Zusammensetzung der Backenzähne. Kinzig 
unter Affen beträgt die Zahl der Molaren in jeder Kieferhälffe nur zwei, 
während sonst stets drei vorkommen. Im Gegensatz zn diesen, aber in l'eber- 
einstimmung mit den übrigen Neuwelt-Affen sind 3 Prämolaren vorhanden. 
Das Milchgebiß ist vollständig, wie aus folgender Formel in VVinges Schreib- 

1 2-1.23456 

weise hervorgeht | * ' , ' * — Hei Ilapale sind die oberen I schmal. 

12-1-234ÖG 

gestreckt und einigermaßen vorragend, das gilt auch für die unteren, von 
denen namentlich der äußere dem kleinen Caninus ähnelt. Letzterer ist 
bei Midas meist länger. 

Die Prämolaren haben wohl infolge von Verschmelzung nur eine 
Wurzel. P, und P, haben Innenhöcker, der untere P-, hat fast die Krone 
eines M erlangt. Der obere M, ist noch sehr ursprünglich, da ihm der 
2. Innenhöcker noch fehlt. 

Hackentaschen fehlen durchaus. An dem an und für sich schon kurzen 
Darmkanal, dessen Länge ungefähr 1 , der Körperlänge beträgt, fällt nament- 
lich die Kürze des Dünndarms auf. Colon ascendens und descendens, 
letzteres ohne Flexura sigmoidea. sind verhältnismäßig lang, ihre Flexura 

Weber. Kft&fOtkf«. 50 



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7X6 XXIV. Ordnung: Simiae. 

dcxtra und sinistra einander genähert: das Colon transversum erreicht 
daher einige Länge nur durch eine kaudalwärts gerichtete Bogcnbildung. 
Das verhältnismäßig lange, hakig gehogene Coecum verengert sich kaum 
distalwärts. 

Von Midas rosalia gibt Cuvier das Auftreten eines ventralen Laryngeal- 
sackes zwischen Cricoid und Thyreoid an. 

Im Gegensatz zu den übrigen Affen, werfen sie 2 — 3 Junge. Der 
Dottersack des Embryo erhält sich lange Zeit; auch hat derselbe 2 Venae 
umhilicales. die sich unterhalb der Leber vereinigen. 

Diese kleinen, von Früchten und Insekten lebenden Aeffchen. schließen 
sich unter den Platyrrhinae am engsten an die Mycetini an. Sie lassen 
sich folgendermaßen charakterisieren. 

Diagnose: Die Hapalidae sind eichhornartige, südamerikanische 
kleine Affen, mit buschig behaartem, langem Schwanz, der niemals ein 
Greifschwanz ist : mit dicht behaarten Ohren, breiter Nasenscheidewand, und 
lateralwärts gerichteten Nasenlöchern. Hackentaschen und Gesäßschwielen 
fehlen. Mit Ausnahme des kurzen, opponierbaren Hallux. der einen Platt- 
nagel trägt. Krallen an den Nagelphalangen. Daumen lang, nicht oppo- 
nierbar, Tympanicum halbringförmig, bildet keinen knöchernen äußeren 
Gehörgang. Die Orbitalplatte des .lugale verbindet sich mit dem Parietale 
und wird durch ein Foramen zygomatico-temporale durchbohrt, Gebiß 
15 C{ Pv{ M$, Milchgebiii vollständig, Hackenzähne tuberkular. Zwei pek- 
torale Zitzen. Placenta deciduat. diskoidal: werfen bis zu .'J Junge. 

Geographische Verbreitung. Diese gesellig lebenden Affen sind auf 
die tropischen Walddistrikte Sud- Amerikas beschränkt, indem die nörd- 
lichste Art Midas Geoffroyi ungefähr bis zum 15° n. Hr. reicht; die süd- 
liche Grenze geht bis zum Wendekreis des Steinbocks, bis wohin Hapale 
Penicillat«. Midas chrysopygus und rosalia sich ausdehnt. 

Taxonomie. 

Die 20 Spccies, die der letzte Autor H. Meerwarth aufzählt und 
sämtlich unter dem Genusnamen Hapale vereinigt, werden gewöhnlich zwei 
verschiedenen Genera zugeteilt, die aber höchstens den Wert von Sub- 
genera haben, da die Unterschiede nur gering sind. 

Hapale Iiiig. Sämtliche Incisivi sind lang, sehmal und vorstehend: 
da den unteren die ähnlich geformten kurzen Canini sich zugesellen, so 
erinnert diese Zalmstellung an die der Lemuriden: der Schwanz hat mehr 
oder wenig»«! - vollständige farbige Hinge. Vollständig sind sie und die 
Uhren mit Haarpinseln ausgestattet bei I '/. jacchus L. mit weißem, rhom- 
bischem Sriinfleek und weißen Ohrhaaren. Nahe verwandt ist //. f>tni- 
c Hiatus K. Geoff. u. a. Arten. //. f>ygmaea Spix hat unvollständige 
Schwanzringe und nur 1<> cm Kopf- und Kumpflänge und ist somit der 
kleinste Primat; auf das peruanische Stromgebiet des Auiazonenstroines be- 
schränkt. Bei //. cl/rysohucus Natt, in Zcntral-Brasilien fehlen die 
Schwanzringe fast vollständig. 

Midas K. Geoffr. Die unteren Canini sind wenigstens länger als 
die benachbarten Incisivi: Schwanzringe und Öhrpinsel fehlen. Bei einer 



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I. rnleronliiung: IMatyrrhina. 



7*7 



Gruppe erreichen die I nur ungefähr die Hälfte der ('. Hierher gehören 
Formen mit mahnenartig verlängertem Kopf- und N'ackenhaar« wie M. rosalia 
Linne von Rio Janeiro; M. honitia Shaw aus Columbia. Längere I hat 
M. mrlanura E. Geoffr., die einen Uebergang zu Kanäle bildet. 

2. Familie: CEBIDAE. 

Diese ausnahmslos Bäume bewohnenden Affen der Neuen Welt, die 
niemals mehr als die Mittelgröße altweltlicher Affen erreichen, sind in 
der Regel dicht behaart. Das gilt in besonderem Maße für den ganzen 
Pelz solcher Formen, wie Callithrix oder Mycetes. daneben können aber 
auch einzelne Körperteile besonders bevorzugt sein. So trägt das alte 
Männchen von Pithecia satanas einen gewaltigen Hart, während eine ge- 
scheitelte Haarmasse perrückenartig seinen Kopf überwölbt. Besonders 
auffällig treten bei Pithecia nocturna auch sexuelle Farbenunterschiede im 
Haarkleid auf. 

Die brustständigen Zitzen sind zuweilen nach der Axilla hin ver- 
schoben und können bei Mycetes selbst in der Achselhöhle liegen. 

Mit Ausnahme des Genus Brachyurus. ist der Schwanz wenigstens 
von Körperlänge. Häufig ist er ein Greifschwanz, und zwar bei Ateles, 
Mycetes. Lagothrix und Brachyteles ein echter, indem sein Ende an der 
rnteiHäche nackt ist mit Tastlinien, so daß er gewissermaßen als ö. Hand 
wirkt. Aber auch bei Cobus ist er noch ein wichtiges Hilfsorgan beim 
Klettern, da er zwar rundum behaart ist. aber spiralig sich um Aeste 
rollen kann. Im übrigen gehen diese Affen auf allen N ieren, wobei sie 
die ganze Hand- und Fußsohle aufsetzen. 

Alle Nagelphalangen tragen Plattnägel, doch ist hervorzuheben, daß 
dieselben bei Lagothrix und Brachyteles äußerst stark komprimiert und 
zugeschärft sind. Der Daumen ist abduzierbar, aber nur in beschränktem 
Maße opponierbar. Kr kann rudimentär werden oder fehlen, zuweilen in 
verschiedenem Grade an den beiden Händen eines Individuums (Brachyteles. 
Ateles . Die große Zehe ist stets opponierbar. Gesäßsehwielen fehlen 
durchaus. 

Am Schädel fehlen Muskelkämme. Kr kann sehr hoch gewölbt sein, 
mit vorstehenden Nasalia, während die Kiefer sich verkürzen, wodurch der 
Schädel einigermaßen menschenähnlich wird, natürlich ohne genetischen 
Zusammenhang. Bei einzelnen Arten (Brachyteles. Lagothrix) sind die 
Nasalia und Intermaxillaria in ausgedehnter Verbindung. Häutig erlangt 
das Lacrymale derartige Ausdehnung nach dem Nasale zu. daß es Maxillaie 
und Frontale voneinander scheidet. Hegel ist. daß. wie bei den Ilapalidar, 
die großen Parietalia mit ihrem vorderen Ende über die gering entwickelten 
Alisphenoidea hinweggehen und sich mit der Orbitalplatte des Jochbeins 
verbinden. Auf p. 770 wurde aber bereits erörtert, daß hierin kein durch- 
greifendes Merkmal der Cebidae liegt, eher noch in dem ehendort be- 
sprochenen Foramen zygomatico-orbitale (For. zygomatico- temporale i. 
Pterygoid und Processus pterygoidous alisphenoidei sind bei Obus ge- 
trennt, so daß eine Fossa plerygoidea vorhanden ist. die bei anderen 
Obinae. namentlich aber Mycetinae. durch Verschmelzung der beiden 
Knochenblätter nicht zur Ausbildung kommt. Wie bei Hapalidae. bleibt 
das Tympanicum in Hauptsache ringförmig, so daß ein knöcherner äußerer 
Gehörgang fast vollständig fehlt: auch beteiligt es sich nur geringfügig 

.7 1 ' 



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XXIV. Ordnung: Simiae. 



an der Cmwandung der Trommelhöhle, die durch das Petrosum geschieht 
und als unbedeutend aufgeblähte Bulla ossea erscheint. Bezüglich der 

Weite der Schädelhöhle läßt sich 
eine Stufenleiter wahrnehmen, an 
deren Boden Callithrix und Nyctipi- 
thecus steht: beide sind auch in 
mancher anderen Hinsicht primitivere 
Formen ; so ist bei ihnen der Abschluß 



Fig. .")"»:{. ChryM)thrix sciurcu«. Ii. Gr. 
/•' Frontale; / Interinaxillare; m Maxil- 
lare; w Nasale; P Parietale. 

der Orbita gegenüber der Temporalgrube durch Vereinigung von Frontale. 
Jugale und Alisphenoid am wenigsten vollständig. Die nächste Stuf»' 
neliinen ein Pithecia mit Brachyurus und Chiropotes, darauf Mycetes und 
endlich die Cebinae. 

Die Nase ist breit, die Nasenlöcher durch ein breites Septum ge- 
trennt und nach außen gerichtet. Auch im Bau des peripheren Geruchs- 
organs dokumentiert sich rebereinstimmung mit den Hapalidae. Die Sieb- 
platte ist kurz, schmal, annähernd horizontal: an ihr beginnen im 
Gegensatz zu den Altwelt-Affen — die Ethmoturbinalia völlig gesondert 
|Seydel|. Drei derselben können noch auftreten. Von einfachem Bau ist 
auch das Nasoturbinale. das niemals einen Hohlraum enthält. Das Maxillo- 
turbinale ist klein und doppelt eingerollt. Allcemein tritt ein Sinus ma.xil- 
laris auf. Weitere pneumatische Nebenräume der Nasenhöhle liegen im 
Frontale und im Praesphenoid: letztere dehnen sich bei Mycetes in die 
Scheidewand zwischen Urbita und Nasenhöhle aus. 

Die Zahl der thorakolumbalen Wirbel bewegt sich zwischen \* und 
22. Winge hat darauf hingewiesen, daß die Cebinae sich durch kurze 
Lendenwirbel gegenüber den Mycetinae auszeichnen, Cnter letzteren hat 
sich dann Mycetes vom ursprünglichen Zustand der schmalen, nach hinten 
gerichteten Processus spinosi entfernt, indem sie bei ihnen mehr senkrechte 
Kämme darstellen. Der primitivere Zustand der Cebidae äußert sich auch 
darin, daß von i:t 15 Rippen häutig nicht weniger als 10 (Ateles, Cebusi 
sternale sein können. Die Zahl der Kreuzwirbel ist meist 8, die der 
Schwanzwirbel steigt bis auf 34 Ateles . ist aber bei Brachyurus nur 
15—20; die auffällige Kürze des Schwanzes dieser Tiere wird eben er- 
reicht durch Verkürzung der Schwanzwirbel. 

Die Clavicula ist bogenförmig: «lein Humerus fehlt nur bei Mycetes 
und Ateles ein Foramen entepicoiidyloideum. Der Carpus hat ein Cen- 
trale und der Daumen 2 Phalangen, mit Ausnahme von Brachyteles. wo 
individuell noch ein Nagel auftreten kann auf dem eingliedrigen Daumen, 
während bei Ateles der Daumen meist nur eine Phalange als kleines 
Knötchen hat, die vollständig unter dem allgemeinen Integument verborgen 
sein kann, so daß der Daumen, der nie mehr einen Nagel trägt, sichtbar 
fehlt. Trotzdem fehlt nach Huxley von den Daumenmuskeln nur der 
Muse. hVxor longus. Ateles umfaßt auch die einzigen Neu weit- Affen, bei 
denen trotz der allgemeinen Verlängerung der Extremitäten die vorderen 
an Länge die hinteren übertreffen. Gegenüber der Mehrzahl der Altwelt- 
Affen sind die Tnbera ischii zwar nach außen gekehrt, aber klein und glatt. 




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I. Unterordnung: Platyrrhina. 789 

Das Gehirn, wenn auch im allgemeinen ärmer an Windungen, nament- 
lich bei den kleinsten Affen, bei denen es ganz windungslos werden kann, 
als das der Altwelt-Affen schlieft sich im allgemeinen diesen an. Oben 
wurde bereits angemerkt, daß eine Art Stufenleiter in seiner Größenzu- 
nahme bemerkbar sei. die mit Nyctipithecus anhebe, durch die übrigen 
Mycetinae ansteige bis zu Mycetes und dann weiter zu den Cebinae führe. 
Dies betrifft namentlich «lie Occi]>italregion der Großhirnhemisphären, die 
bei den Mycetinae in verschiedener Ausdehnung das Cerebellum unbedeckt 
lassen, während es bei den Cebinae bedeckt ist, bei Chrysothrix selbst 
ausgedehnter als bei irgend einem anderen Säuger. Diese kleinen süd- 
amerikanischen Affen sind infolge des geringen Körpergewichts, das aber 
begleitet ist von einem verhältnismäßig hohen Gehirngewicht, zusammen 
mit den Hapalidae die einzigen Säugetiere, welche durch ihr relatives 
Hirngewicht den Menschen übertreffen (vergl. p. 117). Nehmen wir letz- 
teres als '; 3ä an, so wird es übertroffen z. B. durch: 

Chrysothrix usta Körpergewicht 395 g Hirngewicht 23.4 Verhältnis 1:17 

Pithecia monaehus ., 537.7 .. .. 2*.2 .. 1:1$) 

Pithecia pithecia .. 455 .. .. 22 .. 1:20 

Cebus eapucinus 125H> „ .. b'9.5 .. 1:1«.;") 

Ateles ater .. 1*40 ., .. 120 .. 1:15 

Ateles paniscus ,. 1*00 .. ,. 9S .. 1:1« 

Das Gebiß hat die Formel IJ ; C \ P \ \<\ ; M ; ] \ = 3«> oder in 

1 2.1-234507 

Winges Schreibweise mit Beachtung des Milchgebisses 

1 2-l-2345r.7 

Ks unterscheidet sich somit vom Gebiß der Hapalidae durch den Besitz 
eines dritten Molaren i.M ;{ i; von dem der Alt weltaffen durch den Besitz von 
drei Prämolaren, indem Pj noch vorhanden ist. Bei Pithecia und Brachy- 
urus weichen die unteren Incisivi ab durch eine mehr horizontale Stellung 
wie bei Hapalidae und Prositniae. Regel ist, daß die Canini klein sind. 
Crsprünglich waren die Molaren fünfspitzig, aber nur bei Mycetes erhält 
sich noch unten die vordere innere Spitze, die aber sonst undeutlich 
wird oder schwindet, so daß die M 4 Höcker haben, die bei dem insek- 
tivoren Nyctipithecus scharf sind. Bei anderen Arten können die oberen 
eine schräge Leiste besitzen, welche den vorderen inneren mit dem 
äußeren hinteren Höcker verbindet. Die Cebidae sind frugivor und in- 
sektivor, verschmähen aben teilweise ebensowenig Hier oder junge Vögel, 
während Mycetes mehr der Blattnahrung zugetan zu sein scheint. Backen- 
taschen fehlen durchaus. Der Magen ist einfach, mehr oder weniger 
retortenfönnig. Am Darm fallt auf, daß bei Nyctipithecus ebenso wie bei 
Hapalidae das Colon so lang ist. daß es ungefähr die Hälfte der ganzen 
Darmlänge einnimmt. Bei den übrigen Cebidae ist es absolut kürzer, 
auch relativ im Verhältnis zur Iünge des Dünndarms, der dann ungefähr 
5 bis 7 mal die I^änge des Dickdarms übertrifft. Letzterer hat Haustra, 
die aber häutig, so bei Cebus, undeutlich werden. Ein Coecum ist stets 
vorhanden, hakig gebogen und fast mit gleichbleibendem Lumen. Nach 
van Loghcm hat es aber bei Ateles die kurz konische Form des Coecums 
der Catarrhina. 

Im Anschluß an die Bemerkungen über den Kehlkopf der Affen 
auf p. 779, woselbst auch der ganz für sich stehende Kehlsack von Ateles 



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790 XXIV. Ordnung Si.nine. 

erwähnt wurde, sei Iiier auisführlicher des berühmten Brüllapparates von 
Mycetes gedacht. Dieser Kehlsack, der sich oberhalb des ungewöhnlich 
grotien Thyreoidknorpels ausstülpt, wird von dem enormen, kugelig auf- 
geblasenen Körper des Hyoid umschlossen. Der Umfang dieses Resonanz- 
apparates, der seitlich von den ungeheuer ausgedehnten Winkeln und auf- 
steigenden Aesten des Unterkiefers umfaßt wird, ist so groß, dali das 
Manubrium sterni gespalten ist und seine Hälften von einander entfernt 
liegen. Rechts hat ilie Lunge gewöhnlich vier, links zwei oder drei 
Lappen. Der Thorax ist kielfönnig geblieben vergl. p. 9»ii. Es wurde 
bereits hervorgehoben, dali die Ulitoris undurchbohrt ist. aber durch 
Größe sich auszeichnen und dem Penis pendulus des Männchens ähneln 
kann. Es wird nur ein Junges geboren. 

Diagnose. Die Cebidae sind südamerikanische, den Platyrrhina sich 
unterordnende Affen mit der (iebißformel : I } ? C | V 5 \ | M } 5 ;{ : Molaren 
mehr oder weniger ipiadrituberkular. ausnahmsweise sind die unteren In- 
cisivi niederliegend und nach vorn gerichtet. Humerus meist mit Fora- 
inen entepicondyloideum: Uarpus mit Centrale: Daumen, wenn vorhanden, 
opponierbar. Alle Xagelphalangen mit Plattnägeln, die aber zuweilen seit- 
lich stark komprimiert sind. Schwanz häutig ein Grcifsehwanz. Orbital- 
platte wird vorwiegend durch Jugale gebildet: es herrscht eine Zygomatico- 
parietal-Naht vor. Lacryniale trennt häutig durch starke Ausbildung das 
Frontale und Maxillare. Foranien zygomatico-temporale meist groß. Tym- 
panicum bleibt fast ringförmig, so daß ein knöcherner äußerer Gehörgang 
beinahe fehlt. Nasenlöcher durch eine breite Scheidewand getrennt, nach 
außen gerichtet. Niemals gehen von den Morgagnischen Ventrikeln I.a- 
ryngealsäekc aus. Backentaschen und Gesäßschwielen fehlen. Werfen 
nur ein Junge>. 

Geographische Verbreitung. Die Cebidae bewohnen die Wahlgebiete 
der Neuen Welt vom Süden Mexikos bis ungefähr zum ."><i° s. Hr. Auf 
der Westseite der Anden fehlen Affen. Am weiteren südwärts läng> der 
Ostküste Süd-Amerikas, fast bis Uruguay, geht Mycetes fuscus. Ungefähr 
ebensoweit reicht Cebus niger. Nordwärts dringt Mycetes villosus bi> 
Guatemala vor. Alle übrigen erstrecken sich höchstens bis Nikaragua, 
die Hauptmasse der Formen bewohnt aber Brasilien und die Guyanas. 
DaU sie aus diesem Gebiete, namentlich aus den Küstengegenden und 
Ufergebieten der großen Flüsse, bekannt sind, ist eine Folge der Unter- 
suchungen, deren gerade diese liegenden der Art der Sache nach in erster 
Linie unterzogen wurden. Eigentümlichkeiten in der Verbreitung mancher 
Arten, z. B. solcher des Genus Pithecia. sind daher vielleicht nur Folge 
unseier beschränkten derzeitigen Kenntnis der Verbreitung. Wie sich 
dieselbe zur Zeit ausnimmt, hat H. Meerwarth neuerdings kartographisch 
dargestellt. 

Taxonomie. 

Will mau die Cebidae nicht auf Grund äußerlicher Merkmale, B. 
ob dor Schwanz ein Greifsdiwanz ist oder nicht, nach Merkmalen also, die 



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I. Unterordnung: Platyrrhinn. 



791 



Hieb wiederholt aus einer gemeinschaftlichen Grundlage entwickelt haben 
können, in kleinere Gruppen verteilen; will man hierfür vielmehr auf tiefer 
gehende Unterschiede der Organisation sich berufen, so stölk man auf be- 
deutende Schwierigkeiten. Sie gehen daraus hervor, daß in mancherlei 
Hinsicht die Organisation dieser Affen nicht genügend bekannt ist, nament- 
lich nicht, wenn es gilt den gegenseitigen Zusammenhang der Formen klar- 
zulegen. 

Auf der niedersten Stufe stehen die >.' yctipitheeinae. Ihnen schließen 
sich einerseits die Mycetinae, andererseits die Pithecinae an. Letztere 
verraten aber auch Beziehungen zu den Cebinae, denen man gewöhnlich 
das Genug Ateles und nächste Verwandten zurechnet. Mit einer genealo- 
gischen Anordnung der verschiedenen (»nippen hat sich namentlich H. 
Winge beschäftigt, während Dahlbom i'1S57i osteologisehe Merkmale zu- 
sammenstellte. Für die Kenntnis <ler Arten sei namentlich auf Schlegels 
Monographie und auf die neue Zusammenstellung von Meerwarth verwiesen. 

1 . L'nterfamilie Nvctipithmnae. 

Katzenühnliche, wollig oder buschig behaarte Affen mit konisch ab- 
gestumpfter Schnauze: ohne Greifschwanz: mit gut entwickeltem Daumen. 
Processus spinosi der langen Lendenwirbel spitz, dreieckig, nach hinten 
gerichtet. Hintere Partie des Unterkiefers hoch. Larvngealsacke fehlen. 
Der Dünndarm übertrifft ungefähr nur um die. Hälfte die Länge des Colon, 
das nur im aufsteigenden Stück llaustra und drei Taeniae hat. Coecum 
lang, nach dem hakig gebogenen Ende zu sich verengernd. Gehirn klein, 
Schädel daher in seinem occipitalen Teil nicht verlängert. Nyctm'ITHEci s 
Spix Augen auffallig groß, seitlich gerichtet. Septum narium schmal. Er- 
innern durch ihre großen Augen, kleinen Ohren, verborgen im dichten wol- 
ligen Pelz, und nächtliche Lebensweise an manche Prosimiae. Schwanz 
lang, buschig, wird kaum zum Greifen benutzt. Nähren sich von Früchten 
und kleinem Getier. Incisivi stehen vertikal, die Canini gleichen den 
kulleren I. Molaren vierhöckerig. Von den drei Arten ist \. Aza rat' 
Hamb, über Brasilien, Mafto Grosso und Bolivia verbreitet. Unterscheidet 
sich sofort durch einen s< hwarzen Fleck zwischen zwei supraokularen weißen 
Flecken von .V. voeiferaus Spix mit rötlichem Stirnflc k. Auch diese Art 
hat weite Verbreitung vom peruanischen Ama/.onengehiet bis Costa-Kica. 

Cai.uthrix E. Gooffr. nkhert sich durch nur mittelgroße, mehr nach 
vorn gerichtete Augen, die nicht strahlig von verlängerten Haaren um- 
geben werden, sowie durch ein breites Septum narium von Nyctipithecus. 
Diesem Genus schließen sich im übrigen die etwa 1 1 Arten an, die in 
ihrer Verbreitung namentlich dem Amazonenfluß bis Columbia, Peru und 
Bolivia folgen: aber durch Arten wie C. prrsoaata E. Geoff., uigrifroHS 
Spix, moloch Hoffmannsegg auch Iiis an die Ostküste reichen. 

2. Unterfamilie Pithecinae. 

Haben wie die vorige Unterfaniilie keinen Greifschwanz, einen gut 
entwickelten Daumen, die hintere Portion des Unterkiefers und dessen 
Winkel hoch, obwohl Larvngealsacke fehlen, auch gleicht das Coecum dem 
von Callithrix. Die Augen sind aber gewöhnlich; die gewundenen Hemi- 
sphären überragen das Cerebellum, Hirnschädel infolgedessen einigermaßen 
verlängert. Von allen Cebidae unterscheiden sie sich sofort durch die 
stark nach vorn geneigte Stellung der Tncisivi, von denen die unteren 
gleichlang, aber schmal sind. Canini groß, so daß zwischen ihnen und den 
I ein weites Diastem ist. Die etwa neun hierher gehörigen Species werden 




792 



XXIV. Ordnung: Simiae. 



zuweilen zum Genus Pithecia vereinigt. Zweckmäßiger ist es, hiervon als 
Hrachyurns Spix lUacaria Gray) die Arten uiit kurzem Schwanz mit 
Endquaste abzutrennen: durch dessen Kürze unterscheiden sie «ich von 
allen Xenwelt-Affen. Pithecia E. Geoffr. im engeren Sinn hat den Schwanz 
ungefähr langer als den Körper. Haare lang und einigermaßen ge- 
dreht, mit mäßigem Backenbart. Da die Jungen und die beiden erwach- 
senen Geschlechter verschiedenfarbiges Haarkleid tragen, so sind die beiden 
Arten P. nocturna Iiiig. und mouacha Humb. reich an Synonyma. AI» 
Subgenus Ohiropotes Less., ein Namen, der darauf deutet, daß die Ver- 
treter aus der hohlen Hand trinken sollen, werden die Arten vereinigt, 
deren Schwanz ungefähr Körperlänge hat und ebenso wie der übrige Körper 
gewöhnlich behaart ist. Der Kopf aber hat eine Art gescheitelter Per- 
rücke, deren lange, dichte Haare vom Hinterhaupt ausstrahlen. Namentlich 
die alten Männchen haben einen gewaltigen Bart. Hierher gehört der 
bekannte F. satanas Hoffmannsegg von Para und P. chiropotes Humb. 
aus den Guyanas. Beide von der Größe eines kleinen Hundes. 

3. Unterfamilie Mycetinae. 

Die größten amerikanischen Affen mit untersetztem, kräftigem Körper, 
von der Größe eines starken Hundes. Der mehr als körperlange Greif- 
schwanz hat an seiner Unterseite die Endspitze nackt. Daumen gut ent- 
wickelt. Lendenwirbel kurz, mit senkrechten, rhombischen Dornfortsätzen. 
Gesichtsschädel gestreckt: Oecipitalsehuppe senkrecht, entsprechend der 
Kürze der Großhirnhemisphären, die das Cerebellum kaum überdecken. 
Hamus des Unterkiefers auffallend breit und hoch im Zusammenhang mit 
der Ausbildung der enormen Laryngealsäcke (p. 223), wodurch der Körper 
des Hyoid zu einer großen Knochenblase aufgetrieben ist und das Thyreoid 
enorme Größe erreicht. Durch diesen Resonanzapparat bringen die Tiere 
kilometerweit vernehmbare Laute hervor, die sie in verschiedener Modu- 
lation im Chor ausstoßen. Die großen Molaren, von denen oben und unten 
der letzte abgeplattet ist, ebenso wie der komplizierte Magen, weisen auf 
Blattnahrung. Uebrigens haben die M teilweise die ursprünglich fünf- 
höckerige Kauflache bewahrt. Die I stehen unten vertikal, die C sind groß. 

Die Brüllaffen gehören dem einzigen Genus Mycktes Iiiig. (Alouata 
Lacep., Stentor E. Geoffr.) an, dessen sechs Arten, in Herden lebend, 
von Uruguay bis Costa-Kien sich ausdehnen, wobei aber jede Art ein be- 
grenztes Wohngebiet hat. Zu den bekannteren gehört JA smintius Iiiig. 
namentlich in Guyana und Venezuela verbreitet: in beiden Geschlechtern 
rotbraun, mit hellerem Rücken und Flanken. Bei JA niger Kühl aus 
Brasilien ist das Männchen gleichmäßig schwarz, das Weibchen bräunlich. 

4. Unterfamilie (Vbinae. 

Die übrigen südamerikanischen Affen charakterisieren sich durch ein 
großes Gehirn, dessen langgestreckte Hemisphären das Cerebellum Uber- 
decken und bei den größeren Können gewunden sind. Der Hirnschädel 
ist dementsprechend gestreikt. Die Lendenwirbel sind kurz, mit senk- 
rechten, kammförmigen Processus spiuosi. Hyoid und Kamus des Unter- 
kiefers normal. Colon 1 r> ' . der Länge des Dünndarms. Incisivi ver- 
tikal. Canini tiberragen in verschiedenem Grade die übrigen Zähne. Sie 
lassen sich in zwei Formenkreise verteilen, denen vielleicht der Wert von 
Unterfamilien zukommt. ai Greifschwanz rundum behaart; Daumen gut 
entwickelt: Extremitäten mittellang, die vorderen übertreffen die hinteren 
nicht in Länge, Nagelphalangen mit abgeflachten Kuppennägeln bedeckt. 



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I. Platyrrhina, Taxonomie. 



793 



Haustra und Taeniae fehlen dem Colon fast vollständig. Das Coecum mit 
gleichbleibendem Lumen ist. hakig gebogen. Foramen entepicondyloideum 
vorhanden. Cebi:s Erxl.. eins der artenreichsten Geschlechter der Cebidae mit 
wenigstens 12 Arten, deren variabele Färbung Anlaß zu reicher Synonymie 
gab. Es sind robuste, glatthaarige Affen, deren Schwanz sich spiralig um 
Aeste rollen kann, daher Rollach wanz-Affen. Von den konischen Canini 
reichen die oberen außerhalb der Lippen. M haben stumpfhöckerige Kau- 
fläcbe. Zu den häufigeren Bewohnern unserer Tiergärten gehört C. capu- 
cintts L. der Kapuziner-Affe, wegen einer schwarzen Kaputze auf dem 
»Scheitel gegenüber dem Gelbbraun der Umgebung. Er ist zusammen mit 
C. apdla Kühl der einzige Cebus von Guyana. Als nördlichster Ver- 
treter ist C. hypolt-ticus Humb. zu nennen, der bis Costa-Rica geht. 

Von Cebus unterscheidet sich Crkvsothrix Wagn. f Sahnt ri Is. Gooffr.) 
sofort durch die geringe Größe des zarten Körpers, die nur die Größo 
eines Eichhörnchens erreicht, ferner durch den Schwanz, der kaum zum 
Greifen gebraucht wird. Auch sind die Canini klein, die Backenzähne 
klein, aber scharf-spitzig und die Nasenhöhle derart zwischen den Orbitae 
zusammengedrückt, daß deren Scheidewand zum Teil membranös ist [Dahl- 
boni]. Unrichtigerweise wird Chrysothrix gewöhnlich den Nyctipithecinae 
angereiht; von diesen unterscheidet das Genus sich sofort schon durch die 
Ausdehnung der Occipitulluppen der Großhirnhemisphären, die mehr noch 
als bei Cebus das Cerebellum nach hinten überragen. Von den etwa vier 
Arten fällt der zwischen dem 10" X. und S. Br. vorkommende Ch. sciu- 
rcus L. in Tiergärten sofort auf durch die eigentümliche Zeichnung seines 
Gesichts, die ihm zum Namen Totenkopf-Aeffchen verhalf. 

b) Die zweite Gruppe hat einen an der Unterseite des Endes nackten, 
echten Greifschwanz. Der Daumen ist rudimentär oder fehlt. Die Nagel- 
phalangen tragen seitlich zusammengedrückte, mehr oder weniger zugeschärfte 
Nägel. Die Extremitäten sind lang und die vorderen übertreffen die hin- 
teren. Foramen entepicondyloideum fehlt. Das Colon hat große Haustra und 
deutlich drei Tänien, das Coecum ist katarrhinen-artig [van Loghcin] in- 
dem es einen kurzen konischen Blindsack bildet. Von den drei Genera ist 
Atkles E. Geoffr. ohne Daumen . mit weniger verschmälerten Nägeln, 
lang-struppigem Haar, kahlem Kinn und Kehle, das bekannteste. Die 
etwa 1 2 Arten vertreten gewissermaßen die Hylobatidae in der Neuen 
Welt, da sie durchaus an das Baumleben angepaßt sind durch den voll- 
kommenen Greifschwanz und die langen Vorderextremitäten. Fast alle haben 
die Kopfhaare nach vom gerichtet, mit Ausnahme der Stirnhaare, die das 
(»egenteil tun, wodurch eine Art „Diadem" entsteht. Dieses ist schwarz 
wie der übrige Körper bei A. patiiscus E. Geoffr. mit fleischfarbenem 
und bei A. ater F. Cuv. mit schwarzem Gesicht. Ersterer aus Guyana 
und Brasilion, letzterer aus Ecuador und Peru. Vielleicht ist A. penta- 
(iactyliis E. Geoffr. nur eine Varietät mit rudimentärem Daumen. Ein 
hellfarbiges bis weißes Diadem haben Arten wie A. marginales E. Geoffr. 
u. a. Das Genus Brachytklks Spix (Eriodes K. Geoffr.), mit rudimentärem 
Daumen und wolligem Haar, ist so nahe verwandt, daß es häufig mit dem 
vorigen Genus vereinigt wird. Weniger aberrant ist L.ujothkix E. Geoffr., 
indem der Daumen noch vollständig, der Ureifschwanz weniger vollkommen, 
die Vorderext remität kürzer ist. Auch sind die Backenzähne noch größer 
und der Körper robuster. Er hat ein wolliges Haarkleid, das Kiun und 
Kehle bekleidet. Die drei Arten von Lagothrix sind bisher nur aus dem 
Stromgebiet des Amazon bekannt. 




794 



XXIV. Ordnung: Simiae. 



II. Unterordnung: Catarrhina. 

(Simiae catarrhinae.) 

Auf p. 72.1 wurden in tabellarischer Form die Merkmale genannt, 
durch welche sich die Platyrrhina von den Catarrhina auffälliger unter- 
scheiden. Uebersiehtlich möge hier der wichtigsten Eigenschaften der 
letzteren Erwähnung geschehen. 

Die Alt weit- oder Ost -Affen zeichnen sich gegenüber den Neu welt- 
oder West-Affen durch im allgemeinen erheblichere Größe und einen ro- 
busteren Körper aus. Der Schwanz hat sehr verschiedene Länge, er kann 
selbst auf einen Stummel reduziert sein, ist aber niemals ein (ireifschwanz. 
Auch das Haarkleid ist im allgemeinen schlichter, obwohl eine Mähne 
(Papio hamadryas). lange Flankenhaare (Colobusi. Schnurr- und Backen- 
bärte, aber bescheidener als z. B. bei Pithecia, ausnahmsweise auch dichtes, 
wolliges Haarkleid unter dem Einfluß niedriger Temperatur (Macacus 
lasiotis und aretoides) u. s. w. vorkommen kann. 

Stets ist der Daumen opponierbar und nur bei Colobus rudimentär. 
Die gleichfalls opponierbare große Zehe ist stets kürzer als die übrigen 
Zehen. Alle Nagelphalangen tragen Plattnägel, die stets über das Finger- 
ende prominieren und häutig die Form von Kuppennägeln haben. Gesäß- 
schwielen fehlen nur den Anthiopomorphen. Vielfach treten am Schädel 
Knochenleistcn auf als sagittale. occipitale und maxillare Kämme; hiermit 
steht in kausalem Zusammenhang Ausbildung der Kaumuskulatur und 
adnex damit Größe der Eckzähne, Schwere des Unterkiefers u. s. w. Die 
Orbitac sind nach vorn gerichtet; niemals liegt das LacrymaJe außerhalb 
derselben. Da an der Bildung der Orbitalplatte das Frontale und Ali- 
sphenoid vorherrschend sich beteiligt, das .lugale aber zurücktritt, so er- 
reicht letzteres das Parietale in der Regel nicht mehr, um so weniger als 
auch das Parietale sich nicht mehr so weit nach vorn ausdehnt. Auch ist 
das die Orbitalplatte durchbohrende Foramen zvgomatico-orbitale äußerst 
klein. DasTvmpanicum dehnt sich nach außen von dem Trommelfell aus zur 
Bildung eines verhältnismäßig langen, knöchernen, äußeren Gehörganges. 
Eine Bulla ossea fehlt, die Trommelhöhle wird einfach durch Tynipanicum 
und Petrosum umwandet. Die Extremitätenknochen erfreuen sich stets 
guter Entfaltung, entsprechend der vielseitigen I Leistungen, die von den- 
selben beim Klettern gefordert werden, namentlich auch von den vorderen, 
die außerdem wichtige Greiforgane bei der Nahrungsaufnahme sind. Ihr 
Bau kam auf p. 773 zur Sprache. Die großen Hemisphären, die stets 
gefurcht sind, überdecken das Cerebellum vollständig, überragen es aber 
nicht in dem Maße wie bei manchen Cebidae. Die Nasenscheidewand ist 
schmal und die Nasenlöcher sehen nach abwärts. Die EthmoturbinaJia 
sind an ihrem Ursprung vereinigt. Das Gebiß 1\$ C| Pü M} Ii wird voll- 
ständig gewechselt und zwar so. daß die C lange vor M 3 durchbrechen, 
auch vor den P ihrer Reihe. Die Reihenfolge des Durchbruches im Unter- 
kiefer gibt im allgemeinen die folgende Formel an, durch römische Zahlen 
unter den Zahninitialen: 

I, I, C P, P, M, Mo M, 
II III V VI VII I IV VIII 

Das (iebiß unterscheidet sich durch ."» Molaren von dem der Hapalidae und 
durch nur 2 PrHmolaren von dem aller Neuwelt-Affen. Die vierseitigen 



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II. Catarrhina, Cercopithecidae. Körperbau. 



7!»;» 



Molaren haben mehr oder weniger stumpfe Höcker und zwar bei den 
Cercopithecidae ein ungefähr gleich starkes vorderes und hinteres Paar 
Höcker, die je durch einen Querkamm verbunden sind. Mit Ausnahme von 
Cercopithecus. hat der hinterste untere M noch eine fünfte Spitze am Hinter- 
rande. Umgekehrt kann an dem oberen M der Hylobatidae, Anthropomorphae 
und des Menschen von den 4 Höckern der hintere innere fehlen, jeden- 
falls ist er der schwächste. Hierin sieht Winge einen ursprünglichen Zu- 
stand wie bei Cebidae und Prosimiae. Cope aber einen Rückschlag nach 
entlegenen Ahnen mit trituberkularen Zähnen. 

Abgesehen von den Semnopithecidae, ist der Magen einfach. Das 
Colon ascendens wird durch ein Mesoduodenum getragen; das Colon des- 
cendens bildet eine Fle.xura sigmoidea: das Coecum ist ein einfacher Kegel, 
der bei Hylobatidae und Anthropomorphae in einen Processus vermi- 
cularis übergeht 

In der Tabelle auf p. 723 verteilten wir die Catarrhina in die drei 
Familien der Cercopithecidae. Hylobatidae und Anthropomorphae, die 
zwar eng zusammenhängen, namentlich die beiden letztgenannten, sich 
aber doch bereits lange getrennt haben. Auf der niedersten Stufe stehen 
die Cercopithecidae aus deren Stamm ursprünglich die Hylobatidae und 
Anthropomorphae hervorgingen. In mancher Beziehung stehen die Hylo- 
batidae zwischen den Cercopithecidae und Anthropomorphae, bilden aber 
keine einfache Brücke zwischen ihnen. Denn einerseits haben sie sich in 
einzelnen Organen von ihrem Ausgangspunkte aus weiter differenziert und 
entfernt, als die Anthropomorphae, andererseits haben sie niedere Zustände 
bewahrt, die sich nicht mehr bei den Cercopithecidae finden. Sie er- 
scheinen vielmehr als eine den Anthropomorphae parallele Gruppe, die 
offenbar engere genetische Beziehungen zum Menschen hat. als dies bei 
Anthropomorphae der Fall ist. 

I. Familie: CERCOPITHECIDAE. 

Katarrhine Affen, die auf allen Vieren sich bewegen und dabei mit 
voller Hand- und Fußsohle auftreten. Das Haarkleid kann an einzelnen 
Körperteilen stärkere Entwickelung erreichen, ist aber nur ausnahmsweise 
wollig. Am Arm sind die Haare von der Schulter zur Hand in derselben Rich- 
tung nach abwärts gerichtet. Das Gesicht ist nackt, ebenso wie die perineale 
Gegend und die Gesäßschwielen. Alle diese nackten Teile können auf- 
fallend gefärbt sein, auch schwillt die Umgebung der Geschlechtsteile beim 
Weibchen während der Brunst an. Die zwei Milchdrüsen sind brustständig. 
Acinöse und tubulöse Hautdrüsen sind vorhanden, vereinigen sich aber nicht 
zu größeren Drüsenkörpern. Zuweilen tragen die Nagelphalangcn statt 
Plattnägel Kuppennägel. 

Die Wirbelsäule bildet eine einfache Kurve. Von den 12 — l.H Thora- 
kalwirbeln haben die letzten, ebenso wie die »5—7 Lumbalwirbel, Dornfort- 
sätze, die nach vorn gebogen sind. Das Sacrum besteht aus 3, seltener 
nur aus 2 Wirbeln, deren mäßige Breite nach hinten kaum abnimmt. Die 
Zahl der Schwanzwirbel bewegt sich zwischen 22 und 3. Der Brustkorb 
ist seitlich zusammengedrückt, kiclförmig. das Stemm lang und schmal. 
Durch ihren Bau weisen die Vordergliedmaßen darauf, daß sie wesentlich 
als Stützorgane funktionieren, ihre Pronation und Supination ist dabei nur 
eine beschränkte. Ein Centrale carpi ist vorhanden, das Pisiforme verlängert, 
das Trapezium hat eine sattelförmige Gelenktiachc für den opponierbaren 



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79Ü 



XXIV. Ordnung: Simiae. 



Pollex. Am Becken ist die Schambeinsymphvse lang, der Heckenbogen 
niedrig; die Tubera ischii mehr oder weniger stark nacli außen gebogen 
zu einer breiten rauhen Fläche, die von den Gesäßschwielen überdeckt 
wird. Das lange, schmale Ilium erhebt sich dorsalwärts bedeutend über 
der Verbindung mit dem Sacrum, seine Innenfläche ist flach und seine 
längste Achse bildet einen rechten Winkel mit der des Schambeines, liegt 
aber fast in einer geraden Linie mit der des hinteren Kitzbeinastes. 

(Iroßc Verschiedenheit zeigt die Schnauzenlänge. Sie ist kurz bei 
Cercopitheeus, Semnopithecus und Colobus, womit gepaart geht geringe 
Größe der Zähne: lang bei den übrigen, deren gleichfalls größeren M da- 
durch Raum geboten ist, was namentlich für Papio gilt. Auch die Run- 
dung der Stirnregion schwindet bei Cynocephalus . Macacus und Ver- 
wandten infolge der starken Ausbildung von supraorbitalen Knochenwülsten. 
Das Foramen magnum schaut schräg nach hinten und unten. 

Die Naht zwischen Intermaxillare und Maxillare erhält sich entweder 
oder verschwindet erst spät. Das Intermaxillare umgreift die äußere Nasen- 
üffnung. An Stelle der Siebplatte findet sich jederseits ein rundes Loch. 
Die Muschelursprünge sind in komplizierter Weise vereinigt und ver- 
schoben. Außer dem Nasoturbinale finden sich 2—3 Riechwülste, jedoch 
nur einer ausgebildet. Das Maxilloturbinale ist eine dreieckige Platte. 
Sinus frontalis und sphenoidalis fehlen. Unter allen Primaten ist somit 
hier das (ieruchsorgan am meisten zurückgebildet. 

Im Gebiß IH ('I P:U Mi?I sind die unteren äußeren I nicht größer 
als die inneren, oft kleiner. Der vordere, untere P hat eine spitze Krone 
und kehrt eine scharfe Kante dem Hinterrande der oberen C zu. M 3 ist 
' gewöhnlich groß, der untere hat zuweilen einen fünften Höcker hinter den 
beiden Querwülsten, entstanden durch (piere Verbindung der 2 Paar ge- 
wöhnlichen, gleich großen Höcker. Der Zahnwechsel hat früh statt und 
ist schnell beendet. 

Mit Ausnahme von Semnopithecus , sind echte Backen taschen vor- 
handen, worin zeitweise Futter aufgespeichert werden kann. Der Magen, 
für gewöhnlich einfach retortenförmig. ist bei Semnopithecus und Colobus 
in drei Abteilungen verteilt. Dem kleinen konischen Coecum fehlt ein 
Processus vermicularis. Am Kehlkopf findet sich meist ein im männlichen 
Geschlecht stärker entwickelter unpaarer Luftsack, der median zwischen 
Cartilago Thyreoidea und F.piglottis sich ausstülpt und bei Papio bis zu 
den Achselhöhlen reicht. Der Aortenbogen gibt links die Arteria subclavia 
ab und eine gemeinschaftliche Arteria innominata, aus welcher die Karo- 
tiden und die rechte Art. subclavia entspringt. 

Vom Urogenitalapparat ist hervorzuheben, daß die Niere eine Papille 
hat und «laß der Penis gewöhnlich in der Glans einen Penisknoehen be- 
sitzt sowie zwei Musculi retractorcs. Die Placenta besteht ans 2 Scheiben: 
der primären und sekundären Discoplacenta, zwischen denen das Chorion 
glatt ist (]>. 7X1). 

Diagnose. 

Die Cercopithecidae sind katarrhine Arien, die sich ausschließlich 
(|tiadrupcd, mit Hand- und Fußsohle auftretend, fortbewegen. Sic haben 
12 1.» Thorakal-. <> — 7 Lumbaiwirbel, gleichbreite Sakralwirbel, einen 
kielförmigen Thorax; langes, schmales Sternuin und Gesäßschwielen. Vor- 



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II. Catarrhinn. Cercopithccidae. Taxonomie. 



797 



derextremitäten nicht länger als die hinteren. Foranien magnum nach hinten 
gerichtet: Siebplatte jederseits ein rundes Loch. Zahnwechsel geschieht 
schnell und früh. Backentaschen meist vorhanden : dem konischen Coecum 
fehlt ein Processus vermicularis. Kehlsack unpaar, snprathvrcoid. Von den 
vier Höckern der Molaren ist das vonlere und hintere Paar je durch einen 
Querkamm vereinigt. 

Geographische Verbreitung. Diese Familie umfaßt reichlich 120 Arten, 
die alle der Alten Welt angehören, aber im australischen Gebiet durchaus 
fehlen. Die Unterfamilie der Semnopithecinae enthält das afrikanische Genus 
Colobus, das die Walddistriktc nördlich bis Abyssinien bewohnt, und die 
2 asiatischen Genera Nasalis von Horneo und Semnopithecus von den großen 
Sunda-Inseln und dem Festlande von Hinter-Indien. Hier bewohnt S.schista- 
ceus den Himalaja und Kaschmir bis zu 4000 m Höhe, während S. (Rhino- 
pithecus) Roxellanae in Tibet und Nordwest-China bis ungefähr zum 38. 0 
n. Br. reicht. Beide liefern den Beweis, daß Alfen sich ungestraft niedrigen 
Temperaturen aussetzen können. Neben diesen Pionieren in «las palä- 
arktische Gebiet besitzt dasselbe auch einzelne Vertreter aus der zweiten 
Unterfamilie: den Cercopithecinac. und zwar Arten des Genus Macacus. 
Dasselbe hat nur einen Vertreter, den M. inuus L. dnuus ecaudatus 
E. (ieoffr.) in Nord-Afrika, der auch, als einziger europäischer Affe, auf 
Gibraltar gefunden wird. Uebrigcns ist dieses Genus ausschließlich asiatisch. 
Im Hinblick hierauf ist es wichtig, daß F. Major Knochenteile eines Macacus 
beschrieb, die mit Resten des Dodo in Mauritius gefundeu wurden und 
nicht M. cynomolgus angehören. Allerdings weiß man. daß seit 1G27 
Affen auf Mauritius existieren, die bald M. cynomolgus, bald M. sinicus 
oder M. pileatus zugeschrieben werden und von denen man annimmt, daß 
sie durch die Portugiesen eingeführt seien [F. Major]. Das Genus Macacus 
hat Vertreter nördlich bis Tibet und Japan, von denen M. lasiotis in China 
und M. speciosus in Japan bis zum 40. 0 n. Br. vordringen, während 
M. cynomolgus östlich bis Timor und Celebes reicht und damit der am 
weitesten ostwärts reichende Affe ist. Cynopithecus niger ist auf Nord- 
Celebes beschränkt. Alle übrigen Cercopithecinac aber: die Genera Papio, 
Theropithecus. Cercocebus und Cercopithecus sind ausschließlich afrikanisch. 
Hieraus erhellt also die vollständige Scheidung der äthiopischen und 
orientalischen Affen. 

Taxonomie. 

Von den 9 — 10 Genera, in die man gemeinhin die Cercopithecidae. 
verteilt, die man dann wieder in 2 Unterfamilien zusammenfaßt, können 
hier nur einzelne Vertreter genannt werden, unter Verweisung auf 
H. Schlegels „Simiae" (1876) und H. (_>. Korbes Handbook • 185*4 1. 

1. Uuterfamilie: Cercopithkcinae. Gliedmaßen ungefähr gleichlang, 
Schwanz verschieden lang. Schädel meist mit supraorbitalen Wülsten. 
Kiefer in verschiedenem Grade vorspringend, dadurch kleiner Gesichts- 
winkel, bedeutende Lange des horizontalen Stückes des Unterkiefers. Magen 
einfach: Backenf aschen stets vorhanden. Bewegung der Kiefer einfach 
ginglvmisch. Daumen normal. Nur teilweise arborikol. Sie lassen sich 
in 2 Gruppen verteilen. 1. Gruppe: Gesichtssch&del langgestreckt, Backen- 
zähne groß: hinterster unterer M hat am Hinterrande einen 5. Höcker. 
Augenbrauenbogen als starker Wulst vorspringend. 



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19H 



XXIV. Ordnung: Simiac. 



Papio Erxl. (Cynocephahi8 Lac). Kopf hundeartig durch Verlänge- 
rung der Schnau/e, die mit den endständigen Nasenlöchern gerade abge- 
schnitten endet. Auf ihrer Oberfläche jederseits eine longitudinale Knochen- 
leiste mit häufig bunt gefärbt er Hautbekleidung darüber. Schwanz meist 
kurz. Nur in beschranktem Maße Baumbewohner, entsprechend ihrer pro- 
nonziert quadrupeden Lokomotion. Leben gesellschaftlich und werfen nach 
7-monatiger Trächtigkeit. P. Maimoti L. Seit Buffon ist dieses bunteste 
aller Säugetiere unter dem Namen Mandril bekannt. Gesicht namentlich 
am alten Männchen mit blauen Leisten, mit Purpur abwechselnd. Gesäß- 
schwielen mit violetter, Genital- und Analgegend mit roter nackter Haut. 
Haarkleid oben olivenbraun, unten silbergrau. Schwanz ungefähr 5cm lang: 
in West-Afrika. In Süd-Afrika P. porcarius Bodd., namentlich auch im baum- 
losen Teil der Kap-Kolonie, wo sie unter Steinen Reptilien, Millipeden, 
Skorpione u. dergl., im Notfall auch Zwiebeln von Zw iebelgewächsen sammeln. 
Seit Einführung der Schafzucht haben sie gelernt, unbewachten, säugenden 
Lämmern die Bauchwand und den Magen mit den Zähnen aufzureißen, um 
der Milch habhaft zu werden. P. Itavtadryas L. Aschgrau, mit grün- 
lichem Farbenton, das erwachsene Männchen mit mantelartiger Halsmähne. 
Arabien, Abyssinien, Sudan; der heilige Affe der alten Aegypter, und ver- 
schiedene andere Arten. 

Thekopithecis Is. Geoffr. Nasenlöcher nicht endständig, sondern 
seitlich auf der Schnauze, die kürzer ist als der Hirnschädel: unterhalb der 
Orbita tief konkav und statt der Knochenleiste höchstens eine rundliche 
Erhebung. Schwanz lang und dick mit Endquaste. Haarkleid dick, buschig, 
das alte 3Iännchen mit mantelartiger Mähne. Canini sehr lang. T/t. grlada 
Rüpp. 

C'VNOPlTHEcrs Is. Geoffr. Nasenlöcher gleichfalls nicht endständig, 
sondern nach außen und unten gerichtet, wie bei Macacus. Die lange 
Schnauze mit Knochenleisten, wie bei Papio. Große Supraorbitalwülste. 
Schwanz rudimentär. Einzige Art C. niger Desm. mit schwarzem Haar, 
das auf dem Kopf einen Schopf bildet: lebt in Nord-Celebes und scheint 
in Batjan eingeführt zu sein. 

Macacus Lacep. Schnauze verlängert und abgerundet, die nicht 
terminalen Nasenlöcher sehen nach außen und unten. Fmntalia bilden 
dicken Wulst über Nase und Orbitae. Unterer M s fünfhöckerig, mit hin- 
terem Talon, größer als die vierhöckerigen vorhergehenden M. Schwanz 
gewöhnlich lang, häufig kurz durch Abnahme der Größe der Schwanz- 
wirbel. Af. imtus L. ist der einzige schwanzlose Macacus. weshalb Geoffrov 
ihn zum Genus Inuus (eeaudatus» erhob; wurde von Galen zu seinen ana- 
tomischen Studien gebraucht. In Algier, Marokko und Gibraltar. Von 
den zahlreichen übrigen, auf Asien beschränkten Arten ist Af. cynomolgus L. 
die bekannteste und verbreiteste, da sie von Burmah und Siam über dieSunda- 
Inseln bis Timor sich erstreckt. Af. maurus F. Cuv. ist auf Süd-Celebes be- 
schrankt. Af. nemestrinns L. mit kurzem Schwanz; auf dem Festlande 
von Tropisch-Indien und auf den großen Sunda-Inseln, wird in den Padang- 
schen Oberlanden gezähmt zum Pflücken der Kokosnüsse, die er, an langem 
Tau festgehalten, abdreht. 

AI. htsiotis Gray i tcheliensis M. Edw. i. aus den Bergen von Nord- 
Cliina bis zum 40. 0 n. Br., ist gegen die niedrige Temperatur durch dicken 
Pelz geschUt/.t. Er ist wahrscheinlich nur eine klimatische Rasse des Af. 
r/issus Audeb. von Bengalen und Kaschmir. 



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II. Catarrhinae, Cercopithecidae, Taxonomie. 



799 



Das Geuus Cercocebus Geoffr. schließt sich durch kurzes Gesicht, 
schwächere Zahne, von denen M n gleichfalls einen 5. Höcker hat, näher 
an Macacns und Theropithecus an, durch das Aeußere nähern sich aber 
die b* hauptsächlich auf West-Afrika beschränkten Arten mehr Oercopithe- 
cns, unterscheiden sich aber durch ihr weiße* oberes Augenlid und die 
Spanuhaut zwischen Fingern und Zehen, die an letzteren teilweise voll- 
standig ist. 

Die 2. Gruppe wird dargestellt durch Cercopithecls. Der rund- 
liche Kopf hat eine kurze Schnauze; Nase springt nicht vor, Backentaschen 
sehr trroß, Gesäßschwielen klein, Schwanz lang. Unterer M n mit 4 Höckern, 
von denen selbst der hintere innere rudimentär sein und schwinden kann. 
Spannhäute höchstens zwischen den Bases der Finger. In mancherlei Hin- 
sicht nähert sich diese Abteilung am meisten dem Bilde, das wir uns von 
den ursprünglichen Altwelt-Affen entwerfen dürfen. Durchaus arborikol, im 
heißen Teile Afrikas, leben sie hauptsächlich von Früchten und jungem Grün. 
Von den ungefähr 40 Arten, die man nach Schlegel und Sclater in sieben 
Gruppen ordnen kann, können wir nur einzelne nennen, a) Ccrcopithcci 
rhinosticti mit weißem, rotem oder blauem Fleck auf der Nase. C. prfait- 
rista Schreb. Am häufigsten importiert. Sierra Leone, b) C. chloronoti. 
Haare auf der Rückenfläche olivengrün, Unterseite weiß. C. cynosurus 
F. Cuv. Der Malbrouk West-Afrikas und der naheverwandte C. sabaeus L. 
von Abvssinien und Nachbarländer, c) C. erythrouoti. Uückenfläche rot, 
Unterseite weiß. C. patas Schreb., West- Afrika. di C. melanochiri. 
Gliedmaßen dunkelfarbig, ein schwarzes Band zwischen Ohr und Auge. 
C. albigularis Sykes. Von Ost- und West-Afrika bekannt, e) C. auri' 
iuUiti mit 3 schwarzen Linien auf dem Kopf und gelblichem Ohrschopf. 
C. pogouias Benn. West-Afrika, f) C. barbati. Wangen und Kinn mit 
Bult. Hierher der bekannte C. diana L. von West-Afrika, g) C. tri- 
tuberculati. Unterer M., hat nur 3 Höcker (Miopithecus Geoffr .). Extremi- 
täten robust: mit Ausnahme der Daumen tragen die Finger Kuppennägel: 
(\ talapoiu Erxl. der kleinste Cercopithecus vom Gabun. 

2. Unterfamilie: Semnopitheci.vae. Stirnregion gerundet, Kiefer kurz, 
dadurch großer Gesichtswinkel und hoher Ramus adscendens des Unter- 
kiefers. Körper schlank. Hinterextremitäten länger als die vorderen, 
Schwanz sehr lang. Magen besteht aus 3 Abteilungen, von denen die 
erste, eine kropfartige Ausweitung ist und wohl als Macerationsmagen 
fungiert. Die beiden letzten, namentlich die lange pyloriale, haben haustra- 
artige Aussackungen: Backentaschen fehlen oder sind gering entwickelt. 
Unterer M., mit 5 Höckern, alle M mit deutlich ausgesprochenen Quer- 
kämmen. Hauptbewegung der Kiefer ist denn auch eine antero-posteriore. 

Semxopitheci'S F. Cuv. Schädel rund, kurz. Daumen vorhanden, 
Backentaschen fehlen, Kehlsack vorhanden. Erstrecken sich Uber die ganze 
orientalische Region, in den Bergen bis zur Baumgrenze. Zarte Affen, 
welche die Gefangenschaft schlecht vertragen und seltener bei uns ge- 
sehen werden Von den ungefähr 25 Arten nennen wir einzelne nach der 
Verteilung von Schlegel, a) Semyiopitheci 7'fri. Von schlanker Form, der - 
Schwanz übertrifft die Körperlänge. 1. Arten mit einem zusammengedrückten 
Ilaarschopf: .S*. melalophus F. Cuv.. von Sumatra mit zahlreichen Ver- 
wandten in lokaler Verbreitung auf den Großen Sunda-Insoln und dein Fest- 
lande bis Burma. S. maurus Schreb. Malaische Halbinsel: Große Sunda- 
Inseln. .S*. mitratus Esch. Siam, malaische Halbinsel, Sumatra. 2. Arten 



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H(M) 



XXIV. Ordnung: Simiac. 



ohne Scheitelsehojd": Von diesen ist .S". tntcUus Dufr., in den heifien Tiefländern 
von Nord- und Zentral-Indien der gewöhnlichste und als den Hindu heiliger 
Affe (Hanuman) bekannt. .S'. itpßtalopfrrus Zimm. Ceylon. In unseren zoolo- 
gischen Garten der häufigste Vertreter dieser zarten Affen, b) Snunopithcci 
abnormes. Körper kräftig, untersetzt, Schwanz von Körperlänge oder kürzer. 
.S". nemaeus L. Hainan. Cochinchina. - .S'. roxellatiar A. M. Edw., im Hin- 
blick auf die vorspringende, aufwärts gebogene Nase und das lange, dichte 




Fig. ">54. Nasali« larvatus. Nach einem erwachsenen Exemplar gezeichnet. 

Haarkleid auch als Khinopithkci s A. M. Edw. abgetrennt. Bewohnt die 
hohen Bergwälder von Nordwest-China. Hieran schließt sich Nasalis Geoffr. 
Ausgezeichnet durch eine mouströse Entwickelung der Nase, die über dem 
Munde hängt: in der Jugend ist sie kurz und nach oben gekehrt. Bomeo. 

COLOHl s III. Daumen fehlt oder nur ein kleiner Vorsprung ohne 
Xagel: Nasenlöcher durch breites Septum getrennt. Kehlsäcke fehlen, 
Backentaschen sehr klein. Ungefähr 15 Arten in der Waldregion des 
tropisc hen Afrika, ungefähr zwischen 10.° südlicher und 15.° nördlicher 
Breite. C. Perus v. Bened. Daumen fehlt vollständig. C. guereza Rüpp. 
von Abvssinien. und andere Arten sind teilweise schwarz, mit Schulter- 
Rückenmantel von langen weilien Haaren. Ihre schönen Haute werden als 
Handelsartikel ausgeführt. 

II. Familie HYLOBATIDAE. 
Durchaus hau in bewohnende, schlank gebaute Tiere, die sich mit 
großer Gewandtheit kletternd bewegen und sich mit hoher Präzision, an 



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II. Calarrhina, Hylobatidae. 



801 



einer ihrer langen Hände hängend, über große Abstände von Ast zu Ast 
schwingen. Auf dem Hoden gehen sie aufrecht, setzen dabei die Fußsohle 
Hach auf und balanzieren mit den Armen. Ein Schwanz fehlt. Sie sind 
dicht und wollig behaart, wobei die Haare von Ober- und Unterarm am 
Ellbogen konvergieren. Das (iesicht ist nackt, ebenso wie die kleinen 
Gesäßschwielen. Nur am Daumen und an der grollen Zehe sind die Nägel 
platt und breit, übrigens mehr Kuppennägel. Die Vorderextremitäten sind 
weit länger als die hinteren und berühren bei aufgerichteter Stellung 
den Hoden; ihre Länge verhält sich zu der der Wirbelsäule ungefähr wie 
1 51 : 11. Namentlich ist die Hand länger als der Fuß, der Unterarm länger 
als der Oberarm. Diese außergewöhnliche Länge der V orderext remität ent- 
wickelt sich jedoch erst postembryonal und ist somit erst ein späterer Erwerb. 

1'eber den Hau der Hylobatiden hat uns in erster Linie Kohl- 
brugge. ferner namentlich (i. Rüge und Deniker unterrichtet. 

Am Schädel, dem Muskelleisten fehlen nur eine Temporaler ista 
kommt zur Ausbildung — ist der Scheitelteil gerundet, die Fossa cerebellaris 




Fig. .W». Hylolmte* syndactyluB; erwachsene* Männchen. N. Gr. 

fast horizontal, so daß auch die Hinterhauptsschuppe nach unten und 
hinten konvex ist und die Kondylen nach abwärts sehen; die Schnauze 
ist nicht verlängert. Ein Processus styloideus fehlt: desgleichen kleine 
Hörner am Zungenbein, dessen Körjier in verschiedenem Grade aus- 
gehöhlt ist. Die Wirbelsäule ist ohne S-förmige Krümmung und hat nach 
Rosenberg einen primitiveren Hau als bei Anthropomorphen. jedoch, wie 
Kohlbrugge nachwies, mit Neigung, sich diesen zu nähern. Gewöhnlich 
hat sie 10 thorako-lumbale Wirbel, zuweilen 17, selten 19. Meist sind 

W c b o t , Sautroticro. ", | 



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802 



XXIV. Ordnung: Siratae. 



4—5 sakrale und ungefähr 8—4 kaudale Wirbel vorhanden [Kohlbrugge). 
In der Regel sind 18 Rippen da, von denen nur 7. seltener H sternalc 
sind, eine Zahl, die bis auf t> herabsehen kann. Diesem anthropomorphen 
Verhalten entspricht das unter dem Einfluß der starken Ausbildung der 
Gliedinaßenmuskulatur und der sternalen Portion des M. sterno-cleido- 
mastoideus verkürzte, stark verbreiterte, einheitliche Sternum. 

Die Hylobatiden Überholten danach im Bau des Sternum selbst die 
Anthropomorphen und nähern sich letzteren auch in der Weite des ver- 
kürzten Thorax, dessen dorso- ventraler Durchmesser abgenommen hat. Und 
wenn auch der transversale nicht in dem Maße zunahm wie bei den Anthro- 
pomorphen, so hat doch der Thorax nicht mehr die seitliche, zusammen- 
gedrückte Kielform der niederen Affen; wohl aber bleiben, entsprechend 
den letzteren, die knorpeligen Teile der sternalen unteren Rippen seitlich 
vom Sternum unverbunden |G. RugeJ. Der Carpus hat. wie bei niederen 
Affen, ein freies Centrale, <lali häutig dem Radiale fest angeschlossen liegt. 
Ueber accessorische Knochen des Carpus vergl. p. 108. Auch das Hocken 
hat noch niedrige Zustände bewahrt: es ist noch lang und schmal, ebenso 
wie das Ilium, letzteres aber nicht mehr in dem Maße, wie bei Cercopithe- 
cidac. jedoch noch flach auf seiner Innenfläche. Desgleichen sind die Sitz- 
beinhöcker nach außen gekehrt und rauh für die allerdings kleinen Gesäß- 
schwielen. 

Das Gehirn ist verhältnismäßig klein. Bei einem männlichen Hylo- 
bates syndactylus von t>2,5 cm Scheitel— Steiß -Länge und 95(K)g Körper- 
gewicht war es 180 g schwer. 

Fig. 55(>. Gehirn von 
Hylobatcs syndactylus. N. 
Gr. Nach" Kohlbrugge. 
/ Sulcus frontalis; F x und 
F, zwei Frontal Windungen, 
F enthält die 3. Froutal- 
windung; fi Sulc. frontalis 
inferior; /* Sulc. frontal, 
superior; / Sulc. interparic- 
talis ; o dessen Verbindung 
mit Fissura parieto- 

occipitalis lateralis; ps Sul- 
cus praeeentralis superior; 
r Sulc. centralis; S Fissura 
Sylvii; so Sulc. orbitalis; 
/ Sulc. tcmpnralis suj*rior : 
7\ 7 7 1. und 2. Temporal- 
windung. 

Wenn sich auch in Grundzügen der Charakter des Gehirns der An- 
thropomorphen zurückfindet, so äußern sich daneben niedere Merkmale in 
der Zuspitzung des Gehirns, der Konkavität der Orbitalfläche, der geringen 
Furchung der Insel, in der Ausbildung des Sulrus perpendieularis u. dergl. m. 

Am Gebiß fällt auf. daß die unteren I von gleicher Gruße sind; 
die C haben eine in beiden Geschlechtern gleich lange, spitze Form und 
erscheinen erst spät, jedoch meist vor dem letzten M. Die unteren M 
haben außer den gewöhnlichen 4 Höckern noch einen hinteren fünften, 
der zuweilen M s fehlen kann, der übrigens oben und unten meist ebenso 
groß oder nur wenig kleiner als die vorhergehenden ist und somit 
höchstens unbedeutende Rückbildung zeigt. Die oberen M haben nur 




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II. Catarrhina. Hylobatidae. 



803 



4 Höcker. Bezüglich des Details der Höcker sei auf p. 810 verwiesen, 
und hier nur hervorgehoben, daß wie bei Anthropomorphen so auch hier, 
nur in geringerein Maße, der Schmelz der Kautläche gerunzelt ist. Ab- 
weichend von dem Verhalten bei niederen Affen, geschieht der Zahn- 
wechsel langsam und tritt erst spät ein, nachdem der erste M sich ge- 
bildet hat. Der Magen ist einfach ; die Darmlänge beträgt ungefähr 7 mal 
die Körperlänge, wobei die größte Länge auf den Dünndarm fällt, der 
sich nach Kohlbrugge ungefähr wie f>,f> : 1 zur Körperlänge verhält. 
Der Dickdarm überragt nur ausnahmsweise um das Doppelte die Körper- 
länge und ist sehr variabel. Das Coecum kurz, mit bis 10 cm langem 
Processus vermicularis. Hackentaschen fehlen. 

Der Larynx nimmt in bezug auf Muskeln und Schleimhautbildungen 
eine gesonderte Stellung ein zwischen Ccrcopithccidae und Anthropomor- 
phae. Der Kehlsack, der bei Hylobates syndactylüs eine bedeutende Ent- 
wickeln ng erreicht und zur Verstärkung des weithin hörbaren Geheuls 
dient, ist eine dünnwandige Ausstülpung der laryngealen Schleimhaut 
jederseits oberhalb der Membrana vocalis, die zwischen Thyreoid und 
Hyoid zutage tritt und durch Verschmelzung aus 2 symmetrischen Hälften 
zu einem einfachen Kehlsack gewordeu ist. Derselbe fehlt den anderen 
Hylobates-Arten, die aber tiefe Morgagnische Ventrikel haben. — Die 
rechte Lunge hat 4, die linke 2 Lappen. Von ersterer geht als ein bis 
zum Hilus selbständiger läppen der Lobus azygos aus, der. wie bei Cercopi- 
thecidae. den subperikardialen Raum ausfüllt und daneben mit seinem late- 
ralen Teil zwischen Vena cava posterior und Oesophagus sich einschiebt. Die 
Pleurablätter berühren einander hinter dem Sternum, wie bei Cercopithecidae. 

Bezüglich der Lagerung nimmt das Herz eine Mittelstellung ein 
zwischen Cercopithecidae und Anthropomorphae (vergl. p. 807). Aus der 
Aorta entsteht in der Regel die Arteria subclavia und die Arteria ano- 
nyma. woraus die Karotiden und die Subclavia sinistra entspringt. Wie 
bei niederen Affen, hat die Niere nur eine Papille: am Penis fehlt ein 
Präputium und ein Penisknochen. In den Hauptzügen schließt die 
Placenta sich der der Anthropomorphae an. Es kommt nur die primäre 
Discoplacenta zur dauernden Ausbildung. 

Die verschiedenen anatomischen Eigentümlichkeiten weisen den Hvloba- 
tiden eine Stelle neben den Anthropomorphen an. mit denen sie keinen 
direkten Zusammenhang haben, neben denen sie sich vielmehr als Parallcl- 
formen. aus niederen Affen entwickelt haben. 

Diagnose. Die Hylobatidae sind katarrhine, ausschließlich arborikole 
Affen mit dichter Behaarung, kleinen Gesäßschwielen, ohne Schwanz. 
Aufgerichtet gehen sie auf dem Boden auf der vollen Fußsohle, wobei 
sie mit den sehr langen Armen balanzieren. Wirbelsäule gerade, 18 tho- 
rako-Iumbalc Wirbel. 13 Rippen. Thoraxform und Sternum anthropoid. 
Carpus mit Centrale. Daumen lang, Becken teilweise noch cercopitheeoid. 
M ohne Runzeln, quadrituberkular, unten mit f>. hinterem Höcker. Backen- 
taschen fehlen. Larynx nur in einer Art mit Kehlsack. 

Geographische Verbreitung. Die Hylobatidae oder Gibbons sind 
durchaus an ausgedehnte Wälder gebunden. Ihre Nahrung besteht vor- 
wiegend aus Blättern und Früchten — daneben werden aber Insekten 
und Spinnen, die häufig mit der hohlen Hand gefangen werden, ferner 

51' 



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H04 



XXIV. Ordnung: Simiae. 



Eier. Vögel etc. nicht verschmäht. Ihre Verbreitung ist heute eine »ehr 
beschränkte, «la sie nur in dem südöstlichen Teil von tropisch Asien, 
namentlich /ahlreich auf den Großen Sunda-Inseln, vorkommen. Sie be- 
wohnen somit Borneo. Sumatra. .Java in zahlreichen sog. Arten, reichen von 
hier bis /um Sulu-Archipel und haben in H. hainanus Thom. einen Ver- 
treter auf der Insel Formosa. Auf dem Festlande verbreiten sie sich über 
Malakka, Tonking, Arakan, Pegu. Tenasserim; H. hoolock Harl. geht selbst 
bis in die Gebirge von Butan. 

Taxonomie 

Nur ein Genus Hylobatks IIHg.. dessen zahlreiche Species sieh in 
zwei Gruppen reden lassen. Die eine, die zuweilen zur Gattung Siamanga 

Gray erhobeu wird, enthält //. syndaetylus Desin. 
Die größte Species, auch die einzige mit Kehl- 
sack, wodurch die nackte Kehlhaut aufgeblasen und 
die gewaltige Stimme verstärkt wird. '2. und 
3. Zehe durch Haut brücke bis zum letzten Gliede 
vereinigt. Körperfarbe durchaus glänzend schwarz. 
Nur von Sumatra bekannt. 

Allen übrigen Arten fehlen die genannten 
Merkmale. Sie haben ferner ein ursprünglicher 
gebautes Sternum, auch sind sie kleiner. Da sie 
nur der Farbe nach verschieden sind, geht die 
Wertschätzung der zahlreichen beschriebenen Arten 
sehr auseinander. Die Ansicht Schlegels, daß sie 
kaum den Wert von Species haben , findet sich 
ahnlich bei O. Thomas wieder. Auch mir scheint, 
daß es sich zum großen Teil nur tun regionale 
Kassen handelt. Wir nennen nur //. agilis F. 
('uv. ; schwarz mit weißem Stirnband. In Su- 
matra und Siam. //. Iniiiscus Schreb. Wau- 
Wan in Java, Bonieo, Sulu-Inseln. //. lar L. 
und //. hoolock Harlan vom Festlande Indiens u. a. 




Fig. .'>57. Plantarflächc 
des rechten Fuße» von Hy- 
lobate* »yndnctylu». Zur 
Andeutung der opponier- 
baren 1 . Zehe und der gyn- 
dartylir der 2. u. 3. ; rmch 
Dollo. 



3. Familie: ASTEROPOMORPHAE. 

Die Familie der Menschenaffen umfaßt drei, durch die Summe ihrer 
Merkmale dem Menschen in vielerlei Hinsicht am ähnlichsten Affen der 
Alten Welt, die nach Intellekt und Körpergröße alle übrigen Affen über- 
ragen und sich unter ihnen in verschiedenen Organen am meisten speziali- 
sierten und damit vom ursprünglichen Zustand sich entfernten. 

Ks sind im ganzen ruhige, in ihren Bewegungen langsame, durchaus 
baumbewohnende Tiere, die sich auf dem Boden nur langsam fortbewegen, 
indem sie aufgerichtet (semierekt Owen) auf dem Außenrande des Fußes 
stehen und sich auf die Finger oder Knöchel der Hand stützen, teilweise 
auch bei schnellerer Bewegung auf dem Boden sich durch die aufgestützten 
Arme hindurchsehwingen. Der Hals ist kurz, ein Schwanz fehlt, desgleichen 
Gesäßschwielen. Die vorderen Gliedmaßen sind erheblich länger als die 
hinteren. Nehmen wir die Länge der Wirbelsäule zu 100 an. so sind beim 
Kuropäer die Arme HO. die Beine 117. die Hand 2*>, der Fuß 35 lang. 
Gegenüber diesen Werten findet Huxley beim Orang als entsprechende Zahlen: 
122, Hl». 48, f>2; beim Gorilla: 115, 0*5. 36, 41, ähnlich beim Chimpanse: 



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II. Catarrhina, Antropomorpbac. 



!>(>. 00. 43, 30. Das Haar ist gerade oder wenig gewellt, auf dem Kopfe 
nicht verlängert, stärker entwickelt auf der Rüekentläche von Rumpf und 
Gliedmaßen: am Oberarm nach abwärts, auf «lern Unterarm nach aufwärts 
gerichtet, wie beim Men- 
schen und den Hvloba- 
tiden: (iesicht. Hand- 
fläche, Fußsohle und 
Finger sind nackt: alle 
Nägel Plattnägel. 

Am Schädel entwickeln 
sich supraorbitale Wülste 
(A ugen brauen w niste), wie 
sie ja auch von Pithecan- 

thropus und niederen 
Menschenrassen bekannt 
sind. Muskelkämme ent- 
standen unter dem Ein- 
fluß des Schläfenmuskels 
und der Xackenmuskeln : 
also die Crista sagittalis 
und occipitalis. sind beim 
alten Männchen, nament- 
lich des Gorilla, weniger 
schon des Orang Ctan 
stark entwickelt, fehlen 
aber dein Chimpanse fast 
ganz, was im Zusammen- 
hang mit der geringeren 
Größe des Caninus bei 
letzteren steht. Sie geben 
mit gleichzeitig zuneh- 
mendem Vorspringen der 
Kiefer iPrognathismus), 
dem Kopfe des alten Tieres ein mehr bestialisches Aeußere. In der .lugend 
dagegen macht der gerundete Ilirnschädel, der mehr über den Gesiehts- 
teil prävaliert, indem letzterer überhaupt erst allmählich an Ausdehnung 
gewinnt: macht ferner die weniger Hache, zurücktretende Stirn, den Schädel 
noch menschenähnlicher. Sein Inhalt bleibt aber weit hinter dem des 
Menschen zurück. Denn während er bei diesem im männlichen Geschlecht 
im Mitttl lf>00 ccm enthält, so beträgt dieser Mittelwert nach Selenka bei 
tiein Männchen von Chimpanse 420 ccm, Orang 4;V> ccm. (iorilla f> 10 rem. 
Bei den beiden letzten Arten ist die Kapazität im Weibchen weit geringer, 
entsprechend dessen geringerer Körpergröße und Muskulatur. Gemäß dieser 
geringeren Hirngröße ist die Hinterhauptsschuppe kürzer und sieht das Fo- 
rainen magnum etwas nach hinten, so daß seine Achse nach hinten einen 
Winkel mit der Horizontalen bildet, der aber weit kleiner ist. als ein rechter. 

Nahtverbindung zwischen Squamosum und Frontale ist die Regel 
bei Chimpanse und (iorilla, beim Orang Ctan Ausnahme, doch immerhin 
häutiger als beim Menschen. Wie bei den Cereopitheeidae, fehlt auch 
dem Orang ein Sinus frontalis oder er ist höchstens angedeutet. Gorillla 
und Chimpanse haben ihn aber und alle besitzen einen Sinus maxillaris 




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80« 



XXIV. Ordnung: Simiae. 



und sphenoidalis. Im Gegensatz zum Menschen verschwindet die Naht 
zwischen Ober- und Zwischenkiefer erst spät, zuweilen (Gorilla) erst 
während der Ausbildung des Dauergebisses. Synostose der Xasalia. deren 
Form bei den Affen sehr verschieden ist, hat aber früh und vollständig 
statt. Der Gaumen ist lang, schmal und hat fast parallele Alveolenränder. 
An der langen Unterkiefersymphyse fehlt ein vorspringendes Kinn. 

Fig. 501. 




Fig. ">-);>. Ventralan*ieht de* Thorax von Gorilla gorilla. Fig. ")60. Desgl. 
von Hylohatcs. Fig. 561. Desgl. von Macacu* nemeMrinus. Cl Clavicula; sm Muse, 
«terno-cleido-innstoideu*; C Herz in meiner I^ge. Die ventralo Grenze der Pleurasäcke 
ist hinter dein Sternum und hinter den durch Zahlet) angedeuteten Hippen punktiert, 
«Mist durch volle schwarze Linien angedeutet. Nach G. Rüge. 



Die Wirbelsäule hat 17. beim Drang Utan lfi Thorako-lumbal-Wirbel 
und eine Andeutung der sipmoiden Krümmung der Wirbelsäule des 



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II. Catarrhina, Antropomorphac. 



HOT 



Menschen in der Lendengegend (vergl. Cunningham): die Processus spinosi 
dieser Wirbel sind mehr oder weniger nach hinten gerichtet. Die ."> Sakral- 
wirbel nehmen von vorn nach hinten successive an Breite ab. Nur 4—;") 
mehr oder weniger rudimentäre Schwanzwirbel sind vorhanden. Von den 
12 Rippen des Orang und den 13 des (iorilla und Chimpanse sind 7 
sternale. Die knorpeligen Teile derselben treten seitlich vom Sternum teil- 
weise untereinander in Verbindung, wie häutig beim Menschen, aber im 
Gegensatz zu allen übrigen Säugern, wodurch der Thorax ein festeres 
(lefüge erhält. Dieser hat eine breite, kurze Form, wie sie außerdem nur 
noch der Mensch hat und wie sie bei Hylobatidae in ganz ähnlicher Weise 
anhebt und auf Zunahme des transversalen Durchmessers gegenüber dem 
dorso-ventralen beruht. Dies wird erreicht durch Verbreiterung und Ver- 
kürzung des Sternum, sowie durch Abnahme der Zahl der Rippen, die 
mit ihm in Verbindung treten. Auch biegen sich die Rip]>en nach hinten 
aus. wodurch die Lungen in einen seitlich weiten Raum zu liegen kommen. 
Weitere Folgen dieser durchaus menschlichen Einrichtung sind, daß das 
Herz dem Sternum näher sich anlagert und dadurch die Pleurasäcke aus- 
einanderdrängt. Die primäre Form des kielförmig seitlich zusammen- 
gedrückten Thorax mit großem dorso-ventralem und kleinem transversalem 



Durchmesser, wie sie allgemein bei Säugern, auch noch bei den Ccrcopithc- 
cidae sich findet (Fig. 501), hat ein langes, schmales Brustbein, zahlreiche ster- 



Ventriculus dexter; <»<> 
Aorta; e Vena cava 
posterior; ca Vena cava 
anterior; pd Vena pul- 
monale dextra; ps V. 
pulmonalis sinistra; / 
Tericard i u m ; «/Diaphrag- 
ma; oe Oesophagus. Ein- 
getragen ist der durch 
die hintere Hohlvcnc 
und die Herzachse ge- 
bildete Winkel, der un- 
gefähr die Lage letzterer 
zur Korperachse au*- 
dröckt. Nach G. Kiige. 



Fig. 562. Das Herz 
in seiner Lage zur Kör- 
perachse, die senkrecht 
orientiert ist. I Nycti- 
cebus tardigradua 1 , ; II 
Macacus cynomolgus 4 & ; 




a Atrium dextrum; 




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«08 



XXIV. Ordnung: Simia<\ 



nale Rippen: das Herz liegt entfernter vom Sterntim zwischen den Lungen. 
Hier legen sich demnach die beiden Pleurasäcke hinter «lern Sternum an- 
einander, die vordere Plcuragrcnze ist demnach eine stcrnale, wie auch 
Hylobates sie noch hat [(>. Rüge]. Diese Verkürzung des Rumpfes steht 
in Verbindung mit einer ontogenetisch statthabenden metamerischen thorako- 
lumbalen Verkürzung des Rumpfes durch Verschiebung des Reckens kopf- 
wärts, wie sie E. Rosenberg zuerst klarlegte an der Hand des Verhaltens 
der Wirbelsäule (p. iH>). (i. Rüge fand weitere Zeugnisse dieser Ver- 
schiebung in obengenannter Verkürzung des Thorax. Damit trat Ver- 
kürzung der Pleurahöhlen und somit Verschiebung der distalen Pleura- 
grenzen und des Diaphragma in proximaler Richtung ein. Das Atem- 
bedürfnis blieb aber dasselbe, somit mußten die Lungen an Breite gewinnen, 
was sie an Länge verloren. Dies gestattete der in transversaler Richtung 
erweiterte Thorax. Konvergent suchte das ursprünglich median gelegene 
Herz Raum in der linken Thoraxhälfte, indem es seine Spitze dorthin ver- 
legte. Seine Längsachse bekam damit mehr und mehr eine mehr dorso- 
ventrale Richtung und sein Perikard verwuchs in ausgedehnter Weise mit 
«lern Diaphragma |Tanja|. während ursprünglich selbst noch bei Hylo- 
bates zwischen beide der Lobus subperirardiacus azygosi trennend 
sich einschob. Mit dem Schwinden des subperikardialen Raumes aber 
wurde dieser Lobus in den unteren rechten Lungenlappen aufgenommen. 
Diese Verlagerung des Herzens läßt sich nach (i. Rüge ausdrücken durch 
den Winkel, den die Herzachse mit der Vena cava posterior bildet und 
der progressiv größer wird von den niederen zu den höheren Primaten 
(Fig. 562). 

Im Carpus hat nur der Orang Ftan ein Centrale, während es bei 
(lorilla und Chimpanse. ebenso wie beim Menschen im erwachsenen Zu- 
stande fehlt, wohl durch Verschmelzung mit dem Radiale |vergl. E. Rosen- 
berg]. Der Daumen zeichnet sich durch Kürze aus. Das Becken ist weit 




Fig. "i(53. Fußgelenk I vom Manschen, II vom Gorilla; nach Topinard. 
rTibia; /' Fibula; ./ Talus C Calcanouo. 

menschlicher, als bei Hylobates durch größere Breite der Ilia, die ventral 
konkav sind und durch größere Weite und Kürze der Rcckenhöhle. Die 
Hinterext remität endet in einein anatomisch echten Fuß. der. oberflächlich 



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II. Catarrhina, Anthropomorphae. 



809 



betrachtet, namentlich auf seine Funktion hin. an eine Hand erinnert und 
dadurch AnlaU gab. die Affen, im (iegensatz zum Menschen, den Himana. 
Quadrumana zu nennen. Dieser Naine ist aber durchaus verwerflich. Die 
Unterschiede vom menschlichen Futie betreffen nur relative Verhältnisse, 
wie die geringere (iröbe aber — namentlich beim Orang - bedeutendere 
Beweglichkeit (Ab- und Adduktion der groBen Zehe, die den Fuli zu 
einem (ireiffuli macht, ohne daß er aber hierfür Muskeln hatte, die dem 
Menschen fohlten. Eigentümlich ist ihnen ferner ausgiebigere Drehung des 
Fußes um seine Längsaeh.se, wodurch die Sohle leichter und ausgiebiger nach 
einwärts gewendet werden kann, wie das auch der Fall ist beim Kinde, solange 
«'s noch nicht zu stehen braucht. Durch diese Einwärtswendung wird das 
Klettern erleichtert. Endlich erlangt der Fuß nicht die ausgebildete (ie- 
wölbekonstruktion des menschlichen Fußes, wie denn auch die Menschenaffen 
auf der Außenseite des Fußes nicht auf <ler Hachen Fußsohle gehen. Im 
übrigen ist er ebensowenig wie der Menschenfuß wahrer Pronation und 
Snpination oder wahrer Plantarflexion im Talo-tibialgelenk fähig. 

Das (iehiin ist ein vereinfachtes Monschengehirn. dem aber nichts 
Wesentliches fehlt. Es hat ungefähr (iröße und (lewicht wie bei einem 
neugeborenen Menschen und ist z. lt. beim Orang Ftan, dessen Körper- 
gewicht mehr als 7ö Kilo beträgt, bis zu :Wf> g schwer, somit noch nicht 
o.ii pro HM) Körpergewicht. Das Cerebellum, das relativ groß ist, wird von 
den Hemisphären mehr oder weniger vollständig bedeckt. Vorn sind die- 
selben nicht zugespitzt. 




Fijr. ütj-l. (ichirti von einem erwachsenen Männchen von Simia satyru*. Nach 
einer Photographie von K. Kick vereinfacht. // Hillen» frontalis inferior; fs Sulc. 
frontalis f*up. ; / Snlc. interparietali» (retroceiitrulis) vorderer Anschnitt; ih hinterer Ab- 
schnitt; o Verhiiidung mit dein Sulc. parieto-oceipitali* lateralis f/<0: //'Silk*, praecen- 
tralis inf. p* Snlo. praecentrali* suj>erior; r Sulc. centralis; s Fi*9iira Sylvii; sc S3ulc. 
Mihccntralis; ( Stilen» temi>orali* snperior; 7*. T„ er»U? und zweite Temporal Windung; 
tm Stile, temporali» medialis. 

Das periphere (ieruchsorgan ist reduziert, weiin auch weniger als 
bei den Cercopithecidae; die Siebbeinplatte ist klein, das Nasoturbinale 
höchstens nur angedeutet, das Maxilloturbinale ist plattenförmig. mit An- 



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810 



XXIV. Ordnung: Siniinc. 



deutung einer doppelten Einrollung: '2 Riechwülste sind vorhanden |vergl. 
O. Seydelj. Entsprechend der Rückbildung des peripheren Geruchsorgans, 
sind die Lobi olfactorii klein. 

Das Gebiß I-| •• CJ P;!J M| ■ * hat ohen die inneren I größer, unten 
kleiner als die äußeren. Die Canini sind grob, namentlich hei Männ- 
chen von (iorilla und Orang-Utan; ohen ist ein Diasfem zwischen ihnen 
und den äußeren I. unten zwischen ihnen und P. Letztere haben oben 
i\. unten 2 Wurzeln. Bei den Molaren sind diese einigermaßen gespreizt 
und sehr kräftig. Im Unterkiefer haben die Milchprämolaren und Molaren 
5, im Oberkiefer 4 Höcker. Der Schmelzüberzug zeichnet sich aus 
durch Runzelung und zwar beim Orang Utan. schwächer beim Chini- 
j>anse, auf der LingualHäche der I und 0 als Längsrunzelung; auf der 
Kanfläche der Backenzähne als feine, unregelmäßige Runzeln. Reim Gorilla 
sind es mehr einzelne dicke Leisten nach der Spitze der Höcker gerichtet 
fSelenka|. Uebrigens ist diese Runzelung im allgemeinen um so weniger 
deutlich, je höher und stärker die Höcker sind, daher am geringsten bei 
(iorilla und Hylobates; beim Menschen ist sie nur bei niederen Rassen 
angedeutet. Bei Hylobatiden. Anthropomorphen und dem Menschen sind 
die oberen M kürzer und breiter, als die unteren. Sie haben 4 Höcker, die 
den Protoconus und Hypoconus, also dem vorderen und hinteren Innen- 
oder Lingualhöcker entsprechen, ferner mit diesen alternierend, einen Para- 
und Metaconus oder vorderen und hinteren Außen- oder Bucealhöcker. 
Metaconus und Protoconus sind durch einen schrägen Kamm verbunden. 
Zwei äußere und eine innere Wurzel sind vorhanden. Die längeren und 
schmäleren unteren M sind fünfhöckerig. An der Außenseite haben sie 
einen vorderen, mittleren und hinteren Außenhöcker. Letzterer entspricht 
wohl dem hinteren medialen des Talonid und ist somit ein Hypoconulid. 
wird aber auch als Mesoconid bezeichnet. Der vordere und hintere 
(mittlere) buccale Höcker ist also der Proto- und Hypoconid. Alle 3 können 
kammartig verbunden sein, durch randständige Lage sowie durch Reduktion 
der ursprünglichen Grenzfurchen zwischen den Höckern auf eine untiefe 
Rinne auf der Kauflächc. so daß wie in den oberen M so auch in den 
unteren eine Fovea anterior und posterior und in den unteren obendrein 
eine Fovea centralis auftritt. Mehr oder weniger alternierend mit den 
äußeren Höckern, meist jedoch so. daß Proto- und Metaconid einander 
gegenüberliegen, finden sich lingual der Mcta- und Entoconid oder vor- 
derer und hinterer Innenhöcker. Die unteren M haben eine innere und 
eine äußere Wurzel. Außerdem können Nebenhöcker auftreten und bei 
primitiveren Formen ein Basalband an der Hinten- und Außenwand [Abel|. 

Im Gegensatz zur hufeisenförmigen Anordnung der Zahnreihen, haben 
dieselben bei den Mensrhenaffen eine U-Form. indem die Backenzahnreihen 
parallel laufen. Das Gebiß wechselt langsam und spät. Im Milchgebiß 
erscheinen die Canini zuletzt — bei den Cercopithecidae dagegen vor den 
hinteren Milchprämolaren ihrer Reihe. Auch im Ersatzgebiß der Anthro- 
pomorphen brechen die 0 erst kurz vor M 3 durch, somit, abgesehen von 
diesen, zuletzt. 

Der Magen ist einfach, das kurze Coccum hat einen Processus ver- 
micularis. — Der Ursprung der großen Gefäße aus dem Aortabogen gleicht 
im allgemeinen dem des Menschen. 

Im Larynx entwickeln sich in beiden Geschlechtern, oberhalb der 
Stimmbänder, aus den Morgagnischen Ventrikeln große Luftsäcke, die sich 



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II. Catarrhina, Antropomorphae. 



Ml 



heim Gorilla und Chimpanse auf die Vordertläche des Halses beschränken, 
und Ausstülpungen zur Achselhöhle und Clavikulargegend senden. Beim 
Orang nehmen sie mit dem Alter meist an Ungleichheit und stets an enormer 
Ausbildung zu (Fig. 17<> p. 222 1. Im erwachsenen Tier bleibt entweder 
einer zurück, oder aber beide entwickeln sich enorm und verschmelzen 
dann so, daß nur eine dünne, unvollständige Scheidewand bleibt, so daß 
es schließlich zu einem unpaaren Sacke kommt [vcrgl. R. Fick). Sie bilden 
einen lufthaltigen Sack, der sich vom Unterkiefer zur Brust, von Schulter 
zu Schulter erstreckt mit großen Aussackungen in der Achselhöhle. Dali 



Fig. j6ü. Schema eines oberen (I.) nod eine« unteren (II.) Molaren vom Orang 
Utan. Nach K. Sclenka. Die Haupthöcker sind durch whwarze Kreisflächen ange- 
deutet, die variabelen Nebenhöcker durch Doppelkreise mit Berücksichtigung ihrer 
relativen Größe. Die punktierten Linien auf der Kaufläche bezeichnen die typischen 
Hinnen ursprünglicher Grenzfurchen zwischen den Höckern, hy Hypoconus; mc Meta- 
Conus; pr ProtocomiB; fia Paraconid; hld Hypoeonulid; hyd Hypoconid; end Entoconid; 
prot Protoconid; / Fovea anterior; 2 Kovea posterior; j Fovea centralis. 

ihre Bedeutung wohl nicht in einer Verstärkung der Stimme zu suchen 
ist, wurde bereits auf p. 22.'5 besprochen. 

Von der Lunge wurde auf p. «OH schon berichtet, daß rechterseits 
der Lobus subpericardiacus in den ulritteni unteren Lappen aufgenommen 
wird, so jedoch, daß er noch angedeutet ist. 

Die Niere hat beim Orang eine Papille. Der Penis ist klein, mit 
kleinem Penisknochen in der Glans. 

Bezüglich der Placenta sei auf p. 7H1 verwiesen und hier nur noch aus 
den Untersuchungen von Selenka und Strahl hervorgehoben, daß der Bau 
der Placenta der Menschenaffen, der Hylobatidcn und des Menschen in den 
grundlegenden Verhältnissen übereinstimmt, daß aber der erste Entwicke- 
lungsgang der Placenta des Orang Utan — des einzigen Menschenaffen, 
den man diesbezüglich besser kennt dem der menschlichen näher steht 
als derjenige von Hvlobates | Strahl]. 

Diagnose. Die Anthropomorphae sind baumbewohnende katarrhine 
Affen von bedeutender Körpergröße, mit zottigem oder welligem Haar, 
«las am Oberarm abwärts, am Unterarm aufwärts gerichtet ist; ohne 
Schwanz und ohne Gesäßschwielen. Auf dem Boden gehen sie in halb- 
aufrechter Stellung auf dem äußeren Fußrande (Varusstellung) und stützen 
sich auf die Vorderextremrräten, die weit länger sind als die hinteren. 
Wirbelsäule mit 10 — 1* thorako- lumbalen Wirbeln, hat nur Andeutung 
einer sigmoiden Krümmung. Thorax mßförmig. Sternum kurz, breit. 



.ML 




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XXIV. Ordnung: Simiae. 



Daumen kurz, Hallux opponierbar. kürzer als die 2. und <H. Zehe. Radius 
mit vollständiger Pronation und Stipulation, Gehirn groti, windungsreich. 
Backentaschen fehlen: Magen rctortenförmig. Coecum mit Processus vermi- 
cularis. Grolie I,arvngealsäcke. Molaren ipiadrituberkular, die unteren 
mit hinterem fünftem Höcker. Schmelzüberzug gerunzelt, Caninus bricht 
kurz vor M H durch und wäre sonst der letzte Ersatzzahn. 

Geographische Verbreitung. Von den :» Anthropomorphen ist der 
Orang Hau auf Borneo und Sumatra beschränkt. Auf letzterer Insel 
scheint er aber im Aussterben begriffen zu sein, da er jetzt nur noch an 
der West- und Ostküste und von letzterer aus weiter landeinwärts, aber 
durchaus nicht allgemein, gefunden wird, früher aber weitere Verbreitung 
hatte. Er ist ebenso, wie der Chimpanse und Gorilla an Wälder gebunden, 
«loch ist der Chimpanse. namentlich aber der Gorilla, weniger ausschließ- 
ich baumbewohnend. Alle nähren sich von Baumfrüchten, jungem Laub, 
verschmähen aber zwischendurch auch animalische Nahrung nicht. Sie 
bauen sämtlich für die Nachtruhe in Bäumen ein einfaches Nest aus über- 
einander gelegten Zweigen. Der Chimpanse bewohnt das tropische West- 
afrika von der Küste bis weit in das zentrale Gebiet hinein bis zum 
Tanganika-See. 

Der Gorilla dringt im gleichen Gebiet weniger weit ostwärts vor 
und bewohnt Kamerun. Gabun und den westlichen Teil des Kongogebietes. 

Taxonomie. 

SlMIA L. Der Orang l'tan hat einen hohen, schmalen Schädel, dessen 
Gesichtsteil im Alter lang wird und beim Männchen hohen Sagittal- und 
Occipitalkamm erlangt. Namentlich heim Weibchen erscheinen die Augen- 
brauenwülste schwacher, als bei Gorilla und Chimpanse, die Orbitae somit 
auch weniger tief. 12 Hippen: die langen Arme verhalten sich zur Wirbel- 
säule wie 122. die Beine wie HM zu 100. Carpus* mit freiem Centrale: 
Pollex und Hallux klein; Ferse kurz. Im Alter nehmen namentlich beim 
Männchen die Kchlsäcke enorm zu. Letzteres hat stärkere C und volumi- 
nöseren Unterkiefer, als das W'eibchen. Kaiifläehe der M und Lingual- 
fläche von I und C mit zahlreichen tiefen Hunzeln. .S*. safyrus L. Haar 
dunkler oder heller rotbraun: Gesicht, Ohr. nackte Teile von Hand und 
Pull in der Jugend duukelgelhlich, spater braun bis schwarz. Lebt außer 
der Paarungszeit einsam, das Weibchen gewöhnlich mit einem vorjährigen 
und seinem jüngsten Jungen. Das erwachsene Männchen erreicht eine 
Höhe bis zu 1,40 m und ist bei einzelnen Kassen ausgezeichnet durch 
ein Paar voluminöser, nach vorn konkaver Wangenwülste von blauschwarzer 
Farbe, die aus Bindegewebe und Fett bestehen. Der Orang l'tan zeichnet 
sich durch auffällige Variabilität aus. die Anlaß gab zur Aufstellung ver- 
schiedener Arten. Soweit diese Borne« bewohnen, sind es nach Selenka 
nur lokale Hassen, teilweise auf dem Wege der Artbildung infolge an- 
dauernder Isolierung durch Flüsse und Bergketten, wodurch gewisse 
Eigentümlichkeiten in bestimmter Weise sich fortbilden. Namentlich beim 
Männchen im Schädelbau. Auch scheiden sich, j* nach dem Auftreten oder 
Fehlen der Wangenwülste (Polstert beim Männchen 2 Gruppen, in denen 
klein- und großhirnige Formen auftreten. 



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II. (.'atarrhinn. Antlm>p«»niorpha<'. 



Si:5 



Kinii:« sumatranische Rassen erhebt Selenka zur Speeies .S'. suwa- 
tranus Sei., es erhellt aber nicht, worauf «liest' Werts« hatzutiir beiuht un«l 
wie sich diese Art zu .S'. Ahi/i ('larke verhalt, die für den sumatranischen 
Oraii-r l'tan aufgestellt wurde. 

<h»kill.\ Ts. (Jeoffi. Sch.'tdel flach. Itcini Männchen mit ^rofiem Na«;iltal- 
iiii* 1 Occipitalkamm. ( »esichtsschadel langgestreckt, mit großen Supiaorbital- 
wülst» ii in beiden (b-schlet ■Ilten» . wodurch die Orbitae triehterfönni<: ver- 
tieft siml. IT tlmrako- lumbale Wirtiel und \,\ Rippe»!. rnterkiefer- 
•Symphvse lan^. Daumen länger als ein Diiftel iler Hand. Jiallux lanir, 
Ferst- i.'i>'U. Xelinien wir tlie Liin^e <ler Wirbelsilule zu 10() an. sr. ist 
die Ji.inlaiiL'e !•<;, die Armbinde II"). Schmel/.runzrdun«: erscheint höchstens 
angedeutet auf «len hohen Höckern <ler M.-tV. gorilla Wvm. Diese einzige 
Art ist seif IS 17 «buch Savaye bekannt. Das Männchen überrajrt das 
Weibchen erheblich uml wird bis zu '2 m ho« h. ist somit der größte Affe. 
Haarkleid und nackte Haut schwarz, mit braunen Stellen. Dieses mutige 
Tier lebt in kleinen Familien unter Leitung nur ,incs alten Männchens. 
Sie bewegen sich mehr als (Man;: und (.'himpanse auf dem Boden un«l 
setzen tlabei ihre Futfsohle ausgedehnter auf den Botlen als diese, 

ANTliKoi'oprrHKCi s Blainv. ])er (.'himpanse ist dem (torilla nahe 
verwandt, aber kleiner, überhaupt na« h Sk« let und Muskulatur der schwächste 
Menschenaffe, ohne erheblichen sexuellen I'ntei'sehied nach (Jrölie und Sihädel- 
buu. Der (iesichtssrhäd« 1 ist kurz, «ler Hirns« hü<lel gerundet. Die Mo- 
laren hüben wie beim <lr;tn^ niedrige Höcker mit zahlreichen flachen 
Runzeln. M, hat N'ei^un^ zu Rü« -khil«lun<.', <" kleiner als beim (iorilla. Der 
Damnen ist ein Dritte] der Handlange, «lie irrobe Zehe kurz »nid dick, 
zwischen «len übrigen Zehen kurze Spannhilutc. Setzen wir «lie Liinjre «ler 
Wirbelsilule gleich liK*. so iwt «ler Arm !•(?, tlas Bein !•(> Ian<r. 

Die monogamen, rohusl «rebanten Tiere leben in kleinen (lesellschaften 
un>l bewegen sich gleichfalls häufig auf dem Boden. A. (ro»lo<fyf>s L. 
Allgemeine Farbe des Haarkleides schwarz: tlie großen, nienschenähnli«'hen 
Ohren, das (Besicht, Hände und Füße fleischfarben oder braun. Bereits 1 ♦> I H 
«lurch Pnrchase beschrieben. Erst «buch «In ('haillu 'IHtilt wunle eine 
2. Art: A. oil'.'its Du ('haillu entdeckt, «leren nackte Teile nicht fleisch- 
farben, aber schwarz odei' dunkelbraun sind, auch ist «las Kopfhaar nicht 
gescheitelt, somleni äußerst sparsam. Ist bisher nur vom (»abun bekannt. 
Nach Anderen soll A. calvus «ler bereits 18."»") von Duvernov beschriebene 
. /. ( Trog/oth/rs/ trlu^o sein. 

Vorgeschichte. 

Wenn wir uns aus der auf |». 7<»1 skizzierten Vorgeschichte der Prosi- 
miae der Bemerkungen über Pelycodus. Anaptomorphus. Tarsius, Neso- 
pithecus erinnern, so springt in die Alicen, daß die Prosimiae und Simiae 
in genetischem Zusammenhang stellen. Ueber * lie Art desselben kann 
aber unser heutiges Wissen wohl kaum eine genügende Antwort geben. 
Wir meinen daher. daß zur Zeit sich noch nicht feststellen läßt, ob die 
Prosimiae und Simiae selbständige Zweite eines Stammes sind, oder aber 
ob die Simiae ein Prosiniierstadium durchliefen. Letzteres ist wohl das 
Wahrscheinlichste: allerdings darf man dabei nicht an recenten Halbaffen 
hängen bleiben, man hat auf ihre früh-eoeänen Vorfahren zurückzugehen, 
«leren vielfach veränderte Nachkommen sie selbst situl. 



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814 



XXIV. Ordnung: Siiuiac. 



Der Bau der Extremitäten, das Gebiß, die Zahnform, der einfache 
Magen, die Placentation sprechen schon gleich dafür, daß wie der Stamm 
der Primaten überhaupt, so auch der der Simiae ein alter ist. Das gilt 
auch für die Scheidung der Affen der Alten und Neuen Welt. Hierbei 
erhebt sich aber sofort die Krage, ob es sich um einen getrennten Ur- 
sprung aus gemeinsamem Stamme handelt, oder aber ob die Altweltaffen 
etwa aus primitiven Cebiden ihren Ursprung nahinen: eine Ansicht, für 
die z. Ii. Winge entschieden eintritt. Die Paläontologie gibt vorläufig 
hierauf keine Antwort. Zwar sind eine Anzahl fossiler Affen aus Patagonien 
durch Ameghino unter den Namen +Homünculus Amegh., +Antiiropops 
Amegh. u. a. bekannt gemacht. Es handelt sich aber um Bruchstücke von 
Unterkiefern, über deren Alter, ob Eocän oder Miocän. die Ansichten noch 
sehr auseinandergehen und aus denen wohl höchstens der Schiuli zu ziehen 
ist, daß es primitivere Platyrrhina seien. Sie machen es wahrscheinlich, 
dali die Wiege der Hapalidae und Cebidae in Süd-Amerika stand. Aus 
den diluvialen Knochenhöhlen Brasiliens sind dann namentlich durch Lund 
und Winge. sowohl Hapalidae als auch die jetzt noch lebenden Genera 
Callithrix. Mycetes und Cebus bekannt geworden. 

Sehen wir ab von dem vermutlich ober-eoeänen Bruchstück eine* 
Unterkiefers, das Schlosser als +Cryptopithecus sideroolithicus Schloss. 
beschrieben hat und oben bereits kurz erwähnt wurde: so sind unzweifel- 
hafte Cercopithecidae und Anthropomorphae erst aus dem Miocän Europas 
bekannt. Die Scheidung beider Stämme, wobei wir der Uebersichtlichkeit 
wegen letzteren die Hylobatidae anreihen. muH eine alte sein. Der ge- 
meinschaftlichen Wurzel beider stehen die Semnopithecinae vielleicht noch 
am nächsten. Die sekundären Veränderungen, welche die Semnopithecinae 
in ihren recenten Formen zeigen, wie die querjochigen Molaren, die damit 
gepaart gehende antero-posteriore Kieferbewegung, der komplizierte Magen 
sind eben auf Blätterkost berechnet, die wieder Folge wurde des aus- 
schließlichen Baumlebens. 

Am besten bekannt von mioeänen Affen ist + Mesopithecus Wagn.. 
dessen bisher einzige Art pcntrlici Wagn. von Griechenland und 
Ungarn Beziehungen zu Semnopitheeus. aber auch zu Macacus verrät. In 
die Nähe des recenten Semnopitheeus F. Cuv. wird gestellt + Doi.iciio- 
pithecus Deperet aus dem Pliocän Frankreichs. Auch das Genus 
Semnopitheeus selbst ist vertreten durch +.S". monspcssulanus Gcrv. aus 
dem Pliocän Süd-Frankreichs und Italiens. Weniger auffallend ist. dati 
es auch aus dem Pliocän und Pleistocän Indiens bekannt ist. da es auch 
heute noch hier Repräsentanten hat. Auch von Papio und Macacus sind 
in deren heutigem Verbreitungsgebiet fossile Arten angetroffen, doch hat 
Macacus früher offenbar eine weitere Verbreitung gehabt, nach plioeänen 
Resten aus Italien. Frankreich. Deutschland und England zu urteilen, die 
als zu Macacus gehörig gedeutet werden. 

Wichtiger ist '• Oreopithecus Gcrv. aus dem Miocän Toscanas. 
Leider beschränken sich die Reste des * (). Hamboli Gcrv. auf einen jugend- 
lichen Unterkiefer, der auf einen großen Affen deutet, der nach Schlosser 
einem ..unzweifelhaften (.'ynopitheeinen" angehört. 

Für die Beurteilung der sparsamen Reste von Anthropomorphen 
aus dem Miocän und Pliocän Europas und Asiens möchten wir uns auf 
den Standpunkt stellen, daß primitive Hvlobatiden deren Ausgangspunkt 
bilden: Hvlobatiden somit, die mit robusterem Körperbau noch nicht solch 



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Simiae. Vorgeschichte. 



Ml 5 



exccssiv verlängerte Vonlerextremitäten hatten, wie die recenten sich er- 
warben. Daß wir letztere von den Anthropomorphen trennten, geschah 
in der Uebcrlegung. daß beide heutzutage verschiedenartige Endglieder 
sind, von denen sich namentlich die Anthropomorphen durch weitgehende 
Spezialisierung in manchen Organteilen, • wir erinnern nur an den Thorax, 
die Pleura, die Lage von Herz und Lungen — entfernt haben von der 
Stammform. Das gilt am meisten für den Orang Utan, am wenigsten für 
den Chimpanse. «1er aber einerseits Beziehungen zum Orang Utan. anderer- 
seits zum (lorilla verrät. Einzelne Aehnlichkeiten zwischen den beiden 
letzten, wie die mit dem Alter zunehmende Prognathie, die Größe des 
Canum* und korrelativ damit schwerer Unterkiefer, stärkere Kaumuskulatur, 
Ausbildung von Muskelkämmen am Schädel und anderweitige Beeinflussung 
desselben, namentlich beim Männchen, womit gleichzeitig sekundäre Ge- 
schleehtsunterschiede zum Ausdruck kommen, sind konvergenter Art. 
febrigens sind bei den 3 recenten Anthropomorphen bei dem einen dieses, 
bei dem anderen jenes primitive Erbstück besser bewahrt geblieben. 

Bei ihren fossilen Repräsentanten äußert sich der Hylobatidencharakter 
auch in sehr verschiedenem Grade, bei einzelnen ist er so ausgesprochen, 
da Ii die Abtrennung vom Genus Hylobates selbst Schwierigkeiten machte. 
Allerdings darf hierbei nicht vergessen werden, daß die <i Genera, die 
hierbei zur Sprache kommen müssen, teilweise nur auf einen einzelnen 
Backenzahn, oder auf eine Kieferpartie gegründet sind. Nur ganz ver- 
einzelt ist ein Femur oder Humerus und nur von einem einzigen ein 
Schädeldach bekannt. 

Dem Genus Hylobates am nächsten steht der miocäne +Pliopithe- 
CUB Gerv. aus Süd-Frankreich, aus der Molasse des Kanton Zürich, aus der 
Braunkohle von Steiermark, dem Dinotherium-Sand von Augsburg, demnach 
über das westlich-zentrale Europa 
verbreitet in der Art antiquus 
Gerv. von der GrölJe eines Hylo- 
bates. Untere M ohne Schmelz- 
runzeln. Unterscheidet sich von 
Hylobates durch größere Länge 
des M ... dessen medialer Hinter- 
höcker des Talonid außerdem aus 
1 - :\ kleinen Höckern besteht, 
ferner durch geringere sagittale 
Dimension der P. niedrigeren C. 
und durch die Form des Gebisses 
und des Unterkiefers mit langer, 
schräger Symphyse [vergl. Eng. 
Dubois], In manchen Punkten 
nähert er sich — zu urteilen nach 
den sparsamen Kesten, bestehend 
aus Bruchstücken des Zwischen- 
und Unterkiefers, losen Zähnen und 
einem Metatarsale dem Genus Dryopithcats Lart. Dieser hat aber 
bedeutendere Größe, mehr parallele Zahnreihen, längeren 1. P, starke 
Schmelzleisten und Runzeln auf der Krone der M. mit mäßig großen 
Höckern. Am längsten bekannt ist +Dr. Fontani Lart. aus den mittel- 
miocänen Süßwassermergeln am Fuße der Pyrenäen. Als +Dr. rhcnanus 




Fig. ."i(K». Pliopithectis nnliquu*. 
Linke l'nterkieferhaltte von der Seite und 
von der Kauf lache; nach Gaudry, 1 , n. Gr. 



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81« 



XXIV. Ordnung: Simiae. 



Pohl, werden von Schlosser lose Zähne aus dem rnterpliocän Mittel- und 
Süd-Deutschlands zusaminen«,'efaUt und ihm ein Fcmur zugerechnet, das 
Pohli« als + Paidopithf.x rlunanus Pohl, beschrieb, während Eug. Dubois 
darauf das (ienus -t Pmohylohates Dul). gründete, im Hinblick auf die 
Aehnlichkeit mit dein Femur von Hvlobates. Faunistische (iründe inachen 
es allerdings wahrscheinlicher. dali dieser +/V. tf>f>rts/t, inn nsis Pub. zu 
' Pryopithecus gehört, wie Schlosser will. Neuerdings gründete Abel auf 
einen unteren M., die :i. Art: Dr. Danciui Abel aus dem Miocän des 
Wiener Heckens. 

Abel rechnet ferner zu der Stammreihe von +l)ryopithecu> da» 
(ienus +(;riphopithe(M'S Abel vom gleichem Fundorf. +Gr. Sitrssi Abel 
beruht auf einein oberen M. 

Aus Europa sind ferner beschrieben Antiiropodus Rourilhi La- 
pouge aus dem Pliocän von Süd-Frankreich und ' Nesopitheci* Abel 
(Anthropodus Schloss.). Nach dem einzig vorliegenden M. s MdilielJt Schlosser, 
dali ^"A*. lirancoi Schloss. wahrscheinlich aus dem rnterpliocän Süd-I)eut>eli- 
lands, in der (irötie zwischen Hvlobates syndacfvlus und ( himpanse >tatid. 
bezüglich seiner verwandtschaftlichen Beziehungen aber dunkel bleibt. 

Aus den Siwalik-Schichten Indiens stammt ^Palaeopithecus Lydekk. 
Lydekker selbst oHvete r'her weiterhin die Art +P.sivaleHsis Lydekk. unter 




~^Fig. :>t>7. Versuch einer Rekonstruktion des ScbndcU von Pitheeanthmpns 
erectu*) ' ., n. Gr., nach K. DuImhs. C s>ulura «romnalii«; /- Sutura lamWdoidea; O 
Foramen magnutn. O — hinterer Hand de* Foranien magnnni ist etwa um 3 nun zu 
hoch gezeichnet und der hintere untere Teil der Linea temporalis um :S mm zu tief. 

das recente (ienus Anthropopithecus Plainv. (Trojjlodytes E. (ieott'r.t. Eni.'. 
Dubois wies dann aber nach, dali sie sich von diesem (ienus wesentlich 
unterscheide und stellte den ursprünglichen (ienusnamen wieder her. da 



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Siiniiif, Vor^CM-hieht«-. 



H17 



die Art zu keinem rcccnten Anthropomorphen nähere Verwandtschaft zeigt, 
vielmehr unter ihnen eine tiefere Stellung einnimmt. 

Weniger auffallend vom zoogeographischen Standpunkte aus ist die 
Deutung eines Eckzahnes aus dem IMiocän dei' Siwaliks als • .Simia satynts 
/o.wu7/s Lvdekk.: denn der Drang l'tan hatte früher eine größere Verbrei- 
tung. Eug. Dubois fand nämlich Reste von ihm in t legenden Sumatras, 
wo er jetzt ausgestorben ist. 

Weit wichtiger ist der Kund des • I'ithkcaxthroits Dub.. den 
K. Dubois in Java in jungtertiäreu andesitischen Tutfen. die wohl dem 
Jungpliocän oder Bleistocän angehören, machte. Ks handelt sich um ein 
Kemur. 2 Molaren, namentlich aber um ein fast vollständiges Schädeldach, 
das durch das V erhalten des orbitalen zum cerebralen Teil den Anthro- 
pomorphen sich nnschliclit und am meisten au die Verhältnisse von IIvlo- 
hates erinnert. Der Schädel aber, dem es angehörte, überragte au Kapa- 
zität weit die unserer heutigen Anthropomorphen, blieb andererseits aber 
weit unter der mittleren Dimension der niederen Menschenrassen. K. Dubois 
sieht darum in seinein fnctitx Dub. eine L'ebergaugsform zum Menschen, 
die nach seiner gründlichen Darlegung einen aufrechten Dang hatte und 
von primitiven Hvlohatidcn sich herleitete. Dieser Kund rief eine aus- 
gedehnte Literatur hervor, entsprechend seiner groben Bedeutung, die wohl 
am treffendsten daraus erhellt, dab es sich nach dem Kincn um einen 
primitiven Menschen, nach dem Anderen um einen höchstentwickelten 
Affen handelt, während D. Schwalbe das Schädeldach des I'ithecanthropus 
für eine Zwischenform hält ..zwischen dem eines Affen und eines zur 
Neanderthal-Druppe gehörigen, während letztere durch einen weiteren Ab- 
stand vom recenten Menschen geschieden ist". I'ithecanthropus stände 
danach vermittelnd zwischen den höchsten Affen und Homo Neandcr- 
thaliensis. 

Auf der anderen Seite erwächst aber für manchen eine Schwierigkeit 
aus dem verhältnismäliig jugendlichen Alter des Objektes. Danach wäre 
Pithecanthropus wohl eher als eine Barallelfonn zum Menschen, mit 
kleinerem Dehiru aufzufassen, da die Ahnen des Menschen, der sich durch 
sein grobes Dehirn. durch seine Sprache besonders spezialisierte, wohl 
weiter zurückliegen. 



Wtlur SHni:rT!«>Tf. 



Sehlusswort 



Am Schlüsse unserer Arbeit drangt sich die Frage auf nach dem 
Ursprung der Säugetiere. Wie häutig diese Frage bereits gestellt wurde, 
davon zeugt die stattliche Zahl von Schriften am Ende unseres Literatur- 
verzeichnisses. Sie und viele andere suchten nach einer Antwort, die 
aber für die verschiedenen Forscher sehr verschieden ausfiel. Einigkeit 
herrscht wohl nur insoweit, als man die Vorfahren weder bei recenten 
Reptilien noch hei recenten Amphibien sucht. Damit sind bei der Cnvoll- 
ständigkeit der derzeitigen palaeontologischen Daten subjektiver Ansicht 
und Hypothesen Tür und Tor geöffnet. 

Nach dem Einen sollen die Vorfahren unter den Anomodontia zu 
suchen sein, nach Anderen unter nicht näher bezeichneten „ältesten" 
Amphibien. Wieder Andere führen sie auf ..Sauro-Mammalia" zurück, die 
Anomodontia (Theromorphai und Mammalia entstehen ließen, oder auf 
amphibienartige Vorfahren, aus denen als selbständiger Seitenzweig auch 
die Sauropsida hervorgingen. 

Da dasselbe Tatsachenmaterial zu so verschiedenen Schlüssen führte, 
sollte man meinen, daß es. nach Umfang und Inhalt, für die Beantwortung 
unserer Frage noch nicht genüge und weitere Ausdehnung und Vertiefung 
längs palaeontologischem und vergleichend -anatomischem Wege heische. 

Nehmen wir im Anschluß an das auf S. :H>1 und 3'M Gesagte an. 
dafi die Monodelphia und Marsupialia enger zusammengehören, setzen wir 
ferner voraus, dafi sie mit den mehr abseits stehenden Monotremata an 
ihrer Wurzel zusammenhängen, so sind wir damit für die monophyletisehe 
Entstehung der Mammalia eingetreten. Damit ist uns dann aber auch die 
Aufgabe gestellt, diese Vorfahren, die wir mit Haeckel Promammalia nennen 
können, in vortriassischer Zeit zu suchen. 

Es ist vielleicht gestattet, uns ein Bild dieser Ursäuger zu entwerfen, 
wobei im Auge zu behalten ist. dali die heutigen Monotremata durch ihre 
Lebensweise hochgradig spezialisierte und in mancher Hinsicht degenerierte 
Tiere sind. 

Vermutlich waren diese peimischen Säuger sehr kleine, insektivore 
Tiere mit verlängertem Schädel, ohne Sagittalkannn und mit abgerundetein 
Hinterhaupt. An der Bildung von dessen Condyli beteiligte sich Basi- 
und Exoccipitale. Orbita und Temporalgrube waren in weitester Kom- 
munikation, auch fehlten Processus postorbitales. Vermutlich war der .loch- 
bogen zierlich mit kleinem .lugale: das Parietale groll. Squamosum klein; 



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Schlußwort 



819 



Tympanicum ringförmig ohne äußeren (iehörgang und ohne Bulla ossea. 
Vermutlich fanden sich noch Reste eines Praefrontalc in der Nähe des 
I^acrymale. Das Alisphenoid und Mastoid waren klein. Ein Foramen opti- 
cuin fehlte. Interniaxillare und Nasale waren umfangreich, das Nasenloch 
endständig. 

Die Wirbelsäule mit etwa '*() Thoraeo-Lumbalwirbeln hatte Inter- 
centra und einen langen Schwanz, der aber zurückging in dem Maße, als 
der Körper sich über dem Boden erhob. Letzteres geschah durch Ver- 
längerung der Extremitäten. Die vorderen artikulierten mit einer schmalen 
Scapula. der eine Spina fehlte und die durch ein freies Coracoid mit dem 
Steinum verbunden war. Der Humerus hatte wohl eine Crista deltoidea 
und wahrscheinlich ein Foramen entepicondvloideum. Das Ilium war schmal, 
das Femur ohne Trochanter tertius. Beutelknochen waren wohl nur knor- 
pelig (Epipubis) vertreten. Im übrigen waren Hand und Fuß pentadaetyl. 
plantigrad. unguiculat. die Zahl der Phalangen 2. 3. 3. 3. 3: ein Centrale 
carpi vorhanden. 

Im kleinen (lehirn waren die Hemisphären glatt ohne Corpus callo- 
sum und so kurz, daß Cerebcllum und Corpora quadrigemina bloß lagen; 
das Khinencephalon aber begann in Ausdelmimg zuzunehmen. Drei, höchstens 
fünf Ethmoturbinalia waren vorhanden, der Schädel nicht pneumatisiert 
und das Auge klein, (iegenüher der fleischigen, beweglichen Zunge trug 
der (iaumen (iaumenleisten. Im (iebiß. das erst späten Wechsel erfuhr, 
hatten die hinteren Zähne dreispitzige Kronen differenziert. Auf den ein- 
fachen Magen folgte ein kurzer Darinkanal. der ohne Flexura duodeno- 
jejunalis an einem einfachen Mesenterium commune hing. Namentlich das 
Colon war kurz, ohne Schlinge, das Coecum klein, dem Darm parallel. 
Letzterer mündete durch ein Kloake aus. zusammen mit dem Crogenital- 
apparat. von dessen Wesen der gleiche Apparat der Monotremen wohl 
eine Vorstellung geben kann. 

Vermutlich war die Epiglottis niedrig und nahm noch leicht die Lage 
vor dem Velum an: das Thyreoid bestand aus zwei Knorpelpaaren. 

Die solchergestalt charakterisierten, vielleicht ovoviviparcn. kleinen 
Crsäuger stammten von Vorfahren ab. die nach unserer persönlichen Auf- 
fassung etwa kleinste insektivore anomodonte Reptilien waren, die aber 
allerdings noch nicht gefunden sind. Wir gehen daher gerne zu. daß eine 
andere Auffassung vielleicht ebensoviel Berechtigung hat. 

Wir dürfen aber annehmen, daß diesen Wesen die Tendenz inne- 
wohnte, zunächst ihr < ieruchsorgan und damit ihr (iehirn weiter auszu- 
bilden. Hieraus folgte Cinbildung des Schädels, namentlich Ausdehnung 
der Nasenhöhlen nach hinten und zwischen die Orbitae. Damit ging 
das Praefroiitale zurück, desgleichen der (iesichtsteil des Interniaxillare. 
während sein (iaunieuteil an Ausdehnung gewann; letzteres galt auch für 
da> Maxillare. was ( iroßenzuiiahme der Backenzähne gestattete. Auch der 
(iaumen nahm zu. schloß sich und vergrößerte sich durch den für Säuger 
so charakteristischen sekundären (iaumen mit seinen Weichteilen. Dieser 
Vorgang stand in Kausalverband einmal mit der Vervollkommnung der 
Backenzähne, die zum Kauen geeignet wurden: zur Ausbildung der Kau- 
muskulatur Anlaß galten und damit einen Sagittalkamiu entstehen ließen, 
den Bau des Kiefergelenkes beeinflußten und l'somophagie hervorriefen. 

Als es somit galt, gekaute Speisen zu schlucken, trat die Bedeutung 
der Epiglottis mehr in den Vordergrund und ergab sich die Nützlichkeit 



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820 



Schlußwort. 



ihrer retrovelaren Lage. Der sekundäre (laumen stau«! aber ferner 1111 Zu- 
sammenhang mit der Vervollkommnung der thorakalen Atmung gegenüber 
der ursprünglichen Schluckatmung der Amphibien. Diese Vervollkommnung 
beruhte auf Erhebung des in seiner Wirbelsäule bereits dorsahvärt> ge- 
krümmten Thorax über dem Hoden durch Verlängerung der Extremitäten. 
Hierdurch wurde das Tier gleichzeitig schnellfüßig, zur Jagd geeignet, was 
seine Sinne schärfen und seine < ichirnentwicklung fördern mußte. Daneben 
aber wurde der Thorax ausgedehnter, freier und seine Kipponbewegung 
ausgiebiger, auch vervollständigte sich das Diaphragma aus einfacheren 
Zuständen, wie sie die Sautopsida noch bewahren. 

Das Atemholen geschah jetzt durch den Ductus nasopharyngeus bei ge- 
schlossenem Munde: es wurde ausgiebiger, intensiver, womit sich die Körper- 
temperatur erhöhte, während «las Haarkleid und die Hautdrüsen mithalfen, 
ihre Konstanz zu regulieren. Stets ausgedehntere Ausbildung des Haar- 
kleides erhöhte den Charakter der Säugetierhaut, der sich auch aussprach 
im Rückgang des Schuppenkleides. Ferner in der Differenzierung auch 
der fubulösen Hautdrüsen, namentlich an der Rauchrläche am Hände eines 
Hrutbeutels. in welchem das Ei resp. das Junge aufgenommen wurde. Sie 
lieferten vielleicht anfänglich ein eiweißhaltiges Sekret und wurden die 
(irundlage der zukünftigen Milchdrüsen. 

Diese flüchtigen Andeutungen mögen genügen, darzulegen, wie aus 
einfachen Anfängen die Säugetiercharaktere sich hervorhilden konnten. 

Vergegenwärtigen wir uns. mit welchen Kiesenschritten unser Wissen 
gerade über die Säugetiere in den letzten Dezennien vorwärts geschritten 
ist. so ist die Hoffnung berechtigt, daß eifriger Forschung eine besser be- 
gründete Antwort auf die Frage nach der Herkunft der Säugetiere nicht 
fehlen wird. 



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Literaturverzeichnis. 



Line auch nur einigermaßen vollständige Wiedergabe der umfangreichen maiiimo- 
logischen Literatur ist ausgeschlossen; für die»c sei verwiesen auf die Ribliothcca zoo- 
logica, den Zoologischen und Anatom isehen Anzeiger, den Zoologien! Reeord. Da 
somit eine Wahl getroffen werden mußte, konnten zunäc hst die deskriptiv-systematischen 
Schriften in Hauptsache aulk-r acht gelassen wenlen. Die Kataloge von Trouessart. 
Roger und Hay zeigen diesbezüglich den Weg. 

In dem nachfolgenden Verzeichnis erscheinen daher nur solche Schriften, die 
teils monographischer Art sind, teil« ausgedehntere Literat urnngaben enthalten oder 
eine vorwiegendere Rolle «pichen bei der Bearbeitung dieses Lehrbuches. — Diese Aus- 
wahl maßt «ich nicht etwa das Urteil an. daß nicht - genannte Schriften nun auch 
minder wichtig wären. 

i. Allgemeine Werke, welche sich mit der Literatur, Verbreitung, 
Anatomie und Systematik der Säugetiere beschäftigen 1 ). 

Allan. J. A., The Geogr. Distrib. of the Mammalia. Rull. Unit. States Geol. 

and (JcogT. Surv. of the Territ. 1878. 
Ameghino, FL, Oontribueion al conoseimiento de los Mamiferos fossilt» de la 

Rcpuhhca Argentina. Buenos Aires 1KSX. 

Main in iferes cn'taces de l'Argentine. Bol. del Inst. Geogräfieo Argentino, 
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Anderson, J., Anat. and Zool. researches of the - exped. to Wintern Yunnan. 
Iyondon 1878. 

Andrews, Chas. W., I'reliminarv note on some recentl. discovered extinet Ver- 
teiltes from Kgvpt. Geol.' Magaz. 19U1. 1902. 

Beddard, P. E., Mammalia. The Cambridge Natural History. X. London 1902. 

Blainrille, K. de. Osteojrrnphie du squclette et du Systeme denUire de» 
Mammif. Baris 18:19 — lHt>l. 

Blanford, W. T.. The fauna of British India. Mammalia. I^mdon 1SS8— 1891. 

Blasina, J. H., Naturgesch. d. Säugetiere Deutschlands. Braunschweig I8f>7. 

Bonnet, (irundr. d. Kntwiekelungsgcsch. d. Haiissäugctierc. Berlin 1891. 

Chanvean et Arloing, Traite d'anat. comp. d. animaux domotiques 1S90. 

Cope, E. B\, The Vertebrata of the Tert. formations of the West. U. S. Geol. 
Surv., Vol. III, 18S4. 

— Thi- mechanical <auses of the developm. of the hard parts of Mammalia. 
Journ. of Morphol , III. IKS9. 

Cones, EIL, Fur-lwaring Animals. Dept. of the Int. U. S. Geol. Surv. of the 
Territ. IS78. 

Cunninffham, B. O.. The geographic. diatrib. of Main in als. Rroe. Belfast. Nat. 
Hist. and Thilos. Soc. 187Ö. 



1) Besttglica der Anatomie vergleiche man auch die einseinen Ord- 
nangren. 



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H22 Literaturverzeichnis. 

Ellenberger, W., Vergl. Histologie d. Haussäugetiere. Berlin 1887. 
Falconer, H., Pnlaeont. memoire« and nute*. I>ondon 1808. 

— and Cautley, Fauna antiqua sivalensis. 18-16. 

Filhol. H., Rech. s. 1. phosphorite* du Querev. An». Soc, geol., VII. 1*7»".; 
VIII, 1S77. 

Filhol. H., Et ude d. mammiferes fossiles du Ron/.on. Ann. Soc. geol., XII. 1SS2. 

Observ. coneern. <|u<>l«|ucs mammiferes foss. nouv. du Querev. Ann. *<•. 

nat, Zool. (71. XVI. 1S9-I. 
riower, W. H. and B>. Lydekkor, An introduet. to the study of MainuiriN 

living and extinet. Jjondnn 1891. 
Gaudry, A. t Animaux fossilen de l'Attique. 1862—1867. 

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Ger Tals, F., Hist. nat. de- Mammiferes I et II, 1854—1855. 

Zool et Palebnt. francaises. Nouv. reeherches nur les Animaux vcrt<5br.V. 
2. Mit., 1859, avee atlas. 

— Zool. et Paleont. generale*. Nouv. rech. s. 1. Animaux vcrtfbrfa viv. et. fos.-.. 
avee alias. Paris IStiT — 1869. 

Giebel, C. G. t Die Säugetiere. Leipzig 1855. 

— und W. Lache, Manunalia I, in Bronns Kl. u. Ordn. des Tierreichs. Lcip/ii: 

1874- 1900; wird fortgesetzt. 
Gill, TheodL, On the Characterislics of the Primary (troups of the das* of 
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Kakenthal, W., Ueber die Entstehung und Entwicklung de« Säiigetierstammc». 

Biolog. Centralbl.. XII. 1892. 
Marsh, O. C, The origin of Mammals. Proc. Int, Congress Zool. Cambridge. 

18!>8. Science (2). VIII. 1898. 
Osborn, H. P. f The origin of Mammalia. Atner. Natural.. XXXII, 1K9S. 

Idem. Amer. Journ. Sc.. VII. 1899. 

— The rise of the Mammalia in North America. Stud. from the Biol. Labornt. 
of Columbia College. I. 1893. 

Seeley, H. CK, Origin of Mammalia. Proc. Int. Congress Zool. Cambridge, W»S. 

Science iL'), VIII, 181*«. 
Sixta, Siehe oben unter 8. Monotremata und Marsupialia. 



i 
i 

< 



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Sachregister. 



A. 

Abderitidae 354, 3<50. 
Abomafiw (»40. 
Abroeonia 507. 
Aceratherium 02:'). 
Aehaenodon '»54. 
Achyrodon 3(51. 
Aeoiherulum (»47, 052. 
Acrobat«« 353. 
Acromion 1*7. 
Adapidae 701, 704. 
Adapi« 745, 701. 764. 
Adnpisorcx 381. 
Adapittoriculiis 381. 
Addax (»75. 
Adeeid uat« 287. 
Adiastaltus 405. 
Aolumidoa 529. 
A*'liin»pnt» 535. 
Achims 530. 
AcpycrroR (370. 
AepyprymnuB 353. 
Aethiopisches (Jebiet 313. 
Aetbiopiscbe Region 305. 
Agnphclidae 575. 
Agriochocrua 004. 
Ala pterotica 54. 
Alactaga 501. 
Algier 400. 
Alpinismus 13. 
Alcclaphua 075. 
Abc* 0011. 
Almphennid 40. 
Allantochnrion 288. 
Allantoia L'll, 2*7. 
Allantoisscbcnkcl 242, 270. 
Allnntoiskrcislauf 2!(5. 
Allantoi**tiol 242. 
Allodon 301. 
Allomy* 512. 
Allotheria 350. 
Alopeeoidea 534. 
Alvcolcngiinge 227. 
Amblot heriidac 301. 



Amblotherium 301. 

AmblyiMHla 588, 090. 

Amblvrhiza 512. 

Amboß 75. 144. 

Ambre gris 578. 

Ammntragus 081. 

Amnion 280. 

Amnion, falsches 0. 

Amnion. zweite* 0. 
l Amnionfalte 280. 

Amorphochilus 403. 

Amphieyon 534. 

Amphycyonidae 542. 

Amphiniw 540. 

Amphictidac 531. 540. 

Amphidozotberium 382. 
\ Amphileatcs 358. 

Amphiproviverra 343. 355. 

Amphtstylu* 301. 

Amphitheriidae 301. 
I Amphithcrium 350. 301. 

Amphitragalu* 07_. 
I Amynodon 025. 

Amynodontidae 015, 025. 
i Analdrüsen 510. 
I Analsiieke 27. 
I Analtaschen 27. 

Anapophyse S5. 
| Anaptomorphidae 703. 
I Anantouiorphu« 703. 

Anchilnpbus 022. 

Anchippodus 514. 

Anchitherium 020. 

Aneodus 090. 
: Ancylopoda 588, 091. 

Anicanodnnta 458. 

Anisodon 094. 

Anisopnathc* liehill 177. 

Annulu« tympanicus 54. 

Anoa 078. 

Anomaluroidca 490, ll>9. 
Anomal um» 4M9. 
Auoplothcriiim 088. 
Anordnung der Haare 10. 
Anosmatisch 124. 



Antechiuomys 350. 

Antemolaren 109. 

Anthops 402. 

Anthracotherioidoa 090. 

Anthracotherium 690. 

Anthropodus 816. 

Antbropoidea 766. 

Anthropomorphae 804. 

Anthropopithecus 813. 816. 

Anthropops 814. 

Antiacodon 703. 

Anticrochet 595. 

Antidorcas 070. 

Antilocapra 081. 

— Hornbildung 22. 

Antilocaprinae 081. 
I Antilope 076. 

Antilopinae (»70. 

Antrozous 404. 

Amiromelos 351. 
l Anuro&orex 379. 

Aonyx 538. 

Aorta 231. 

Aplacentalia 302. 

Aplodontia 4!>0. 

Appendix venni forme« 210. 

Aquaeductus Cochleae 143. 
veMibuli 143. 
I Aracbnoidea 128. 
i Arrbaeoceti 581, 583. 

Archaeohyracidae 715. 

Arehaeohyrax 715. 

Archaeomys 513. 

Arehaeotherium 053. 
, Arehencephalon 1 18. 

Architektur der Spongioaa 
3!(. 

Aretitis 531. 
j Arctnochu« 700. 

Arctoeephalus 549. 
| Arcto-Cynnidae 533. 
I Arctognea 308. 
1 Arctognle 531. 
! Antoidea 533. 
I Arctomys 41»7. 

5-T 



Sachregister. 



Arctonyx 537. 
Arelix 'glos*o - pharvngeu* 
1!)?. 

Arcus palato - pharyngeus 

1U7. 

Arcus zygomaticus 00. 
Area scroti 271. 
Argyrocetidae. 583. 
Argyrocctu» 582. 
Arrectorcs pili 37. 
Arterion l»ogen 233. 
Art. ullantoideae 231. 
- carotis communis 234. 
carotis externa 231. 

— carotis interna 231. 

— centralis retinae 137. 
hynloidea 138. 
uniphalo - nieseiiterica 

J34. -»SS. 294. 

— pulmonalis 231. 

— *pcrmatica 241. 

— subclavia 231. 234. 

— umbilicalis 234, 295. 
Artibeu* 403. 
Articubttio buineri 99. 
Artiodaetyla 588, 028. 
Arvicola 503. 
Arvtänoid 78. 2 IS. 
A^imis 013. (Uli. 
Asmodi-u« 090. 
Asteiiodon 301. 
Astcromy» "»11. 
Astrapotberia 02t). 
,\>trapntberiidae 098. 
Astrapotheriuni tili'.*. 
Asrnductyla 300. 
Alälapba 404. 

Aleles 793. 
Atelodus 027. 
Atcmlieweguiig 22S. 
Atherura 505. 
Atlas 87. 
Atrium 225». 
Atyl 70S 
Auge 13t». 
Augenmuskeln 141. 
Aiigcinnii*kelnerveii 128. 
Auhicodiia 507. 
Auricula 110. 
Australische Region 300. 
Avahi* 759. 
Axis S7, 071. 

IS. 

Bahirussa 0;M. 
Hacke, 190. 

Uackcntascheii 1!M, 777. 
Back<-ii7.iihiie 109. 
Balaena .'»73. 574. 570. 
Bahlen idne 574. 
BalaeiiiiiAe 570. 
Balac uoptera ,"»73. 575, ."»7' 
Balacnopteridne 575. 



Balaenopterinae 570. 
Balgdrüscu 11(7. 
Barten 508. 
Barten wale 574. 
Basibyale 77. 
Basiticcipitnlc 42. 
Basispbcnoid 40. 
Bas«aricyon "»30. 
Bassaris' 530. 

Bart höhnische Drüsen 254, 
205. 

Bnthyergus ."»<).">. 
Bathvcrgoidca 41)1, 505. 
Bauchbüble 211. 
Bauchmuskeln 157. 
Bdeognlc 532. 
Becken 100. HW. 
Beckengüitel 10»>. 
Beibaare 12. 

Bcrardius 573, 570, 578. 
Bettongia 3.53. 
Beutel 34. 
BeutelkiHH-ben 101). 
Beutolrcste 35, 743. 
Bilxtvina 07S. 
Biniana 774. 
Bison 07D. 
Bisontina 07S. 071). 
Blarina 37!). 

Blainhni-H'lie Drüse 190. 
Blättermngcn 041». 
Blase 27V). 
Blast« »cerus 008. 
BlnMomeryx 072, 082. 
Blindsnck, vaginaler 251. 
Blut 237. 

BIuigeliillsyMem 221». 
Blutküi|»erchen 237. 
Bogen, dorsaler 81. 

unterer 85. 

ventraler S5. 
Bolodon 30!. 
Bolodontidnc 301. 
Boncia 3!>S. 
Borhyaeiia 343. 355. 
Bohlen 10. 
B<»-, 07!». 
Ilosclaphus 075. 
Bothrulahis 055. 
Bovida«- (.43. 072. 
Boviunc 077. 
Bracbypbylla 4o;{. 
Brachyiarsomy* 502. 
Brachytelcs 793. 
Brachynromy» 5o2. 
Brarhynrus 792 
Brady|»odidiiP 452. 453. 
Bradvpus 152. 453. 
Brailytturiiiiii 727. 
Bramatbcriitiii 0,*>4. 
Bronchi 225. 
Bn.iubiall.uum 22t». 
Brüllapparal vuii M\ 
7! 10 



Brunnernehe l>iii>eii 207. 

Brunft 283. 

Brünnl feige 28. 

Bmui 412. 

Brotbeutel 31. 38 1. 

Brutpflege 23'J. 

Brust l>cin 92. 

Brustdrüse 28. 

Brustkorb 1)5. 

Brustwirbel 88. 
• Bubalina 078, 075. 
i Bubalis 075, 078. 

Buccae UM). 

Buch i nagen 04O. 

ßudorcii* 075. 

Büffel us 078. 

Bulbus olfaetorius 122. 128. 
Bulla auditiva 55. 

- t nopain 55. 
Bunodonter Zabn 593. 
Bunod«)i)tia 045. 
Bunolopbodont 595. 
Bunomeryx 001. 004. 
Bursa 211. 241. 
Bur-a phary iigea 199. 

1 Burxae analos 27. 
Bürste 29. 

C 

r V«-r^-l. nucli ui.t« r K > 

' Cadim-otherium 025. 

t.'aonolestes 351. 

Cacnopithecus 704. 

Cncnotheriinae OS'.'. 

CalaiiKnlon 40S. 

l'allinvctcri* 399. 

Callithrix 791. 
1 Caineloidea 00 1. 

Cnmclouiervx 002. 
i Canielo|»s 000. 

Oimchis 058, 001. 

Caualis alisphcuoideti» 47. 

- Ouvieri 234. 

cim picondyioideus !l«0. 
facialis 49. 
imisivus 07. 
iiitraorl>iialis 5S. 

- naso-palalinus 07, 152. 
Nucki 274. 
pterygoideus 47. 
-pinalis S3. 

- Mipra-coiulyloidcus lixt. 
urogenitalis 252, 202. 

- vertebralis S3. 
C'anidne 533. 
(5ininiis 109. 
Canis 533. 541. 
Capra «hSU 

('"apre« »Iiis 0*»9. 072. 
C'nprolagus 495. 
Capronieryx 0S2. 
Caproinyidae ">07. 
Caprovinae 08"). 



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Sachregister. 



sr>:t 



Cnriactts OOS. 
Carlozittelia 720 
Carnivora 7>I7>. 
fi**ipcdia 7>I7>. 

— pitinipedia 7)43. 
Can.llia 402. 
Carotis extc.rna 234. 

intornn 234. 
Carpns 102. 
Carl Marine* alares (>S. 
Cartilaginc* arvtaettoideae 
2 IS. 

— laterale* 21 7. 
Cartilago ericoidea 217. 

- ihvr.-oi.Ua 211». 
Ca*o,r 4!»S. 
CaMoroidea 4!>o. IIIS. 
Castoroides 7» 12. 
Castoroididae 7» 12. 
Catarrhina 7Ü4. 
Cavia 7)00. 
Cavicornia 20, »'»72. 
Caviidae 7,00. 
Cavuni cranii <>!». 

— orU IS!», 
lyrnpani 7,4. 

Cavlnxothcriinn 382. 
Cehidae 7S7. 
Cebinae 7!»2. 
CeWhoprus 0Y3. 
Cehoi.lci 7*Wi. 
Cohns 7! »3. 
Centetet» 380. 
Centetidae 377, 3S0. 
Cenictinac 377. 
Centrale carpi 102. 
( Vphaloniy» 7)1 1. 
CcphanoduK 72»i. 
Ccphalophinae Ii77>. 
Cephalophu* 07O 
( 'ephalorhvn.hu* 7)77. 
Ci'phalotes" 3!H». 
(Vratopiuliis 7»!'.'. 
Ceratohyale 77. 
Ceratorhinii* <>27. 
Cere.K*pbn« 790. 
Cercolabps 7>ot>. 
CcR'nleptOÄ ."»:U5. 
( 'erc. >pi t heti. lae 7t •">. 
IVrropith.tinar 7!)7. 
Cerropithern* 799. 
Cerebellum II!». 
Ccrvi.apra »>7<i. 
< Vrvii-aprinae 1,70. 
Cervicomia ',<>'i. 
(Vrvidae 043, V>M. 
Ccrvinae »HIN. 
Cmix uleri 2VJ. 
Cervulina «172. 
Cervuhis 070. »572. 
Cervtts 07O, 072. 
Cctaeea 7>7»2. 
Cetlmlithen 7)7)7. 



Cetothcriuni 7,84. 

Chaetocny* 7)0' >. 

Chaetoptiractu* 47,0. 

Chalieolhcrinm 094. 

Chalinolobus 404. 

Choirnmelcs 4H7», 

Chilonycteri« 403. 

Chiniarrogale 379. 

Chinchilla 7.07. 

ChinchillidBp 7,07. 

( 'hiropde 77,8. 
. Chirojralri 77)S. 
' Chironeet.-* 349. 

Chiropataginm 3S3. 
, Chiroptora 3*2. 

Chiropote* 7!»2. 

Chirox .'{Hl. 

Chiruromy* 7>04. 

Chlatnydophorinae 47,3. 47>0. 

Chlfliiiy.lophorns 47)3. 4."»«i. 

Chlamydothcriiim 407,. 407. 

Choiiiic I7il. 

Choloepus 47.2. 47)3. 

Choiidmcranium SO. 

Choeromoridcn (»47. 

Choeroptamus (»47. »57)3. 

Chooropsi« 040. 

Choero'thpriun) 07)3. 

Chorda 7!). 

- dorsalis 81. 
gubernaculi 271. 

Chordae tendinap 230. 
; Chorda tyrnpani 130. 

Choriocapillari« 130. 

Chorioidea 13S. 

Chorion 280. 

Choroppus 37)1. 

Chrotomy.i 7>04. 

ChrvHoeriloridae 377. 3S< ». 
\ Chrysoehlori« 38o. 
, Chrvsothrix 7Ü3. 

l'hvlu* 237. 

Chylusgcfiflo 237. 

ChyniUK 237. 

Chyrotnyinne 7")!». 

Chyroiny* 77,9. 

Ciliarkörper 1 3S. 
1 Ciliarimixkcln 13S. 

Cladohates 370. 

Clasodirti* 37)7). 

Clavicnla 9S. 

ClitorU 213. 27>2. 

ClitoriwiriW 27. 
' Clitori*. durchbohrte 77>3. 

Coasmm OOS. 

Coburt 070. 

C.K-hl.a 143. 

(Wum 210. 

Coelodon 433. HU, 403. 

CopIo^piiv» 7)00, 

Coelops 402. 

Copndii 7iO»i. 

CollicuhH scininali* 27.fi. 



Colohus 80t>. 
Colodon 024. 
Colon 208. 210. 
Colonlabyrintli der Protei- 

miae 77.1. 
Colimiim vpi tpbralis Sl. 
CoIiito<lonta 4»>1. 
ComproH*or matiiina.' 34. 

tubae 14(i 
Coiurhae 14S. 
Concha inferior 03. 
Condylarthni 7.80. 7»SS. »591. 
Condylns 72. 

.Kvipitalin 42. 
Conopatus Ö37. 
Conilnrn.s 7>01. 
' C.mjniK'tiva 13!». 
ConnoehoLtpf» (un. 
Conoryetes 4»W. 
ConorVrtidae 4«',S. 
Conus ingninalin 2()7. 
Coracoid 03, 07». 
Coriurn 3. 
Cornea 13t». 
Corona radiala 2S2. 
Corpora iaverno<a ililori.lin 

27,2. 

- eavoriiiwa penis 27)!l. 
Corpus calloümu 33«». 

- eavpriiotiini nrethrae27)!». 
— ciliare 1.58. 

»|M)npii)siiin 27,!». 
uteri 248. 
vrrtebrac 81, 83. 
vitreuin 137. 
j Cortische."» Or^an 143. 
Coryphodon 7(N». 
CorrphtMlotitidac 701. 
Cowiryx 072. 
i C)!*tae !»(». 

I Cowper-ehe Diümi» 27)1. 
2li4. 

, Creinastri*ack 2<i7. 
! Cre<KlontJi 7,3S. 

Cricetinao 7,02. 

CrieetiKlon 7,12. 

Crieelonivs 7»o|. 

CriceliH 7.02. 

Cricoi.l 7S. 

Cri«ta (Zahn» V.».".. 

Cr.x-het 7,!».',. 

Crociilnra 37!». 

CriM-idnrinae 37!». 

CrosssarehiiH 7,32. 
, CroK<<opiis 37!*. 

Crtiininae 2S. 

Cruinomys 7,04. 

Crura |M-nis 2.V.». 

CruraldrÜHP 30. 

Crtifta petro^a 104. 

Crypt4,nieryx •"►S7. 

Cryptophractiw l".7>. 4".0. 

Cryptopithpi-ns 7*;:;. Sl l 



854 



Sachregister. 



Cryptoprocta 531. 
Ctenacodon 3lil. 
Ctentxlactylidar .">0r. 
Ctenodactylus 507. 
Ctenomys f>07. 
Cuniculua 503. 
Cuon 534, 541. 
Curtodon 358. 
Cuscus 353. 
Cutis 3. 

Cutisknochen 4, 23. 433, 
Cycloturu.H 453, 454. 
Cynaelurus 530. 
Cynictis 532. 
Cynocephalus 798. 
Cynodiclif» 534. 540, 541. 
Cynodontomys 509. 
Cynogalc 531. 
Oynomya 497. 
Cynonycteris 398. 
CynopithecuH 790. 
Cynopterua 399. 
Cynotherium 542. 
Cyon 534. 541- 
Cystophora 551. 
Cystophorinae 551. 

13. 

Dacrythcrium 688. 
Daclvlopsila 353. 
Daetylopatagiuni 383. 
Dama U71. 
Damaliscus 075. 
Damm, 243, 2(50. 
DaphneiniH 542. 
Darm 200. 
Darmbein 106. 
Darm, Entwicklung des2l 1. 
Darmuckrüse 211. 
Darmkanal 1N9, 203. 
Darm nabel 287. 
Da*yphractus 45(5. 
Da.*yp<ididac 453, 454, 464. 
Dasypndinae 453. 
DaM pnK-ta 506. 
Dasvpu* 453. 455. 456. 
Dasyuridae 34S, 349. 
Dasyuru» 350. 
Dauben tonia 759. 
Dauoriiieren 27 1. 
Decastis 351. 
Deciduata 2x7. 
Delphiuaptcridac 577. 579. 
Delphinapterufl 573, 577, 

5<9. - 
Delphinidae 577, 579. 
Delphininae 577, 579. 
Dclphintis 57 1. 577, 580. 
Dcndrohyrax 714. 
DandroliuEua 351. 
Dendromyinac 5" »4. 
Dcndromyt« 504. 



Dentale 74. 
Dentin 104. 
Dentinkeim 108. 
Deomys 504. 
Dermoptera 411. 
Desccusus ovariorum 273. 
-- testiculorum 200. 
I)eHiuatippu* 621. 
Desiuodontinae 401, 403. 
Desmodus 403. 
Diaphragma 1(51, 227. 
Diaphyse 38. 
Diapophyse 84. 
Diceratherium (526. 
Dicerorhinus (512. 
Dieeros 612. L 
Dichobunc 088, y-' ' <r 
Dichobunoidea 6S8. 
Dichodon 689. 
Dielidurus 403. 
Dicondylia 42. 
Dicotyles 652, (553. 
Dicotylinac 651. 
Dicrocerus (572. 
Dicrocynodon 361. 
Dicrostonyx 5( »3. 
Didelphia' 331. 
Didelphvidae 349. * 
Didelphys 349, 354. 
Diencep'halon 1 1 8. 
Digitigrad 114. 
Dinoceras 7<'2. 
Dinoccrata 701. 
Dinomvs 506, 
Dinotheriidae 724. 
DinutlK-riiim 724. 
Diphylla 4<>3. 
Diplacodon 617. 
Diplarthra 588, 591. 
Diplarthrie 590. 
Diplohune 6HS. 

Diploe 40. 

Diplomcsixlon 379. 
Dipodidae 512. 
Di|todinae 501. 
Dipodoidea 490. 50». 
Di|M>domvs 49t». 
Diprotodon 352. 355. 
Dipmtodontia 34S. 
Dipu> 501. 
Distoeehurus 353. 
Docmlon 301. 
Doedicurua 467, 
Dotichoerua 653. 
Dolichopitheeus N14. 
l>olichoti> 500. 
Dorcntheriutu 1587. 
Doreojwis 354. 
Dorcotrugus 070. 
Dornfort&ätze s . ; 
Donmlwirbd «8. 
Dotter 2kSO. 
Duttenack 288. 



Dottereackskreislauf 288, 
294. 

Dremotheriiim (572 
Drumatherium 358, 361. 
Dromicia 353. 
Dromicinps 349. 
Dromotheriidae 361. 
Drüseu, Bartholinische 254, 
265. 

— Cowj>erscbe 254. 

— Duvernoysche 254, 265. 

— perineale 27. 

— postanale, sul>kaudale27. 
postaurikularc 28. 

— präskrotale 27. 

— suborbitale 28. 

— supraorbitale 28. 
Drüsen kissen 385. 
Drüsensäcke 25, 384. 
Dryoleste* 361. 
Dryopilhecus 815, 816. 
Ductus arteriotuis Dotalli 

234, 297. 

— eholedochus 216. 
cochlearis 142. 
Cu vieri 234. 
cysticus 216. 

— ejaculatorius 255. 
endolymphaticus 143. 

— hepaticum 216. 
naso-lacrymali* 59. 141. 
naso-palatinus 193. 

— naso-pharyngeus 67. 
pancreaticus 216. 

— venosus Arrantii 296. 
Duplieidentata 491. 493. 
Dura mater 127. 
Duvernoysche Drusen 254. 

265. 

E. 

Echidna 317, 330. 
Echiduidae 33t>. 
Echinomvs 507. 
Eckzahn' 169. 
Ectopatagimn 3S3. 
Ecu»turbinalia »52, 14,8. 
Eden Uta 412. 
Effodientia 42o. 
Ei 280. 
Eierstock 239. 
Eierstockska|»el 248. 
Eierstin-kszelt 248. 
Eihäute 2N6. 

Zirkulation iu den 294. 
Ei zahn 187. 
Ektoplacenta 2N4. 
Ektoturbinalia 02. 
Elaphuru* 671. 
Ehismognathus (511. 
Elasmotheriinae 027. 
Elastuotherium 022, 027. 



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Sachregister. 



(.Yl.iß 1(13. 

- der K!efanl«n 720. 
der Cngulateti V»2. 

Gegensporn ">!i">. 
Gehirn II.'). 
Grhirnnerven 12S. 
Gehörgang. äidVercr I4<». 
-- knmherner, äulierer 7>4. 
Gehork ntVheleheii 143, 1 II. 
Gehörorgan 142. 
Gelenkfortsätzo S4. 
( ;el<'iikkrior|>cl 31». 
Gelenkverbindung, nomar- 

thraie S4. 43S. 
Gelenk vr rlmidung , xenar- 

Ihralo S4. 43s. 
Geloeu* CSS. (ist». 
Genese der Kuoehen 3s. 

de* Schädel* 7S. 
Genelln 7>31. 
Geogale !)SO. 
Ge<»galin:ie 377. 
Gmgraphi*ehe Verhreitunj: 

3» m. 

Geouiyoidca 4!»o. 49S. 
Geomy» 4!*!). 
G<-nrhvehu» Mi"». 
Gerl.il'linnr 7.04. 
Gerbillu* 504. 
Geruchw>ri»an 124, 14S. 
GesalWhwielen (i. 7t»s, 773. 
G< *ehleeht.*eharaktere , se- 
kundäre 2!>7. 

-ilnisen , acc^orisehc 
21»; 5. 

-höckcr 243. 

•niere 2311. 

-organc 23S, 23'.>. 

— Strang 240. 
-/«•Ilen 2s<>. 

Ge*ehmaek*l»eehiT I '{5. 
-kno-pen i:r>. 

- -organe I37>. 

- — itin 1 37». 
G«-««ieht.*driisen 2s. 

iniixillarc 
Gi^iehts-M-hiidel äs. 
( tVsidit>*»h\vicl«'ii 0. 
Geweih IS. 0(17. 
(iiraffa Iis:;. 

Giraff»-. Hornbildung 22. 
GiraNidae 043, t'.si'. 
Glandula elitoridis 2.">4. 
erutali* 31s. 

— lemnrali» 3 IS. 
laeryiuali* |.|i>. 
parotis l'.t3. 
retroliuguali* l'.»2. 
tuhlinguali* lü2. 
Mihinaxillari« 1!»2. 
ihyniu* 23 s. 
thyrenideu 23s. 

< Jlaiululae llur-jn , anale-27. 



Glandulae glomi forme« 24. 

- pro*tatieae 2f>3. 

— M-haceae 27». 

- Midori|»nrae 24. 
urethrale* 2(53. 
vatö* deferenti« 203. 

— vesiculare* 203. 
Glan* ponin 2"»'.». 
(jlaskörjNT 1 7< T . 
Glaueon vet<ri> 404. 
Gliithnnßen !»S. H.3. 

- Muskulatur 102. 
Globilermir 700. 
Glnhioeephulus ."»77. ."»80. 
Gln»*ohyale 77. 
Gh»<v»<>iheriuin 434. 
Glottis 220. 
Glyptatelus 47)S. 
Gllptodoll l.'il. 400. 
Glyplmlonlidae 404, 400. 
Gomphotheriuio 000. 
Gorilla NI3. 

Granipus ">73. "»74, '»77. 7»Sö 
(»raphiuriiN f»o0. 
Gravigrada 4*»!r. 
Griphopitherits SM. 
Großhirn US. 
Gryuiaeoiny* 31!«. 
Grypotheriiiin 134, 4»>2. 

(iulo r>3~. 

( JyinnoUlideu« 37»3. 

< iymnoptyt'hu* ."»II. 
Gymniira :t7!>. 

11. 

Haar !«. 

Haare, Anordnung <ler 10 

— Kiehtnng der 14. 
Haarbalg !). 
Haarhüudel 11. 
Haarfarbe 14, 2<M». 
Haarfiederung 14. 
Haarfollikel it. 

I Innrer tippen II. 
Haarkleid 12 
Haarmangel Iii. 
Haarströme 14. 
Hauirliere 3. 
Haarweelis»-! 12. 
Haarwirbel 14. 
Hahrothrix "><»2. 
Hall»plae« nla 2! »2. 
Halhzirkilfurmipe Kanäle 
1 12. 

Hnlieh«»ertis 7>r>0. 
Hnlieore 7HS. 
Halicoritlae 71'iS. 
Halitherinm 7 !2, 710. 
Hallomys ."»02. 
Hahnatmii- :i"»4. 
Halswirbel s7. 
Hiiinapoplivxti s7». 



Haimner 77». 144. 
Hand 102. 
Hapale 7S«i. 
Ha|>alen)iir 77»s. 
Hapalidae 7SI. 
Hnpalopx 4 .V.r. 
Haplm-erti!» (»77». 
Haplodon 4'.M». 
Huplodont H"»s. 
HapU«i»»nt(»i<lea 4'.»*», 4 , .»<;. 
Hardci>c'l)e I»ni«o. l-4<». 
Harnorjrane 271. 
HnrnkanüU'hen 277. 
Harnleiter 270". 
Harpvia WX 
Haulic <;40. 
Hanl 3. 
HnnUlrüsen 21. 

— aeini'me 27». 

- p'häufte 2t». 
tuhulö.«e 21. 
Iläuti<:e> I<al»yrinth l t."5. 
Hanptriiiischi'l C.2. 
Haiitrrmskelri I.V», l'.Mr. 
Haiitnin.-kulatiir :>». 

— platte :57. 

HnuloHsifikal innen 4. 4H2. 
Hautpanzer 7>">4. 
Haulpipin^nte 12. '{<x>. 
Hant>innc*ort'ane l:)4. 
HantverkiKKheruniL'en 4. 
4!2. 

Häver»'. Knnfde von ü». 
Hepetotheriidae TiY.i. 
H<yetotheriuni 70.1. 
Helalelc» 024. 
Helaletidae «i24. 
Helart'tos WM. 
Helietin .V.»7. 
HelixMinvs '»12. 
IM ix 147. 
Helladotherinrn <iS4. 
Helofralf :»:{2. 
Heruu'entetes i5S0. 
Hemieyon ">;?*). 
Hetnipalago 7<H). 
Heinipale '»31. 
Heini^alidia 7» 3 2. 
Hemipnnn* 4<iS. 
Hernitruini» <»Vso. 
HerniuriiA 341». 
Hepar 213. 
Heptodon <»24. 
Hermaphroditisniii« 2">7. 
Herpeste* ">32. 
HerjK»-tinfle .'»32. 
Herj>e!*t(»idca 7»2t>. 
Herj»etocetu<« ")S1. 
Herz 22'.t. 

Herz, Verlagerung d» SOS. 
Herzkn.K h. n 233. 
Hesperotnys 502. 
Heterrx-ephalits .Md. 



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Hf>X 



Sachregister. 



Konjunktivaldrüseu 140, 

56-1. 
Konna&zenz 38. 
Kopfdarm 211. 
Körper, fibröse 259. 
— Kreislauf 232. 
Körpergröße 297. 
Körpeniabel 287. 
Körtiertein|ieratur 238. 
Kralle 15, 585. 
KraJIenplatte 15. 
Krallctisohlc 15. 
Krallenwall 1«. 
Kranznaht 50. 
Kreislauf, fötaler 21)7. 
Kunde ( I*ferdczahn i 007. 
Kuppennagel 10. 
Kurtodon 361. 
Kurtodontidae 3(51. 
Kusu 353. 



Jjibia vulvae 252. 
LabiHe 190. 
I^abniagen 040. 
Laerymale 59. 
Lagenorhynchus 574, 577, 

580. • 
Lugidium 507. 
I^agopsis MS. 
I^agomorpha 489, 493. 
Lagomyidae 494. 
I^agoinvM 494. 5(18. 
Lagorchestes 35*. 
Lago*U>mu* 507. 
I^agostruphu.s 354. 
I^agothrix 793. 
I-ania 658. 661. 
I<anib(lanaht 50. 
Lambdotherium 617. 620. 
Lamina cribrosa 61, 128, 

154. 

Ijaiilhaiiolhcrium 382. 
I^auugo 14. 
I>aodon 361. 
Larvnx 78. 207. 
Larynxmuskeln 217. 
Larviixmiiskulatur 220. 
J-asionveteris 401. 
Lelwr '213. 
J,edcrhaiit 3. 
Leinum* 5<»;s, 511?. 
Lenuir 757. 
ta-mures 757, 764. 
Lemuridae 757. 
Lcmuriuac 757. 
I>cns crystallina 137. 
I^ecmtinia 096. 
Lcpili iiiiir 75S. 
Leporidne 491. 494. 
I/ej.ticti.lae 38 1. 



Leptictis 381. 
Leptodon 618. 715. 
Leptomani* 430. 
Leptomerycinae 660, 662. 
Leptouicryx 662, 687. 
Leptonychotes 55 1 . 
Ijeptoreodon 662. 
Leptotragulus 661. 
Lcpua 494. 
Lestodon 433. 
Lichaiiotus 759. 
Liddrüsen 140. 
Uder 140. 

Lieberkühnschc Drüsen 287. 
Lien 238. 

Ligamentum hepato-enteri- 
cum 212. 

— inguinale 266. 
latuni uteri 247. 

— longitudinale dorsale 82. 
nuchae 82. 

— rotundum uteri 251. 

— suspeuhorium hepatis 
212. 



tere 



251. 



— teatis 267. 

— longitudinaleventraleS2. 
- vocale 220. 

Liinnogale 380. 
Limnotragu* 677. 
Lingua 194. 
Linsaug 531. 
Lins»« 137. 
Li|totypbla 377. 
Lippen 190. 
Lippondrusen 192. 
Lifttriodon 653. 
Lithocranius 67'». 
Litoptcrna 588, 697. 
IjoImmIou 551. 
Lohostominac 401. 
Lobus olfaotorius 122. 
Lomaphoru* 4l»7. 
I^oncberes 5<»7. 
i/jiK'horhiua 4t i2. 
IxiphiodochoiTus 624. 
Lophiodon 024, 026. 
f/ophiodontidae 615 . 624. 
Lophioiueryx '»07. 
Lophiomyinae 502. 
Lophtomvs 502. 
Loris 760 
Lorisinue 70<». 
Loxodon 723. 725. 
Luftröhre 223. 
Luftsäckc 223. 
Iptingen 22*». 
Lungenkreislauf 231. 
Lutru 5.'!s. 
Lutriuac 538. 
Lycaon 531. 
Lymphe 237. 
Lymphtilriis. n 237. 



Lyinphefollikcl 207. 
Lympheknoteii 237. 
Lynx 529. 
Lvsiurus 456. 
Lyssa 194. 

M. 

Macacus 798. 
Machairodus 540, .54 1 . 
Macraucheuia 69h. 
Macrauchenidae 69s. 
Macroglosainae 399, 4t »1. 
Macroglosaus 399. 
Macrophylluin 402. 
Macropodinae 348. 353. 
Maeropus 354. 
Macrorhinus 551. 
Macroseelid idae 370. 37 7. 
Macroscelides 378. 
Macrot beri um 694. 
Macrotus 4t >2. 

Madagassische Region 314. 
Madoqua 676. 
Magen 204. 
Mähne 299. 
Makrosmatisch 124. 
Malleus 75. 144. 
Mammarapparat 30. 
MammartaK'hc, 31. 31s. 
Mammut 725. 
Manalidae 738. 
Manatus 738. 
Mandibula 71. 
Manidae 420. 
Manis 429. 
Manubrium 92. 
Manus 102. 

Mark, verlängerte* 1 18. 
Marmosa 349. 
Marsupialteld 31, 36. 
Mareupialia 331. 

- primitiva 358. 

- Zahuwechsel 312. 
Marsupium 31 — 34. 
Mastodon 724. 
Mastoid 53. 
Mastoideum 50. 
Maxillaro 58. 

Maxillare (iesichtsd i iWn 

29. 

Maxilloturbinalc 62, 15o. 
Mazama 668. 

Mcatus neuslicus extern us 
146. 

auditorius oxtenins 7>A. 
Meckelseher Knorpel 65. 75. 
Mediastinalraum 228. 
Mediterranes l'ebergangsgo- 

biet 313. 
Me<lulla oMoiurata 1 18. 

- «pinalis 127. 
Megaehiroptera 400. 



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8«K> 

Nawdia 02. 
Nasalis sin». 
Nasen fort sätzc 00. 
Na*cnkap-c|, knorpelige 66. 
Nawnlöcher. ändere 216. 
Nasoturhinale 1 -IS. 
NaMia ."»30. 
Natalinae 401 . 
Nateln* 409. 
Ncarkti-chc Region 300. 

Siibrcjrion 312. 
Nol»enhaar 12. 
NcbcnoniKcbeln 62. 
NcIk-iioi gane «1c- Auge« 139. 
Necrodasypus 4.">0. 
Neerolcmnr 704. 70"i. 
Nfvrumanis 430. 
Nectogale 379. 
Nwi-umy* r»02. 

Neinorhaedu* 077». 
Ncnbalaeim "»73. 57"». 
Ncngaea 300. ;{OS, 310. 
Ncoineri* -">77. ."»79. 
Xeomylodon 4:u. 40*2. 
Ncoplagiaulax 3.'»7, 301. 
Nentraginne 070. 
Xeotragna 070. 
Xeotropiwhe Kojrion 306. 
Nerven «»yMem II"». 
Nervus 'alxluceiH 12!». 

neecmoriuii Willisii 132. 
- acurtietw 130. 142. 

axillaris 134. 

facialis 130. 

j:lo*»<>pharyngcus 130. 

infranrbifniis 1 3f K 

incbiadicua 134. 

medianai 134. 

octtloraotorina 12S, 

oltectorina 128. 

optica« 12s. 

pbrentcua 134. 

rndinli» 134. 

trigeminu* 12!). 

irochlefuru 129. 

ulimris 134. 
— vagns 131. 
Ncpodnn Tu."». 
N»-s( uli >nt i nnc TOö. 
Nesokerodon 513. 
Nenokia 5»»l. 
Nrsoinvitlae 502. 
Nesotny« 502, 
Nc^opithecidae 70f>. 
Ncsopitbmis T0.">. 8IU. 
Neaotragu* 070. 
Netz, grolle* 213. 
Netzmagen * >4< 
Xcurapophysen S3. 
Neuro<rymnnrns 3S2. 
Nenrotrichn« 378. 
Xieklmnt 141. 
NickbautdrHw 1 10. 




Kachregister. 

Nieren 274. 
Nicrcugnng 242. 
Nitnrnvidae ."»41 
Nnctilio 403. 
N'omarthra 413. 
Nomart hralcOelcnkmig 438. 
— Gelenkverbindung K4. 
Nonruniinantia 628, «»43, 
04f>. 

Notharctiilae 703. 
Nnthnrctu* 703. 
Nothropit« 4H3. 
Notugaen 30S. 
Notopterä 3'.»'.». 
Notoryete* 3."»0. 
Notoryctkla« 350. 
Xoloryclinnc.34S. 
Notothcrium 352, 355. 
Noihrotherimn 433. 4(31, 
403. 

Nnhnsehe Drüse 190. 
Nveterctltcs ."»34. 

Nycteiifl 30it. 
Xyctieebun 760. 

Nycticeju* 4U4. 
Nyilinoinns |0.*>. 
Nyctipitheeitmc 71* I - 
Nyctipitheeiis 7!t|. 
Nyetnphilus 4U4. 

O. 

Oberarmbein 99. 
Obcrkieforfnrtsatz 05. 
Oberschenkelknochen 1 10. 
Occipitalc »upenn* 42. 
Oeeipitalin lateralia 42. 
Oecipitalnaht ">0. 
Oehotona 40», ."iOS. 
Oehotonidae 401, 494. 
Octodon 50T. 
Octodon tbcriara 4.'»s. 
< »etndontidae 507. 
Onl ns 136. 
O<lon toblasten 104. 
Odontoceli ."»77. ">7S. 
Ocmpbagua 203. 
OgmorhiiuiN •">•"> 1. 
Ohrmuschel 140. 
Ohrapeicheldruiie 102. 
Okapia 0S3. 
t Hlxxlote* 509. 
Olecmnon 100. 
Oli^obunis ."» 12. 
Ollnla 640. 
OltMMW 640. 
Omentum majns 213. 
( hnmatophoca 551 . 
Omosternum 04. 
Onychodect«- KW. 
( »nychogale 3."»4. 
Dpolemnr 758. 
Opossum 340. 



I Opticus 12S. 

Orbila ."»7, 130. 

Orhitalring 50. 

Orbitosphcnoid 47. 

Orca 573. ."»74. ."»77. 5S« >. 

Oreella 574, "»77. 5n<). 

Orcas 077. 

Orcinomy* 501. 

Orientalische Region 30(1, 
315. 

Oreodon 003. 

Oreodnntidae 662. 

Orcopithecue XI 4. 

Oreotragut 07<». 

Oreotrajrinac ''76. 

Organ. Jacobson sehe« 07. 

Ornamentale Färbung 3« M ». 

Ornithodclphia 317. 

Omithorhvnehidae 331. 

Ornithorhynchu* 317. 331. 

Orohippns 610. 

Orophodon 458. 

( )rthnspidotlierium 3*1 . « J! M . 

Ortholophodont "»03. 

< Irycteropodidne 4 1 4. 
• Oryctcropus 410. 

Ory ctolag ns 404. 

Oryx 075. 

Oryzomys 502. 

Oryzorictcs 380. 

Orvzorictinae 377, 380. 

Os* bnllae ."».">. 1 43. 

- com n 22. 

| — coxae 107. 

— falciformc 104. 
iliacnm 107. 

| — innominatnin 107. 

— interpiibalc 100. 

— lenticnlare 144. 

— planum 60. 

— praenasale OS. I 55. 
pteniticnm 51. 

— itacrum 80. 

- alerno-coÄtnle 91. 

— tincae 251. 

— turbinatum 63. 

— uteri 251, 

Ossa marsupialia 109. 
i 0«.*icula auditus 144. 
Owicula Wonniana ."•<•. 
Otaria 5 41». 
Otariidae ."»48. 

Otocyon 533. 

Otolemur 760. 
Otolicnu» 7t><». 
Otomyinae ."»04. 
Otomys "»Ol. 
Otonyctery« 404. 
Ourebia t>76. 
Ovariiun 239. 
Ovibos 680. 
Ovibnvinac »Vsu. 
| Ovidukt 247. 



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8(12 

— luinbo-Rjicralis 134. 

— pampiniformis 241. 

— pudcudalis 134. 
Pliauchenia (MM). 
Plira urogenitalis -MC). 
Plioidenter Zahn 590. 
Pliddcnlin 417. 
Pliohippu* 022. 
Pliohylobatcs 810. 
Pliohyrax 71"). 
Pliopitherua SIT). 
Pneumatisicrung 40. 
Pneumatizität des Schädels 

70. 

Poehrotberium 059. 
Pocphagns 079. 
Polyphagie 2u2. 
Polymastodon 301. 
Polymastodontidae 301. 
Polyprotodontin 348. 
Pontoplanode* 582. 
PonUiporia 574, 579. 
Porcina 050. 
Portax 675. 

Postanalo. (subkaodale) 

Drüsen 27. 
Postminimu* 103. 
Postzygapophyse 84. 
Potamochoorus 050. 
Potamogale 379. 
Potamogalidae 377, 3711. 
Potamotherium 538. 
Potorous 353. 
Praeclavium 94. 
Praeeoracoid !i4, 90. 
Pracmaxillare 03. 
Praemolares 109. 
Praeplaeenta 204. 
Pracpollcx 103. 
Präputialdrüsen 27. 262. 
Präputialsäeke 202. 
Pracputiiim 201. 
Prä-krotalo Drüsen 27. 
Praesphcnoid 47. 
Praest«rnum 93. 
Prnevomcr (58. 
Praezygapophyse 84. 
Praopns 450. 
Priaeodon HOL 
Primates 740. 
Priniitivrinne 2S5. 
Priinilivstrcifen 285. 
Primnrdialrraniuiii 81. 
Priodmitcs 453, 450. 
Prionodon 531. 
Prismatischer Zahn 590. 
Proalbumen 281. 
Proatlas SS. 
Prohoscidea 5S9. 715. 
Prohuhalus (>7S 
Proeamelus 600. 
lWavia 7 (»0, 711. 
Processus artikulares 84. 




Sachregister. 

I Processus corwoideus 90. i 
-- costarius S4. 
• jugali* 53. 

— jugulari* 40. 
mammillaris 84. 

— paramastoideus 40. 

- |>aroceipit«lis 46. 

— pnst-auditoriii* 52. 

— post-glenoideus 52. 

— post-orbitalis 59. 

1 — post-tympanieus 52. 
i — pterygoideus internus 

sphenoidei 0H. 

spinosus 83. 

— styloides 77. 

— - t raus versus 84. 

— vaginalis 200. 

— vermieularis 210. 
-- vocalis 220. 

- zvgomatirus 53. 59. 
l'rocoraeoid 90, 98. 
Procrieoid 218. 
Proctodaeum 211, 241. 
Procyon 530. 
Procvonidae 530. 
Prodelphinus 574. 577. 580. ! 
Prodidelphia 359. 
Prodrcmotherium 089. 
Procchidna 317. 330. 
Proglirea 509. 

Prolagus 508. 

Promamnialia 302, 317, 818. 
Prnnation 1O0. 
Propalaeochoerus 052. 
Propalacohoplophoridae 
404. 

Propalacohophophorus 467. 

Propalaeotherium (522. 

Propatagium 382, 400. 

Propithecus 759. 

Propyrotherium 72(5. 

ProraMomus 735, 740. 

Prosimiae 742. 

Proeqnalodon 582. 

Prostata 205. 

Prostcrnum 93. 
' Protapirus (524. 

Protagriochoerns 004. 

Proteles 532. 

Protherotberiidae 097. 
• Protherotheriuni (598. 

Prothylnrinidae 355. 

Prothylanntis 343, 355. 
i Protnadapis 511. 702. 

Prolobrad ydae 403. 

Protnbradypus 458. 

Protor« ra* (502. 

Prtitoeonid 171». 

Protoeonulus 1 7t». 

Protoconus 174. 179. 
i Protodonta 3*8. 301. 

Protohippus 021. 

Pmtolabis tili«». 



Protomeryx 00O. 
Protoptychus 511. 
Protoieodon 003. 0(54. 
Protorohippus (519. 
Protothena 302, 317. 
Protungulata 586. 
Proviverra 539. 
Proviverridae 539. 
Protylopus «559. 661, rH>2. 
Protypotheriidac 703. 
Protvpotherium 703. 
Psalter 640. 
Psammom vs 504. 
Pseudamphicyon 542. 
Pseudaxi* 071. 
Pseudochiru* 353. 
Psoudohapalops 459. 
Pseudohcrmaphroditismu* 
257. 

Pscudolemuridae 7(51. 7»»V 
Pseudorca 577, 58* ). 
Pseudorhinolophus 406. 
Pseudosaeralwirbel 80. 
Pseiidosciuridae 511. 
Paittacotherium 4(58. 
Psomophagie 202. 
Pteralopex 3ftS. 
Ptcromyinae 498. 
Pteromys 498. 
Pteronura 554. 
Ptcropodidae 398. 400. 
Pteropodinae 401. 
Pteropus 398. 
Ptervgoid 0!l. 
Ptilodus 358, 301. 
Pubis 100. 
Pudua OOS. 
Pulmones 225. 
Pulpa dentis 1(54. 
Pulorius 537. 
Pyrothcrium 726. 

Quadrat um 74. 
vjuadrumana 774. 
Querfortsätze Sl 

1*. 

Rachen 198. 
Radius 100. 

Hanms mandibulari* 130. 

— maxillaris 130. 

— Ophthalmien* 129. 
Randgipfel 595. 
Rangifer 669. 
Raphicerus 070. 
Rautenbirn 118. 
Rectum 208. 211. 
Regio olfactoria 148. 
Region, äthiopische 3<»5. 

— australische 300. 



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M(54 

Solenodon 380. 
Solenodon tinae 377, 380. 
Solidungula Ü12. 
Somatopleura 285. 
Sonorische* l'ebergarigsge- 

l.iol an. 
Sorex 370. 
Sorieidae 377, 370. 
Soricinac 37!». 
Sorieulus 371). 
Sotalia ."»74, 577. 
Spalacidae 501. 
Spalacothcrium 301. 
Spalax 502. 

Spangen, hypochordale 80. 
Sparassodoula 343. 355. 
Speck läge 4. 
S|>eieheldrüscn 102. 
Sperma 282. 
Sj>erinaccti 578. 
Sj>eniiatog)nicn 282. 
Spermium 2S2. 
S|K-rmophilus l»7. 
Spinctcr cloaeae 31. 
— marsupii 31, 34. 
Spiellhirseh Ii». 
.Spina doranlis 81. 

scapnlae 07. 
Spinuiilum 502. 
Splaiichnopleura 28"). 
Spion 23S. 

Sporn (am Zahn) 505. 
Sprit/cn der Walfische "»09. 
Spiit/.loeh 502. 
Spritzsückc 503. 
>S<iual<idoii 507, 582. 
S<|iialodoiilidac 582, 583. 
Njiiamata 412. 
Sqiiamosuiii 50, 52. 
Stacheln 10. 
Stainmhaar 11. 
Stajves 75, 144. 
Stcgodon 724. 
Siegothcrium 410. 458, 405. 
Sloi^liüp'l 75, 144. 
Slencofiber .'»12. 
Sicno 574, 577, 5s0. 
.Suiiddelplii» 570, "»70. 
Slcnoilcrmn 403. 
Slciiops 700. 

Stcnosche Na*endrüso 153. 
Stensoiischer Gang 07, 152. 
Stentor 702. 
Siercoptcrna 007. 
Stcriwdlcistc 02. 
Stci nalrippen 430. 
Siernain 02. 
Stichelhaar 12. 
Miniiiiband 220. 
f*ttriiua.scn (ort salz. 05. 
Stirnzaptcn 18. 
Stoinodncuni 21 1, 241. 



Saehi erster. 

Stratum coriieuiu 5. 

— granulosiim 5. 
Strepsiceros 077. 
Sturnira 403. 
Stylaeodon 301. 
Stvlneodontidae 35S, 301. 
Styli 505. 

Stylinodon 408. 
Styünodontidae 408. 
Stylohynlc 77. 
Stypolophus 530. 
Sublingua 104. 
Suborbitale Drüsen 28. 
Snbregion, holarktischc 312. 

— neark tische 312. 
Substanlia adamantina 104. 

— eburiiea 104. 
SubuugnlatA 5(10, 585. 
Suidae 013, 047. 
Suinae WO. 

Sillens transversa* 70. 
Sinus sphcnoidalis 71, 155. 
Suoidca 045. 
Supiualioii HM». 
Supnuhorioidea 130. 
Supruuceipitale 42. 
Supraorbitale (.»esichtsdrü- 

sen 2s. 
Surieata 532. 
Sus 010. 052. 
Sutura coronalis ."«>. 

— laiul»doidea 50. 
oeeipitalis 50. 

— sagittalis 50. 
Syndaktylic 113. 330. 
Syncthcre* 5(10. 
Synotus 404. 
SyMcuiodoii 024. 

X. 

Taehy« >ryctes 502. 
Tactikxlonta 514. 
Talgdrüsen 25. 
Taligrada 700. 
Tulpa 37S. 
Talpidae 377. 378. 
Talpinae 37s 
Talpavus 382. 
Tauiandua 453. 4.54. 
Tainias 107. 
Tapetnni lucidiini 130. 

nigriiin 130. 
Taphozous 4o3. 
Tapiridae 011. 015. 024. 
Tapiroidea 015, 024. 
Tapirus 011. 024. 
Tarsaldriiscu 140 
Taisiidae . 55. 
Tarsipes 353. 
Tarsius 757, 701. 
Tarsus III. * I 

Tust ballen 135. 



Tust haare 134. 
Tastlinien 135. 
Tastnerven 135. 
Tastsinn 135. 
Tatotia 450. 
Talusin 453, 455, 41 VT». 
Taurina 078. 
Taxeopod 500. 
Taxidea 537. 
Tegnien lyuipani 54. 
Telenietaearpalia OOS. 
Teleneephalon 1 18. 
Tehnatotheriuni 01S. 
Telocera* 027. 
Tenmoeyon 542. 
Teiuporalkanal 52. 
Tensor tyiupaiii 100. 
— veli palatini 201. 
Tentorium 70, 127. 
Testes 24 1 . 
Testieonda 20». 274. 
Testikel 241. 
Tetraeeros 070. 
Tetraconodon 054. 
Tetraprolodon 040. 
Thala**arctus 535. 
Theridoniys 511. 513. 
Theiiodesinus 357. 
Theropilhecus 708. 
Thiosnms 537. 
Thonioinys 40». 
Tbooidea 533. 54 1 . 
Thorax 05, 101. 102. 

Verkürzung des 800. 
ThoraknhvirbcISS. 
Thrynoinys 507. 
Thylaeinus 3.50, : ! 55. 
Tliylncoleo 352. 355. 
Thvlogale 354. 
Thymus 237. _ 
Thyreohyalc 78. 
TbyriN»iillM>gen 78, 210. 
Thvroptera 403. 
Tibi» 110. 

Tillodomia 408, 510, 513. 
Tillotheriuui 514. 
Tinoecras 7'i2. 
Tinodon 301. 
TitanoniVf .5os. 
Tilanotberiidae 014, 018. 
Titanotheriniu 017. 018. 
Tolypcute* 453. 450. 
Tonsille 107. 
Toxodon 705. 
Toxodontia 5S0. 702. 705. 
Toxmlontidae 5S0, i02, 705. 
Trabeeiila» 1 craiin 70. 
Trachea 78, 223. 
Traehythcrus 703. 705. 
Traetus (»ptieus 128. 
Tragelaphiuae 070. 
Trajrelaphus 077. 
Tragiiiae 074. 



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HG6 



z. 

Zaedin* 450. 
Zahn, bunndnnlcr ITH, 

— lophodnuter 17(i. 

- plicidcntcr 170. 590. 

— prismatischer 170, 596 

— Relenodontcr 170, 595. 

— zvgodonter 170. 
Zahnbein 1(54. 
Zähne 103. 

wurzellose 105. 
Zahugcnerationen 185. 
ZahnleUte 100. 
Zahnpnpille 104. 
Zahnpulpa 104. 
Zahu*ä<-kt'hen 108. 
Zahuwulc 577. "»78. 



Zabnwechael 180. 

— horizontaler 734. 

— der Maraupialin 342. 
Zalophua 549. 
Zäpfchen 197. 

Zapuft 501. 
Zehen 112. 

— Reduktion der 11.5. 
Sehwund der 1 13. 

Zehenballen 10. 
Zement 104. 
Zcnkerclla 499. 
Zeuglodon 5.">7. 581. 
Zeuglnduntidac 5S1. 
Ziphiinae 570, 578. 
Ziphius 573, 57«>, 57S. 
Zirkulation l>eim Embrvo 
L'3.1 



Zirkulatiomtorgane 229. 
Zitze 31. 

Zitzen , Entwicklung der 

32. 

Zona iiellucida 2H\. 
Zorilla 537. 
Zunge 194. 

Zungenbeinapparat 77. 
Zuiigenbeinbogen 70 
ZungendriitM'n 190. 
Zungenpapillen 190. 
Zwerchfell 101. 
Zwickelbeine 50. 
ZwisehenkielcrforlHjilz 05. 
Z wischen wirbclkiiocheii SO. 
Zygodont 170. 
Zygoriui 53. 



Dnick von Ant Kain|<K- in J«-ria. 



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